B. G. Teubner in Leipzig und Berlin
Georg-Eckert-Institut
1 070 584 8
V//27
Geschichtsbilder
aus der allgemeinen und vaterl�ndischen Geschichte
Busgabe A Leitsaden f�r mittlere und h�here Schulen
von
Friedrich polack
Kgl. Schulrat a. v.
Zwanzigste, verbesserte Auflage herausgegeben unter Mitwirkung von
f). Zander
Direktor der h�heren M�dchenschule in S�dende-Verlin
mit 253 Portr�ts und kulturhistorischen Abbildungen nebst 8 historischen Karten in Farbendruck
IntenMonnJ^^lI�Ulbuchinstitut
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I �3$lc-Eci(ert�!r�stitut
f�r internationale Schu;butiiforschur.g 1911 Braunschweig Leipzig und Berlin � Bibliothek -
Druck und Verlag von B. G. Teubner
Inventarisiert unter
tSBI-SB.
-TL /) (0-0,/iAj
Alle Rechte, einschlie�lich des �bersetzungsrechts, vorbehalten.
Vorwort zur ersten Auslage.
Nur ein materiales Bed�rfnis oder ein methodischer Fort-schritt rechtfertigt die Herausgabe eines neuen Schulbuches. An ersteres glaubt kein Mensch bei der Flut der Geschichtsleitf�den. So bleibt allein der �methodische Fortschritt" als Berechtigungsschein �brig. Daran glaubt jeder Verfasser bei Herausgabe eines Schulbuches, auch der unterzeichnete. Nur der Erfolg kann und wird das Urteil sprechen.
Zun�chst bin ich meine methodischen Grunds�tze kurz anzugeben schuldig.
1. Der Stoff ist auf das N�tige und M�gliche beschr�nkt. Die Vielheit des Stoffes beeintr�chtigt stets die Einheit des Erfolges. Namen und Zahl.en sind das L�stige und Verg�ngliche im Geschichtsunterrichte; neue Vorstellungen, logisches Denken, gutes Sprechen und Begeisterung f�r die Kulturideale der Menschheit sind das Bleibende. Diese R�cksicht hat die Auswahl geleitet. Charakteristische Z�ge sind mit Vorliebe in die kleinen, in sich abgeschlossenen Geschichtsbilder eingewebt; viel trockenes Material, das nur den Forscher reizt, ist geflissentlich weggelassen. Was im Ge-d�chtnis des Lehrers nur schwer hat haften wollen, damit soll man die Sch�ler nicht plagen und sich die Unterrichtsfreude verk�mmern.
2. Der Stoff ist nach seinerinneren Zusammengeh�rigkeit genau gegliedert. Nur was in einer gewissen Ordnung in unsere Vor-stellnngswelt eintritt, haftet und bereichert. An der Unordnung verarmt selbst der Reichtum.
3. Schon die Sprache des Leitfadens soll fesseln undbilden. Die abgerissene sprachliche Form vieler Leitf�den schreckt die Sch�ler von der Wiederholung ab und erweist der Sprachbildung einen schlechten Dienst.
4. Die Geschichte ist Jdeenentwickeluug und nicht ein Gemengsel von Namen, Zahlen und Ereignissen. Letztere sind blo� Knoten in dem Seile der leitenden Idee: �Erziehung des Menschengeschlechts". Diese R�ck-ficht mu� in der Oberklasse betont werden. Darum ist hier den Fragen und Hinweisen auf klassische Literaturerzeugnisse besondere Sorgfalt zu widmen. Die �bersichten gleichzeitiger Begebenheiten sind ebenfalls f�r diese Stufe.
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IV �
Noch ein Wort �ber den Gebrauch!
Das Buch ist aus der Praxis der Erfurter und Nordh�user Knaben-und M�dchen-Mittelschnlen hervorgewachsen. F�r solche und �hnlich ein-gerichtete Schulen ist es zun�chst bestimmt. Doch auch jede andere Schule kann nach Bed�rfnis aus dem Stoffe w�hlen. Die einzelnen Bilder sind zwar an den Faden der Zeitfolge gereiht, die meisten lassen sich aber auch aus dem Zusammenhange l�sen und einzeln verwerten.
Besondere Gebrauchsanweisungen zum Leitfaden hat der erfahrene Schulmann nicht n�tig. Nur an eins sei erinnert! Auch der Geschichtsunterricht darf der methodischen Dreieinigkeit: Anschauung, Einsicht und Ein�bung nicht ermangeln. Eine anschauliche, sorglich gegliederte Erz�hlung gibt die Anschauung; die Entwicklung einer Stoffgliederung, erl�uternde Fragen und Begleichungen geben die Einsicht, und durch Nachlesen, zusammenh�ngendes Nacherz�hlen und schriftliche Aufgaben wird der Stoff einge�bt. Alles andere wolle das Buch selber sagen! M�ge seine Sprache eine gute Resonanz in Lehrern und Sch�lern finden!
Nordhausen, Ostern 1874.
Fr. Polack.
Vorwort zur 17. Auflage.
Die Geschichtsbilder haben nun 25 Jahre lang ihren Weg in Schulen und Lehrerh�user gefunden. Wie die Zeiten sich �ndern und wir in ihnen, so haben auch sie ihre Entwicklungsgeschichte. Der Kern ist ge-blieben, aber die Jahresringe haben manches Neue angesetzt. Auf vielseitigen Wunsch erschienen gleichzeitig mit der 8. Auflage 1881 die �Historischen Gedichte zur Belebung des Geschichtsunterrichts.^) Die 10. Auflage 1884 brachte neben anderen Verbesserungen den Schmuck vieler erl�uternden Bilder. Die 11. Auflage 1888 erhielt unter der trefflichen Mitwirkung des Direktors Sattler in Chemnitz in dem �Geschichts-Leitsaden" eine eigene Ausgabe f�r B�rgerschulen. ^) Die 13. Auslage 1891 wurde nach den Erlassen vom 1. Mai und 27. Juli 1899 umgearbeitet und darin nachdr�ck-licher die vaterl�ndische, kulturhistorische und Volkswirtschaft-liehe Seite der Geschichte betont. Gleichzeitig mit der 14. Auflage 1893 erschien als Vorstufe der Geschichtsbilder das Erste Geschichtsbuchs)
1) Fr. Polack, Historische Gedichte f�r Schule und Haus. Ein Anhang zu jedem Lehrbuche der Geschichte. 2. Aufl. Gbd. 65 Pf. (Leipzig, Theodor Hofmann).
2) Fr, Polack, Geschichts-Leitfaden f�r B�rger- und Mittelschulen. 213 Ab-bildungen. 14. Aufl. Gbd. 1,70 Mk. (Leipzig, Theodor Hofmann).
3) Fr. Polack, Das erste Geschichtsbuch. Lehr- und Lesebuch f�r den ersten Geschichtsunterricht im Anschlu� an die Heimatkunde. 58 Abbildungen. 7. Aufl. Gbd. 90 Pf. (Leipzig, Theodor Hofmann.)
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Neben der 15. Auflage 1895 wurde nach den Bestimmungen vom 31. Mai 1894 eine Ausgabe B der Geschichtsbilder f�r mittlere und h�here M�dchenschulen bearbeitet. x) Das Neue der 17. Auflage ist eine eingehende Be-r�cksichtignng der Kulturgeschichte.
M�chte der Lebenslauf des Buches im zweiten Vierteljahrhundert ein ebenso gl�cklicher wie im ersten sein! M�chte ihm immer besser die schwere Aufgabe gelingen, durch hohe Gedanken und gro�e Muster durch Lehre und Beispiele die rechte Erkenntnis unter dem heranwachsenden Geschlechte zu mehren und sein Pflichtleben erfolgreich zu befruchten!
Worbis, Ostern 1899.
Fr. Polack.
Vorwort jitr 20. Auslage.
Die neue Aufllage hat sich, wie die achtzehnte und neunzehnte, die Be-seitignng kleiner M�ngel, die Fortf�hrung der geschichtlichen Entwicklung bis in unsere Tage und die Vervollst�ndigung der kulturgeschichtlichen Bilder angelegen sein lassen. Dabei haben Heimat- und B�rgerkunde sowie neuere methodische Forderungen ihr Recht gefunden. Die Verlags-Handlung hat durch Vermehrung und Verbesserung des Bilderschmucks den Wert des Buches zu erh�hen gesucht. M�ge sich dasselbe weiter als s�rdersamer �Lern- und Erziehungshelfer" bew�hren!
Treffurt, am 24. Januar 1911.
Fr. Polack.
1) Fr. Polack, Geschichtsbilder aus der allgem. und Vaterland. Geschichte. Ausg. B f�r mittlere und h�here M�dchenschulen. 257 Bilder und 8 Geschichtskarten. 21. Aufl. Gbd. 2,20. (Leipzig, B. G. Teubner.)
Inhalt.
Seite
Einleitung......................................................1
Aus dem Attertume.
1. �gypten......................................................3
2. Ph�nizien..................................................9
3. Das Volk Israel............................n
4. Babylonien und Assyrien......................................15
5. Die Arier in der Urheimat, in Indien und in Iran........17
A. Die Arier in der Urheimat................18
B. Die Inder.......................19
C. Medien und Persien...................22
6. Griechenland: Land und Volk..................25
7. Die Heroen oder Helden...................31
I. Herakles oder Herkules, der Nationalheld des griechischen Volkes 31
II. Thesus, der Sagenheld der Athener.............34
III. Perseus, der Sagenheld von Argos..........................35
IV. �dipus, der Sagenheld von Theben............35
8. Zwei gemeinsame Heldenfahrten.................36
I. Der Argonautenzug...................36
II. Der trojanische Krieg...................36
9. Die Gesetzgeber Lykurg und Solon................42
I. Lykurg in Sparta....................42
II. Solon in Athen.....................44
10. Die Perserkriege (500�449 v. Chr.)...............46
11. Perikles und das goldene Zeitalter. Alcibiades und der Verfall... 50
I. Perikles........................50
n. Alkibiades.......................57
12. Der Weltweise Sokrates in Athen.....................58
13. Epaminondas in Theben.....................60
14. Demosthenes und Philipp von Mazedonien............62
15. Alexander der Gro�e (336�323 v. Chr.).............63
16. Rom unter den K�nigen (753�510)..............................68
17. �u�ere und innere K�mpfe der jungen Republik..........71
I. �u�ere K�mpfe.....................71
II. Innere K�mpfe.....................72
18. Die Unterwerfung von Mittel- und Unteritalien..........73
19. Der erste punische Krieg (264�241 v. Chr.)...........76
20. Hannibal und der zweite punische Krieg (218�201 v. Chr.) .... 77
21. Koriuths und Karthagos Untergang...............80
22. Sittenverfall in Rom.....................82
23. Marius und Sulla......................89
� VII �
Seite
24. Pompejus und C�sar..........................................91
I. Pompejus............................................91
H. C�sar................................................92
25. Das zweite Triumvirat..........................................95
26. Kaiser Augustus (30 v. Chr. bis 14 n. Chr.)....................97
27 a. Die Germanen oder Deutschen................104
27 b. Armin (Hermann), der erste Befreier Deutschlands .......108
28. K�mpfe der christlichen Kirche in den ersten Jahrhunderten.....114
29. Sieg des Christentums unter Konstantin.............117
Aus dem Mittelalter.
30. Die V�lkerwanderung.....................120
31. Die Ostgoten........................123
32. Der Frankenk�nig Chlodwig (um 500)........................128
33. Mohammed und der Islam..................129
34. Bonifatius, der Apostel der Deutschen.............132
35. Karl der Gro�e (768-814)....................................135
36. Die Karolinger.....................- - 143
37. Heinrich I. von Sachsen (919�936)............................145
38. Otto I., der Gro�e (936-973)........................147
39. Die �brigen s�chsischen Kaiser (973�1024)........................150
40. Papst Gregor VII......................154
41. Heinrich IV. (1056�1106)....................................157
42. Der erste Kreuzzug (1096�1099)..............................162
43. Friedrich I., Barbarossa (1152�1190)............................165
44. Der Staufer Friedrich II. (1215�1250 ..........................171
45. Konradin, der letzte Staufer..................175
46. Die Kultur des Mittelalters..................177
47. Alfred der Gro�e von England (871�901).............203
48. Rudolf von Habsburg (1273�1291)............................205
49. Albrecht I. und die Befreiung der Schweizer...........207
50 a. Ludwig IV. von Bayern (1314�1347). .....................209
50b. Karl IV. von Luxemburg (1347�1378)........................211
51. Die Jungfrau von Orleans (f 1431)..............213
52. Die Eroberung Konstantinopels durch die T�rken (1453)............216
53. Die Erfindungen......................219
54. Die Vorl�ufer der Reformation................224
I. Kirchliche Zust�nde..................224
II. Der b�hmische Reformator 'Johannes Hus.........226
55. Maximilian (1493�1519) und das Ende des Mittelalters.....228
56. Die Askanier in der Mark Brandenburg (1134�1320)............231
57. Die Mark unter den Bayern (1324�1373)......................234
58. Die Luxemburger in der Mark (1373�1415)......................236
59. Die Hohenzollern in der Mark..................237
60. Kolumbus und die Entdeckung Amerikas (1492)..................242
Aus der Weuzeit.
61. Dr. Martin Luther und die Reformation (1483�1546)............257
62. Kaiser Karl V. (1519�1556)....................................273
63. Heinrich IV. von Frankreich (1589�1610)........................280
64. Elisabeth von England (1558�1603) ........................282
� VIII �
Seite
65. Der Abfall der Niederlande..................286
66. Gustav Wasa in Schweden (1523�1560)..........................289
67. Die Mark Brandenburg in der Reformationszeit.........290
I. Joachim I. Nestor....................290
II. Seine Nachfolger....................292
68. Der Drei�igj�hrige Krieg (1618�1648)..........................294
69. Karl I. von England (1625�1649) und Cromwell........308
70. Der Gro�e Kurf�rst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Sch�pfer
des preu�ischen Staates (1640�1688) .....................311
71. Ludwig XIV. von Frankreich (1643�1715)......................318
72. Die T�rken vor Wien (1683)..................................324
73. Der erste K�nig von Preu�en, Friedrich I. (1688�1713)............326
74. Friedrich Wilhelm I. (1713�1740)..............................331
75. Peter der Gro�e (1689�1725) und Karl XII. (1697�1718) .... 336
76. Friedrich II., der Gro�e oder Einzige (1740�1786)................342
77. Die Revolutionszeit.....................374
I. Der Befreiungskrieg in Nordamerika (1775�1783)............374
II. Die franz�sische Revolution (1789�1799)..................375
78. Friedrich Wilhelm II. von Preu�en (1786�1797) und Napleon I.
von Frankreich.........................380
79. Friedrich Wilhelm III. (1797�1840), der ungl�ckliche Krieg (1806�1807)
und die Befreiungskriege (1813�1815)..........384
80. Friedrich Wilhelm IV. (1840�1861) und die Revolution.....404
81. Kaiser Wilhelm I. (1861�1888) und Deutschlands Neugestaltung und
Gr��e........................409
82. Kaiser Friedrich III. (1888)....................................437
83. Kaiser Wilhelm II.......................441
84. Blick aus die neueste Geschichte der au�erdeutschen Kulturstaaten . . 456
Zeittafel............................465
Geschichtliche Gedenktage.....................471
Regententasel........ .................. 472
Kartenbeilagen.- 1. Die alte Welt. 2. Griechenland. 3. Italien. 4. Europa unter den Karolingern. 5. Europa unter den Hohenstaufen. 6. Karte der Entdeckungsfahrten. 7. Europa unter Napoleon. 8. EntWickelung Preu�ens.
Einleitung.
1. Wesen und Zweige der Geschichte. Geschichte ist zun�chst das im Laufe der Zeit Geschehene, der Inbegriff derjenigen Tatsachen, welche auf die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft Einflu� gehabt haben; sodann die Darstellung dieses Geschehenen. Die Geschichte in diesem letzteren Sinne erz�hlt von dem Entstehen, Wachsen und Vergehen der Reiche und Staaten und von den hervorragenden Ereignissen und Per-sonen, welche darauf eingewirkt haben. Indem sie also die Entwicklung der Menschheit verfolgt, lehrt sie die Gegenwart aus der Vergangenheit verstehen und begeistert f�r die Ziele der menschlichen Veredelung (Kultur-ideale).
Als Biographie oder Lebensbeschreibung stellt die Geschichte ein merkw�rdiges Menschenleben in seiner Entwicklung und seinem Einflu� auf die Zeit dar. Als Monographie oder Einzelgeschichte schildert sie einzelne Ereignisse f�r sich und in ihrer Beziehung zur Gesamtheit. Als Partikular-, Teil- oder Sondergeschichte, erz�hlt sie die Geschehnisse eines Volkes, Staates, Standes, st�dtischen Gemeinwesens usw. ausf�hrlich im Zusammenhange. Als Universal- oder Weltgeschichte verarbeitet sie die historischen Ereignisse zu einem Gesamtbilde, in dem nur diejenigen V�lker und Ereignisse einen Platz finden, welche die gesamte Ausbildung der Menschheit gef�rdert haben. Gleichsam als Seele der Weltgeschichte er-scheint die Kulturgeschichte, die insonderheit den geistigen und sittlichen Entwicklungsgang der Menschheit zeigt. Ein Teil derselben ist die Kirchengeschichte.
2. Quellen der Geschichte. Den Stoff der Geschichte sch�pfen die Geschichtsforscher aus �berresten, Denkm�lern und besonderen Ge-schichtsquellen. Zu den Uberresten geh�ren die Ruinen untergegangener St�dte (Ninive, Pompeji), die Pfahlbauten (an Schweizerseen), die H�nen-gr�ber (in der L�neburger Heide), die zahlreichen Altert�mer in Museen, die Nachrichten �ber alte Gesetze, Volksrechte, Sitten, religi�se Vor-stelluugen, die Reste alter Literaturen und Sprachen, die M�rchen, G�ttersagen (Mythen) u. v. a. Diese �berreste reden eine stumme und doch verst�ndliche, wahrhaftige Sprache.
Die Denkm�ler oder Monumente wurden errichtet, um der Nachwelt Kunde von gewissen Ereignissen zu geben. H�ufig tragen sie bildliche Darstellungen und Inschriften (Obelisken und Pyramiden in �gypten, Triumphbogen in Rom); dahin geh�ren auch M�nzen, Medaillen, Wappen, Siegel, Urkunden �ber Rechtsgesch�fte usw.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 1
Die eigentlichen Geschichtsqucllen sind entweder m�ndliche �ber-lieferungen (Steher, Sagen) oder absichtliche Aufzeichnungen (Annalen oder Jahrb�cher, Cdroniken, Memoiren oder Denkw�rdigkeiten, Streit-schriften, Zeitungen usw.). Diese Quellen m�ssen mit Vorsicht benutzt werden, da in ihnen oft Gunst oder Ha� die Feder gef�hrt und die Wahr-heit gef�rbt h.ibett. Die historische Kritik hat genau zu Pr�fen, ob eine Quelle echt oder gef�lscht, vollst�ndig oder durch Weglassungen und Zus�tze entstellt ist, ob die Tatsachen richtig oder falsch aufgefa�t, parteiisch oder unparteiisch dargestellt sind. Sie sichtet Zuf�lliges von Wesentlichem, sucht die treibenden Ursachen der Ereignisse und die Beweggr�nde der handelnden Personen, stellt den Zusammenhang her, erg�nzt das Fehlende durch Schl�sse, berichtigt das Irrt�mliche durch Begleichungen, erkl�rt * das Dunkle aus r�umlichen, zeitlichen und sachlichen Bedingungen und l��t durch zusammenh�ngende Darstellung das Bild der Vergangenheit vor uns neu erstehen. Von Bedeutung f�r die Erforschung der �ltesten Kulturgeschichte ist die (vergleichende) Sprachforschung geworden.
3. Hilfswissenschaften der Geschichte. Da die Geschichte keinen Fortschritt �bersehen darf, so m�ssen ihr alle Wissenschaften dienen. Ihre besonderen Hilfswissenschaften sind: die Geographie (Erdkunde), die den Schauplatz der Geschichte und die Beziehungen zwischen Land und Leuten zeigt, die Chronologie, welche die Zeitrechnung und die Zeitfolge verstehen lehrt, die Ethnographie (V�lkerkunde), welche die Eigent�mlich-feiten der V�lker schildert, die Statistik, welche die Zust�nde des �ffent-lichen Lebens beobachtet, in Zahlen ausdr�ckt und daraus allerlei Schl�sse aus die geistige Entwicklung macht, die Arch�ologie (Altertumskunde), welche die Denkm�ler aus alter Zeit, die Heraldik, welche Wappen, die Numismatik, welche M�nzen kennen und verliehen lehrt.
Wie das menschliche Geschlecht selbst eine Einheit, so ist auch seine Geschichte eine untrennbare Kette. Der bessern �bersicht wegen hat man sie jedoch nach wichtigen oder epochemachenden Ereignissen in Perioden eingeteilt. Die Grenzscheide zwischen der alten und neuen Zeit bildet die Geburt Jesu und die Ausbreitung des Christentums unter den Kultur-V�lkern der alten Welt.
Man teilt die Geschichte gew�hnlich in folgende Zeitabschnitte (Welt- oder Zeitalter) ein:
1. Geschichte des Altertums von den �ltesten Zeiten bis zum Beginn der V�lkerwanderung (im Jahre 375 n. Chr.) oder auch bis zur Aufl�sung des westr�mischen Reiches (im Jahre 476 n. Chr.)
2. Geschichte des Mittelalters bis zur Reformation (Anfang des 16. Jahrhunderts).
3. Geschichte der Neuzeit bis zur Gegenwart.
V Pyramiden, vor etwa ^500 Iahren erbaut; davor die gro�e Sphinx.
Jm dem lltertume.
1. �gypten.
1. Das reich gesegnete Land. �gyptens im nord�stlichen Afrika war die Kornkammer des Orients und ein Wunderland von alters her. Es ist gleichsam ein Geschenk des Nilflusses, der das 2�5 Meilen breite Tal zwischen den libyschen Felso�mmen und dem kahlen Bergsaume am Roten Meer den wandernden Sandwolken der W�ste abgerungen hat. Selten befeuchtet Regen das Land, aber aus dem Strome steigt der Segen. Zur Zeit der tropischen Regeng�sse und der Schneeschmelze auf den Hoch-gebirgen Afrikas schwillt der Nil vom Juli bis zum September an. Dann werden die D�mme ge�ffnet und die Fluten in die Kan�le geleitet, die, als Adern der Fruchtbarkeit, das Wasser auch in entferntere Gegenden f�hren. Das Land verwandelt sich nun in einen See, aus dem die h�her gelegenen Punkte wie Inseln ragen. Vom Oktober ab tritt der Nil lang-sam in sein Bett zur�ck und hinterl��t einen fetten Schlamm, in dem die Gew�chse ein �ppiges und rasches Gedeihen entfalten. Nach der Ernte verwandelt sich der Boden von der Sonnenglut in roten Staub. Das wunderbare Land ist nacheinander ein Meer von S��wasser, dann von Blumen und Fr�chten und zuletzt von Staub.
1) Der fettgedruckte Buchstabe deutet die betonte Silbe an. Ist nichts angedeutet, so liegt der Hauptton auf der ersten �ilbe.
1*
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In Ober�gypten lag das hunderttorige Theben, in Mittel�gypten Memphis (heute Kairo), in Unter�gypten oder dem Delta Sais und On (Heliopolis).
2. Die St�ndegliederung des Volkes. An der Spitze des Staates stand der K�nig oder Pharao. Er galt als Nachkomme des Sonnengottes Ra und geno� fast g�ttliche Verehrung. Bei seiner Thronbesteigung wurde er durch die Oberpriester in alle Geheimnisse der Religion eingeweiht. Abgeschlossene Berufsst�nde oder Kasten traten erst seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. in den beiden St�nden der Priester und Krieger hervor. Neben diesen beg�nstigten Kasten stand das erwerbende Volk, der N�hr-stand, zu welchem Ackerbauer, K�nstler, Handwerker, Kaufleute, Schiffer u. a. geh�rten. Priester und Krieger waren in der Regel im Besitz aller h�heren Staats�mter, jedoch v�llig vom K�nige abh�ngig. Das Land war in 42 Bezirke geteilt, die von vornehmen Statthaltern verwaltet wurden. Ihnen zur Seite standen �Schreiber" und �Richter". Eine Inschrift in Ober�gypten r�hmt von einem Statthalter, �er habe die Arbeiten f�r den K�nig verrichtet, die Abgaben seines Bezirks richtig abgeliefert, den Bezirk geliebt, Witwen und Waisen nicht betr�bt, Fischer und Hirten nicht ge-st�rt, f�r die Kan�le gesorgt und Hungersnot abgewehrt, habe alle Felder bestellen lassen und Gro�en und Kleinen gleichm��ig Wohltaten erwiesen". Die Priester waren auch als Baumeister, Richter, �rzte, Schriftgelehrte und Traumdeuter t�tig. Die sogenannten Weisen aus ihrer Mitte um-gaben als st�ndige Ratgeber den K�nig. Die Priester trugen meist wei�leinene Gew�nder und geschorene H�upter und mu�ten rein und heilig leben. Die Krieger bildeten die Schutzwehr des Landes, unter ihnen die Garden die Ehrenwache des K�nigs. Beide Kasten hatten reiche Lehen, namentlich an Grundbesitz. Die Ackerbauer waren meist P�chter der Priester und Krieger. Gew�hnlich w�hlte der Sohn den Berus seines Vaters, doch konnte auch der Niedriggeborene zu den h�chsten �mtern aufsteigen, wenn er durch h�here Bildung den Titel eines �Schreibers" erworben hatte und sich durch T�chtigkeit auszeichnete. � Den Verkehr mit den Ausl�ndern vermittelten Dolmetscher. Als unrein galten die Hirten und diejenigen, die das Gewerbe des Leib�fsueus beim Balsa-Mieren der Toten aus�bten. Die Unreinen durften keinen Tempel be-treten und sich mit den andern St�nden nicht vermischen.
3. Die Bildung des Volkes, wie sie uns besonders in der Re-ligion, in der Baukunst, in der Wissenschaft und in der Lebensweise entgegentritt, war schon in uralter Zeit h�her entwickelt als in den �brigen Kulturstaaten des Orients. Sie zeugt von starker Einbildungs-kraft, gro�er technischer Fertigkeit, praktischem Verst�nde und ernster, ja in manchen St�cken selbst edler Lebensauffassung, aber auch von starrem Festhalten am �berlieferten und geringer Begabung f�r lebendige k�nst-lerifche Erfassung.
a) Die Religion war phantasievoll. Die Kr�fte der Natur wurden als G�tter verehrt und ihnen n�tzliche oder sch�dliche Tiere ge-weiht, mit deren K�pfen man die G�tter abbildete. Der Sonnen- oder Lichtgott stand im Mittelpunkte der Verehrung. Als �ltester Sonnengott
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galt Ra. Er wurde mit einem Sperberkopfe und einer Sonnenscheibe auf dem Haupte abgebildet (S. Fig. 2). Neben ihm wurde besonders in Heliopolis Osiris verehrt als die belebende Sommersonne. Dessen Gemahlin Isis war die hervorbringende Mond- und Erdg�ttin, Typhon der Gott der Vernichtung. Heilige Tiere waren Ibis, Sperber, Krokodil, Ichneumon und Katze. Aus brennenden H�usern wurden die Katzen eher als die Menschen gerettet. Der Stier Apis war dem Ptah, �dem Vater des Lichts", in Memphis geweiht. Er war schwarz und hatte ein wei�es Dreieck auf der Stirn und einen k�ferartigen Knoten unter der Zunge. Starb er, so herrschte gro�e Trauer, weil dann Ptah z�rnte. Wurde ein neuer gesunden, so hallte das ganze Land vom Jubel wieder. Wer einen lasterhaften Wandel f�hrte, dessen Seele wurde nach dem Spruche des Totenrichters Serapis zu einer dreitausendj�hrigen W�nde-rnng durch alle Tierleiber verurteilt.
bis sie gel�utert in den Menschenleib zur�ckkehren durfte; denn die �gypter glaubten an eine Seelenwande-ruug, wie �berhaupt an ein Fort-leben nach dem Tode. Das Fortleben war jedoch nach ihrer Meinung an die Erhaltung des Leichnams gekn�pft.
Beim Tode des Menschen trennte sich die Seele vom Leibe. Soll aber der Tote wieder aufleben, fo mu� die ge-trennte Seele von ihrem K�rper^ auch wieder Besitz ergreifen k�nnen. Das kann aber nur geschehen, wenn der K�rper erhalten wird. Dieser Glaube trieb zur sorgf�ltigen Erhaltung der Leichname. Sie wurden, wenn das Totengericht sie w�rdig erachtete, ein-balsamiert, d. h. mit Asphalt und balsamischen Harzen getr�nkt, mit 15�20 k�nstlich bemalten Binden umwickelt und in Totenkammern beigesetzt, wo sie zu Mumien versteinerten.
b) Die Baukunst war von seltener Gro�artigkeit. Noch heute setzen uns die �gyptischen Baudenkm�ler durch ihre Rieseuhastigkeit in Er-staunen, so die Palast- und Tempelruinen der alten K�nigsstadt Theben bei den D�rfern Luxor und Karnak und die auf der Nilinsel Elephantine. Die Tempel bildeten in ihrem Grundrisse Rechtecke und hatten in den �u�eren Mauern keine Fenster. Das Innere bestand aus drei Abteilungen. Der Vorhof war oben offen und hatte an den Seiten bedeckte S�uleng�nge. Aus ihm gelangte man in einen bedeckten Saal mit vielen Pfeilern und zuletzt in das dunkle Allerheiligste, in dem das G�tterbild stand. Vor den Tempeln standen wie gewaltige Schildwachen die Obelisken, d.h. 16�58 m hohe, viereckige Spitzs�ulen aus einem Granitblock, die von den K�nigen den G�ttern als Weihgeschenke aufgestellt wurden, so z. B. der Thutmosis-Obelisk. Zu den Tempelpforten f�hrten h�ufig Doppelreihen
2. Der Sonnengott Ra.
3. ITCutnte.
� 6 �
�gyptische Tempelanlage.
von Sphinxen', das waren riesenhafte Steinbilder mit einem L�wenleibe und einem Menschenkopfe. Die Pyramiden waren Totenh�user der K�nige aus Kalk- oder Backsteinen, deren Seitenfl�chen vier Dreiecke bil-beten, die oben in einer Spitze zusammenliefen. Die m�chtigen Steinbl�cke sind ohne M�rtel aufeinander gelegt und bilden eine Art Treppe, auf der man die Pyramiden ersteigen kann. Die des Cheops bei Gizeh unweit Kairo mi�t noch 137 m, obwohl der obere Teil fehlt. Die Peterskirche in Rom h�tte Platz darin. Die Arbeiter sollen w�hrend des Baues f�r
7ys Millionen Mark Rettiche, Zwiebeln und Knob-lauch verzehrt haben. Das Labyrinth war ein ge-waltiger Steinbau am M�rissee. Seine Bestim-mung kennt man nicht. Es bestand aus zw�lf H�fen mit 1500 unter- und 1500 oberirdischen Zimmern. Die Katakomben waren un-terirdifche Begr�bniskam-mern von mehreren Stock-werken in den Grotten und H�hlen des libyschen Berg-kammes; sie hatten eine Ausdehnung von zwei Stunden. Viele Mumien sind von dort in europ�ische Museen gebracht worden. Eine schaurige Pracht zei-gen dielOK�nigs gr�ber in einem wilden Felstale der libyschen Berge. Die 5. Memnons�ule. Gr�ber der Verstorbenen;
6. �gyptisches ,felfetiarab mit Bieroalvpben.
sahen die �gypter als ihre �ewigen Wohnungen", die H�user der Lebendigen nur als �Herbergen" an. Unter den ebenfalls riesenhaften Werken der Bildhauerkunst ist die Memnons�ule bei Theben am bekanntesten ge-worden, weil sie bei Sonnenaufgang infolge des Durchgangs der Luft durch die Poren des Steins geklungen hat. Sie ist die n�rdliche von zwei nebeneinander befindlichen Bilds�ulen, die beide ein und denselben alten K�nig sitzend darstellen.
c) Die Wissenschaft war tiefsinnig und umfassend. Das be-zeugen die jetzt entr�tselten Hieroglyphen, die ein deutliches Bild des �gyptischen Lebens geben. Sie sind die �lteste Schrift des Volkes, die Laute, Vorstellungen und ganze Vorstellungsreihen durch Bilder aller Art darstellt. Die Gelehrten kennen jetzt den Schl�ssel zu dieser Schrift und verm�gen die alten Papyrusrollen und die Inschriften der Baudenkm�ler zu lesen. Die Berechnung der Nil�berschwemmungen schuf die Astro-nomie, die Regelung der Grenzen die Geometrie. Au�erdem wurden Gesetzes- und Heilkunde gepflegt, Von Poesie finden sich Hymnen, Lieder, Epen und M�rchen. Musik wurde eifrig getrieben. S�ngerch�re trugen die Hymnen zu Ehren der G�tter unter Begleitung von Harfen- und Fl�tenspiel vor. Als Erzeugnisse des Gewerbeflei�es verdienen die k�st-lichen Gewebe aus Byssus (Baumwolle), das Schreibmaterial aus der Papyrusstaude, farbige Gl�ser und verzierte Lederarbeiten Erw�hnung.
d) Die Lebensweise des Volkes war einfach und gesund. Als Nahrungsmittel dienten Brot, (aus Weizen, Durra), Fleisch (aber nicht von Schweinen), Obst und Gem�se, als Getr�nke Nilwasser, Bier und Wein. Die �rmeren �gypter wohnten in H�tten, die aus getrockneten Nilschlammzieg^n hergestellt waren, die reichen in gro�en, buntbemalten
3000
2100
1350
1250
Menes, der erste v. Chr. Memphis, Pyramide. Ame-
650
600
H�usern aus Ziegelsteinen mit offenen und bedeckten Vorbauten, die meist von Lustg�rten umgeben waren. Das Leben war gesellig und fr�hlich, aber mit Fremden a�en die �gypter nicht an einem Tische. Die geach-tete Stellung der Frauen zeigt die hohe Kulturstufe des Volkes. Sogar zu Priesterinnen wurden Jungfrauen ans der k�niglichen Familie und der Priesterkaste gew�hlt. Die Frau hie� �Herrin des Hauses"; sie er-schien auch in Gesellschaft der M�nner; die Kinder wurden weit �fter nach der Mutter als nach dem Vater benannt. Ehen zwischen Personen verschiedenen Standes waren nicht verboten, aber gegen die Sitte. Sklaven wurden zu allerhand Diensten gehalten. Eine gut eingerichtete Polizei sorgte f�r Ord-uung im Lande.
4. Die Geschichte.
K�nig, erbaute um 3000 Cheops sp�ter die gro�e nemha III. das Labyrinth und den M�risfee mit seinen Riesend�mmen. Die Hyksos, kriege-rische Hirten, brachen (2100) aus Asien ein und blieben 500 Jahre Herren des Landes. Nach harten K�mpfen wurde ihr Joch abgesch�ttelt und Theben die Hauptstadt des befreiten und m�chtig emporbl�heuden Landes. Seine gr��ten K�nige waren Ramfes II. (Sefostris 1350), ber�hmt als Kriegsheld, Bauherr und Regent, und Ramfes III. (Rhampfinit 1250), der das gro�e Schatzhaus erbaute.
Der Sage nach hielt sich sein treuloser Bau-meister durch einen losen Quaderstein in der Mauer einen Zugang zu den Sch�tzen offen. Seine beiden S�hne beraubten bei Nacht den Schatz. Durch eine k�nstliche Falle fing der K�nig einen der Diebe. Da dieser sich nicht befreien konnte, bat er seinen Bruder, ihm das Haupt abzuschlagen, damit man ihn nicht erkenne. Um die T�ter zu entdecken, hing der K�nig die Leiche am Tore auf. Er mutma�te, da� man sie herab-nehmen w�rde, um sie zu bestatten. Wirklich kam der Bruder, bet�rte die W�chter durch Wein und listige Worte und entf�hrte die Leiche. Alle Anstrengungen des K�nigs, um des listigen Diebes habhaft zu werden, schlugen fehl, bis er ihm endlich Straflosigkeit und eine Belohnung seines Mutes zusagte; da stellte er sich und wurde begnadigt.
Im 8. Jahrhundert eroberten die �thiopier �gypten, hatten aber wieder mit den Asshrern zu k�mpfen. Die Affyrer vertrieb Pfam-metich (650) mit Hilfe griechischer S�ldner, �eherner M�nner der See", und wurde Alleinherrscher. Weil er die Fremden beg�nstigte, wanderten viele Krieger aus. Sein Sohn Necho (600) lie� Afrika durch die Ph�- �
7. (Dbelisf mit Hieroglyxhenschrift.
8. Sefoftris.
9- Ramxsinit.
\0. psammetich.
Aus dem Tempel bei Sarnaf. (Clarao.)
Nach einem Kolossalkopf im Aus den Ruinen von Jsam-britischen Museum. W. bul. (Clarac.)
nizier umschiffen und begann den Kanal zwischen dem Roten Meere und einem Nilarme zu bauen. Er besiegte den K�nig Josias von Inda bei Megiddo, erlag aber der Macht Nebukaduezars bei Karchemis am Enphrat. Psammenit, der Sohn des Amasis, verlor den Thron im Kampfe mit dem Perserk�nig Kambyses (525). �gypten wurde eine 525 persische Provinz.
Fragen: Welche Umst�nde beg�nstigten die fr�hzeitige Kultur �gyptens? � Wo und wie wird �gypten in der Bibel erw�hnt? � Woher der Name Delta?
� Was waren Lehen (von leihen)? � Was hatten die Dolmetscher zu tun?
� Was sind Museen (von Musen, den griechischen G�ttinnen der Wissenschaften und K�nste)? � Worin besteht das Unvollkommene der Bilderschrift (z. B.
L�we = St�rke, Sonne = Tag, Gei�el � Herrschaft, Adler = A, usw)? � Was bedeutet die Redensart: Das find mir Hieroglyphen? � Welche �gyptische Frauen werden, in der bibl. Geschichte erw�hnt? � Welche Beziehungen haben wir heute zu �gypten? (Suezkanal. Aufenthalt f�r Brustkranke. Studium der Altertumsreste usw.) � Womit besch�ftigen sich die Wissenschaften der Astro-nomie und Geometrie?� �Mycerin" von Sin gg. � Inschriften.� Platens Lustspiel �Schatz des Rhampsinit". � Schillers �Ring des Polykrates".
1. Land und Volk. Ph�nizien, �das rote oder Purpurland", war ein schmaler K�stenstreif am Ostrande des Mittelmeers, unfruchtbar aber buchtenreich und von den westlichen Ausl�ufern des Libanons durchzogen. Die �lteste Kolonie war Sidon, die m�chtigste Tyrus. Zuletzt glich das ganze K�stenland einer Perlenschnur bl�hender St�dte, die zu gegen-fettigem Schutze verb�ndet waren. Die Bewohner zeichneten sich durch praktischen Sinn, Unternehmungslust und ungemeine R�hrigkeit, aber auch durch Genu�sucht aus.
2. Die Religion bestand in einer Verg�tterung der Natur. Der h�chste Gott war Baal, d. h. die Sonne in ihrer gr��ten Lencht- und Befruchtungskraft. Die Verehrung der Asch er a, der G�ttin der Erd-fruchtbarkeit, artete zu einem Lasterdienste aus. Die zerst�rende Gewalt
2. ph�nizien
� 10 �
stellte Moloch dar, dem man junge Kinder in die gl�henden Arme seiner ehernen Bilds�ule legte. Ast arte war die keusche Mondg�ttin; jung-frauliche Priesterinnen sollten ein ewiges Feuer in ihren Tempeln unterhalten. Aus Baal und Moloch Wurde sp�ter ein Nationalgott, Melkart, der mit Macht und Weisheit die Geschicke der Menschen lenkte, Seefahrt undHandel schirmte.
3. Besch�ftigung der Bewohner. Der Boden lud weder zu Ackerbau noch zu Viehzucht ein, dagegen lieferten die Zedern des Sia| Libanon Holz zum Schiffbau, und
(Nach Hirt, Hist. ^Bilderbogen.) bie N�he des fischreichen Meeres
forderte zu Fischfang, Schiffahrt und Handel auf. Anf�nglich hielten sich die Fahrzeuge nahe an der heimatlichen K�ste; sp�ter wagten sie sich nach allen K�stenl�ndern des Mittelmeeres, ja endlich durch die S�ulen des Herkules, das sogenannte Ende der Erde, in den Atlantischen Dzecrn. Der unbeweglich erscheinende Polarstern war ihr F�hrer in der pfadlosen Wasserw�ste. Ans Spanien holten die Ph�nizier edle Metalle, aus England Zinn; den Bernstein von den K�sten der Ostsee tauschten sie an der Rhein- und Po-M�ndnng ein. �berall legten sie Kolonien an und tauschten die Erzeugnisse des Landes gegen die Kunsterzeugnisse ihrer Heimat ein. Mit dem Innern Asiens vermittelten Karawanen die Verbindung. So spannten sie ein Handelsnetz �ber alle L�nder und h�uften unglaubliche Reicht�mer auf. Jesaja sagt: �Ihre Kaufleute sind F�rsten und ihre Kr�mer die Vor-nehmsten im Lande/'
4. Erfindungen. Den Ph�niziern wird gew�hnlich die Erfindung der Buchstabenschrift, d. h. der Darstellung unserer Gedanken durch feststehende Lautzeichen, zugeschrieben. In der Kunst der Purpur-f�rb er ei blieben sie un�bertroffen. Die Purpurfarbe gewannen sie aus einem roten Safte der Purpurmuscheln. Auch die Glasbereitung brachten sie zu hoher Vollendung. Nach der Sage sollen Schiffer beim Kochen am Ufer zuf�llig das Glas erfunden haben; Salpeter, Kieselerde und Asche h�tten sich in der Feuersglut zu dem gl�nzenden Glask�rper verbunden. Die Ph�nizier haben gepr�gtes Geld im Handel verbreitet und die Rechenkunst ausgebildet.
5. Geschichte. Die gro�en St�dte standen unter K�nigen, deren Macht aber durch die Priester und die reichen Ratsherren sehr beschr�nkt war. Den h�chsten Glanz erreichte Ph�nizien zur Zeit Salomos unter
1000 Hiram von Tyrns (1000).
�ber die Gr�ndung der m�chtigsten ph�nizischen Kolonie, Karthagos, erz�hlt die Sage: Der K�nig Pygmalion ermordete aus Habsucht den
� 11 �
Eichaus, den Gatten sei-ner Schwester Dido, doch dessen vergrabene Sch�tze suchte er vergeblich. Als seine Schwester nun aus-wandern wollte, hoffte er,
die Sch�tze bei der Ein-
schiffung wegnehmen zu phsnizis<i>-s �ri-gs- und BjTii>elsfd>ijf.
k�nnen. Er bestellte darum 1 y T-�ch.-� te, mm.)
f�r den Morgen der Ab-
fahrt Aufpasser. Doch als es tagte, war die vorsichtige Dido l�ngst mit ihren Sch�tzen und Begleitern auf hoher See. Sie landete an der afri-kanischen K�ste und kaufte dem K�nig von Utika ein St�ck Land ab, �das man mit einer Ochsenhaut umspannen k�nne." Wie erstaunte aber der K�nig, als die Listige die Haut in schmale Riemen schnitt und damit eine gro�e Fl�che umspannte! Hier gr�ndete sie das sp�ter so bl�hende Kar-thago (850). Der nnmidische K�nig wollte sie zwingen, ihm die Hand 850 zur Ehe zu reichen. Sie aber wollte ihrem verstorbenen Gatten treu bleiben und die Stadt unabh�ngig erhalten; darum bestieg sie den Holzsto� und stie� sich ein Schwert in die Brust. �
Die Jnselstadt Tyrns wurde sp�ter von Nebukadnezar nach dreizehn-j�hriger Belagerung erobert (573). Durch Cyrus kam sie unter persische 573 Herrschaft. Alexander der Gro�e eroberte sie nach siebenmonatlicher Belagerung mittels eines ins Meer aufgesch�tteten Dammes (332). Der 332 Welthandel zog sich darauf nach dem neugegr�ndeten Alexandria.
Fragen: Wie hat sich die Schiffahrt allm�hlich entwickelt? � In welcher Wechselwirkung stehen Land und Leute in Ph�nizien? � Wo und wie wird es in der Bibel erw�hnt? � Virgils �Sttteibe" � Platens �Gr�ndung Karthagos".
3. Das Volk Israel.
1. Die erziehende Gottesherrschaft. (Die Erzv�ter und Moses, 2000�1300 v. Chr.). Abraham, ein semitischer Hirtenf�rst, zog um 2000 2000 aus Mesopotamien nach Kanaan (Pal�stina), einem K�stenlande zwischen der Ostk�ste des Mittelmeeres und der syrisch-arabischen W�ste. Er tote nach ihm sein Sohn Isaak und sein Enkel Jakob oder Israel f�hrten dort ein Nomadenleben und erhielten den Glauben an den einigen Gott. Jakobs Sohn Joseph wurde nach �gypten verkauft, gelangte durch seine Weisheit bei dem Pharao (K�nig) zu hoher Macht und Ehre und bewirkte die �bersiedelung seiner Familie nach �gypten in das weide-reiche Land Gosen, welches �stlich vom Nildelta lag. Hier entwickelte sich die Familie zu einem gro�en Volke. Als dies von den Pharaonen geknechtet wurde, f�hrte es der in �gyptischer Weisheit unterrichtete Moses nach Kanaan, dem Lande der Verhei�ung. In der W�ste am Sinai er-hielt das Volk die zehn Gebote Gottes, einen geordneten Gottesdienst, h�usliche sowie b�rgerliche und sittliche Vorschriften. Jehova war der unsichtbare K�nig des Volkes. Auf feiner vierzigj�hrigen W�stenwanderung
wurde Israel zu einem kriegst�chtigen und gesitteten Volke herangebildet. Moses starb am Jordan, ohne das verhei�ene Land betreten zu haben. 1260 2. Die kriegerische Richterherrschaft. (1260�1055 v> Chr.). Josua f�hrte das Volk �ber den Jordan, bem�chtigte sich nach vielen K�mpfen des Landes, indem er die heidnischen V�lker gr��tenteils aus-rottete, und teilte es unter die zw�lf St�mme. Priester und Leviten er-hielten 48 St�dte als Wohnsitze. In den K�mpfen mit feindlichen V�lkern und bei inneren Wirren stellten sich gottbegeisterte Richter an die Spitze Israels und f�hrten es zum Siege. Verletzte derselben, Samuel, gr�n-bete Prophetenschulen. Die W�nsche des Volkes zwangen ihn, die Mo-narchie einzuf�hren.
3. Die steigende K�nigsherrschaft im ungeteilten Reiche 1055 (1055 � 955 v. Chr.). Samuel salbte Saul aus dem Stamme Benjamin zum K�nige. Derselbe siegte �ber mehrere feindliche V�lker, verletzte aber die Grundgesetze der �Gottesherrschaft" und wurde verworfen. Er fiel mit drei S�hnen im Kampfe gegen die Philister. Ihm folgte David aus 1035 dem Stamme Inda (1035�995 v. Chr.) Er war ein K�nig nach dem Herzen Gottes, machte Jerusalem zur Hauptstadt, ordnete den Staat und den Gottesdienst, dichtete herrliche Psalmen, f�hrte gl�ckliche �u�ere Kriege, schlug mehrere Emp�rungen nieder und dehnte das Reich im S�den bis zum Arabischen Busen, im Nordosten bis an den Enphrat aus. Sein 995 Sohn Salomo, der Friedensk�nig (995�955 v. Chr.), brachte das Reich zur h�chsten Bl�te. Er war ein weiser Regent, f�rderte Kunst und Wissen-schast, versch�nerte Jerusalem, baute den herrlichen Jehovatempel, schlo� Handelsverbindungen mit Ph�nizien, liebte den Luxus und belastete deshalb das Volk mit Steuern. Die Hauptbesch�ftigung des Volkes war der Acker-, Wein- und Obstbau und die Viehzucht. Religi�se Dicht- und Tonkunst bl�hten. Die Festreisen nach Jerusalem f�rderten Gemeinsinn und Verkehr. 955 4. Die sinkende K�nigsherrschaft im geteilten Reiche (955 �586 v. Chr.). Die Unzufriedenheit des Volkes mit dem Steuerdruck sowie die H�rte und Unklngheit von Salornos Sohn Rehabearn f�hrten (955) zu einer Teilung in ein Reich Juda (aus den St�mmen Inda und Benjamin) und ein Reich Israel (aus den zehn �brigen St�mmen). Die Hauptstadt Judas blieb Jerusalem, dieJsraels wurde Samaria. Juda wurde von Regenten aus Davids Hause beherrscht; in Israel wechselten die Herrscherh�user. Juda behielt den Tempel als Nationalheiligtum und die gesetzliche Priesterschaft und bewahrte reiner als Israel die National-eigent�mlichkeit. Israel kam nie zu innerer Festigkeit, verfiel in G�tzen-dienst, sank im Wohlstande und wurde endlich die Beute der Assyrer.
Der letzte K�nig Israels, Hosea, wurde von dem assyrischen K�nige 722 Salmanassar besiegt, Samaria 722 v. Chr. erobert und das Volk in die assyrische Gefangenschaft gef�hrt. Der �berrest vermischte sich mit Ansiedlern aus Mesopotamien und bildete das Mischvolk der Samariter.
Den letzten K�nig von Juda, Zedekia, besiegte Nebukadnezar; 586 er belagerte Jerusalem, nahm es 586 ein, zerst�rte die Stadt und den Tempel, blendete den K�nig und f�hrte ihn und den gr��ten Teil des Volkes in die babylonische Gefangenschaft.
5. Die l�uternde Fremdherrschaft (586�135 v. Chr.). In der Gefangenschaft bewahrte das j�dische Volk seine Volksart und seinen Gottesglauben. Der Perserk�nig Cyrus eroberte 536 Babylon und gab 536 den Juden die Erlaubnis zur R�ckkehr in ihr Heimatland. Unter Josua und Serubabel kehrten 42000 Gefangene mit den Tempelgef��en nach Pal�stina zur�ck und bauten den Tempel und die Stadt Jerusalem, in einer Hand das Schwert und in der andern die Baukelle. Neue Z�ge brachten Esra und sp�ter Nehemia (444). Sie befestigten die religi�se und staat- 444 liche Ordnung. In dieser Zeit soll eine gro�e Synode von Schrift-gelehrten die kanonischen B�cher des Alten Testaments festgestellt haben.
Als Alexander d. Gr. das persische Reich zerst�rte, wurde Pal�stina 332 332 ihm Untertan, kam aber nach seinem Tode an �gypten. Die Ptolem�er in �gypten behandelten die Juden wohlwollend und zogen sie in gro�er Zahl nach �gypten, wo sie gro�es Geschick im Handel entfalteten. In dieser Zeit wurde die Bibel in die griechische Sprache �bersetzt. Die �bersetzung hei�t Septuagiuta, weil angeblich 70 (72) �bersetzer dabei t�tig waren.
6. Die erhebende Makkab�erherrschaft (135�37 v. Chr.). Schwer litten die Juden in Pal�stina unter der Oberherrschaft des syrischen K�nigs Antiochus (175�163). Dieser wollte griechische Kultur und griechischen G�tzendienst einf�hren und verfuhr aufs unmenschlichste mit den gesetz-treuen Juden. Da brach der Aufstand unter F�hrung der Makkab�er aus (167). Mit Begeisterung und Heldenmut stritt das Volk, besonders unter Judas Makkab�us (dem Hammer), vertrieb die �berm�chtigen Feinde, s�uberte den Tempel von den heidnischen Greueln und stellte den Gottesdienst sowie das fr�here b�rgerliche und staatliche Leben wieder her. Nach Judas' Heldentode in der Schlacht setzten seine Br�der Jona-than und Simon das Befreiungswerk fort. Simons Sohn Johannes Hyrkanns kam zu gro�er Macht und nahm den K�nigstitel an (135). 135 Hyrkans Enkel f�hrten einen blutigen B�rgerkrieg um die Herrschaft. Der R�mer Pomp ejus erschien als Schiedsrichter, eroberte Jerusalem und unterwarf Pal�stina der r�mischen Oberherrschaft (63 v. Chr.). 63
v. Chr,
7. Die verderbliche Herodianerherrschaft (37 vor�70 n. Chr.). Die R�mer beg�nstigten sp�ter den Jdum�er Her od es und ernannten ihn zum K�nig. Er besiegte den letzten Makkab�er und machte sich zum Alleinherrscher (37). �ber Blut, Leichen und Tr�mmer f�hrte sein Weg 37 zum Throne, auf dem er sich als Her od es �der Gro�e" unter unmenschlichen Grausamkeiten erhielt. Bei dem Kaiser Augustus stand er
in hoher Gunst, die Liebe des j�dischen Volkes aber konnte er nicht ge-Winnen, obgleich er bei D�rre, Pest und Hungersnot Hilfe leistete, den Tempel gl�nzend ausbaute und andere Prachtbauten (Palast, Theater, Grabdenkm�ler Davids und Salomos) auff�hrte. Aus Mi�trauen mordete er seine Frau aus dem Geschlechte der Makkab�er, seine S�hne und andere Familienglieder hin, ja er diktierte noch auf dem Totenbette Todesurteile gegen Pharis�er. Im vorletzten Jahre seiner Regierung ist Jesus Christus geboren. Daran kn�pft sich eine seiner Untaten, der Kinder-
� 14 -
J3. Der Tempel in Jerusalem. (Nach der Rekonstruktion von Fergusson.)
mord zu Bethlehem. Nach seinem Tode wurde das Land vom Kaiser Augustus unter seien drei S�hne geteilt. Archelaus wurde schon nach drei Jahren abgesetzt. Philippus regierte 37 Jahre lang mit gro�er Umsicht. Antipas war der M�rder Johannes des T�ufers. An die Stelle der j�dischen F�rsten oder neben sie traten r�mische Landpfleger. Diese hatten das Recht �ber Leben und Tod, setzten Beamte und Priester ein, �bten den milit�rischen Schutz des Landes, �berlie�en aber die Leitung des kirchlichen und b�rgerlichen Lebens dem �Hohen Rat" der Siebzig. 33 Unter dem Landpfleger Pontius Pilatus wurde Jesus Christus ge-n. Chr. kreuzigt und das Land durch furchtbaren Steuerdruck ausgesogen. End-lich brach ein Aufstand gegen die fremden Blutsauger aus. Zur Unter-dr�ckung desselben schickte der Kaiser Nero den Feldherrn Vespasian, der Galil�a erroberte. Als dieser zum Kaiser ausgerufen wurde, �ber-nahm fein Sohn Titus die weitere F�hrung des Krieges, eroberte und 70 zerst�rte Jerusalem nach dem hartn�ckigsten Widerstande im Jahre 70 6^r' n. Chr. Die Juden wurden in alle Welt zerstreut und gelangten nie wie-der zu einer nationalen Selbst�ndigkeit.
Fragen: Welche Geschichten der Heiligen Schrift geh�ren in die ein-zelnen Geschichtsperioden? � Wie greift die j�dische Geschichte in die �gyptische, ph�niziiche, babylonische, assyrische, griechische und r�mische ein? � Welche Ereignisse kn�pfen sich an die Namen: Jordan, Bethlehem, Jerusalem? � Von welchen Richtern erz�hlt die Heilige Geschichte? � Stelle die gleichzeitigen K�nige aus dem Reiche Inda und dem Reiche Israel zusammen! � Welche Bedeutung haben die Juden in der Weltkultur? � Warum gelangten die Inden nicht wieder zu nationaler Selbst�ndigkeit? � Warum gingen sie nicht in andere V�lker auf? � �Gesang der Werkleute" von Fitger. �Belsazar" von Heine.
� 15
ITeaf�brung der Tempelaer�te ans Jerusalem. (Darstellung auf dem Triumphbogen des Titus in Rom.)
4, Sabylonien und Assyrien.
1. Das Land und die Hauptst�dte. Zwischen dem mittleren Enphrat und Tigris lag Mesopotamien, �stlich davon Assyrien mit der Hauptstadt Niuive am Tigris, s�dlich von beiden Babylonien mit der Hauptstadt Babylon am Euphrat. Der gewaltige J�ger Nimrod soll letztere Stadt, die jetzt drei ungeheure Schuttberge in der W�ste bildet, gegr�ndet haben. Sie lag auf beiden Euphratuseru, die durch eine m�chtige Br�cke von 1000 m L�nge verbunden waren. Sie bildete ein riesiges Viereck mit dicken Umfassungsmauern und 100 Toren, an jeder Seite 25, welche durch schnurgerade Stra�en verbunden waren. Die Mauern waren von Backsteinen, mit Steinplatten belegt, �ber 60 m hoch und etwa 13 m dick-, 250 gewaltige T�rme �berragten sie. Die Stadt hatte einen Umfang von etwa acht deutschen Meilen. In der Mitte er-hob sich der fast 200 m hohe Belusturm, auf dem die Priester astronomische Beobachtungen anstellten. Weithin sichtbar waren die schwebenden G�rten der Semiramis. Auf gew�lbten Hallen erhoben sich mehrere Terrassen. Auf einer Unterlage von Steinplatten, Asphalt und Bleiplatten war die Erde so hoch ausgesch�ttet und mit Mauerwerk eingefa�t, da� die gr��ten B�ume darin wurzeln konnten. Darauf erhob sich eine zweite und dritte Terrasse Ein Springbrunnen auf der obersten versorgte die weite An-l�ge mit Wasser Zwischen den Pal�sten und H�usern der Stadt dehnten sich G�rten, Felder und Jagdgr�nde aus. �hnlich war Ninive, von dem man neuerdmgs mehrere K�nigspal�ste als Mittelpunkte der Stadtviertel ausgegraben hat.
