Raub der Sabinerinnen. 43 Jünglingen heran. Am nahen Hügel weideten sie ihre Herden und übten durch Jagd und im Kampf mit räuberischen Menschen und Tieren ihre Kraft. Einstmals gerieten sie in Streit mit den Hirten Numitors, die in ihrer Nähe ihre Herden weideten; dabei wurde Remus gefangen genommen und vor Numitor gebracht. Beim Verhör fiel diesem die Ähnlichkeit mit seiner Tochter auf; auch trat Remus nicht auf wie ein Hirt, sondern wie ein Königssohn. Als Numitor nun bei dem Pflege- vater des Angeklagten nach dessen Herkunft forschte, erfuhr er das ganze Geheimnis. Freudig erkannte Numitor seine Enkel und offenbarte ihnen die Schuld des Amulius. Sofort bewaffneten Romulus und Remus ihre Genossen, drangen in die Burg des Amulius ein, erschlugen ihn und setzten den Numitor wieder auf den Thron. Dankbar erlaubte dieser seinen Enkeln, an der Stelle, wo sie als Hirten gelebt hatten, eine Stadt zu bauen. 2. Gründung der Stadt Rom. Rüstig gingen nun die Brüder ^ mit ihren Freunden daran, eine Stadt zu bauen. Mit einem mit zwei J53 weißen Rindern bespannten Pfluge zog Romulus auf dem nahen Hügel im Viereck eine Furche; wo ein Thor sein sollte, hob er den Pflug auf. Nach dieser Begrenzung wurde der Wall der Stadt aufgeworfen. Im Innern dieses Raumes entstand nach und nach eine Menge elender Lehmhütten, die mit Schilf und Stroh kümmerlich gedeckt waren. Kaum war die Stadt vollendet, so stritten sich die Brüder darüber, wer von ihnen sie benennen und als König beherrschen solle. Zuletzt vereinigten sie sich dahin, daß der König sein solle, dem zuerst durch die Vögel als Boten der Götter ein günstiges Zeichen gegeben werde. Jeder stellte sich auf einem Hügel auf. Da erschienen dem Remus zuerst sechs Geier; aber als er eben seinem Bruder das glückliche Ereignis melden wollte, erblickte dieser zwölf Geier. Da wollte keiner zurück- treten; der Streit entbrannte aufs neue, und Remus wurde erschlagen. Eine andere Sage erzählt, Remus habe sich über die armselige Stadt lustig gemacht und sei zum Spott über die niedrige Mauer derselben gesprungen. Von Zorn entbrannt, soll ihn dann Romulus mit den Worten erschlagen haben: „So fahre ein jeder, der nach dir über diese Mauer springt!" So war Romulus Alleinherrscher der neuen Stadt und nannte sie nach seinem Namen Rom. Diese Stadt wurde später die volkreichste und mächtigste in Europa. 3. Naub der Sabinerinnen. Um die Zahl seiner Unterthanen zu vermehren, ließ Romulus bekannt machen, daß in der neugegründeten Stadt alle Verfolgte und Vertriebene sichere Zuflucht finden würden. Deshalb strömte eine große Zahl von Männern herbei, welche jedoch zum größten Teil aus rohem, verdächtigem Gesindel bestand. Nun