VII. Die deutsche Kirchenresormation. 1. Notwendigkeit der Kirchenreformation. l. Mißstände im Kirchenregiment. Die großen Konzile zu Konstanz und Basel führten eine Reform der Kirche nicht herbei, da der Papst diese stets zu verhindern wußte. Die Könige von England, Frankreich und Spanien schlössen mit dem Papste besondere Vereinbarungen (Konkordate), worin sie ihm nur wenig Rechte in ihren Ländern gewährten. Der träge und eigennützige Kaiser Friedrich III. aber sorgte für Deutschland nicht in derselben Weise. So bestanden die kirchlichen Mißstände im Deutschen Reiche fort und wuchsen zu einer erschrecklichen Höhe an. Bor allem drückend wurden die Mißstände im Kirchenregiment, a) Die maßlose Herrsch¬ sucht der Geistlichen trieb sie, sich in alle Verhältnisse des Lebens einzu- mischen. Durch die Ohrenbeichte beherrschten sie das Gemeindeleben und das häusliche Leben. Durch Drohung des Bannes zwangen sie Fürsten und Untertanen zum Gehorsam gegen sich, b) Damit hing zusammen die unersättliche Habsucht der Kirche. Ihre Geldforderungen erhöhten sich von ^ahr zu Jahr. Bis jetzt hatte der Papst nur die Bischöse und Priester mit Steuern belegt, und diese hatten sie durch Ablässe vom Volke wieder eingefordert. Jetzt wandte sich der Papst mit seinen Ablässen unmittelbar an das Volk, so daß dieses nun an die Bischöfe und auch nach Rom zahlen mußte, c) Sehr arg war die Unwissenheit der Geistlichen. Unter 1000 hatte kaum einer höhere Bildung, und dann kannte er die Schriften des Aristoteles besser als die Heilige Schrift. Die meisten Priester kannten von der Bibel nur die Perikopen. d) Besonders anstößig war allen ernsten Christen das unsittliche und weltliche Leben vieler Geistlichen, der hohen wie der niederen. Gaben doch manche Päpste selbst hierin böse Beispiele. Besonders sind es die letzten drei Päpste vor Eintritt der Reformation, die die drei Hauptverirrungen des Papsttums darstellen. 1. Alexander VI. (1492—1503) war berüchtigt durch greuliche Un- sittlichkeit. 2. Julius II. (1503—1513) war ein Eroberer. Seine ganze Regierung ist von Kriegen mit seinen Nachbarn ausgefüllt; er sann