Auflösung des römischen Reiches; Sieg des Christentums. 353 4. Auflösung des Kelches; Sieg des Khristentums. a. Verfall des Reiches. Unter den Kaisern des folgenden Jahrhnnderts (180—284) waren mehrere des Thrones unwürdig; aber auch die tüchtigen unter ihnen waren ganz ein Spielball in der Hand der Prätorianer, die Kaiser einsetzten und aus dem Wege räumten. Fortwährende Thron- streitigkeiten zerrütteten das Reich; unaufhörliche Grenzkriege, räuberische Einfälle der Barbaren und endlich die Pest entvölkerten das Land, be- sonders die Grenzgebiete; infolge der sittlichen Entartung erschlaffte das Volk, so daß die Regierung sich der an dem Rhein und der Donau an- drängenden Germanen nicht mehr erwehren konnte, sondern zugeben mußte, daß sich Tausende derselben im Reiche ansiedelten, Tausende in die Legionen eintraten. Nur durch seine vorzügliche Heereseinrichtung und Rechtspflege wurde das Reich noch zusammengehalten. In dieser bedrängten Zeit suchten viele Hilfe bei dem Christentum, für dessen Verbreitung das römische Reich — wenn auch unabsichtlich — selber gesorgt hatte: das weit verbreitete Netz wohlgebahnter Straßen, der Rechtsschutz und die überall verständliche griechische Sprache kamen auch den christlichen Missionaren zu gute. v. Das Christentum mußte auf die ernstgesinnten Heiden, vor allem aber auf die unterdrückten, tiefgehenden Eindruck machen; denn es lehrte eine Gleichheit aller Menschen vor Gott sowie eine Vollendung des Menschen in jenem Leben, wodurch das diesseitige Leben erst wieder den rechten Wert erhielt; es erklärte die Arbeit für Pflicht und Zierde jedes Menschen, das Kind, auch das mißgestaltete, für eine Gabe Gottes und stellte die Frau dem Manne gleich. Der Gottesdienst der Christen kannte weder Götzenbilder noch Opfer, ihr Wandel mußte die Heiden be¬ schämen. Der römische Staat beachtete die Christen nicht, so lange sie als eine Sekte der Inden galten, die Religionsfreiheit genossen; erst als sie sich von ihnen lossagten, begann die Verfolgung. Man warf ihnen vor, sie seien keine echten Römer, weil sie sich vom Staats- und Kriegs- dienste fern hielten und weder an den öffentlichen Spielen, noch an dem staatlichen Gottesdienste teilnahmen. Deshalb wurden sie selbst von sonst so milden Kaisern wie Trajan und Mark Aurel verfolgt; durch diesen erlitt der hochbetagte Bischof Polykarp von Smyrna (167) den Märtyrertod. Die heftigste Verfolgung erlebten die Christen 303 durch Kaiser Diokletian. Er war ein entschlossener Mann und regierte vollständig absolut. Um das große Reich besser verwalten zu können, ernannte er einen Nebenkaiser und zwei Unterkaiser, und es gelang ihm auch wirklich, dem zerrütteten Reiche geordnete Verhältnisse wiederzugeben. Von dem Zwiespalt in der Religion fürchtete er eine Schwächung des Reiches; daher suchte er das Christen¬ tum zu unterdrücken. c. Konstantin der Große. Als Diokletian 305 abdankte, ging aus dem Thronstreite Konstantin als Sieger hervor (Fig. 80). Er erkannte die Hoffmeyer u. Hering, Lehrbuch f. d. Gcschichtsunt. I.Teil. 10. Aufl. 23