— 71 — gung, trefflich unterstützt von dem Husarenrittmeister Schill und von der heldenmütigen Bürgerschaft unter dem 70 Jahre alten Ratsherrn Nettel- beck. Unter furchtbaren Kämpfen hielt sich die Stadt bis zum Friedens- schlusse. Auch Pill au kam nicht in des Feindes Hände. b) Feldzug in Ostpreußen. Vierte Koalition. Um den Feind von Rußland fernzuhalten, schloß Alexander mit Friedrich Wilhelm, der mit seiner Familie nach Ostpreußen geflohen war, ein Bündnis. Anfang 1807 erschien ein russisches Heer unter Bennigsen in Ostpreußen und ver- einigte sich mit dem kleinen preußischen Korps unter L'Estocq, dessen mili- :ärischer Ratgeber Scharnhorst war. Die Verbündeten lieferten Napoleon die blutige Schlacht bei Preußisch-Eylau am 7. und 8. Februar 1807, die unentschieden blieb. Das machte auf Napoleon einen solchen Eindruck, daß er Friedrich Wilhelm den Frieden anbot, um ihn von Rußland zu trennen. Aber der König blieb dem Bündnis treu. Am 14. Juni kam es zur Schlacht bei Friedland (cm der Alle), wo Napoleon siegte. Nun brach Alexander sein Wort und schloß mit dem Sieger Frieden, ohne Friedrich Wilhelm hinzuzuziehen. So war Preußen ganz der Rache des Übermütigen preisgegeben, und er legte ihm die härtesten Bedingungen auf. Auch die Fürbitte der Königin Luise milderte seinen Sinn nicht. c) Der Friede zu Tilsit vom 9. Juli bestimmte folgendes: 1. Preußen tritt ab a) alles Land westlich b) alles in der zweiten und dritten Teilung Polens Erworbene, c) Kottbus an Sachsen, d) Bayreuth an Bayern. 2. Preußen tritt der Festlandssperre gegen England bei. 3. Die preußischen Festungen bleiben besetzt, bis alle Kriegs- kosten bezahlt sind. Aus den abgetretenen polnischen Gebieten bildete Napoleon das Groß- Herzogtum Warschau, das er dem Sachsenkönige schenkte. — Aus den links- elbischen Teilen Preußens nebst Hessen, Braunschweig und anderen Staaten bildete er das Königreich Westfalen mit der Hauptstadt Kassel, dessen König sein Bruder Jeröme wurde. 3. Die Leiden Preußens 1806—08. Preußen war um die Hälfte seines früheren Gebietes verkleinert. Dieses kleine Preußen hatte etwa 5 Millionen Einwohner, deren Gewerbfleiß gelähmt, deren Handel ver- nichtet war. Napoleon war nicht zu bewegen, eine bestimmte Kriegskosten- summe anzugeben, nur um seine Truppen im Lande stehen lassen zu können. So blieben sie zwei Jahre darin (Oktober 1806 bis Oktober 1808). In dieser Zeit zog Napoleon aus dem armen Lande über eine Milliarde Franken an Kriegssteuern, Lieferungen, eingezogenem Staatsvermögen und beschlagnahmten Staatseinkünften. Endlich im Oktober 1808 bestimmte