Die Renaissance in Deutschland 113 Bild des Erasmus von Rotterdam, den Holbein hoch verehrte; der Gelehrte empfahl ihn an seine Freunde in England. Dort erhielt der deutsche Maler reiche Be- stellungen, auch für den hansischen Stahlhof in London, namentlich zu Bild- nissen. Daher kehrte Holbein nach zweimaligem Aufenthalt in der Heimat nach London zurück, wo er schon 1543 an der Pest starb. König Heinrich VIII. ließ sich und seine Bräute von ihm malen. Alle Porträts zeigen dieselbe Treff- sicherheit, verraten Natur und Kunst und sind klar in Farb^ und Zeichnung. Fast noch größer als im Ölbild war Holbein im Holzschnitt, weil er ihm mehr Gelegenheit bot seinen inneren Stimmungen Ausdruck zu geben. Einen in jenen Zeiten sehr beliebten Vorwurf, den Totentanz, hat er in unüber- troffener Weise ausgeführt; gedankenschwer, ernst, mit ergreifender Tragik stellt er die dämonische Macht des Todes dar. Durch Erasmus, dessen Werke er illustrierte, lernte Holbein den Humanismus kennen und auch die Reformation zog ihn an; beide, wie der . ihm eigene historische Sinn bereicherten sein Schaffen. Alles, was er um des täglichen Erwerbes willen arbeitete, Vorlagen zu Kunstwerken und für die Ausstattung von Druckwerken, trägt gleichfalls den Stempel reicher Erfindungsgabe und feinen Stilge- fühls; der Meister bewahrte auch unter den italienischen und niederländischen Einflüssen, denen er sich verständnisvoll und frei öffnete, den realistischen Zug seiner Heimat. Im Norden herrschte die Schule des älteren Lukas Kranach vor, der, 1472 zu Kronach in Oberfranken geboren, bis zu seinem Tode in Weimar 1553 sein Leben seit dem kunstsinnigen Friedrich dem Weisen an das sächsische Kurfürstenhaus band. Seine Bildnisse sind eine Galerie der Zeitgenossen und der Reformatoren selbst. Außerordent- lich fruchtbar, weil er zugleich in seiner Werkstatt viele Schüler beschäftigte, blieb Kranach der alten Weise, in der seine Anfänge gehalten sind, getreuer als die Süddeutschen, auch in seinen religiösen und mythologisch-antiken Schildereien naiv und derb, in der Zeichnung ohne feine Durchbildung und anatomische Kenntnis; die Farbe entschädigt für seine Schwächen. Die Reformation tat der Malerei Abbruch, weil sie das große Andachts- bild überflüssig machte, und die starke Beschränkung im Bau von Kirchen nahm viele Gelegenheit zu Aufträgen. Die Folge war, daß in der Malerei die welt- Förderreuther-Würth, Aus d. Gesch. d. Völker. III. g Hans Holbein: Der Fuhrmann. Holzschnitt aus dem Totentanz.