— 423 — sich einer nicht in der Fremde, wenn er aus einem deutschen Staat in den andern zieht. Darum ist denn auch der höchste Gerichtshof, das Reichsgericht, in Leipzig. Das entscheidet in allen Hoch- und Landes- Verratsprozessen gleich von vornherein; sonst kann es angerufen werden, wenn die untern Gerichte entschieden haben, und die eine Partei meint, es wäre dabei das Gesetz verletzt. So gehen z. B. die Zivilsachen viel- leicht von dem Landgericht als erster Instanz zur zweiten Instanz, dem Zivilsenat des Oberlandesgerichts, und dann zur dritten Instanz, dem Zivilsenat des Reichsgerichts; oder eine Strafsache, die so schwer war, daß in erster Instanz die Strafkammer des Landgerichts mit 5 Richtern oder das Schwurgericht darüber zu entscheiden hatte, geht zur Revisious- instanz au den Strafsenat des Reichsgerichts. Hat das Reichsgericht ge- sprachen, dann gibt es keinen Rechtsweg mehr. Höchstens kann noch, wenn der Angeklagte verurteilt war, der Kaiser ihn begnadigen. — Im Reichsamt des Innern werden all die inneren Angelegenheiten des Reichs bearbeitet, z. B. auch die Reichsversicherungssachen; und im Reichsmarine- (tritt all die Flottenangelegenheiten; und im Kolonialamt, — so etwas gab es im alten Deutschen Reich ja überhaupt nicht — die Angelegen¬ heiten unserer auswärtigen Besitzungen oder Kolonien. Und von diesen drei Sachen müssen wir nun noch etwas erzählen, denn das sind die drei größten Werke, die noch Wilhelm I. im neuen Deutschen Reich zu schaffen begonnen hat und die sein Enkel Wilhelm II. bis heute in aller Kraft fortzusetzen bemüht ist. 5. Kolonien. Die ersten Leute, die mit Kolonien anfangen, sind meistens die Kaufleute. Die holen doch die fremden Waren aus dem Ausland und kaufen sich da auch wohl etwas Land, damit sie auf ihrem eigenen Grund und Boden alles noch billiger kriegen können, und so haben sie dann ausländische Besitzungen. Dazu gehen die christlichen Missionen in die Heidenwelt und gründen da ihre Stationen und fangen wohl auch an zu pflanzen und zu bauen. Die Kaufleute aber und die Missionen brauchen Schutz aus der Heimat, wenn einmal die Wilden über sie herfallen sollten oder sonst Schwierigkeiten entstehen. So ist es denn den deutschen Kaufleuten und Missionen auch gegangen, und da ist Bismarck auf den Gedanken gekommen, solche aus- ländischen Gebieten unter amtlichen Schutz zu stellen oder als Kolonien zu erwerben. Die erste Kolonie dieser Art wurde im Jahre 1884 Süd¬ westafrika. Da hatte der Kaufmann Lüderitz aus Bremen gewaltige Landstrecken gekauft, in derselben Gegend, wo jetzt die Diamanten ge- fnnden werden. Die Lüderitzbncht hat nach ihm ihren Namen. Ebenso war Dentsch-Ostafrika zuerst durch den Afrikareisenden Dr. Peters für