Äns dem Mittelalter. 30. Die Völkerwanderung. 1. Wie die Hunnen den Anstoß zur Völkerwanderung gaben. Die Hunnen, mongolische Hirten- und Reiterschwärme, brachen aus 375 Jnnerasien hervor und setzten 375 durch ihren gewaltigen Stoß auf den Osten Europas fast alle Völker des Erdteils in Bewegung. Diese Be- weguug dauerte über 200 Jahre und wird Völkerwanderung genannt. Ganze Völker wnrden vernichtet, viele Länder verwüstet und Reiche zer- stört und neu gegründet. Die Gestalt der Hunnen war kurz und ge- druugen, Kopf und Hals dick, das Gesicht braungelb, bartlos und zer- schnitten, die Nase wie gequetscht. Die Augen waren schiefgeschlitzt und stechend, die Lippen aufgeworfen, die Backenknochen vorstehend, Schultern und Arme stark, die Beine krumm und schwach. Die Römer verglichen sie mit Bestien und grob zugehauenen Holzklötzen. Sie waren mit Kitteln von Linnen und Mausfellen, mit Hosen aus Bockshäuten und mit Zottelmützen bekleidet. Sie aßen Wurzeln und rohes Fleisch, das sie mürbe ritten. Sie wohnten in Zelten und zogen zu Roß hin und her, während die Weiber und Kinder auf Karren folgten. Mit ihren häßlichen, aber ausdauernden Pferden schienen sie wie zusammen- gewachsen. Sie hatten weder Glauben noch Treue, weder Gerechtigkeit noch Liebe und folgten wie Tiere nur ihren Trieben. Mit Geheul stürzten sie sich blitzschnell auf den Feind, schössen ihre Pfeile ab und flohen. Plötzlich wandten sie sich zu neuen Angriffen gegen die Verfolger, griffen zum Säbel, warfen dem Feinde Schlingen über den Kops und schleppten ihn mit sich. Angriff und Scheinflucht wechselten unahlässig. Sie zwangen zuerst die Alauen «zwischen Don und Wolga) zur Unterwerfung. -Dann traf der Stoß die Ostgoten, deren Herrschaft vom' Schwarzen Meire bis zur Ostsee reichte. Der gotische König Hermanrich riß den Verband seiner Wunde auf und verblutete sich (im 110. Lebens¬ jahre), um die Schmach der Unterjochung nicht zu erleben. Sein Nach- folger Withimer wagte eine Schlacht gegen die Hunnen, verlor aber mit ihr das Leben und sein Volk die Freiheit. 2. Wie die Westgoten eine neue Heimat suchten. Die West- goten (im Norden von der unteren Donau) wichen ebenfalls vor den Hunnen und gingen über die Donau nach Süden, wo sie der Kaiser Valens auf Bitten ihres Bischofs Ulfilas in Mosten aufnahm. Die versprochene Ablieferung der Waffen unterblieb, weil sich die römischen Aufseher bestechen ließen. Die römischen Statthalter reizten durch Be- drückung, Überteuerung der Lebensmittel und verräterischen Anschlag auf