2. Tie Religion der Chald�er (wie man die Herrscherfamilie, die Priester und auch wohl alle Bewohner nannte) war Sterndienst. Der Sonnengott hie� Bel (Baal). Der Belusturm war sein Tempel. Die
16 �
J5. Die Ruinen von Babylon.
Priesterw�rde vererbte sich vom Vater auf den Sohn. Die Verehrung der G�tter war mit allerlei Ausschweifungen verbunden.
3. Die Kultur, die sich schon im grauen Altertums entwickelte, wird durch die ausgegrabenen Reste bezeugt. Die Bauwerke, besonders die zum Schutze des offenen Landes, waren riesenhaft; man f�hrte sie aus gebrannten, durch Asphalt verbundenen Backsteinen auf.
Der sehr ergiebige Land bau wurde durch treffliche Bew�sserungs-anstalten unterst�tzt. Unter den Gewerben zeichneten sich die Weberei und die Purpurf�rberei aus. Der Handelsverkehr durch Schiffe und Kara-wanen war bedeutend. Unter den Wissenschaften bl�hte besonders die Astronomie, die aber in Astrologie oder Sterndeutern ausartete. Unsere Einteilung des Jahres in Tage, Wochen und Monate, die Zer-legung der Stunde in 60 Minuten, der Minute in 60 Sekunden und die Teilung des Kreises in 360 Grade verdanken wir den chald�ischen Prie-stern. Mit Sonnen- und Wasseruhren ma�en sie die Stunden. Es finden sich viele Inschriften in der sogenannten Keilschrift, bei welcher statt der Buchstaben keilf�rmige Striche in verschiedener Stellung und Lage an-gewandt sind. Man unterscheidet gegen 400 Zeichen; sie wurden mit einem spitzen Instrument in feuchten Ton geritzt, den man dann brannte. Diese Tafeln waren die B�cher der Chald�er; sie wurden als Bibliothek in gro�en S�len aufgestellt. Nur die Priester verstanden die Keilschrift. Nach nugehenern Schwierigkeiten haben auch unsere Gelehrten die Keil-schrist lesen und verstehen gelernt.
4. Geschichte. In uralter Zeit gr�ndeten die Chald�er das Reich Babylon. Seine Herrscher f�hrten gro�artige Bauwerke, Pal�ste und Tempel auf. Der weiseste und m�chtigste K�nig war der jetzt viel genannte Hammurabi um das Jahr 2200 v. Chr. Von ihm stammt das �lteste be-kannte Gesetzbuch. Es enth�lt in 282 Abschnitten das ganze Straf-und
17
Zivilrecht. Um 1200 v. Chr. wurde das Reich durch die m�chtig gewordenen Assyrer unterworfen. Deren erster K�nig soll Ninus gewesen sein, der die Hauptstadt Ninive erbaute.
Von seiner Gemahlin Semiramis erz�hlt die Sage: Sie wurde in ihrer Jugend ausgesetzt und von Tauben ern�hrt. Durch ihre Klugheit und K�hnheit eroberte der K�nig Ninus die Stadt Baktra und nahm sie deshalb zur Gemahlin. Nach seinem Tode f�hrte sie die Regierung f�r ihren unm�ndigen Sohn Ninyas. Sie erbaute in Babylon die schwebenden G�rten, einen See zur Regelung der Euphrat-Uber-schwemmungen, die m�chtigen Stadtmauern, Br�cken und Kan�le. Ihr Kriegszug nach Indien scheiterte g�nzlich. Bei der Nachricht von einem Aufstande erhob sich einst das entschlossene Weib vom Putztisch mit halb-geflochtenem Haar, schwang sich aufs Ro�, ergriff die Lanze und gelobte, nicht eher die andere H�lfte des Haares zu flechten, als bis die Emp�rung ged�mpft fei. Rasch siegte sie und kehrte an den Putztisch zur�ck, um die unterbrochene Arbeit zu vollenden. Als
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J(6. Keilschrift.
Taube flog sie zu den G�ttern.
Die assyrischen K�nige machten gro�e Eroberungen in Asien. Sal-manassar, nach andern sein Nachfolger Sargon, eroberte Samaria (722) und f�hrte Israel in die assyrische Gefangenschaft. Sanherib 722 belagerte Jerusalem, verlor aber durch eine Pest sein Heer. Assurbani-pal (Sardanapal) war ein gewaltiger Kriegsf�rst; aber nach feinem Tode erlag das geschw�chte Reich dem Angriff des Mederk�uigs Kyaxares und des Babyloniers Nabopolafsar (606). Der letzte assyrische K�nig 606 verbrannte sich mit seinen Weibern und seinen Sch�tzen in seinem Palaste. Meder und Babylonier teilten sich in sein Reich. Es entstand das neu-babylonische Reich unter Nabopolassar. Dessen Sohn Nebukad-nezar zerst�rte Jerusalem (586) und f�hrte die Inden in die babylo- 586 nifche Gefangenschaft. Nabonet (Belfazar) verlor sein Reich an die Perser (538).
Fragen: Beweise, da� gro�e Flu�t�ler die �ltesten Stra�en der V�lker, die �ltesten Schaupl�tze der Kultur und Geschichte sind! � Von welchen Ber�hrungen Israels mit Babylonien und Assyrien erz�hlt die Bibel? � Wie unterscheiden sich Hieroglyphen-, Keil- und Buchstabenschrift? � �Belsazar" von H. Heine
5. Die Frier in der Urheimat, in Indien und in Iran.
Die �ltesten Kulturtr�ger. Die �lteste Kultur finden wir bei hamitischen (�gypter in Nordafrika) und mongolischen V�lkern (Chi-nesen in Ostasien). Ihre heutige Kultur verdankt die Welt haupts�chlich der semitischen und der arischen V�lkerfamilie. Von erfterer (Israeliten)
Polack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 3tuSg. A. 2
� 18 �
ist die Erkenntnis des einigen Gottes, von letzterer (Griechen und R�mer) die Bildung freier, gesetzlich geordneter Staaten, die Entwicklung von Kunst und Wissenschaft und die Versch�nerung des Lebens ausgegangen. Zu den Semiten geh�ren: Ph�nizier, Assyrer, Babylonier, Israeliten und Araber, zu den Ariern: Inder, Meder, Armenier, Perser, Griechen, R�mer, Ger-manen, Kelten und Slaven.
A. Die Arier in der Urheimat.
1. Die Urheimat der Arier. Die arischen V�lker werden auch wohl Jndogermanen genannt. Ihre Wiege ist vielleicht Baktrien x) zwischen dem Tieflande von Turau und dem Hochlande von Iran im Gebiet des oberen Oxus, wo heute die St�dte Balch (das alte Baktra) und Samar-kand liegen. Es ist ein reiches Land voll schroffer Gegens�tze. Auf kurze, hei�e Sommer folgen lange, strenge Winter, auf Windstille heftige St�rme, auf D�rre pl�tzliche Regeng�sse. Feuchte Niederschl�ge sind selten, aber die Luft ist klar und gesund.
Von diesem Ursitze wanderten schon fr�h arische St�mme westw�rts und besiedelten nach und nach Europa, w�hrend tnranische Mongolen sich wischen sie und ihre Br�der in der Heimat schoben. Letztere schieden sich wieder in indische und iranische Arter, indem viele St�mme in das Indus- und Gangesland hinabstiegen, andere iich auf der Hochebene von Iran ausbreiteten. Da� aber diese gewaltige Volkerkette von Ceylon bis Island eine gerne nsame Kinderzeit in einer gemeinsamen Urheimat verlebt Hut. das beweist die vergleichende Sprachforschung durch viele gemeinsame Wurzelw�rter und Sprachformen, die sich bei allen indogerma-nischen V�lkern finden. Sie sind der Ausdruck ihrer Vorstellungen in der Religion, im Denken, Leben, in den Sitten und Arbeiten und das gemeinsame Erbteil, das die Kinder aus dem Vaterhause mit auf die Wanderschaft genommen haben. Als sie eine neue Heimat fanden und in neue Lebensverh�ltnisse r�ckten, da gewannen sie neue Vorstellungen und bildeten daf�r neue W�rter und Sprachformen Das ist das Neue und Be-sondere in dem Sprachschatze der einzelnen V�lker. Das Gemeinsame stammt aus der Urheimat, das Besondere aus der neuen Umgebung nach der Trennnng der St�mme. So ist die Sprache eine F�hrerin, welche den kundigen Forscher aus der Gegenwart bis in die graue Vergangenheit zur�ckleitet.
2. Leben, Sitten und Religion der Arier. Der gemeinsame Sprach-sch�tz der arischen V�lker l��t uns tiefe Blicke in das Leben ihrer Urheimat tun. Sie trieben haupts�chlich Viehzucht und Milchwirtschaft, be-bauten aber auch schon den Acker, pfl�gten ihn mit Rindern und gebrauchten Wagen mit R�dern. Das Meer kannten sie nicht, aber Fl�sse befuhren sie mit Booten. Die Blutsfreundschaft hielten sie heilig. Die Frau war nicht Sklavin, fondern Genossin ihres Mannes. Die Witwen wurden
1) Neuere Forscher nehmen das Steppengebiet der Wolga als den urspr�nglichen Wohnsitz an.
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nicht, wie sp�ter bei den Indern, verbrannt; bei der Bestattung der Toten wurden irdene Gef��e verwandt. Die alten Arier gebrauchten schon M�hlen,
a�en gekochtes Fleisch, benutzten Salz, liebten berauschende Getr�nke, ver-standen das Weben und N�hen, das Schmieden von Waffen und Ger�ten aus Metallen, ma�en die Zeit nach dem Mondwechsel und z�hlten nach dem Zehnersystem bis 100. Die Grundlage der staatlichen Einrichtung war die Familie, die Stammesgenossenschaft und die freie Selbstverwal-tun g, ihre Religion eine Verg�tterung der Naturkr�fte. Der oberste Gott war der leuchtende, allumfassende Himmel, von dem Licht, W�rme und Gedeihen kam. Er wurde durch Gebete und Opfer auf H�hen und in heiligen Hainen geehrt. Der religi�se Mythus der Arier wie ihre Sprach-bilduug zeigen ein sinniges Gem�t und eine rege Phantasie.
B. �ie Inder.
1. Das Land. Indien ist im Norden durch das riesige, eisgekr�nte Himalayagebirge von dem Rumpfe Asiens getrennt, an den �brigen Seiten meist vom Indischen Ozean umflossen, so da� es eine abgeschlossene Welt f�r sich bildet. Ganges, Indus u. a. Fl�sse bew�ssern das Land reichlich. Die N�he des Meeres und die Gebirge mildern das hei�e Klima. Der fruchtbare Boden erzeugt m�helos eine F�lle der k�stlichsten Produkte.
2. Z�ge und Kriege. In das gesegnete Land kamen um 2000 2000 v. Chr. durch die nordwestlichen Gebirgsp�sse arische St�mme, folgten
dem Indus und nahmen das fruchtbare Pendschab (F�nfstromland) ein. In dieser Zeit entstand der Rig-Beda, der �lteste der vier Bedas oder heiligen B�cher der Inder, die in der Sanskrit-Sprache geschrieben sind und deren Namen �Wissen" bedeutet. Der Rig-Beda ist ein Spiegelbild der arischen Kultur in jener Zeit und enth�lt Hymnen voll Jugendfrische und Wanderlust. Die Einwanderer waren zu Gaugenossenschaften unter F�hrung der Vornehmsten vereinigt, die Familienv�ter zugleich Priester.
Weise, S�uger und Beter wurden hochgeehrt, aber einen besonderen Priester-stand gab es nicht.
Um 1500 dr�ngten die zum gro�en Volk erwachsenen Einwanderer 1500 nach Osten und nahmen auch das Gangesland in Besitz. Die dunkelfarbigen Besitzer des Landes, die Drawidas, wurden unterjocht oder in die Gebirge verdr�ngt. Die K�mpfe dieser Zeit schildert das Heldengedicht �Mah�bh�rata", das vom Untergange eines Heldengeschlechts erz�hlt.
Etwas sp�ter entstand das Epos �R�nt�yana", in dem Gehorsam, Liebe und Aufopferung verherrlicht werden. In die langausgespouueneu Kampf-szeuen sind liebliche Episoden, wie �Nal und Damayanti" und �Sawitri", eingewebt, welche die Frauentreue ergreifend verherrlichen. In der wilden Kampfzeit kamen die Hausv�ter nicht dazu, der priesterlichen Pflichten zu warten, und so bildete sich ein besonderer Priesterstand, der bei dem frommen Sinne der Arier nach und nach zu gro�er Macht gelangte. An die Stelle des Nomadenlebens trat der Ackerbau und die Se�haftig-feit, an die Stelle der kriegerischen Bewegung die behagliche Ruhe. Es bildeten sich gro�e Reiche mit Stammesf�rsten an der Spitze.
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3. Kastenwesen und Religion. Mit der Entwicklung des Priester-standes trat nach und nach eine sch�rfere Scheidung des Volkes in Kasten
600 oder abgeschlossene St�nde ein, bis etwa (um 600 v. Chr.) der Priester Manu durch ein Gesetzbuch dem Kastenwesen, der Priester- und Gewalt-Herrschaft den Abschlu� gab. Danach waren aus Brahmas, des obersten Gottes, Munde die Brahmanen, d. h. die Schrift-, Gesang- und Opfer-kundigen, aus seinen Armen die Kschatrijas, d h. Krieger, aus seinen Schenkeln die Waijchjas, d. h. die Landbauer und Gewerbetreibenden, und aus seinen F��en die Schndras oder Lohndiener hervorgegangen. Das waren die vier erblichen Kasten. Unrein, recht- und ehrlos waren die Parias. Allerlei peinliche Vorschriften machten die Kluft zwischen den einzelnen Kasten nn�bersteiglich. Der religi�se Glaube wurde von den Brahmaen in phantasievoller Weise ausgebildet, die Zahl der G�tter bis auf Millionen gesteigert. Der h�chste Gott, die Weltseele, war Brahma. Zwei andere Verk�rperungen des G�ttlichen waren Wischnu, der mehr-mals Menschgewordene, und Siwa, der Zerst�rer. Jndra war der lieb-liche Gott des blauen Himmels und der Luft, Agni der Gott des Feuers, Waruna der Gott des Meeres, Jama der Todesbote und Totenrichter. Au�erdem war die ganze Natur von G�ttern, Geistern und Nymphen be-v�lkert, und auch die Ahnen wurden verehrt. Gebete, Opfer, besonders der bet�ubende Somatrank, und Selbstpeinigung galten als den G�ttern angenehme Gaben. Die Brahmanen hatten den Schl�ssel zu Himmel und H�lle, und Priesterbeleidigung zog die h�rtesten Strafen nach sich End-lose Satzungen �ber �u�ere und innere Reinheit wurden gegeben und ihre �bertretung mit zeitlichen und ewigen Strafen bedroht, z. B. mit Ein-fchlie�nng der Seele in einen Tierk�rper. Es entstanden die Lehren von der Seelenwanderung, von der Witwenverbrennung, von der Seelenl�ute-ruug durch allerlei schmerzliche Wiedergeburten, von den ausschweifendsten, sinnlosesten B��ungen usw.
4. Der Religionsstifter Buddha. Das hei�e Klima, die F�lle der Bodenerzeugnisse bei der Gen�gsamkeit des Inders, die peinlichen Kasten-und Kultusregeln und die alles umstrickende und erdr�ckende Priestermacht lie�en das hochbegabte Volk mehr und mehr in Unt�tigkeit, Gleichg�ltigkeit und Knechtsinn versinken. Man zog sich vom �ffentlichen in das enge Familienleben zur�ck, folgte dem Hange nach Ruhe und Beschaulichkeit, lie� die Phantasie in seltsamen M�rchen und sinnlosem Aberglauben umher-schweifen und fl�chtete als Einsiedler in die W�lder, um den G�ttern durch ein beschauliches Leben und mancherlei Selbstpeinigungen gef�llig zu werden. Die brahmauischen Satzungen waren zu starren Fesseln des Geistes ge-worden; jede Lebensfreude, jeder Tatendrang fchwand, und die weltfeind-liche Meinung herrschte: �Das Leben ist Leiden, ihm zu entsagen das
600 Beste." Da trat um das Jahr 600 v. Chr. in Nordindien ein K�nigs-s�hn als Buddha, d. h. Erleuchteter, auf. Nachdem er die Wirkungslosigkeit der brahmanifchen Satzungen, die Nichtigkeit aller irdischen Dinge und die erl�sende Wahrheit erkannt hatte, zog er �berall umher und predigte �das Gesetz der Gnade f�r alle Menschen". �Nicht durch �u�ere �bungen, sondern durch Ert�tuug des Verlangens, durch die Herrschaft des Geistes
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�ber die Sinne, durch Armut und Keuschheit gelangt die Seele zur N i r w a n a, d. h. zur seligen Ruhe und zum Aufgehen des Ich in die gro�e Weltseele. Alle Menschen sind Br�der. Die Selbstsucht ist der schlimmste Feind des Friedens, Barmherzigkeit gegen alle Menschen das erste Gebot." Die
\7. Felsentempel von Ellora.
(Nach S�bte, Grundri� der Kunstgeschichte)-
einfache Lehre wurde von dem gedr�ckten Volke mit Begeisterung auf-genommen, weil sie auch die Kastenunterschiede milderte. Buddhas J�nger schm�ckten seine Lehre aus, erhoben ihn zum Gott, bauten seinen Reliquien herrliche Tempel, richteten zahllose Kl�ster mit M�nchsschw�rmen und eine wohlgegliederte Priesterherrschaft ein, so da� das Einfach-Sch�ne �berall von dem Phantastischen �berwuchert wurde. Unter den Tempeln erregen die in Felsen gehauenen Grottentempel, z. B. auf der Jnfel Elefante bei Bombay und im Gebirge bei Ellora, Staunen und Be-wunderung.
Im grausamen Kampfe gegen die Buddhisten siegte der Brahmaismus im 7. Jahrhundert n. Chr. in Vorderindien. Aber in Tibet, China und Hinterindien verbreitete sich die Lehre des Buddha siegreich, ohne es jedoch zu einem Fortschritt in der indischen Kultur zu bringen. Nicht lange vor Christi Geburt entstand die wunderbar sch�ne Schauspieldichtung Kalid asas �Ring der Sakuntala" In den Jahren 700�1000 drangen die Mohammedaner in Indien ein und gr�ndeten gro�e Reiche. Jetzt ist Indien ein gewaltiges Kaiserreich von 5 Millionen qkm mit mehr als 300 Millionen Einwohnern unter englischer Herrschaft.
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C. Medien und Persien.
1. Das Land. Medien lag �stlich von Assyrien, Persien �stlich von Babylonien; beide bildeten den westlichen Teil des Hochlandes von Iran und waren von arischen St�mmen bev�lkert. Die medische Haupt-stadt Ekbatana lag in einer reizenden Ebene. Sie bestand aus sieben Ringen mit verschiedenfarbigen Mauern. In der Mitte erhob sich die K�nigsburg. Persien war ein wildes, doch f�r Viehzucht geeignetes Sanb-mit den St�dten Snsa und Persepolis. Im 7. Jahrhundert v. Chr. wurde es von den Medern unterworfen.
2. Die Religion war ein Stern- und Feuerdienst; ihre Priester hie�en Magier. Sie unterschied ein Reich des Lichtes und ein Reich der Finster-
\8. Babylonischer Fl�gell�we mit Menschenhaupt. Zendavesta, d. h.
lebendigen Worte,
niedergelegt. �u�ere und innere Reinheit war die h�chste Pflicht der arischen Iraner. War eine Leiche im Hause, so mu�ten Leib und Kleider der Bewohner dreimal gewaschen werden. Die Toten wurden in offenen S�rgen fern von den Wohnungen der Menschen den Raubtieren und Raubv�geln zum Fr��e hingestellt. Als abscheulichste innere Befleckung galt die L�ge. Licht, Wahrheit, Reinheit werden unabl�ssig in dem Zendavesta geboten. Das Reich des Lichts wurde gebaut und das Reich der Finsternis bek�mpft, wenn man W�sten in wogende Saatfelder verwandelte, wilde Gew�sser eind�mmte und �berbr�ckte, alles Unkraut, Ungeziefer und wilde Getier ausrottete und sich an Leib und Seele unbefleckt erhielt.
3. Cyrus (griech. Kyros), der ber�hmteste persische Herrscher, a) Seine sagenhafte Jugend. Nachdem Medien mehrere Jahrhunderte von Assyrien abh�ngig gewesen war, befreite der medifche K�nig Phra-ort es. der auch die Perser unterwarf, in der Mitte des 7. Jahrhunderts
nis. Der gute Licht-gott hie� Ormuzd, der F�rst der Fin-sternis Ahriman. B�senndguteGeister bek�mpften sichin der Luft, auf Erden und im Menschenherzen. Nach langem Kampfe wird endlich Ormuzd und das Reich des Lichtes siegen. Die religi�sen Lehren und Gebr�uche sind von dem weisen Zoroaster oder Zarathustra (etwa 1000 v. Chr.) fest-gestellt und in dem
sein Land von der assyrischen Herrschaft. Sein Sohn Kyaxares zerst�rte in Gemeinschaft mit dem babylonischen Statthalter Nabopolassar Ninive (606); beide teilten sich in die assyrischen L�nder. Auf Kyaxares folgte 606 sein Sohn Astyages. Von diesem erz�hlt die Sage, es habe ihm einst getr�umt, da� ein Weinstock aus dem Sch��e seiner Tochter Mond�ne wachse und ganz Asien �berschatte. Die Magier deuteten dies auf einen Sohn der Mond�ne, welcher Asien unterjochen w�rde. Nach ihrer Verheiratung mit dem Perser Kambhses bekam sie einen Sohn, den der Minister Harpa-gns auf Befehl des Astyages t�ten sollte.
Dieser aber �bergab ihn einem armen Hirten, der ihn unter dem Namen Cyrns als sein Kind erzog. Im Spiel mit anderen Kindern lie� einst Cyrns, den sie zum K�nig gew�hlt hatten, einen vornehmen Knaben z�chtigen und wurde darum bei Astyages verklagt. Der Mut des Knaben,
seine klugen Antworten und die Familien-�hnlichkeit fielen dem K�nige auf. Er er-mittelte endlich, da� es sein Enkel war.
Astyages nahm den Knaben zu sich, aber den ungehorsamen Harpagus strafte er dadurch, da� er ihm bei einem Mahle das gebratene Fleisch seines eigenen Sohnes vorsetzte.
b) Seine K�mpfe. Aus Rache f�r diese Tat reizte Harpagus den Cyrns zur Emp�rung. Letzterer war zu seinen Eltern zur�ckgeschickt worden. Cyrus gewann die Perser f�r seinen Plan dadurch, da� er sie einen Tag hart arbeiten, am andern aber ein fr�hliches Fest feiern lie� und ihnen dann sagte: �Solche Feste werdet ihr t�glich
haben, wenn ihr das Joch der Meder absch�ttelt." Als er sie gegen die Meder f�hrte, ging das von Harpagus gef�hrte Heer zu ihm �ber; Astyages wurde besiegt, gefangen genommen und entthront (558), jedoch 558 milde behandelt.
Zu Sardes in Kleinasien herrschte der reiche lydische K�nig Kr�sus. Er wollte nach dem Sturze seines Verwandten Astyages durch einen k�hnen Angriff dem Eroberer Cyrus zuvorkommen und lie� das Orakel zu Delphi fragen, ob dieser Angriff gl�cken w�rde. Die Antwort lautete: �Wenn Kr�sus �ber den Halys geht, so wird er ein gro�es Reich zerst�ren." Darauf r�ckte Kr�sus �ber den Grenzflu� Halys. zog sich aber vor Cyrus nach einer unentschiedenen Schlacht zur�ck. Dieser ging darauf gegen Sardes vor, eroberte die Stadt (546) und nahm Kr�sus gefangen, der 546 nach der Sage zum Feuertode verurteilt wurde. Auf dem Scheiterhaufen rief er: ,,O Solon, Solon, Solortl" Cyrus lie� ihn nach der Bedeutung
T^T[ffREwf?x
(9 Cyrill (mit dem Aopfichmuck des �aypt. Gottes 21mmon).
Reliefbild auf einem Palastpfeiler von q�ajaryiva Die Jnsckrijt (Keilschrift) bedeute�: Cyi-us der K�nig der Ach�menide". (Justi.)
dieser Worte fragen, und Kr�sus erz�hlte: �Einst besuchte mich der weise Grieche Solon. Ich zeigte ihm alle meine reichen Sch�tze und wollte ihm das Gest�ndnis abn�tigen, da� ich der Gl�cklichste der Erde sei. Aber Solon sagte: ��Kein Mensch ist vor seinem Tode gl�cklich zu preisen!"" Wie wahr hat er geredet!" Cyrns war ergriffen. Er dachte an die Wandelbarkeit alles Irdischen und schenkte Kr�sus das Leben, ja behielt ihn als Ratgeber bei sich, sein Reich aber schlug er zu dem persischen.
Darauf belagerte Cyrus zwei Jahre lang das feste Babylon, drang endlich durch einen trocken gelegten Euphratarm in die Stadt, eroberte sie und machte auch Babylonien zur persischen Provinz. Die Juden lie� er aus 36 der f�nfzigj�hrigen Gefangenschaft in ihre Heimat zur�ckkehren (536), wo sie unter steten K�mpfen wider die umwohnenden Feinde Jerusalem und den Tempel neu aufbauten.
29 c) Sein ruhmloses Ende (529). Zuletzt zog Cyrus � der Sage nach � gegen die Massageten am Kaspischen Meere zu Felde, angeblich,
weil die K�nigin Tomyris seine Hand ausgeschlagen hatte. Durch List siegte er und nahm den Sohn der K�nigin gefangen, der sich dann aus Verzweiflung t�tete. Da erhob sich das ganze Volk und brachte den Persern eine entscheidende Niederlage bei. Cyrus selber fiel im Kampf-get�mmel. Seinen Kopf soll die K�nigin in einen blutgef�llten Schlauch gesteckt haben mit den 20. Grab des Cyrus bei pasargada. Worten: �Trinke dich satt, Bar-
bar!" Nach einem andern Be-richte starb Cyrus in Pasargada, das er erbaut und zur Residenz erhoben hatte. Hier waren auf feinem Grabmal die Worte eingehauen: �O Mensch, ich bin Cyrus, der den Persern die Oberherrschaft erwarb und �ber Asien gebot; darum beneide mir dieses Grab nicht!"
4. Sein Sohn Kambyses war ein grausamer, trunks�chtiger Tyrann, der seinen Leidenschaften und Wutausbr�chen freien Lauf lie�. Eine Schwester t�tete er durch einen Fu�tritt. Den Sohn eines H�flings er-scho� er vor den Augen seines Vaters, um diesem zu beweisen, da� er einen scharfen Blick und eine sichere Hand habe. Er eroberte �gypten 5 nach dem Siege bei Pelusinm (525), aber sein Zug nach �thiopien scheiterte, und sein Heer wurde auf dem Marsche gegen die Oase des Jupiter Ammou im W�stenfande begraben. Bei seiner R�ckkehr nach Memphis war heller Jubel daselbst �ber einen neuen Apis. Der mi�trauische Tyrann soll nun in der Meinung, man wolle ihn verspotten, den Apis niedergestochen, die Priester mi�handelt und auf das Volk mit dem Schwerte eingehauen haben. Den �gyptischen K�nig Psammenit soll er nach einem Aufstandsversuche verurteilt haben, an Stierblut sich tot zu trinken. Viele vornehme J�ng-linge hatte er hinrichten, Jungfrauen in die Sklaverei verkaufen lassen.
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Da kam aus Persien die Nachricht, da� ein Magier sich f�r seinen Bruder Smerdis, den er aber schon fr�her aus Mi�trauen heimlich hatte hin-richten lassen, ausgegeben und eine Emp�rung angestiftet habe. Rasch brach der K�nig auf, um den Betr�ger zu z�chtigen. Aber auf dem Heim-znge verletzte er sich an seinem Schwerte und starb an der Wunde (522). 522 Nach einer persischen Inschrift aber endete er durch Selbstmord in einem Anfalle von Tobsucht. Der falsche Smerdis wurde nach 9 Monaten an seinen abgeschnittenen Ohren als Betr�ger erkannt und von sieben edlen Persern get�tet. Der Sage nach kamen die Sieben nun �berein, da� der-jenige von ihnen K�nig werden sollte, dessen Pferd auf einem Fr�hritte zuerst der Sonne entgegenwiehern w�rde. Durch die List seines Stallmeisters wurde Darius, des Hystaspes Sohn, K�nig (521�485). Unter ihm 521 begann der Krieg mit den Griechen.
Fragen: Welcher Fortschritt zeigt sich in den religi�sen Anschauungen der Perser? � Welches waren die Bestandteile des Perserreiches? � Was erz�hlt die Bibel von Cyrus (Koresch)? � Was waren Orakelspr�che, und welche Form hatten sie meistens? � Welche Charakterz�ge zeigt Cyrns? � Was lockte den Kambyscs nach �gypten? � �Sawitri" aus dem Mah^bharata. �Gesang der Werfleute" von Fitger.
3000 v. Chr. Menes baut Memphis.
2000 � � Abraham. DieHyksos. Pelasger in Griechenland. Arier in Indien.
1300 � � Moses. � Die Einwanderer in Griechenland. � Ninus.
1000 � Hiram in Tyrus. David und Salomo. � Kodrus. � Homer.
6. Griechenland.
1. Das Land. Griechenland ist der s�dliche Teil der Balkanhalb-insel. Mit Asien, der Wiege des Menschengeschlechts, h�ngt es durch eine Jnselbr�cke zusammen. Es wird fast ganz vom Meere umsp�lt und von Inseln umlagert. Die K�ste ist buchtenreich; das Innere enth�lt viele Bergketten und reichbew�sserte T�ler. Die Mannigfaltigkeit des Landes spiegelte sich ab in der vielseitigen Begabung seiner Bewohner, und der heitere Himmel �ber dem sch�nen Lande weckte den Sinn f�r das Sch�ne und f�r eine harmonische, heitere Gestaltung des Lebens. Bei den Griechen sehen wir die drei Ideale �Freiheit, Sch�nheit und Weisheit'' sich gestalten.
In dem barbarischen Norden lagen Thrazien, Mazedonien und Jllyrien. Das eigentliche Griechenland bestand aus Nord-, Mittel- und S�dgriechenland und den Inseln. Nordgriechenland umfa�te westlich das rauhe Epirus und �stlich das lachende Thessalien; beide trennte das Pindusgebirge. Mittelgriechenland oder Hellas hatte 8 Landschaften, wovon B�otien mit Theben und Attika mit Athen die wichtigsten waren. S�dgriechenland oder der Pelopouues enthielt 9 Landschaften, wovon Arkadien die sch�nste und Lakonien mit Sparta die wichtigste war. Im Westen lagen die jonischen Inseln, im Osten die Zykladen, im S�den Kreta.
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2. Die Bewohner. Die �ltesten Bewohner, denen erst die sp�tere Zeit den Namen �Pelasger" gegeben hat, trieben Ackerbau und Vieh-zucht und brachten den G�ttern unblutige Opfer. Die indogermanischen Hellenen drangen sp�ter von Norden in das Land und machten sich zu Herren. Sie liebten Krieg, Schiffahrt und Seeraub. Ihre Hauptst�mme waren die �olier, Dorier und Jonier. Der jonische Stamm wurde
der eigentliche Tr�ger der Geisteskultur, der Mittelpunkt
derselben Athen. Ein-
Wanderer brachten � der Sage nach � Sitte und Bildung aus den benachbarten hamitischenund semitischen K�-
stenl�ndern. Kekrops aus Sa'is baute die Burg Kekro-Pia, um welche Athen entstand. Die G�ttin Athene schenkte der Stadt den �lbaum und wurde darum als Schutz-g�ttin verehrt. Danaus aus Lber�gypten siedelte sich in 2\. Zeus. Argos an. Die
B�ste von Otricoli (Rom). Dana!den,seine
T�chter, wnr-
den wegen Gattenmords verurteilt, in der Unterwelt ein durchl�chertes Fa� zu f�llen. Kadmus aus Ph�nizien legte durch Erbauung der Burg Kadmea den Grund zu Theben. Pelops aus Kleinasien gab dem Pelovonnes seinen Namen. Er war der Sohn des Tantalus, der den G�ttern seinen gebratenen Sohn vorgesetzt hatte, um ihre All-wisseuheit zu pr�fen. Sie verurteilten ihn baut, ewig Hunger und Durst zu leiden, w�hrend k�stliche Speisen und Getr�nke vor seinen Lippen schwebten.
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3. Die Religion. Die Kr�fte der Natur und sittliche Eigenschaften wurden als g�ttliche Personen gedacht. Die G�tter teilten Liebe und Ha�, Freuden und Leiden der Menschen. Auf dem thessalischeu Berge Olymp, der in die Wolken ragt,
thronte der G�tter-Vater Zeus im Kreise der elf himmlischen Genossen und regierte die Welt. Nur die Moira.dasSchicksal,
stand �ber ihm. 1.
Zeus (Jupiter)*), der Himmelsgott, schlenderte den Blitz, gab den K�nigen das Zep-ter und die Gewalt,
wachte �ber die Gast-sreundschast und den Eid und hatte den Adler als Sinnbild.
2. Hera (Juno), seine eifers�chtige Gattin.
schirmte die Ehe, ent-sandte Iris (Regenbogen) und war be-gleitet von der Jugendg�ttin Hebe, die den G�ttern Nektar zu trinken und Ambrosia zu essen reichte. In ihrem Gefolge waren auchdieHoreu, G�t-tluueu der Jahreszeiten. Der Pfau war ihr heilig. 3. Pallas Athene (Minerva)
war gewappnet aus dem Haupte ihres Va-ters Zeus gesprungen.
Sie war die G�ttin der Weisheit und Kriegskunst. Die Eule war ihr heilig. 4. Apollon (Apollo) war der Gott der Dichtkunst und Weis-sagung. Die neun Musen oder Kunstg�ttinnen begleiteten ihn. Als Sonnengott hie� er auch Ph�bus. 5. Artemis (Diana), seine Zwillings-schwester, die keusche G�ttin der Jagd, trug Bogen und Pfeil und war von Jungfrauen begleitet. 6. Poseidon (Neptun) war der Gott des
A
22. �?era. Sog. Hera Ludovif (Rom).
1) Die eingeklammerten Namen hatten die G�tter bei den R�mern.
Meeres. Entweder fuhr er mit seiner Gattin Amphitrite in seinem Muschelwagen durch die Fluten, oder er hatte den Dreizack in der Hand und ritt auf einem Seepferde oder Delphin. 7. Heph�stos (Vulkan) war der Gott des Feuers und der Schmiedekunst. Er wohnte im �tna, war h��lich und hinkte. 8. Seine Gattin war Aphrodite (Venus), die G�ttin der Sch�nheit und Liebe. Die Ch aritinnen (Anmutsg�ttinnen) und ihr Knabe Eros (Amor) begleiteten sie. 9. Ares <Mars) war der Schlachtengott; Eris (Zwietracht) folgte ihm. 10. Hermes (Mer-
kur) war der ge-fl�gelte G�tterbote, der Gott des Handels und der listigen �berredung. 11. Hestia (Vesta) war die
Schirmerin des h�uslichen Herdes und der Gesittnng. 12. Demeter (Ceres), die G�ttin der
fruchttragenden Erde, sch�ttelte aus ihrem F�llhorn die Fr�chte der Erde. Au�er diesen zw�lf olympischen G�ttern kennt die Mythologie oder G�tterlehre noch ein ganzes Heer von G�ttern, G�ttinnen und Halbg�ttern. Den Hades oder das Schattenreich regierte P l n t o n (Pluto) mit Perse-
23. i^ermesfopf. Griechisches Meisterwerk, gefunden bei den deutschen Ausgrabungen zu (Olympia.
phoue (Proserpina), der geraubten Tochter der Demeter. Die abgeschiedenen Seelen fuhr der finstere F�hrmann Charon �ber den schwarzen Styx. Drei Totenrichter f�llten das Urteil. Die Frommen gingen zu den Freu-den Elysiums, nachdem sie vorher aus dem Letheflusse Vergessenheit ge-trunken, die Frevler in die Qualen des Tartarus. Andere Gottheiten waren Themis (Justitia) mit der Wage (Gerechtigkeit), Nemesis mit dem Schwerte (Vergeltung), die Erinnyen oder Enmeniden (Furien) mit dem Schlangenhaar (Racheg�ttinnen) u. a.
4. Die Nationalcinheit. Au�er der gemeinsamen Sprache, Sitte und Religion hatten die einzelnen griechischen St�mme und Staaten noch manches Band, das sie zusammenhielt, so dieAmp h ikt y on i en, d. h. Verbindungen von Nachbarv�lkern zu religi�sen Zwecken, zum Schutze der gemeinschaftlichen Tempel und des V�lkerrechts, die Orakel und die Nationalfestspiele. Der delphische Amphiktyonenbnnd mit dem Amphiktyonengerichte sch�tzte
die Heiligt�mer und die Festspiele in Delphi, wo j�hrlich zwei Versammlun-gen der Amphiktyonen statt-fanden. � Die Orakel waren Offenbarungen der G�tter. Zu Dodona in Epirns offenbarte sich Zeus urspr�nglich nur im Ge-murmel einer Quelle und im Rauschen einer heiligen Eiche, sp�ter auch noch in dem Klingen eines aufge-h�ngten ehernen Beckens (des dodon�ischen Erzes). Deuterinnen dieser Orakel waren Priesterinnen. Zu Delphi am Parnassns in Phocis offenbarte sich Apollo durch den Mund der Priesterin Pythia. Aus eiuerSchluchtzwischenFels-w�nden stiegen Gase auf und versetzten die auf gol-deuem Dreifu� sitzende Pythia in Verz�ckung. Priester legten nun die von ihr ausgesto�enen un-artikulierten Laute aus und fa�ten sie in Spr�che, die meist klug den Verh�ltnissen angepa�t, aber fast immer zweideutig waren.Die Griechen fingen keine wichtige Sache an, ohne das Orakel um Rat zu fragen. Durch Geschenke wurden nach und nach die Orakel und ihre Priester unendlich reich. � Die Festspiele wurden zu Ehren der G�tter durch Wettk�mpfe gefeiert. Die ber�hmtesten sind die olympischen, welche auf der Ebene von Olympia in Elis dem Zeus zu Ehren stattfanden. Nur freie, unbescholtene Griechen hatten
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2$. pallas Athene.
Nachbildung der Statue des Phidias,
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25. pofeibort und Amphitrite von Tritonen gezogen.
(Relief: M�nchen.)
Zutritt. Die K�mpfer waren durch Schranken abgeschlossen; auf B�nken vorn sa�en die Kampfrichter und auf Anh�hen umher die Zuschauer. Die Ringk�mpfer k�mpften in dem Stadium, dem R�ume f�r die Fu�-k�mpfer. Sie hatten den nackten Leib mit �l gesalbt und sich zehn Monate lang vorbereitet. Die Wagenlenker versuchten im Fluge den Hippodromus (die Rennbahn) zu durcheilen, ohne an die Hindernisse zu sto�en. Dann folgten Faustk�mpfe, Weitspringen und Diskuswersen (mit metallenen Wurfscheiben). In sp�teren Zeiten trugen Geschichtsschreiber und Dichter ihre Werke vor. Die Sieger wurden mit einem �lzweige
gekr�nt und hochgeehrt. Die olympischen Spiele wurden in jedem f�nften Jahre im Juli oder August abgehalten und dauerten 5 Tage. Den Zeitraum zwischen zwei Feiern (4 Jahre) nannte man Olympiade. Die Griechen z�hlten ihre Jahre danach. Die erste Olympiade begann mit dem Jahre 776 v. Chr. Die Ehrfurcht vor dem h�ch-sten Gotte und die g�nstige Lage des Fest-Platzes gaben diesen Spielen bald die gr��te Bedeutung. Olympia wurde das National-Heiligtum der Griechen. Seinen Hain schm�ckten pr�chtige Tempel, herrliche Ge-b�ube f�r die Spiele und Bilds�ulen der ber�hmtesten K�nstler. Phidias (f 430 v. Chr.) schuf f�r den Zeustempel das sch�nste Werk griechischer Plastik, die Statue 26. Diskuswerfer. des sitzenden Zeus, aus Gold und Elfen-
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6ein in gewaltiger Gr��e (13 m hoch). In ihm schauten die Griechen ihren h�chsten Gott gegen-w�rtiq. Praxiteles (f 320 v. �Hr.) war der Sch�pfer des vielbewunderten Hermes, der den Dionysusknaben auf dem linken Arme tr�gt. Dies Kunstwerk ist neben anderen Resten wertvoller Arbeiten aufgefunden worden bei den Ausgrabun-gen, die das Deutsche Reich in Olympia j�ngst veranstaltet hat. Die isthmischen Spiele wurden auf der Landenge von Korinth dem Poseidon,
die pythischen bei Delphi dem Apollon, die nemeischen in Argos dem Herakles zn Ehren gefeiert.
Fragen: Wie h�ngt der griechische Charakter mit der Natur des Landes zusammen? � Was ist eine Danaidenarbeit? Was sind Tantalusqualen? �
Welche Verdienste haben die Einwanderer um die griechische Kultur? � Welchen Segen hatten die Nationalspiele? � �Das Eleusische Fest", �Klage der Ceres" und .Die Kraniche des Jbykus" von Schiller. ,,Arion" von Tieck. �Griechische Spiele" von Pfizer.
7. Die Heroen oder Helden.
I. Kerakles oder Kerkules, der Wationalheld des griech. Wolkes.
1. Seine bedrohte Jugend. Herakles war ein Sohn des Zeus und der Alkmene. Sein menschlicher Valer war Amphitryon in Iheben, dessen Schild seine Wiege war. Hera, die eifers�chtige Gattin des Zeus, verfolgte ihn sein ganzes Leben lang. Schon in die Wiege schickte sie ihm zwei Schlangen, aber der Knabe erw�rgte sie mit seinen H�ndchen. Der heranwachsende J�ngling erlangte in allen Leibes�bungen die gr��te Meisterschaft. Schon im 18 Jahre t�tete er auf dem Berge Kith�ron einen L�wen, der w�rgend in die Herden seines Vaters einfiel. Das Fell h�ngte er als Kleid um; der Sch�del wurde fein Helm, und die Vordertatzen waren um die Brnst geschlungen. Auf seiner ersten Wanderung in die Fremde kam er an einen Scheideweg. Da nahte sich von der einen Seite das Laster als ein sch�nes, aufgeputztes, lustiges Weib und lockte ihn zu allerlei m�helosen Gen�ssen. Von der andern Seite nahte sich die Tugend als ein sch�nes, ernstes Weib. Sie zeigte ihm den dornenvollen Weg der Arbeit und Entbehrung, aber Ehre und Nachruhm am Ende. Er w�hlte den rauhen Pfad der Tugend.
2. Seine zw�lf Heldenarbeiten. Seine Feindin Hera lie� ihn in Wahnsinn verfallen. Darin erschlug er seine und seines Bruders Kinder. Zur S�hne mu�te er im Dienste des K�nigs Eurhstheus von Myken� 12 Arbeiten verrichten.
a) Er sing den nemeischen L�wen. Da die Pfeile von demselben abprallten, so griff er ihn in seiner H�hle mit seinen H�nden und erdr�ckte ihn mit seinen Armen. Als Enrysthens das Ungeheuer
27. Delphischer Dreifu�.
(Nach einem alten Relief.)
sah, kroch er in ein ehernes Fa� und gebot Herakles, nicht wieder in die Stadt zu kommen, sondern seine Befehle vor den Toren zu erwarten.
b) Die lern�ische Schlange Hydra scheuchte er mit gl�henden Pfeilen aus ihrem Sumpfe. Sie hatte 9 K�pfe, darunter einen un-sterblichen. Wenn Herakles einen abschlug, so wuchsen zwei andere nach. Mit Hilfe seines Neffen Jolaus brannte Herakles die Halsst�mpfe mit gl�henden Baumst�mmen aus und w�lzte einen Felsen auf den un-
sterblichen Kopf. Mit der giftigen Galle der Hydra bestrich er seine Pfeilspitzen.
c) Den erymanthi-schen Eber trieb er durch gewaltiges Geschrei bis in den tiefen Schnee des Ge-birg es, band ihm dort die F��e zusammen und schleppte ihn nach Myken�.
d) Die windschnelle Hirschkuh der Artemis mit goldenem Geweih und ehernen F��en jagte er ein ganzes Jahr. Endlich ver-wuudete sie sein Pfeil, als sie �ber eilten Flu� setzen wollte. Nun fing er sie lebendig.
e) Die stymphali-schen V�gel hatten eherne Schn�bel, Krallen und Fe-dem, welche sie wie Pfeile absch�ssen; sie hausten an einem See und schleppten sogar Menschen hinweg. Herakles verjagte die einen mit einer ehernen Klapper, die andern t�tete er mit Pfeilen.
f) Der Amazonenk�nigin Hippolyte in Asien entri� er nach einem gewaltigen Kampfe mit ihrem streitbaren Weibervolke ihren kostbaren G�rtel.
g) Der Rinderstall des K�nigs Augias in Elis mit 3000 Rindern war drei Jahre nicht gereinigt worden. Herakles leitete zwei Fl�sse hinein und schwemmte den Mist in einem Tage fort. Da Augias den versprochenen Lohn, den zehnten Teil der Rinder, verweigerte, erschlug ihn Herakles.
h) Der kretische Stier war von Poseidon aus dem Meere ge-sandt. Er war rasend und verw�stete die Insel Kreta. Herakles fing ihn
28. Herakles.
lebendig und brachte ihn nach Mika, wo er sp�ter als marathonischer Stier von Thesens get�tet wurde.
i) Die wilden Rosse des K�nigs Diomedes in Thrazien wurden mit dem Fleische der Fremden gef�ttert. Herakles warf den Diomed seinen eigenen Rossen vor und brachte dann die feuerschnaubenden Tiere nach Myken�.
k) Die Rinder des Geryones weideten auf einer unzug�nglichen Insel. Geryones war ein Ungeheuer mit drei Leibern. Ein Riese und ein entsetzlicher Hund bewachten die herrlichen roten Tiere. Herakles machte sich auf den Weg und kam bis an die Stra�e von Gibraltar, wo er die �S�ulen des Herkules" ausrichtete. In dem goldenen Kahne des Sonnengottes erreichte er endlich die ferne Insel, erschlug die H�ter und trieb die Tiere weg.
1) Die goldenen �pfel der Hesperiden wurden im fernen Westen von den Hesperiden und einem Drachen geh�tet. Herakles sollte drei derselben holen. Der Riese Atlas, welcher den Himmel trug, holte sie, als Herakles zu ihm kam, von den Hesperiden. W�hrenddem trug Herakles f�r ihn das Himmelsgew�lbe. Nach feiner R�ckkehr wollte Atlas die Last dem Herakles nicht wieder abnehmen. Aber dieser �berlistete ihn und brachte die �pfel zu Eurystheus.
m) Zuletzt schleppte Herakles den dreik�pfigen H�llenhund Zerberus aus der Unterwelt gefesselt herauf. Der entsetzte Eurystheus lie� ihn aber sogleich wieder in die Tiefe bringen.
3. Sein qualvolles Ende. Herakles verrichtete darauf noch viele andere Taten. Im Kampfe mit einem Fln�gotte gewann er die sch�ne Dejanira. Der Gott warb in dreifacher Gestalt um die sch�ne Jung-sran: als Stier, als buntfarbige Schlange und als Mensch mit einem Stierkopfe. Nach furchtbarem Kampfe brach ihm Herakles ein Horn aus, da war er besiegt. Auf der Wanderung mit seinem Weibe kam Herakles an einen Flu�, �ber den der Zentaur Nessus (oben Mensch, unten Pferd!) die Wanderer um Lohn trug. Herakles durchwatete den Flu�; seine Gattin trug der Riese voran. Da h�rte er pl�tzlich ein Jammergeschrei, Nessus wollte mit Dejanira entfliehen. Herakles legte den Bogen att und durchbohrte den Nessus mit einem vergifteten Pfeile. Sterbend sprach Nessus zu Dejanira: �Nimm von diesem rinnenden Blute, und bewahre es gut. Wenn einst dein Gatte sein Herz von dir wendet, so wird das Blut ein Zaubermittel sein, um dir seine Liebe zu erhalten." Als sp�ter Dejauira f�rchtete, hie Liebe ihres Gatten zn verlieren, bestrich sie ein Gewand mit dem vergifteten Blute des Nessus. Kaum hatte der Held das Kleid angelegt, so begann das furchtbare Gift zu wirken. Er wurde fast wahnsinnig vor Schmerz. Der ganze Leib wurde zerfressen, und nichts vermochte die Wunden zu heilen. Dejanira nahm sich aus Verzweiflung das Leben. Um den entsetzlichen Qualen ein Ende zu machen, lie� sich Herakles auf den h�chsten Gipfel des �tagebirges f�hren und auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Er wurde als Halbgott in den Himmel verfetzt. Die vers�hnte Hera gab ihm ihre liebreizende Tochter Hebe zur Gattin.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 9tu8g. A. 3
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II. FHesus, der Sagenhel'd der Athener.
1. Der suchende Sohn. Thesus war der Sohn des athenischen K�nigs �gens und der K�nigstochter �thra in Tr�zene. Als �gens von Tr�zene zur�ckkehrte, lie� er den Sohn bei der Mutter, die ihn ferne vom Vater erzog. Beim Abschiede von seiner Gattin hatte �gens seine Sandalen und Waffen unter einen gro�en Felsblock gelegt, damit der gro�gewordene Theseus sie an sich nehme und mit ihnen als Erkennungs-zeichen den Vater aufsuche. Im 16. Jahre hob der junge Held den Stein und machte sich auf den Weg, um seinen Vater zu suchen.
2. Der strafende Held. Auf dem Wege zu feinem Vater t�tete er den Keulenschwinger Periphetes, den Fichtenbeuger Sinnis, den R�uber Skiron und den Folterer Prokrustes.
Periphetes erschlug die Wanderer mit einer eisernen Keule. Thesus erlegte ihn und f�hrte fortan seine Keule. Sinnis bog auf der Landenge von Korinth zwei starke Fichten nieder und band die F��e der Wanderer an die Spitzen. Dann lie� er die Fichten in die H�he schnellen, so da� die Ungl�cklichen zerrissen wurden. Theseus nahm ihm auf die-selbe Weise das Leben. An derselben Stelle richtete er sp�ter dem Poseidon zu Ehren die isthmischen Spiele ein. Skiron zwang die Reisenden, auf einem schmalen Fu�pfade �ber dem Meere ihm die F��e zu waschen, und schleuderte sie dann mit einem Fu�tritte in die Tiefe. Eine gro�e Seeschildkr�te fra� den zerschmetterten Leib. Theseus tat ihm, wie er so vielen getan hatte. Prokrustes hatte ein kurzes und ein langes Bett. Kleine Leute reckte er so lange aus, bis sie in das gro�e Bett pa�ten, gro�e verst�mmelte er so lange, bis sie in das kleine gingen. Theseus legte den Riesen in das kleine Bett und hieb ihm die Beine ab.
3. Der mutige Befreier. �geus erkannte an den Waffen in dem jungen Helden feinen Sohn. In Athen fing und opferte dieser den mara-thonischen Stier. Er befreite die Stadt von dem kretischen Tribute (alle 9 Jahre 7 Jungfrauen und 7 J�nglinge), indem er den Minotaurus (d. h. Stier des Minos, halb Stier, halb Mann) im Labyrinth auf Kreta t�tete. Der Faden der kretischen K�nigstochter Ariadne leitete ihn aus den Jrrg�ngen des Labyrinths. Da, auf entfloh er mit Ariadne. Auf Naxos verlie� er sie aber, worauf sie sich verzweifelnd ins Meer st�rzte. Als er sich dem Heimatufer n�herte, verga� er, statt der schwarzen Segel wei�e aufzusetzen, wie er versprochen hatte. Infolgedessen st�rzte sich sein Vater, weil er seinen Sohn tot glaubte, von Schmerz �bermannt ins Meer, das nach ihm das �Ag�ische" genannt wurde.
4. Der ungl�ckliche Vater. Als K�nig von Athen verewigte Theseus die einzelnen Gemeinden. Seine zweite Gattin Ph�dra ver-leumdete aus Rache ihren Stiefsohn Hyppolyt bei seinem Vater. Theseus verfluchte im raschen Zorne den Unschuldigen und bat Poseidon, das Strafgericht zu vollziehen. Der versto�ene Hippolyt fuhr in tiefer Trauer an dem Ufer des Meeres hin. Da stieg ein wilder Stier aus den Fluten und machte die Pferde scheu. Sie schleiften den edlen J�ngling zu Tode.
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Als seine Unschuld zutage kam, t�tete sich Ph�dra, und Theseus zerraufte Haare und Kleider vor Schmerz.
5. Der Verbannte Herrscher. Sp�ter stieg er in den Hades, um die von Pluto geraubte Persephone wieder in das Reich des Lichtes zu holen. Aber der Gott lie� ihn an einen Felsen wachsen und von den Racheg�ttinnen qu�len. Endlich befreite ihn Herakles. Als er zur�ckkehrte, verschlossen ihm die Athener die Tore. Da sprach er den Fluch �ber die Stadt und ging zu einem Freunde auf die Insel Skyros. Dieser aber lie� ihn meuchlings von einem Felfen ins Meer st�rzen. Seine Gebeine brachte man sp�ter nach Athen und baute einen Tempel �ber denselben.
III. Wersens, der SagenHeld von Argos.
1. Das gerettete Kind. Persens war ein Sohn der Danas und des Zeus. Er wurde samt seiner Mutter in einen Kasten geschlossen und ins Meer geworfen, weil seinem Gro�vater, dem K�nige von Argos, geweissagt worden war, da� er durch die Hand seines Enkels sterben w�rde. Ein Fischer zog den Kasten in seinem Netze ans Land und brachte die Ungl�cklichen zu dem K�nige der Insel, der sie freundlich aufnahm.
2. Der k�mpfende J�ngling. Der heranwachsende J�ngling sollte die Gorgonen bek�mpfen. Das waren furchtbare, gefl�gelte Jung-franen, die statt der Haare Schlangen trugen. Wer sie anschaute, wurde vor Schreck zu Stein. Von freundlichen G�ttinnen erhielt Persens Fl�gel-schuhe und einen unsichtbar machenden Helm. Mit der Hermessichel schlug er der Medusa, der einzigen sterblichen, das schlangenhaarige Haupt ab und versteinerte damit den Riesen Atlas.
3. Der tapfere Mann. Er befreite die an einen Felsen gefesselte Andromeda von einem Meerungeheuer und nahm sie zur Gattin. Als er nach Argos zur�ckkehrte, erf�llte sich das Orakel; deun Perseus t�tete unvorsichtigerweise in einem Kampfspiele seinen Gro�vater. Nach seinem Tode wurde er unter die Sterne versetzt.
IV. Hdipus, der Sagenhetd von We�en.
1. Das ausgesetzte �ind. �dipus (Schwellfu�), ein Sohn des thebanischen K�nigs Lains und der Jokaste, wurde als Kind mit durch-stocheueu F��en ausgesetzt, weil er nach einem Orakelspruch Schuld und Verderben �ber das ganze Hans bringen werde. Durch Hirten gerettet, wurde er in Korinth erzogen. Um dem ihm verk�ndeten Schicksal zu ent-fliehen, verlie� er die vermeintliche Heimat Korinth.
2. Der schuldbeladene Mann. Auf dem Wege erschlug er im Streite den ihm unbekannten Vater und heiratete dann, nachdem er das R�tsel der Sphinx gel�st hatte, die ihm ebenfalls unbekannte Mutter. Das R�tsel lautete: Was geht Morgens auf Vieren, Mittags auf Zweien, Abends auf Dreien? Antwort: Der Mensch. Als sp�ter die schreckliche Schuld zutage kam, erh�ngte sich Jokaste, und �dipns stach sich die Augen aus.
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3. Der ungl�ckliche Vater. Von seinen S�hnen Eteokles und Polyneikes vertrieben, irrte �dipus an der Hand seiner treuen Tochter Autigone in der Verbannung umher, bis er in Athen Ruhe fand. Die von ihrem Vater verfluchten S�hne gerieten bald in Streit �ber das Erbe. Der vertriebene Polyneikes bewog sieben Helden zu einem Kriegs-znge gegen Theben; sechs davon fielen, und die beiden Br�der t�teten sich im Zweikampfe. Al� Antigone ihren Bruder Polyneikes gegen das Verbot des K�nigs Kreon bestattete, wurde sie lebendig eingemauert. Ihr Ver-lobter H�mon, Kreons Sohn, t�tete sich auf ihrem Grabe. Nach zehn Jahren erneuerten die S�hne der Gefallenen, die Epigonen, d. h. Nach-kommen, die Belagerung und nahmen Theben ein.
Fragen: Was bedeuten die Ausdr�cke ,Herkules am Scheidewege, Hydra, Augiasstall, Nessushemd, Prokrustesqualen, Faden der Ariadne, Medusenblick"? Vergleiche Simson mit Herkules I Was bedeuten die Taten des Herkules?
