— 163 — Gleiches wie der Tilsiter Friede in Preußen hatte der Preßburger Friede in Österreich gewirkt; auch hier machte sich bei Volk und Regierung ein Ringen nach Wiedergeburt bemerkbar, und auch hier stand ein Mann an der Spitze, der, wie Stein in Preußen, die geistigen und sittlichen Kräfte des gesamten Volkes zu entfesseln wußte: Gras Philipp Stadion, der nach dem Preßbnrger Frieden zum Minister berufen war. Durch und durch deutscher Gesinnung drang er unermüdlich darauf, daß Österreich alles auf einen Wurf setze und entweder rühmlich untergehe oder für sich und für ganz Deutschland siege. Auch darin stimmte er mit Stein überein, daß in dem bevorstehenden Kampfe die höchste Aufgabe die sei, in dem ganzen Volke eine freie, selbstbewußte Tat hervorzurufen. Mit höchstem Nachdruck nahm die Regierung die Kräftigung des Heerwesens in die Hand. Der bewährteste ihrer Generale und zugleich der populärste der Prinzen, der Erzherzog Karl, trat an die Spitze des Kriegsministeriums und leistete in kurzer Zeit das Außerordentlichste für die Verstärkung der Armee, für einen einfachen und praktischen Dienst, für eine solide und reichliche Verpflegung der Truppen. Durch Errichtung einer Landmiliz wurde das österreichische Heer in kurzer Zeit auf 500000 Mann gebracht. fo) Die Wirkung der österreichischen Erhebung in Deutschland. Zur vollständigen Niederwerfung des gewaltigen Feindes rief Österreich ganz Deutschland zu den Waffen. Sogleich erhoben sich die treuen Tiroler unter Andreas Hofer, dem Sandwirt von Passeier, dem ehemaligen Wildschützen Joseph Speckbacher und dem Kapuziner Haspinger und verjagten die Bayern und Franzosen aus dem Lande (Kampf am Jsel- berg bei Innsbruck). Auch im übrigen Deutschland fehlte es nicht an Versuchen, das Volk zur Erhebung gegen die Franzosen zu begeistern. So wollte in Hessen der Oberst von Dörnberg mit Hilfe der Bauern den König Jerome in Kastel gefangen nehmen; doch mißlang das Unter- nehmen, und Dörnberg mußte, im Bauernkittel verkleidet, nach England fliehen. Dadurch ließ sich aber der tapfere preußische Major von Schill (Belagerung von Kolberg) nicht abschrecken, eine neue Erhebung in Nieder- deutschend ins Leben zu rufen. Er zog am 28. April 1809 mit seinem Husarenregiment aus Berlin an die Elbe und erließ einen feurigen Aufruf. Aber das Volk verhielt sich still, weil der König Friedrich Wilhelm III. Schills Tat nicht billigte. Dieser schlug sich durch Mecklenburg und warf sich nach Stralsund, wo er, von westfälischen und holländischen Truppen umschlossen, tapfer fechtend seinen Tod fand. Seine gefangenen Kameraden ließ Napoleon als Hochverräter behandeln. In Braunschweig wurden vier- zehn Gemeine und in Wesel elf junge Offiziere erschossen. Die übrigen 11*