— 429 — Und richtig, so geschah es auch. Es wurde eine Arbeiterschutz-Konferenz nach Berlin berufen, und da sind die Engländer und die Franzosen und Österreicher, Italiener, Belgier und andere Völker wirklich gekommen, und sie haben sich alle darüber vereinigt, wie den Arbeitern die Sonntagsruhe gewährt werden könnte und daß sie nicht zuviel in der Nacht arbeiten müssen und daß den Frauen und den Kindern geholfen würde und solche Sachen mehr. Da könnt ihr sehen, wie derselbe Kaiser, der als Prinz gerne den armen Jungens ihr Weihnachtsmann war und der den Soldaten ihr Weihnachtsmann noch heute ist, wie der als Kaiser den armen Leuten in der ganzen Welt beigestanden und die reichen Leute und die Regierungen dazu gebracht hat, daß sie Gesetze für die Arbeiter machten, damit die ihr Recht auf ein einträgliches und gesundes Leben fordern könnten. Leider hat er sich damals mit Bismarck erzürnt. Er wollte daS Gesetz gegen die Sozialdemokraten, das 1878 gemacht war, nicht wieder erneuern, denn er meinte, die Sozialdemokraten wären ja doch auch Menschen und würden zuletzt schon von selber zur Vernunft kommen, wenn die Arbeiter sähen, daß ihr Laudesvater so treu für sie sorgte. Bismarck aber war ein alter Mann geworden und hatte viel Unvernunft der Menschen in seinem langen Leben gesehen und glaubte, die Sozialdemokraten wären schon so aufgeregt und wild geworden, daß sie es nicht würden einsehen wollen, was der Staat ihnen Gutes täte. Sie müßten also mit Gewalt bekämpft werden, da der Staat nun doch einmal nötig wäre, solange die Menschen nicht alle gleich gut und gleich klug und gleich stark und gleich fleißig wären, uud darum in Ordnung zusammengehalten werden müßten. Da konnten nun der junge feurige Kaiser und der alte mächtige Minister nicht mehr gut nebeneinander bestehen, und 1891 wurde Bismarck aus seinem Amte entlassen. Er war wohl der größte Mann, den Deutschland außer Karl dem Großen und Fiedrich dem Großen gehabt hat, und unser Kaiser weiß das selbst und verehrt ihn wie wir alle. Ohne Bismarck hätten wir kein Deutsches Reich und keinen Deutschen Reichstag und keinen Deutscheu Kaiser. Am 30. Juli 1898 ist er in Friedrichsruh gestorben und liegt dort in einem Mausoleum auf stiller Waldeshöhe begraben. Auf seinen Sarg aber hat er schreiben lassen: „ Ein treuer Diener Kaiser Wilhelms I." Möchte das doch jeder unter uns einmal von sich sagen können, ein jeder für seinen König und seinen Kaiser.