8. Zwei gemeinsame Heldenfahrten.
1250 I. Der Argonautenzug (etwa 1250 v. Chr.).
1. Woher das goldne Vlie� stammte. Phrixus und Helle, zwei b�otische K�nigskinder, flohen vor ihrer b�sen Stiefmutter Jno auf einem Widder, der ein goldenes Vlie� (Fell) hatte und fliegen konnte, �ber das Meer. Helle ertrank im Hellespont; Phrixus kam gl�cklich nach Kolchis am Schwarzen Meer, opferte den Widder dem Zeus und schenkte das Fell dem K�nige �etes, der es in einem Haine durch einen Drachen und feuerschnaubende Stiere bewachen lie�.
2. Wie Jason es gewann. Jason, ein K�nigssohn zu Jolkos in Thessalien, sollte den Thron nur dann besteigen, wenn er das goldene Vlie� hole. 50 Helden, darunter Herakles, Theseus, die Zwillinge Kastor und Pollux und der ber�hmte S�nger Orpheus, schifften sich aus der Argo ein und landeten nach vielen Gefahren in Kolchis. K�nig �etes versprach Jason das Vlie�, wenn es diesem gel�nge, mit den feuerspeienden Tieren einen Felsacker zu pfl�gen und die aus den ges�eten Drachenz�hnen aufwachsenden Riesen zu besiegen. Des K�nigs Tochter Medea half Jason durch ihre Zauberk�nste. Gegen den Flammenhauch der Tiere sch�tzte ihn eine Salbe. Unter die Riesen wars er einen Stein, �ber den sie in solchen Streit gerieten, da� sie sich selbst zerfleischten. Dann erschlug er den von Medea eingeschl�ferten Drachen, nahm das Vlie� und entfloh mit Medea. Als Aktes sie verfolgte, zerst�ckelte Medea ihren mitgenommenen Bruder Abfyrtus und streute die St�cke ans Ufer. Nun lie� der fchmerzerf�llte Vater von der Verfolgung ab, um die Reste seines Kindes zu sammeln und zu begraben. Jason erhielt sein K�nigreich, fand aber kein Gl�ck in der Ehe mit Medea.
1194 II. Der Trojanische Krieg (1194�1184 v. Chr.).
1. Die Ursache des Krieges. An der Westk�ste Kleinasiens lag Troja oder Jlium mit der Burg Pergamum. Paris, der Sohn des
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K�nigs Priamus, mi�brauchte bei einem Besuche in Sparta das Gast-recht und entf�hrte Helena, die sch�ne Gattin des K�nigs Menelans von Sparta. Ganz Griechenland suhlte den Schimpf und wollte ihn r�chen. Unter Agamemnons F�hrung versammelten sich die griechischen Helden im Hafen von Aulis. Um von den G�ttern g�nstigen Wind zu erhalten, sollte Agamemnons Tochter Jphigenia geopfert werden. Die G�ttin Artemis aber entr�ckte sie vom Opferaltar in ihren Tempel auf Tauris (Halbinsel Krim).
2. Der erbitterte Kampf. In zehnj�hri-gem Kampfe rangen die griechischen mit den asiatischen V�lkern.
Der herrlichste Held der Griechen war Achilles. Er z�rnte dem Agamemnon und sah darum unt�tig dem Kampfe zu. Als aber der edle trojanische K�nigssohn Heftor seinen Freund Patroklus t�tete, erhob sich Achilles grimmig wie ein L�we. Er jagte Hektor dreimal um die Mauern der Stadt;
dann t�tete er ihn nach der tapfersten Gegen-wehr und schleifte sei-nen Leichnam hinter 29. Vdysseus. Kopf und Statue in Venedig, seinem Wagen her ins (Furtw�ngler-Ulrichs, Denkm�ler. Taf. 36.)
Lager, um ihn den
Hunden zum Fr��e vorzuwerfen. Da wagte sich der ungl�ckliche Priamus in das Zelt seines Feindes und best�rmte ihn so lange mit r�hrenden Bitten, bis er ihm die Leiche seines Sohnes auslieferte (f. Bild 31, S. 39). Der herrliche Achilles wurde sp�ter von dem feigen Paris durch einen Pfeilschu� in die Ferse get�tet. Das war seine einzige verletzbare Stelle.
3. Der erlistete Sieg. Zuletzt wurde die Stadt durch die List des vielgewandten Odhssens von Jthaka erobert. In dem Bauche eines riesigen h�lzernen Pferdes verbargen sich die tapfersten griechischen Helden, w�hrend die Schiffe scheinbar die Heimfahrt antraten. Die Trojaner ver-lie�en ihre Mauern, umstanden das seltsame Bauwerk und stritten �ber seinen Zweck. Da wurde der Grieche Siuou herbeigeschleppt, der sich
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absichtlich hatte gefangen nehmen lassen. Er schm�hte seine Landsleute, die ihn h�tten t�ten wollen, denen er aber durch die Flucht entgangen w�re. Von dem Pferde sagte er, da� es die Griechen zur S�hne f�r das aus Troja geraubte Palladium (Bild der Pallas Athene) erbaut h�tten. Zerst�rten es die Trojaner, so fiele die Stadt den Griechen in die H�nde; f�hrten sie es in die Stadt, so w�rde Troja die K�nigin Asiens und Griechenlands werden. Um nun zu verhindern, da� es durch die Tore ginge, w�re es so gro� gebaut. Als er so sprach, rief der Priester Lao-koon: �Du l�gst, falscher Grieche! Ein listiger Fallstrick ist es! H�tet euch vor den Geschenken der Danaer!" Dann warf er mit starker Hand
ihre Opfer und w�lzten sich nach dem Tempel der Pallas Athene, wo sie unter deren Schilde sich verbargen.
Mit Schreck und Grausen hatte das Volk dies angesehen. Es war ihnen die Best�tigung der Worte des Griechen. Nun rissen sie ein St�ck der Mauer nieder, zogen das Ro� jubelnd in die Stadt, schmausten und tanzten bis tief in die Nacht. In stiller Mitternacht, da alles im Schlummer lag, �ffnete sich eine T�r in dem Bauche des Rosses, und die Helden stiegen zur Erde. Die Tore der Stadt wurden ge�ffnet, und die zur�ck-gekehrten Griechen fluteten hinein. Schlachtruf, Waffengeklirr und Feuer-schein weckten die ungl�cklichen Trojaner. Ein entsetzliches Gemetzel hob an. Am schonungslosesten w�tete der Sohn des Achilles. Den greisen Priamus, der sich an den Altar seines Hauses gefl�chtet hatte, fa�te er an den Haaren, stie� ihm das Schwert in die Brust und warf seine Leiche zu den �brigen Erschlagenen. Was nicht unter dem Schwerte fiel, wurde gefangen auf die Schiffe gef�hrt, so Andromache, Hektors Weib, He-kuba, seine Mutter, und Kassandra, seine ungl�ckliche Schwester, die
30. �aofoon und seine S�hne. (Nach Her Marmorgruppe im Vatikan zu Rom.)
seinen Speer gegen den Bauch des Rosses, da� da-rin die Schilde und Schwer-ter hell erklangen. Pl�tzlich w�lzten sich vom Meere her zwei gr��liche Schlangen. Sie umwanden die Knaben des Priesters und zerfleisch-ten sie entsetzlich. Der Bater eilte vom Opferaltar seinen Kindern zu Hilfe, wurde aber auch von den Unge-heuern umschlungen und schrecklich zugerichtet. Bis zu den Sternen drang sein Wehegeschrei, aber kein Helfer fand sich im Himmel und auf Erden. Entseelt sanken endlich Vater und S�hne zur Erde. Die Schlangen aber verlie�en
3V priamus l�st Sektors Leichnam rott Achill. Relief in Rom.
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in die Zukunft zu schauen vermochte, aber bei niemand Glauben fand Zuletzt war Troja ein rauchender Schutt- und Tr�mmerhaufen.
4. Die gl�cklose Heimkehr der Sieger. Die heimkehrenden Griechen traf meist etn trauriges Los. Agamemnon wurde von seiner Gattin Klyt�mnestra mit erheuchelter Freude empfangen. In seiner Abwesenheit hatte sie ihr Herz dem feigen �gisthus geschenkt. Sie r�stete dem Heimkehrenden ein Bad, und als er die erm�deten Glieder streckte warf sie ihm ein Netz �ber sein Haupt und erschlug ihn mit Hilfe des Agchhns. Den Mord r�chte ihr Sohn Orestes, der mit seinem unzer-trennlichen Freunde Py lad es aus der Ferne zur�ckgekehrt war. Er t�tete die eigene Mutter und ihren Buhlen. Nun aber jagten ihn die Erinnyen ruhelos von Land zu Land, von Meer zu Meer, bis er endlich auf Tauris seine Schwester Jphigenia als Priesterin der Artemis und unter dem Bilde der G�ttin Ruhe und Vers�hnung fand.
Odysseus sah erst nach zehnj�hriger Irrfahrt seine Heimat, seine treue Gattin Peuelope und seinen Sohn Telemachus wieder. Im Zyklopenlande blendete er den ein�ugigen Zyklopen Polyphem, der die Hilfesuchenden in seine H�hle einsperrte, um sie zu verzehren. Die Zauberin Kirke verwandelte seine Gef�hrten in Schweine, wurde aber von Odysseus gezwungen, sie zu befreien. Art den Mast gebunden, h�rte er den ver-lockenden Gesang der Sirenen, nachdem er seinen Gef�hrten die Ohren mit Wachs verstopft hatte. Mit Verlust von sechs Genossen kam er durch die Szylla und Charybdis, zwei heulende Ungeheuer (Strudel) in der Stra�e von Messina. Die Nymphe Kalhpso hielt ihn sieben Jahre auf ihrer Insel fest. Als ihn die Sehnsucht von hinnen zog, warf ihn unter-wegs ein Schiffbruch auf die Insel der Ph�aken. Die liebliche K�nigs-tochter Nausikaa f�hrte ihn zu ihrem Vater Alkinons, der ihn gastlich aufnahm. Endlich heimgekehrt, z�chtigte er die unversch�mten Freier, die sein Gut verpra�t, seinen Sohn verspottet und seine Gattin gequ�lt hatten.
5. Das einfache Leben der Griechen in der Heldenzeit. In der �ltesten Zeit herrschte ein patriarchalisches K�nigstum. Das Volk schied sich in Edle, Freie und Unfreie (Sklaven). Die Hauptbesch�ftigungen waren Getreide-, Wein- und Obstbau, Viehzucht, Jagd und Fischerei. Man trieb auch Handel, Schiffahrt und einige Gewerbe. Die niedrigen Arbeiten, wie: hacken, graben, Vieh h�ten, Holz spalten, Wasser tragen, Feuer an-z�nden, Getreide mahlen und dergl. verrichteten Sklaven; diese waren ent-weder Kriegsgefangene oder durch Seeraub und Handel erworben. Als Zugtiere dienten Stiere, als Lasttiere Esel und Maultiere. Rosse zogen im Kampfe die Streitwagen. Die Herden bestanden aus Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Der Handel wurde nur im kleinen getrieben und beschr�nkte sich meist auf Tauschhandel. Gem�nztes Geld kannte man kaum. Die Schiffe wurden gerudert. Durch Krieg und Seeraub suchten sich k�hne und unternehmungslustige M�nner zu bereichern. Zierliche und kunstvolle Ger�te wu�te man zu verfertigen, so allerlei Henkelkr�ge, Drei-s��e, Tische und St�hle, allerlei Waffen aus Erz zu schmieden und wohn-liehe H�user sowie feste Burgen aus Steinen herzustellen. An der Spitze der Volksgemeinde stand der K�nig. Als Zeichen seiner W�rde trug er
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32. Homer,
ein Zepter. Mit Weib, Kindern und Sklaven bewohnte er eine feste Stein-b�rg. Im Schatzhause verwahrte er die ererbten Sch�tze seiner V�ter und die besten Beuteauteile. Im Kriege f�hrte er als Feldherr seine Scharen; im Frieden sprach er Recht als Richter und brachte den G�ttern Opfer von Stieren dar. Zu seinen Ratgebern in allen �ffentlichen Angelegen-heiten w�hlte er aus den edlen Geschlechtern deren vornehmste (t�chtigste und erfahrenste) H�upter. Die Mehrzahl des Volkes bildete der Stand der freien M�nner. Sie traten in �ffentlichen Volksversammlungen zu-sammeu, aber nur, um die Beschl�sse des K�nigs und seiner Ratgeber zu erfahren. Die Frauen standen in hoher Achtung; die Ehen wurden heilig gehalten, Untreue und Frauenraub als schwere Vergehen bestraft. Die
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Frauen webten und n�hten Gew�nder. Selbst K�niginnen sch�mten sich nicht, zu spinnen und zu weben, wie K�nige sich nicht scheuten, Hand an Axt und Richtscheit zu legen. Bei Kriegen l�ste sich der Kampf meist in Einzelgefechte auf, und die Entscheidung lag in der Tapferkeit und der List der F�hrer. Diese standen im Kriege auf Streitwagen und warfen von dort Speere und Lanzen; dann sprangen sie wohl auch herab, forderten den Gegner mit k�hnen Reden heraus und bek�mpften ihn mit dem Schwerte in der Hand, indem sie sich mit dem Schilde deckten. Diesem Einzelkampfe sahen die Heere zu. Erst wenn einer der F�rsten fiel, be-teiligten sich auch die Scharen am Kampfe. In hoher Gunst standen Dicht: knnst und Mu�k bei allen Griechen. Leier, Fl�te und Pfeife waren die ersten musikalischen Instrumente. Die Dichter und S�nger der Helden-taten wurden hoch geehrt. Aus alten M�ren, Ges�ngen und Liedern ent-standen durch die Kunst Homers die Epen oder Heldenges�nge der Jlias und der Odyssee. Die Jlias erz�hlt aus dem Trojanischen Kriege von der Not der Griechen, die durch die Feindschaft zwischen Achilles und Agamemnon entstanden war, und von dem Tode der Helden Patroklus uud Hektor, die Odyssee von den Irrfahrten und Abenteuern des Odyssens.
Fragen: Was versteht man unter �Achillesferse" und �Sirenengesang"? � Welches ist die historische Grundlage a) von Theseus' Fahrt nach Kreta (Athens Befreiung von der ph�nizischen Tributpflicht); b) vom Argonautenzuge (Verkehr der Aolier mit dem Osten, Fahrt nach Goldbergwerken im Kau-kasus, oder die Witterungseinfl�sse auf den Landbau); c) vom Trojanischen Kriege (K�mpse der Griechen mit den Trojanern wegen der Anlegung griechischer Kolonien in Kleinasien)? � Beispiele inniger Freundschaft! � �Hektors Abschied", �Kassandra", �Das Siegesfest" und �Odyssens" von Schiller. �Das Grab des 'Achill" von Geibel. �Iphigenie in Aulis" von Schiller. �Iphigenie auf Tauris" von Goethe.
9. Die Gesetzgeber fijlmrg und Solan.
I. Lykurg in Sparta.
1. Spartas uneinige Bev�lkerung. W�hrend der gro�en dort;
1100 fchen Wanderung (etwa 1100 v. Chr.) machten sich dorische V�lker-
schaffen zu Herren Lakoniens und gr�ndeten Sparta am rechten Ufer des Eurotas. Sie waren rauh von Sitten und hart von Charakter. Man nannte sie Sparttaten. Die eingeborenen Ach�er, welche sich freiwillig unterworfen hatten, hie�en Peri�ken. Sie behielten zwar Grund und Boden, hatten aber kein B�rgerrecht. Die mit Gewalt unterworfenen Ach�er wurden zu Staatssklaven gemacht und Heloten genannt. Als solche bebauten sie die �cker der Spartiaten. Unter dieser dreiteiligen Be-v�lkerung herrschte Zwietracht und Streit. Dazu kam der Zwist der beiden K�nigsgeschlechter, der Eurystheniden und ProHiden. Verwirrung und Gesetzlosigkeit wuchsen und brachten den Staat an den Rand des Verderbens.
2. Lykurgs edler Charakter. Die Gr��e Spartas kn�pft sich an den Namen dieses Mannes, der darum mit einem Sagenschleier umsponnen worden ist. Vieles wird ihm zugeschrieben, was erst sp�ter Gesetz und Ordnung wurde. Lykurg war von k�niglicher Abkunft und wurde zur
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K�nigsw�rde berufen, nachdem sein Bruder im Aufruhr gefallen war. Er r�umte den Platz aber willig einem nachgeborenen Sohne seines Bruders und lie� diesen sorgf�ltig erziehen. Da er jedes Mi�trauen entwaffnen wollte, verlie� er Sparta auf zehn Jahre und hielt sich in �gypten, Klein-asien und Kreta auf, um dort Gesetze und Sitten kennen zu lernen. Dann kehrte er auf Bitten seiner Mitb�rger zur�ck und gab seiner von Streit durchw�hlten Vaterstadt neue Gesetze, die sich auf die altdorischen Sitten und den dorischen Charakter gr�ndeten.
3. Lykurgs weise Gesetzgebung (etwa 820 v. Chr.). Ihr Haupt- 820 zweck war, die Spartaner durch k�rperliche Abh�rtung und kriegerische T�chtigkeit unwiderstehlich zu machen. Sie umfa�te den Staat, die Ge-sellschast und die Familie. An der Spitze des Staates standen zwei K�nige, welche Anf�hrer im Kriege, die obersten Priester, Vorsitzende der Gernsia und Vollstrecker der Gesetze waren. Die Gerusia bestand aus
28 Geronten fGreisen �ber 60 Jahre) und den beiden K�nigen und war die h�chste richterliche und Verwaltungsbeh�rde. Die f�nf (Sph�ren f�hrten anfangs die Aufficht �ber die Sicherheit der B�rger; sp�ter legten sie sich auch die Aufsicht �ber die K�nige bei und wurden so die wichtigste Beh�rde. Die Volksversammlung bestand aus den Spartiaten, die �ber 30 Jahre alt waren; sie beschlo� die Gesetze durch bejahenden oder verneinenden Znrns. Das Land um Sparta war in gleichgro�e Freig�ter f�r die Spartiaten, das dahinterliegende in gleichgro�e Lehnsg�ter f�r die Peri�ken geteilt; der Grundsatz der G�tergleichheit sollte durchgef�hrt werden. Um Einheit und Einfachheit in der Gesellschaft zu erhalten, war jeder Luxus, der Besuch aller Fremden und das Reisen im Auslande verboten, eisernes Geld und gemeinsames Essen eingef�hrt. Die Zutaten zu den Mahlzeiten wurden von den Einzelnen nach bestimmtem Verh�ltnis geliefert. Ber�hmt ist die schwarze Suppe aus Schweinefleisch, Blut,
Essig und Salz. Bis auf die Familie nnd die Kindererziehung erstreckte sich das Recht des Staates. Schw�chliche und verkr�ppelte Kinder wurden ausgesetzt. Vom siebenten Jahre an wurden die Kinder �ffentlich und gemeinsam erzogen. Sie wurden abgeh�rtet und k�rperlich flei�ig ge�bt. Au den �bungen der Knaben nahmen auch die M�dchen teil. Mitten im Winter mu�ten sie baden, barfu� gehen und auf Schilf aus dem Eurotas schlafen. Sie wurden h�ufig gegei�elt und durften dabei keinen Schmerz �u�ern. Zur �bung in der Kriegslist durften sie stehlen, wurden aber unbarmherzig gez�chtigt, wenn sie sich ertappen lie�en. Den Alten waren sie Gehorsam und Ehrfurcht schuldig. Beim Sprechen mu�ten sie kurz und b�ndig (,,lakonisch") sein. Als Knabej! gefragt wurden, was sie in Sparta lernten, antworteten sie lakonisch: �Gehorchen und Befehlen!" � �Was wir als M�nner wissen m�ssen!" � �In Athen lernt man reden, in Sparta handeln!"
4. Lykurgs opfermutiges Ende und die Wirkung seiner Gesetze. Das Orakel zu Delphi urteilte �ber die Gesetze: �Solange Sparta ihnen treu bleibt, wird es gro�, herrlich und unbesieglich sein!" Lykurg nahm einen Eid von seinen Mitb�rgern, an seinen Gesetzen bis zu seiner R�ck-kehr nichts zu �ndern, ging auf Reisen und kam nie wieder. Sparta
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aber dehnte kraft seiner Gesetze nach und nach seine Herrschaft auf den ganzen Peloponnes aus. � Besonders schwer war die Unterwerfung der Messenier, mit welchen Sparta drei langwierige Kriege f�hrte. Im 730 ersten Kriege (um 730) zeichnete sich der messenische Held Aristodemus aus, der sogar seine eigene Tochter opferte, um seinem Volke den Sieg zu sichern. Aber schlie�lich wurden die Messenier doch besiegt; Aristodemus hatte sich, an der Rettung verzweifelnd, auf dem Grabe seiner Tochter ge-630 t�tet. Der zweite Krieg (um 630) endete trotz der k�hnen Taten des Helden Aristomenes mit der Unterwerfung der Messenier. Elf Jahre widerstand der Held in der Bergfeste Eira den Spartanern. Diese be-geisterte der athenische S�nger Tyrt�ns durch seine Kampflieder. Die 455 Befreiungsversuche im dritten messenischen Kriege (455) scheiterten g�nzlich.
II. Kolon in Athen.
1. Athens wirre Zust�nde. W�hrend der dorischen Wanderung wurde Athen von dorischen St�mmen belagert. Das Orakel sagte: �Das Volk siegt, dessen K�nig f�llt!" Da ging der Sage nach der athenische K�nig Kodrus verkleidet in das dorische Lager, fing H�ndel an und 1068 wurde erschlagen (1068 v. Chr.). Die wegen des Orakelspruchs erschreckten Dorer zogen ab. Der Adel in Athen setzte es nun durch, da� das K�nig-tum abgeschafft wurde. Daf�r w�hlte man Archonten, d. h. Herrscher. Bis zum 7. Jahrhundert wurde immer nur ein Archont gew�hlt, erst auf zehn Jahre und zuletzt auf ein Jahr. Seit dem 7. Jahrhundert wurden neun Archonten auf ein Jahr gew�hlt, der erste als oberster Richter, der zweite als Oberpriester, der dritte als Vorsteher des Kriegswesens und die �brigen als Aufseher �ber das Rechtswesen und die Gesetzgebung. Der auf Lebenszeit und auf 10 Jahre gew�hlte Archont mu�te aus k�niglichem Geschlechte sein, die auf ein Jahr gew�hlten aber geh�rten ausschlie�lich dem Adel an, der durch vornehme Abkunft, alte Vorrechte und Reichtum immer m�chtiger geworden war und die B�rger und Bauern hart dr�ckte. Je zw�lf Bauerngutsbesitzer wurden als Schutzbefohlene einer Adels-familie unterstellt; sie mu�ten die Kriegspflichten leisten und fast alle Steuern zahlen. Diese dr�ckenden Lasten, zusammen mit Mi�ernten und der Einb�rgerung des gepr�gten Geldes, brachten die Bauern in gro�e Not und tiefe Verschuldung. Sie wurden von den adeligen Herren ge-zwnngen, die verschuldeten Grundst�cke an diese abzutreten, ja sehr viele gerieten durch ihre Verschuldung selbst in pers�nliche Schuldkuecht-schast. Auch sonst bedrohte die Willk�r des Schutzherrn den Schutz-befohlenen; Recht aber gab es f�r den Unterdr�ckten bei den Richtern in der Regel nicht, denn letztere waren nur Adelige, die nach m�ndlicher �ber-lieferung Recht sprachen. Da rief das erbitterte Volk nach geschriebenen Gesetzen, die seine Lage verbessern sollten. Doch die von dem Archonten Drakon ausgezeichneten Gesetze waren so strenge, da� man sagte, sie w�ren mit Blut geschrieben gewesen. Es wurde nicht besser, sondern schlimmer; denn der Gegensatz zwischen Armen und Reichen trat noch sch�rfer hervor.
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2. Solons weise Gesetzgebung (594 v. Chr.). Der weise und 594 tapfere Solon wurde der Retter des Staates. Er gewann den Athenern ti- ^r-die verlorene Insel Salamis zur�ck und s�hnte eine Blutschuld, die auf Athen lastete, durch Verbannung des M�rders. Er erleichterte die Lage
der �berschuldeten B�rger durch Aushebung der pers�nlichen Schuldknecht-schast und aller dr�ckenden Schuldverpflichtungen, die auf den Grundst�cken lasteten. Das freie Volk wurde nach dem Ertrage des Grundbesitzes in vier Verm�gensklassen geteilt. Aus der ersten wurden die neun Archonten, aus den drei ersten der Rat (die Bnle) der 400 gew�hlt. Dem Kriegswesen standen zehn Strategen vor. Recht wurde haupts�chlich durch die Geschworenen-Gerichte gesprochen. Die Gesetze wurden zun�chst vor-beraten, und dann wurde in der Volksversammlung �ber dieselben be-schl�ssen. Zur Volksversammlung geh�rten alle B�rger der vier Klassen, die �ber 20 Jahre alt waren. Sie w�hlte auch die Beamten. Die oberste Aufsicht �ber die Staatsverwaltung f�hrte der Areopag. dessen Mit-glieder allein nicht j�hrlich wechselten, sondern aus gewesenen Archonten auf Lebenszeit ernannt waren. Die Erziehung der Kinder war Sache der Eltern, Die Knaben wurden durch t�chtige k�rperliche und geistige �bung in den Gymnasien gleichm��ig ausgebildet. Sie lernten schreiben,
lesen, rechnen, turnen, reden, die Gedichte Homers vortragen, singen, Saiten- und Fl�tenspiel. Die M�dchen wurden von den M�ttern in h�uslichen Arbeiten unterwiesen. Schulen gab es f�r sie nicht. Vom 18. bis zum 20. Jahre dienten die J�nglinge als Krieger in den Grenz-festnngen. Jeder B�rger mu�te in den inneren Streitigkeiten eine bestimmte Partei ergreifen. Wer seine B�rgerpflichten vernachl�ssigte, verlor sein B�rgerrecht. Neben den (freien) B�rgern gab es in Attila noch sogenannte Schutzverwandte, nichtb�rgerliche Freie fremder Ab-stammung, die von Schutzherren, freien attischen B�rgern, in �ffentlichen Angelegenheiten vertreten wurden und selbst keine politischen Rechte be-sa�en. Nur zu Kriegsdiensten und au�erordentlichen Staatsleistungen wurden sie herangezogen. Sie trieben Handel und Gewerbe und waren nicht selten reiche Grundbesitzer. Den �brigen Teil der Bev�lkerung bildeten die Sklaven, die durch Kriegsgefangenschaft oder Kauf in den Besitz der B�rger gekommen waren.
3. Solons Ende und die Wirkung seiner Gesetze. Die Gesetze wurden auf h�lzerne S�ulen geschrieben und auf der Burg Akropolis aufgestellt. Das Volk gelobte, in zehn Jahren nichts daran zu �ndern. Solon machte darauf weite Reisen ins Ausland. In Athen aber schwang
sich der schlauePisistratus zum Alleinherrscher aus (560�527), �nderte 560 jedoch nichts an den solonischen Gesetzen. Er beg�nstigte Handel und Gewerbe und hob den Wohlstand. Er lie� herrliche Geb�ude auff�hren,
eine Bibliothek anlegen und Homers Ges�nge sammeln. Seine S�hne Hipparch und Hippias wandelten nicht in seinen Wegen. Hipparch wurde bei einem Festzuge ermordet und Hippias vertrieben (510). 510 Er floh nach Persien. Solon war 559 v. Chr. als achtzigj�hriger 559 Mann in Athen gestorben. Sein Wahlspruch soll gewesen sein: �Nichts zu viel."
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cm- Vergleichung der spartanischen und athenischen Gesetzqebuna. �
Wie haben sich Sparta und Athen danach entwickelt? � Warum verlie�en die berden Gesetzgeber ihre Heimat? - Was ist in der spartanischen und athenischen Jugenderziehung nachahmenswert, was nicht? - Was versteht man unter �lakonischer Kurze" und �attischem Salz" der Rede? � �Gedicht des Solon" von Geibel.
Sparta ��: � ^met' 850: Gr�ndung Karthagos. 820: Lykurg in
10- Die Perserkriege (500�449 v. Chr.).
1. Persische Eroberungslust und Rachsucht. W�hrend und nach der dorischen Wanderung hatten vertriebene Griechen Kleinasien mit einem Kranze bl�hender Ansiedelungen umgeben, die sp�ter unter persische Herrschaft kamen. Der Perserk�nig Darins Hystaspis wollte sein Reich noch weiter ausdehnen und durch Unterwerfung der griechischen Halbinsel seine Weltherrschaft vollenden. Er lie� zun�chst die Szythen im Donautieflande zur Unterwerfung auffordern. Diese schickten ihm einen Frosch, einen Vogel und einen Pfeil. Das sollte hei�en: �Wirst du nicht wie ein Frosch �ber unsere S�mpfe h�pfen oder wie ein Vogel fliegen k�nnen, so werden dich unsere Pfeile t�ten." Der darauf unter-nommene Zug mi�gl�ckte, da Darms aus Mangel an Lebensmitteln in dem verw�steten Lande bald wieder umkehren mu�te. Da riet der Athener Miltiades, der Beherrscher des thrazischen Chersones (westlich vom Hellespont), den jonischen Griechen, die Donaubr�cke, �ber welche der K�nig seinen R�ckzug nehmen mu�te, abzubrechen und ihn samt seinem Heere zu vernichten. Aber Histi�us, der Tyrann von Milet, vereitelte den Anschlag und rettete den K�nig. Dessen anf�ngliche Dankbarkeit verwandelte sich jedoch sp�ter in Undank. Deshalb reizte Histi�us die 499 kleinasiatischen Griechen zum Aufstande (499). Dieser wurde aber blutig unterdr�ckt. Weil bei dem Ausst�nde die europ�ischen Griechen ihren asiatischen Br�dern Beistand geleistet hatten, so sollten sie daf�r gez�chtigt werden. Aber eine Flotte unter Mardonins scheiterte am Berge Athos, und das Landheer konnte unter den wilden V�lkern Thraziens auch nicht 493 vorw�rts kommen (493). Die persischen Herolde welche �berall in Griechenland Erde und Wasser zum Zeichen der Unterwerfung forderten, wurden von den Spartanern in einen Brunnen, von den Athenern in einen Abgrund gest�rzt. Darius war so erz�rnt �ber die Griechen, da� er sich � nach einer Sage � t�glich von einem Sklaven zurufen lie�: �Herr, gedenke der Athener!"
2. Athens tapferer Widerstand bei Marathon (490). Datis und Artaphernes f�hrten nun (nach griechischen Angaben) 100000 Perser auf 600 Schiffen gegen Athen und landeten nach Unterwerfung 490 der Inseln auf der Ebene von Marathon (490). Obwohl Sparta seine Hilfe vor dem Vollmonde versagt hatte, f�hrte Miltiades dennoch fein kleines Heer, 9000 Athener und 1000 Plat�er, gegen den zehnmal st�rkeren Feind und besiegte ihn g�nzlich. In wilder Flucht suchten die Perser Rettung auf ihren Schiffen. In dem erbeuteten Lager fanden
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sich zahlreiche Ketten zur Fesselung gefangener Griechen und ein Mamor-block zu einem Siegesdenkmal. Nach der Schlacht erschienen die Spartaner, besahen das Schlachtfeld und zollten den Athenern hohes Lob. Nur 192 Tote hatten diese auf der Walstatt gelassen, dagegen waren 6400 Feinde gefallen. Den gefallenen Griechen wurden zehn Ehrens�ulen und den Siegern ein Marmordenkmal errichtet. -� Der edle Miltiades aber mu�te den Undank seiner Mitb�rger erfahren. Als ein Angriff auf die Insel Paros scheiterte, verurteilte man ihn in die Kosten. Der Schmerz dar�ber und eine Wunde f�hrten seinen Tod im Gef�ngnisse herbei. Sein Sohn Kimon bezahlte die Schnld.
3. Die gro�artigen R�stungen zum zweiten Kriege (480�479). 480 Mitten unter neuen R�stungen wurde Darius vom Tode �berrascht (485).
Sein prunks�chtiger Sohn ^erxes setzte sie fort. Er lie� eine Br�cke �ber den Hellespont schlagen. Da sie der Sturm zerst�rte, lie� er den Baumeister enthaupten, das Meer peitschen und Ketten hineinwerfen. Auf zwei Br�cken zogen dann in sieben Tagen und sieben N�chten gegen eine Million (?) Streiter nach Thrazien. Auf einem Throne hielt der eitle K�nig Heerschau und lie� die Scharen z�hlen, indem er sie in eine
Art H�rden treiben lie�. Gleichzeitig segelten �ber 1200 Schiffe durch das durchstochene Vorgebirge Athos.
In Athen stand damals der r�hrige, ehrgeizige Themistokles an der Spitze. Er einigte die einzelnen Staaten, baute eine Flotte, da das Orakel nur �hinter h�lzernen Mauern" Schutz verhie�, und lie� durch den Spartanerk�nig Leonidas den Engpa� von Thermopyl� zwischen dem �tagebirge und dem malischen Meerbusen, eine stellenweise nur wagenbreite Verbindung Thessaliens mit Hellas, bewachen.
4. Die todesmutigen Helden von Thermopyl� (480). Xerxes l�chelte ver�chtlich, als mau ihm meldete, da� ein H�uflein Griechen den Eingang nach Hellas verwehre. Er lie� ihnen die Waffen abfordern. �Komm und hole siel'' war die Antwort. �Unsere Pfeile werden die Sonne verfinstern!" prahlten die Perser. �So werden wir im Schatten fechten 1" erwiderten die Griechen. Zwei Tage w�hrte der Kampf; Leichenh�gel t�rmten sich auf; mit Peitschenhieben mu�ten die Perser ins Gefecht ge-trieben werden; sogar die Schar der 10000 Unsterblichen wurde zur�ckgeschlagen. Xerxes sch�umte vor Wut. Da zeigte ihm der griechische Verr�ter Ephialtes einen Weg �bers Gebirge in den R�cken der Griechen. Tapfer fechtend fielen die 300 braven Spartaner mit ihrem K�nige. Auch 700 Thespier hatten das Todeslos dem R�ckz�ge vorgezogen. Das Ge-d�chtnis der Gefallenen ehrte sp�ter ein eherner L�we mit der Inschrift: �Wanderer, sage dem Volke Laked�moniens, da� wir, seinen Gesetzen getreu, hier erschlagen liegen!"
5. Der gl�nzende Sieg von Salamis (4 80) und der Ausgang 480 der Perserkriege. Die Perser zogen nun heran und verbrannten Athen (480), die Bewohner aber fl�chteten nach der Insel Salamis. Gegen die kleine griechische Flotte segelte die gewaltige persische heran. In diesem Augenblicke der h�chsten Gefahr kehrte der verbannte Gegner des Themi-stokles, Ar ist i des, genannt �der Gerechte", zur�ck, um seinem Vaterlande
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beizustehen. Als viele Mutlose zum R�ckz�ge rieten, lie� Themistokles dem Xerxes sagen: �Die Griechen sind uneinig und sinnen auf Flucht. Greise sie an, und du wirst keinen Widerstand finden!" Um sich ben gewissen Sieg nicht entgehen zu lassen, lie� Xerxes die Griechen umzingeln und zu einem Kampfe auf Leben unb Tod n�tigen. Die Tapferkeit und Vaterlanbsliebe ber Griechen, ihre kleinen, beweglichen Schiffe unb bes Themistokles geschickte F�hrung erfochten ben gl�nzenbsten Sieg �ber bie Sklavenhorden und Schiffskolosse der Perser. Xerxes hatte von einer Felsenh�he den Kampf beobachtet und sich vor Schmerz unb Wut Haare unb Kleiber zerrauft. Er zog sich mit dem Reste seiner Schiffe nach bem Hellespont zur�ck, um dort bie Br�cken vor Zerst�rung zu sch�tzen. Im n�chsten Jahre vernichtete ber Spartanerk�nig Pausauias bas in Griechen-lanb zur�ckgebliebene persische Lanbheer unter Marbouius bei Plat�� 479 (479). An demselben Tage w�rbe eine persische Flotte bei Mykale an ber K�ste Kleinasiens von bem Spartaner Leothchibes unb bem Athener Xanthippus besiegt. Am Eurymebon in Kleinasien erfocht Kimon 46fi P Lanbe und zu Wasser einen gl�nzenden Doppelsieg �ber die
449 Perser (466). Nach vielen anderen Siegen starb er 449, und die K�mpfe hatten f�r l�ngere Zeit ein Ende. Griechenland war frei, m�chtig und hochgeehrt.
6. Das traurige Ende der Sieger. Der stolze Pausanias kn�pfte verr�terische Unterhandlungen mit den Persern an, w�rbe �ber-f�hrt nnb verhungerte in einem Tempel. Themistokles hatte Athen mit Mauern umgeben nnb ben Hafen Pir�us befestigt. Er w�rbe angeklagt, an der Verr�terei bes Pausanias teilzuhaben, unb zum Tode verurteilt. Ruhelos irrte er von einem Lande zum anbern, bis er enblich bei bem Perserk�nige in Kleinasien Schutz imb brei St�bte zum Unterhalte erhielt. Er hat sein Vaterland nie wiedergesehen. � Aristides, der auch ber vierten Klasse bas volle B�rgerrecht verschafft unb damit allen B�rgern
467 ben Zutritt zu allen �mtern erwirkt hatte, starb um biefe Zeit (467) in ber �u�ersten Armut, so ba� sein Begr�bnis unb bie Ausstattung seiner T�chter auf Staatskosten erfolgen mu�ten.
7. Das h�usliche Leben der Griechen. In Athen wie in Sparta lebten bie B�rger weit mehr au�erhalb als innerhalb bes Hauses. Klima, nat�rliche Anlagen unb rege Beteiligung bes S�bl�nbers am �ffentlichen Leben wirkten barans ein. Der Athener weilte, wenn ihn nicht Gesch�fte ober Krankheit an bas Hans fesselten, gern auf bem Markte ober auf ben pr�chtigen �ffentlichen Turnpl�tzen (Gymnasien). Dort erfuhr ober teilte er selbst Neuigkeiten mit, besprach mit Gleichgesinnten �ffentliche Angelegen-heiten, pflegte mit Vorliebe befonbers in ben Gymnasien k�rperliche �bungen unb erging sich hierauf wie zur Erholung in philosophischer Unterhaltung. Die �ffentlichkeit bes Lebens lie� bas Familienleben nicht aufkommen nnb bamit auch nicht bie Neigung, bie Wohnh�user �u�erlich unb innerlich schon zu gestalten. -Erst in sp�terer Zeit trieben Reichtum, Eitelkeit unb �ppigkeit bazn. Im allgemeinen waren bie Privatwohnungen von gro�er Einfachheit im Gegensatz zu ben �ffentlichen Bauten. Sie hatten meist ein Stockwerk mit zwei Abteilungen. Diese lagen um einen (vier-
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eckigen) Hof, bei den Wohnungen der Reicheren um zwei H�fe. Die vordere Abteilung nach der Stra�e zu enthielt die Gem�cher f�r die M�nner,
die hintere in der Regel die f�r die Frauen. In den H�fen, die von S�ulen umgeben waren, hielt man sich tags�ber auf. Das Licht erhielten die Gem�cher fast nur durch die T�ren, die nach den H�fen gingen. Fenster gab es nur wenige, und diese waren klein; auch sie gingen auf den Hof.
Der Fu�boden bestand aus Estrich. Die W�nde waren gew�hnlich aus Fachwerk und wei� ge-t�ncht, die D�cher flach. In der k�lteren Jahres-zeit wurde durch Kamine oder Kohlenbecken ae- ^ nz', � � heizt. Neben Eigenh�usern fanden sich �nch 22,-�. gr>�ch>sch-5 ya�5. Mietsh�user. � IS�.
Die Frauen nahmen in Sparta eine � 12"^'
geachtetere Stellung als in Athen ein; dort Wirtschaftsr�ume und durften sie �ffentlich erscheinen, hier lebten sie f. ti�ben�tmmer"
v�llig auf das Haus und die h�uslichen Be- h. ItSfeiter. sch�stiguugen angewiesen. Wollte sich in Sparta f Bestes Zimmer, ein J�ngling verm�hlen, so pflegte er � mit 1. Schlafzimmer der T�chter. Zustimmung der Eltern � das gew�hlte M�dchen zu entf�hren; in Athen vermittelte meist der Vater oder ein Verwandter die Heirat. In die Wagschale fiel hierbei das Geschlecht oder die H�he der Mitgift; eine Ehe zwischen B�rger und Nichtb�rgerin war rechtlich nn-g�ltig. Der Hochzeit mu�te die feierliche Verlobung vorangehen, wobei die Mitgift bestimmt wurde. Vor dem Hochzeitstage wurde den Schutz-g�tteru der Ehe ein Opfer dargebracht; an diesem Tage selbst f�hrte der Br�utigam die tiefverschleierte Braut gegen Abend auf einem Wagen in emem feierlichen Hochzeitzuge heim in sein festlich geschm�cktes Haus. Hier wurde das Hochzeitmahl abgehalten. Die Mutter der Braut z�ndete mit der am heimischen Herde in Brand gesteckten Hochzeitfackel das Feuer im neuen Haushalte an. Nach der Hochzeit wurden dem jungen Ehepaare Geschenke von Verwandten und Freunden dargebracht.
Die Kleidung wurde aus Wolle und Leinen verfertigt. Das Haupt-gewaud war f�r M�nner wie Frauen das lange, hemdartige, �rmellose Unterkleid, Chiton genannt. Dar�ber wurde das viereckige, faltenreiche Himation malerisch wie ein Mantel geworfen (siehe S. 54, das Bild von Sophokles). Auf Reisen und Kriegsz�gen kam ein weiter Mantel, dte Chlamys, dazu. Das Haupt blieb meist unbedeckt und wurde nur auf Reisen durch breitkrempige H�te aus Tierfellen oder spitze M�tzen gesch�tzt. Als Fu�bekleidung dienten Sandalen, d. h. anaeschn�rte Sohlen, aber auch Stiefel.
Als Speisen genossen die Griechen die Erzeugnisse ihres Landes: Brot, Fleisch, Eier, Fr�chte, Fische usw. und tranken gern den feurigen Wem der Inseln, besonders von Chios. Nur reiche Leute gaben zuweilen Schwelgermahle, zu denen fremde L�nder allerlei kostbare Leckerbissen senden
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 4
Grundri�.
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mu�ten. Kostbare Ger�te und Blumen schm�ckten den Tisch; Ges�nge und T�nze, die von Saiteninstrumenten, der Lyra und Kithara, und Fl�te begleitet wurden, erg�tzten die G�ste. Sie a�en liegend, st�tzten den linken Arm auf ein Polster und langten mit der rechten Hand zu. Messer und Gabel brauchten sie nicht, da die Speisen mundfertig aufgetragen wurden. Knochen, Krebsschalen und andere Abf�lle warfen sie unter den Tisch. Nach dem Essen wurden die H�nde gewaschen und mit T�chern abgetrocknet. Die Hauptmahlzeit wurde gegen Abend eingenommen.
Fragen: Worin bestand die griechische �berlegenheit? � Warum wurden in Athen durch den Ostrazismus oder das Scherbengericht M�nner, deren Ansehen zu hoch gestiegen war, auf zehn, sp�ter f�nf Jahre verbannt? � Welches sind die Fr�chte der Perserkriege? � Welche Bedeutung haben folgende Regierungs-formen: Monarchie, Aristokratie (Adels-Herrschaft), Oligarchie (Ausartung der Adelsherrschaft), Demokratie (Volksherr-fchaft), Ochlokratie (Ausbreitung der Demokratie) und Tyrannis (1. Allein-Herrschaft eines Volksf�hrers, 2. Willk�rherrfchaft)? � Was bef�rderte die �ffentlichkeit des Lebens in Griechenland? � Welche Nachteile hatte ein solches Leben? � Wie wurde eine griechifche Hoch-zeit, wie ein Gastmahl gehalten? � Welche Kleidungsst�cke trugen M�nner und Frauen? � Schillers �Ring des Polykrates" (Tyrann der Insel Samos 535�522 v. Chr.). � �Arion" von Schlegel und Tieck (Tyrann Periander von Korinth um 600 v. Chr.). � �Die Ebene von Mara-thon" von Geibel. � �Griechischer Heldensinn" von Pfizer. � �Die Thermopylen-k�mpfet" und �Auf die bei Thermopyl� Gefallenen" von Geibel. � �Salamis" von Liugg. � �Das Grab des Themistokles" und �Der Sieg am Eurymedon" von Geibel.
11. Perikles und das goldene Zeitalter. Ilkibiades und der verfall.
I. H>eriktes.
1. Der vornehme Volksfreund. Perikles war der Sohn des Xan-thippus, des Siegers von Mykale. Obwohl aus vornehmem Geschlechte, 468 hielt er es doch mit dem Volke. Sein aristokratischer Gegner Kimon bis wurde durch das Scherbengericht verbannt. Perikles beherrschte (468 bis 429 429) durch seine Weisheit, Uneigenn�tzigst, Freundlichkeit und hinrei�ende
3^. Griechische Frau in Mantel und Ejut.
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Beredsamkeit fast unbeschr�nkt das Volk. Seine Freundin und sp�tere Gattin Aspasia zeichnete sich durch Sch�nheit, politische Einsicht und Klugheit aus.
2. Der einsichtige Staats-mann. Perikles erstrebte eine allge-meine Teilnahme s�mtlicher B�rger an den Staatsangelegenheiten und suchte die Volksherrschaft v�llig durch-zuf�hren, wobei er allerdings die Leitung behielt. Um auch den �rmsten B�rgern die Teilnahme an den �ffentlichen Angelegenheiten zu er-m�glichen, f�hrte er als Entsch�di-gnng f�r die im �ffentlichen Dienste aufgewendete Zeit einen Staatssold ein. So wurden die B�rger f�r die Beteiligung an den Gerichten, den Besuch der Volksversammlung und den Kriegsdienst vom Staate bezahlt.
Dem Areopag, welcher ihm ent-gegentrat, nahm er wichtige Befugnisse. Bei dieser �nderung der inneren Angelegenheiten verga� er aber nicht die �u�eren. Er st�rkte die Kriegs-macht der Athener, indem er besonders die Schiffe vermehrte und ver-besserte, und brachte den fr�her zwischen den K�sten- und Jnselst�dten des �g�ischen Meeres geschlossenen attischen (jonischen) Bund in v�llige Abh�ngigkeit von Athen. Alle Bundesgenossen hatten zuerst eine bestimmte Anzahl Schiffe zur Bundesflotte gestellt, zahlten dann aber j�hrlich 600 Talente*) (je 4700 Mk.) in die Bundeskasse. Diese war erst auf der Insel Delos und wurde anfangs durch den seiner Recht-schaffenheit wegen hoch geachteten Aristides verwaltet. Sp�ter (460) 460 wurde der reiche Bundesschatz nach Athen verlegt. Durch die willk�rliche Verwendung der Bundesgelder wuchs die Macht Athens, so da� es zu-
letzt die Beherrscherin der Meere und der verb�ndeten Staaten wurde. Die Sicherheit von Stadt und Hasen erh�hte Perikles durch die Voll-endnng der langen Mauern zwischen Stadt und Meer, die schon Kimon zu bauen begonnen hatte.
3. Der kunstsinnige Versch�nerer Athens. Perikles widmete den K�nsten eifrige Pflege und verwandte auf Athens Versch�nerung gro�e Summen aus den Staatsmitteln. Es entstanden pr�chtige Geb�ude, �ffent-liche Pl�tze und sch�ne Anlagen. Auf der Akropolis (Burg) wurde der Parthenon, ein Tempel der Athene, der auch die Schatzkammer des Bundes enthielt, erbaut. Darin stand die aus Gold und Elfenbein von
m/V XaIe"t = 60 Minen, 1 Mine = 100 Drachmen, 1 (Silber-)Drachme (79 Pfg.) ---- 6 Obolen.
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35. perikles.
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Phidias gefertigte Bilds�ule der G�ttin. Den Eingang der Akropolis bildeten die pr�chtigen Propyl�en, ein Marmorbau mit zwei Fl�gel-geb�nden und einem S�ulentore mit f�nf Durchg�ngen, zu denen eine breite Marmortreppe von der Stadt hinauff�hrte. Auch das Odeon, ein bedeckter Rundbau, wurde f�r Musikfeste erbaut. � Das Erechtheion (stehe Nr. 36 links von den Propyl�en) auf der Akropolis, ein Heiligtum der Athene, des Zeus und anderer G�tter, wurde erst nach Perikles wieder pr�chtig aufgef�hrt. Das steinerne Theater, das sich zu Perikles'Zeiten lebhaften Zuspruchs bei den Auff�hrungen von Werken der gro�en dra-matischen Dichter erfreute, lag am S�dostabhange der Burg. Es konnte �ber 20000 Menschen fassen, hatte wie alle Theater der Griechen die Form eines Halbkreises und war oben offen. Die auf Mauerwerk erh�hte B�hne (Prosceninm), auf der die Schauspieler sich bewegten, lag am Durch-mefser des Halbkreises und hatte auf der Hinterwand mancherlei Aus-schm�ckungen. Davor lag nach dem Zuschauerraum ein etwas tieferer Platz, die Orchestra, auf welchem der Chor sich bewegte und durch Musik, Gesang, Tanz und Geb�rdenspiel das Schauspiel begleitete. Er trat durch einen Eingang seitw�rts ein und verweilte w�hrend des ganzen St�ckes auf der Orchestra, wie die Schauspieler auf der B�hne. Alle Rollen wurden von M�nnern gefpielt, wie auch die Zuschauer meist M�nner waren. Die Schauspieler trugen Masken und gingen oft auf hohen Schuhen, dem Kothurn, so da� der Leib ein Riesenma� zu haben schien. Der dritte Hauptteil des Theaters war der Zuschauerraum. Er be-stand aus halbzirkelf�rmigen Reihen von Sitzen, die stufenf�rmig und mit gemeinsamem Mittelpunkte hintereinander aufstiegen, auf St�tzen ruhten und von allen Seiten den freien Blick auf die B�hne und Orchestra ge-w�hrten. Waren die Sitzreihen an Bergh�nge angebaut, so wurden sie aus dem nat�rlichen Boden herausgearbeitet. Jedenfalls haben auch die Frauen Zutritt zum Theater gehabt, wenngleich getrennt von den M�nnern. Da die Vorstellungen fr�h begannen und lange dauerten, so a� und trank man im Theater. Gefiel ein Darsteller, so kargte man nicht mit H�ndeklatschen und lauten Zurufen, den Zeichen des Beifalls; im Gegenteil wurde laut gepfiffen und gepocht. Gegen die Sonne suchte man sich durch breitrandige H�te, gegen den Regen durch M�ntel zu sch�tzen.
F�r die �ffentlichen Geb�ude hatte sich nach und nach ein besonderer S�ulenbau nach bestimmten Gesetzen ausgebildet. Man unterscheidet da-nach drei verschiedene Stilarten oder S�ulenordnungen: die dorische, die jonische und die korinthische.
Die dorische besteht aus zwei Teilen, dem Schaft und dem Kapit�l (S�ulenknopf), welcher das Geb�lk tr�gt. Der Schaft ist kurz und ge-druugeu. Die jonische S�ule, die sich ait der K�ste Kleinasiens entwickelt hat, und die ihr verwandte korinthische haben au�er Schaft und Kapit�l noch eine Basis. Beide S�ulen sind schlanker und anmutiger als die dorische und weisen eine reiche Verzierung des Kapit�ls auf. die jouifche den sogenannten Eierstab, die korinthische den Blumenkelch (aus Akauthusbl�tteru). Alle drei S�ulen sind mit Kauuelierungen (senkrecht laufenden Vertiefungen des Schaftes) versehen.
Erechtheion. Athene. Propyl�en. Parthenon.
36. Die Akropolis in Athen. (Nach Bohns Rekonstruktion in Lannitz' Wandtafeln.)
4. Die Bl�tezeit der K�nste und Wiffenschaften. Athen wurde damals der Mittelpunkt der griechi-scheu Kunst und Wissenschaft. Unter den hervorragenden K�nstlern jener Zeit nimmt Phidias, der Sch�pfer des Zeus in Olympia und der Athene im Parthenon, die erste Stelle ein. Andere Werke von ihm waren die ge-waltige eherne Bilds�ule der Athene auf der Akropolis und die Giebel-gruppeu und Reliefs am Parthe-non. Ein vielseitiger K�nstler, nicht blo� Bildhauer, sondern auch Gie�er, Baumeister und Maler, fand er gro�e Anerkennung, bis es seinen Feinden durch schwere Verleumdungen gelang, ihn zu st�rzen. Es hie�, er habe Gold unterschlagen und durch seine wie des Perikles ungeb�hrliche Verherrlichung die G�tter gel�stert. Jus Gef�ngnis geworfen, starb er dort bald als ein Opfer des Undanks und Grams.
Nach Phidias hat im 4. Jahrhundert hohen Ruhm als Bildhauer Praxiteles (f 320 v. Chr.) erworben. Er stellte anmutige G�tterbilder in Erz und Marmor dar, so den in Olympia gefundenen Hermes. Be-r�hmt unter den plastischen Kunstwerken 37. Sophokles. ist auch die Gruppe der Niobe und
ihrer Kinder durch den Ausdruck uu-s�glichen Schmerzes. Weil sie sich stolz ihres Muttergl�ckes ger�hmt hatte, darum t�teten die neidischen G�tter ihre Kinder mit Pfeilsch�ssen. Eins der �7 Wunderwerke der Welt" war das Mausoleum oder Grabdenkmal, das die K�nigin Artemifia (in der Mitte des 4. Jahrhunderts) ihrem Gatten Man so Ins von Karien in Kleinasien errichtete. Es war gegen 50 m hoch und hatte �ber der Grabkammer einen Tempel und dar�ber eine Stufenpyramide, die ein Viergespann trug.
Ein Zeitgenosse des Phidias war Polygnot, der erste bedeutende griechische Maler. Seine Bilder f�r die Gem�ldehalle in Athen, besonders das von der Schlacht bei Marathon, wurden wegen der gro�en �hnlichkeit der dargestellten Hauptpersonen viel gelobt. Etwas sp�ter (um 400 v. Chr.) lebten die beiden vielgenannten Maler Zeuxis und sein Nebenbuhler Parrhasius, der erste ein Meister in der Farbengebnng, der andere in der Zeichnung. In dem bekannten Wettstreit der beiden soll Zeuxis durch seine gemalten Weintrauben die V�gel angelockt, Parrhasius aber mit
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seinem geschickt gezeichneten Vorhange sogar den Zenxis get�uscht haben. Der hervorragendste Maler der Griechen war Apelles, ein Zeitgenosse Alexanders des Gro�en Seine Meisterwerke waren die aus dem Meere auftauchende Aphrodite und eine Artemis, von opfernden Jungfrauen um-geben. Man r�hmte an ihnen die Natur-Wahrheit und die Grazie. Die Bilder wurden entweder auf die Wand (Freskomalerei)
oder auf Holztafeln gemalt. Der Pinsel soll erst um 400 erfunden sein; vorher zeichnete man die Umrisse in die Farben der Tafel.
In der Dichtung er-reichte das Drama seinen h�chsten Stand. Der Begr�n-der der attischen Trag�-die ist �schylus (f 456 v.Chr.), der gegen 80 Trauerspiele geschrieben haben soll.
Davon sind uns 7 erhalten geblieben, darunter �Aga-memnon", �Die Eumeniden",
�Die Perser", �Die Sieben gegen Theben", �Der ge-fesfelte Prometheus". In allen waltet unerbittlich das Schicksal (die unergr�ndliche g�ttliche Macht), und alle zeigen �schylus als einen Dichter voll sittlichen Ernstes und gro�er Erhabenheit.
Sophokles (f 405 v. Chr.), der Vollender der attischen Trag�die, zeichnet sich aus durch idealen Schwung, kunstvoll gesch�rzte Handlung und reiche wie tiefe Charakterentwicklung. Mehr als zwanzigmal soll er den ersten Preis davongetragen haben. Leider sind von den mehr als 100 Dramen, die er geschrieben haben soll, nur 7 auf uns gekommen, darunter �Antigene", �K�nig �dipus", �Elektro", �Ajax", �Philoktet".
Einen Gegensatz zu Sophokles bildet Euripides (f 406 v. Chr.). Er schildert die Menschen, wie sie sind; die Handlung ist ihm Nebensache; er will vorzugsweise die vorgef�hrten Personen so darstellen, da� sie Mit-leid und R�hrung erregen. Die wichtigsten von seinen 19 erhaltenen Dramen sind �Iphigenie in Aiilts", �Medea", �Ph�dra". Ein scharfer Beobachter seiner Zeit und einer der gr��ten Lustspieldichter aller Zeiten war Aristo pH an es (f 385 v. Chr.). Er gei�elte in seinen 44 Kom�dien, von denen noch 11 vorhanden sind, �ffentliche Pers�nlichkeiten, Philo-sophen, Dichter und sittliche Sch�den. So verspottete er in den �Rittern"
38. Dorische S�ule.
39. Ionische 40. Konntt;i|ctjc S�ule. S�ule.
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den Volksaufwiegler Kleon (f. Abschn. 6), in den �Wolken" Sokrates in den �Fr�schen" Euripides und in den �Wespen" die Proze�sucht der Athener. Den gro�en Dramendichtern reiht sich ebenb�rtig der Lyriker Pindar an (f 448 v. Chr.). Seine Siegeshymnen zu Ehren der Sieger in den Wettk�mpfen zeichnen sich durch hohen Wohllaut der Sprache und tiefe Gedanken aus.
