— 78 — Außerdem räumte er mit Gewalt und Hinterlist seine königlichen Vettern, die noch über einzelne Teile der Frankenstämme herrschten, aus dem Wege. So fügte er während seiner 30jährigen Regierungs- zeit ein gewaltiges Reich zusammen. 4. Chlodwigs Nachkommen. Nach seinem Tode im Jahre 511 wurde das Reich von feinen vier Söhnen gleichsam als Privateigentum betrachtet und geteilt Diese Könige haben ihre Gebiete noch bedeutend erweitert. Sie nahmen den Westgoten das Land zwischen Garomte und Pyrenäen ab und unterwarfen mdgiltig das Burgunderreich, so daß sie jetzt Herren von ganz Gallien waren. Auch nach Osten dehnten sie ihren Einfluß aus; die südliche Hälfte des Thüringerreichs wurde ihnen Untertan, und bald geriet auch Bayern in Abhängigkeit, so daß mit Aus¬ nahme der Sachsen alle westgermanischen Stämme unter fränkischer Herrschaft ver¬ einigt waren. 5. Untergang des Thüringerreiches. Die Thüringer, ein durch Tatkraft, Fleiß und Kultursinn ausgezeichnetes Volk, waren hervorgegangen aus der Verschmelzung der alten Hermunduren (Düringer) mit Teilen anderer germanischen Stämme an den Ufern der Elbe und Saale, deren Sondernamen zurücktraten und verschwanden. Das mächtige Reich der Thüringer war das älteste deutsche Staats- Wesen auf heimischem Boden. In seiner Blütezeit umfaßte es unsere heutige Provinz, — die auf „ftädt" und „leben" endenden Ortsnamen sind thüringischen Ursprungs —, die thüringischen Staaten und Bayern bis zur Donau (©. 71). Mit Augsburg standen die Thüringer zur Römerzeit in lebhaftem Handelsverkehr und begründeten unter römischer Anregung die einheimische Kunstfertigkeit. So reicht z. B. der Betrieb des Schmiedehandwerks im Walde bei Schien- fingen in sehr frühe Zeit zurück. Auch stand die Pferdezucht der Thüringer in gutem Ruf. Allen Stürmen der Völkerwanderung hielt das Thüringerreich nnerfchüttert stand. Zur Verteidigung des Ge- bietes an der Elbe waren die Waffen stets bereit. — Auch mit den benachbarten, mächtig aufstrebenden Franken lebten die Thüringer in fortwährendem Streite. Trotzdem fand einst ein flüchtiger Franken- Herrscher bei den Thüringern gastliche Aufnahme, entführte aber bei seiner Heimfahrt treulos die Gemahlin des Thüringerkönigs, und diese wurde die Mutter des berühmten Chlodwig. Die Thüringer rächten die ihnen angetane Schmach durch wiederholte, wütende Einfälle in das Frankenreich. Ihr König Hermanfried brauchte zunächst den Zorn der Franken nicht zu fürchten, da er unter dem Schutze des mächtigen Ostgotenkönigs Theoderich des Großen (S. 75) stand, dessen Schwestertochter seine Gemahlin war. Wer sogleich nach Theoderichs Tode unternahmen die Franken mit Hilfe der Sachsen, die sonst ihre Feinde waren, den schon lange beabsichtigten Eroberungszug nach Thüringen. Die Führung übernahm Theoderich von Metz, einer der vier Söhne Chlodwigs. Nach einer schweren Niederlage in der