— 84 — Denn er hatte jede Schlacht mit bedeutendem Verlust zu erkaufen und brachte Noth und Elend über viele fränkische Familien, deren Ver¬ sorger Jahre lang im Felde liegen mußten und nun weder ihre Aecker gehörig bebauen, noch ihre Handwerke treiben konnten. Höchst wahr¬ scheinlich wäre die Unzufriedenheit seiner Franken noch in offene Em¬ pörung ausgebrochen, wenn nicht Alboin und Wittekind sich überzeugt hätten, daß ein längerer Kamps mit der Vernichtung des ganzen Sachsenvolkes enden müsse; trauernden Herzens schickten sie Botschaft an Karl und boten ihm ihre Unterwerfung an. Karl war darüber sehr erfreut, luv sie zu einer Unterredung ein und stellte ihnen Geißeln, damit sie seiner Treue sicher seien. Wittekind begab sich mit den vor¬ nehmsten sächsischen Edelingen nach Attigny (Attinji) in der Cham¬ pagne (Schangpanje), wurde freundlich aufgenommen, erhielt große Freiheiten zngesichert und ließ sich taufen (785). Ihrem Beispiele folgten Tausende der Sachsen, aber gar viele blieben bei Wodan und Thor und schalten Wittekind und die übrigen Edelinge, welche sich unterworfen hatten, Verräther, die den Göttern und der Freiheit ab¬ trünnig geworden seien. Als sie einige Jahre später ihrem Besieger ein Hilfsheer gegen die Awaren (im heutigen Ungarn) stellen sollten, weigerten sie sich und vernichteten eine Frankenschar, die durch ihr Land zog. Jetzt beschloß Karl, ihre Kraft ganz zu brechen, verpflanzte etwa 10,000 Sachsen aus den unruhigsten Gegenden in die Länder der Franken, Thüringer und Allemannen und schickte dafür fränkische Familien als Ansiedler nach Sachsen. Die Neunen verschiedener Dör¬ fer und Städte: Sachsenhausen, Sachsenheim rc. erinnern durch das Wort „Sachsen" an diese weggeführten Familien, und die Sprache mancher Bewohner Niederdeutschlands erinnert an die fränkische Her¬ kunft. So sprechen z. B. auf dem Harz die Bewohner der Städte Clausthal, Zellerfeld, Widemann und Lautenthal oberdeutsch, wäh¬ rend die ganze Nachbarschaft rings umher nur niederdeutsch spricht. Karl sah endlich ein, daß es nicht möglich fei, die Sachsen voll¬ ständig zu unterdrücken und mit seinen Franken ganz zu verschmelzen, und schloß deshalb 803 einen Frieden (Königshofen an der Saale), und damit hatte der 31jährige Krieg (772 - 803) ein Ende. In diesem Frieden gestand er ihnen zu, daß sie nach ihren ererbten Gesetzen und Rechten leben durften und von jeder Steuer, mit Ausnahme des Zehnten, frei bleiben sollten; dagegen mußten sie sich von fränkischen Grafen regieren lassen, Heeresfolge leisten und die Prediger des Evan¬ geliums bei sich aufnehmen. Um das Christenthum noch rascher zu verbreiten und dadurch die Sachsen möglichst bald zu gehorsamen Unterthanen zu machen, gründete er 8 Blsthümer in ihrem Lande, aus denen später zum Theil bedeutende Städte geworden sind (Bremen, Münster, Osnabrück), und legte auch viele Kirchen und Klöster an. Freilich hing ein großer Theil des Volkes noch lange am Götzendienst,