— 379 — wohl keine Versammlung größer und glänzender gewesen als diese. Nach dem Ver- zeichnis des Kanonikus Ulrich von Reichenthal, eines Zeitgenossen, zählte man drei Patriarchen, 29 Kardinäle. 33 Erzbifchöfe, gegen 150- Bischöfe, 100 Aebte und nahezu 300 Doctoren, welche sich abwechselnd in Constanz aufhielten. Außerdem fanden sich die deutschen Kur- und Reichsfürsten ein, zahllose Grafen, Herren und Städteboten, Gesandte aller christlichen Fürsten, um mit dem römischen Könige Sigmund und dem Papste Johann über Reich und Kirche Raths zu pflegen. Unter den Kirchenlehrern, die auf dem Concil gegenwärtig waren, ragten hervor die Franzosen Peter d'Ailly und Charlier de Gerson. Bald kamen aber auch viele Glücksritter und Abenteurer, Spielleute und fahrendes Volk aller Art nach Constanz. Es wird berichtet, daß sich durchschnittlich täglich 40 — 50000 Fremde in der engen Stadt aufhielten. Die Zahl aller Besucher mag wohl das dreifache betragen haben. a. Abstellung des Schisma. Am 6. November wurde das Concil eröffnet. Ehe man aber in die Berathungen eintrat, wurde beschlossen, um den zahlreich erschienenen italienischen Prälaten die Entscheidung nicht allein zu überlassen, die Ab- stimmung nach den vier Nationen, der deutschen, englischen, französischen und italieni- schen, in welche sämmtliche Glieder des Concils vertheilt wurden, vorzunehmen. — Johann XXIII. hatte gehofft, durch sein persönliches Erscheinen auf dem Concil zu bewirken, daß er als der rechtmäßige Papst anerkannt wurde, aber er wurde wegen Mordes, Unzucht, Simonie u. s. w. abgefetzt. Als er nun mit Hülfe des Herzogs Friedrich von Oesterreich zu entfliehen versuchte, wurde er eingefangen und in Heidel- berg und später in Mannheim in Gewahrsam gehalten. Gregor XII. dankte darauf freiwillig ab, und um Benedict XIII. zur Abdankung zu bewegen, reiste Sigmund selber nach Spanien. Doch blieb Benedict hartnäckig bei der Behauptung, daß er der einzige wahre Papst sei, und konnte Sigmund nur bewirken, daß die Spanier Benedict verließen und das Concil als fünfte Nation beschickten. Das Concil sprach jetzt Benedict's Ab- fetzung aus, und schlugen nun die Deutschen vor, die vorhandenen Kirchengebrechen vor der Wahl eines neuen Papstes abzustellen. Aber sie wurden von den anderen Nationen überstimmt, und wurde der Römer Otto von Colonna als Martin V. auf den päpstlichen Stuhl gehoben. Damit war der eigentliche Zweck des Con- cils, die Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern, gänzlich verfehlt. Der kluge und gewandte Martin war durchaus nicht gesonnen, seine päpstliche Macht in irgendwelcher Weise einschränken zu lassen, und nachdem er mit den einzelnen Nationen Concordate, in welchen er Geringes gewährte, im Ganzen aber nichts nachgab, ge^chlosien hatte, löste er am am 22. April 1418 die Versammlung auf. Am 16. Mai verließ er Constanz in stolzem Aufzuge, König Sigmund führte das Pferd am Zügel, Fürsten trugen den Traghimmel. Das war das Ende der großen Kirchenver>ammlung, von der man so große Erwartungen gehegt hatte; es bewährte ftch aber das Wort, welches Hus im prophetischen Geiste sprach: „Sie werden nach dem Concil auseinandergehen wie Schmetterlinge, und ihre Beschlüsse werden sein wie Spinnenweben." b. .Hus und die Husitenkriege. Auf dem Concil zu Constanz wurde auch die Sache des Johannes Hus verurtheilt. Der Kaiser Sigmund hatte Hus zur Reise nach Constanz unter Zusicherung gerechten Verhörs und ungefährdeter Heimkehr bewogen. Im November des Jahres 1414 kam Hus in Constanz an, wurde aber noch vor Beginn des Processes verhaftet und trotz des Unwillens des Kaisers in den Kerker geworfen. Der Bischof von Constanz ließ ihn auf die Burg Gottlieben am Bodenfee in ein äußerst