Unsterbliche Geschichtswerke verfa�ten Herodot, der �Vater der Geschichte (f 425 v. Chr.), und Thukydides, ein hochbegabter Staats-mann (f nach 400 v. Chr.). Bon jenem haben wir noch die �Geschichte der Perserkriege" (bis zum Jahre 479 b. Chr.), von diesem die .Geschichte des Peloponnesischen Krieges", die als Muster der Geschichtschreibung gilt. Er schrieb sie nach seiner langj�hrigen Verbannung aus Athen.
In der Philosophie wies Sokrates (S. 59) auf neue Bahnen, indem er das Interesse der Denkenden von den Fragen nach der Ent-stehung der Welt aus das geistig-sittliche Leben der Menschen lenkte. Er leitete in entwickelnder Lehrweise an, das Wesen der Dinge zu untersuchen, und lehrte, da� die Tugend in der Erkenntnis beruhe und lehrbar, die Seele aber unsterblich sei.
5. Der freundliche Begl�cker des genu�frohen Volkes. Kimons Siege hatten viel Beute aus Asien und von den Inseln nach Athen ge-bracht. Der lebhafte, ausgebreitete Handelsverkehr h�ufte immer mehr Reicht�mer zusammen. Es wurden h�ufig Feste gefeiert und Gelder unter das Volk verteilt. Au�erdem fand jeder, der arbeiten wollte, lohnende Besch�ftigung. Das Streben nach sinnlichen und geistigen Gen�ssen stieg. Bis in die untersten Schichten bildete sich ein Sinn f�r sch�nen Lebens-genu� aus. Die Theater wurden flei�ig besucht und die Werke der Kunst bewundert. Durch die eifrige Beteiligung an den Volksversammlungen und Theaterbesuchen entw�hnten sich die freien B�rger mehr und mehr der geregelten Arbeit; sie erschien eines freien Mannes unw�rdig, und Sklaven mu�ten sie besorgen.
6. Der Peloponnesische Krieg und Perikles' Ende. Spartas Neid auf Athens Gr��e und die Unzufriedenheit der Bundesgenossen �ber Athens Herrschsucht f�hrten endlich zu dem verheerenden Peloponnesi-
431 schert Kriege (431�404). Die Athener hatten das �bergewicht zur bis See, die Spartaner zu Laude. Unter gegenseitigen Verheerungen verstrichen 404 die ersten zehn Jahre des Krieges. Bald nach seinem Beginn biach in Athen eine Pest aus und raffte Massen des zusammengedr�ngten Volkes hinweg. Vergebens bot der Arzt Hippokrates seine Kunst auf. Nach rastloser T�tigkeit bei der Verteidigung seiner Vaterstadt und nach dem Verluste seiner beiden S�hne ward auch Perikles das Opfer der Seuche 429 und erfahrener Kr�nkungen (429). Nach ihm ri� der Gerber Kleon das Volk zu tollen Ma�regeln hin. Als er und auch der spartanische An-421 f�hrer Brasidas in der Schlacht gefallen waren, vermittelte Nikias einen Frieden, der sechs Jahre Bestand hatte.
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II. Atki�iades.
1. Der leichtfertige Sch�r er des Krieges. Alkibiades in seiner gl�nzenden Begabung und seinem grenzenlosen Leichtsinne war das Abbild des athenischen Volkscharakters. Er war jung, sch�n, vornehm, reich und beredt, aber auch ausschweifend, ehrgeizig, leichtsinnig und wankelm�tig.
Als den Knaben beim Spiel auf der Stra�e ein Wagen st�rte, warf er sich vor die R�der und rief dem Fuhrmanne zu: �Nun fahre zu!" � Er weigerte sich, Fl�te blasen zu lernen, weil dies das Gesicht entstelle. �Die Thebaner m�chten Fl�te blasen, Athener m��ten reden lernen!" � Seinen tenern, sch�nen Hund, an dem alle ihre Freude hatten, verst�m-melte er aufs h��lichste, um von sich reden zu machen. � Aus demselben Grunde schickte er sieben kostbare Gespanne zu den olympischen Spielen, von denen drei den Preis gewannen. � Einst belustigte er sich damit,
Geld unter das Volk zu werfen. Als sich alle darum rissen, lie� er Pl�tz-lich eine Wachtel fliegen und versprach dem einen hohen Preis, der sie wiederbringen w�rde Sofort rannte alles in wildem Jagen der Wachtel nach. � Ein andermal wettete er, einem angesehenen Greise auf der Stra�e einen Backenstreich zu versetzen. Er f�hrte die freche Tat auch unter dem Unwillen der Menge aus. Am n�chsten Tage bat er den Be-leidigten dem�tig um Verzeihung und bot ihm den entbl��ten R�cken f�r die wohlverdienten Gei�elhiebe dar. Der Greis verzieh ihm, gewann ihn lieb und gab ihm fp�ter seine Tochter zur Frau. � Der einzige Mann, dem er Achtung und Zuneigung bewies, war der weise Sokrates. Dieser rettete ihm bei einer Belagerung das Leben. Dagegen wurde Alkibiades der Retter des Sokrates in einer Schlacht.
Seine Sucht, eine Rolle zu spielen, war auch die Veranlassung zum Wiederausbruch des Peloponnesischen Krieges. Die von Syrakus unter-dr�ckte Stadt Segesta auf Sizilien bat Athen um Hilfe. Man z�gerte,
aber die feurige Beredsamkeit des Alkibiades besiegte alle Bedenken. Das sch�nste Heer, von den drei Feldherren Alkibiades, Nikias und La-machns befehligt, schiffte sich auf 100 Fahrzeugen ein und segelte nach Sizilien ab. Da aber vor der Abfahrt die Hermess�ulen verst�mmelt und andere Frevel ver�bt worden waren, so fiel der Verdacht auf Alki-biades. Er wurde zur�ckgerufen, kam aber nicht, sondern floh zu den Spartanern und reizte sie zum Kriege. Ein spartanisches Heer schlug die Athener auf Sizilien zu Wasser und zu Lande, schlo� ihre Flotte ein und nahm den Rest ihres Heeres gefangen. Nikias wurde in Syrakus hin-gerichtet; der Feldherr Lamachus war vorher gefallen. 7000 Gefangene wurden in die Steinbr�che eingeschlossen, wo sie gr��tenteils elend um-kamen (413). 413
2. Der k�hne Parteig�nger und Athens Wankelmut. In Sparta beleidigte Alkibiades alle Welt durch seinen �bermut; den K�nig h�hnte er sogar auf offener Stra�e. Als Ha� und Verdacht gegen ihn wuchsen,
floh er zu dem persischen Statthalter nach Kleinasien und warb f�r ein B�ndnis mit Athen. Bald darauf riefen ihn die Athener zur�ck und damit das Gl�ck. Er erfocht den gl�nzenden Sieg bei Kyzikns (410) 410
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und zog im Triumph in Athen ein. Weil aber sein Unterfeldherr ein Gefecht verlor, so kehrte sich der Volksunwille wieder gegen ihn und n�tigte ihn zur Flucht. Er ging nach Thrazien.
3. Der verbannte Feldherr und Athens Fall. Zehn unf�hige Feldherren wurden nun an die Spitze gestellt. Sie gingen am Ziegenflu� (�gospotamos) an der thrazischen K�ste vor Anker. Gegen�ber lag
405 die spartanische Flotte in stolzer Ruhe und lie� sich durch nichts zu einer Schlacht bewegen. Die Athener wurden sorglos und zerstreuten sich an der K�ste. Alkibiades, der in der N�he eine Zufluchtsst�tte gefunden hatte, machte die F�hrer vergeblich auf die ung�nstige Stellung der athe-Titschen Flotte aufmerksam. Da �berfiel sie Pl�tzlich der Spartaner Ly-s and er, vernichtete in einer Stunde die Flotte und zwang das Landheer zur Waffenstreckung. Athen wurde nun zu Wasser und zu Lande ein-404 geschlossen und endlich durch Hunger zur �bergabe gezwungen. (404.) Die Selbst�ndigkeit Athens h�rte auf. Die langen Mauern wurden nieder-gerissen, die Flotte weggef�hrt und die Regierung 30 Tyrannen �bergeben, die mit Willk�r und H�rte hausten. � Unter den H�nden ihrer Meuchelm�rder fiel auch Alkibiades in Kleinasien, einst der Abgott des Volkes und zuletzt von Freund und Feind geha�t und verraten.
4. Xenophon, der ber�hmte F�hrer der Zehntausend. In dieser Zeit war Cyrns der J�ngere persischer Statthalter in Kleinasien. Er emp�rte sich gegen seinen Bruder, den persischen K�nig Artaxerxes. und gedachte ihn vom Throne zu sto�en. Ihn begleitete auf feinem Kriegs-zuge der ber�hmte griechische Geschichtsschreiber Xenophon mit 10000 griechischen S�ldnern. Das Unternehmen mi�gl�ckte, und Cyrns fiel 401 in der Schlacht bei Knnaxa (zwischen Enphrat und Tigris) im Zweikampfe mit seinem Bruder. Hierauf f�hrte Xeitophou die Zehntausend vom �stlichen Ufer des Tigris durch feindliche Heere und unwirtliche Gegenden unter tausend Gefahren und vielen Entbehrungen �ber 800 Stunden weit zur�ck bis an das Schwarze Meer. Als sie es erblickten, stie�en sie den Freudenruf aus: Thalatta, Thalatta! (�Die See, die See!") Von den �Zehntausend" waren 6000 �brig geblieben. Der meisterhaft geleitete, heldenm�tige R�ckzug hatte gezeigt, wie �berlegen der griechische Geist und Mut der persischen Schw�che und Prahlerei war. Xenophon hat diesen ber�hmten R�ckzug in seinem Buche �Anabasis" beschrieben.
Fragen: Welche Umst�nde bef�rderten die Bl�te der griechischen Kunst? � Warum wurde die Redekunst eifrig gepflegt?--Welche Zweige der Kunst unter-scheidet man? � Wie waren die griechischen Theater und die Auff�hrungen darin? (Schillers �Kraniche des Jbykus".) � Welches sind die Ursachen von Athens Fall?
12. Der welweift Sskrates in �then.
1. Der schlichte, edle Mann. Er war der Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme Wie jeder Grieche, hat auch er dem Vaterlande als Krieger gedient. Er k�mpfte in drei Feldz�gen. In einer Schlacht rettete er dem Alkibiades das Leben. Im 30. Jahre verlie� er die Werkst�tte und widmete sich nun ausschlie�lich dem Studium der Philosophie oder
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Weltweisheit, die dem Urgr�nde der Dinge nachforscht. Bewundernswert war die Reinheit seines Charakters, die Ruhe seines Gem�tes und der uneigenn�tzige Trieb, Gutes zu tun. Seine nat�rliche Heftigkeit z�hmte er durch Strenge gegen sich selbst. Mit der geringsten Kost war er zufrieden. Schuhe trug er nicht. Ein schlichter Mantel war seine Kleidung. Er liebte die gr��te Einfachheit, tadelte aber die zur Schau getragene Ver-nachl�fsignng der �u�ern Ordnuug. �Aus den L�chern deines Mantels schaut die Eitelkeit!" sagte er zu An-tistheues. Zu einem sch�nen J�ng-ling, der aber schmutzige Reden f�hrte,
sagte er: �Sch�me dich, aus elsen-beinerner Scheide eine bleierne Klinge zu ziehen 1" Hunger und Durst, Frost und Hitze, Entbehrung undAnstrengung ertrug er mit Gleichmut. Durch Ab-H�rtung hatte er seinen K�rper zum gehorsamen Diener seiner Seele ge-macht. Als ein vornehmer Athener das teure Leben in Athen beklagte,
zeigte ihm Sokrates, wie billig man leben k�nne, wenn man nur wolle.
Eine best�ndige �bung in der Geduld war f�r ihn sein z�nkisches Weib Tan-thippe. Als sie ihm einst nach einer Scheltflut auch noch Wasser nach-sch�ttete, sagte er l�chelnd: �Dachte ich's doch, da� nach dem Donner Regen folgen w�rde!"
2. Der weise Lehrer. Eine Schar strebsamer J�nglinge sammelte sich um ihn und lauschte seinen Worten auf Spazierg�ngen, am Meeres-nfer und auf dem Markte. Euklid es kam t�glich drei Stunden weit von Megara. Durch Fragen und Einw�rfe leitete Sokrates die Sch�ler an, die Wahrheit selbst zu finden. Die Selbsterkenntnis war ihm die h�chste Weisheit; daher mahnte er immer: �Lerne dich selbst kennen!" Als ihn das Orakel den weisesten Mann Griechenlands nannte, meinte er: �Meine Weisheit besteht in der Erkenntnis, da� ich nichts wei�!" Die Tugend galt ihm als der einzige Weg zum wahren Gl�ck. Er war �berzeugt, da� �ber den G�ttern, die sein Volk verehrte, eine h�chste allwissende Gottheit stehe, die sich durch die mahnende und warnende Stimme des Gewissens im Menschen offenbare. Was er lehrte, das �bte er auch im Leben.
3. Der geduldige M�rtyrer. Seine gr��ten Feinde waren die Sophisten, Lehrer der Weltweisheit und Beredsamkeit. Sie unterwiesen f�r Geld in der Philosophie und Beredsamkeit. Der Grundsatz ihrer Philosophie lautete: �Der Mensch ist das Ma� aller Dinge." Ihre Beredsamkeit hatte den Zweck, je. nach Bedarf f�r oder gegen jeden be-liebigen Gegenstand reden zu k�nnen. Ihre Kunst war blo�e Sch�nrederei, eine Dienerin der UnWahrhaftigkeit und Selbstsucht. Sokrates in seiner Wahrheitsliebe schonte sie nicht. Da klagten sie ihn an, da� er die heimischen
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G�tter verachte, neue G�tter einf�hre und die Jugend verf�hre. Durch seinen edlen Stolz und seine schneidige Verteidigung, welche die Ankl�ger und Richter scharf traf, reizte er diese so, da� sie ihn zum Schierlingsbecher verurteilten. Heiter ging der Greis in das Gef�ngnis. Jeden Flucht-versuch verschm�hte er. Noch 30 Tage lang unterwies er seine Sch�ler Den letzten Tag redete er viel �ber die Unsterblichkeit der Seele. ,Ach da� du unschuldig sterben mu�t!" klagte einer der Sch�ler. �Wolltest du lieber, da� ich schuldig sei?" antwortete er.
Ruhig trank er den Giftbecher, ging umher, bis die F��e schwer wurden, und streckte sich dann auf feinem Lager aus. Sein letztes Wort war: �Vergi� nicht, o Kritias, dem Asklepios (dem Gott der Heilkunde) einen Hahn zu opfern; wir sind ihm einen schuldig!" So starb der 399 beste aller M�nner des Altertums (399).
b'4. Die ber�hmtesten Sch�ler des Meisters. Sie weckten durch ihre Schriften erst das rechte Verst�ndnis f�r ihren trefflichen Meister haupts�chlich Platon. Platon ist ber�hmt als Philosoph, Xenophon als Geschichtsschreiber, Antisthenes als Gr�nder der zynischen Schule die in der Bed�rfnislosigkeit das h�chste Lebensgl�ck sah.
5. Diogenes, �der rasende Sokrates". Die Epiknr�er lehrten m jener Zeit nach ihrem Meister Epikur, da� im Genie�en der rechte Gebrauch des Lebens bestehe. Dagegen lehrten Zenon und seine An-H�nger, die Stoiker, da� in der Entsagung und dem Gleichmut der Seele die wahre W�rde des Menschen liege. Am weitesten trieb dies der Cyniker D i o g e n e s aus S i n o p e. Er wollte zum Naturzustande zur�ckkehren und lehrte: �Wer am wenigsten bedarf, ist der Gottheit am n�chsten." Seine Wohnung war ein Fa�. sein einziges Ger�t ein Becher. Da er einen Knaben ohne Becher trinken sah, warf er den feinen auch fort. Bei Tage suchte er einst im Marktgew�hl mit einer Laterne nach � �Menschen"! Als er sich vom K�nige Alexander eine Gunst erbitten sollte, bat er: �Geh mir ein wenig aus der Sonne!' Alexander sagte nach seiner Unterhaltung mit ihm: �Beim Zeus, wenn ich nicht Alexander w�re, so m�chte ich wohl Diogenes sein!"
Fragen: Warum verurteilten die Richter den gerechten Sokrates? � Worin besteht die somatische Methode? � Was ist nachahmenswert an Sokrates? � Was bedeuten die Ausspr�che des Diogenes? � Beispiele von Undank aus der griechischen Geschichte und ihre Ursachen!
13. Epmninondas in Theben.
1. Er bereitet die Befreiung Thebens still und weise vor. Nach der Niederwerfung Athens gewann die spartanische Herrschaft in Griechen-land die Oberhand; aber bald dr�ckte das spartanische Joch h�rter als das athenische. Die Unzufriedenheit der schw�cheren Staaten wuchs und wurde von den Persern gesch�rt. In Athen wurden die 30 Tyrannen vertrieben und mit persischem Gelde die langen Mauern wiederhergestellt. Trotz der Siege des Agesilaus in Kleinasien mu�te Sparta mit Persien den schimpf-387 liehen Antalkidischen Frieden schlie�en (387), der die kleinasiatischen
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Griechen wieder den Persern �berlieferte. Um so r�cksichtsloser verfuhr Sparta in Griechenland. Der spartanische Feldherr Ph�bidas besetzte die Burg Kadmea in Theben (383), bedr�ckte mit den dortigen Partei- 383 genossen die Stadt und vertrieb die besten M�nner. Nur der edle Epa-minondas durste zur�ckbleiben, weil er wegen seiner Armut und seiner Besch�ftigung mit K�nsten und Wissenschaften nicht gef�hrlich erschien. Er sammelte die thebanischen J�nglinge zu Turn- und Waffen�bnngen um sich. Daraus entstand sp�ter die heldenm�tige �heilige Schar". Bald sollte die Stunde der Befreiung schlagen.
2. Er f�hrt sie mit Pelopidas mutig durch (379). Der reiche 379 und feurige Pelopidas begab sich mit mehreren Genossen in J�ger-kleidung bei einem Schneegest�ber nach Theben und vereinigte sich dort
mit anderen Verschworenen. Sie t�teten die Gewalthaber bei einem Mahle nnd lie�en die Freiheit ausrufen. Alle Vertriebenen kehrten zur�ck. Die Seele der neuen Regierung wurde der arme, bescheidene, gerechte, edelm�tige und weise Epaminondas. Durch ihn und Pelopidas wurde die spartanische Hegemonie oder Vorherrschaft gebrochen und Theben an die Spitze der griechischen Staaten gestellt.
3. Er siegt als umsichtiger Feldherr bei Leuktra (371). Nach 371 mancherlei K�mpfen mit Sparta kam es zur Schlacht bei Leuktra. Das Feldherrntatent des Epaminondas siegte durch die von ihm erdachte schiefe Schlachtordnung �ber die bisher unbesiegten Spartaner. Jubel erf�llte ganz Griechenland �ber die Niederlage des stolzen Sparta.
Drei Einf�lle machte Epaminondas in den Peloponnes, ohne jedoch das mauerlose Sparta gewinnen zu k�nnen. Der lahme, achtzigj�hrige K�nig Agesilaus war auf der Hut. Doch stellte Epaminondas die Selb-st�ndigkeit der unterdr�ckten Messenier wieder her, vereinigte Arkadien zu einem Gesamtstaate und gr�ndete in beiden Staaten neue Hauptst�dte. Spartas Macht und Ansehen wurde dadurch unheilbar gesch�digt.
Pelopidas hatte auch nach Norden die Macht der Thebaner ausgedehnt und sich zum Schiedsrichter von Thessalien und Mazedonien gemacht. Der edle Held fiel aber siegend an der Spitze seiner 300 Reiter in einem m�rderischen Kampfe gegen den Tyrannen Alexander von Pher� (370).
4. Er f�llt als unbesiegter Held bei Mantiuea (362). Zum 362 vierten Male fiel Epaminondas in den Peloponnes ein und stand schon
in der N�he des unbefestigten Sparta, als der herbeigeeilte Agesilaus ihn abermals zum R�ckz�ge zwang. Bei Mantinea kam es zn einer hart-n�ckigen Schlacht, in der die Thebaner siegten, aber Epaminondas fiel. Ein Wurfspie� war in seine Brust gedrungen. Der Held wurde aus dem Gefecht getragen. Da er um seinen Schild besorgt war, reichte man ihm diesen, und er k��te ihn. Als er erfuhr, da� die Spartaner zur�ckgingen, sprach er: .,Jch habe genug gelebt, denn ich sterbe unbesiegt!" Als er nach den beiden f�higsten F�hrern fragte und ihren Tod erfuhr, sprach er: �So rate ich den Thebanern, da� sie Frieden schlie�en!" Als seine Freunde klagten: �O, da� du zum wenigsten Kinder hinterlie�est!" antwortete er: �Ich hinterlasse euch zwei unsterbliche T�chter, die Siege von Leuktra und Mantinea!" Damit zog er das t�dliche Eisen aus der Wunde und lie�
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Blut und Leben dahin str�men. Man begrub ihn auf dem Schlachtfelde und errichtete auf seinem Grabe eine Denks�ule. Er war einer der besten aller Griechen, tapferer als Themistokles, gerechter als Aristides und weiser als Solon. Nach seinem Tode welkte die kurze Bl�te Thebens rasch dahin.
f., Fragen: Wodurch errang Theben die Vorherrschaft? - Wie unterscheiden sich die Freunde Peloprdas und Epaminondas? �Was macht einen Staat gro�?
400: R�ckzug der 10 000 unter Xenophon. 399: + Sokrates. 387: ftrfede des Antalkidas. 397: Thebens Aufschwung. 371: Leuktra. 362: Mantinea.
14. Demosthenes und Philipp von Mazedonien.
1. Der Willensst�rke Redner. Der Athener Demosthenes war em Mann voll Geist und Vaterlandsliebe, aber er hatte eine schwere Zunge. Ohne Beredsamkeit war es jedoch unm�glich, Einflu� aus das Volk zu gewinnen. Durch feine Ausdauer hat er sich zu einem der ge-waltigsten Redner aller Zeiten herangebildet. Um sich das Achselzucken abzugew�hnen, hing er ein Schwert �ber seinen Schultern auf. Um seine schwache Stimme und seinen kurzen Atem zu kr�ftigen, suchte er am Meeres-strande Sturm und Wellen zu �berbieten. Der Feind Griechenlands, den er mit aller Kraft des Geistes und des Wortes in den �Philippiken") bek�mpfte, war K�nig Philipp von Mazedonien.
2. Der gewissenlose Eroberer. K�nig Philipp hatte drei Jahre als Geisel in Epaminondas' Vaterhause gelebt. Beim Tode seines Bruders floh er, ergriff die Z�gel der Herrschaft in Mazedonien und befestigte sie durch Klugheit und Entschiedenheit. Er war schlau und treulos. �Jede Festung kann von einem goldbeladenen Esel eingenommen werden 1" pflegte er zu sagen. Seine reichen Bergwerke lieferten ihm die Mittel zu seinen Bestechungen. Als Schlachtordnung bildete er besonders die Phalanx aus; 4000 Mann standen in 16 Reihen hintereinander und waren mit langen Spie�en und kurzen Schwertern bewehrt.
3. Der schlaue Sieger. Die Uneinigkeit und Entartung der Griechen erleichterten Philipp die Ausf�hrung seines Planes, Griechenland zu unter-Wersen. Er mischte sich in ihre Streitigkeiten in den �heiligen Kriegen", nahm eine Stadt nach der andern weg und drang durch die Thermopylen in Hellas ein. Die vier heiligen Kriege wurden gegen einzelne St�dte gef�hrt, welche den Frieden der vier heiligen �rter und Feste gest�rt, Tempelsch�tze oder heiliges Gebiet geraubt hatten. Vergebens hatte Demosthenes gewarnt. Philipps Gold und Schmeichelei sowie der Redner Aschines hatten die Athener sicher gemacht. Als er aber mitten im Frieden Elatea, den Schl�ssel zu den griechischen Engp�ssen, wegnahm, da zogen auf Demosthenes' Betreiben Athener und Thebaner gegen ihn;
338 aber bei Ch�ronea wurden sie nach tapferer Gegenwehr besiegt (338). Philipps Sohn Alexander vernichtete mit unwiderstehlicher Tapferkeit die ,,heilige Schar" der Thebaner. Auf dem Schlachtfelde wurde ein riefen-haster L�we als Siegesdenkmal errichtet. Der hundertj�hrige athenische
1) Reden gegen Philipp.
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Redner Jsokrates t�tete sich aus Schmerz. Den Gefallenen hielt De-mosthenes seine ber�hmte Ged�chtnisrede. Die f�r ihn beantragte, von �schines aber bek�mpfte Ehre einer �B�rgerkrone" gewann er durch die Rede �F�r den Kranz". Der schlaue Philipp behandelte �brigens die Besiegten milde, schonte ihre Einrichtungen, ja schmeichelte ihnen. In Korinth erw�hlten ihn alle Griechen zum Oberfeldherrn gegen Persien. Griechen-lands Freiheit war vernichtet.
4. Das gewaltsame Ende der Gegner. Ehe Philipp seinen Rachezug gegen Persien antreten konnte, ermordete ihn am Hochzeitstage seiner Tochter sein Leibw�chter Pausauias, wie man annimmt, aus Rache (336). Sp�ter feuerte Demostheues seine Landsleute zu einem 336 Befreiungsversuche an; er mi�lang jedoch. Auf der Flucht ergiffen die Schergen den gro�en Redner in einem Tempel, aber tot sank er vor ihnen nieder. Aus seinem Schreibrohre hatte er das lange bereit gehaltene Gift gesogen.
Fragen: Wodurch hat Philipp die Griechen besiegt? � Was ist von De-mosthenes zu lernen? � Warum mu�te in Athen ein Staatsmann auch ein Redner sein? � �Philipp von Mazedonien" von Bodenstedt. �Das Schlacht-feld von Ch�ronea" von Geibel.
15. Alexander der Gro�e (336 � 323 v. Chr.).
1. Als hoffnungsvoller J�ngling. Alexander wurde in der Nacht geboren, als der ber�chtigte Herostratus den herrlichen Dianatempel in Ephesns anz�ndete, um sich einen Namen zu machen. Sein Lehrer war Aristoteles, der gr��te Philosoph des Altertums. �Meinem Vater ver-danke ich nur mein Leben, meinem Lehrer, da� ich w�rdig lebel" sagte er dankbar. Homers Jlias ruhte immer unter seinem Kopfkissen.^ Sein Lieblingsheld war Achilles; zu seinem Patroklus w�hlte er Heph�stion. Einstmals z�hmte er das wilde thrazische Streitro� Buzephalus mit so geschickter und starker Hand, da� sein Vater ausrief: Mein Sohn, suche dir ein anderes Reich; Mazedonien ist f�r dich zu klein!" Bei den Er-oberungen seines Vaters rief er aus: �Mein Vater wird mir nichts zu erobern �brig lassen!"
Der Tod seines Vaters rief ihn mit '20 Jahren auf den Thron (336 v. Chr.). Sein Tatendrang, der ihn zur Welterobernug trieb, 336 der Adel feiner Gesinnung und sein hoher Sinn f�r Kunst und Wissenschast haben ihm den Beinamen des �Gro�en" verschafft.
2. Als entschlossener Held in Griechenland. In Korinth, wo er mit Diogenes zusammentraf, lie� er sich zum Oberfeldherrn aller Griechen w�hlen. Hierauf unterwarf er im Norden die aufst�ndischen V�lker. Als das Ger�cht seines Todes durch Griechenland flog, emp�rten sich einzelne Staaten, und Theben ermordete sogar seine Besatzung. Da erschien Alexander wie der Blitz vor der Stadt, erst�rmte sie, zerst�rte alle Geb�ude � bis auf die Tempel und das Haus des Dichters Piudar � und verkaufte die Bewohner als Sklaven. Alles zitterte und unterwarf sich. Nunmehr gedachte er den schon von seinem Vater gefa�ten Plan
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auszuf�hren, das Perserreich zu vernichten und ein gewaltiges Reich zu gr�nden. Zuvor wollte er noch das Orakel in Delphi befragen, aber die Pythia weigerte sich, den Dreifu� zu besteigen, weil es ein ungl�cklicher Tag sei. Da f�hrte sie der junge K�nig mit Gewalt zu dem Tempelsitz. �Du bist un-Widerstehlich, mein Sohn!" rief die Priesterin aus. �Dies Orakel ge-n�gt mir!" antwortete Alexander.
3. Als gl�nzender Sieger in Persien. Mit einem vortreff-lichen Heere von 35000 Mann 334setzte Alexander im Fr�hling 334
�ber den Hellespont, um das Perser-
<*2. Al-r-md-r d-r (Sroge. �u �o6e�- Er besucht- die
Rinnen Trojas und gedachte der gefallenen Helden. An Achilles' Grabe rief er aus: �Gl�cklicher Achill, der du im Leben einen Freund und im Tode einen S�nger deiner Taten ge-fnnden hast!"
An dem Fl��chen Granikns besiegte er das erste, von Satrapen 334 befehligte Heer des Perserk�nigs Darins Kodomannns (334). Als sein Feldherr Parmenio den Durchgang durch den Flu� und den An-griff auf die Perser au dem andern Ufer widerriet, rief Alexander: �Der Hellespont m��te sich ja sch�men, wenn wir dieses Fl��chen f�rchteten!" Klitus rettete dem k�hnen F�rsten in der Schlacht das Leben. Klein-asien stand jetzt dem Sieger offen. In Gordium �berwinterte er und l�ste den ber�hmten gordischen Knoten mit dem Schwerte. Dann zog er durch die Taurusp�sse nach S�den. In Tarsus erkrankte er nach einem Bade im k�hlen Cydnus lebensgef�hrlich, w�hrend der Feind in drohende N�he r�ckte. Ein entscheidendes Mittel des Leibarztes Philippus nahm er mit der einen Hand, w�hrend er mit der andern dem Arzte einen Brief von Parmenio reichte, in dem dieser den Arzt als bestochen verd�chtigte. Sein Vertrauen wurde belohnt; er genas rasch.
Bei Jssus an der syrischen Grenze erfocht er den zweiten Sieg �ber 333 Darius selbst (333). Darius floh; aber mit dem reichen Lager fiel des Perserk�nigs Familie in Alexanders H�nde und wurde von diesem mild und gro�m�tig behandelt. Die g�nstigen Friedensbedingungen des Perser-k�nigs wies Alexander zur�ck. �Wenn ich Alexander w�re, so w�rde ich um solchen Preis Frieden schlie�en!" meinte Parmenio. �Ich auch", ant-wertete Alexander, �wenn ich Parmenio w�re!"
Durch das eroberte Syrien zog Alexander dann nach Ph�nizien. Hier gelang es ihm erst nach siebenmonatlicher Belagerung, Tyrus zu er-332 st�rmen (332). Darauf durchzog er Pal�stina, gr�ndete in �gypten 332 Alexandria (332) als Mittelpunkt des Welthandels, besuchte den Ammons-
42. Alexander der Gro�e.
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tempel in der Oase Siwah und lie� sich>om Orakel f�r den Sohn des Jupiter Ammon erkl�ren. Inzwischen hatte Darius alle V�lker des inneren Asiens aufgerufen und hinter Euphrat und Tigris bei Arb ela und Gangamela eine ungeheure Streitermasse aufgestellt (331). Das 331 Feldherrntalent Alexanders und die Zucht eines geschulten Heeres siegten �ber die ungeheuren Sklavenschw�rme. Der fl�chtige Darius wurde von dem Verr�ter Bessus, dem Statthalter Baktrieus, gesangen genommen. Der Sieger aber fand in Snsa, Persepolis und Ekbatana uuerme�-�che Beute. Persepolis wurde verbrannt, um Athen an den Persern zu r�chen. Dann eilte Alexander durch W�sten und Gebirge dem Bessns nach. Das Heer litt entsetzlichen Durst. Ein Soldat brachte dem K�nig einen Helm voll tr�ben Wassers. Er aber sagte: �F�r einen zu viel, f�r alle zu wenig!" und go� es aus. Als Bessus die Verfolger be-merkte, erdolchte er den K�nig Darius und floh weiter. Ein Soldat er-quickte den sterbenden K�nig mit einem Tr�nke. �Freund", sagte der nn-gl�ckliche F�rst, �das ist das gr��te meiner Leiden, da� ich dir diese Wohl-tat nicht vergelten kann. Alexander wird es tun an meiner Statt. M�gen ihm die G�tter die Gro�mut vergelten, die er den Meinen erwiesen hat! Durch dich reiche ich ihm meine Rechte." Alexander betrachtete ger�hrt die Leiche, breitete seinen Mantel dar�ber und lie� sie mit k�niglichen Ehren bestatten. Bessus wurde gefangen genommen und gekreuzigt. Die Eroberung des Weltreiches war vollendet (330). 330
4. Als gewaltiger Herrscher. Alexander wollte griechische Kultur mit persischem Reichtum verm�hlen. Die Besiegten suchte er durch An-n�hme persischer Sitten zu gewinnen. Er nahm die sch�ne Roxane, eine baktrische Prinzessin, zur Frau, trug persische Kleidung, f�hrte persische Hofsitten mit Kniebeugung ein und fand immer mehr Gefallen an dem orientalischen Luxus. Unter den Mazedoniern brach dar�ber erst Murren und dann offene Unzufriedenheit aus. Durch j�hzorniges Auffahren, H�rte und Ungerechtigkeit wollte sie Alexander zum Schweigen bringen. Er lie� den Feldherrn Parm enio und dessen tapfern Sohn Philotas hinrichten; feinen Lebensretter Klitns t�tete er im Rausche bei einem Mahle durch einen Speerwurf.
5. Als k�hner Eroberer in Indien (327). Um seinen Tatendurst 327 zu stlllen und seine Soldaten durch neue Waffentaten an sich zu fesseln, unternahm Alexander einen Eroberungszug nach Indien. Unter schweren K�mpfen �berschritt er den Indus und drang in das F�nfstromland ein. Den weifen und tapfern K�nig Perus besiegte er und machte ihn zu feinem Vasallen. Alexander legte Stra�en an und gr�ndete St�dte, so
die Stadt Buzephala zu Ehren seines gefallenen Streitroffes. Seinern Lehrer Aristoteles, der auch ein gro�er Naturforscher war, sandte er die merkw�rdigsten Tiere und Pflanzen aus allen L�ndern, die er durch-zog. Die schwierigen M�rsche und aufreibenden K�mpfe erm�deten endlich seine Soldaten. Sie weigerten sich an den Ufern des Hyphafis,
weiter zu gehen, und auch sein dreit�giges Grollen stimmte sie nicht um. Da beschlo� er zur Freude seiner Krieger die Heimkehr. Zw�lf turmhohe Stegesalt�re wurden errichtet. Die Flotte segelte den Indus hinab; das
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 2lu8g. A. 5
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Landheer ging durch die Steppen Gedrosiens unter entsetzlichen Ent-behruugen und Verlusten zur�ck. Alexander fand viel Untreue zu bestrafen. Ein strenges Gericht erging �ber die Statthalter, die ihre Macht zu schweren Bedr�ckungen mi�braucht hatten. Sein Schatzmeister Harpalns war mit reichen Sch�tzen entflohen, wurde aber von einem geldgierigen Spartaner erschlagen.
6. Als Opfer eines fr�hen Todes. Babylon wurde die Haupt-stadt des Weltreiches. Mit allen Mitteln f�rderte Alexander die Ver-schmelznng des griechischen und persischen Wesens. Fest auf Fest wurde gefeiert. Aber mitten unter gro�en Entw�rfen erkrankte der Held infolge der �berm��igen Anstrengungen und Gen�sse und starb im 33. Lebens-j�hre, von Griechen und Persern tief betrauert (323). Am schmerzlichsten 323 beweinte seine Mutter Olympias in Mazedonien ihren gro�en Sohn.
Zu ihr fl�chtete Roxaue mit ihrem S�hnlein, das kurz nach Alexanders Tode geboren war. Seinen Siegelring hatte er dem Perdikkas als Zeichen seines Vertrauens gereicht. Auf die Frage, wer fein Nachfolger werden sollte, hatte er geantwortet: �Der W�rdigste!"
Zwischen seinen Feldherren, den Diadochen (d. h. Nachfolgern), entbrannte ein 20j�hriger Kampf, der nach der Schlacht bei Jpsns in Phrygien (301) mit der Teilung des Reiches in die Hauptreiche �gypten, 301 Syrien, Mazedonien und Griechenland endete. Mutter, Gattin und S�hnlein des Helden kamen bei diesen K�mpfen gewaltsam ums Leben.
7. Als Bahnbrecher der griechischen Kultur. Alexanders Welt-reich war zerfallen. Doch nicht umsonst hatte der Held gelebt. Seine Kriege, Siege und Z�ge haben die griechische Sprache zur Weltsprache ge-macht und dadurch die sp�tere Verbreitung des Christentums vorbereitet. Durch Anlegung von Verkehrsstra�en und Handelsmittelpunkten, wie der Stadt Alexandria in �gypten, bahnte er den Austausch der Erzeugnisse und der Bildungsg�ter des Ostens und Westens an und erleichterte ihn. Die Kenntnis neuer L�nder, V�lker und Naturerzeugnisse beseitigte viele Sagen und M�ren und gab der wissenschaftlichen Forschung neue Gebiete, Aufgaben und Antriebe. In der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Ehr. machte Ptolem�ns II. von �gypten Alexandria zum Mittelpunkte der K�nste und Wissenschaften. Er legte eine gro�e Bibliothek mit 400000 B�nden an und erbaute das Museum. Darin erhielten Gelehrte, welche die Handschriften der Bibliothek sichteten, ordneten und mit gelehrten Er-kl�ruugeu versahen, Wohnung und Unterhalt. Die alexandrinische Gelehr-samkeit pflegte besonders die Grammatik, Mathematik und Astronomie.
8. Der sittliche Zustand Griechenlands um diese Zeit. Die Zeit der Perserkriege ist Griechenlands gr��te und sch�nste Zeit. Die Liebe und Sorge f�r das Vaterland entwickelte alle edlen Keime in dem hochbegabten Volke. Der Ruhm und der Reichtum f�hrten nach und nach den Verfall herbei. Zwietracht und Streit, �bermut und �ppigkeit ver-zehrten die besten Kr�fte. Ehe und Familienleben wurden mi�achtet. Schwelgerei, Prunksucht und Unsittlichkeit nahmen �berhand. Habsucht, Bestechlichkeit, Ungerechtigkeit sch�ndeten nicht mehr. Die G�tter wurden verachtet und verspottet, Eide ohne Bedenken gebrochen, Meineidige in
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�ffentlichen �mtern und Ehren gelassen. Die Redner suchten durch Schein-gr�nde zu blenden, nicht zu �berzeugen- Gegenseitiges Schimpfen und Schm�hen geh�rte zu ihrem Gesch�ft. Die Gerechtigkeit war seil, die Sinnenlust der allgemeine Opferaltar. Grausam wurden die Sklaven be-handelt, um geringer Vergehen willen Folterqualen �ber sie verh�ngt. Die �ffentlichen Geb�ude, einst die sch�nsten, wurden vernachl�ssigt, da-gegen die H�user der B�rger mit unglaublicher Pracht ausgestattet. �Geld nnd^Genu�" war die Losung. Die Redlichkeit und Einfachheit eines Epaminondas, Sokrates und Diogenes wurden als etwas Au�er-ordentliches augestaunt.
Ein so sittlich faules Geschlecht mu�te trotz seiner Gaben, trotz seiner Kunst und trotz der tiefsinnigen Wissenschaft eines Aristoteles untergehen.
Fragen: Was bedeutet der gordische Knoten? (Die Phrygier w�hlten nach der Weisung des Orakels den zum K�nig, der ihnen zuerst auf einem Bauernwagen begegnen w�rde. Das war der arme Bauer Gordius. Zum Danke weihte er das Gef�hrt dem Zeus, verkn�pfte aber das Joch mit der Deichsel unl�slich durch einen k�nstlichen Bastknoten. An diesen Knoten kn�pfte sich die Weissagung, da� der zur Weltherrschaft berufen sei, der ihn l�se. Alexander zerhieb ihn mit dem Schwerte). � Deute die einzelnen Ausspr�che Alexanders! � Alexanders Charakter! Wer und was hat ihn beeinflu�t? � Was haben seine Eroberungen der Weltkultur gen�tzt? � Seine Z�ge auf der Karte! � �Alexander" von Lingg. Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht.
16. Rom unter den K�nigen (753�510).
1. Wo Rom lag. Italien zerfiel in Ober-, Mittel- und Unter-italien oder Gro�griechenland. Die Apenninen durchziehen die Halb-infel der L�nge nach und lassen im Osten und Westen K�stens�ume. Oberitalien durchstr�mt der Po; in Mittelitalien flie�en Arno und Tiber zum Ligurifchen Meere. S�dlich vom Tiber lag die Landschaft Latinm, im n�rdlichen Teile vom Unterlaufe des Tiber durchstr�mt. Hier soll der fl�chtige Trojaner �neas mit seinem Sohne Askanius die Stadt Alba Longa gegr�ndet haben.
753 2. Wie Rom gegr�ndet ward (753 v. Chr.). Uber die Gr�ndung v.Chr. der ber�hmtesten Stadt des Altertums berichtet die Sage: K�nig Nu-mitor in Alba Longa wurde von seinem herrschs�chtigen Bruder Amu-lius entthront, sein Sohn ermordet und seine Tochter Rhea Silvia zur Vestaliu gemacht. Der Kriegsgott Mars verm�hlte sich mit ihr. Ihre Zwillinge Romulus und Remus lie� Amulius ins Wasser werfen, sie selbst aber lebendig begraben. Der �bergetretene Tiber aber trug den Korb mit den Kindern aufs Trockene. Eine W�lfin s�ugte die wimmern-den Kinder, und der Hirt Faustulns, der sie gefunden hatte, erzog sie. Bei einem Streite mit den Hirten Nnmitors wurden sie sp�ter als dessen Enkel erkannt. Die wilden Gesellen erschlugen darauf Amulius und setzten ihren Gro�vater auf den Thron. An dem Orte ihrer Rettung, auf dem palatinifchen H�gel an dem Tiber, legten sie den Grund zu der Stadt Rom. In dem Streite dar�ber, wer die Stadt benennen und beherrschen sollte, erschlug Romulus seinen Bruder. Nach einer anderen Sage t�tete er ihn im Zorn, weil Remus spottend �ber die niedrige Stadtmauer
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gesprungen war. Innere Streitigkeiten �ber Gerechtsamen und �u�ere Kriege, um Eroberungen zu machen, sind fortan die Geschichte Roms.
3. Wie es wuchs und durch K�nige regiert ward. Ro mulus machte Rom zur Freistatt f�r Verfolgte. Da es aber der jungen An-siedelnng an Frauen fehlte, raubten an einem Feste die r�mischen J�nglinge die eingeladenen sabinischen Jungfrauen. In dem dar�ber entbren-nenden Kriege vermittelten die Frauen den Frieden und die Vereinigung der Sabiuer mit den R�mern. Erstere wurden auf dem kapitolinischen und dem quiriu �lisch en H�gel angesiedelt. Ro mulus soll noch mehrere gl�ckliche Kriege gef�hrt hoben; nach seinem Tode wurde er als Gott Quiriuus verehrt. � Der weise Numa Pompilius ordnete den Gottes-dienst, teilte das Jahr in zw�lf Monate und baute den im Kriege offenen Janustempel. Seine geheime Beraterin war die Nymphe Egeria in einer Hainquelle bei Rom. Nach seinem Tode beweinte sie ihn so lange, bis Diana sie in eine Quelle verwandelte. Der oberste Leiter des Religions-Wesens war der Pontifex maximns (Oberpriester), der an der Spitze eines Priesterkollegiums die heiligen B�cher bewahrte und die gottesdienstlichen Ordnungen �berwachte. Die Auguren erforschten den Willen der G�tter aus dem Fluge und dem Geschrei der V�gel, aus deq Zeichen des Himmels und den Eingeweiden der Opfertiere. Die Vesta-linnen waren die jungfr�ulichen Priesterinnen der Vesta, der Sch�tzerin des h�uslichen Herdes. Sie unterhielten das ewige Feuer im Tempel der G�ttin, bewachten ihre Heiligt�mer und brachten ihr Opfer dar. Sie waren hochgeehrt, wurden aber bei Verletzung ihres Dienstes und ihrer W�rde hart bestraft. Andere Schutzg�tter des Hauses und der Familie waren die Penaten und Laren. Salz, Mehl und Weitr* wurden ihnen als Opfergaben dargebracht. Den Manen oder Seelen der Ver-storbenen wurden Feste gefeiert und Gaben geweiht. Janns war der Gott alles Anfangs, des Friedens und des Krieges. Seine Bilds�ule hatte zwei Gesichter, so da� er vorw�rts und r�ckw�rts sah. In seinen Tempel f�hrten zwei Tore, von Osten und von Westen. Durch diese zog das Heer aus in den Krieg und ein nach der Heimkehr. In Kriegs-� eitert waren beide Tore offen zum Zeichen, da� Janns mit dem Heere in den Krieg gezogen sei, im Frieden geschlossen, um den Gott in seinem Tempel festzuhalten. Der erste Monat des Jahres war dem Janns geweiht, daher sein Name Januar.
Der kriegerische Tullus Hostilius unterwarf Alba Longa nach dem Kampfe der drei Horatier und der drei Kuriatier und fiedelte die Bewohner auf dem c�lischen H�gel an. Er wurde vom Blitze erschlagen. � Ankus Marcius verpflanzte die Bewohner einiger lati-nischen St�dte auf den aventinifchen H�gel, zog eine Ringmauer um die Stadt und gr�ndete die Hafenstadt Ostia. � Der eingewanderte Tarquiuius Priskus stahl seinen M�ndeln, den S�hnen des A. Mar-cius, die Krone, f�hrte gl�ckliche Kriege, versch�nerte Rom, legte die Kloaken (unterirdische Abzugskan�le), ,das Forum (Marktplatz) und den Zirkus (Rennbahn) an. Des Auws S�hne erschlugen ihn.
Die r�mische Gemeinde bestand bis auf Ankus Marcius aus Pa-
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Der Airkus maytnius (in der sp�teren Zeit der Republik und unter den Kaisern)-
triziern (b. h. bevorrechteten Vollb�rgern) und aus H�rigen. Die Patrizier zerfielen in drei Tribus (St�mme) und jede Tribus in zehn Geschlechter. Die beratende Beh�rde war der Senat, der zuerst aus 200, sp�ter aus 300 Patriziern bestand. Der K�nig hatte das Recht, den Senat und die Volksversammlung zu berufen, und war oberster Richter und Anf�hrer im Kriege. Die H�rigen standen im Schutze einzelner Patrizier und waren diesen zu gewissen Diensten verpflichtet. Rechtlos waren die Sklaven. Unter Ankus Marcins wurden die B�rger der unterworfenen latinischen St�dte in das r�mische B�rgerrecht aufgenommen, aber ohne das Recht, ein Staatsamt zu bekleiden, und ohne Stimmrecht in den Volksversammlungen; das letztere erhielten sie aber schon unter Servius Tnllins, sie hie�en Plebejer (von Plebs, d. h. niederes Volk). In langen, z�hen K�mpfen haben sie dann sp�ter den bevorzugten Patriziern ein Recht nach dem andern abgerungen, bis sie Gleichstellung mit ihnen erk�mpft hatten.
4. Wie Rom zur Republik ward. Servius Tullius, der Schwiegersohn des Tarquiuius Priskus, teilte das ganze Volk nach dem Verm�gen in f�nf Klaffen mit 170 Zenturien ein, um die Leistungen der B�rger f�r den Kriegsdienst und an Steuern festzustellen. Au�erdem gab es noch 18 Ritterzeuturieu, 1 Zeuturie Proletarier und 4 Zenturien Spiel- und Zimmerleute; im ganzen betrug die Anzahl der Zenturien also 193. Servius Tullius lie� den viminalischen und esqnilini-schen H�gel bebauen und f�hrte eine feste Mauer um die �Siebenh�gel-ftadt". Ihn ermordete mit Zustimmung seiner Tochter Tullia sein Schwiegersohn Tarqninius Superbus. Dieser f�hrte eine gewalt-t�tige Milit�rherrschaft ein und unterdr�ckte die Freiheiten des Volkes. Von seinen Verwandten entging blo� Brutus seiner blutigen Hand, weil er sich bl�dsinnig stellte.
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W�hrend des K�nigs Heer vor Ardea lag, hatte sein j�ngster Sohn Sextns die Lukretia, das Collatinns Gattin, in frevelhafter Weise beschimpft. Im �berma�e des Schmerzes und der Scham erstach sich diese. Neben der Leiche auf dem Markte, mit dem blutigen Dolche in der Hand, entflammte Brutus das Volk zur Vertreibung der Tyrannen. Das K�-nigtnm wurde f�r ewige Zeiten abgeschafft, und Brutus und Kolla-tinns wurden als erste Konsuln der Repnblick gew�hlt. (510). � 510 Die Geschichte Roms unter den sieben K�nigen und den ersten Konsuln ist so von der Sage ausgeschm�ckt, da� es schwer, ja unm�glich ist, Wahr-heit und Dichtung scharf auseinander zu halten. Erst in der Zeit des ersten puuischeu Krieges werden die Geschichtsquellen zuverl�ssiger.
Fragen: Was beg�nstigt das Gedeihen Roms? � Was ist bezeichnend in der Sagengeschichte Roms f�r den Charakter der R�mer? � Wie ist die Siebenh�gelstadt gewachsen? � Was bedeutet der offene, was der geschlossene Janustempel?
776: erste Olympiade, 753: Erbauung Roms. 722: Zerst�rung Samarias. 630: Thales und die sieben Weisen Griechenlands. Dichter Arion. 600: Nebukad-nezar. Solon. 586: Zerst�rung Jerusalems. 570: Fabeldichter �sop. 550:Cyrus. Buddha. 540: Der Philosoph Pythagoras. 525: Kambyses. 521: Darius. Hystaspis. 510: Rom Republik. Vertreibung der Pisistratiden aus Athen.
17. �u�ere und innere R�mpfe der jungen Republik.
I. �u�ere K�mpfe gegen Tarquinius und seine Helfer. J�ngere M�nner zettelten in Rom eine Verschw�rung an, wodurch die Konsuln beseitigt und die Tarquiuier zur�ckgef�hrt werden sollten. Sie wurde entdeckt und das Todesurteil �ber die Teilnehmer gesprochen. Sogar zwei S�hne des Brutus waren darunter. Kollatinns wollte sie retten, aber Brutus sprach: �Als Vater m�chte ich sie begnadigen, als Konsul darf ich nicht." Nicht lange darauf zog Tarquinius, unter-st�tzt von einigen etrnskischen St�dten, gegen Rom.
Es kam zur Schlacht am arsischen Walde, in der sich Brutus und ein Sohn des vertriebenen Tarquinius im Zweikampfe durchbohrten, aber die R�mer siegten. Um Brutus trauerten die Matronen miin3e
Roms (die ehrbaren verheirateten �lteren Frauen) ^it Ianuskoxf. ein Jahr lang.
Auf Tarquinius' Anstiften soll dann Porsena, K�nig von Klnsinm in Etrurien, gegen Rom gezogen sein. Er siegte und verfolgte die fl�chtigen R�mer bis an die Tiberbr�cke. Da wehrte der Heldenmut des Horatius Kokles dem Andr�nge der Feinde, bis die Br�cke abgebrochen war. Dann rettete er sich durch Schwimmen. Porsena wollte nun die Stadt durch Hunger bezwingen; aber er soll das Vorhaben aufgegeben haben, nachdem er die Todesverachtung des Mucius Sc�vola (Link-Hand) und die ihm drohenden Gefahren kennen gelernt hatte. Von den r�mischen Geiseln, welche den Etrnskern �berliefert wurden, rettete sich
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bie Kl�lia burch Schwimmen, w�rbe aber von ben R�mern zur�ckgeschickt. Der ritterliche K�nig schenkte ihr bie Freiheit unb gab ihr bie Erlaubnis, einen Teil ber Geiseln mitzunehmen. Sie w�hlte bie J�ngsten, welche am meisten litten. In Rom w�rbe sie burch ein Stanbbilb geehrt.
Nachbem noch bie Latiner am See Regillus von bem r�mischen Diktator (Inhaber ber h�chsten Gewalt in Zeiten ber Not) geschlagen 496 toorben waren (496), verlor Tarquiuius bie Hoffnung, ben Thron wieber-zugewmnen, unb starb Mb baranf in ber Verbannung.
II. Innere K�mpfe. 1. Zwischen Plebejern und Patriziern. Durch bie verheereubeu Kriege waren bie armen Plebejer in Schulben geraten. Da nach bem grausamen Schulbrechte ber Schulbuer bem Gl�ubiger mit allem auheimsiel, so br�ckten bie reichen Patrizier bie Armen oft in harter Dienstbarkeit. Wenn biefe sich ihr entziehen wollten, w�rben sie mit Gef�ngnis, Fesseln unb Gei�elhieben bestraft. Als bas zweimalige Versprechen ber Patrizier, bie harten Schnlbgesetze zu milbern, nicht gehalten w�rbe, ri� ben Unterbr�ckten bie Gebnlb. Sie zogen, 18000 Mann stark, mit ihren Waffen unb Felbzeicheu auf ben Heiligen Berg, eine 494 Meile von Rom (494). Erst ben Vorstellungen bes Meuenius Agrippa (Gleichnis von bem Magen unb ben emp�rten Gliebent) gelang es, bie Plebejer wieber nach Rom zur�ckzuf�hren. Es w�rbe ihnen feierlich Nachla� ber Schulben, Aufhebung ber Schulbkuechtfchaft, billigerer Zinsfu� unb bie Wahl plebejischer Schutzobern ober Tribunen zugesagt. Die allj�hrlich gew�hlten Tribunen (2, bann 5, zuletzt 10) hatten anfangs nur bas Recht, bie Plebejer gegen bie Ma�regeln ber Magistrate zu sch�tzen; aber balb erweiterten sie ihre Befugnisse unb konnten schlie�lich jeben Senatsbeschlu� unb jebe richterliche Amtshanblnng burch ihr Veto (�ich verbiete'') unm�glich machen. Ihre Person war unverletzlich, unb sie b�rsten nicht zur Rechenschaft gezogen werben. Ihre Gehilfen, zwei Abilen, �bten eine Art Polizeiaufsicht auf Stra�en unb M�rkten aus. Anbere Staats�mter im alten Rom waren bie Pr�tur, bie Zensur unb bie Qu�stur. Die Pr�toren �bten bas Richteramt, bie Zensoren bie Steuereinsch�tzung unb bie Aufsicht �ber bie Sittlichkeit; bie Qu�storeu verwalteten bie Staatskassen.
491 2. Gegen Coriolan (491). Bei einer Hungersnot wollte ber Patrizier Marzius Koriolauus bas aus Sizilien geholte Getreibe nur unter ber Bebingnng verteilt wissen, ba� bie Plebejer auf ihre Rechte, vornehmlich auf bas Tribunal, verzichteten. Da klagten ihn bie Tribunen auf ben Tob an; er aber wich bem Volksbeschlusse aus, ging zu ben Volskern unb f�hrte sie siegreich gegen Rom. Alle Bittgefanbtschaften wies er stolz ab. Enblich r�hrten ihn Mutter unb Gattin an ber Spitze bittenber Frauen. Als seine alte Mutter fragte: �Soll ich benn einen Verr�ter bes Vaterlanbes geboren haben?" Da rief er aus: �O Mutter, Rom hast bn gerettet, aber beuten Sohn verloren!" Die erbitterten Volsker sollen ihn in einem Auflaufe erschlagen haben.
450 3. Gegen die Dezemvirn (Zehnm�nner) 450. Um ber Willk�r ber patrizisch�n Richter vorzubeugen, verlangte ber Tribun Tereutilius
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Arsa geschriebene Gesetze. Nach langem Str�uben der Patrizier wurden zehn rechtskundige M�nner mit der h�chsten Gewalt und mit Ab-fassnng der Gesetze betraut. Nachdem diese Dezemvirn sorgf�ltig ein-heimisches und griechisches Recht studiert Hattert, wurde das Zw�lftafelgesetz gegeben und �ffentlich aufgestellt. Es ist die Grundlage des ber�hmten r�mischen Rechtes. Aber die Dezemvirn mi�brauchten ihre amtliche Gewalt und verl�ngerten sie ohne jedes Recht. An ihrer Spitze stand der schlimme Appius Klaudius. Dieser wollte dem plebejischen Hauptmanne Virginius seine Tochter Virginia durch einen falschen Rechtsspruch entrei�en; da stie� der Vater in der Verzweiflung seiner Tochter auf dem Forum ein Fleischermesser ins Herz. Das emp�rte Volk erzwang nun die Absetzung der Dezemvirn, und Appins Klaudius er-h�ngte sich im Gef�ngnis.
4. Gegen die Standesvorrechte. Der Kampf der Patrizier f�r Erhaltung ihrer Vorrechte gegen die Plebejer, welche Gleichstellung forderten, dauerte 200 Jahre. Durch Z�higkeit errangen die letzteren ein Recht nach dem andern. So konnte gegen die Ausspr�che der h�chsten Staats-gewalt Berufung an das Volk eingelegt werden. Ehen zwischen Patriziern und Plebejern wurden gestattet, die Plebejer nach und nach zur Qu�stur, zum Konsulat, zur Diktatur, Zensur, Pr�tur und endlich auch zu den priesterlichen �mtern zugelassen (300). Mit der Zulassung zum Konsulat 300 konnte den Plebejern der Eintritt in den Senat (5. 70) nicht mehr ver-weigert werden. Aus der Rechtsgleichheit entwickelte sich nun Roms Weltgr��e.
