198 Erfindung des Kompasses und Erschließung neuer Weltteile. Gewehrlaufes nach rückwärts geschoben; den hiezu nötigen Ladestock, der anfänglich aus Holz war, verbesserte Leopold von Dessau (um 1700), indem er ihn aus Eisen anfertigen ließ. Die bedeutendste Vervollkommnung erfuhr die Handfeuerwaffe um 1830 (durch Dreyse aus Thüringen) dadurch, daß Kugel, Pulver und Zündvorrichtung in einer Patrone (ine sog. Einheitspatrone) vereinigt wurden, die von rückwärts in den Lauf des Gewehres eingeführt wird- Diese Einrichtung des „Hinterladers" über- trug man auch auf die Kanone, und gab dem Laufe derselben wie dem der Büchse im Innern eine spiralförmige Windung, den sog. Drall, um die Wirkung des Ge- schosses in die Ferne zu sichern und zu vergrößern. Die nächste Folge der Erfindung des Schießpulvers war nun eine völlige Umbildung des Kriegswesens. Das ohnedies schon heruntergekommene Rittertum wurde dadurch vollständig aus seiner füh^ renden Stellung verdrängt, das feudale mit Speer und Schwert be¬ waffnete Reiterheer durch das aus dem Volk stammende, mit der neuen Feuerwaffe ausgerüstete Fußvolk ersetzt. Die wichtigste Folge dieser Erfindung aber war, daß sie den Europäern ein entschiedenes Übergewicht über alle Völker der anderen Erdteile verlieh, zu denen sie durch die um 1500 gemachten Entdeckungen kamen. Auch zu den friedlichen Werken der Kultur lernte man das Pulver gebrauchen und sprengt so besonders Felsen, was bei Anlage von Gebirgsstraßen und Eisenbahnen viel Zeit und Kraftaufwand erspart. Erfindung des Kompasses, Erschließung neuer Wasserwege und Eroberungen der Europäer in fremden Erdteilen. Eine zweite, höchst folgenreiche Erfindung war die des Kompasses. Auch hierin waren die Chinesen den Europäern um Jahrhunderte vor¬ aus. In der auf den abendländischen Schiffen gebräuchlichen Form soll der Kompaß von Flavio Gioja (um 1313) aus Amalfi erfunden worden sein. Hiedurch erst wurde eine ozeanische Schiffahrt möglich. Denn vorher, solange man die Richtung der Himmelsgegenden nur aus dem Stande der Gestirne ersehen mußte, war die Schiffahrt auf Binnenmeere, wie das mittelländische, die Nord- und Ostsee, beschränkt. Erst seitdem man auch bei bedecktem Himmel durch die Richtung der Magnetnadel die Himmelsgegenden zu finden vermochte, konnte man es wagen, auch weit in die offenen Ozeane zu fahren. Dazu drängte aber gegen Ende des Mittelalters das wachsende Bestreben/ einen Seeweg nach Indien zu finden. Die Erzeugnisse dieses reichen Landes waren nämlich bisher durch Karawanenhandel über Iran und die Euphratländer nach Syrien und Kleinasien geschafft worden, wo sie die Schiffe der italienischen Seestädte abholten. Seitdem sich Die Osmanen aber die rohen Osmanen in Voderasien und aus der Balkanhalbinsel ein- in Vorderasien, gedrängt hatten, erlitten jene alten Handelsverbindungen vielfache Stör- uugen, so daß unter den Abendländern der Wunsch immer reger ward, selbst zur See nach Indien zu fahren. Zwei Wege _ schienen dahin führen zu können, entweder wenn man fortwährend die Küste Afrikas bis um ihr Südende herum verfolgte, oder wenn man von Europa aus beständig in westlicher Richtung fuhr. Auf dem ersten Wege gelangten die Portugiesen wirklich nach Indien, auf dem letzten fanden die Spanier unter Führung des Columbus einen ganz neuen Erdteil.