128 Die Neuzeit. „Ich habe Euch den Titel erworben; macht euch dessen würdig. Ich habe den Grund zu eurer Größe gelegt; ihr müßt das Werk vollenden." Um dem neuen Königshofe einen möchlichst hohen Glanz zu verleihen, scheute der König keine Kosten. Er fand auch ohnedies an äußerer Pracht und glänzenden Festen das höchste Gefallen. Dazu war er so gutmütig und arglos, daß seine Günstlinge große Summen ungestraft veruntreuen durften. Von den Unterthanen mußten deswegen schwere Abgaben er- hoben werden, wodurch der Wohlstand des Landes gemindert wurde. Es war daher ein Glück für Preußen, daß Friedrichs I. Nachfolger ein sehr sparsamer Fürst war. 29. Friedrich Wilhelm I; 1713-1740. a. Seine Sorge für die Soldaten. Friedrich Wilhelm war in vielen Stücken das Gegentheil von seinem Vater. Der Sinn für Kunst und Wissenschaft und feine Bildung blieben ihm fremd; allem äußeren Prunk war er abhold, dabei gerade und gottesfürchtig, ein Freund der Soldaten. Sowie er König geworden war, entließ er die meisten der Hofbeamten, welche sein Vater im Dienst gehabt hatte; den übrigen gab er nur kärg- liches Gehalt. Alle Kleiderpracht wurde vom Hofe verbannt; der König selbst ging mit einem guten Beispiele voran. Schon als Kronprinz hatte Friedrich Wilhelm eine große Vorliebe für Soldaten, als König wandte er ihnen seine Hauptsorge zu, da er einsah, daß zur Erhaltung und Vergrößerung des Königreichs ein großes, stets schlagfertiges Heer notwendig sei. Die Soldaten wurden gegen Handgeld erworben; sanden sich freiwillig nicht genug, so wurden junge Leute im In- und Auslande mit List und Gewalt zum Soldaten gezwungen. Das Werben wurde noch dadurch erschwert, daß der König eine so große Vorliebe für „lange Kerle" hatte. Das Leibregiment zu Potsdam, das der König selber als Oberst befehligte, bestand aus lauter solchen Riesen und wurde, wie auch das ganze Heer, mit der größten Sorgfalt und Strenge eingeübt, wobei „der alte Dessauer" treffliche Hülfe leistete. So erhielt Preußen ein schlagfertiges Heer; dennoch hat Friedrich Wilhelm keine größeren Kriege geführt. (S. 133.) Ein deutscher Müller ließ sich in Frankreich als Riese für Geld sehen; bald nachher stand er als fünfter in der Potsdamer Riesengarde. Jeder Inländer von großem Körper fiel unzweifelhaft den Werbern in die Hände. Einen Bürger- meister holten die Werber aus dem Rathause und drei Bauernburschen aus der Kirche; einen Schiffskapitän entführten sie von seinem Schiffe und die Thürhüter aus dem Vorzimmer des Königs von Polen. Bei einem sehr großen Tischler bestellten die Werber einen Sarg für einen verstorbenen Flügelmann. Als der