Fragen: Welche Bedeutung haben die einzelnen Errungenschaften der Plebejer? � Welche die einzelnen Staats�mter? � Vergleiche Tarquinius Superbus und die Dezemvirn!
490: Marathon. 480: Salamis. Dichter �schylus. Religionsstifter Eon-fucius in China. 470: Dichter Sophokles. 460: Perikles. 450. Zw�lftafelgesetz 440: Euripides. Geschichtsschreiber Herodot und Thucydides. 427: Lustspieldichter Aristophanes. 404: Athens Fall. 400: Maler Zeuxis. R�ckzug der Zehn-tausend.
18. Oie Unterwerfung von Mittel- und Unteritulien.
1. Wie der gerechte Kamillus mit Undank belohnt wurde.
In dem Bestreben, die Grenzen ihres Gebietes zu erweitern, unter-nahmen die R�mer Angriffskriege gegen die Nachbarn. In einem solchen eroberte der Diktator Kamillus die m�chtigste Stadt Etrnriens, Veji,
nach zehnj�hriger Belagerung durch einen unterirdischen Gang (396). 396 Das Heer hatte in diesem Kriege zum erstenmal Sold erhalten und war auch den Winter �ber im Felde geblieben. Weil sich aber Kamillus der Verteilung des vejentischen Ackers widersetzte und das Volk durch seinen Edelmut um die Pl�nderung der eroberten Stadt Falerii brachte, so wurde er von den Volkstribunen der Veruntreuung von Beute angeklagt. Da ging der stolze Mann freiwillig in die Verbannung und bat die G�tter, Rom bald in die Lage zu bringen, ihn zur�ckrufen zu m�ssen (391). 391
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2. Wie Manlius und Kamillus Rom vor den Galliern retteten.
Schw�rme von Galliern oder Kelten unter Brennus drangen um diese Zeit von den Alpen verheerend in Mittelitalien ein. Als r�mische Ge-sandte sie nach ihrem Rechte fragten, antwortete Brennus: �Das Recht f�hre ich auf der Spitze meines Schwertes. Dem Tapfern geh�rt die Welt!" Als sich die r�mischen Gesandten gegen das V�lkerrecht an einem Kampfe der Klusiuer gegen die Gallier beteiligten, zog Brennus r�che-390 schnaubend gegen Rom, siegte an der Allia (390), r�ckte in Rom ein, erschlug 80 greise Senatoren, die auf dem Forum in Amtstracht auf elfenbeinern St�hlen schweigend den Tod erwarteten, brannte die Stadt nieder und belagerte das Kapitol. Nur die Wachsamkeit der Juuo-G�nse und die Tapferkeit des Manlius retteten es bei einem n�chtlichen �ber-falle. Der Abzug des Brennus mu�te nach 7 Monaten mit 1000 Pfund Gold erkauft werden, wobei er noch sein Schwert in die Wagschale warf mit den Worten: �Wehe den Besiegten!" Der herbeieilende Kamillus soll den Galliern noch eine Niederlage beigebracht haben. Weil er gegen das Auswanderungsgel�st des Volkes den Aufbau Roms an der alten, ruhmgeweihten St�tte durchsetzte, nannte man ihn den zweiten Gr�nder Roms. Manlius aber nahm sich der armen, von neuem gedr�ckten Plebejer an. Dadurch zog er sich den Ha� der Patrizier zu. Sie klagten ihn an, er strebe nach der k�niglichen Herrschaft, und verurteilten ihn zum Tode. Er wurde von dem tarpejifchen Felsen gest�rzt, wo seine Tapfer-fett das Kapitol gerettet hatte.
3. Wie Markus Kurtius sich opferte. Ein Beispiel von echt 362 r�mischem Heldenmute gab Markus Kurtius. Er st�rzte sich (362) �
der Sage nach �� in vollem Waffenschmucke auf seinem Rosse in einen Schlund, der sich pl�tzlich auf dem Forum ge�ffnet hatte und von dem die Priester behaupteten, da� er sich nur schlie�en w�rde, wenn Rom sein �bestes Gut" hineinw�rfe. �Was hat Rom Besseres als Waffen und Heldenmut!" hatte Markus Kurtius gerufen und war in den schauerlichen Abgrund gesprengt, der sich �ber ihm schlo�.
4. Wie Heldenmut und Selbstzucht Rom gro� machten. Die Samniter und Latiner waren die tapfersten V�lker Mittelitaliens.
338 Durch den Latinerkrieg wurden die Latiner schon im Jahre 338 von 343 Rom abh�ngig. � In den drei samnitischen Kriegen (343�290 v. Chr.) rangen die Samniter mit den R�mern 50 Jahre lang um die Oberherrschaft. Unvergleichliche Taten der Tapferkeit und Vaterlands-liebe verrichteten die R�mer in diesen Kriegen. Decius Mus, Vater und Sohn, opferten sich in der Schlacht, der erste am Vesuv (im Latiner-kriege), der andere bei Sentinnm. Manlius Torquatus lie� den eigenen Sohn wegen Ungehorsams hinrichten. Gl�nzende Siege erfochten der Diktator Papirins Kursor und der Reitergeneral Fabius Maximus Rnllianns. Letzterer wurde trotzdem zum Tode verurteilt, weil er dem Diktator nicht gehorcht hatte. Nur die dem�tigen Bitten des Heeres retteten ihn. Den Schimpf in den kanonischen P�ssen, wo das eingeschlossene Heer durch das Joch, einen Galgen aus Speeren, gehen mu�te, wuschen die R�mer mit Blut ab. Endlich vollendete der
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Konsul Kurius Dentatus die Unterwerfung der Samniter (290). 290 Appins Klaudius hatte in dieser Zeit die noch heute ber�hmte Kunst-stra�e nach Kapna angelegt.
5. Wie Pyrrhus Rom in Gefahr brachte. In Unteritalien war Tarent die wichtigste Stadt. Sie nahm mehrere r�mische Schiffe weg, die � gegen einen alten Vertrag � in dem Hafen von Tarent vor Anker gegangen waren. Als r�mische Gesandte Genugtuung forderten, wurden sie vom P�bel beleidigt und einer sogar besudelt. �Mit Blut sollt ihr die Flecken meiner Toga auswaschen!" rief er. Die verweich-lichten Tarentiner riefen den K�nig Pyrrhus von Epirns zu Hilfe. Dieser landete mit 25 000 Mann und 20 Elefanten und siegte bei Heraklea (280) �ber die R�mer durch den �Elefantenschrecken". Voll 280 Bewunderung der r�mischen Tapferkeit rief er aus: �Mit solchen Soldaten wollte ich die Welt erobern!" Vergebens suchte sein gewandter Kanzler Kineas in Rom durch Bestechung und �berredung den Senat zum Frieden zu bewegen. Der blinde Appius Klaudius lie� sich in
die Sitzung tragen und rief: �Blind bin ich; m�chte ich auch taub sein, um die Schmach solcher Friedensantr�ge nicht zu h�ren!" Der Senat erschien dem Kineas wie eine Versammlung von K�nigen. Nach der Ver-werfung seiner Friedensantr�ge brach Pyrrhus gegen Rom ans, aber der Anmarsch der r�mischen Heere veranlasste seinen R�ckzug nach Unteritalien, wo er in Tarent �berwinterte.
6. Wie Fabricius unbestechlich blieb. In Tarent erschienen r�mische Gesandte, unter ihnen Gajus Fabricius, um die Gefangenen auszuwechseln. Vergebens suchte Pyrrhus den armen Fabricius durch reiche Geschenke zu gewinnen und dann durch einen Elefanten zu erschrecken. Der edle R�mer sprach: �So wenig mich gestern dein Gold r�hrte, so wenig erschreckt mich heute dein Elefant!"
Die nach Rom zu einem Volksfeste von Pyrrhus eut-lassenen Gefangenen kehrten p�nktlich zur�ck. Im fol-genden Jahre siegte Pyrrhus bei Askulum (279),
verlor aber fo viele Soldaten, da� er ausrief: �Noch ein solcher Sieg, und ich bin verloren!" Um diese Zeit erbot sich der Leibarzt des K�nigs in einem Briefe an Fabricius, gegen r�misches Gold Pyrrhus zu ver-giften. Fabricius sandte den Brief an Pyrrhus, der ausrief: �Eher wird die Sonne aus ihrer Bahn als Fabricius vom Wege der Rechtschaffenheit weichen!"
7. Wie r�mische Ausdauer siegte. Da Pyrrhus einsah, da� er in Italien sich nicht halten konnte, so ging er auf eine Einladung der Syrakusaner nach Sizilien und stand der Stadt Syrakus gegen die Karthager bei. Die inzwischen bedr�ngten Tarentiner riefen ihn aber zur�ck. Bei Beneventum siegte Kurius Dentatus �ber Pyrrhus mit Hilfe brennender Pechkr�nze, wodurch die Elefanten
in Wut, die Soldaten in Verwirrung gebracht wurden (275). Pyrrhus 275 schiffte sich mit dem Reste seines Heeres ein und endete sein Abenteurer-
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H6. pyrrhus. M�nze. W.
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272 leben bei der Belagerung von Argos. Tarent ergab sich endlich (272).
In den n�chsten Jahren wurde die Eroberung Unteritaliens voll-266 endet (266).
Fragen: Melche Z�ge zeigt der altr�mische Charakter? � Wodurch ist Roms Lage g�nstig? � Wodurch wurde der Sinn f�r �Gesetzlichkeit" aus-gebildet? Worin bestand das anf�ngliche �bergewicht des Pyrrhns? � Warum wird er ein Abenteurer genannt?
399: f Sokrates, 396: 387: Friede des Antalkidas. bei Ch�ronea. Demosthenes. Unterwerfung Latiums. 336 301: Schlacht bei Jpsus. � der �cmmiter. Epikur, 280 Bibel�berfetzuug. � Priester werfung Tarents,
: Agesilaus in Asien. 390: Schlacht a. d. AMa. 379: Epaminondas und Pelopidas. 338: Schlacht Aristoteles. Plato. Diogenes. Maler Apelles. � : Alexanders Thronbesteigung. 323: -f- Alexander. 300: Rechtsgleichheit in Rom. 290: Unterwerfung : Der Stoiker Zeno. � Die Septnaginta, griech. Manetho, Geschichtsschreiber �gyptens. 272. Unter-
19. Der erste Punische Krieg (264�241 v. Chr.).
1. Wodurch er entstand. Wie Rom �ber Italien, so gebot Kar-thago �ber Nordafrika. Auch auf Sizilien, Sardinien, Korsika und in S�dspanien hatte es Eroberungen gemacht. Dazu beherrschte seine Flotte das Mittelmeer. Die Insel Sizilien, diese reiche Kornkammer, wurde der Zankapfel zwischen den beiden Staaten. Die Karthager wollten die Insel ganz unterwerfen und suchten jede Gelegenheit zu weiteren Er-oberuugen. Nun geschah es, da� aus Syrakus entlassene italienische S�ldner, die Mamertiuer oder Marss�hne, sich der Stadt Messana bem�chtigten und die Umgegend verheerten. Hiero von Syrakus, im Bunde mit einem karthagischen Truppenf�hrer, schlug und bedr�ngte sie; da riefen sie die R�mer zu Hilfe. Obwohl dem Senate ein B�ndnis mit solchem Gesindel ehrenr�hrig schien, so setzten es die kriegslustigen Konsuln doch in der Volks-Versammlung durch. Ein r�misches Heer drang siegreich vor, zwang Hiero zum Frieden, besiegte die mit ihm ver-b�ndeten Karthager, erst�rmte ihren Waffenplatz Agri-gent und verkaufte die Einwohner als Sklaven.
2. Wie Duilius den ersten Seesieg gewann. Aber das seem�chtige Karthago bedrohte sortgesetzt die r�mischen Eroberungen. Wollte Rom seine Erobernngs-Politik siegreich fortsetzen, so mu�te es Karthago, seinen Hauptgegner auf dem Mittelmeere, in der Wurzel treffen. Und das war sein �bergewicht zur See. Deshalb er-bauten die R�mer nach dem Muster eines gestrandeten karthagischen Kriegsschiffes in sechzig Tagen eine Flotte von 120 Schiffen. Mittels der Enterhaken und Enterbr�cken erfocht der 260 Konsul Duilius bei Myl� (260) den ersten Seesieg. Durch die Enter-haken wurden die feindlichen Schiffe herangezogen, �ber die Enterbr�cken erstiegen und genommen. Aus Anla� des Sieges wurde dem Duilius zu Ehren in Rom eine S�ule errichtet und mit den eroberten Schiffsschn�beln (den spitzen Vorderteilen) geziert.
^7. S�ule des Duilius zu Horn.
3. Wie Regulus Roms Wohl �ber sein eigenes stellte. In den
folgenden vier Jahren blieb der Krieg auf Sizilien erfolglos f�r die R�mer. Der Senat beschlo� deshalb, ihn nach Afrika selbst hin�berzutragen. Der Konsul Regulus drang siegreich k�mpfend bis Karthago vor. Statt seine harten Friedensbedingungen anzunehmen, machten die Karthager die �u�er-steu Anstrengungen zum Widerstande. Der spartanische S�ldnerf�hrer Xanthippus erhielt den Oberbefehl und erfocht bei Tnnes (255) einen 255 gl�nzenden Sieg. Regulus selbst wurde gefangen. Nach mancherlei Wechsel-f�llen des Krieges suchte Karthago den Frieden. Der gefangene Regulus wurde mit einer Gesandtschaft nach Rom geschickt. Er redete aber nicht zum Frieden, wie die Karthager erwarteten, sondern ermutigte die R�mer zur Fortsetzung des Kampfes. Trotz aller Bitten der Seinen kehrte er, seinem Eide getreu, nach Karthago zur�ck und soll dort einen martervollen Tod erlitten haben. Der Krieg w�hrte auf Sizilien fort ohne Erfolg f�r die R�mer, die mehrmals empfindliche Schl�ge erlitten.
4. Wie Rom endlich den Frieden erzwang. Der tapfere Kar-thager Hamilkar Barkas (der Blitz) f�hrte noch fechs Jahre lang einen siegreichen kleinen Krieg auf Sizilien, aber eine gr��ere entscheidende Unternehmung der Karthager erfolgte nicht. Endlich besiegte der Konsul Lutatius Katulus mit einer aus Privatmitteln der Reichen gebauten Flotte die Karthager an den �gatischen Inseln (241) und zwang das 241 ersch�pfte Karthago zum Frieden. Sizilien wurde die erste r�mische Provinz, d. h. ein au�eritalisches erobertes Land, das von einem Statt-Halter oder Prokonsul verwaltet wurde, Steuern an Rom zahlen und Hilfstruppen stellen mu�te. In allen Provinzen wurde das r�mische Recht eingef�hrt. Karthago mu�te 3200 Talente (15 Millionen Mark) Kriegs-kosten bezahlen und durfte hinfort keine Eroberungen im Mittelmeere machen. Im Frieden erzwangen die R�mer dann unter nichtigem Vor-w�nde auch noch die Abtretung von Korsika und Sardinien und machten diese Inseln zur zweiten Provinz. Nach der Unterwerfung gallischer St�mme in Oberitalien waren die R�mer im Jahre 222 im Besitz von 222 ganz Italien bis zu den Alpen.
Fragen: Wie hat sich die Bl�te Karthagos entwickelt? � Worin besteht die Wichtigkeit Siziliens? � Beschreibe einen Seekampf I
20. Hannibal und der zweite punische Krieg.
(218�201 b. Chr.)
1. Hannibals harte Erziehung im Feldlager. Die Karthager entsch�digten sich f�r ihre Verluste durch die Eroberung des gold- und silberreichen Spaniens. Hamilkar Barkas hatte seinen neunj�hrigen Sohn Hannibal dorthin mitgenommen und ihn zuvor am Altar der G�tter den R�mern ewige Rache schw�ren lassen. Nie ist ein Schwur treuer gehalten worden. Nach dem Tode Hamilkars und seines Schwieger-sohnes Hasdrubal rief das Heer den fechsundzwauzigj�hrigen, im Feld-lager gro� gewordenen Hannibal zum Feldherrn aus. Zum Herrscher
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geboren, �bte er �ber die Menschen eine wunderbare Macht aus; er war ebenso tapfer wie klug, ebenso unternehmend wie gewandt, ebenso uneigen-n�tzig wie Patriotisch. Die gro�e H�rte seines Gem�ts, seine List und erfinderische Verschmitztheit sind die Grundz�ge im Charakter seines Volkes. Mit dem gemeinen Soldaten teilte er alle Anstrengungen und Entbehrungen,
2. Sein k�hner Angriff. Obwohl die R�mer fr�her die Karthager durch einen Vertrag verpflichtet hatten, den Ebro nicht zu �berschreiten, �berschritt ihn Hannibal dennoch und griff auch die den R�mern befreundete Stadt Sagunt, am Meer s�dlich von der Ebrom�ndung, an. Nach achb monatlicher tapferer Gegenwehr erst�rmte er sie und verwandelte sie in einen Schutthaufen. Darauf forderten die R�mer durch Fabius in Kar-thago die Auslieferung Hannibals. Man z�gerte. Da faltete der stolze R�mer seine Toga, sch�ttelte sie, als ob er Lose darin habe, und rief: �Hier trage ich Krieg und Frieden, w�hlet!" Der Senat sprach: �Gib uns, was du willst!" �So nehmt denn den Krieg!" rief der R�mer.
Hannibal wollte den Krieg in das Herz Italiens tragen. Mit einem Heere von 100000 Mann und 37 Elefanten ging er �ber die Pyren�en, durchzog das s�dliche Gallien und �berschritt im Herbst in 15 Tagen unter uns�glichen Beschwerden die Alpen. Fast drei Viertel des Heeres erlagen den M�hseligkeiten, und nur 26000 Mann stiegen in die lachenden Ge-filde Italiens nieder.
218 3. Seine Siege in Italien. Die �berraschten R�mer wurden 218 am Ticiuus und an der Trebia g�nzlich besiegt. Hierauf ging der Zug �ber den Apennin und durch die Mor�ste des �bergetretenen Arno; er kostete dem Sieger ein Auge, viele Krieger und den Rest seiner Elefanten bis auf einen, f�hrte aber zum Siege �ber die R�mer am trasimenischen 217 See (217). Alsdann zog Hannibal nach Apnlien, indem er Rom seit-w�rts liegen lie�. Lange erm�dete ihn durch seine behutsamen M�rsche der Diktator Fabius Maximus, der sp�ter deshalb Kunktator, d. h. Zauderer, auch der Schild Roms genannt wurde. Vorsichtig lie� sich dieser in keine Schlacht ein. Einmal schlo� er die Karthager in einem Engpasse ein, aber eine List rettete sie: 2000 Ochsen mit brennenden Reisigb�ndeln zwischen den H�rnern wurden gegen die H�hen der R�mer getrieben und diese dadurch �ber den Marsch des karthagischen Heeres get�uscht. Ein andermal rettete Fabius seinen unbesonnenen Reitergeneral vom sicheren Verderben. �Dachte ich's doch," sagte Hannibal, �da� die Wetterwolke auf den Bergen einmal Gewitter bringen w�rde!" Aber das Zaudern des besonnenen Mannes erregte in Rom Unzufriedenheit. Man wollte eine offene Feldschlacht. In einer solchen wurde der leidenschaftliche Konfnl TerentinsVarro, der gleich dem P�bel Taten sehen wollte, bei Kann� 216 in Apnlien (216) g�nzlich geschlagen. Der Mitkonsul, 80 Senatoren und 70000 Krieger deckten die Walstatt. Trotz der furchtbaren Niederlage wies der Senat die Friedensantr�ge Hannibals ab.
4. Sein untergehender Stern. Rom war gr��er im Ungl�ck als im Gl�ck. Alle St�nde wetteiferten in den gr��ten Opfern f�r das Vater-land. Es gelang Marcellus, Hannibal bei Nola in Unteritalien zu
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schlagen. Das war der erste Sieg der R�mer. Hannibal kam bald in eine schwierige Lage. Ohne Unterst�tzung aus der Heimat, mu�te er sehen, wie seine Truppen in den �ppigen Winterquartieren Kapuas verweichlichten. Unterdessen ging Marcellus, das Schwert Roms, nach Sizilien und eroberte Syrakus (212). Dabei fand der gro�e Mathematiker Archi- 212 medes, der erfinderische Verteidiger der Stadt, seinen Tod. Dem (Soldaten, der mit gez�cktem Schwerte ans ihn anst�rmte, rief er �ngstlich zu: �Zertritt mir meine Zirkel nicht 1" � In Spanien eroberte der junge Scipio nach und nach alles Land mit dem Schwerte, zugleich aber auch die Herzen durch die Hoheit seines Wesens. Nachdem er ganz Spanien unterworfen und zu einer r�mischen Provinz gemacht hattte (206), ging 206 er nach Rom zur�ck.
Vergebens hatte Hannibal einen Zug bis vor die Tore Roms ge-macht, vergebens den Senat in Karthago um Unterst�tzung gebeten, ver-gebens seinen Bruder Hasdrubal aus Spanien erwartet. Nur das Haupt des am Flusse Metaurus geschlagenen und get�teten Bruders warfen ihm die siegreichen R�mer ins Lager. Bei seinem Anblick soll Hannibal ausgerufen haben: �In diesem Haupte erkenne ich Karthagos Geschick!" Vier Jahre hielt er sich noch unbesiegt im S�den Italiens.
5. Sein gro�er Gegner Scipio. Der nach seiner R�ckkehr in Rom zum Konsul gew�hlte Scipio beabsichtigte, den Krieg nach Afrika zu tragen und dort die Entscheidung herbeizuf�hren. Er landete mit 2 Le-gionen in Afrika. Als er in Gemeinschaft mit dem nnmidischen K�nige Masinissa Karthago hart bedr�ngte, rief der Senat Hannibal zur�ck. Mit Zorn im Herzen und einem Fluche auf den Lippen verlie� dieser (203) Italien, dessen Schrecken er 16 Jahre gewesen war. Bei Zama kam es
zur Entscheidungsschlacht (202), nachdem eine Unterredung der beiden 202 gr��ten Feldherren ihrer Zeit am Abend vor der Schlacht fruchtlos ver-laufen war. Scipios gl�nzender Sieg entschied �ber Roms Weltherrschast. Selbst Hannibal riet Karthago zum Frieden, so hart die Bedingungen waren. Alle au�erafrikanischen Besitzungen mu�ten abgetreten, alle Schiffe bis auf zehn und alle Elefanten ausgeliefert, 10 000 Talente (51 Millionen Mark) Kriegskosten bezahlt, und ohne Erlaubnis der R�mer durste kein Krieg angefangen werden.
6. Sein und seines Gegners trauriges Ende. Hannibal floh V�rden Verfolgungen der R�mer, die ihn beschuldigten, mit Roms Feinden in Verbindung zu stehen, zu dem K�nige Antiochns von Syrien. Diesen reizte er zum Kriege gegen Rom. Nach dessen ungl�cklichem Ausgange mu�te er zu Prusias von Bithynien fl�chten. Als dieser trotz des beschworenen Gastrechts ihn gefangen in die H�nde der R�mer liefern wollte,
t�tete sich der siebzigj�hrige Held durch Gift (183). In demselben Jahre 183 starb sein gro�er Besieger Scipio, dem man den Beinamen �Afrikanns" gegeben hatte, in freiwilliger Verbannung, in die ihn der Undank der R�mer getrieben hatte.
Fragen: Schildere Hannibals Alpen�bergang! � Warum w�hlte Hannibal den Land- und nicht den Seeweg? � Wie zeigte Rom seine Gr��e im Ungl�ck? � Wie verschuldete Karthago sein Ungl�ck? � Inwiefern erinnert das Ende
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Hannibals und Scipios an die Schicksale des Themistokles und Aristides? � �Trasimen" von Singg. � �Scipio" von �ottfr. Kinkel. � �Nach der Schlacht bei Cann�" von Schreiber. Sophonisbe von Geibel.
3. Perfeus.
M�nze W.
21. Korinths und Karthagos Untergang.
1. Eroberung Griechenlands. Philipp III. von Mazedonien war ein Bundesgenosse der Karthager gewesen. Da er auch den Bundesgenossen der R�mer Verluste zugef�gt hatte, erkl�rten ihm , diese den Krieg (200). Flamininns besiegte ihn
197 [Mmm. \ bei Kynoskephal� (197), beschr�nkte seine Macht und erkl�rte die Griechen f�r frei. Philipps geiziger und hochfahrender, aber in entscheidenden Augenblicken feiger Sohn Perseus wurde bei Pydna von �milins 168 y Paulus besiegt (168) und samt ungeheuren Sch�tzen
nach Rom gef�hrt; er starb einige Jahre darauf als Staatsgefangener in Alba. Sein Reich wurde in vier kleinere Staaten zerteilt. Aus der mazedonischen Beute flo� so viel Geld in den Staatsschatz, da� fortan keine Kriegssteuern mehr erhoben werden durften.
2. Siege in Asien. Antiochus III. von Syrien hatte mit den �tolern ein B�ndnis gegen Rom ge-schl�ssen und war dadurch mit diesem selbst in Krieg geraten. Er wurde, nach anf�nglichen Erfolgen in Griechenland, von Scipio Afiaticns bei Magnesia in Kleinasien besiegt und ihm sein Land bis an den Halys und Taurus 190 genommen (190). Das eroberte Kleinasien erhielt Eumenes von Per-
gamon, den die R�mer zum W�ch-ter der Ruhe Asiens bestellten. Als Antiochus IV. (Antiochus' III. Sohn) in �gypten einfiel, befahl ihm der r�mische S enat, sogleich das Land zu r�umen. Da er Bedenkzeit erbat, zog der r�mische Gesandte mit seinem Stabe einen Kreis um ihn und sagte: �Nicht eher verl�sfest du diesen Kreis, bis du deinen Entschlu� ge�u�ert Haft." Voll Wut verlie� Antiochus �gypten und verheerte auf dem 167 R�ckwege Jud�a derart, da� der Aufstand der Makkab�er ausbrach (167).
3. Zerst�rung Korinths. Nach der Unterwerfung Philipps von Mazedonien erkl�rten die siegreichen R�mer die Griechen f�r frei; aber statt des Schattens von Freiheit wollten die Griechen ihre wirkliche Un-abh�ngigkeit zur�ckgewinnen. Zu diesem Zwecke gr�ndeten sie den ach�i-schen Bund; es fehlte ihm jedoch an Einigkeit, hingebendem Patriotismus 146 und Geld. Der R�mer Mnmmins schlug sie, zerst�rte Koriuth (146) und machte Griechenland zur r�mischen Provinz Achaja. Unendliche
^9* Antiochus III. Silberm�nze W
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Beute schiffte der uneigenn�tzige, aber alles Kunstsinns bare Mnmmius nach Rom ein. Den Soldaten befahl er beim Einschiffen der Kunstwerke Vorsicht, �weil sie sonst die Sch�den auf ihre Kosten ausbessern lassen m��ten". Ein Gem�lde, auf das eine hohe Summe geboten wurde, be-hielt er zur�ck, weil er eine geheime Zauberkraft darin vermutete.
4. Der dritte Punische Krieg (149�146). Untergang Karthagos.
Das gedem�tigte, aber wieder aufbl�hende Karthago wurde in Rom ge-ha�t und gef�rchtet. Kato, der als Gesandter sich einst selbst von der Bl�te der Stadt �berzeugt hatte, endete jede Rede im Senat: �Im �brigen bin ich der Meinung, da� Karthago zu zerst�ren sei." Der r�mische Bundesgenosse Masinissa raubte den Karthagern ein St�ck ihres Ge-bietes nach dem andern, bis sie endlich von dem Rechte der Notwehr Ge-brauch machten. Aber besiegt und hilflos, lie�en sie die R�mer durch Gesandte um Verzeihung bitten, da� sie ohne Erlaubnis den Krieg unternommen hatten, und boten unbedingte Unterwerfung an. Jedoch die r�mischen Heerf�hrer forderten die Zerst�rung der Stadt und den Aufbau der neuen zwei Meilen landeinw�rts vom Meere. Da hallte ein Schrei der Wut und Verzweiflung durch die Stadt: �Sie retten oder mit ihr untergehn!" war fortan die Losung. Die Tempel wurden zu Werkst�tten,
alles Metall zu Waffen, die Haare der Frauen zu Bogensehnen verwandelt. Verzweiflung und Vaterlandsliebe widerstanden drei Jahre den Angriffen zu Wasser und zu Lande, bis endlich Scipio Asrikanus der J�ngere die Stadt erst�rmte (146). In allen Stra�en tobte der Kampf und flo� 146 das Blut. Jedes Haus mu�te einzeln genommen werden. In die Ge-b�ude wurde die Brandfackel geworfen, und bald war die Stadt ein Flammenmeer. Von 700000 Einwohnern hatten sich 50000 in die Burg Byrsa gerettet. Als ihr Feldherr Hasdrubal die Seinen verlie� und Seipio um Gnade anflehte, da erschien seine Gattin auf der Zinne, ver-w�nschte die Feigheit ihres Gatten und st�rzte ihre Kinder und dann sich selbst in die Flammen. Den Eingeschlossenen gew�hrte Scipio freien Ab-zug; 17 Tage brannte die herrliche Stadt. Von der H�he der Burg schaute Scipio in die Flammen und den Graus und vergo� Tr�nen. Er ahnte, da� seine triumphierende Vaterstadt einst auch von der H�he sinken w�rde. Das karthagische Gebiet wurde eine Provinz der R�mer unter dem Namen �Afrika".
5. Das Geschick Numantias. Die R�mer hatten nach und nach durch das Schwert und das listige Wort ganz Spanien unterworfen. Nur die Lusitanier widerstanden unter ihrem edlen F�hrer Viriathns. Die R�mer r�umten diesen endlich durch Meuchelmord aus dem Wege und machten die feste Stadt Numautia am Dnero nach der heldenm�tigsten Verteidigung dem Erdboden gleich (133). Nur ein Einwohner �berlebte 133 den Untergang der Stadt. Freiwillig waren alle, auch Weiber und Kinder,
in den Tod gegangen. Nun waren die R�mer auch die unbestrittenen Herren von Spanien. � In demselben Jahre vermachte Attalus das pergameuische Reich und seine Sch�tze den R�mern. Das Reich wurde unter dem Namen �Asm" r�mische Provinz.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Stuft. 2tu8g. A. 6
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Fragen: Welchen Einflu� hatten die er-oberten Sch�tze und L�nder auf Rom? � Welche L�nder besa� Rom 133 v. Chr., und wie waren sie an Rom gekommen? � Welchen Einflu� hatte die Ber�hrung mit Griechenland? � Schildere einen Triumphzug! �Der Triumphator" von Schack.
22. Sittenverfall in Rom.
1. Leben und Sitten im alten Rom.
Das Leben der alten R�mer war einfach und schlicht, die Sitten rauh aber bieder. Man begn�gte sich mit einfacher Kost aus Speltbrei (Spelt ist eine Weizenart), H�lsenfr�chten und Gem�se. Erst als man in Griechenland das Brotbacken kennen gelernt hatte, a� man auch Brot. Fleisch kam in alter Zeit wenig auf den Tisch. Auch die Getr�nke beschr�nkten sich anfangs auf Wasser und Milch; sp�ter kam einfacher (verd�nnter) Landwein dazu. Die Hauptmahlzeit fand nachmittags statt. Der Land bau war der einzige Erwerbszweig, der eines freien Man-nes w�rdig war. Herren und Sklaven be-sorgten ihn gemeinsam. Mancher ber�hmte Feldherr, z. B. Cincinnatns, wurde vom Pfluge hinweg zur F�hrung des Heeres berufen, legte nach dem Siege den Feld-Herrnstab aus der Hand und baute wieder seine R�ben. Bergwerke gab es nicht, Handel 50. R�mische Frau in der palla. nur wenig. Das Handwerk wurde von Sklaven
und Freigelassenen betrieben. Unter den Sklaven in vornehmen H�usern waren alle Besch�ftigungen vertreten, sogar K�nstler, �rzte, Musiker, Schauspieler.
Der Vater war Herr �ber das Leben seiner Kinder. Die Frauen waren tugendhaft und charaktervoll und wurden hoch geachtet; sie lebten eingezogen, leiteten die Wirtschaft und erzogen die Kinder.
Das Gewand des r�mischen B�rgers war die Toga, ein halb-rundes St�ck Zeug, meist Wollenstoff, das �ber die Schulter geworfen wurde, so da� ein Arm bedeckt war, der andere aber frei blieb; darunter trug man die Tunika, eine Art Hemd. An der Tunika der Senatoren und Ritter war ein Purpurstreifen angebracht, der vom Halse bis zum G�rtel reichte. Auch die Frauen trugen die Tunika, Matronen dar�ber die Stola, ein langes, faltenreiches Gewand. Gingen sie aus, so wurde noch die Palla, das eigentliche Putzkleid, �bergeworfen. Als Kopf-bedecknng der Frauen kamen Hauben vor. Die M�nner setzten im Freien und auf Reisen Kappen oder H�te auf. Im Hause ging man auf San-dalen; f�r Ausg�nge zog man Schuhe an.
Das Familienleben war rein und edel. Ur-spr�nglich durften nur Personen desselben Standes einander heiraten. Seit 445 v. Chr. war jedoch die Ehe auch zwischen Patriziern und Plebejern rechtsg�ltig. Die Frau kam durch die sogenannte �strenge" Ehe in die Gewalt und v�llige Ab-h�ngigkeit vom Manne. Bei der �freien"
Ehe blieb sie dem Vater Untertan oder eigene Herrin. Die Gebr�uche bei der Verm�hlung waren f�rmlich und stimmten mehrfach mit der griechischen Sitte �berein. F�r die Hoch-zeit wurde von den abergl�ubischen und �ngst-lichen R�mern nur ein g�nstiger Monat und ein g�nstiger Wochentag gew�hlt. Als nn-g�nstige Monate galten der Mai und die erste H�lfte des Juni, als ung�nstige Tage alle ersten Monatstage. Im �brigen wurden �ber g�nstige oder ung�nstige Zeichen und Zeiten meist die Priester (die sogenannten �Opfer-und Vogelschauer") befragt. Diese stellten fie fest aus dem Vogelfluge, den Eingeweiden der Opfertiere usw. Der Hochzeitstag begann mit einem Opfer. Nach verschiedenen F�rmlich-leiten legte die Braut den Brautg�rtel und den gelben Brautschleier au. Zum Hause des Br�utigams wurde sie meist abends in feter-lichem Zuge unter Fackelschein und Fl�tenklang geleitet. Dabei trug sie Spindel und Spinn-rocken. Kam sie vor dem festlich geschm�ckten Hanse an, so mu�te sie �ber die Schwelle gehoben werden. Im Hanse erhielt sie nach weiteren
F�rmlichkeiten die Schl�ssel. Ein gl�nzendes Festmahl schlo� die ganze Feier. � Auch die Bestattung der Toten geschah unter allerlei merk-w�rdigen Gebr�uchen und mit gro�em Gepr�nge. Vor der Leiche, die auf fch�ngeschm�ckter und mit R�ucherpfannen versehener Bahre ruhte, schritten Musikanten, dann Klagweiber und zuletzt Mimen (Schauspieler), von denen der eine die Maske des Toten, die andern die Wachsmasken ferner Vorfahren trugen und komische Szenen auff�hrten. Der Leiche folgten die Erben und Verwandten. Wurde sie verbrannt, so sammelte man die Afchenreste in einer Vase und setzte sie in der Grabkammer nieder. Wurde sie beerdigt, so begrub man sie in einem Sarge. Einige Tage nach der Beerdigung wurde ein gro�er Leichenschmaus abgehalten.
Die Wohnh�user waren im Innern zweckm��ig eingerichtet, �u�er-lich aber unansehnlich. Die Hauptteile des Hauses waren das Atrium, das Tablinum und das Peristylinm; der wichtigste, das Atrium, der Herd-, Familien- und Empfangsraum, wurde in sp�terer Zeit reich ge-
5V R�mer (Kaiser Tiberins) in der Toga.
(N. Bouillon, Mufte.)
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schm�ckt. Zu ihm f�hrte ein schmaler Gang aus dem Vorhofe oder Vesti-b�l. Im Atrium befand sich das Jmpluvium, ein viereckiger Raum im Boden, der das Regenwasser aus der dar�ber befindlichen Dach�ffnung auffing und sammelte. An das Atrium schlo� sich das Tablinum an, ein
bedeckter Mittelraum, das Gesch�fts- und Arbeitszimmer des Hausherrn. Dahinter lag das Peristylinm, ein mit S�ulenhallen um-gebener offener Hof, welcher dem Familien-leben diente. Diese Hanptr�nme waren von iii || Schlaf-, Speise-, Wirtschafts Sklavenge-
} | � *--m�chern und Badezimmern umgeben. Andere
7 Nebenr�nme lagen im ersten Stockwerk. Der Fu�boden bestand aus Estrich oder Stein-platten, sp�ter auch aus Marmor und kost-barem Mosaik. Von M�beln gab es Schlaf-betten (Bettgestelle mit Matratzen und Decken), Speisesofa, Tische (mit wertvollen Platten) und St�hle aller Art. In reichverzierten Schr�nken oder Kasten bewahrte man Klei-dnngsst�cke, Schmucksachen und Schriftrollen auf. K�nstlerisch gearbeitet waren die Misch-und Sch�pfgef��e aus Bronze und die Lam-Pen aus Ton und Metall. � In der hei�en Jahreszeit bezogen die Wohlhabenden sch�ne Landh�user.
Die �ffentlichen Bauten waren, be-sonders in sp�teren Zeiten, gro�artig, sch�n und dauerhaft. Man verwandte die gr��te Sorgfalt auf die Anlage guter Heerstra�en und baute ausgezeichnete Br�cken und H�fen. Noch heute erregen z. B. die Appische Stra�e, ein langer Qnaderdamm zwischen Rom nnd Kap na, und die drei Stunden lange Wasserleitung, die Rom mit ge-suudem Wasser aus dem Gebirge versorgte, Bewunderung.
Mit dem Schwinden der alten Ein-sachheit nahm die Lust an Vergn�gungen, besonders �ppigen Gastm�hlern, gl�nzenden Schau- und Festspielen immer mehr zu. Die �ffentlichen Festspiele veranstalteten die dazn bestellten Beamten, die �dilen, meist aus eigenen Mitteln. Dadurch wurde dies Amt f�r die Inhaber sehr kostspielig. Es bewarben sich darum auch nur reiche, vornehme R�mer, die sich beim Volke beliebt machen wollten. Die Hauptspiele wurden mit gro�em Gepr�nge im Zirkus Maximus aufgef�hrt. Sie bestanden haupts�chlich in Wettrennen, Wett-k�mpfen zu Fu� und zu Pferde und Tierk�mpfen. Im Amphitheater k�mpften die Gladiatoren miteinander. Ihre K�mpfe arteten in der
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2. Das r�mische �?aus der sp�teren Zeit.
a. T�r.
b. Flur.
c. Hof (Atrium).
d. Wasserbecken.
e. Kammern und Schlafzimmer, ee. Pf�rtnerraum.
f. Arbeitszimmer (Tablinum).
g. Kaufl�den-
h. S�ulenhof.
i.. Schlafzimmer,
k. Gesellschaftszimmer. 1. Speisezimmer (Triclinum). m. S�ulenhalle.
n. Garten.
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53. Inneres eines r�mischen Nlohnhauses.
(Haus des Pausa in Pompeji. Der gro�e Vorderraum ist das Atrium mit dem Jmpluvium, der mittlere das bedeckte Tabliuum, und hinter diesem liegt das mit S�ulen geschm�ckte Peristyl-)
Kaiserzeit zu Szenen der wildesten Leidenschaft und Unmenschlichkeit aus (f. � 26, 2). Eine dritte Art waren die Theaterspiele, in alter Zeit derbe Possenspiele auf einem Bretterger�st, sp�ter mit dem Eindringen der griechischen Bildung wirkliche Schauspielein besonderen Theaterr�umen. Die aufgef�hrten St�cke waren meist Bearbeitungen griechischer Dramen. Der hervorragendste Lustspieldichter jener Zeit war Plautus (f 184 v. Chr.).
Die Einnahmen des Staates bestanden in einer Verm�genssteuer, in dem Ertrage der Staatsl�ndereien und in Kriegsbeute. Die Beamten gingen aus den Familien der ,,Nobiles" oder Edlen hervor. Die Nobiles bildeten den sogenannten Amtsadel, der nach Beseitigung der Kluft zwischen Plebejern und Patriziern aufgekommen war. Er gr�ndete sich auf die Abstammung von Vorfahren, die hohe �mter, wie Konsulat, Pr�-tur, �dilit�t, bekleidet hatten, und bestand zu einem Teile aus den patri-zischen, zum gr��eren Teile aber aus angesehenen plebejischen Geschlechtern. Die �Nobiles" machten mit den �Equites" (den Rittern) die besitzende Klasse, die Reichen, aus. Die Bewerber um ein Amt mu�ten die Stimmen der zahlreichen armen W�hler durch kostspielige Spenden von Geld oder Korn oder durch pr�chtige Spiele erkaufen. F�r die Verwaltung der �mter erhielten die Beamten kein Gehalt. Um sich daf�r und f�r die gro�en Aufwendungen bei der Bewerbung zu entsch�digen, suchten die in die Provinzen geschickten Beamten in der Regel bei der Verwaltung gro�e Summen zu erpressen.
Alle Sorgfalt und Liebe richtete sich auf das Kriegswesen, so da� Rom einem gro�en Heerlager glich. Jeder B�rger war 16�20 Jahre
5H. (Ein noch heut erhaltenes St�ck der Appischen Stra�e. Rechts und links antike Ruinen.
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55. R�mische Wasserleitung bei Niines (Frankreich). (Nach einer Photographie.)
lang als Soldat dienstpflichtig. Nur Ehrlose waren ausgeschlossen. Im Heere war hoch und niedrig, reich und arm gleich. Die Konsuln waren die Oberbefehlshaber. Unter ihnen standen die Legaten und die Kriegs-tribnnen. Das Herr teilte sich in Legionen, anf�nglich zu 3000, sp�ter zu 6000 Mann. Die Anf�hrer einer Legion waren 6 Kriegstribunen, die im Befehle miteinander wechselten; unter ihnen standen 60 Offiziere, die Zenturionen. Dem Fu�volk stand die jeder Legion beigegebene Reiterei an Zahl und Bedeutung weit nach. Die Schutzwaffeu waren Schild, Helm, Harnisch und Beinschienen, die Angriffswaffen Lanze und Schwert.
2. Ursachen des Verfalls. Das stete Gl�ck machte die R�mer �ber-mutig und hart. Die erbeuteten Sch�tze bef�rderten Luxus und Schwel-gerei. Die Geldgier f�hrte zu Bestechlichkeit und Gewalttaten, die Genu�-sucht zur Tr�gheit. Griechische Sprache und Bildung verdr�ngte nach und nach aus den alten Geschlechtern altr�mische Sitte und Tugend. Der Verkehr mit den verweichlichten und verderbten V�lkern des Ostens lockerte �berhaupt die Sittlichkeit des Hauses und der Familie. Auf dem Lande nahm die Zahl der Kleinbesitzer seit dem 2. pnnischen Kriege schnell ab, denn der Ackerbau lohnte nicht mehr. Die Provinzen und die weiten G�ter der Gro�besitzer, wo Taufende von gekauften oder kriegsgefangenen Sklaven die Arbeit fast umfonft besorgten, lieferten das Getreide weit
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billiger als die Scholle der Bauern. Die verarmten Bauern zogen nach Rom und ver-mehrten-die Menge der M��ig-g�nger und Hungerleider. Zu-letzt gab es in Rom nur noch zwei Klassen der Bev�lkerung: einen Stand der Besitzenden (der Nobilis und der Eqnites, der eigentlichen Geldleute) und einen Stand der Besitzlosen, der armen Proletarier, die ihre Stimmen bei Wahlen ver-kauften und immer recht viele Feste herbeisehnten. Selbst die Strenge der Zensoren, als W�chter der Sitten, konnte dem Verderben keinen Einhalt tun. Der strenge Kato seufzte: �Einer Stadt, wo ein Fisch mehr kostet als ein Ochse, ist nicht mehr zu helfen."
3. Die gracchischen Un-ruhen (133�121). Tibe-rius und Gajns Gracchus, die edlen S�hne der vortress-lichen Kornelia, wollten aus Mitleid mit dem Volke durch Erneuerung des liziuischen Ackergesetzes und andere Volks-56. R�mischer Legionssoldat in R�stung, freundliche Einrichtungen einen (Von einem Grabdenkmal.) t�chtigen Mittelstand schaffen
und die Herrschaft der Reichen st�rzen. Nach dem liziuischen Ackergesetz sollte kein Reicher �ber 500 Morgen Staatsl�ndereien besitzen. Die �brigen Staatsl�ndereien sollten jetzt zu je 30 Morgen an die �rmeren verlost werden, damit ein freier Bauernstand sich bildete. In den darauf folgenden Unruhen wurden beide Br�der ge-t�tet, der j�ngere 12 Jahre sp�ter als der �ltere. Die Nobiles bauten aus Dankbarkeit �der Eintracht' einen Tempel. Die Staatsl�ndereien wurden durch Volksbeschlu� zinsfreies Privateigentum der Inhaber. 112 4. Der Jugurthinische Krieg (112�105) zeigte die Tiefe des Sittenverfalls in Rom. Jngurtha, ein Enkel Masinissas, ermordete seine Vettern und schwang sich zum Herrn Numidiens auf. Die gegen ihn ge-sandten r�mischen Heere machte er durch Geld unsch�dlich. In Rom be-freite er sich durch Bestechung von den Anklagen und ermordete unter den Augen des Senats einen Vetter. Aus Rom verwiesen, rief er h�hnisch: �Ganz Rom ist feil, wenn sich nur ein K�ufer findet!" Endlich besiegte
ihn der unbestechliche Metellus und n�tigte ihn zur Flucht zu seinem Schwiegervater Bocchus von Mauretanien. Diesen besiegte der k�hne und beim Volke sehr beliebte, aber ungebildete Bauernsohn Marius, der den Metellus vom Oberbefehl verdr�ngt hatte. Sein Unterfeldherr, der Aristokrat Sulla, erlangte endlich durch seine Gewandtheit die Ausliefe-rung des Jugurtha (105), der in Rom nach sechst�giger Hungerqual im 105 Gef�ngnis erdrosselt wurde.
Fragen: Was bedeutet Catos Ausspruch? � Was bedeutet das Wort der Kornelia an ihre S�hne: �Noch immer nennt man mich die Tochter Scipios;
wann wird man mich die Mutter der Gracchen nennen?" � Warum scheiterte der gracchische Plan? � Wie konnte Jugurtha sechs Jahre sein Wesen treiben?
183: f Hannibal, Scipio und Philop�men (griech. Feldherr). 146- Zerst�rung von Korinth und Karthago. 133: Numautia zerst�rt. Die Gracchen t Attalus von Pergamon, Johannes Hyrkanus in Jerusalem.
23. Marius und Sulla.
1. Marius als Sieger �ber Zimbern und Teutonen. DieZim-beru und Teutonen waren zwei germanische V�lker aus J�tland von riesigem K�rper und unwiderstehlicher Kraft. In Tierfelle gekleidet, f�hrten fie ihr Hab und Gut auf Karren mit sich, die sie mit Tierh�uten �berspannt hatten. Ihre Waffen waren Schilde, Schwerter und Streitkolben; als Schutzwall diente ihnen eine Wagenburg aus ihren zusammengefahrenen Karren. Sie erschienen an den steirischen Alpenp�ssen und vernichteten
bet Noreja das Heer von Papirins Karbo (113 v. Chr.). Dann 113 durchzogen sie die Schweiz und fielen verheerend in Gallien ein. Sie schlugen vier r�mische Heere, und der �Zimbernschrecken" wurde sprich-w�rtlich in Rom. Da wurde der tapfere und kriegserfahrene Marius der Retter Italiens. Nachdem er. durch Verschanzungen gesch�tzt, in kleinen Gefechten ferne Soldaten an den Anblick, das Kriegsgeheul und die Fecht-weije der Deutschen gew�hnt hatte, schlug er in der zweit�gigen m�rde-r�chen Schlacht bei Aqua Sexti� im Rhonedelta die Teutonen und nahm ihren F�hrer Tentobod gefangen (102). 102
Inzwischen waren die Zimbern unter Bojorix �ber den Brenner-Pa� nach Italien gezogen und hatten sich's in dem herrlichen Lande wohl sein lassen. Da erschien Marius und vernichtete sie 101 bei Vercell� 101 auf der Randifchen Ebene, westlich vom Ticinns, nach verzweifelter Gegen-wehr, an der sogar die Weiber teilnahmen. Dieselben bewachten die Wagen-b�rg und trieben die Fl�chtigen zur�ck ins Gefecht. Marius war sechsmal zum Konsul gew�hlt worden. Er wurde der dritte Gr�nder Roms genannt
2. Sulla als Wettbewerber des Marius. Mithridates, K�nig �T Pouws (am Schwarzen Meere), war einer der grimmigsten und gef�hrlichsten Feinde Roms, ein Mann von riesiger Kraft, unternehmendem Geists gro�en F�higkeiten � er sprach 22 Sprachen � aber ein Barbar von Gem�t. An emem Tage lie� er 80000 Jtaliker in Kleinasien ab-
Ichlachten, machte sich zum Herrn von Vorderasien und drang bis Athen vor (88). 88
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Zuerst war dem Sulla, einem feingebildeten Manne von der Partei der Aristokraten, vom Senate der Oberbefehl gegen Mithridates �ber-tragen worden. Marius, der beim geringen Volke sehr beliebt war, setzte es aber mit dessen Hilfe durch, da� er ihm wieder abgenommen wurde. Da brach der erste B�rgerkrieg aus (88�82). Sulla r�ckte mit seinem Heere gegen Rom, nahm es mit st�rmender Hand, lie� den Marius �chten, verfolgte seine Anh�nger und verst�rkte den Senat mit 87 seinen Freunden. Dann zog er gegen Mithridates (87), besiegte ihn in 84 Griechenland und Kleinasien und zwang ihn zum Frieden (84).
3. Marius als Fl�chtling. Der ge�chtete Marius rettete sich durch eine Flucht voll Abenteuer. In Minturn� wurde er entdeckt und zum Tode verurteilt. Als ihn ein zimbrischer Sklave im Gef�ngnis t�ten sollte,
fuhr er diesen mit blitzenden Augen und donnernder Stimme an: �Mensch, du wagst es, den Gajus Marius zu t�ten?" Der Sklave warf den Dolch weg und st�rzte fort. Man entlie� den Gefange-neu. Gl�cklich kam er nach Afrika. Von hier verwies ihn der r�mische Propr�tor oder Statthalter. Den Boten sah Marius mit starreu Augen an und brach in die Worte ans: ,,Sage deinem Herrn, du habest den Marius als Fl�chtling auf den Tr�mmern Karthagos fitzen sehen!" Dann verbarg er sich mit seinem Sohne
57. M�nze d-5 Mithridates. �"f �ec 3#
4. Marms zum ftebentenmal
Konsul. Inzwischen war sein Freund Cinna in Rom zur Herrschaft ge-
kommen und rief Marius mit feinem Anhange zur�ck. Grauenhaft w�teten
nun die marianischen Horden gegen die Sullaner. Jeder wurde nieder-
gesto�en, dessen Gru� Marius nicht erwiderte. Doch schon in der dritten
Woche seines siebenten Konsulats raffte der Tod den Marius infolge der
86 steten fieberhaften Aufregung hinweg (86). Cinna wurde von seinen
eigenen Soldaten erschlagen.
5. Sullas furchtbare Rache durch die Proskriptionen oder Ach-83 tungslisten. Nach drei Jahren (83) kehrte Sulla als Sieger zur�ck und nahm furchtbare Rache an feinen Feinden. Nicht vergeblich hatten ihm die B�rger ein Beil mit einem goldnen Kranze entgegengetragen. Nach-dem er die Heere der Gegner in 15 Schlachten besiegt, lie� er eine Liste seiner Gegner anfertigen und fetzte einen hohen Preis auf den Kopf jedes Marianers. Aus Rachsucht und Habgier wurden in Italien an 40000 B�rger hingeschlachtet. Sulla, zum Diktator ernannt, beschr�nkte nun die Gewalt der Tribunen und erweiterte die Macht des Senats und der Ari-stokraten. Um die gesunkenen Sitten zu heben, setzte er harte Strafen auf Ehebruch, Giftmischerei, Urknudenf�lschuug und andere Verbrechen. Nach 79 zwei Jahren (79) legte er seine Diktatur nieder, zog auf ein Landgut und lebte da den Musen und den sinnlichen Vergn�gungen. Er starb am
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Blutsturz. Seine Leiche wurde mit dem feierlichsten Gepr�nge in Rom be-graben (78). Sulla hat sich stets als ein Werkzeug in der Hand der G�tter 78 angesehen und bei seinen Taten ihren Beistand �berall zu sehen geglaubt.
Fragen: Welches sind die Ursachen des ersten B�rgerkrieges? � Was waren und was wirkten Proskriptionen? � Vergleiche Marius und Sulla! � �Der Triumphbogen des Marius" von Kinkel.
24. pompejus und C�far.
I. H^ompezus.
1. Pompejus' Taten in Spanien.
Der Erbe von Sullas Gl�ck und Feld-Herrntalent war Pompejus. Bei Sullas Lebzeiten hatte er die Marianer in Sizi-lien und Afrika besiegt. In Spanien hatte der gerechte und tapfere Marianer Sertorins die Herzen der Einwohner gewonnen und einen eigenen Senat ge-bildet. Rom sollte fortan in Spanien sein. In einem gl�cklichen Gebirgskriege widerstand er acht Jahre dem Metellus und auch dem Pompejus, bis ihn sein neidischer Legat ermordete (72). Pom-pejus hatte nun leichte M�he, diesen unsch�dlich zu machen.
2. In Italien. Hier hatten sich unterdessen (72) die Sklaven zu einem furchtbaren Aufstande unter der F�hrung des edlen und tapfern Fechters Spartakus erhoben, vier r�mische Heere besiegt nud sich durch schreckliche Pl�nderungen und Greuel an ihren Unterdr�ckern ger�cht. Durch Uneinigkeit schw�chten sie sich endlich und wurden von Krassns, dem reichsten R�mer, besiegt (71) Den fl�chtigen Rest vernichtete der heim--kehrende Pompejus und lie� 6000 an der Landstra�e von Rom nach Kapna kreuzigen.
3. Im Mittelmeer. Alle K�sten des Mittelmeeres wimmelten da-mals von Seer�ubern. Der Druck habs�chtiger Statthalter und die Vernachl�ssigung der r�mischen Flotte hatten das Unwesen gef�rdert. Die R�uber hatten �berall Schlupfwinkel und Helfershelfer. Sie l�hmten den Handel, machten das Reisen unsicher, pl�nderten die K�sten, liefen in die Flu�m�ndungen ein und versenkten sogar eine r�mische Flotte in dem Tiber. Da wurde Pompejus mit ausgedehnten Vollmachten gegen sie ge-schickt. Er teilte das Meer in 13 Bezirke und s�uberte in 40 Tagen das westliche und in 49 Tagen das �stliche Becken. �ber 1000 Raubschiffe hatte er verbrannt, �ber 10000 Piraten get�tet und 20000 Gefangene im �ebnen Cilicien" angesiedelt (67).
58. B�ste des pompejus. (Nach einer Marmorb�ste in Paris.)
72
71
67
4. In Asien. Hier besiegte er den unerm�dlichen R�merfeind Mi-thridates und dessen Schwiegersohn Ti grau es von Armenien in einer
66 n�chtlichen Entscheidungsschlacht am Euphrat (66). Vorher hatte der als Feinschmecker bekannte Luknllus (der die Kirschen nach Europa gebracht haben soll) vor seiner Abberufung nach Rom beide hart bedr�ngt. Mithri-dates floh nach der Krim und t�tete sich durch Gift und Schwert selbst, da sogar sein Sohn Pharnaces sich gegen ihn emp�rte. Pompejus, der auch Syrien und Pal�stina unterworfen hatte, f�hrte die ungeheuren Sch�tze der Besiegten als gute Beute mit nach Rom. Er feierte einen dreifachen Triumph wegen seiner Siege in drei Erdteilen.
