VIII. Geschichte der Franken. Erstes Kapitel. 77 aufnehmen. Dabei sprach der Bischof zu ihm: „Beuge nun, stolzer Sigambrer, deinen Nacken; bete an, was du bisher verbrannt, und verbrenne, was du bisher angebetet hast." Als Bluträcher für feine Gemahlin Chlotilde, eine burgundische Königstochter, nötigte er die Burgunder zu einem Tribute; er machte auch die Kelten der Bretagne abhängig. Er galt nach seiner Taufe dem Papste, der römischen Geistlichkeit und seinen römischen Unterthanen als „der allerchrist- lichste König," der geweihte Beschützer und vollberechtigte Verbreiter des rechten Glaubens den arianischen Germanen gegenüber. Als solcher beschloß er die Vertreibung der arianischen Westgoten aus Gallien. „Ich dulde es ungern," sprach der heidenchristliche Barbar, „daß diese Arianer das schöne Land besitzen. Laßt uns gehen und mit Gottes Hülfe es unserer Herrschaft unterwerfen." Er beschränkte hierauf durch Kampf und Sieg die Westgoten auf den gallischen Küstenstrich zwischen Pyrenäen und Rhone, der diesen nur durch die Dazwischenkunft Theo- derichs des Großen erhalten blieb. Vom byzantinischen Kaiser, der fortfuhr, die germanischen Könige in den römischen Provinzen als seine Statthalter anzusehen, erhielt er die Ehren des römischen Konsulats und erschien dadurch seinen Franken, wie den besiegten Römern noch mehr als der rechtmäßige Beherrscher Galliens. Wenn auch die That- fachen der heiligen Geschichte nicht ohne Eindruck auf die wilden Herzen der altgermanischen Heidenchristen blieben, so vermochte das Christentum in der ihnen überlieferten Gestalt doch zunächst die natür- lichen rohen Leidenschaften derselben noch wenig zu dämpfen. Auch Chlodwig beschloß feine Laufbahn damit, daß er mit der ganzen Härte eines blut- und beutedürstigen Heiden durch Verrat und Mord seine Verwandten, die Könige der andern Frankenstämme, aus dem Wege räumte. So hat Chlodwig mit viel Unrecht und Frevel, aber mit ungewöhnlicher Kraft ein fränkisches Reich aufgerichtet, das von der Garonne aus an den Sevennen und der Cöte d'or sich entlang zog, dann weit nach Osten bis zur Werra hin ausgriff, nordwärts bis zur Nordsee und im Westen bis zum Atlantischen Ozean reichte. Es war eine Herrschaft, die zwar weite Strecken welscher Länder umfaßte, aber zugleich aus der deutschen Volksart des heimischen Bodens und aus der Kirchengemeinschaft mit den römischen Unterthanen die Kraft der Dauer zog, welche den isolierten und arianischen germanischen Reichen gefehlt hatte. Chlodwig ist der Gründer eines mittelalterlichen Lehns- Staates, der die auseinanderstrebenden deutschen Stämme zusammen- band, und in dem deutsche Kraft durch römische Form geschult wurde. Er starb schon im 45. Lebensjahre zu Paris, wo er seinen Herrscher-511. sitz genommen hatte. Ausdehnung des Frankenreiches; der fränkische Lehnsstaat. § 53. Nach Chlodwig zerfiel das Frankenreich durch Teilung unter die Söhne schließlich in ein Ostreich (Austrasien: die alten