— 28 — den dichtesten Kugelregen durch. Da müßt ihr nun nicht denken, daß das ein Vergnügen ist. Das ist, wie wenn ich hier ein spitzes Messer durch die Stube würfe, die Spitze nach vorn, wen es trifft, den trifft es, und vom Fenster her würfe auch jemand eins, und hinten aus der Ecke auch, und drüben von der Wand wieder, und hier aus dieser Ecke auch einer. Und da solltet ihr nun mitten zwischendurch laufen. Kann sein, ein Messer trifft dich und sticht dir das Auge aus, kann sein, es fährt dir in den Hals, daß du hinfällst nnd mußt ersticken. So sausen die Kugeln über das Schlachtfeld, keine Stelle ist, wo man sicher wäre. Und dann brüllen die Kanonen, die ganze Erde zittert, und da kommen wild gewordene Pferde herangerast, ihr Reiter ist weggeschossen, sie überrennen, was ihnen ent¬ gegenkömmt. Und es gißt schreckliche Kanonenkugeln, die platzen, wenn sie auf die Erde schlagen, mit einem furchtbaren Krach entzwei, und zackige Eisenstücke fliegen durch die Luft, reißen hier einem ein Bein ab, hier die Finger der rechten Hand, hier schlagen sie ihm den Bauch durch, daß er in seinem Blut auf der Erde sich wälzt. Da mußte der Prinz Wilhelm nun mitten hindurch und wußte nicht, ob ihm nicht im nächsten Augenblick eine Kugel den Kopf zerschossen hätte oder eine Granate den Leib zerrissen. Und er sah das Schlachtfeld mit blutenden und schreienden Menschen bedeckt, und die Erde zitterte von dem Kanonendonner. Aber er dachte an keine Gefahr, sondern stolz, daß er als tapferer Soldat gegen die Franzosen reiten durfte, ritt er zu dem General hinüber, als wenn gar nichts los wäre, nnd kam dann auf dem- selben Wege durch den Kugelregen hindurch zu seinem Vater zurück. Keiue Kugel hatte ihn getroffen. Der König Friedrich Wilhelm III. aber sah, daß er einen tapferen Sohn hatte, und freute sich darüber und gab ihm den Orden, den damals die Soldaten bekamen, wenn sie sehr tapser ge- Wesen waren; das war ein kleines schwarzes Kreuz von Eisen mit einem hellen Band und der Aufschrift „Gott mit uns". Man nennt es das Eiserne Kreuz. 3. Der Prinz von Preußen als General. Ein tapferer Sol¬ dat ist nun Kaiser Wilhelm sein ganzes Leben lang geblieben. Alles was zum Exerzieren und zum Fechten und Kriegführen gehört, das lernte er ganz genau, und fein Vater gab ihm denn auch immer höhere Stellen als Offizier. Dann sorgte er mit riesigem Fleiß dafür, daß die Truppen, über die er zu sagen hatte, auch gut ausgebildet wurden und daß sie alles lernten, was zu einem tüchtigen Soldaten gehört: marschieren ohne müde zu werden und ohne schlimme Füße zu kriegen, und schießen mit dem Gewehr und mit Kanonen, und reiten und Kanoneufahreu und alle