5. Cicero und die katilinarische Verschw�rung in Rom. Katilina, ein tief verschuldeter, lasterhafter Patrizier, hoffte durch eine Staatsumw�l-zung Macht und Reichtum zu gewinnen. Er zettelte deshalb unter dem leichtfertigen, herabgekommenen Adel Roms eine Verschw�rung an, die den Mord der Konsuln, den Umsturz der Verfassung und die Verbrennung
63 Roms bezweckte (63). Der ausgezeichnete Redner Cicero entdeckte die Verschw�rung. Katilina sah sich schon nach der ersten der ber�hmten vier katiliuarischen Reden Ciceros gen�tigt, Rom zu verlassen. Die f�nf vor-nehmsten Verschworenen wurden ergriffen und hingerichtet, Katilina in der
62 Schlacht get�tet (62). Cicero erhielt zum Danke den ehrenden Beinamen �Vater des Vaterlandes" und die B�rgerkrone.
II. G�sar.
1. Casars Erziehung und Charakter. Julius C�sar war aus 100 edlem Geschlechte geboren (100 v. Chr.). Schon als Kind hatte er durch
seine ungew�hnlichen Anlagen Bewunderung erregt. Nach dem fr�hen Tode seines Vaters erzog ihn seine edle Mutter Aurelia. Er heiratete Ciuuas Tochter Kornelia. Sulla befahl ihm die Scheidung von seiner Gattin, und da er sich weigerte, �chtete er ihn. Auf die dringende F�r-bitte feiner Freunde begnadigte ihn aber Sulla mit den Worten: �So nehmet denn hin euren C�sar, doch wisset, da� in dem jungen Manne mehr als ein Marius steckt!" C�sar ging nach Asien, kehrte aber nach Sullas Tode zur�ck. Bald darauf besuchte er Rhodus und bildete sich hier zum Redner aus. Seer�uber nahmen ihn auf der Reise gefangen und forderten 20 Talente L�segeld. Er h�hnte sie ob ihres schlechten Sch�tzungsverm�gens und lie� 50 holen. Bis die Begleiter die Summe auftrieben, verweilte er in heiterster Laune unter den Seer�ubern. Nach Erlegung des L�segelds setzten ihn die Piraten bei Milet ans Land; er aber eilte ihnen nach, �berw�ltigte sie, nahm ihnen das Geld ab und lie� sie ans Kreuz schlagen, wie er vorher im Scherz gedroht hatte.
2. Casars ehrgeiziges Streben. In Rom, wohin er nun zur�ck-gekehrt war, machte ihn seine Gewandtheit, Freigebigkeit und Freundlich-keit zum Manne des Volkes. Freilich st�rzte er sich in ungeheure Schulden, doch von Amt zu Amt trug ihn die Volksgunst. Im 37. Jahre war er Oberpriester, und im 39. ging er als Statthalter nach Spanien, nachdem Krassns sich f�r ihn wegen seiner Schulden verb�rgt hatte. In einem
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elenden Neste, wo er auf der Reise �bernachtete, sprach er das Wort: �Lieber in diesem Flecken der Erste als in Rom der Zweite!" Mit Rnhm und Beute kehrte er zur�ck und fa�te den Plan, eine Partei in Rom durch die andere zu st�rzen und sich mit der h�chsten Gewalt zu bekleiden.
3. Casars B�ndnis mit Pompejus und Krassus oder das erste Triumvirat. Das erste Triumvirat (d. h. Dreim�nnerbund) wurde von C�sar, Pomp ejus und Krassus geschlossen (60). �Es war ein Bund 60 der Klugheit mit dem Ruhm und Reichtum, wodurch der eine steigen, der andere sich behaupten und der dritte gewinnen wollte." C�sar lie� sich die Provinz Gallien, Pompejus Spanien und Krassus den Orient zur Verwaltung �bertragen. Krassus besch�f-tigte sich am liebsten mit Goldw�gen und Pl�ndern der Tempelsch�tze. Sein Reichtum war so gro�, da� er einmal drei Monate lang allen B�rgern das Brot schenkte. Er wurde von den Par-thern verr�terisch ermordet. Pompejus blieb in Rom und lie� seine Provinz durch Legaten verwalten. C�sar eroberte in acht Jahren ganz Gallien und ver-schaffte sich dadurch Ruhm, Geld und ein ergebenes Heer.
4. Casars Sieg �ber Pompejus im zweiten B�rgerkriege (49�45).
Pompejus sah mit Neid C�sars wachsende Macht. Auf sein Betreiben wurde C�sar vom Senat zur Entlassung seines Heeres aufgefordert. Als C�sar z�gerte und das gleiche von Pompejus forderte, wurde er f�r einen Feind des Vater-landes erkl�rt. Da �berschritt er mit seinem Heere den Rubikon, das Grenzfl��chen seines Gebietes, mit den Worten: �Der W�rfel ist ge-fallen!" Das Selbstvertrauen des Pompejus, mit dem er �Heere aus der Erde stampfen" wollte, erwies sich als leere Prahlerei. Er floh mit dem Senate nach Griechenland und lie� den Staatsschatz in C�sars H�nden. C�sar unterwarf zuerst Italien und Spanien und setzte dann nach Griechenland �ber. Den im Sturme zagenden Schiffer ermutigte er mit den Worten: ,,Getrost, du f�hrst den C�sar und sein Gl�ck!" Bei Pharsalns in Thessalien wurde Pompejus (48) geschlagen. Er floh 48 nach �gypten und �berlie� seine Anh�nger der Milde des Siegers, der immer mahnte: �Schonet die B�rger!" In �gypten erwartete Pompejus von der Dankbarkeit des K�nigs eine gastliche Aufnahme; statt dessen fand er bei der Landung den Tod durch Meuchelmord. Dem C�sar �berreichte man bei seiner Ankunft Kopf und Siegelring des einst so m�chtigen Mannes. Voll Abscheu wandte sich C�sar ab und vergo� Tr�nen der R�hrung.
5Q� Julius Lasar.
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5. Casars Siege in drei Erdteilen. In �gypten entschied C�sar einen Thronstreit zugunsten der sch�nen K�nigin Kleopatra. Die dar�ber entr�stete Partei ihres Bruders schlo� ihn in Alexandrien ein. Zu seiner Rettung verbrannte er die �gyptische Flotte, wobei auch ein Teil der be-r�hmten Bibliothek in Flammen aufging. Nachdem er Verst�rkung er-halten, besiegte er den K�nig, der dann auf der Flucht im Nil ertrank. � In Kleinasien bei Zela besiegte er rasch den aufst�ndischen PHarnaces
47 von Pontus, den Sohn des Mithridates (47). An den Senat schrieb er nur: �Ich kam, sah und siegte." �'JnNordafrika schlug er bei Thapsus 46 die Pompejauer (46). � Der edle Republikaner Kato der J�ngere wollte den Untergang der Freiheit nicht �berleben und t�tete sich selbst in Utika. � In Spanien bei Mnnda besiegte C�sar nach verzweifelter 45 Gegenwehr die S�hne des Pompejns (45). Als seine Truppen wankten, rief er: �Sch�mt ihr euch nicht, euren Feldherrn Knaben in die H�nde zu liefern 1"
6. Casars Regentent�tigkeit. Der heimkehrende Sieger wurde auf Lebenszeit zum Diktator ernannt; auch wurde ihm der Titel �Imperator" verliehen, der den h�chsten milit�rischen Gewalthaber bezeichnete. Er feierte vier Triumphe und speiste das Volk an 22000 Tischen. � Bei einem Triumphzuge sa� der Sieger mit dem Lorbeer im Haar in einem ver-goldeten Wagen. Vor ihm her wurden die gefesselten F�rsten und die Kriegsbeute gef�hrt. Gro�e Tafeln und Bilder verk�ndeten seine Taten. Ringsum ert�nte das Jubelgeschrei des Volkes. Hinter dem Triumph-wagen her zogen die tapfern Legionen mit den Siegeszeichen. Auf dem Kapitol wurden dem Jupiter Opfer dargebracht. Speisung des Volkes, Verteilung von Geschenken und �ffentliche Festspiele beschlossen die Feier. � Viel Beute wurde von C�sar verteilt, das Kriegsvolk mit Landeigentum belohnt, Rom versch�nert, Ruhe und Ordnung hergestellt. Der Kalender wurde mit Hilfe des Astronomen Sofigenes aus Alexandrien verbessert und C�sars Geburtsmonat ihm zu Ehren Juli genannt. C�sar trug einen Purpurmantel und lie� M�nzen mit seinem Bilde anfertigen. Dem Volke gab er �Brot und Spiele"; darum verzieh man ihm, da� die Republik nur noch ein Name war.
44 7. C�sars Tod (44). Aber die Rache schlief nicht. Die repnbli-kanische Partei zettelte unter Kassius' F�hrung eine Verschw�rung an. Nach langem Dr�ngen gewannen sie auch Brutus daf�r. (Brutus, schl�fst du?) C�sar liebte Brutus und hatte ihn mit Wohltaten �berh�uft. Brutus �ha�te die Tyrannei, aber er liebte den Tyrannen".
Am 15. M�rz 44 v. Chr. sollte dem C�sar der K�nigstitel f�r die ausw�rtigen Provinzen erteilt werden. Trotz mancher Warnungen und trotz der Vorstellungen seiner Gemahlin Kalpurnia, die durch einem Traum erschreckt war, begab er sich in die Sitzung des Senats. Ein Ver-schworener trat zu ihm und bat um Begnadigung seines verbannten Bruders. Als C�sar sie abschlug, ri� ihm ein anderer die Toga von der Schulter und stie� ihm den Dolch in den Nacken. �Verfluchter, was tust du?" rief C�sar sich umwendend. In dem Augenblicke blitzten die Dolche aller Ver-
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schworenen und bohrten sich mit wilder Hast in das Opfer. Als C�sar auch Brutus unter seinen M�rdern sah, seufzte er: �Auch du, mein Sohn?" verh�llte sein Haupt und sank, von 23 Wunden bedeckt, an der Bilds�ule des Pompejus nieder. Entsetzt flohen die Senatoren auseinander.
Fragen: Schildere das Treiben der Seer�uber! � Was ist eine katilina-tische Existenz? � Vergleiche C�sar und Pompejus! � Beispiele von Undank aus der r�mischen Geschichte! � Welche Leidenschaften waren bei C�sars Er-mordung t�tig? � Der Julianische Kalender. � Welche Bedeutung haben C�sars gallische Kriege? � Beschreibe eilten Triumphzug! � �Spartakus" von Lingg. � �C�sar" von Kinkel. � �Julius C�sar", Drama von Shakespeare.
25. Das zweite Triumvirat.
1. Wie es entstand. Der genu�s�chtige und gewandte Antonius reizte bei C�sars Leichenfeier durch die Lobrede auf den gro�en Toten, die Verlesung des Testaments, worin dem Volke gro�e Geschenke vermacht waren, und das aufgeh�ngte blutige Gewand neben der ausgestellten Leiche die Wut des Volkes gegen die Verschwornen derart, da� diese sich nur mit M�he in ihren H�usern vor dem anst�rmenden Volke zu retten vermochten. Aber trotzdem konnten Brutus und Kassius mit Zustimmung des Senats in ihre Provinzen abreisen. Der Haupterbe C�sars war der Enkel seiner Schwester, der 18 j�hrige Oktav ian. Klug und einschmeichelnd, wu�te er sich bald in der Volksgunst festzusetzen und den Antonius daraus zu verdr�ngen. Nach mancherlei bitteren Feindseligkeiten vereinigten sich aber pl�tzlich die beiden Gegner und schl�ssen mit Lepidns das zweite Triumvirat (43). 43
2. Wie die drei M�nner ihre Feinde �chteten. Um sich Geld zu verschaffen und die republikanische Partei zu schw�chen, setzten die Triumvirn wieder eine �chtungsliste auf, und die Schl�chtereien erneuerten sich. Besonders w�tete Antonius gegen seine Feinde. Das edelste Opfer war der Redner Cicero. Auf der Flucht wurde ihm, als er sich aus der S�nfte bog, das Haupt von einem Manne abgeschlagen, dem seine Beredsam-keit einst das Leben gerettet hatte. Antonius betrachtete mit grimmiger Schadenfreude das Haupt seines Todfeindes, und seine Gattin Fulvia durchstach mit gl�henden Nadeln die Zunge, welche einst ihre Laster ge-gei�elt Hatte.
3. Wie die Republikaner vernichtet wurden. Nun sollten die M�rder C�sars, Brutus und Kassius, im Osten des Reiches besiegt und auch hier der Triumvirn Macht befestigt werden. Brutus und Kassius hatten ihre Streitkr�fte bei Philippi in Mazedonien zusammengezogen.
Es kam zu einer Doppelschlacht (42). Nach der Niederlage seines Heeres- 42 teiles lie� sich Kassius in �bereilter Verzweiflung von einem Sklaven t�ten. Nach 20 Tagen unterlag auch Brutus in einer zweiten Schlacht und t�tete sich selbst. Seine edle Gattin Porcia verschluckte gl�hende Kohlen, um ihren Gatten nicht zu �berleben. Sie war die Tochter Ca tos, der sich aus Freiheitsliebe selbst t�tete, und ihrem Vater an Seelengr��e und Freiheitsliebe �hnlich. Die Triumvirn teilten die Provinzen: Oktavian erhielt die westlichen, Antonius die �stlichen, Lepidns Afrika.
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4. Wie Antonius die Volksgunst verscherzte, Oktavian sie ge-wann. Antonius war nach dem Osten gegangen, erpre�te dort Tribut-gelber und verpra�te sie mit der sch�nen Kleopatra von �gypten. Lepidus in Afrika machte dem Oktavian Sizilien streitig, aber sein Heer ging zu Oktavian �ber, der den Unsch�dlichen zum Oberpriester machte. Oktavian erwarb sich durch seine Siege, seine milden Ma�regeln und sein einschmeichelndes Wesen die Liebe aller. R�uber und Landstreicher wurden aufgegriffen und gestraft, Ruhe und Sicherheit wiederhergestellt. Durch seinen Freund �grippa lie� er Wege, Br�cken und Wasserleitungen aus-bessern oder neu anlegen, die Kloaken reinigen, den Zirkus versch�nern und �ffentliche Spiele veranstalten.
5. Wie Oktavian �ber Antonius siegte. Indessen trieb Antonius die gr��ten Tollheiten. Er verschenkte an Kleopatra und ihre Kinder ganze Provinzen, feierte die unsinnigsten Schwelgerfeste mit ihr, f�hrte �bereilte Kriege, mi�achtete die r�mischen Ordnungen und verstie� zuletzt feine Gattin Oktavia, die Schwester Oktavians und die edelste Frau Roms. Durch ihre Weisheit, Liebe und Geduld hatte Oktavia manchen Zwist zwischen ihrem Bruder und ihrem Gatten im Keime erstickt. Nachdem ihr Antonius den Scheidebrief geschickt, widmete sie sich doch mit hingebender Liebe und Sorgfalt der Erziehung seiner Kinder. Endlich erkl�rte der Senat den Antonius f�r einen Feind des Vaterlandes. Beim akarnanifchen Vor-gebtrge Aktinm an der griechischen K�ste kam es zur Entscheidungsschlacht,
31 in welcher Oktavians Feldherr Agrippa den Sieg gewann (31). Antonius' schwerf�llige Schiffe bildeten einen halbmondf�rmigen Wall, der bald von Oktavians Schnellfeglern durchbrochen wurde. Die �bereilte Flucht der �gyptischen Schiffe brachte Verwirrung in die Reihen. Als nun gar der bet�rte, pflichtvergessene Antonius der fl�chtigen Kleopatra folgte und Agrippa Feuer in die Schiffe werfen lie�, da wurde die Niederlage allgemein. Nach siebent�gigem Warten ergab sich auch das Landheer. Oktavian folgte dem Geschlagenen nach �gypten. Als dieser das falsche Ger�cht von Kleopatras Tode h�rte, st�rzte er sich in sein Schwert. Kleopatra aber versuchte, Oktavian durch ihre K�nste zu bet�ren. Als ihr dies nicht ge-lang, t�tete sie sich selbst, indem sie. wie man erz�hlt, sich von einer giftigen Natter bei�en lie�. �gypten wurde r�mische Provinz, und Oktavian war nun Herr der Welt. Seine W�rde bezeichnet der Name C�sar oder Kaiser. Der Senat gab ihm den Ehrennamen Angnstus, d. h. der Erhabene. Der 8. Monat wurde nach ihm genannt, wie der 7. nach Julius C�sar. Zum drittenmal wurde der Jauustempel geschlossen.
Fragen: Welchen Makel bezeichnen die Namen Fulvia und Kleopatra? � Wodurch verlor Antonius die Schlacht bei Aktinm? -� Welches sind die inneren Ursachen des Unterganges der Republik?
88: Marius und Sulla. 63: Katilina. Cicero. 60: Erstes Triumvirat. 58: C�sar in Gallien. Ariovist. 48: Schlacht bei Pharsalus. 45: Julianischer Kalender. 44: -j- C�sar. 43: Zweites Triumvirat, f Cicero. 40: Herodes in Jnd�a. 36: �ffentliche Bibliothek in Rom. 31: Schlacht bei Aktium, 30: Augustus wird Alleinherrscher. Die Dichter Virgilins, Ovidius, Horatius, Ph�drus, der Geschichtsschreiber Livius. 9 v. Chr.: Drnsus in Deutschland.
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26. Kaiser Jugustus (30 v. Chr. 14 it. Chr.).
1. Sein gewaltiges Reich. Das r�mische Reich erstreckte sich vom Atlantischen Ozean bis zum Euphrat, von der Donau und dem Rhein bis zu den W�sten Nordafrikas und umfa�te 25 �Provinzen". Provinzen hie�en die unterworfenen au�eritalischen L�nder, die von Statthaltern ver-waltet wurden. Augnstns �berlie� die sogenannten �ruhigen" Provinzen dem Senate, der seine Statthalter, Prokonsuln genannt, dorthin sandte. Die �unruhigen" Provinzen verwaltete Augustus durch seine Propr�toren. Von den etwa 100 Millionen Bewohnern waren die H�lfte Sklaven, V6 B�rger und % Untertanen. Unter den 6000 gr��ern St�dten nahmen Rom, Alexandrien und Antiochia den ersten Rang ein.
Das Heer wurde unter Augustus ein stehendes und z�hlte 25 Legionen, jede 6000 Mann stark. Die Legionen verteilte der Kaiser durch seine Provinzen und die senatorische Provinz Afrika. Jeder Legion war eine in den Provinzen ausgehobene gleichstarke Abteilung �Hilfstruppen" beigegeben. Das ganze Heer bestand also aus 300000 Manu. In jeder kaiserlichen Provinz befehligte der Statthalter das dort befindliche Heer. Zum Schutze des Kaisers, der Stadt Rom und Italiens standen au�erdem noch 9 Kohorten (zu je 1000 Mann) Pr�torianer bereit. Sie sind mit den heutigen Gardetruppeu zu vergleichen. Die Mehrzahl waren Germanen. Ihre Generale hie�en Pr�fekten. Zur Wahrung der Grenzen hatten drei Heere � am Rhein, an der Donau und am Euphrat � feste Standlager bezogen, und eine Flotte �berwachte die Meere. Vorsichtig und zweckm��ig waren die Standlager angelegt, so da� ein �berfall unm�glich war. Der viereckige Lagerplatz war durch tiefe Gr�ben, gekreuzte Palisaden, aufgepflanzte Wurfmaschinen, Querw�lle zwischen den einzelnen Quartieren und ein Ausfalls- und Abzugstor ge-sichert. Die Zelte, jedes f�r 10 Mann, waren von Tierfellen, im Winter strohbedeckte H�tten, und bildeten Gassen. Das Feldherrnzelt trug ein wei�es F�hnlein. Davor war ein freier Raum zu Versammlungen mit einem Altar, einer Rednerb�hne und den Feldzeichen. Letztere waren silberne oder goldene Adler auf einer Stange. Flei�ig wurden die M�rsche ge�bt. Der Eilschritt forderte in 5 Stunden 24000 Schritte. Au�er den Waffen trug der Soldat einen Korb, eine S�ge, einen Strick, eine Kette, eine Handm�hle, einen Topf, einige Pf�hle und Lebensmittel auf einen halben Monat, im ganzen ein Gewicht von 30 Kilogramm. Vor einer Schlacht wurde diese Last abgelegt. Strenge Strafen schreckten den feigen, Beute und Ehre lockten den tapfern Soldaten.
Durch die Kriege, die Augustus als Kaiser f�hrte, wollte er Haupt-f�chlich das Gewonneue sichern. Zu dem Zwecke wurde in Spanien, in Pannonien, Rh�tien und mit den Parthern gek�mpft. In Deutschland drangen seine Stiefs�hne Drnfus und Tiberins erobernd vor und legten viele Kastelle an. Aber die dauernde Eroberung wurde durch Hermann oder Arminius vereitelt (S. � 27b, 2).
2. Seine anfbl�hende Residenz. Rom wurde als Kaiserstadt der Mittelpunkt des Reiches und seiner Verwaltung. Aus allen Teilen des
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 9lu3g. A. 7
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weiten Gebietes str�mten hier die Menschen zusammen, hohe und niedere Beamte, Soldaten, Kaufleute, H�ndler und K�nstler aller Art. Die schnell wachsende Bev�lkerung und der steigende Verkehr der Stadt verlangten andere Ordnungen und neue Einrichtungen. Rom erhielt dementsprechend durch Augustus seine eigene st�dtische Verwaltung und Einteilung in 14 Regionen, eine besondere Polizeitruppe von 3000 Stadtsoldaten und eine milit�risch eingerichtete Feuerwehr. Auch das �u�ere Ansehen ge-staltete sich durch die vielen Kunstbauten von Tempeln, Theatern, B�dern usw., die nach und nach entstanden, wesentlich um. Augustus r�hmte von sich, da� er die Backsteinstadt in eine Marmorstadt verwandelt habe. In der Baukunst leisteten die R�mer �berhaupt Bedeutendes. Sie wu�ten geschickt und geschmackvoll den griechischen (korinthischen) S�ulen-bau mit dem von ihnen ausgebildeten Gew�lbe- und Kuppelbau zu ver-einigen. Zwar war das kaiserliche Haus des Augustus aus dem pala-tinischen H�gel noch kein so gl�nzender Bau wie die Pal�ste sp�terer Kaiser, aber die von ihm sonst errichteten Geb�ude und Bauwerke: das neue Forum mit dem Tempel des Mars, das gro�artige Theater des Marcellus f�r 20000 Zuschauer und das gewaltige Grabmal auf dem Marsfelde f�r sich und seine Familie, waren herrliche Zierden der Hauptstadt. Neben ihm bauten andere vornehme R�mer Prachtbauten f�r �ffentliche oder Privatzwecke. So errichtete sein Feldherr und Schwieger-s�hn Agrippa das ber�hmte Pantheon, einen Rundbau mit Kuppel, der allen G�ttern des julischert Hauses geweiht war, und daneben auf dem Marsfelde ein Marmorbad. (Das Pantheon ist jetzt die Kirche Santa Maria Rotonda).
In der nachfolgenden Kaiserzeit entstanden in immer gr��erer Pracht Kaiserpal�ste, mit S�ulen und Bildwerken geschm�ckte M�rkte, Basi-liken (S�ulenhallen) f�r Beratungen, Theater, Ehrens�ulen, Triumphbogen und �warme B�der". Letztere waren eine besondere Liebhaberei der R�mer. Sie waren mit dem gr��ten Luxus ausgestattet und enthielten Prachtr�ume f�r Unterhaltung, Spazierg�nge, Erholung, Bibliotheken und Kunstsammlungen. Der eigentliche Bau wurde aus Back-steinen aufgef�hrt, die W�nde und Decken mit Marmor, Granit oder Porphyr belegt, die S�ulen aus diesen Gesteinen selbst hergestellt. Auch gro�-artige Nutzbauten wie Heerstra�en, Wasserleitungen, Br�cken und Hafenanlagen kamen wie fr�her (S. � 22, 1) zur Ausf�hrung. Die dauerhaften Heerstra�en gingen von dem goldenen Meilensteine auf dem Forum Romannm aus und liefen nach allen Teilen des weiten Reiches. Pr�chtige Triumphbogen sind den Kaisern Titus und Konstantin er-richtet worden, um ihre Siegestateu auch durch Inschriften und Bildwerke zu verherrlichen. Gro�artige B�der legten Titus, Karakalla und Diokletian an. Unter den Kaiserpal�sten sind besonders das schon fr�h zerst�rte goldene Haus Neros und Domitians Palast, unter den Marktpl�tzen der Trajans mit der Trajansf�ule zu erw�hnen. Ein gewaltiges Amphitheater, das Kolosseum, weihte Titus ein. Es war ein riesenhaftes, vierst�ckiges Rundtheater f�r Wettk�mpfe von Menschen und Tieren mit mehr als 80000 Sitzpl�tzen. Hier erg�tzte sich das schau-
Oben: Tempel des Jupiter auf dem Kapitol. Im Hintergrunde.- Tabularium (Staatsarchiv). Oben: Burg.
Tempel des Saturn. Tempel des Vespasian, Tempel der Konkordia. Triumphbogen des Septimius Severus.
Basilika Julia. Rostra (Rednerb�hne). Basilika �milia.
60. Das r�mische Forum. Rekonstruktion. (N H�lsen, R�m. Forum.)
61. Amphitheatcum Flavium, im Mittelalter Koloffeum genannt, von Titus 80 n. Lyr. getoeitjt. (Nach einer Photographie)
lustige Volk an den Fechter-k�mpfen und Tierhetzen.
Die Fechter oder Gladiato-ren waren Kriegsgefangene oder Sklaven oder Verbrecher.
Sie wurden lange und flei�ig im Fechterhandwerk ge�bt und mu�ten dann vor den Augen von Tau-senden in der Arena, dem eirunden Kampfplatz, auf Tod und Leben mitein-ander k�mpfen. Zeigten sie sich l�ssig oder schonten sie sich gegenseitig, so wurden sie mit Peitschen und gl�henden Stangen gegeneinander getrieben. Die unterliegen-den Fechter wurden verschont oder get�tet,
je nachdem die Zuschauer ihre Daumen erhoben oder senkten. Ebenso beliebt wie die Fechterk�mpfe waren die Tierhetzen.
L�wen, Tiger, Elefanten und andere wilde Tiere wurden durch Hunger, Peitschen-knallen, Fackeln oder Stacheln zur Wut gereizt und auf den Fechter zu einem Kampfe auf Leben und Tod losgelassen.
Das gegenseitige Zerfleischen von Mensch und Tier war Augenweide f�r das ent-artete Volk. Je mehr Blut flo� und je mehr Menschen und Tiere fielen �� oft viele hundert �, desto gelungener war das Schauspiel.
Von all den herrlichen Bauwerken in Rom sind nur noch wenige vorhanden; die Mehrzahl liegt in Tr�m-mern; manche sind v�llig verschwunden.
Von dem unsinnigsten Luxus der Reichen in Rom hob sich um so greller das Elend der zahlreichen Armen ab. Die Sitten verfielen immer mehr. Die G�tter wurden verlacht, die Ehen gebrochen, das Familien-leben zerst�rt, die ehrliche Arbeit verachtet, die �ppigsten Schwelgereien getrieben, Mitleid und Erbarmen gegen Ungl�ckliche vergessen und t�glich neuen Vergn�gungen nachgelaufen. Der Dichter Juveual seufzte ange-fichts dieser Sittenverderbnis: �Es ist schwer, kein Spottgedicht zu schreiben!"
3. Seine kluge Regierung. Der Wille eines Einzigen lenkte die ungeheure Staatsmaschine. Aber klug lie� Augustus die Republik mit Senat und Volksversammlungen zum Scheine fortbestehen und begn�gte sich, alle h�heren �mter in seiner Person zu vereinigen und sie sich j�hr-lich erneuern zu lassen. Dem ruhebed�rftigen Volke gab er Brot und Spiele. Den Erpressungen der Beamten wehrte er und f�hrte feste Ge-h�lter ein. K�nste und Wissenschaften wurden besonders von seinem hoch-gebildeten Freunde M�ccnas gef�rdert. Virgilius (f 19. v. Chr.)
62. Marmorbild des Augustus als Feldherr.
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dichtete die �neide, ein Heldengedicht, das die Irrfahrten des �neas und seine Niederlassung in Latium (Italien) behandelt; Horatius (f 8 v. Chr.) seine Oden nach griechischen Vorbildern und Satiren in geistvoller Ausf�hrung; Ovidius (f 17 n. Chr.) die Metamorphosen, d. h. Verwandlungen, nach griechischen Mythen, in denen Menschen in Tiere, B�ume usw. verwandelt werden, und Ph�drus seine Fabeln. Livius (f 17 n. Chr.) erz�hlte in seinen 142 B�chern, von denen 35 erhalten sind, die r�mische Geschichte von der Erbauung Roms bis auf Drusus mit dichterischer Ausschm�ckung. Man nennt diese Zeit das Augusteische oder goldene Zeitalter der Literatur. Das gl�ckliche Volk nannte Augustus den �Vater des Vaterlandes". Seinen Nachfolgern rief man zu: ,,Sei gl�cklicher als Augustus und besser als Trojan!"
Von der r�mischen Schrift. Griechen und R�mer schrieben auf Wachstafeln und Papyrusrollen, in den Zeiten nach Christi Geburt auch
auf Pergament. Per-gament ist nngegerbte, mit Kalk gebeizte und gegl�ttete Tierhaut, benannt nach der Stadt Perga-mon in Kleinasien, wo es im Altertume in Menge gefertigt wurde. Wachs-tafeln fertigte man gew�hnlich aus Holz, wel-ches man mit einer d�nnen, schwarz gef�rbten Wachsschicht �berzog. Die Schrift wurde vermittelst eines spitzen, metallenen Griffels, des stilus (� davon unser �Stil" �), eingeritzt, der an seinem oberen Ende glatt oder gerundet war, so da� er zugleich auch zur Gl�ttung der beschriebenen Stelle verwendet werden konnte. Das wichtigste Schreib-Material des Altertums, das Papyrusblatt, bezog man ans �gypten, da hier allein die Pflanze, aus der es hergestellt wurde, gedieh. F�r die schreiblustigen Griechen, die in ihrem eigenen Lande kein brauchbares Schreibmaterial fanden, hatte daher die Einf�hrung des Papyrus etwas von der gewaltigen Wirkung der Erfindung der Buchdruckerkunst. Zur Herstellung der Papyrusbl�tter wurde das Mark der Papyrusstaude in feine Streifen geschnitten; sodann wurden mehrere dieser Streifen mit den Breitseiten aneinander gelegt, die Fl�chen mit Kleister bestrichen und eine zweite Lage Streifen quer �ber die erste aufgeklebt. Darauf wurde das Blatt in noch feuchtem Zustande gepre�t, mit dem Hammer bearbeitet und endlich in der Sonne getrocknet. Die so angefertigten Bl�tter wurden vielfach einzeln in den Handel gebracht und haupts�chlich f�r Briefe ver-wendet. Das geschriebene Blatt wurde zusammengefaltet oder gerollt und hierauf mit F�den durchzogen, umwickelt und versiegelt.
F�r gr��ere Schriftst�cke verband man gleich in der Papyrusfabrik
<53. R�misches Schreibzeug. I.
Metallener Sckreibgriffel (stilus). Zweiteilige Schreibtafel beschrieben (an der R�ckseite sind die beiden H�lften durch Drahtringe verbunden, so da� die Tafel zum Schutz der Schrift zusammengeklappt werden fattn). Adressierter gesiegelter Papyrusbrief. Falzbein. Tintenfa�.
(Schreiber, Kulturhistor. Bilderatlas.)
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R�misches Schreibzeug. II.
Tintenfa� mit Schreibrohr. Rolle mit angeh�ngtem Pergamentstreifen zum Auf-schreiben des Titels. Schreibgriffel. Mehrere Wachstaieln nach Art unserer B�cher durch Ringe zusammengeheftet. Rechentafel. (Schreiber.)
eine gr��ere Anzahl Bl�tter zu langen Streifen, welche mit dem einen Ende an einen d�nnen Stab befestigt und um ihn gerollt wurden.
Beim Lesen hielt man die Rolle in beiden H�nden und wickelte sie allm�hlich nach links ab. Mehrere Rollen wurden, besonders wenn sie Teile desselben Schriftwerks bildeten, in einer Kapsel vereinigt.
Von dem r�mischen (Selbe. In der �ltesten Zeit gab es nur Tauschhandel. Dann kam Knpsergeld, gewogene St�cke ohne Pr�gung, in den Handel. Die gr��ten St�cke, As genannt, waren ein r�misches Pfund schwer und wurden in 12 Teile zerlegt. Der Wert eines As betiug nach unferm Gelde noch nicht 50 Pfennige.� Erst in der Zeit der letzten K�nige wurde das Geld gepr�gt. Seit 268 v. Chr. wurde die Silberpr�gung
Kaiser Titus. Kaiser Hadrian. Kaiser"Nero.
(Nach Cohen.) (Aus d. Abh. d. Berl. Akad.) (Nach Jmhoof-Blumer.)
Kaiser Tiberius. (Nach Jmhoof-Blumer.)
Kaiser Augustus. Julius Caesar.
(Nach Jmhoof-Blumer, Portr�tk�pfe.) (Nach Bernoulli.)
<55. R�mische M�nzen.
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eingef�hrt. Das Kupfergeld fank nat�rlich sehr im Werte und galt nun als Scheidem�nze. Die Silberm�nzen waren der Sesterz und der De-nar. Ein Denar war gleich 4 Sesterzen, 1 Sesterz gleich 20�17 Pf., 1 Denar also 80�70 Pf.
4. Sein h�usliches Mi�geschick. Der strahlende Glanz des Kaiser-Hauses hatte auch seine Schattenseiten. Augustus' dritte Gattin war die r�nkevolle Livia, die ihm die beiden Stieff�hne Drnfus und Tiberius zubrachte. Um letzterem die Nachfolge in der Regierung zu sichern, r�umte sie, wie man ihr schuld gab, durch Gift und Dolch alle aus dem Wege, die n�here Anspr�che hatten. Des Kaisers einzige Tochter Julia war an seinen Freund und Ratgeber Agrippa verheiratet, f�hrte aber einen so sittenlosen Lebenswandel, da� sie auf eine Insel verbannt werden mu�te. Nachdem ihre hoffnungsvollen S�hne Pl�tzlich dahingestorben waren, nahm endlich Augustus seinen finsteru und mi�trauischen Stiefsohn Tiberius an Kindes Statt an, der nach ihm das gewaltige Reich in den ersten acht Jahren trefflich regierte.
5. Sein freudloses Ende. Unter Augustus wurde zu Bethlehem im j�dischen Lande von der Jungfrau Maria aus Davids Geschlecht Jesus Christus geboren als Heiland der V�lker, die sich nach dem Reiche der Wahrheit und Liebe sehnten. In seine letzten Lebensjahre f�llt die gewaltige Kraft�u�erung des germanischeu Volkes im Teutoburger Walde. Christentum und Germanentum haben nach ihm die Welt gestaltet.
Die letzten Jahre des Kaisers�waren einsam und freudlos. Er starb 14 zu Nota in Unteritalien, 76 Jahre alt (14 n. Chr.), und wurde nach n. Chr f^nem Tode g�ttlich verehrt. Bei seinem Sterben soll er ge�u�ert haben: �Das Schauspiel geht zu Ende."
Fragen: Welches waren die L�nder des r�mischen Reiches (�Alle Welt") unter Augustus? � Welche Umst�nde f�hrten das goldene Zeitalter der Kunst herbei? � Woher stammte die H�rte im r�mischen Charakter? � Woher die Sittenverderbnis? � Wozu dienten die einzelnen St�cke der Soldatenausr�stung? � Wie zeigten sich in Livia, Julia und Maria drei Richtungen des Frauen-charakters? � Wie verhalten sich das absterbende Rom und das auflebende Christen- und Germanentum zueinander? � �An C�sar Augustus" von Geibel (nach Horaz). � �Lied der Legionen" von Dahn.
27 a. Hie Germanen oder Deutschen.
1. Das deutsche Land. Die Germanen wohnten von der Nord-und Ostsee bis zur Donau, von den Vogesen bis zur Weichsel. Das Land war nur stellenweise mit Hafer, Gerste, R�ben und Rettichen angebaut, gr��tenteils aber mit Laub- und Nadelw�ldern oder S�mpfen bedeckt. In den W�ldern hausten B�ren, W�lfe, Auerochsen, Elentiere und anderes Wild. Auf Wiesen und Bergh�ngen weideten Pferde, Rinder, Schafe und Schweine. Das Klima war rauh und nebelig. Die Fl�sse waren Wasser-reicher als heute, traten h�ufig �ber ihre Ufer und bildeten gro�e S�mpfe, die den Verkehr ungemein erschwerten.
2. Die deutsche Lebensweise. Die Germanen hatten einen hohen Wuchs, gro�e K�rperkraft und Ausdauer (nur nicht in der Hitze), helle
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Hautfarbe, rotblondes, langes Haar und blaue, gl�nzende Augen. Ihre Nahrung bestand aus wildem Obste, Fleisch, Gem�se, Milch und Met (Bier aus Honig), ihre Kleidung haupts�chlich aus selbstgewebten Wollen-und Leinenstoffen und Tierfellen, die sie wie M�ntel �berwarfen. Die Besch�ftigung der M�nner war drau�en Jagd und Krieg, daheim Waffen�bung, Trunk und W�rfelspiel auf der B�renhaut. Die Haupt-Waffen waren Schild und Speer.
Der Eschenspeer hatte eine schmale Metallspitze und wurde weithin ge-schleudert, aber auch im Nahkampfe zum Sto�e verwandt.
Andere Waffen waren Keulen, Bo-gen und Pfeile. Auf den Kopf setzten die Krieger den Sch�del eines wildenTieres,
um die Feinde ab-zuschrecken und sich zu sch�tzen. Der Schild war ans Holz und mit Fell �berzogen. Lieber verlor der Deutsche das Leben als den Schild. Die meisten Krieger zogen zu Fu� in den Streit.
An der Spitze des Heereskeiles stan-
den die Tapfersten. Die Reiter auf nicht sch�nen aber flinken Rossen wurden in der Schlacht von gewandten Fu�k�mpfern unterst�tzt. Schon die Knaben wurden in den Waffen ge�bt. Die Frauen bauten unter dem Beistande der Sklaven den Acker, h�teten das Vieh, spannen, webten und n�hten. Den Frauen erwiesen die M�nner Achtung, den weisen Alruueu oder Seherinnen Gehorsam. Vielweiberei herrschte nie bei ihnen. Die Ehe war ihnen heilig. Die Germanen wohnten am liebsten in einzelnen Geh�ften und folgten gern dem Wandertriebe. Mehrere H�fe bildeten eine Gemeinde als Dorf- oder Markgenossenschaft, mehrere Gemeinden einen Gau. St�dte gab es nicht, befestigte Pl�tze selten. In Kriegsnot rettete man das Vieh und die beste Habe in die W�lder oder hinter Ringw�lle auf steilen Bergen. Die H�user waren roh aus Baum-ft�mmen und Lehm zusammengef�gt und mit Schilf oder Stroh gedeckt,
66. Germane.
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bie einzelnen Geh�fte mit Pfahlz�unen umgeben unb von Hunben bewacht, Hunbe halfen auch bas Vieh h�ten unb bas Wilb jagen.
3. Der deutsche Charakter. Ihr Charakter zeichnete sich burch Mut, Freiheitssinn, Wahrhaftigkeit, Gottesfurcht, Gastfreunbschaft, Treue unb Redlichkeit aus. Der R�mer Tacitns (100 n. Chr.) sagt von ihnen in seiner �Germania": �Gro� war ihr K�rper, gr��er ihre Seele. Die Freiheit war ein bentfches Gut. Gute Sitten waren bei ihnen m�chtiger als anberswo gute Gesetze". �ber bie V�tersitten wachten bie Freien ber einzelnen Gaue ober Hnnbertschasten. Sie kamen zu gewissen Zeiten zu-sammeu, schlichteten Streitigkeiten unb setzten Strafen, z. B. bas Wergelb f�r einen Totschlag, fest. W�rbe es nicht in Rinbern ober Pferben gezahlt, so mu�te ber Misset�ter fliehen, w�rbe aus ber Sippe gesto�en unb f�r frieblos ober vogelfrei erkl�rt. Ein Manneswort galt als Eib. Ein Gast war unverletzlich, w�rbe beherbergt, mit bem Besten bewirtet unb beim Abschiebe beschenkt. Das feste Banb ber Blntsverwanbtschaft vereinigte bie �lieber einer Familie ober Sippe. Sie sch�tzten, beerbten unb r�chten sich gegenseitig. Das �Wergelb" f�r einen Totschlag zahlten ober empfingen sie gemeinsam, uub vor Gericht stauben sie sich als �Eibes-Helfer" bei.
4. Die deutsche Standesgliederung. Die Deutschen schieben sich in Vollfreie, bie von freien Eltern geboren waren uub eigenen Grunb-besitz hatten, Halbfreie ober H�rige, bie Gruubst�cke gegen Dienste und Abgaben zur Nutznie�ung hatten, unb Knechte ober Sklaven, bie Eigentum ihrer Herren waren. Diese letzteren, die sogenannten Unfreien, waren meist Kriegsgefangene. Aus ben Freien, bie sich burch Tapferkeit und Reichtum auszeichneten, bitbete sich nach unb nach ber Abel; boch waren die Edelinge kein geschlossener Stand und hatten keine besonderen Vorrechte. �Herz�ge" wurden als Oberanf�hrer f�r den Krieg von den St�mmen gew�hlt. Erw�hlte Gaugrafen standen an der Spitze der Gaue nnb leiteten unter freiem Himmel bie Gemeindeversammlung und das Gericht. Den F�rsten und K�nigen schlo� sich oft ein Gefolge aus tapferen jungen M�nnern an, das Leid und Freud', Gefahr und Tob treu mit feinem Gefolgsherrn teilte. Wichtige Angelegenheiten wurden in den Volksversammlungen zur Neu- und Vollmondszeit auf der Mahlstatt unter alten Linden beraten. Durch beif�lligen Zuruf und Zusammen-schlagen der Waffen nahm man die gemachten Vorschl�ge an, durch Murren verwarf man sie. So wurden Kriege beschlossen, Anf�hrer gew�hlt, J�ng-linge durch �berreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht, Gerichte �ber Misset�ter gehalten, Feiglinge im Sumpfe erstickt, Landesverr�ter geh�ngt, Verbrecher an Sicherheit und Wohl des Stammes den G�ttern geopfert. An den Volksversammlungen nahmen nur die Freien und zwar bewaffnet teil. Manche St�mme hatten sich fr�hzeitig K�nige gew�hlt und die freie Gemeindeverfassung aufgegeben.
5. Die deutschen G�tter. Die Religion war Naturverg�tterung. Wodan (Odin) galt als Vater alles Lebens, als Herrscher �ber Himmel und Erde und Lenker der menschlichen Geschicke. Als Windgott in wehendem Mantel und Wolkenhut befruchtete er das Getreide und die Obstb�ume.
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Auf achtf��igem Rosse mit dem nie fehlenden Wurfspie�e in der Hand ritt er im Sturmwinde durch die W�lder als �wilder J�ger". Seinen Lieblingen verlieh er zauberhafte Wissenschaft. Wolf, Rabe und Esche waren ihm geweiht. Auf hohen Bergen opferte man ihm Rosse und a� dann ihr Fleisch. Die Pferdesch�del befestigte man an B�umen und Hausgiebeln als Schutzmarken. Er war der Lenker der Schlachten. Die Gefallenen wurden von den Walk�ren oder Schlachtenjungfrauen zu den Freuden Walhallas getragen. Die Feiglinge und B�sewichte stiegen zu der grausen Toteng�ttin Hel (H�lle) in das kalte Niflheim (Nebel-Welt). Die zw�lf Afen mit Wodan an der Spitze leiteten die Welt-regierung. Wodans flachshaarige Gattin Frigga oder Freia war die G�ttin der Ehe und h�uslichen Ordnung. Als Erdenmutter Hertha wurde ihr auf R�gen geheimnisvoller Dienst geweiht. Als Frau Holle fuhr sie mit der Spindel in der Hand durch die Lande und segnete die Frauenarbeit.^ Ihr Sohu war Donar (Thor), der Donnerer. Er war
67. Urnengrab. 68. Ge�ffnetes''H�nengrab.
(Nach Hirt, Hist. Bild ert�feln.)
ein junger Riese mit rotem Barte und gro�em Hammer in der Hand. Sein zorniger Blick war der Blitz, sein gestr�ubter Bart der Sturm. Fuhr er mit seinem Bocksgespann durch die Wolken, dann donnerte es, schleuderte er seinen Hammer, dann schlug es ein. Er erquickte die Felder durch Regen und wandte von den Viehherden die Seuchen. So wurde er der Wohlt�ter der Landleute. Zin (Tyr) war der einh�ndige Schwert-oder Kriegsgott, auch �Sachsnot" genannt, der Sonnengott Baldur der liebreizendste der Afen, Braga der Gott des Gesanges und der Rede, Saga die G�ttin der geschichtlichen Erz�hlung, Loki der b�se, trugvolle Gott des Feuers. Er verleitete den blinden �sen H�dur, den sonst nn-verletzlichen Baldur mit einer Mistel zu werfen und ihn dadurch zum gro�en Jammer der G�tter und Menschen zu t�ten. Die reiche Einbil-dungskraft der Germanen bev�lkerte den Norden mit Riesen, die Berge mit Zwergen, den W�chtern der unterirdischen Sch�tze, die Gew�sser mit Nixen, Wald und Feld mit Licht- und Schwarzelfen. Asgard war der himmlische Wohnsitz der Asen, der mit der Erde durch die Br�cke Bifr�st (Regenbogen) verbunden war. Zw�lf G�tterburgen von nnbe-schreiblicher Pracht waren dort. Auf dem Jd'afelde fanden die himm-
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Uschen Gastm�hler und die K�mpfe mit den Helden aus dem Goldpalaste Walhalla statt; unter der �Weltesche" wurde das Gericht �ber G�tter und Menschen gehalten. Zwei Raben (Gedanke und Ged�chtnis) umflogen das Erdenrund und brachten Odin Kunde von allem. Seit die S�nde (Goldgier und Lust) Eingang in Asgard gefunden, ist ein furchtbarer Kampf zwischen den G�ttern und Riesen entbrannt. Er wird mit dem gro�en Weltbrande enden. Aus der Feuerwelt Muspelheim werden die Flammen nach Asgard schlagen und die �Weltesche" verbrennen. Der grimmige Feurirwolf wird Odin verschlingen, Thor die grause Mid-gardsschlauge erlegen, aber an ihrem Gifte sterben, die Erde ins Meer versinken und alles Geschaffene untergehen. Dann aber wird eine neue Welt erscheinen, und G�tter und Menschen werden versch�nt und veredelt wiedergeboren werden. Die G�tterlehre der Germanen ist in der Edda zu finden.
6. Der deutsche G�tterdienst. G�tzenbilder und Tempel hatten die Deutschen nicht. In heiligen Hainen wurden auf gro�en Steinen Opfer aus Fr�chten, Tieren und gefangenen Feinden dargebracht. Den G�tterwillen fachte man u. a. aus dem Fluge der V�gel und dem Wiehern geheiligter Rosse zu erfahren, oder die Priester zerlegten wohl auch Buchen-zweige in St�bchen, ritzten geheimnisvolle Zeichen. �Runen" hinein (�* davon �raunen" � jemandem etwas geheimnisvoll zufl�stern �) und streuten sie auf den Boden. Die St�bchen wurden dann aufgelesen und aus ihren Zeichen der Wille der Gottheit gedeutet (daher unsere Bezeich-nuug �Buchstaben" und �lesen"). Die Deutschen glaubten an die Unsterblichkeit der Seele, verbrannten die Leichen und begruben die Asche in t�nernen Urnen unter gro�en Grabh�geln. Noch heute findet man in diesen H�nengr�bern Waffen, Schmuck, Ger�te:e. Die Priester und S�nger der Kriegstaten ehrte man, r�umte ihnen aber keine Macht zum Herrschen ein.
Die Hauptfeste hochzit (oder hochgezit) wurden zur Sommer- und Winter-Sonnenwende und bei der Fr�hlings-Tag- und Nachtgleiche ge-feiert. Das bedeutendste war das Julfest (Jubelfest) am 25. Dezember. An Stelle dieser heidnischen Feste setzte das Christentum unser Ost er-, Johannis- und Weihnachtsfest.
Fragen: Was war in Deutschland damals anders als heute? � Welche Arbeiten wurden verrichtet? � Welche Verkehrsmittel gab es? � Welche Bilduugsmitel hatte man? � Worin bestand die Regierung? � Wie unterschied sich die germanische G�tterlehre von der griechischen? � Welche christlichen Ankl�nge finden sich im Glauben der Germanen? � Wie bezeichnet Ehe von ewa = ewig, das wahre Wesen des Bundes zwischen Mann und Weib? � Wie h�ngen die W�rter Adel nnd Edeling zusammen? � Woher die Namen Herzog und Graf? � An welche G�tter erinnern Donnerstag, Freitag und Dienstag (Ziu = Ziestag)?
27 b. Hermann (Irwin), der erste Befreier Deutschlands.
1. Wie die Deutschen durch List und Gewalt unterjocht wurden.
Die Cimberu waren ein deutscher Volksstamm an der untern Elbe. Als ihre Volkszahl zu gro� und die Weide f�r ihre Herde zu knapp wurde,
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da zogen sie mit Kind und Kegel nach S�den. Zu ihnen gesellten sich die Teutonen. An den Alpen lie� ihnen der r�mische Feldherr falsche Wege zeigen. Da besiegten sie nacheinander vier r�mische Heere und teilten sich dann, damit die Teutonen vom Rhonetale und die Cimbern vom Jnntale aus in Italien einfallen sollten. Aber der tapfere Feldherr Marius besiegte 102 v. Chr. die Teutonen im Rhonetale und 101 v. Chr. 102 die Cimbern auf der Ebene des Po, als sie sich von der m�hsamen Alpen-�bersteigung erholen wollten. Die Schlacht war blutig und hartn�ckig. Sogar die Frauen nahmen daran teil und verteidigten w�tend die Wagen-b�rg. � Sp�ter �berschritten die Sneven unter Ariovist den Rhein und �berschwemmten Gallien. Da besiegte und verjagte sie C�sar 58 v. Chr. 58 und eroberte alles Land auf dem linken Rheinufer. Drusus, des Augustus Stiefsohn, befestigte die Rheiugrenzen durch 50 Burgen^) und unternahm vier siegreiche Z�ge ins Innere von Deutschland. An der Elbe soll ihm eine riesige Alrune (Seherin) drohend zugerufen haben: �Kehre um, Uners�ttlicher, deines Lebens und deiner Taten Ende ist gekommen!" Auf dem R�ckz�ge st�rzte er vom Pferde und starb an einer Schenkelverletzung (9 v. Chr.). Sein Bruder, der uachmattge Kaiser Tiberius, s�ete Zwie- 9 tracht unter den Deutschen und unterwarf das Land bis zur Weser durch b- s*>r-List und R�nke.
2. Wie sie unter Hermann das r�mische Joch absch�ttelten.
Der r�mische Statthalter Quiuktilius Varus behandelte das westliche Germanien wie eine eroberte Provinz. Er beseitigte die deutsche Gau-Verfassung und f�hrte die r�mische Proze�ordnung ein, d. h. bei Gerichts-Verhandlungen mu�te lateinisch gesprochen und die Sache der Deutschen von r�mischen Advokaten, die sie nicht verstanden, gef�hrt werden. Er trieb mit H�rte ungerechte Steuern ein und lie� sich von Dienern Ruten und Beile vorantragen zum Zeichen, da� er die Deutschen peitschen und k�pfen lassen d�rfe. Da schlo� der k�hne und gebildete Cheruskerf�rst Hermann mit befreundeten H�uptlingen ein B�ndnis zur Absch�ttelung des fremden Joches. In Rom hatte er die r�mische Kriegskunst gelernt und die Gunst der R�mer gewonnen. Sie machten ihn zum F�hrer einer Reiterschar und -h�tten ihn gern ganz in ihre Dienste gezogen. Aber Hermann blieb im Herzen ein guter Deutscher. Der Glanz Roms blen-bete ihn nicht. Nach den gr�nen W�ldern seines Vaterlandes zog es ihn zur�ck. Er gewann das blinde Vertrauen des Statthalters, obwohl sein Oheim Segest diesen vor Hermann und seinen Pl�nen gewarnt hatte. Segest z�rnte seinem Neffen, weil dieser ihm seine Tochter Thusnelda entf�hrt hatte. Der bet�rte Varus lie� sich von Hermann ins Netz locken. Auf die Nachricht, da� au der Ems ein Aufstand ausgebrochen sei, brach er mit drei Legionen (etwa 18 000 Mann) dahin auf. Aber im Ten-toburger Walde (9 n. Chr.) �berfiel Hermann die vom Marsche er- 9 m�deten und vom Regen durchn��ten R�mer in der Gegend des heutigen "� e^r-
l) Ein gr��eres, wahrscheinlich von Drusus erbautes und sp�ter von Germanikus erneutes Kastell (zugleich befestigtes Lager) ist die auf S. Iii ab-gebildete sogenannte Saalburg.
Detmold (wo jetzt auf der Grotenburg das Hermanns-Denkmal weit in die Lande leuchtet). Der str�mende Regen machte die Bogensehnen schlaff und die Wege grundlos. Durch den heulenden Sturm scholl das Kriegs-geschrei der herandringenden Deutschen. Zwar widerstanden die R�mer zwei Tage hindurch; aber am dritten Tage waren die Legionen zersprengt, die Adler genommen und die Fl�chtigen niedergemetzelt. Der verzweifelnde Varus st�rzte sich in sein Schwert. Die Deutschen brachen nun die Zwingburgen, opferten viele Gefangene an ihren G�tteralt�ren, t�teten unter grausamen Martern die r�mischen Advokaten, rissen ihnen die Zungen aus mit den Worten: �Nun zische, du r�mische Natter!" und s�uberten das Land bis an den Rhein vom R�mertnme. Bei der Nachricht von dieser Niederlage soll Augustus den Kopf gegen die Wand gesto�en und ausgerufen haben: �Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder 1"
3. Wie Hermann Undank erntete. Sp�ter hat des Drnsus Sohn 14 Germanikns sich hohen Kriegsruhm in Deutschland erworben (14 bis
16 n. Chr.). Er hat die Gebeine der Erschlagenen im Teutoburger Walde bestattet, Hermanns Gattin Thusnelda mit ihrem S�hnlein gefangen hinweggef�hrt und ihn selbst in mehreren Schlachten zur�ckgedr�ngt. Thusnelda wurde mit ihrem S�hnlein zu Rom im Triumphe auf-gef�hrt, verleugnete aber auch als Gefangene ihre k�nigliche Frauen-w�rde nicht. Dauernd konnten die R�mer in Deutschland nicht Fu� fassen. Hermann aber, der Befreier Deutschlands und der Erhalter deutscher Sprache und Sitte, fiel im 37. Lebensjahre durch die meuchle-tische Hand neidischer und eifers�chtiger Verwandten, weil man ihn be-schuldigte, da� er nach der Alleinherrschaft strebe. Zw�lf Jahre war er der F�hrer der deutschen St�mme zwischen Rhein und Weser gewesen. Auf der Grotenburg �ber Detmold ist ihm nach der Einigung Deutsch-lauds ein Denkmal durch Ernst von B�ndel errichtet. Dies Standbild in Erz ist eine stete Mahnung zur Eintracht. Auf seinem Schwerte steht: �Deutsche Einigkeit meine St�rke, meine St�rke Deutschlands Macht!" Auf seinem Schilde: �Treufest!"
4. Wie nach ihm R�mer und Germanen verkehrten. Aus den r�mischen Burgen am Rheine sind nach und nach St�dte geworden. So entstanden Basel, Stra�burg, Worms, Mainz, Koblenz, K�ln, Augsburg, Regensburg, Trier u. a. Um die Grenze zu sch�tzen, bauten die R�mer einen 600 km langen Grenzwall mit doppeltem Graben. Er zog sich von der Lippe �ber den Taunus und Odenwald bis zur Donau bei Regens-b�rg. Aus Wartt�rmen hielten r�mische Krieger die Wacht. An Flu��berg�ngen waren Burgen angelegt und stark bemannt. Hinter dem Grenzwall siedelten sich ausgediente Soldaten, deutsche und gallische Bauern an. Diese Siedelungen hie�en Zehntland, weil die Siedler den zehnten Teil der Ernte an die r�mische Obrigkeit abgeben mu�ten. Mehr und mehr wurden die Deutschen aus einem Hirtenvolke ein se�haftes Bauernvolk, Die R�mer f�hrten Berg-, Wein- und Obstbau ein, bauten D�mme, Br�cken, Kan�le, Wege und Schlosser. Die Deutschen lernten von ihnen den Boden besser bebauen, Weinberge pflanzen, edles Obst und Gem�se ziehen, Wege, Br�cken und steinerne H�user bauen, Schmuck- und Gebrauchsgegenst�nde
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herstellen usw. Ihre Handelsleute holten von den Deutschen Vieh, Felle, Pelze, Frauenhaare und Bernstein, brachten ihnen dagegen Kleider, Ger�te und Schmucksachen. Viele Deutsche traten in r�mischen Kriegsdienst, weil die Aussicht auf Beute, das sonnige Land Italien und die Wunder der Weltstadt Rom sie lockten. Unter den Germanen entstanden im An-fange des dritten Jahrhunderts n. Chr. vier gro�e V�lkervereine: die Alamannen am Oberrhein, die Franken am Niederrhein, die Sachsen zwischen Ems und Elbe und die Goten im Osten. Unabl�ssig benn-ruhigten sie auf ihren Beutez�gen die r�mischen Grenzen.
69* Befestigtes Standquartier vom r�mischen Limes, die heutige Saalburg bei Homburg, wiederhergestellt unter Kaiser Wilhelm II.
