96 Die 95 Thesen Luthers. dern sie verkauften die Ablaßbriefe an jedermann, ob er bußfertig war oder nicht Hm schlimmsten trieb es der „Ablaßkrämer" Tetzel. Er verbreitete den Ablaß in Sachsen und kam auch in die Nähe von Wittenberg- das Volk strömte ihm zu. Kirche u"d Beichtstuhl standen leer. Luther hielt es für feine Priesterpflicht, solchem ärger- nis entgegenzutreten. Die 95 Thesen. Unter den Gelehrten und Geistlichen war es damals Sitte, über wissenschaftliche oder kirchliche Dinge in einem öffentlichen Wortstreit, einer Disputation, zu verhandeln. Der eine gab seine anficht über eine Sache in einigen Sätzen („Thesen") schriftlich bekannt, und er forderte andere, die eine abweichende Itteinung hatten, zu einer Disputation auf. — Hm 31. Oktober 1517 schlug Luther 95 Thesen gegen den Mißbrauch des flblaffes an die Tür der Wittenberger Schloß- kirche. In den Thesen betonte er, daß man Sündenvergebung und Seligkeit nur durch Heue und Buße erlangt. - Nicht die Kirche oder den Papst griff Luther in seinen Sätzen an, ja, nicht einmal die Lehre vom Ablaß, fondern nur den Mißbrauch, der damit getrieben wurde. Dennoch wurde der 31. Oktober 1517 der Anfang der Reformation. (T.XII, 65.) DtC Wirkung der 95 Thesen. Nach wenig Monaten waren sie in fremde Sprachen übersetzt? „es war, als ob die (Engel selbst Botenläufer gewesen wären." Der Papst hielt den Streit über den Ablaß anfangs für .Mönchsgezänk". Als aber bann die (Erregung wuchs, wollte er den Wittenberger Mönch möglichst unauffällig zum Schweigen bewegen. (Er sandte den Kardinal Tajetan nach Augsburg; der mußte mit Luther verhandeln. Zum zweitenmal kam ein päpstlicher Gesandter nach Sachsen selbst; es war der Kammerherr von Miltitz. Luther wurde zu einer Unter¬ redung nach Altenburg eingeladen (1519). (Er versprach dort, in der Ablaßfache künftig zu schweigen, wenn es auch feine Gegner täten. Luther im offenen Kampfe gegen den Papst und die alte Nirche. Luther gebannt. Luthers Gegner schwiegen nicht. Der Doktor Eck aus Ingol. stadt verteidigte den Ablaß und griff auch einige von Luthers Thesen öffentlich an. Nun ließ sich auch Luther nicht länger den Mund verschließen. Noch in demselben Jahre kam es zwischen ihm und Eck zur öffentlichen Disputation in Leipzig, hier erklärte sich Luther mit wichtigen Lehren der „Ketzer" Wiclif und Hus einverstanden und galt nun selbst als ein Ketzer. Doktor (Eck eilte nach Horn und erreichte, daß Luther in den Bann getan wurde. Luther schritt indessen auf dem einmal betretenen Wege weiter. Die Bannbulle des Papstes verbrannte er in Gegenwart vieler Freunde und Schüler im Dezember 1520 vor dem (Elftertor in Wittenberg. So Unerhörtes hatte noch nie ein Christ gelehrt und getan. Das letzte Band zwischen Luther und der römischen Kirche war zerschnitten. 3n mehreren Flugschriften wandte er sich an alle Chriftenmenfchen, „sonderlich an feine lieben Deutschen". Ganz gegen die damalige Sitte der (Belehrten gebrauchte er dabei nicht die lateinische, sondern die deutsche Sprache. Alle Stände rief er zum