92 Der Humanismus, (Humanismus.) Das Ringen der Staaten um Selbständigkeit der Kirche gegenüber und um geordnete Zustände, verbunden mit der Reaction gegen die Askese und Weltslucht, richtete die Auf- merksamkeit der gebildeten Welt auf die Staatszustände des Alter- tums und auf die heidnische Dichtung und Philosophie. Diese Richtung der geistigen Bildung wurde Humanismus genannt (von res humanae, weltliche Dinge, im Gegensatz zu res divinae, der Theologie). Der Anreger der Studien des classischen Altertums war der Sonettendichter Petrarca, der am päpstlichen Hofe zu Aviguon wohl angesehen war, da man von den gefährlichen Schluß- folgeruugen, die aus dem classischen Wissen gezogen werden konnten, nichts ahnte. Die Verbreitung dieser Studien ging jedoch in Italien auch Hand in Hand mit einer immer weiter um sich greifenden Sitten- losigkeit, ja Gewissenlosigkeit, was sich daraus erklärt, daß die Heid- nische Philosophie die einzige damals giltige Grundlage der Moral, die Kirchenlehre, zerstörte. Der Umfang der humanistischen Studien wurde erweitert, als nach der Eroberung von Constantinopel zahl- reiche gelehrte Byzantiner nach Italien kamen und die Kenntnis der griechischen Litteratur dort verbreiteten. B. Erlte Periode der Neuzeit. Aon der Mldung der modernen Monarchien öis zur Begründung des europäischen Kleichgewichtssystems im Westfälischen Irieden. 1492—1648. Zeitatter der Ent¬ deckungen und der Weformation. I. Die Bildung der hadsburgisch-spanischen Weltmonarchie uud ihr Scheitern an der Reformation. § 1. Das Papsttum im Mittelpunkt der Weltherrschaftskämpfe. (Aufschwung Spaniens.) Gestützt auf ihre neuerworbene Macht begannen Ferdinand der Katholische und Jsabella sogleich den Krieg gegen das Königreich Granada, wobei sie den Vorteil erlangten, daß der Adel, von Begeisterung für Kirche und Glauben erfüllt, ihnen