107 und verkaufte eine Menge Kostbarkeiten. Fortan sollte muster¬ hafte Ordnung und peinliche Sparsamkeit oberster Grundsatz in allen Zweigen der Verwaltung sein. Wo es indes die Errich¬ tung von Volksschulen, die Urbarmachung wüster oder sumpfiger Strecken und die Anlegung von Fabriken galt, da konnte auch der König das Geld mit vollen Händen ausgeben. Tüchtige und fleißige Kolonisten begünstigte er auf jede Weise; 15000 vertriebenen Salzburgern wies er in Ostpreußen Wohnstätten an und gewährte ihnen zugleich das nötige Vieh und Ackergerät. Von seinen Beamten forderte er die strengste Pflichterfüllung; er selbst arbeitete von früh bis spät, überzeugte sich überall persön¬ lich von dem Gange der Geschäfte nnd war deshalb einen gro¬ ßen Teil des Jahres auf Reisen. ^Friedrich Wilhelm's Sorge für das Heer.) Die bedeutendste Schöpfung Friedrich Wilhelm's war das Heer, das er von 40000 auf 80000 Mann vermehrte, und mit dem sich, was sicheres Exer¬ cieren, rasches und gleichmäßiges Feuern betraf, so leicht kein anderes messen konnte. Als Mustercegiment für die ganze Armee diente die Potsdamer Leibgarde, welche aus riesengroßen Leuten bestand, die sich der König oft unter den größten Opfern aus allen Weltgegenden schicken' ließ. Seinen „lieben blauen Kindern," wie er die Soldaten nannte, widmete er eine fast vä¬ terliche Zärtlichkeit, die er u. a. auch durch Erbauung des großen Militär-Waisenhauses zu Potsdam bethätigte. (Der nordische Krieg.) Als Friedrich Wilhelm -den Thron be¬ stieg, wütete schon seit einer Reihe von Jahren der nordische Krieg. Bei der Jugend des Königs Karl XII von Schwe¬ den glaubten die benachbarten Herrscher von Dänemark, Po¬ len und Rußland mit Leichtigkeit auf Kosten desselben Erobe¬ rungen machen zu können. Namentlich hoffte der russische Zar- Peter der Große, der mit aller Energie sein noch rohes und unwissendes Volk auf eine höhere Stufe der Bildung und Ge¬ sittung zu erheben suchte, die schwedischen Ostseeprooinzen zu g^ winnen, um dadurch freien Verkehr zur See zu erhalten. Doch der junge Karl besiegte einen Gegner nach dem andern und drang schließlich tief ins Innere von Rußland ein, bis er bei Pultaw a4urch die feindliche Uebermacht eine Niederlage erlitt, die ihn zur Flucht nach der Türkei zwang. Jetzt mischte sich auch Preußen in den Streit und besetzte mit Zustimmung beider Teile Stettin. Da erschien Karl XII unerwartet in Pommern und verlangte die Herausgabe des Platzes, ohne sich auf Erstattung der Kriegskosten irgendwie einlassen zu wollen. Infolge dessen trat Friedrich Wilhelm offen dem Bunde wider Schweden bei, eroberte Stralsund und vertrieb die Feinde von Usedom, Wollin und Rügen. Einige Jahre später fand Karl bei der Belagerung einer norwegischen Festung den Tod, und seine Schwe-