Die Erwerbung Indiens durch die Engländer. 93 Trotz aller Erfolge befand sich die Kompagnie in reißendem Niedergange. Die Kriege, die schlechte Verwaltung und eine furchtbare Hungersnot ver- schlangen ihre Einnahmen. 1772 war sie bankrott und mußte um Staats- Hilfe bitten. Sie erhielt sie, aber unter schwerer Einbuße ihrer Selbständigkeit; 1773 erließ das englische Parlament ein Gesetz zur Ordnung der indischen Verhältnisse um die Rechte des Staates neben denen der Kompagnie geltend zu machen und die juristische von der politischen Gewalt zu trennen. Demge- mäß sollte die Präsidentschaft Bengalen Aufsichtsbefugnisse über die anderen Gebiete erhalten, mit einem Generalgouverneur an der Spitze. Zum ersten Träger dieser Würde wurde Hastings ernannt. Dennoch war ihm und der Kompagnie die Einmischung der Regierung unbequem und bald herrschte Zwie- tracht zwischen Generalgouverneur und Räten. Diese nahmen die Klagen über Mißwirtschaft an. Von England kam seine Amtsentlassung, doch er verweigerte ihre Annahme und leistete solch eisernen Widerstand, daß das Verfahren gegen ihn eingestellt wurde. Man brauchte einen Mann seines Schlages; denn überall entstanden Schwierigkeiten. Frankreich hatte mit den Maharattenx) angeknüpft, die die Engländer besiegten und die Regierung von Bombay zu einem nach- teiligen Vergleiche nötigten. Hastings verwarf ihn, durchquerte Indien mit seinem bengalischen Heere und bezwang die Feinde. Bald aber kamen neue Gefahren. Aus dem Tafellande stieg Hyder Ali, der Sultan von Mysore, mit 100 Kanonen und 90000 Mann, teilweise unter dem Befehle französischer Offiziere, in die Ebene hinab, sprengte die Engländer auseinander und besetzte in drei Wochen ihr Gebiet außer einigen festen Plätzen. Hastings raffte alles zusammen und warf es aus den Sultan, der sich aber in wechselvollem Kriege bis zu seinem Tode im Felde behauptete. Erst 1784 erfolgte der Friedensschluß mit Hyders Sohn, unter keineswegs günstigen Be- dingungen. Hyder Ali ist der gefährlichste Feind gewesen, dem die Briten in Indien- begegnet sind. Mitgewirkt hatten finanzielle Dinge; denn Hastings sollte Geld und immer wieder Geld schaffen. So wurde er Räuber großen Stils. Als er Benares ausplünderte, brach ein furchtbarer Aufstand los. der zwar niedergeschlagen wurde, aber den Glanz der Stadt unwiederbringlich trübte. Dann wurden die Regentinnen von Autch2), die sog. Begums, aufgesucht und derartig drangsaliert und gemartert, bis eine Million Pfund Sterling erpreßt war. Der Unwille hierüber erscholl selbst in England so laut, daß die Krone die Abberufung von Hastings verlangte. Er aber blieb ruhig im Lande, die Jndier mußten gewaltige Jahresbeiträge zahlen, nirgends regte sich mehr Widerstand, unbeschränkt herrschte der Wille des Gewaltigen. *) Ein Volk in Indien, das die Gegend östlich von Bombay bewohnt. 2j Im nordwestlichen Indien zwischen dem Ganges und Nepal.