5. Ein germanisches Geh�ft vor der V�lkerwanderung. Der
gro�e Hof liegt einzeln in einer weiten Talsenkung nahe bei Wald, Wiese und Wasser. Ein brusthoher Pfahlzaun umschlie�t, eine uralte Eiche beschattet ihn. Von den Geb�uden, die den Hofraum umgeben, ist die Wohnhalle das wichtigste. Sie ist auf einem Unierbau von geschichteten Steinen einst�ckig ans festem Eichenholze errichtet. Die Zwischenr�ume des Holzger�stes sind mit Rutengeflecht ausgef�llt und mit Lehm be-worfen. Das Dach ist dicht mit Schilf gedeckt. An der Giebelseite springt es etwas vor, ruht auf S�ulen und bedeckt eine offene Halle. Zu ihr f�hren Stufen, und ein Bretterverschlag umgibt sie in halber H�he/r Am
l) Vergleiche das nebenstehende Bild, auf welches obige Darstellung Bezug
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.Dachfirste sind zwei sich kreuzende Pferdek�pfe als Hausmarke angebracht. Die Art des Hausbaues erinnert an die Zeltwohnungen in der arischen Urheimat, die aus Pfosten, Stangen und Flechtwerk bestanden, aber leicht abzubrechen und fortzuschaffen waren. Unser Bild zeigt uns die Heimkehr
von der Jagd. Der Hofherr, ein Vollfreier, schreitet durch das niedrige Hoftor voran, und seine Gesippen und G�ste folgen ihm. Es sind kr�f-tige, hohe Gestalten. Fessellos wallt das lange r�tliche Haar auf die Schultern herab oder ist in einen seitlichen Knoten gekn�pft. Die Kleidung des Hofherrn besteht aus einem hemdartigen Unterkleide und Hosen aus
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Leinwand. �ber die Schultern hat er ein viereckiges St�ck Wollenzeug als Mantel geworfen, doch so, da� der rechte Arm frei bleibt. Im Winter tritt Pelz an die Stelle des Zeuges. Den Mantel h�lt vorne eine Spange zusammen. �rmere begn�gen sich mit einem Dorn. Die F��e stecken in groben, haarigen Schuhen aus einem St�ck Leder und sind mit Riemen festgeschn�rt. In dem reichverzierten Wehrgurte steckt rechts das kurze Schwert in einer Holz- oder Metallscheide. An einer Halskette tr�gt er Eberz�hne, an den Armen kostbare Spangen, in der Hand den Speer mit der Stein- oder Eisenspitze. Manche Jagdgenossen tragen Pelzkleidung und haben den Mantel abgelegt, andere die Beine, Arme und Schultern blo� gelassen.
Dem Hofherrn kommt gr��end die stattliche Hausfrau entgegen. Sie tr�gt ein kurzes liuueues Ober- und ein langes Unterkleid. Ringe, Spangen und andere Schmucksachen zieren Hals, H�nde, Arme und G�rtel. Am G�rtel h�ngt die gro�e Eisenschere als Zeichen des h�uslichen Flei�es. ; Im Arme h�lt sie ein nacktes, rundes B�bleiu. Das wurde nach der Geburt, wie es gebr�uchlich, dem Vater vor die F��e gelegt. Er hob es auf zum Zeichen, da� er's f�r gesund und lebensf�hig hielt. W�re es ein Siechling oder Schw�chling gewesen, so h�tte er es liegen lassen und so dem Tode geweiht; denn nur ein Leben in Gesundheit und Vollkraft erschien den alten Germanen lebenswert. Etliche Tage nach der Geburt wurde das Kind in kaltes Wasser getaucht und erhielt in Gegenwart eines Zeugen seinen Namen. Die Namen bezogen sich meist auf G�tter, Kampf und Jagd. In voller Freiheit und Nat�rlichkeit wuchsen die Kinder auf. In freier Luft und durch kalte B�der wurden sie abgeh�rtet und fr�h-zeitig in den Waffen ge�bt. � Ein gr��erer Sohn, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, hat die Waffen�bung eingestellt und springt dem Vater entgegen. Eine Tochter lehnt sich an die Mutter. Die Hunde be-schnuppern den erlegten B�ren, das Hauptst�ck der Jagdbeute.
Auch das Ingesinde h�lt in seiner Besch�ftigung ein und schaut nach den Jagdgesellen und der Jagdbeute. Da ist ein gekaufter oder im Kriege erbeuteter Knecht mit geschorenem Haupte und in schlechter Kleidung; er tr�gt Vorr�te in einen unterirdischen Raum. Andere h�ten drau�en die Herden. Noch andere brechen das Land um mit dem Haken-Pfluge, einem gekr�mmten Astst�ck mit festgebundener Spitze, oder roden den Wald durch Feuer aus. In die Erde streuen sie den Samen. Nach der Ernte bleibt das Land als Weide liegen; an D�ngen denkt niemand. An der Handm�hle auf dem Hofe arbeitet eine in Schaffell gekleidete Magd. Durch einen kreisenden Stein zerreibt sie in der H�hlung eines festliegenden Steines die Getreidek�rner Andere weben und n�hen. Alle Ger�te des Hauses werden durch das Ingesinde hergestellt. �ber das-selbe f�hrt die Frau des Hauses die Aufsicht. Um Haus- und Feldarbeit k�mmert sich der Mann nicht. Traurig ist das Los der Alten. M��ig sitzen sie in der Sonne oder im Winkel und erz�hlen den Enkeln von vergangenen Zeiten.
Die J�ger ziehen zu lautem, frohem Gelage in die Halle. Die Diele ist festgestampfter Lehm. In der Mitte brennt das Herbftker.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 8
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Dr�ber h�ngt ein Kessel an einem Seile. Der Rauch zieht durch eine Dach�ffnung mit einer beweglichen Klappe, die zugleich das Fenster f�r den Halbdunkeln Raum ist. An den W�nden sind h�lzerne B�nke, auf denen auch geschlafen wird. Nahe dem Herde ist der Hochsitz des Hans-Herrn. Auf roh gezimmerten Tischen stehen die Speisen: Haferbrei, wildes Obst. Rettiche, Milch und Butter, Wildbret mit Salz und Kr�utern ge-w�rzt usw. Gef�llte Triukh�ruer vom Auerstier kreisen flei�ig. S�nger singen Heldenlieder. J�nglinge f�hren zwischen ausgerichteten Schwertern einen gef�hrlichen Tanz auf. Das W�rfelspiel beginnt und damit L�rm und Zank. Mancher verspielt Hab und Gut, ja die eigene Freiheit. Dem w�sten Gelage folgt eine lange Nachtruhe. Eine erw�nschte Abwechselung im Einerlei des Lebens ist es, wenn der Heerpseil von Geh�ft zu Geh�ft gesandt wird und die Mannen zu Krieg und Streit ruft. }
Fragen: Schildere den Vernichtungskampf im Teutoburger Walde! � Wann greift der Deutsche zum Schwerte, damals wie heute? � Welche deutschen St�dte sind aus r�mischen Burgen entstanden? � �Drusus' Tod" von Simrock. �Heerbannlied" von �iugg. �Der Fechter von Ravenna", Drama von Halm.
38. K�mpfe der christlichen Kirche in den ersten Jahrhunderten.
1. Erste Entwicklung des Christentums. Unter dem Kaiser 33 Tiberius starb Jesus Christus (33) am Kreuze. Unter dem tollen
Kaligula, der da sagte: �M�gen sie mich immerhin hassen, wenn sie mich nur f�rchten!" und dem willenlosen Kl and ins breiteten die Apostel das Evangelium des Friedens in Asien, Afrika und Europa aus. Unter dem Kaiser Nero war in Rom schon eine bl�hende Christengemeinde.
2. Verfolgung unter Nero. Neros Erziehung hatte der Philo-soph Seueka geleitet. Kurze Zeit regierte er milde und weise, dann durch-brach seine b�se Natur alle Schranken. Er lie� seinen Bruder vergiften, seine Mutter nach einem mi�gl�ckten Versuche, sie auf einem Schiffe zu ertr�nken, erdolchen und seine Gattin hinrichten. Sein Lehrer Seneka mu�te sich auf seineu Befehl t�ten (er �ffnete sich im Bade die Adern). Nero trat �ffentlich selbst als Schauspieler, S�uger und Wagenlenker auf.
Als eine gro�e Feuersbrunst in Rom ausbrach, hie� es, Nero habe die Stadt anz�nden lassen, um das Bild eines gro�en Brandes zu haben. In das Flammenmeer soll er von den Zinnen seines Schlosses geschaut und dabei aus Virgils �u�ide den Brand Trojas vorgetragen haben. Aus den zusammengeraubten Sch�tzen lie� er Rom sch�ner ausbauen und auf dem Palatinns das goldne Hans errichten. Der Verdacht der Brandstiftung wurde auf die Christen abgew�lzt. Gegen diese Unschuldigen wandte sich nun die Volkserbitterung. Unerh�rte Martern wurden aus-64 gesonnen (64). Sie wurden in S�cke gesteckt und ins Wasser geworfen, in G�rten angepf�hlt, mit Brennstoffen �berstrichen und als Fackeln ange-z�ndet, den wilden Tieren vorgeworfen, gekreuzigt (Petrus), enthauptet (Paulus) usw. Das war die erste Christenverfolgung. Nachdem Nero 14 Jahre die h�ndische Geduld des r�mischen Volkes mi�braucht hatte, rief endlich das Heer einen Gegenkaiser aus. Nero t�tete sich
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auf der Flucht und starb mit den Worten: �Welch ein K�nstler stirbt in mir!"
3. Die Zerst�rung Jerusalems. Die r�mischen Statthalter hatten Jud�a ausgesogen und durch entsetzlichen Druck die Juden so lange gereizt, bis sie sich emp�rten und alle R�mer aus dem Lande trieben (66). Nero schickte den Feldherrn Vespasian gegen sie. Dieser 66 kam von Syrien. In dem dreij�hrigen Vernichtungskampfe fielen Tausende unter dem Schwerte. Aus einer H�hle wurde mit anderen Fl�chtlingen auch der Geschichtsschreiber Josephus gezogen und begnadigt. Schon schickte sich Vespasian zur Belagerung Jerusalems an, da wurde er znm Kaiser ausgerufen und eilte nach Rom. Seinem Sohne Titus �bertrug
er den Oberbefehl in Pal�stina.
In Jerusalem, wo drei Parteien sich w�tend bek�mpften, war wegen des Passahfestes viel Volk zusammengedr�ngt. Da schlug Titus etite Wagenburg um die Stadt und lie� Sturmb�cke und T�rme gegen die Mauern f�hren. Der Hunger begann zu wirken, denn alle Zufuhr war abgeschnitten. Die Juden machten w�tende Ausf�lle, verbrannten die Belagerungsmaschinen und trieben die R�mer zur�ck. Nun lie� Titus eine Mauer um die Stadt ziehen. Immer grauser wurde das Gespenst des Hungers. Man a� das Leder der Schuhe, G�rtel und Schilde, Heu und Unrat, ja eine vornehme Frau schlachtete ihr eigenes Kind. Die Toten begrub man nicht mehr, sondern warf sie �ber die Mauer. Die �berl�ufer wurden von den R�mern entweder gekreuzigt oder erschlagen und ihr Leib nach verschlucktem Golde durchsucht. Endlich wurde die Burg Antonia erobert, aber noch immer wiesen die Verblendeten jedes Anerbieten der Gnade zur�ck. Den Tempel hatten sie zu einer Festung umgeschaffen. Beim Sturm schleuderte ein Soldat die Brandfackel in die Ger�tkammer, und der herrliche Bau ging in Flammen auf (10. August 70). 70 Nun begann das Morden der Sieger. Das Blut flo� in Str�men von den Stufen nieder; Haufen von Leichen t�rmten sich auf; das Geheul der Verzweifelnden, das St�hnen der Sterbenden, das Knistern der Flammen, das Krachen der Tr�mmer, das Klirren der Schwerter und das Triumph-geschrei der R�mer mischte sich zu einem grausigen Konzert. Endlich Stille des Todes auf dem Tr�mmer- und Leichenfelde! Eine Million Juden waren umgekommen, �ber 100000 als Sklaven verkauft, die �brigen heimatlos in alle Welt zerstreut. � Die Christen hatten sich vorher in das St�dtchen Pella im Ostjordanlande gefl�chtet.
4. Die Regierung des Titus. Der edle Titus bestieg nach seinem Vater den Thron (79�81). Seine Zeitgenossen nannten ihn die Liebe 79 und Wonne des Menschengeschlechts. Er glaubte jeden Tag verloren, an dem er nicht eine gute Tat vollbracht habe. Unter seiner Regierung versch�ttete ein furchtbarer Ausbruch des Vesuvs die St�dte Herkulaueum, Pompeji und Stabi� (79). Den Naturforscher 79 Plinins f�hrte feine Wi�begierde zu nahe an den Herd des Schreckens,
so da� er dabei sein Leben verlor. Durch Ausgrabung der versch�tteten St�dte hat man jetzt ein deutliches Bild von dem Leben in jener Zeit erhalten.
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5. Die neun �brigen Christenverfolgungen. Der grausame Kaiser Domitian dr�ckte die Christen mit h�rteren Steuern und verbannte Johannes nach Patmos. Der edle Trajau, von dessen Taten in Dazien an der unteren Donau die Trajauss�ule iu Rom noch Knnde gibt,
wollte den �j�di-scheu Aberglauben" ausrotten. Er lie� den 120 j�h-rigeu Bischof Si-meou von Jern-salem kreuzigen und Ignatius von Antiochien den wilden Tieren vorwerfen. Mark Aurel, der Weise auf dem Throne, stie� sich an dem schlichten Evange-linm des Jesu von Nazareth. Den greisen P o l y -
karp in Smyrna, der seinem Heilande nicht fluchen wollte, lie� er ver-brennen, den hochgebildeten Justiu (den M�rtyrer) enthaupten, den 90j�hrigen Bischos Pothiuus von Lyon nach vielen Martern t�ten. Die Kaiser Septimins Severus, Maximin, Decius, Gallus, Valeriau und Aurelian lie�en kein Mittel unversucht, die verha�ten Nazarener zu unterdr�cken. Doch auch die schrecklichsten Martern ver-mochten nicht, die Christen von ihrem Heilande abwendig zu machen. Freudig gaben sie ihr irdisches Leben dahin, um das himmliche zu ge-Winnen. Besonders auch viele Frauen bew�hrten sich als christliche Heldinnen, so die jugendliche Sklavin Blandina in Gallien, die edle, reiche Perpetua wie die Sklavin Felicitas in Karthago. �Das Blut der M�rtyrer wurde die Aussaat der Kirche." Die letzte Verfolgung unter Diokletian und Galerius hatte es haupts�chlich auf Vernichtung der 303 heiligen Schriften abgesehen (303 n Chr.). Im Jahre 306 wurde Konstantin C�sar, und die Verfolgungen h�rten auf.
Fragen: Welches waren die Ursachen der Christenverfolgungen? � Was hei�t: �Das Blut der M�rtyrer (Blutzeugen) war dir Aussaat der Kirche"? � Welche Frauen haben Blut und Leben f�r den Heiland hingegeben? � Welche Bedeutung hat die Zerst�rung Jerusalems? � �Der Tod des Tiberius" von Geibel. �Pompeji und Herculanenm" von (Schiller. �Ich sende euch" von Gerok. �Petrus" von Kinkel. �Ave, Caesar, morituri te salutant" von Gerok. �Polykarp" von Herder.
9: Hermanns Sieg im Teutob. Walde. 14: f Augustus, 50: Verfolgung der Apostel in Jerusalem. 64: Christenverf, unter Nero, 69�79: Vespasian, 70: Zerst�rung Jerusalems durch Titus. Josephus. 79: Ausbruch des Vesuvs. 81�96: Kaiser Domitian. Johannes aus Patmos. 98�117: Trajan.
?V R�mische Katakomben.
(Unterirdische, in Felsen gehauene Begr�bnisst�tte, von den Christen w�hrend der Verfolgungen auch zum Gottesdienst benutzt.)
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117�138: Hadrian. 138�161: Antoninus Pius. 161�180: Mark Aurel. 180�192: Commodus. 193�211: Septimius Severus. 270�275: Aurelian. 284�305: Diokletian. � M�rtyrern Ignatius -j- 116. Justin der M�rtyrer t 165- Polykarp f 169 Irenaus f 202. Cyprian + 258. 200�300: Die deutschen V�lkervereine: Alamannen, Franken, Sachsen, Goten. � Der j�dische Talmud. � Kirchenv�ter: Tertnllian und Cyprian in Karthago, Laktantius in Gallien, Origenes und Klemens in Alexandrien. Eusebius in C�sarea schrieb eine Kirchengeschichte und Chronik. Hieronymus �bersetzte die Bibel in die lateinische Sprache (Vulgata). Chrysostomus in Konstantinopel war ein ber�hmter Kanzelredner.
29. Sieg des Christentums unter Konstantin.
1. Konstantins edle Mutter. Konstantins Mutter war die fromme Helena. In Trier soll sie geboren fem. Sie war eine edle, wohlt�tige Frau, die viele Kirchen gebaut und bem Christentum viele Seelen gewonnen hat. Ihren Gatten stimmte sie mild gegen die Christen, und ihrem Sohne machte sie das Christentum lieb. Im hohen Alter besuchte sie die heiligen �rter, wo Jesus gelebt und gelitten hatte, und baute �ber feiner Grust die Grabkapelle. Im Jordan lie� sie sich taufen. Als 80 j�hrige Greisin starb sie im Kloster.
2. Seine harten K�mpfe. Konstantin teilte anf�nglich die Regierung mit f�nf C�saren. Sein n�chster Gegner war der Mit-C�far Maxentius. Am roten Stein bei Rom, nahe der Tiberbr�cke, kam
es zur Entscheidungsschlacht (312). Die Erscheinung eines strahlenden 312 Kreuzes am Himmel mit der Inschrift: �Durch dieses Zeichen wirst du siegen 1" soll Kaiser und Heer zum Siege begeistert haben. Maxentins wurde geschlagen und ertrank im Tiber. Den Christen wurde nun Duldung gew�hrt. Einen Gegner nach dem andern warf Konstantin nieder, bis er nach der Besiegnng und Hinrichtung feines Schwagers Licinius Alleinherrscher war (323�337). 323
3. Seine entschiedene Beg�nstigung des Christentums. Das Christentum wurde Staatsreligion, der heidnische Gottesdienst erst noch geduldet, dann aber verboten. Unter Konstantin wurde die erste allgemeine Kirchenverfammlnng nach Nic�a berufen, wo 300 Bisch�fe erschienen (325). Die Lehre des Presbyters (�ltesten) Arius 325 von Alexandrien, der die Wesensgleichheit Jesu mit dem Vater leugnete und nur eilte Weseus�hnlichkeit lehrte, wurde verdammt und das nic�ische Bekenntnis, da� der Sohn Gottes gleichen Wesens mit dem Vater sei (die Lehre des Athanasius), aufgestellt. Der Ariauismus hat aber j�hr-hundertelang heftige Streitigkeiten heraufbeschworen. In Nic�a wurde auch festgesetzt, da� den Bisch�fen von Rom, Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien der oberste Rang in der Kirche zukommen sollte.
4. Der beginnende Verfall der Kirche. Die Leidenszeit der Kirche war ihre L�uterungszeit gewesen. Mit der �u�eren Ruhe kam innere F�ulnis. �u�ere Vorteile lockten jetzt Tausende von unlauteren Gliedern in die Kirche. Mit dem wachsenden �u�eren Prunk des Gottesdienstes nahm die Innigkeit und Wahrheit ab. Viele fromme Seelen flohen vor dem Ger�usch der Welt als Einsiedler in H�hlen und W�sten, so
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Antonius von �gypten, oder fl�chteten sich hinter die Mauern von M�nchs- und Nonnenkl�stern. Benedikt von Nursia in Italien 500 gab sp�ter dem M�nchswesen Regel und Ordnung (um 500). Seine J�nger sollten fromme �bungen vornehmen, die Jugend erziehen, die Wissenschaft pflegen und die Bodenkultur f�rdern. Beim Eintritt ins
72. Triumphbogen Ronstantins in Rom.
Kloster legten sie das Gel�bde des Gehorsams, der Armut und der Ehelosigkeit ab.
Das Kloster (von claustrum, Klause) war ein abgeschlossener Ort. M�nche waren einsam lebende M�nner, Nonnen einsam lebende Frauen. Der Abt (von.abba ----- Vater) war Vorsteher eines M�nchs-, die �btissin Vorsteherin eines Nonnenklosters.
5. Seine prunkvolle Regierung nnd sein christliches Ende. Kon-stantin verlegte die Residenz nach dem herrlich gelegenen Byzanz, das er Konstantinopel nannte und mit kaiserlicher Pracht ausstattete. Er teilte das Reich in vier Pr�sektnren oder Statthalterschaften, richtete morgenl�ndische
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Rang- oder Hofordnung ein, f�rderte die Rechtspflege, sch�tzte die Kirche und schirmte die Grenzen. Sein Leben ist durch manche Freveltat befleckt worden. So befahl er, seinen verleumdeten braven Sohn Krispus hinzurichten und dann seine verleumderische Gattin Fausta im Bade zu ersticken. Bei Ann�herung des Todes lie� er sich vom Bischof Eusebius taufen und starb im wei�en Taufkleide zu Nikomedia in Kleinasien (337). t'X 337
6. Sein christenfeindlicher Nachfolger Julian. Seine S�hne f�hrten blutige Kriege um die Herrschaft. Dem Namen nach waren sie Christen, dem Wandel nach schlimmer als Heiden. Ihr geistvoller und sittenstrenger Vetter Julianus Apostata (Abtr�nniger) machte einen vergeblichen Versuch, das Christentum wieder zu unterdr�cken. Er bek�mpfte es durch Spott und Hohn, durch Beschr�nkung der Bil-dnng der Geistlichen und durch gl�nzende Schau-stellungen des Heidentums. Doch �er war nur eine Wolke vor dem Gl�nze der siegenden Sonne". Im Kriege gegen die Perser traf ihn ein Wurfspeer t�dlich (363). Er soll eine Hand voll Blut gegen die Sonne 363 geschleudert haben mit den Worten: �So hast du dennoch gesiegt, Galil�erl" Unter seinen christlichen Nachfolgern hatte das Christentum �u�erlich Frieden,
aber innen nahmen Streit und Entartung zu. Erw�hnung verdienen: Valens, w�hrend dessen Regierung bie V�lkerwauberuug begann (375). unb Theodosius ber Gro�e, ber zuletzt kurze Zeit noch einmal Allein-Herrscher bes r�mischen Reiches w�rbe.
Fragen: Was entschied den Sieg des Christentums? � Welches waren unerfreuliche Folgen des Sieges? � Wodurch adelte das Christentum die Stellung der Frauen? � Warum hei�t Konstantins Mutter die heilige Helena? � Woher hat Konstantin den Namen des Gro�en, und warum verdient er ihn nicht mit vollem Rechte? � Leben nnd Einrichtungen in der �ltesten christlichen Kirche! � Warum wurden Kl�ster gegr�ndet, und welchen Segen stifteten sie? � �Bischof Martin" von Johann Falk.
73. Konstantin d. Gr.
Erzm�nze, W.
�ns dem Mittelalter.
30. Die V�lkerwanderung.
1. Wie die Hunnen den Ansto� zur V�lkerwanderung gaben.
Die Hunnen, mongolische Hirten- und Reiterschw�rme, brachen aus 375 Jnnerasien hervor und setzten 375 durch ihren gewaltigen Sto� auf den Osten Europas fast alle V�lker des Erdteils in Bewegung. Diese Be-weguug dauerte �ber 200 Jahre und wird V�lkerwanderung genannt. Ganze V�lker wnrden vernichtet, viele L�nder verw�stet und Reiche zer-st�rt und neu gegr�ndet. Die Gestalt der Hunnen war kurz und ge-druugen, Kopf und Hals dick, das Gesicht braungelb, bartlos und zer-schnitten, die Nase wie gequetscht. Die Augen waren schiefgeschlitzt und stechend, die Lippen aufgeworfen, die Backenknochen vorstehend, Schultern und Arme stark, die Beine krumm und schwach. Die R�mer verglichen sie mit Bestien und grob zugehauenen Holzkl�tzen.
Sie waren mit Kitteln von Linnen und Mausfellen, mit Hosen aus Bocksh�uten und mit Zottelm�tzen bekleidet. Sie a�en Wurzeln und rohes Fleisch, das sie m�rbe ritten. Sie wohnten in Zelten und zogen zu Ro� hin und her, w�hrend die Weiber und Kinder auf Karren folgten. Mit ihren h��lichen, aber ausdauernden Pferden schienen sie wie zusammen-gewachsen. Sie hatten weder Glauben noch Treue, weder Gerechtigkeit noch Liebe und folgten wie Tiere nur ihren Trieben.
Mit Geheul st�rzten sie sich blitzschnell auf den Feind, sch�ssen ihre Pfeile ab und flohen. Pl�tzlich wandten sie sich zu neuen Angriffen gegen die Verfolger, griffen zum S�bel, warfen dem Feinde Schlingen �ber den Kops und schleppten ihn mit sich. Angriff und Scheinflucht wechselten unahl�ssig.
Sie zwangen zuerst die Alauen �zwischen Don und Wolga) zur Unterwerfung. -Dann traf der Sto� die Ostgoten, deren Herrschaft vom' Schwarzen Meire bis zur Ostsee reichte. Der gotische K�nig Hermanrich ri� den Verband seiner Wunde auf und verblutete sich (im 110. Lebensjahre), um die Schmach der Unterjochung nicht zu erleben. Sein Nach-folger Withimer wagte eine Schlacht gegen die Hunnen, verlor aber mit ihr das Leben und sein Volk die Freiheit.
2. Wie die Westgoten eine neue Heimat suchten. Die West-goten (im Norden von der unteren Donau) wichen ebenfalls vor den Hunnen und gingen �ber die Donau nach S�den, wo sie der Kaiser Valens auf Bitten ihres Bischofs Ulfilas in Mosten aufnahm. Die versprochene Ablieferung der Waffen unterblieb, weil sich die r�mischen Aufseher bestechen lie�en. Die r�mischen Statthalter reizten durch Be-dr�ckung, �berteuerung der Lebensmittel und verr�terischen Anschlag auf
das Leben ihrer Anf�hrer die Goten zur Emp�rung. Bei Adrianopel schlugen diese das r�mische Heer g�nzlich. Der todwunde Kaiser Valens verbrannte in einer Bauernh�tte (378).
3. Wie Kaiser Theodosius das r�-mische Reich rettete unb teilte. Kaiser Theodosius, der Nachfolger des Valens, von Geburt ein Spanier, rettete in dieser Not das Reich, indem er die Westgoten durch weise Behandlung beruhigte und sie als steuerfreie,
aber kriegswichtige Verb�ndete in Thrazien (s�dlich vom Balkan bis zum Meere) an-siedelte. Er vereinigte noch einmal das ganze Reich und vertilgte die letzten Reste des Heid- 7� h nischen Gottesdienstes. Erzm�nze. W. '
Bei seinem Tode (395) teilte Theodosius das Reich unter seine S�hne Arkadius und Honorius. Ersterer bekam das ostr�mische Reich unter Vormundschaft des grausamen und Hab-s�chtigen Galliers Rufinus, letzterer das westr�mische Reich unter Leitung des tapferen und klugen Vaudalen Stilicho. Mitdieser Teilung trat eine dauernde Trennung der �stlichen und westlichen Reichs-H�lfte ein. Die Hauptstadt des ostr�mischen oder griechischen Reiches war Konstantinopel, die des westr�mischen oder abendl�ndischen Reiches Rom.
4. Wie Alarich siegte und starb. Alarich, der junge, tatendurstige Westgotenk�nig, gab die Bundesgenossenschaft mit den R�mern auf, weil sie die zugesicherten Jahrgelder f�r geleistete Kriegsdienste nicht zahlten. Er brach ins ostr�mische Reich ein und zog verheerend bis nach Griechen-land, schleppte reiche Beute hinweg und zerst�rte unz�hlige Kunstwerke, weil die christlichen Goten sie f�r G�tzenbilder hielten Aber in Arkadien wurde er von Stilicho, welcher zur Hilfe der Ostr�mer herbeigeeilt war, eingeschlossen. Nachdem er freien Abzug erhalten hatte, trat er wieder in den ostr�mischen Dienst. Seinen darauf unternommenen Einbruch in Italien wandte Stilicho durch das Schwert und kluge Unterhandlungen ab. Nachdem Stilicho auch noch die Scharen des Radagais vernichtet hatte, wurde er, die letzte St�tze des Reiches, von Honorius aus Mi�-trauen hingerichtet. Als Honorius nach der Ermordung Stilichos Alarich die Jahrgelder verweigerte, unternahm dieser einen Rachezng gegen Rom. Ravenna, den snmpsumg�rteteu Kaisersitz, lie� er seitw�rts liegen. Dem ge�ngstigten Rom forderte er einen ungeheuren Tribut an Gold, Klein-odien und Kleidern ab. Erschreckt riefen die Gesandten: �Was bleibt uns dann noch?" �Das LebenI" sagte kalt der Sieger. Als sie mit der un-geheuren Volkszahl Roms drohten, erwiderte Alarich: �Je dichter das Gras, desto besser das M�hen!" Rom mu�te seinen Abzng teuer erkaufen. Als aber der Kaiser Honorius den Vertrag nicht anerkennen wollte und den Sieger schm�hte, zog Alarich 409 abermals und 410 zum drittenmal gegen Rom, st�rmte bei Nacht die Weltstadt, lie� sie sechs Tage pl�ndern, verschonte aber die Kirchen. Honorius erschrak bei der Nachricht: �Rom
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ist verloren!" � aber nur, weil er dachte, sein Lieblingshahn �Roma" w�re gemeint. Alarich zog nach Unteritalien, um von da �ber Sizilien nach Afrika zu gehen, aber in Kosenza ereilte ihn der Tod im 34. Lebensjahre. Seine trauernden Goten begruben � W ihn � nach der Sage � feierlich in dem Bette des abgelei-5 teten Busento. Sein Schwager Athaulf f�hrte die West-
9�ten nac^ S�dgallien, eroberte es und heiratete des Ho-norius Schwester Placidia ohne dessen Zustimmung Nach 75. Alarich. ^ner Ermordung folgte ihm Wallia, der zu beiden Seiten Gemme. W. der Pyren�en das Westgotenreich mit der Hauptstadt To-419 losa gr�ndete (419).
5. Wo andere deutsche V�lker sich ausbreiteten. Die Franken breiteten sich am Niederrhein, die Burgunder am Oberrhein und an der Rhone aus; Vandalen, Alanen und Sueven hatten sich in Spanien
429 niedergelassen(429). Die Vandalen gingen aber 429 unter Geiserich aus S�dspanien nach Nordafrika, wohin sie der in Ungnade gefallene r�mische Statthalter Bonifazins gerufen haben soll, und gr�ndeten da ein m�chtiges Reich mit der Hauptstadt Karthago. Bei der Belagerung
430 von Hippo starb (430) der Bischof Augustinus, der Sohn der frommen Monika, einer der gr��ten lateinischen Kirchenv�ter.
Die Vandalen hausten wie Raubtiere in dem eroberten Lande und unternahmen allj�hrlich Raubz�ge in die K�stenl�nder des Mittell�ndischen 455 Meeres. Im Jahre 455 eroberten sie Rom und pl�nderten es in grauenhafter (vandalifcher!) Weise. Auf der Heimfahrt verschlang jedoch das sturmerregte Meer die geraubten Sch�tze. � Angeln und Sachsen gingen 449 449 unter Hengist und Horsa nach Britannien, verdr�ngten die Briten und gr�ndeten sieben angels�chsische K�nigreiche. Das Land erhielt von den Angeln den Namen England, d. h. Angelland.
6. Wie Attila oder Etzel eine Gei�el der V�lker ward. Die Hunnen waren auf ihren Verheerungsz�gen durch Ungarn weiter vorgedrungen. Einer ihrer F�hrer, Attila, hatte sich zum Herrscher aller Hunnen gemacht. Er gab vor, das Schwert des Kriegsgottes gesunden zu haben und zur �Gottesgei�el" der V�lker berufen zu fein. Sein Hoflager befand sich zwischen Donau und Thei�; sein Holzpalast strotzte von Luxus und sah Gesandte vieler V�lker. Seine Herrschaft reichte von der Wolga bis zum Rhein. Er selbst war einfach, schrecklich gegen Feinde, g�tig gegen Flehende, unparteiisch als Richter. Von dem ostr�mischen Hofe erpre�te er ungeheure Abgaben. Mit mehr als einer halben Million Streitern zog er an der Donau stromauf gegen Westen. Blut, Leichen, ver-Heerte Felder und verbrannte Ortschaften bezeichneten seinen Weg. �Wohin der Huf seiner Rosse trat, da wuchs kein Gras mehr." In der N�he von Trohes an der Seine � aus den Katalaunischen Feldern (s�d-
451 lieh von Chalons an der Marne) � kam es zur V�lkerschlacht (451). Auf der einen Seite standen die Hunnen und viele unterworfene V�lker, so die Ostgoten, unter Attila, aus der andern Seite die R�mer unter Aetius, die Westgoten und andere V�lker unter Theodorich. Ein Sieg der Hunnen w�re ein Sieg der Barbarei �ber die christliche Bildung ge-
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Wesen. Der Anprall der Hunnen war so furchtbar, da� die R�mer wichen und der Westgotenk�nig von einer Hunnenschlinge vom Pferde gerissen und von den Rosseshusen zertreten wurde. Aber der Fall ihres F�hrers entflammte die Wut der Goten, und nach dem blutigsten Ringen wichen endlich die Hunnen. Attila hatte in seiner Wagenburg schon einen Scheiter-Haufen aus S�tteln errichten lassen, um sich mit seinen Sch�tzen zu ver-brennen, aber Aetius, der auf die siegreichen Westgoten eifers�chtig war,
lie� ihn unbehelligt den R�ckzug antreten. Im n�chsten Jahre siel er in Italien ein und verbrannte Aquileja am Jsonzo. Die Bewohner der Umgegend fl�chteten in die Lagunen, d. h. Buchten, Kan�le und auf die Inseln des Adriatischen Meeres und gr�ndeten Venedig. Rom wurde � nach einer Sage � durch die F�rbitte des greisen Papstes Leo des Gro�en gerettet. Den Attila raffte der Tod in der Nacht seiner Ver-m�hlnng hinweg (453). Um den Toten ritten die Hunnen mit abge- 453 schnittenen Haaren und zerfetzten Gesichtern, indem sie seine Taten be-sangen. Dann wurde er mit den Sch�tzen in einen dreifachen (goldenen, silbernen und eisernen) Sarg gelegt und feierlich ins Grab gesenkt. Die Sklaven, welche das Grab gemacht hatten, wnrden get�tet Attilas Reich zerfiel rascher, als es entstanden war. Die unterworfenen deutschen Volksst�mme machten sich frei, die Hunnen aber verschwanden in den �st-lichen Steppen.
7. Wie Gbonfcr den Untergang des westr�mischen Reiches her-beif�hrte (476). In Rom nahm die Verwirrung zu; ein Schattenkaiser 476 folgte dem andern. Die Krone war ein Spielball in den H�nden germa-nischer Heerf�hrer. Zuletzt trug sie der jugendliche Romulus Augustu-lus, aber ohne Kraft und Macht zum Herrschen. Da entsetzte ihn Odoaker, ein Heerf�hrer der Heruler und Rugier, verwies ihn auf ein Landgut und machte sich zum Herrn von Italien. Sein Reich erstreckte sich von Regensburg bis nach Sizilien und wurde mit Kraft, Weisheit und Gerechtigkeit regiert.
Fragen: Ursachen und Folgen der V�lkerwanderung! � Der romanische S�dwesten, die germanische Mitte, der slavische Osten Europas! � Die Welt-l�ge 476! � �Alarich auf der Akropolis" von Aar. �Das Grab im Busento" von Platen. �Der Vandalen Auszug" von Kaufmann. �Geiserichs Auszug aus Rom" von Lingg. �Attilas Schwert" von Lingg. �Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern" von Lingg. �Attila am Meer" von Vogl. �Aauileia von Kopisch.
31. Die Ostgoten.
1. Wie der Ostgote Theodorich Italien seiner Herrschaft unter-warf. Nach dem Zerfall der hunnischen Herrschaft hatten sich die Ost-goten in Pannonien selbst�ndig gemacht. Theodorich, ein F�rstensohn aus dem Geschlechte der Amaler, der als Geisel 10 Jahre lang in Konstantinopel erzogen worden war, wurde zum K�nige aller Ostgoten ge-w�hlt. Er f�hrte, von dem ostr�mischen Kaiser erm�chtigt, sein Volk aus Pannonien nach Italien, um dieses von dem �Tyrannen Odoaker" zu be-freien, besiegte Odoaker am Jsonzo, an der Etsch bei Verona (darum Dietrich von Bern!) und an der Adda, schlo� ihn drei Jahre in Ravenna
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493 ein, eroberte die Stadt endlich (493) und stie� Odoaker auf den Verdacht einer Verschw�rung hin bei einem Gastmahl nieder. Er gr�ndete das ostgotische Reich mit der Hauptstadt Ravenna. Seinen Goten gab er den dritten Teil des Bodens; sie allein dursten Waffen tragen und Kriegs-dienste tun. Zu Beamten nahm er gebildete R�mer. Die r�mischen Ge-setze und Einrichtungen behielt er bei. Die Volkseigeut�mlichkeiten und
die Religion seiner Untertanen schonte er. Die Grenzen schirmte er mit star-ker Hand, und den deutschen St�m-men war er ein geachteter Schieds-richter. Er gab Italien nach langen Wirren die Wohltat des Friedens; doch gelang es ihm nicht, die R�mer 73. M�nze Iustinians I. 2B. und Goten zu vers�hnen und zu
verschmelzen. Die R�mer sahen die Goten als Barbaren an und ha�ten sie auch, weil sie Arianer waren.
Zuletzt beging Theodorich aus Mi�trauen gegen den ostr�mischen Hof einige Ungerechtigkeiten: den r�mischen Bischof Johannes kerkerte er ein, ben edlen Boethins und dessen Schwiegervater Symmachns lie� er hinrichten, weil er in ihnen geheime Verb�ndete des katholischen Hoses in Byzanz mutma�te. Bei einem Mahle soll der Anblick eines gro�en Fisches mit ausgesperrtem Maule die Erinnerung an den gemordeten Symmachns in ihm geweckt haben. Aufregung, Reue und Schmerz warfen
526 ihn aufs Krankenbett, das nach drei Tagen sein Totenbett wurde (526). Seine Tochter Amalasuutha �bernahm die Regierung f�r ihren zehn-j�hrigen Sohn Athalarich, bevorzugte aber die R�mer und r�mische Bildung, wodurch sie den Zorn der Goten erregte. Nach dem fr�hen Tode ihres Sohnes nahm sie ihren Vetter Theodat zum Gemahl und Mit-regenten an. Dieser lie� sie jedoch im Bade ertr�nken und erniedrigte sich feige vor dem ostr�mischen Kaiser Justinian, der Italien mit Krieg �berzog, um die gemordete K�nigin zu r�chen und die Anspr�che Ostroms auf Italien zu erneuern. Da entsetzten die Goten den feigen Theodat und w�hlten den tapfern Vitiges zum K�nig.
527 2. Wie Justinian I. (527�565) in Konstantinopel den Glanz des r�mischen Namens erneuerte. Justinian schwang sich, wie sein Oheim und Vorg�nger Justin, durch Klugheit und Mut vom Bauerusohne zum Kaiser auf. Seine kluge, aber fittenlofe Gemahlin Theodora hatte auf seine Entschlie�ungen gro�en Einflu�. Die ber�hmte Sophienkirche lie� er pr�chtig ausbauen und durch den Minister Tribonian eine voll-st�ndige Gesetzsammlung (corpus iuris) anlegen. Unter ihm brachten zwei M�nche in ihren hohlen St�ben Eier des Seidenspinners aus China und f�hrten den Seidenbau in Europa ein. Um das r�mische Reich wiederherzustellen, unternahm er mehrere Kriege. Sein Feldherr Belisar besiegte den Vandalenk�nig Gelimer und machte dessen Reich zu einer
534 griechischen Provinz (534). Die einst so m�chtigen Vandalen, der Schrecken des Mittelmeeres und seiner K�sten, waren durch das hei�e Klima und die �ppigen Gen�sse in dem reichen Lande rasch verweichlicht, entartet
und durch Zwietracht ge-schw�cht worden. Vor der �bergabe seiner tapfer ver-teidigten letzten Feste soll (Mimer ein Brot, einen Schwamm und eine Harfe als letzte Gunst von den Feinden erbeten haben.
Darauf wurde Belisar gegen die Ostgoten gesandt.
Die ihm angebotene Krone MK der Goten schlug er aus und nahm den K�nig Vitiges -�ja..
in Raveuua gefangen (539). W^^WWM^^WWWHMWWWMM 539 Nach seiner Abberufung er-
oberte der tapfere Gote T o - ^ , �
til�z alles zur�ck. SBcgcn 77' <�rabmal ^�bond,; 3" Hawn,w' mangelnder Unterst�tzung
konnte der nach Italien zur�ckgesandte Belisar nichts gegen ihn ausrichten
und wurde wieder abberufen. Sein Nachfolger Narses besiegte bei Tagin�
den Totilas, der im Heldenkampfe fiel. Unfeiner Stelle hoben die Goten
den ernsten Helden Tejas als ^
Heerk�nig auf den Schild. Aber
in der Schlacht bei Knm� am
Vesuv wurde er beim Wechseln I l
des Schildes, der mit 12 Speeren
gespickt war, durch einen Wurf-
spie� t�dlich getroffen (552). Der ^552 Rest der Goten erhielt freien N^.ewgii�
Abzug. Sie wandten sich dem 78. M�nze Iustinians I. W.
Norden zu und verloren sich unter
andern deutschen St�mmen jenseits der Alpen. Ihr Land wurde eine Provinz des ostr�mischen (griechischen) Reiches, das Exarchat Ravenna (555), und Statthalter in derselben Narses. 555
3. Wie Alboin das Langobardenreich gr�ndete (568). Narses wurde wie Belisar mit Undank belohnt. Er wurde abgerufen, weil nach der Meinung der Kaiserin Sophia in seine Hand besser der Spinnrocken als der Feldherrnstab passe. Mit der Antwort: �Ich werde ihr einen Faden spinnen, woran sie lebenslang wickeln wird!" soll er darauf die Langobarden ins Land gerufen haben. Ihr Anf�hrer Alboin hatte die Gepiden besiegt, mit eigener Hand den K�nig erschlagen und dessen Tochter Rosamunde zum Weibe genommen. Jetzt eroberte er den ganzen Norden Italiens und gr�ndete das langobardische Reich mit der Haupt-stadt Pavia (568). Er wurde auf Anstiften seiner Gattin ermordet, 568 weil er sie angeblich gezwungen hatte, aus dem Sch�del ihres erschlagenen Vaters zu trmkeu. Mit der Gr�ndung des Langobardenreiches endete die V�lkerwanderung. Sie brachte durch die kr�ftigen Deutschen neues Blut
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in die abgelebten V�lker des r�mischen Reiches, gab aber diesen rohen Naturs�hnen die Wohltat des Christentums, r�mischer Bildung und staat-licher Einrichtungen. Durch die Mischung des deutschen und r�mischen Wesens entstanden die romanischen V�lker und Sprachen (Italiener, Franzosen, Spanier und Potngiesen). Kirchensprache blieb �berall die latei-nische oder r�mische, in der katholischen Kirche bis heute.
4. Deutsche Heldensagen aus der Zeit der V�lkerwanderung. Die Taten hervorragender Helden und Ereignisse aus der Zeit der V�lker-Wanderung schm�ckte die rege Phantasie des Volkes aus und verband sie zum Teil mit Stoffen der mythischen Vorzeit zu umfangreichen Sagen-gebilden, die im Munde des Volkes fortlebten. Es sind dies vornehmlich die Sagen von Kriemhild, Siegfried, Gunther, Etzel und Dietrich von Bern, die in dem gr��ten Volksepos der Deutschen, dem Nibe-lnngenliede (s. � 46, 4), ihre dichterische- Ausschm�ckung erfuhren.
Zu Worms im Lande der Burgunder wuchs eine K�nigstochter, Kriemhild, unter dem Schutze ihrer Br�der, der K�nige Gunther, Gernot und Gifelher, in herrlicher Sch�ne heran. Um sie beschlie�t der k�hne K�nigssohn Siegfried aus Xanten am Niederrhein zu werben. Mit gl�nzendem Gefolge zieht er nach Worms. Von ihm wei� der grimme Recke Hagen von Tronege, Gunthers Dienstmann, gewaltige Taten zu erz�hlen: wie er das Zwerggeschlecht der Nibelungen besiegt, ihre Sch�tze und die unsichtbar machende Tarnkappe erbeutet, einen Drachen get�tet und durch dessen Blut seine Haut unverwundbar gemacht habe. Trotzig tritt Siegfried auf, gleichwohl wird er freundlich aufgenommen. Bald ist er der Freund der k�niglichen Br�der und hilft ihnen im Kampfe gegen ihre Feinde, die Sachsen und D�nen; aber er ist schon ein Jahr am Hofe, ohne Kriemhild gesehen zu haben. Bei einem gro�en Feste erschaut er die holde Jungfrau zum erstenmal. Als Gunther um die starke Brnnhild im fernen Jsenlande zu werben gedenkt, verspricht ihm Siegfried seine Hilfe, wenn er Kriemhild zum Weibe erhalte. Gunther sagt zu. Beide ziehen nun nach dem Jsenlande. Bruuhild wird mit Siegfrieds Hilfe in den Kampfspielen �berwunden und willigt ein, Gunthers Gattin zu werden. Siegreich kehren die K�nige nach Worms zur�ck und feiern eine gl�nzende Doppel-Hochzeit.
Jahrelang herrscht Siegfried mit seinem geliebten Weibe gl�cklich als m�chtiger K�nig in seinem Reiche. Da l�dt Gunther auf Dr�ngen seiner Gattin Siegfried und Kriemhild zu einem Besuche in Worms ein. Sie ist in dem Wahne, da� Siegfried Gunthers Lehnsmann sei. Herrliche Feste und Kampfspiele werden den G�sten zu Ehren gegeben. In einem Streite �ber die Vorz�ge ihrer M�nner erf�hrt Bruuhild von ihrer Schw�gerin, da� sie nicht durch Gunther, sondern durch Siegfried bezwungen worden ist. Tief gekr�nkt sinnt sie auf Rache. Hagen verspricht ihr seine Hilfe, indem er Siegfried zu ermorden beschlie�t. Durch falsche Boten wird die Nachricht von entern neuen Kriege verbreitet. Siegfried erbietet sich zum Beistande. In der Angst um ihres Gatten Leben verr�t Kriemhild dem t�ckischen Hagen die einzige verwundbare Stelle an Siegsrieds K�rper. Als Hagen dies erf�hrt, wird der Kriegszug nicht unternommen, weil er ihm
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zur Ermordung nicht mehr n�tig ist, sondern eine Jagd im Odenwalds veranstaltet. Hinterlistig sticht Hagen dem nichts ahnenden Siegfried an der Quelle den Speer zwischen die Schultern. Der Leichnam Siegfrieds wird auf Hagens Anordnung vor Kriemhilds Gemach gelegt. Als sie am Morgen den teuren Toten findet, bricht sie bewu�tlos �ber ihm zusammen.
Gebrochen, aber im Herzen stets an Rache denkend, bleibt Kriemhild in Worms. Von dem dorthin gebrachten Nibelungenschatze spendet sie reichlich an die Recken. Hagen, der den wachsenden Anhang der K�nigin f�rchtet, versenkt den Schatz in den Rhein und schafft Kriemhild neues Leid. 13 Jahre lang ist sie nun schon Witwe. Da l��t der Hunnenk�nig Etzel um sie werben. Nach l�ngerem Widerstreben willigt sie in die Verm�h-lnng. Etzels Bote, der Markgraf R�diger von Bechelaren, verspricht bei der Werbung, ihr gegen ihre Feinde stets beizustehen. So zieht sie denn ins ferne Hunnenland; aber ihre Rachegedanken sind nicht geschwunden. Nach einer Reihe von Jahren f�hrt sie ihren Plan aus. Sie bittet ihren Gemahl, die Burgunder an seinen Hof zu laden. Trotz Hagens Abmahnung erscheinen diese. Wie sie gesonnen ist, zeigt sich schon bei ihrer ersten Begegnung mit Hagen und den Br�dern. Die Burgunder sind auf der Hut. W�hrend Etzel die G�ste in feinem Palaste bewirtet, werden deren Knechte hinterlistig �berfallen und erschlagen. Auf die Nachricht von dem �berfall schl�gt der wilde Hagen Etzels und Kriemhilds S�hnchen das Haupt ab. In dem nun ausbrechenden Morden l��t Kriemhild schlie�lich den Saal anz�nden. Nur mit gr��ter M�he retten die Burgunder ihr Leben. In den letzten K�mpfen fallen die Burgunderk�nige bis auf Gunther. Auch R�diger besiegelt seine Treue mit seinem Herzblut; er f�llt im Kampfe gegen die ihm befreundeten Burgunder. Als auch die Mannen Dietrichs von Bern, der sich bei Etzel aufh�lt, f�r Kriemhild k�mpfend gefallen sind, bleiben nur noch Hagen und Gunther �brig. Beide f�ngt schlie�lich Dietrich von Bern und bringt sie vor die K�nigin, um ihr Leben zu schonen. Kriemhild verspricht Hagen das Leben, wenn er die Stelle, wo der Nibe-lungenschatz liege, verrate. Er verweigert die Auskunft, solange noch einer seiner K�nige lebe. Da l��t Kriemhild ihrem Bruder Gunther das Haupt abschlagen. Aber Hagens Mund bleibt stumm. Mit Siegfrieds Schwert schl�gt sie selbst dem Recken das Haupt ab. Diese Tat bringt den alten Hildebrand, Dietrichs Waffenmeister, derart auf, da� er Kriemhilde ersticht.
Das Heldenlied endet mit den Worten:
Da war der Helden Herrlichkeit hingelegt im Tod.
Die Leute hatten alle Jammer und Not.
Mit Leide war beendet des K�nigs hohes Fest,
Wie Liebe immer Leide am Ende gerne l��t.
M , ?rra|c"! Warum hei�t Theodorich �der Gro�e"? - Sein Charakter! � Was verschuldete den Untergang des Wandalen- und Ostgotenreichs? � Worin bestand der Aufschwung des ostr�mischen Reiches unter Justinian? � Goten-orf�- �c Ie�ten Goten" von Dahn. �Drei Bitten" von Simrock, �jubton vor Ttctnum" von Kopisch. � Der historische Hintergrund des Nibe-mngennedes!
32. Oer Frankenk�nig Chlodwig (um 500).
1. Chlodwig gr�ndet das Frankenreich. Die Franken hatten sich vom Niederrhein und Belgien weiter in das n�rdliche Gallien verbreitet. Sie waren gef�rchtete Krieger von gro�er Wildheit, die als Waffen die zweischneidige Streitaxt und mit Widerhaken versehene Wurf-spie�e f�hrten. Der Stammvater ihres Herrschergeschlechts war Merovech, der ber�hmteste F�rst aus dem Hause der 481 Meroviuger sein Enkel Chlodwig (481 bis 511). Er
war ebenso geschickt, die Streitaxt mit wilder Kraft zu schwingen, als durch List und Verstellung Zwietracht zu s�en. In kecker Eroberungslust griff er den westr�mischen Statthalter Syagrins an, der noch einen Teil Galliens 486 selbst�ndig behauptete, besiegte ihn 486 bei Soissous und
lie� sich sein Haupt von den Westgoten, zu denen Syagrins geflohen war, ausliefern. Er nahm hierauf alles Land bis an die Loire ein und machte Paris zur Hauptstadt.
2. Er bekehrt sich zum Chriftentnme. Zu beiden Seiten des Rheines, von Mainz bis zum Bodensee, wohnten die Alamannen, Sie waren durch ihre Tapferkeit und Raublust gef�rchtete Nachbarn. Von einem Verwandten
_ gegen dieselben zur Hilfe gerufen, besiegte sie Chlodwig in
496 �t}iobn>ig. einer Schlacht (bei Z�lpich?) und unterwarf sie (496). Standbild an der Als anf�nglich das Schlachtengl�ck schwankte, rief Chlodwig: Bett au$$$e�r= �Jesus Christus, den meine Gattin Chlotilde anbetet, hilf mir! Meine G�tter verlassen mich. Wenn du mir beistehst, will ich an dich glauben!" Nach dem Siege begr��te er seine Gattin mit den Worten: �Chlodwig hat die Alamannen, Chlotilde aber Chlodwig besiegt!"
Am Weihnachtsfeste lie� er sich in Reims mit 3000 Edlen vom Bischof Remigius taufen. Beim Eintritt in die hellerleuchtete und weih-rauchduftende Kirche fragte er: �Mein Vater, ist dies das versprochene Reich?" �Nein," antwortete der Bischof, �aber der Vorhof dazu!" Bei der Taufe sprach der Bischof: �Beuge, stolzer Sigambrer, dem�tig deinen Nacken! Bete an, was du verbrannt hast, und verbrenne, was du ange-betet hast!" Chlodwig wurde so katholischer Christ. Weil die andern deutschen F�rsten Arianer waren, so gab ihm der Papst den Beinamen �Allerchristlichster K�nig". Aber fein Gem�t blieb roh, sein Wandel heidnisch. 500 3. Er erweitert das Reich. Bei Dijon besiegte er (500) die Burgunder und machte sie zinsbar. Dazu hatte ihn besonders seine Gattin, die Nichte des Burgunderk�nigs, aus Rachsucht getrieben. � Zu dem Kriege gegen die Westgoten nahm er deren arianisches Bekenntnis 507 als Vorwand. Bei Vonllon (?) unweit Poitiers schlug er sie (507), eroberte das Land bis zur Garouue und h�tte sie �ber die Pyren�en gedr�ngt, wenn Theodorich nicht dazwischen getreten w�re. Dann beseitigte er in treuloser Weise die �brigen F�rsten der Franken, erschlug zwei mit eigener Hand, weil der eine zu feige w�re und der andere feinem Bruder
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nicht genug beigestanden h�tte, und machte sich so zum Herrn aller Franken. Doch nicht lange geno� er die Frucht seiner Frevel; der Tod raffte ihn im 45. Lebensjahre hinweg (511). 511
4. Er hinterl��t es unw�rdigen Nachfolgern. Den auf Blut, Tr�nen, S�nden und Schandtaten aufgebauten Thron teilten Jeine vier S�hne. Sie eroberten auch noch das Reich der Burgunder und'Th�-ringer. Namen- und zahllos sind die Greuel der Merowinger. Am scheu�lichsten ist der Rachekrieg zwischen Brunhilde von Anstrasien (Ostreich) und Fredegunde von Nenstrien (Westreich). Die Nachkommen Chlodwigs wur-den zuletzt schwache und machtlose Tr�ger des K�nigstitels. An ihrer Stelle nahmen die Hausmeier oder Majoresdomus, d.i. die ersten Hofbeamten, die Vorsteher des k�uig-lichen Hauses, die Z�gel der Regierung in die Hand und ma�ten sich die oberste politische Gewalt an. Sie verwalteten die k�niglichen Landg�ter, �berwachten die Erziehung der K�nigskinder, f�hrten die Vormundschaft �ber Minderj�hrige, befehligten im Kriege den Heer-bann und f�llten den letzten und h�chsten Spruch bei Rechtsh�ndeln.
5. Die deutsche Lehnsverfassung. In jenen Zeiten entwickelten sich die Anf�nge des Lehnswesens. Die K�nige beschenkten ihre Dienstmannen mit erobertem Lande, das Al-lod hie� und freies Eigentum war. Von dem,
was sie behielten, gaben sie wieder St�cke an Dienstleute als Lehen zur Nutznie�ung auf Lebenszeit. Lehnsleute konnten wieder kleinere
St�cke an ihre Geleitsm�nner als Afterlehen geben. Belehnte wurden Vasallen ihrer Lehnsherren und waren ihnen zu Dienst und Treue ver-Pflichtet, mu�ten aber auch von ihnen gesch�tzt werden.
Fragen: Welche Bedeutung hat Chlodwigs �bertritt zum Christentums? � Sein Charakter! � Suche auf der Karte die wichtigsten deutschen Staaten um das Jahr 500: das Land der Angelsachsen, der Franken, der Thll-ringer (Unstrut), der Westgoten, der Wandalen, der Ostgoten und sp�ter der Langobarden (Lombardei)! � Wie hat sich das Amt der Hausmeier ent-wickelt? � �Schlacht bei Z�lpich" von Simrock.
80. Fr�nkischer Arieger
mit Lanze, Wurfbeil, Kurz- und Langschwert-
33* Mohammed und der Islam.
I. Mohammeds Jugend. Mohammed, d. h. der Vielgepriesene, wurde zu Mekka in Arabien aus dem Stamme der Kore'ischiten geboren. Er verlor fr�hzeitig feine Eltern und wurde von seinem Oheim, dem reichen Kaufmann Abu Talib, erzogen. Dieser geh�rte zu den H�tern
Po lack, Geschichtsbilder, so. Aufl. 2tu�g. A. 9
der Kaaba^); in diesem Stammheiligtume, einem viereckigen etwa 13 m hohen Geb�ude inmitten des Tempels zu Mekka, ist in der Nordostecke der heilige Stein (ein schwarzer Meteorstein) eingemauert. Ihn soll Gabriel dem Jsmael beim Bau der Kaaba gegeben haben. Als Kaufmann machte Mohammed viele Reisen und erweiterte dadurch seine Bildung. Den G�tzendienst seiner Landsleute, die hochm�tige Werkheiligkeit der Juden und die kleinliche Streitsucht der Christen lernte er kennen und Haffen. Im 25. Jahre heiratete ihn die reiche Kaufmannswitwe Chadidja, deren Gesch�ftsf�hrer er gewesen war.
