Rudolf von Habsburg. 63 Straße, da stieß er ihn nieder oder henkte ihn. Zum Zeichen, daß der Getötete durch die Feme gefallen, ließ man ihm alles, was er hatte, und steckte ein Messer neben ihm in die Erde. Die Wissenden hatten sogar das Recht, einen auf Hand Haft er That ertappten Missethäter auf der Stelle niederzustoßen, wenn sie ihm nur nichts nahmen und die Femzeichen zurückließen. Dieser Bund von vielen tausend Männern aus allen Ständen und allen Gegenden Deutschlands war ein starker Schutz für den Frieden im Reiche; mancher Bösewicht, der vielleicht durch Bestechung den Händen der Gerechtigkeit entgangen war, erhielt durch die Feme seinen verdienten Lohn, und Fürst und Ritter erbebten hinter ihren festen Mauern, wenn in stiller Nacht vor ihrem Thore der Ruf der Freischöffen erscholl. Aber bei der ungeheuren Zahl der Wissenden (im 13. und 14. Jahrhundert 100 000) konnte es nicht fehlen, daß Unwürdige aufgenommen wurden, welche die ihnen anvertraute Macht zur Befriedigung ihrer Leidenschaft und Rache mißbrauchten. Schon gegen das Ende des 15. Jahrhunderts wurden mehrfach Klagen gegen die' Freigerichte erhoben; die Fürsten mochten eine solche Gewalt nicht neben sich dulden, und als nun überall eine bessere öffentliche Rechtspflege eingeführt wurde, erlosch die Macht der heimlichen Gerichte von selbst, ohne daß man das Ende derselben genau angeben könnte. 10. Rudolf von Habsburg; 1273—1291. a. Das Interregnum; Rudolfs Wahl. Nach dem Tode des letzten deutschen Königs aus dem hohenstausischen Hause, Konrads IV., im Jahre 1254, trug kein deutscher Fürst Verlangen nach der°Mone. Der ErMchol von Köln verkaufte seine Stimme an den Bruder des Königs von England, der Erzbischof von Trier die seinige an einen Spanier. Keiner von beiden gelangte zu Macht und Ansehen; der letztere kam nie nach Deutschland, der erstere nur einige Male, um durch Geschenke die Anhänglichkeit seiner Wähler sich zu erhalten. Die Fürsten suchten in dieser Zeit ihr Gebiet zu vergrößern, ihre Gerechtsame zu vermehren und wurden fast zu selbständigen Herrschern. Trotz des oft gebotenen Landfriedens herrschte überall Fehde. Die meisten Ritterburgen wurden Raubnester; niemand war da, die Schwachen gegen die Starken zu schützen. Das war „die kaiserlose, die schreckliche Zeit", die Zeit des Aa^Lr^Ms. Weil in dieser Zeit Deutschland kein Oberhaupt hatte, 1254 so nennt man dieselbe Interregnum, d. i. Zwischenreich. Endlich bi6 entstand doch in aller Herzen der ffMIche Wunsch, es möge Deutschland *273 wieder ein Oberhaupt gegeben werden, das Gesetz und'Ordnung im Reiche wieder herstelle. Auch der Papst mahnte die Fürsten zur Wieder¬ herstellung des Kaisertums. Da berief der Erzbischof von Mainz die deutschen Fürsten zur Wahl nach Frankfurt a. M. AFer die" Fürsten konnten sich nicht einigen; denn alle wünschten wohl einen weisen und gütigen Herrscher, von einem mächtigen aber wollte keiner etwas wissen.