72 Erdmannsdörffer: Die Gründung des stehenden Heeres. war, unter die Kontrolle landesherrlicher Beamten gestellt wurde; sodann wurde Zder Ausbeutung des Institutes durch die ständischen Gläubiger ein Ende gemacht durch Abrechnung eines Teils der seit langer Zeit genossenen hohen Zinsen von den Schuldkapitalien und zugleich durch möglichst besckleu- nigte Tilgung der letzteren. Aus der landesherrlichen Kontrolle entwickelte sich in allmählichen Übergängen die tatsächliche Übernahme der Verwaltung selbst; durch sortgesetzte Amortisierung1 wurden die Schulden der ständischen Kassen bis aus einen kleinen Rest getilgt und bei dem allen die Mitwirkung des ständischen Ausschusses mehr und mehr zur Seite gedrängt. Als zuletzt der Kurfürst den bleibenden kleinen Schuldenrest aus Rechnung des Staates übernahm, so war hiermit der Kamps beendigt, das ständische „Kreditwert" aufgelöst, wenngleich die einzelnen landständischen Kassen mit geminderter Bedeutung noch bestehen blieben: an Stelle der ständischen Steueroerwaltung ist die des absoluten Fürsten und seines Beamtentums getreten. Die andere Aufgabe, welche zu lösen war, galt der Reform der Besteuerung. Auch darüber entspann sich ein Kampf, der. neben dem um das Kreditwerk herlaufend, bis in die letzten Jahre des Kurfürsten fort- gefetzt wurde. Den Ausgangspunkt bildete auch hier die Militärfrage. Denn alsbald nach dem Frieden von Oliva traten die Stände mit der dringenden Forderung vor den Kurfürsten, zur Entlastung des erschöpften Landes den größeren Teil seiner Armee zu entlassen und nur soviel Truppen unter den Waffen zu halten, als zur Besetzung der Festungen erforderlich feien; eine Zumutung, welche in diesem Umfang zu erfüllen der Kurfürst sich unter keinen Umständen entschließen konnte. Die Armee wurde nach dem Frieden beträchtlich reduziert, aber zu einem waffenlosen Fürsten, der nur seine Festungen mit notdürftigen Garnisonen belegen konnte, gedachte er sich nicht herabdrücken zu lassen. Er trat dem Verlangen nach Erleichterung des Steuerdrucks gegenüber mit dem Plan einer umfassenden Steuerreform. Denn allerdings lag die bisher übliche direkte Kopf- und Grundsteuer, die man „Kontribution" nannte, mit kaum erträglicher Last besonders auf den Städten und auf der Bauernschaft. Der Kurfürst machte den Vor- schlag, die Kontribution fallen zu lassen und an ihrer Stelle eine indirekte Besteuerung einzuführen in der Form einer allgemeinen Konsumtionssteuer2 auf Bodenerzeugnisse und Kaufmannswaren. Er war der Ansicht, daß eine solche indirekte Steuer, wie sie in den Niederlanden in Brauch, wie sie im Herzogtum Preußen schon seit 1656 fakultativ3 für die Städte eingeführt war und auch in den klemfchen Städten sich bewährt hatte, nicht nur gleich¬ mäßiger, gerechter und weniger drückend fein werde als die Kontribution, fondern daß sie auch durch die gesicherte Art ihres Einkommens den Staats- 1 Amortisation = allmähliche Schuldentilgung durch Zahlung höherer Zinsen. 2 Verbrauchssteuer. 3 fakultativ --- nicht verbindlich, wahlfrei.