Die bildende Kunst. 121 ohne besondere Ausschmückung und Kontraste wirken will. Rafsael ist ferner der Begründer des großen historischen Gemäldes (Stanzenbilder im Vatikan). Ein genialer Meister war Michelangelo. Sowohl in seinen Gemälden wie in seinen Skulpturen hat er die Großartigkeit in der Formengebung bevorzugt. Zuletzt wird er der Schöpfer einer neuen Stilgattung, des Barock oder der Spätrenaissance. In seinen Grabdenkmälern der Medici- kapelle liegen die gewaltigen symbolischen Figuren des „Tages" und des „Morgens" auf scheinbar allzu kleinen Postamenten und wachsen selbst durch den Gegensatz zur Kleinheit ihres Postamentes hoch empor. Mit dieser ein- seitigen Hervorhebung eines Teiles des Kunstwerks hebt er die Harmonie, die das Wesen der Renaissance ausmacht, auf. Diese einseitige Betonung ist eben das Wesen des Barock. Die Spätrenaissance hält sich, ohne auf die Natur einzugehen und ohne neue Kräfte aus ihr zu schöpfen, an die über- lieferte Kunstform. Durch fortwährende Wiederholung wird sie zur Manier. Trotzdem haben die Meister dieser Richtung noch herrliche Kunstblüten hervorgebracht. 2. Die Baukunst in Deutschland. Ein Jahrhundert später als in Italien trat die neue Art in Deutschland auf, und zwar zunächst im Schloß- bau. Die Verzierungen der Renaissance wurden mit mittelalterlicher An- läge und gotischen Formen verbunden. Die deutsche Renaissance ist also ein Mischstil. Das prächtigste und gelungenste der deutschen Bauwerke ist der Otto-Heinrichs bau des aus verschiedenen Zeiten stammenden Heidel- berger Schlosses (Ruine seit 1689). In städtischen Bauten, unter denen die Rathäuser die schönsten sind, bildete sich ein eigener Stil aus (Fassaden- malerei, Erker, treppenartige Giebel mit Voluten, Türme mit Wendeltreppen, Gurt- und Kranzgesimse). 3. Die Bildhauerei in Deutschland entfaltete eine ausgedehnte Wirk¬ samkeit. Sie übte sich als Holzschnitzerei an Altartafeln, als Stein- skulptur und Erzguß an Grabdenkmälern, kirchlichen Standbildern und Reliefs. Das Hauptwerk des Erzgusses ist das Grabdenkmal des heiligen Sebaldus in der nach ihm benannten Kirche in Nürnberg, das Peter Bischer mit seinen fünf Söhnen ausarbeitete. 4. Die Malerei in Deutschland. Die niederländische Schule der Brüder van Eyk, die wie die Italiener in der Anlehnung an die Natur und die lebendige Wirklichkeit die Aufgabe der neueren Kunst erblickten, wirkte auch auf die deutsche Malerei ein, und die in Deutschland erfundenen Künste der Vervielfältigung, Holzschnitt und Kupferstich, eröffneten ihr neue Gebiete. Albrecht Dürer, ein Mitglied der Nürnberger Malerzunft, erreichte einen hohen Grad der Vollendung im Holzschnitt (Bilder zur Offenbarung Johannis), Kupferstich („Ritter, Tod und Teufel") und in der Ölmalerei („Die vier Apostel"). Seine Kunst ist anfangs echt klein- meisterlich. Später, nach einer venezianischen Reise, trat er stark unter den Einfluß der italienischen Renaissance und strebte nach monumentaler