22 Schwebe!: Die Gründung der Stadt Berlin. nur gestatteten, in Kölln eine deutsche Stadt anzulegen. Wahrscheinlich stand der Marktflecken Berlin — ein Fischerdorf ist Berlin niemals gewesen, wie wir sogleich beweisen werden — damals noch unter einer slawischen Gutsherrschaft, welche erst durch längere Verhandlungen dazu bewogen werden konnte, den Markgrafen ihre Rechte abzutreten, so daß nun auch hier die Gründung einer deutschen Stadt erfolgen konnte, und zwar sofort auf breiterer Grundlage und in großartigerem Maßstabe. Der Vorgang einer Stadtbegründung selbst war indessen in der Mark fast überall derselbe und vollzog sich in Formen, welche denen der Errichtung eines deutschen Dorfes überaus ähnlich waren. Gewöhnlich war die Stätte der späteren Stadt bereits besiedelt; fast immer war auf ihr ein slawisches Dorf und ein christliches Gotteshaus, vielleicht auch eine Burg bereits vor- Händen. Es wurde nun zunächst durch die Zusammenlegung ländlicher Grund- stücke, durch Waldrodungen und durch Urbarmachung von Sümpfen und Luchen eine ausgedehntere Feldmark geschaffen. Auf dem günstigsten Platze derselben, gewöhnlich auf einer Höhe, auf welcher der Boden fest und trocken war, entweder auf der alten Hof- oder Dorfstelle, allwo ein Brunnen und eine Kirche bereits angelegt worden waren, oder aus einem „besser gelegenen" Platze, nicht allzufern von der alten Ansiedlung, wurde dann mit Planken ein Fleck Landes eingezäunt. Derselbe wurde in verschiedene Grundstücke eingeteilt, zu welchen je ein gewisser Teil der Feldmark gelegt wurde. Es galt nunmehr, für diese Grundstücke Käufer zu finden. Mit diesem Geschäfte befaßten sich die Grundherren, die Markgrafen oder die Edlen, welche Städte gründen wollten, jedoch nicht selbst; sie überließen dasselbe einem „Unternehmer", welchem sie zugleich die innere Einrichtung der Stadt, die Überwachung des Ausbaues der Grundstücke, sowie die schiedsrichterliche und die niedere richterliche Gewalt über die Ansiedler übertrugen. So kam es, daß der Unternehmer, der „locator", zu gleicher Zeit gewöhnlich auch der Richter, der „Schulze", der „praefectus" und „scultetus", der jungen Stadt wurde. Nur rechtskundige Männer konnten demnach das Lokatoren- Amt übernehmen. Zu gleicher Zeit mußten sie sehr reich, und zwar reich an barem Gelde sein; denn die Grundherren, die Markgrafen oder die Edlen, ließen sich den Boden, welchen sie hergaben, oft teuer genug bezahlen. Jedwedes Privilegium mußte von ihnen gleichfalls mit vollwichtigem Silber erworben werden. Natürlich lag jedoch das Gedeihen der Ansiedlung den Landesherren immer überaus am Herzen. Der Plan der Gründung einer Stadt wurde daher aufs sorgfältigste erwogen; an Begünstigungen der Ansiedler selbst haben es die gütigen und hochsinnigen Ballenstädter nimmer fehlen lassen. Auf jede nur immer erdenkliche Weise wurde der Anbau den Neuhinzugezogenen erleichtert; die Preise der Grundstücke waren äußerst billig; das Baumaterial