2. Seine Religionsstiftung. In der Einsamkeit r�stete sich Mo-Harn med drei Jahre zu seinem Prophetenamte. Aus Lehren der bestehen-den Religionen und eigenen Gedanken stiftete er den Islam, d. h. gl�u-bige Ergebung in den Willen Gottes. Angeblich hatte ihm der Engel
8J. Ansicht der Kaaba.
Gabriel die g�ttlichen Ratschl�sse offenbart. Durch den Glauben an einen Gott wollte er seine Landsleute vom G�tzendienste heilen, durch die Ver-hei�ung eines sinnlichen Paradieses ihre Phantasie erregen. Er gebot h�ufige Waschungen, Almosen, Fasten (w�hrend eines ganzen Monats), t�glich f�nfmaliges Beten mit dem Antlitz nach Mekka ge-richtet, Wallfahrten nach Mekka und Medina, verbot den Wein, erlaubte aber die Vielweiberei. Der Glaube ait das Fatum, d. h. au ein unab�nderliches Schicksal, sollte dazu dienen, seine Anh�nger mit Todesverach-tnng bei der Ausbreitung des Islam zu erf�llen. Seine Lehren wurden von feinem Nachfolger Abu Bekr im Koran niedergelegt. �Es ist nur ein Gott und Mohammed sein Prophet!" ist gleichsam die �berschrift. Der Koran enth�lt nicht nur die Glaubens- und Sittenlehre, fondern auch
1) Kaaba (arab.) � W�rfel.
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die Gesetzesvorschriften der Mohammedaner in Form von Erz�hlungen, Reden, Ermahnungen und Verhei�ungen. Die Gl�ubigen wurden Mos-lemin (woraus das deutsche �Muselm�nner" entstand), die Oberpriester Mufti, die Priester Jmams, die M�nche Derwische, die Beth�user Moscheen genannt; w�chentlicher Feiertag ist der Freitag.
3. Die Ausbreitung des Islam. Die ersten Gl�ubigen Mo-Hammeds waren sein Weib und seine n�chsten Freunde. Als er bei einem Mahle den 40 G�sten die neue Botschaft verk�ndete, da wurde er ver-lacht, ja endlich zur Flucht nach Medina gezwungen (622). Diese 622 Flucht hei�t Hedschra, und von ihr z�hlen die Moslemin ihre Jahre.
82. Der L�wenhof in der Alhambra tu Granada.
In Medina fand er Glauben und Unterst�tzung. Mit dem Schwerte, diesem �Schl�ssel zum Himmel", unterwarf er Mekka, zuletzt ganz Arabien seiner Lehre. Schon hatte er den Plan gefa�t, den Islam mit Feuer und Schwert ins Ausland zu tragen, als ihn der Tod abrief (632). Sein 632 Grab ist in Medina und noch heute ein Wallfahrtsort.
4. Die Nachfolger Mohammeds. Die Nachfolger des Propheten hie�en Kalifen. Der erste war Abu Bekr, des Propheten Schwieger-vater. Ihm folgte der rauhe, aber gerechte Omar, der Pal�stina, Syrien und Persien dem Halbmond unterwarf. Seinem Feldherrn Amrn soll er aus die Frage, was er mit der Bibliothek in Alexandrien machen solle, geantwortet haben: �Ins Feuer! Entweder enthalten die B�cher, was im Koran steht, d.inn sind sie �berfl�ssig, oder etwas anderes, dann sind sie sch�dlich!", und nun soll man die B�der mit den kostbaren B�chern ge-heizt haben. So berichtet eine allerdings wenig glaubw�rdige Erz�hlung.
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Nach vier Kalifen aus dem Stamme Kore'ifch folgten die oma-jadifchen Kalifen in der arabischen Herrschaft. Unter einem derselben unterwarf im Anfang des achten Jahrhunderts der Feldherr Mufa die Nordk�ste Afrikas. Sein Unterseldherr Tarik wurde von unzufriedenen westgoiifchen Prinzen nach Spanien gerufen. Er ging �ber die Meerenge, die nach ihm Gibraltar (entstanden aus Gebel al Tarik) hei�t, besiegte 711 und t�tete (711) den Westgotenk�nig Roderich bei Xeres de la Fron-tera. Aus Neid rief ihn hierauf Mufa ab, warf ihn sogar in den Kerker und vollendete selbst die Eroberung des Westgotenreichs. Diejenigen West-goten, welche sich nicht unterwarfen, fl�chteten in die astnrischen Gebirge, f�hrten von hier aus einen unabl�ssigen, erbitterten Kampf gegen die Ein-dringlinge und eroberten eine Provinz nach der andern zur�ck. In diesen K�mpfen zeichnete sich besonders Rodrigo von Vivar, der Cid oder Herr (f 1099), aus. �brigens gelangte Spanien unter den Mauren (Arabern), die aus Mauretanien im n�rdlichen Afrika gekommen und danach benannt waren, zur h�chsten Bl�te, und das Land glich einem Garten. Herrliche Bauten, z. B. die Alhambra in Granada, zierten die St�dte; K�nste und Wissenschaften, besonders Astronomie und Geographie, wurden gepflegt. Ihre Hochschulen in Toledo und Kordova standen in hoher Bl�te und wurden auch von Christen besucht. Granada war die Hauptstadt des maurischen K�nigreichs.
Fragen: Wie erkl�ren sich die Erfolge des Islam? � Was verdankt die Weltkultur dem Islam? � Wie war die allm�hliche Zur�ckeroberung Spaniens durch die Christen m�glich? � Herders �Cid". �Mohammed" von Lingg. �Das Wunder auf der Flucht" von R�ckert. �Harmosan" von Platen. �Omar" von Geibel.
34. Bonifatius, der Apostel der Deutschen.
1. Die Ausbreitung des Christentums unter den Deutschen und die ersten Glaubensboten. �ber den St�rmen und Wogen der V�lkerwanderung stand wie ein Bogen des Friedens das Christentum. Es z�hmte die wilden Germanenst�mme und verwandelte allm�hlich die Schwerter in Pflugscharen. Schon vor der V�lkerwanderung hatten sich am Rhein und an der Donau unter den Germanen einzelne Christen-gemeinden gebildet. Die Westgoten waren bereits um die Mitte des vierten Jahrhunderts zum gr��ten Teile arianische Christen. Ihr Bischof Ulfilas �bersetzte um diese Zeit die Bibel in die westgotische Sprache. Ein Rest dieser �bersetzung wird als �silberner Kodex" in Upsala auf-bewahrt; auf Purpurgrund stehen silberne Buchstaben. Der Anfang des gotischen Vaterunsers lautet: �Atta unsar, thu in himinam, yeihnai nam� thein." � Nach den Westgoten wurden bald die Ost goten, darauf die Vandalen, Burgunder und Langobarden Christen, und zwar an-f�nglich meist Arianer. Sp�ter, im 6. Jahrhundert, bekehrten sich bie Westgoten, Burgunder und Langobarden zur katholischen Lehre. Diese Lehre verbreitete sich unter den heidnischen Franken (496) feit dem �bertritt Chlodwigs.
Das innere oder eigentliche Deutschland war aber im ganzen von dem CHriftentnme unber�hrt geblieben. Da kamen aus Irland, das schon
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fr�he das Christentum angenommen hatte, glanbensfrendige M�nner im sechsten und siebenten Jahrhundert als Missionare ins innere Deutschland. Kolumban wirkte im Wasgenwald, Gallus in der Schweiz, wo er das Kloster St. Gallen als Pflanzst�tte der Bildung gr�ndete, Kilian in Franken. Auch Britannien, das Land der Angelsachsen, wurde durch den Eifer des Papstes Gregor des Gro�en zum Ehristenwme bekehrt. Aus den bekehrten Angel-sachsen aber ging der Missionar hervor, dessen T�tigkeit f�r Deutschland von der gr��ten Be-deutung wurde. Es ist dies Winfried oder,
wie sein kirchlicher Name lautet, Bonifatius.
2. Winfrieds Missionst�tigkeit. Winfried stammte aus dem S�den Englands von vor-nehmen Eltern. Schon fr�h bereitete er sich auf den Missionsberuf vor. Sein erstes Wirken in Friesland war erfolglos. Nach einer Reise zum Papste in Rom ging er abermals nach Friesland,
um den greisen Willibrord zu unterst�tzen.
Reiche Arbeitserfolge hatte er dann in Th�ringen und Hessen, und hier entstanden Schulen und Kl�ster, so Am�neburg, �stlich von Marburg,
auf einem Basaltkegel. Bei einer zweiten Reise nach Rom ernannte ihn der Papst zum Bischof und verpflichtete ihn eidlich, alle Bekehrten unter des Papstes Gehorsam zu stellen. Nach seiner ^atue des Bonifatius R�ckkehr trug er das Evangelium besonders nach in Fulda.
Hessen. Bei Geismar f�llte er unter dem Zittern
und Staunen des Volkes die dem Thor geweihte Eiche und erbaute aus dem Holze ein Kirchlein auf dem Hilfensberge. �berall sanken die G�tzen-alt�re und entstanden Kirchen und Kl�ster. Sein Lieblingskloster mit einer Schule f�r Geistliche war Fulda, das er selbst gegr�ndet. Von da trug er die Botschaft des Friedens auch nach Bayern. Als er dann Erz-bischof von Mainz geworden war, leitete er die ganze deutsche Kirche. Bist�mer und Kl�ster, die wesentlich die EntWickelung dieser St�dte f�rderten, gr�ndete er u. a. noch in Erfurt, W�rzburg, Regensburg, Salzburg und Passau.
3. Sein M�rtyrertod. Am Abend seines Lebens f�hrte ihn seine Sehnsucht auf das Feld feiner ersten Wirksamkeit, nach Friesland, zur�ck. Segen begleitete sein Werk. Als er eines Tages eine Anzahl Neubekehrter einsegnen wollte, �berfiel ihn ein Haufe raublustiger heidnischer Friesen und erschlug ihn, nachdem er seinen Begleitern die Verteidigung verboten hatte (754). �Lasset ab vom Kampfe," sprach er, �vergeltet nicht B�ses 754 mit B�sem! Der ersehnte Tag der Heimfahrt ist gekommen. Hoffet auf
den Herrn, er wird eure Seele erretten 1" Seine Leiche wurde in den mitgebrachten Sarg gelegt und in Fulda beigesetzt. Bonifatius hat als r�-mischer Bischof die Kirche Deutschlands fest an den apostolischen Stuhl in Rom gekn�pft.
4. Die Bekehrung zum Christentume. Die Glaubensboten legten in der Regel Kl�ster cm, von denen aus weitere Gebiete heidnischen Landes bekehrt wurden. Freiwillig oder von den Oberen abgesandt, zogen M�nche und Priester in die heidnischen Gegenden. Zuerst suchten sie den Gau-grasen oder einen angesehenen Edeling zu gewinnen. Meist wurden sie gastlich aufgenommen. Abends sa�en sie unter den Volksgenossen am Herdfeuer, h�rten den G�tter- und Heldenm�ren sowie dem Ges�nge der Heldenlieder zu und erz�hlten dann von dem gr��ten Helden Christus und sangen Lieder zu seiner Ehre. Aufmerksam lauschten die Heiden und begehrten immer mehr zu h�ren. War der Gastfreund endlich gewonnen; so brachte der Gottesbote die Sache auf der Mahlstatt vor die Volksver-sammluug. Allerlei Meinungen wurden gemurmelt, freundlich und feind-lich, Vielleicht sprach der Gastfreuud ein Wort des Lobes �ber den neuen Himmelsherrn und seinen Boten. Nicht selten entschied dann das Los �ber den neuen Glauben. Viele H�nde regten sich nun und bauten unter Leitung des Sendboten an geeigneter Stelle ein h�lzernes Kirchlein. Statt der heidnischen wurden nun christliche Feste gefeiert, statt der blutigen Opfer das unblutige Opfer der Messe dargebracht, statt der kriegerischen Schlachtges�nge friedliche Lieder angestimmt, statt der G�ttersagen die Botschaft des Heils verk�ndigt. Der neue Glaube und Gottesdienst schonte die altgeheiligten Gewohnheiten und schlug weise die Br�cke aus dem Heidentums ins Christentum. Die z�hesteu Widersacher waren die Heid-nischen Priester, aber auch sie wurden durch die Begeisterung und Aus-dauer der christlichen Missionare endlich �berwunden. Mehr und mehr milderte sich die Wildheit der deutschen St�mme, und christliche Sitte trat an die Stelle der heidnischen Roheit. Um das Kirchlein bauten die Be-kehrten ihre H�tten. Den Priester unterhielten sie durch Gaben des Feldes und Hauses, ja nicht selten schenkten Beg�terte und Kinderlose ihm oder der Kirche ganze H�fe.
Die bekehrten Christen einer Landschaft wurden zu einem Bistum unter einem Bischof vereinigt. Der Bischofssitz enthielt gew�hnlich eine gro�e, sch�ne Kirche, Dom oder M�nster genannt, eine Domschule, Wohnungen f�r den Bischof und die Geistlichen des Domkapitels, Nebengeb�ude f�r die leibeigenen Dienstleute und die verschiedenen Hand-werker und eine starke Ringmauer zum Schutz gegen feindliche Anst�rme. Kl�ster und Bischofssitze �bten Gastfreundschaft gegen Fremde wie Freunde und Milde gegen heimatloses Volk. Der Bischof wachte �ber die kirch-liche Ordnung seines Bistums oder Sprengels und f�rderte auch das leib-liche Wohl seiner Untertanen. Er bestellte die Geistlichen, sandte M�nche und Priester in neue Missionsgebiete, forderte Berichte von den Geistlichen, besuchte von Zeit zu Zeit die Gemeinden, schlichtete Streitigkeiten, traf neue Anordnungen und erteilte den Segen. Er wurde immer mit gro�er Feierlichkeit empfangen. Unter den Bisch�fen nahm den ersten Rang der Erzbischof ein als oberster Bischof einer Kirchenprovinz.
Fragen: Worin besteht der Segen der Bekehrung zum Christentum? � Wie erkl�ren sich die Missionserfolge eines Mannes? � Warum hei�t Boni-fatius �Apostel der Deutschen"? � Das Werk des Bonifatius und das Werk
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Luthers! � �St. Bonifatius" von Adolf Bube. Schilderung des Klosterlebens in Scheffels Roman �Ekkehard".
493: Theodorich in Italien. 496: Sieg Chlodwigs �ber die Alamannen (bei Z�lpich?). 500: Benedict von Nursia. 534: Belifar und �elimer. 555: Untergang des Ostgotenreichs. 568: Albion gr�ndet das Langobardenreich. 596: Gregor d. Gr. in Rom. 622: Hedfchra. 632: -s-Mohammed. 711: Tank in Spanien. 754: -s-Bonifatins.
35. Rar! der Gro�e (768�814).
1. Seine ber�hmten Vorfahren. Pippin, genannt der Mittlere,
Majordornus in Austrasien, besiegte den fr�nkischen K�nig mtb den Hausmeier von Nenstrien und nannte sich �Herzog und F�rst der Franken". Den merowingischen Schattenk�nigen lie� er nur den K�nigstitel. Noch h�heren Ruhm erlangte sein Sohn Karl Martell, d. h. der Hammer,
durch den Sieg zwischen Tours und Poitiers �ber die aus Spanien vorgedrungenen Mauren (732). Das Kreuz siegte damit �ber den Halb- 732 mond, die christliche Kultur �ber den islamitischen Sinnendienst. Karls * Sohn Pippin der Kleine (oder Kurze) dehnte feine Macht immer weiter aus und lie� endlich den Papst Zacharias fragen, ob der K�nig hei�en d�rfte, der sorglos daheimsitze, oder der, welcher die Last der Regierung trage. Der Papst antwortete: �Wer den Staat lenkt, dem geb�hrt auch die Krone und der K�nigsname!" Darauf wurde Childrich III., der letzte Merowinger, feiner langen Haare, des Zeichens der K�nigsw�rde, beraubt und ins Kloster verwiesen, dagegen Pippin einstimmig als �K�nig der Franken von Gottes Gnaden" auf den Schild erhoben und von den Bisch�fen gekr�nt (751). Zum Danke unterst�tzte Pippin den folgenden 751 Papst, Stephan III., gegen den l�nders�chtigen Langobardenk�nig und gab das ehemalige Exarchat dem Stuhle Petri als Lehn. Die Pippinsche Schenkung ist der Anfang der weltlichen Macht des Papstes oder des Kirchenstaates. Pippins gro�er Sohn ist Karl, nach dem alle F�rsten dieses Hauses Karolinger hei�en.
2. Sein trefflicher Charakter. Seine k�rperlichen Vorz�ge verrieten schon den geborenen Herrscher. Er ma� sieben seiner F��e. Alle Glieder zeigten das sch�nste Ebenma�. Die Stirn war gew�lbt und von sch�nem Haar umspielt; die Augen waren gro� und lebhaft; gew�hnlich blickten sie freundlich, im Zorn aber schlenderten sie Blitze. Die gebogene Nase war etwas gro�, die Stimme klar, der Nacken kurz und stark. Gang und Haltung waren m�nnlich und w�rdevoll. Sein Geist war hochbegabt. Mit scharfem Blicke fand er sich �berall zurecht, und seine Gedanken um-fa�ten alle wichtigen Fragen der Zeit. Klar und verst�ndlich wu�te er sich auszudr�cken. Im h�heren Atter suchte er noch das Schreiben zu erlernen. In schlaflosen Stunden der Nacht soll er ein T�felchen, das unter dem Kopfkissen zu liegen pflegte, hervorgezogen und sich im Schreiben ge�bt haben. Doch die Hand, die das Schwert so sicher f�hrte, war wenig willig und geschickt in F�hrung des Schreibgriffels. In seiner Familie waltete er als strenges Oberhaupt. R�hrend ist das Geschick seiner Schwester Berta, wie es Uhland in der Ballade schildert: �Frau Berta sa� in der
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Felsenkluft �Arme fanden stets eine offene Hand bei ihm. Bis m den fernen Christen im Orient gingen seine Gaben. Seine Fr�mmigkeit bewies er durch t�glichen Kirchenbesuch, durch Versch�nerung des Gottes-dienstes, durch Ausbreituug des Christentums und durch Hebung der Volks-bildnng. Seine Sitten zeigten die gr��te Ein-fachheit. Auf der Jagd und im Kriege, im Fech-ten und Reiten, Baden und Schwimmen war er ein Meister. Im Essen und Trinken �bte er die gr��te M��igkeit; beim Mahle liebte er Saiten-spiel und Lieder, welche die Taten der Alten priesen. Seine Kleidung war vaterl�ndisch und zum Teil von seinen T�chtern verfertigt. F�rsten-Achter verschm�hten es damals nicht, zu spinnen, zu weben, zu n�hen und sich um den Haushalt zu bek�mmern. Karls Mutter Berta war ber�hmt durch ihre Spinnkunst. Sp�ter sagte man im Sprichwort: �Die Zeit ist hin, da Berta spann." Ausl�ndischen Putz ha�te er und wu�te die Tr�ger desselben nicht selten l�cherlich zu machen. Nur bei feierlichen Gelegenheiten zeigte sich die Majest�t auch in seiner Kleidung.
Dieser gewaltige Mann dr�ckte seiner ganzen Zeit den Stempel seines Geistes auf.
3. Sein langer, z�her Kampf mit den Sachsen. Karl teilte drei ^ahre die Herrschaft mit seinem Bruder Karlmann. Nach dessen Tode wurde er alleiniger Herrscher der Franken. Alsbald unternahm er einen Eroberungszug gegen die heidnischen Sachsen, welche zwischen Ems und Llbe wohnten. Er wollte nicht nur sein Land gegen deren r�uberische Einf�lle sch�tzen, sondern auch dieses noch unabh�ngige Volk unterWersen und zum Christentum bekehren. Die St�rke der Sachsen lag in ihrer Tapferkeit und Freiheitsliebe; dazu war ihr Land durch S�mpfe und W�lder schwer zug�nglich.
Auf dem Maifelde (d. i. die seit Pippin regelm��ig im Mai ab-gehaltene Volksversammlung) in Worms wurde der Kamps gegen die Sachsen beschlossen, ein Kampf, der mit einigen Unterbrechungen gegen 30 Jahre gew�hrt hat (772�804). Der erste Zug war ein Streifzug ohne eigentliche K�mpfe. Auf demselben brach Karl die Feste Eresbnrg an der Diemel und zerst�rte die heilige Jrmins�nle, einen aufgerichteten gewaltigen Baumstamm, der nach dem Glauben der Sachsen das Weltall trug. Die Sachsen stellten Geiseln und gelobten Unterwerfung.
4. Seine raschen Z�ge gegen die Langobarden und Sachsen. Der Langobardenk�nig Desidenus, dessen Tochter Karl als Gemahlin versto�en hatte, beanspruchte f�r Karlmanns unm�ndige S�hne den fr�nkischen Thron und bedr�ngte Papst Hadrian I., als dieser die beiden S�hne nicht salben wollte. Auf dessen Hilferuf zog Karl �ber die Alpen, nahm Pavia durch Hunger, verwies Desiderins ins Kloster und setzte sich in Mailand die eiserne Krone der Langobarden auf (774). Der innere Reif dieser Krone soll aus einem Nagel des Kreuzes Christi verfertigt fein. Ein Auf-
Siegel piptns. W,
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stand der Sachsen unter dem unerm�dlichen F�hrer Widukind (Wittekind) rief ihn zur�ck. Kaum hatte er die Ruhe hergestellt, da riefen ihn neue Unruhen in die Lombardei. Von hier wandte er sich zum drittenmal gegen die Sachsen und unterwarf sie ohne Kampf. Zu Paderborn hielt er
85. Heitcrftatuette Karls d. Gro�en.
(Nach Springer, Handb. d. Kunstgesch. II. 5, Fig. 76.)
bann etn Malfeld, auf dem viele Sachsen Unterwerfung und Bekehrung zum Christentums gelobten (777). Widukind jedoch unterwarf sich nicht 777 sondern floh zum D�nenk�nige.
5. Sein k�hner Zng gegen die Manren. Der Kalif Ab der-rham an in Kordova hatte den Statthalter von Barcelona abgesetzt. Dieser suchte Hilfe bei Karl und erschien zu diesem Zwecke selbst auf dem Reichs-tage zu Paderborn (777). In der Hoffnung, seine Herrschaft erweitern
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zu k�nnen, folgte Karl willig diesem Rufe und drang unter gro�en Schwierig-feiten bis an den Ebro vor (778). Aber er erreichte wenig. Erst durch sp�tere K�mpfe wurde das Land als spanische Mark dem Reiche gewonnen. Auf dem Heimzuge durch die Pyren�en wurde die Nachhut seines Heeres, die der tapfere Markgraf Roland f�hrte, von den verr�terischen Basken in den T�lern von Roncesvalles nach verzweifelter Gegenwehr vernichtet.
6. Sein endlicher Sieg �ber die Sachsen. Inzwischen waren die Sachsen unter dem zur�ckgekehrten Widukiud wieder aufgestanden und hatten bis an den Rhein alle Spuren des Christentums vernichtet: Sie wurden in mehreren Schlachten besiegt. Karl drang bis zur Elbe vor. Die Sachsen unterwarfen sich und lie�en sich taufen. Die Ruhe schien endlich eingekehrt. Karl sandte Priester in das Land, baute Kl�ster und Burgen, setzte s�chsische und fr�nkische Edelinge als Grafen ein, erhob den Zehnten von Vieh und Feldfr�chten, verbot die Menschenopfer und die Leichenverbrennung, ja wagte es, den s�chsischen Heerbann gegen die eingefallenen Slaven im Osten aufzubieten. Da brach der lang verhaltene Groll wieder aus. Auf Widu-
kiuds Anstiften wandte sich der s�chsische Heerbann statt gegen die Slaven gegen die Franken. Am Berge S�ntel (am rechten Ufer der Weser) wurde das fr�nkische Heer niedergemetzelt und der Aufruhr in ganz Sachsen gepredigt. Der erbitterte Karl eilte herbei und nahm grausame Rache an dem treulosen Volke: 4500 Gefangene wurden bei Verden a. d. Aller an einem Tage enthauptet (782). Der nun unter Albion und Widukiud ausbrechende allgemeine Auf-stand wurde erst nach den furchtbarsten Anstrengungen 86. Siegel Karl d. Gr. durch die Siege bei Detmold und an der Hase Aus dem Jahre 807. W. niedergeworfen. Widnkind, an der Macht der Sachseng�tter verzweifelnd, lie� sich nebst vielen Edlen 785 taufen (785). Zwar war die Kraft der Sachsen gebrochen, aber in den folgenden Jahren bis 804 brachen noch einzelne Aufst�nde aus, jedoch er-folglos. Karl lie� den Unterworfenen ihre Privatrechte; aber sie mu�ten im �brigen ihre Volksfreiheiten aufgeben und fr�nkische Einrichtungen annehmen. Nur allm�hlich fa�te das Christentum bei ihnen Wurzel. Inner-lich hingen sie noch lange am Heidentnme, zahlten nur widerwillig den Zehnten an die Kirche und leisteten ungern Heeresfolge. Wie innig aber sp�ter das Christentum von dem Gem�te der Sachsen erfa�t wurde, das bezeugt die auf s�chsischem Boden erbl�hte herrliche Dichtung vom Hei-lande �Heltand". In dem Sachsenlande gr�ndete Karl acht Bist�mer. Davon bestehen noch heute: M�nster, Osnabr�ck und Paderborn.
7. Seine gl�cklichen Kriege gegen die Bayern, Avaren, Nor-mannen und Slaven. Herzog Tassilo von Bayern hatte sich von der fr�nkischen Herrschaft befreien wollen und sogar die heidnischen Avaren gegen Karl aufgereizt. Er wurde zum Tode verurteilt, aber von Karl zu lebensl�nglicher Klosterhaft begnadigt (788). Bayern wurde fortan, wie auch Sachsen, von fr�nkischen Grasen verwaltet. Nun wandte sich Karl gegen die r�uberischen Avaren zwischen Enns und Raab, um ihnen den
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Lohn f�r ihre Taten heimzuzahlen. Er drang siegreich bis zur Raab vor. Sp�ter, als er gegen die Sachsen ziehen mu�te, f�hrte sein Sohn Pippin den Krieg weiter, st�rmte den �Ring" (das durch kreisf�rmige Erdw�lle befestigte Feldlager der Avaren) und machte unglaublich reiche Beute. Nach mehreren fruchtlosen Emp�rungen der Avaren wurde ihr Land als �stliche Mark (�sterreich) zum Reiche geschlagen (799).
Im Norden wurden die Normannen besiegt, im Osten einige St�mme der Slav en jenseits der Elbe in Abh�ngig-keit gebracht. Karls Reich ging im Norden bis zur Eider,
im Osten bis zur Elbe und Raab, im S�den bis zum Garigliano und Ebro.
8. Seine gl�nzende Kaiserkr�nung in Rom (800).
Mit den P�psten hielt Karl als m�chtiger Schirmherr immer gute Freundschaft. Dem Papste Leo III. half er gegen dessen Widersacher und f�hrte ihn nach Rom zur�ck.
Als er am Weihnachtsfeste vor dem Altar der Peterskirche in Rom betend kniete, setzte ihm der Papst die goldene Kaiserkrone auf, und alles Volk jubelte: �Leben und Sieg dem von Gott gekr�nten, friedebringenden r�mischen Kaiser Karl!" So war das alte r�mische Reich nach mehr als 300 Jahren wieder erstanden, aber sein Kaiser war nun-mehr ein Deutscher. 87. Mdukind.
9. Seine metjetRcgcntcnt�tigfeit. Er hat die ein- Sft�SS� zelnen deutschen St�mme zu einer nationalen zuEngern(Westfalen) Einheit durch Einf�hrung des Christentums, der XL3a^' $8' fr�nkischen Verfassung, durch gleiches Heerwesen und gleiche Staatsgesetze gebracht und sie in Bildung und Gesittung ungemein gef�rdert.
Die Kirche hat er beschirmt und ausgebreitet und dem Gottesdienste eine gr��ere Feierlichkeit verliehen, indem er durch italienische S�nger Singschulen anlegen und Orgeln aus Italien kommen lie�. Er lie� gute Predigten ins Deutsche �bersetzen, den Geistlichen eine bessere Bildung geben und eine geregelte Aufsicht einrichten. Die Geistlichen wurden an-gewiesen, den Katechismus in der Volkssprache zu behandeln.
Durch Anlage von Schulen bei Kl�stern und Stiften pflegte er die Wissenschaften. Die in solchen Schulen gebildeten M�nner sollten dann wieder die Bildung des Volkes bef�rdern. Sein Freund und Be-rater war dabei der Angelsachse Alkuin, der die Hofschule in Aachen leitete. Karl besuchte h�ufig die Schulen und erkundigte sich nach dem
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Betragen und den Fortschritten der Sch�ler. Als er einst die S�hne der Vornehmen tr�ger als die armen Knaben fand, schalt er sie hart: �Ihr d�nkt euch wohl zu vornehm zum Lernen? Euer Adel und eure h�bschen Gesichter gelten nichts bei mir. Faule und unn�tze Buben haben nichts Gutes von mir zu hoffen!" Den Flei�igen aber sagte er freundlich: �Ich freue mich, da� ihr gut einschlagt; bleibt dabei, der Lohn wird seinerzeit nicht ausbleiben!" Als Karl sich einst zw�lf M�nner wie die Kirchenv�ter Hieronymus und Augustin f�r sein Reich w�nschte, sagte Alkuin: �Der
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Sch�pfer Himmels und der Erde hat nur zwei, und du verlangst zw�lf?" Karl Pflegte deutsche Art und Sprache. Er gab den Winden und Monden deutsche Namen, lie� eine Grammatik anfertigen und deutsche Heldenlieder sammeln.
Vornehmlich aber regelte er die Leitung und die Verwaltung des Staatswesens. Das Maifeld, die fr�here gro�e Versammlung der Freien im Fr�hling, wurde unter Karl eine Versammlung geistlicher und weltlicher Gro�en aus dem ganzen Reiche, die Beratungen hielten und Beschl�sse fa�ten. Vom Kaiser best�tigt, wurden diese Beschl�sse als Reichs-Verordnungen rechtsg�ltig. Kleinere Versammlungen wurden im Herbst abgehalten. Karl untersiegelte mit seinem Degenknopfe. �Hier ist mein Befehl und hier das Schwert, das Gehorsam schaffen wird!" Pflegte er Halsstarrigen zu sagen. Das ganze Land war von fr�her her (schon unter den Merowingern) in Einzelbezirke, Gaue, geteilt, denen Gau-grasen vorstanden. Sie hielten Gericht, wachten �ber die Ordnung, ver-walteten die Steuern und f�hrten den Heerbann an. Dreimal im Jahre hatte der Gaugraf zu bestimmter Zeit und an bestimmten St�tten (Mahl-statten) Gerichtstage abzuhalten, auf denen alle Freien (ohne Waffen) er-scheinen mu�ten. Der Heerbann bestand nur aus Freien. Die Mark-oder Grenzgrafen, z. B. von K�rnten, �sterreich, Sachsen, bekleidete Karl bei ihrer gef�hrlichen Stellung mit noch gr��erer Macht. Die Pfalzgrafen waren die obersten Gerichtsherren in den Hofgerichten. An die Spitze der kaiserlichen Kanzlei, welche die amtlichen Schreiben abzufassen und die k�niglichen Urkunden zu beglaubigen hatte, setzte er den Erz-kanzler (einen hochstehenden Geistlichen). Die Hofgeistlichkeit stand unter dem Erzkaplan. Die Sendgrafen (�K�nigsboten") reisten umher, pr�ften alles und erstatteten dem Kaiser Bericht.
Unser Bild (Fig. 88) zeigt ein Sendgrafengericht. Es wird in einem s�chsischen Gau au der altheiligeu Mahlstatt unter einer m�chtigen Eiche nahe einer Siedelnng abgehalten. Ein Erzbischos und ein vor-nehmer Hofherr sind die K�nigsboten. Ein stattliches Gefolge begleitet sie, um sie vor R�ubern zu sch�tzen und ihr Ansehen zu erh�hen. Vor ihrer Abreise in die s�chsischen Gaue hat ihnen Kaiser Karl selbst die Auftr�ge und schriftlichen Vollmachten gegeben. Sie sollen allen Unter-tanen, die �ber 12 Jahre alt sind, den Eid abnehmen und ihnen vor-her dessen Bedeutung erkl�ren, sollen die neuesten Gesetze verk�nden und erl�utern, die Pflichten des Heeresdienstes einsch�rfen und Streitigkeiten schlichten, sollen darauf sehen, da� niemand Gewalt und Unrecht geschieht, den R�ubern ihr sch�dlich Handwerk gelegt, den H�ndlern kein ungerechter Zoll abgezwungen wird, und da� alle nach Gottes Geboten gerecht und friedlich leben. Ihrer Aufsicht untersteht auch die Pflege des Waldes, der Bau von Br�cken und Wegen, die Erhebung von Z�llen, die Ver-waltung der Wirtschaftsh�fe und die Wirksamkeit der Kl�ster. Sie sollen �berall nach Befund anregen, loben, tadeln, mahnen, strafen, �ber alles aber dem Kaiser genauen Bericht erstatten. Der ehrw�rdige Erzbischos steht in prunkvoller Amtskleiduug rechts aus dem Bilde und l��t einen s�chsischen Freien einen Eid ans das Kreuz ablegen. Viele s�chsische Volks-
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genossen stehen im Hintergrunde unb warten. Der weltliche K�nigsbote sitzt in seinem Amtskleide ans einem vierbeinigen Schemel und h�lt (Bericht; er hat den rechten �ber den linken Fn� geschlagen und h�lt den wei�en Richterstab in der rechten Hand. Hinter ihm steht der s�chsische Gaugraf mit der wei�en Stirnbinde, dem Schilde und Langschwerte. Die
Bank ist besetzt oder �gespannt" mit sieben Gerichtssch�ffen. Zwischen dem geistlichen und dem weltlichen K�nigsboten sitzt ein M�nch und schreibt die Verhandlungen nieder. Bei dem h�chsten, dem K�nigsgerichte, f�hrte der Kaiser selbst den Vorsitz. Auf der linken Seite des Bildes stehen und lagern die Mannen des fr�nkischen Gefolges. Sie tragen Speere und Rundschilde.
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Handel und Gewerbe f�rderte Karl durch gleiches Ma� und Ge-wicht, durch Anlegung von Wegen, Br�cken, so in Mainz, und Handels-Pl�tzen, die Baukunst durch den Bau von Kirchen und Pfalzen (Pal�sten) in Aachen, Ingelheim und Nimwegen, die Landwirtschaft durch seine Mustermeiereien, auf denen er sich um alles k�mmerte. Alle Einnahmen und Ausgaben bis auf die Zahl der Eier lie� er eintragen, sah die Rech-nungen selbst durch, machte Bauanschl�ge und ordnete Verbesserungen an. Die Einf�hrung eines feststehenden Kornpreises gelang ihm nicht. Die gangbare M�nze war damals der Silberpfennig, der alte r�mische Denar, der 25 Psg. galt. Er wurde in 5 M�nzst�tten des Rheinlandes ge-schlagen. Damals kostete ein Ma� Weizen (45 kg) 4, 1 Ma� Roggen 3, 1 Ma� Gerste 2, 1 Ma� Hafer 1 Denar. Eine Kuh kaufte man f�r 24, ein Schwein f�r 6, 30 Pfund Roggen- oder 24 Pfund Weizenbrot f�r 1 Denar. Aus den Krong�tern oder Dom�nen, die von Meiern und Amtleuten verwaltet wurden, und den K�nigsforsten bezog Karl Haupt-s�chlich seine Eink�nfte. Andere Eink�nfte bestanden in Br�cken-, Flu�-, Wege- und Marktz�llen. Karl hatte auch den f�r jene Zeit gewaltigen Plan gefa�t, den Rhein mit der Donau durch einen Kanal zu verbinden. Sein Ruhm erscholl in alle Welt. Der Kalif Harun al Raschid in Bagdad sandte ihm Geschenke, z. B. eine k�nstliche Wasseruhr und einen gelehrigen Elefanten. Karls Gegengeschenke waren abgerichtete Pferde und Hunde.
10. Sein frommes Ende. Karl hatte den Schmerz, da� zwei begabte S�hne vor ihm starben. Den �berlebenden Ludwig lie� er zu Aachen, seiner Lieblingsstadt, in der er neunzehnmal Weihnachten gefeiert hat, kr�nen und ermahnte ihn, Gott zu f�rchten, sein Volk zu lieben, die Armen zu unterst�tzen, getreue Beamte einzusetzen und sich von der Welt unbefleckt zu erhalten. Ein halbes Jahr darauf erkrankte er im 70. Lebensund 46. Regierungsjahre an einem erneuten Fieberanfalle und starb nach Empfang des heiligen Abendmahles mit den Worten: �Vater, in deine 814 H�nde befehle ich meinen Geist!" (814). Sein Leichnam wurde ein-balsamiert und im kaiserlichen Schmucke angeblich aufrecht in der Gruft des Domes zu Aachen beigesetzt, die Gruft aber mit Spezereien gef�llt. Auf goldenem Stuhle sitzend, die Krone aus dem Haupte, das Evangelien-buch auf den Knieen, die goldene Pilgertasche an der H�fte, Zepter und Schild zu F��en: so soll ihn im Jahre 1000 Kaiser Otto III. gefunden haben,, als er das Gew�lbe �ffnen lie�, um den gro�en Toten zu schauen.
Fragen: Weshalb hei�t Karl �der Gro�e"? � Der Name Berta in seiner Familie! � Die Grenzen und Teile seines Reiches! � Warum f�hrte er die vielen Kriege? � Wie war damals das Verh�ltnis zwischen Papst und Kaiser? � Weshalb zogen sich die Sachsenkriege so in die L�nge? � Was hatten die verschiedenen �Grafen" zu bedeuten? � Die Bedeutung der Marken! � Die Entwicklung der Nordmark (Brandenburg). Ostmark (�sterreich) und der Mark Mei�en (Sachsen)! � �Pippin der Kurze" von Bauer. � �Die Schule der Stutzer" von Simrock. � �Wie Kaiser Karl schreiben lernte," �Wie Kaiser Karl Schulvisitation hielt", �Wie Kaiser Karl Besuch bekam" und �Wie Kaiser Karl in B�chern las" von Gerok � �Frankfurts Gr�ndung" von Kopisch. � �Das wei�e Ro�" von M. v. Oer. � �Wittekind" von Platen. � �K�nig Karls Meerfahrt", �Klein Roland" und �Roland Schildtr�ger" von Uhland!" � �Der sterbende Roland" von St�ber. � �Rheinsage" von Geibel.
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36. Die Karolinger.
1. Der schwache Ludwig der Fromme (814�840). Er konnte 814 die Z�gel der Regierung eines so gro�en Reiches nicht f�hren. Die Geistlichen, die Gro�en des Reiches und seine eigenen S�hne entwanden
sie ihm. Er lie� sich zu einer Teilung der 'Reiches unter seine drei S�hne Lothar, Pippin und Ludwig bereden. Lothar, der �lteste Sohn, wurde Mitkaiser, die beiden anderen wurden als Unterk�nige mit einzelnen Teilen des Reiches belehnt. Sein Neffe Bernhard, der sich als Unterk�nig von Italien dagegen erkl�rte und gegen den Kaiser emp�rte, wurde grausam geblendet und starb infolge dieser grausamen Strafe. Als sp�ter Ludwig seinem nachgeborenen Sohne Karl dem Kahlen auf Betreiben seiner Gattin Judith von Bayern in einer neuen Teilung die besten Landes-teile zuwenden und die andern S�hne verk�rzen wollte, erhoben sich diese, brachten die Truppen des Kaisers auf dem L�genfelde unweit Kolmar zum Abfall und n�tigten so Ludwig, sich zu ergeben. Ja, Lothar sperrte ihn in ein Kloster und zwang ihn, �ffentlich Kirchenbu�e zu tun. Da f�rchteten die Br�der Lothars �bermacht. Mit den Waffen befreiten sie ihren Vater und setzten ihn wieder auf den Thron. Doch das Ungl�ck hatte ihn nicht weiser gemacht. Nach Pippins Tode verk�rzte er in einer neuen Teilung seinen Sohn Ludwig. Entr�stet wollte dieser sein Recht mit gewasfneter Hand sch�tzen, da befreite der Tod den gramgebeugten Kaiser von feinen Leiden. Er starb auf einer Rheininsel bei Ingelheim (840). 840
2. Seine uneinigen S�hne. Nun beanspruchte Lothar als Kaiser die Oberhoheit �ber alles Land. Aber Ludwig und Karl der Kahle verlangten eine Teilung. Sie schlugen Lothar in der Schlacht bei F�nte- ' nailles und n�tigten ihn endlich zum Vertrage von Verdnn (843), 843 in dem das Reich Karls des Gro�en geteilt wurde: Lothar bekam Italien
mit der Kaiserw�rde und einem Landg�rtel vom Mittelmeer bis zur Nord-see, Rhone und Rhein entlang (Burgund und Lothringen, d. i. Lothars Reich); Karl der Kahle erhielt Westsranken und Ludwig Ostfranken nebst einigen St�dten ans dem linken Rheinufer. Als Lothars Geschlecht uach ungl�cklicher Regierung ausstarb (875), fielen die St�dte von Elsa� 875 und Lothringen an Deutschland. In Westfranken entwickelte sich franz�sische Sprache und Sitte, Ostfranken aber bewahrte deutsche Sprache und Sitte und blieb ein deutsches Land.
3. Der erste deutsche K�nig, Ludwig der Deutsche. Er war ein Regent voll Kraft und mutigen Herzens. Gef�hrliche Feinde be-drohten sein Reich. Im Norden machten die Normannen, ein Volk von germanischer Abkunft, unter ihren Seek�nigen die n�rdlichen und westlichen Meere auf ihren �Wikingerz�gen" unsicher und drangen mit ihren Fahrzeugen auf den Fl�ssen bis in das Herz von Deutschland und Frank-reich hinein. Sie eroberten die Normandie in Frankreich, brandschatzten Paris, pl�nderten K�ln, verbrannten Hamburg. Im Osten beunruhigten die Slaven an der Elbe die deutschen Grenzgebiete. Ludwigs Leben war ein fortw�hrender Kampf; dazu tr�bte der Kummer �ber seine erb-
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s�chtigen S�hne seine letzten Jahre. Der Fluch des Verwandtenzwistes ruhte auf den S�hnen Ludwigs des Frommen.
4. Das ruhmlose Ende der Karolinger. Karl der Dicke,
Ludwigs Sohn, vereinigte noch einmal alle L�nder Karls des Gro�en, aber die Krone war seinem stets schmerzenden Haupte zu schwer, sein Wille und seine Kraft f�r die Regierung eines so weiten Reiches zu schwach. Den Normannen kaufte er zweimal den Frieden ab. Da setzten ihn 887 Deutsche und Franken ab (887). Er starb einige Wochen sp�ter kinder-los. Sein Nesse Arnulf, der sich hohen Kriegsruhm im Kampfe mit den Slaven erworben hatte, wurde gew�hlt. Er schlug bei L�wen an der Dyle die Normannen bis zur Vernichtung und b�ndigte den wilden M�hrenherzog Swatopluk. Dabei halfen ihm die Magyaren. Bald aber unternahmen auch diese Raubz�ge nach Deutschland. In Italien erwarb sich Arnulf die jetzt bedeutungslose Kaiserkrone. Er hinterlie� 899 Krone und Reich seinem sechsj�hrigen Sohne Ludwig dem Kinde (899). Die deutschen L�nder wurden von ausw�rtigen Feinden, den Magyaren, �berschwemmt, und im Innern tobten die Fehden der Gro�en. Weinend 911 �ber des Reiches Ungl�ck, starb Ludwig das Kind (911), und mit ihm erlosch das Geschlecht der Karolinger in Deutschland. In Frankreich starb 987 es mit Ludwig dem Faulen aus (987).
5. Die St�nde. Unter den Karolingern wurden nach und nach die einzelnen gro�en St�mme der Deutschen selbst�ndig. Ihre F�hrung �bernahmen M�nner, die sich durch Adel, Tapferkeit und gro�en Grund-besitz auszeichneten, die Herz�ge, die in ihren Gebieten nahezu k�uig-liche Gewalt aus�bten. So entstanden f�nf Herzogt�mer: Sachsen, Bayern, Schwaben, Franken und Lothringen. Lothringens Herzog
� huldigte aber schon unter Konrad I. dem Westfrankenk�nige. Neben diesen Herzogt�mern blieben in gr��eren Grenzgebieten die Markgrafschaften bestehen. Auch die alte Gaugrafenverfassung hatte sich erhalten, aber die alten Gaue waren jetzt in mehrere kleinere Grafschaften geteilt. Die Ver-einiguug solcher Grafschaften in der Hand eines m�chtigen Mannes f�hrte zur Bildung von F�rstent�mern. Grafen und F�rsten bildeten den hohen Adel; daneben entstand in dem Dienstadel ein niederer. Im �brigen gliederte sich die Gesellschaft wie fr�her in Freie, H�rige und Leib-eigene. Die Zahl der Freien hatte sich feit Karl dem Gro�en schon er-heblich gemindert. Viele waren, um sich der Bedr�ckung durch die Grafen und dem schwerlastenden Kriegs- und Gerichtsdienst zu entziehen, in die Abh�ngigkeit (den Schutz) eines M�chtigen (Grafen, F�rsten, geistlichen Stifts) getreten, hatten ihr bisher freies Eigentum in Zinsgut umgewandelt und waren dadurch Unfreie (H�rige) geworden; andere waren von M�ch-tigeren zur Botm��igkeit gezwungen worden. Das Hauptmerkmal des Freien war seine Selbst�ndigkeit vor dem �ffentlichen Gericht; der Un-freie dagegen unterstand dem Gericht seines Herrn. Zu den H�rigen geh�rten alle, die in den Rechtsschutz eines Herrn getreten waren, namentlich die Zinsbauern, die aus ihrem Gute frei schalteten, aber einen Zins (in Geld oder landwirschastlichen Erzeugnissen) an den Herrn zu zahlen hatten, und die zu pers�nlichem Hos- und Kriegsdienst verpflichteten Dienst-
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mannen. Die Leibeigenen schieden sich in kleine Leute, die zwar eine eigene Wirtschaft betrieben, aber Abgaben und Frondienste zu leisten hatten, und in Knechte, die nur auf dem Hofe des Herrn arbeiteten. Die Leibeigenen konnten vom Herrn verschenkt, durften aber nicht ge-t�tet werden.
Fragen: Zustand des Reiches! � Die karolingischen Herrscher nach Cha-rakter und Bedeutung f�r das Reich! � �Das L�genfeld" von A. St�ber.
800: Kaiser Karl d. Gr. � Der Abbasside Harun al Raschid in Bagdad. � Alkuin und Eginhardt. 814: f Karl d. Gr. 822: Kloster Korvei in Westfalen gegr�ndet. Ansgar, der Apostel des Nordens. 843: Vertrag zu Verdun. Die pseudo-isidorischen Dekretalien sollen beweisen, da� dem Papste seit alten Zeiten die Obmacht geb�hre.
Um tiOO: Ludwig das Kind. Ungarn- und Normanneneinf�lle. Die f�nf gro�en Herzogt�mer in Deutschland. St�dtegr�ndungen.
37. Heinrich I. von Sachsen (919�936).
1. Er wird wider Erwarten gew�hlt. Nach dem Aussterben der Karolinger wurde Deutschland ein Wahlreich, aber den gro�en Ge-schlechtem hervorragender St�mme blieb die K�nigsgewalt fast wie erblich. Der erste von den deutschen St�mmen gew�hlte K�nig war Konrad I. 911 von Franken (911�918). Mit gutem Willen suchte er die k�nigliche Gewalt im Reiche zu festigen, doch wurde er der m�chtigen Herz�ge nicht Meister. Lothringen konnte er dem dent-fchen Reiche nicht wiedergewinnen. Von dem jungen Sachsenherzog Heinrich wurde er geschlagen, und im Kampf mit Arnulf von Bayern holte er sich die Todeswunde.
Auch in Schwaben hatte er kein Gl�ck gehabt. Auf dem Totenbette empfahl er edelm�tig den F�rsten seinen Gegner Heinrich von Sachsen zum Nachfolger.
Sein Bruder Eberhard �berbrachte mit des Reiches Boten dem Gew�hlten die Reichskleinode (Krone, Zepter, Schwert und Lanze). Sie fanden ihn � der Sage nach � im schlichten Jagdkleide am Vogel-Herde bei Goslar am Harze; daher nennt man ihn wohl Finkler oder
Vogelsteller. Sein Wuchs war hoch, seine Gestalt schlank, sein Arm stark,
sein Auge feurig, fein Geist weise und erfindungsreich. Die Salbung des Erzbischoss von Mainz hat er nicht angenommen und die r�mische Krone nicht getragen.
2. Er unterwirft durch weise M��igung die Vasallen. Heinrich wollte zun�chst die St�mme und Herz�ge, die seiner Wahl fern geblieben waren, die Schwaben und Bayern, zur Anerkennung der k�niglichen Hoheit n�tigen und dann Lothringen dem Reiche zuf�hren. Durch weise Vor-
Volack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 3tu�g. A. 10
89. Aronsiegel Heinrichs 1.
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Vorstellungen und friedlichen Zuspruch unterwarf er den Herzog Burk-hard von Schwaben. In gleicher Weise machte er den lange wieder-strebenden Arnulf von Bayern f�gsam. Durch kluges Abwarten gewann er Lothringen wieder, das Frankreich zustrebte, und gab dessen Herzog Giselbert sp�ter seine Tochter Gerberga zur Ehe. So hatte denn Heinrich die deutschen St�mme wieder alle durch seine Weisheit und M�-�ignng dem Reiche gewonnen und unter der k�niglichen Obergewalt der-einigt. Aber den Herz�gen lie� er die Selbst�ndigkeit.
3. Er gr�ndet zum Schutze gegen die Ungarn feste Pl�tze (Burgen oder St�dte). Die schlimmsten Reichsfeinde waren nach wie vor die Ungarn; sie trugen Schrecken und Verw�stung ins Reich. Bis St. Gallen in der Schweiz drangen sie vor. Auf ihren h��lichen aber flinken Rossen und durch lederne Panzer gesch�tzt, �berfielen sie nnver-mutet die Ortschaften, pl�nderten sie aus und brannten sie nieder. Offenen Kampf scheuten sie, liebten aber die �berf�lle aus dem Hinterhalte. Als gute Bogensch�tzen versandten sie ihre Pfeile vom Pferder�cken, schleuderten auch geschickt den Wurfspeer. Oft ergriffen sie scheinbar die Flucht. Folgten ihnen nun die Gegner hastig und regellos, dann wandten sie um und machten sie einzeln nieder. Das Landvolk floh entsetzt vor diesen Feinden in W�lder, H�hlen und auf hohe Berge. Es gelang Heinrich, einen ihrer
924 F�rsten gefangen zu nehmen (924). Er gab ihn gegen Abschlu� eines neunj�hrigen Waffenstillstandes frei und versprach einen j�hrlichen Tribut. In dieser Zeit lie� er die wichtigsten Orte mit Mauern und Gr�ben be-festigen uud in diese �St�dte" immer den neunten Mann seiner Dienstleute ziehen. Die �brigen acht mu�ten ein Drittel des Ackerertrages als Vorrat in die St�dte liefern. In Kriegsn�ten fand dann das Landvolk Schutz hinter den Mauern. An der Grenze wurden Harke Wartt�rme errichtet und mit W�chtern besetzt, die durch Feuerzeichen den Bewohnern drohende Gefahren meldeten. In die St�dte wurden M�rkte, Feste und Versammlungen verlegt; Handel, Handwerke und K�nste bl�hten dadurch aus. So entstanden Orte wie Quedlinburg, Nordhausen, Merse-b�rg, Hersfeld. Ferner bildete er aus seinen Dienstleuten eine Reiterei, die' sich in Waffenspielen auf den Krieg r�stete, um den Reiterheeren der Ungarn Widerstand leisten zu k�nnen.
4. Er besiegt die unruhigen Grenzv�lker. Die Slaveu an der Ostgrenze hatten oft, im Verein mit den Magyaren, die Grenze bedroht. Sie sollten zuerst Heinrichs Schwert f�hlen. Er besiegte die Heveller
928 und nahm mitten im Winter (928) das seeumg�rtete Brennabnrg (Bran-denburg) ein. Dann unterwarf er den B�hmenk�nig Wenzel, nach-dem er zuvor die Daleminzier an der Elbe bezwungen hatte, und schirmte die Ostgrenze durch feste Burgen. Hier entstand Mei�en. Die Mark Schleswig, die dem deutschen Reiche verloren gegangen war, nahm er dem heidnischen D�nenk�nige Gorm dem Alten wieder ab (934).
5. Er vernichtet die r�uberischen Ungarn. Nach Ablauf des Waffenstillstandes (933) forderten die ungarischen Boten den alten Tribut. Sie erhielten, der Sage nach, daf�r einen r�udigen Hund, dem Ohren und Schwanz abgeschnitten waren, und die Weisung: �Wollt ihr einen
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besseren Tribut, so holt ihn euch!" Wutschnaubend brachen die Ungarn
ins Land. Aber vergebens pochte ihre Raubsucht an die Tore und Mauern
der St�dte. Durch Th�ringen zogen die raubenden und sengenden Scharen.
Da traf sie � wahrscheinlich bei Riade an
der Uustrut � Heinrich und besiegte sie voll- b
st�ndig (933). Nach der �ltesten Nachricht war \
der Kampf rasch entschieden. Sp�tere Nach- ij l g
richten erz�hlen, da� Heinrich den Mut des X j'\. AiL
Volkes durch fromme und tapfere Reden ent-
flammte. Dann lie� er das Reichsbanner mit
dem Bilde des heil. Michael vorantragen und
die Seinen mit dem Feldgefchrei�Kyrie eleison!"
(Herr, erbarme dich unser!) aus den Feind
gehen. Grausig klang das �Hui, Hui" der
Ungarn. Aber deutsche Begeisterung und Kriegs- '
kunst siegten �ber die Mordlust der Ungarn.
Die Mehrzahl der letzteren deckte das Schlacht- "
feli�; die �brigen entflohen ��ll Entsetzen. 90. ^ z.Z-i7y-iMch-I.
Sieben Heerf�hrer wurden mit abgeschmtte- Stacke.
nen Ohren, Nasen und H�nden, andern zur
Warnung, heimgeschickt. Viele christliche Sklaven wurden befreit. Knieend dankte der K�nig mit dem Heere dem himmlischen Schirmherrn. Ein Bild der Schlacht in der kaiserlichen Pfalz zu Merseburg sollte das Andenken an den Sieg erhalten.
6. Er stirbt tief betrauert. Heinrich starb 936 im 60. Lebens. 936 j�hre in der F�lle des Ruhmes in seiner Pfalz zu Memlebeu an der Unstrut und wurde zu Quedlinburg begraben. Heinrich war zweimal ver-m�hlt. Aus der ersten Ehe mit Hathburg war Thaukmar entsprossen, aus der zweiten mit Mathilde (f. � 39, 4) Otto 1, Heinrich und Bruno. Beide Frauen entstammten s�chsischen Geschlechtern. Das Haupt-verdienst dieses gro�en K�nigs besteht darin, da� er ein einheitliches deutsches Reich gegr�ndet hat.
Tragen: Wie hob Heinrich das gesunkene Ansehen der Krone und des Reiches? � Welche Bedeutung hat die Gr�ndung der St�dte? � Vergleiche die r�mychen St�dtegr�ndungen in Deutschland! � Weshalb hei�t er �Voaelsteller St�dtebauer, der Gro�e"? � Welche Verdienste hat die K�nigin Mathilde? � �Heinrich der Vogelsteller" von Nep. Vogl.
38. Otto I., der Gro�e (936�973).
1. Seine Kr�nung und sein Charakter. Otto, Heinrichs Sohn, empfing nach seiner Wahl die Huldigung s�mtlicher Gro�en des Reiches, als er in Aachen gekr�nt wurde. Die vier Herz�ge versahen beim Kr�nungsmahle die Erz�rnter des K�mmerers, Tmchsessen, Mundschenks und Marschalls, wie es seitdem �blich wurde. Der erste sorgte f�r Wohnung und Bewirtung der G�ste; der zweite setzte die Speisen auf den K�nigstisch; der dritte go� den Wein ein; der vierte brachte die Rosse unter.
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Otto hatte eine stattliche Gestalt, durchdringende Angen nnd einen wallenden Bart. Sein Charakter war fest, aber heftig und herrisch. Von der Hoheit der K�nigsw�rde war er durchdrungen. Hohe Geistesgaben vereinten sich in ihm mit dem Streben nach Gro�em. Treue gegen seine Freunde zeichnete ihn aus. Wie der L�we warf er seine vielen Feinde nieder, aber gro�m�tig verzieh er ihnen, wenn sie sich dem�tigten. Seine Fr�mmigkeit war echt. Mit Vorliebe trug er heimische Tracht und ver-gn�gte sich gern am Waffenspiel und an der Jagd im Harz und im Th�ringer Walde. Wegen seiner gewaltigen Herrschernatur, seiner herrlichen Kriegstaten und ruhmvollen Regierung wurde er schon bei Lebzeiten der �Gro�e" genannt.
2. Er befestigt seine Herrschaft nach innen und au�en. Seine Strenge, seine Heftigkeit und besonders sein Streben nach unumschr�nkter Herrschaft verursachten wiederholt Emp�rungen der Gro�en. Otto war es vor allem darum zu tun, die Selbst�ndigkeit, die sein Vater den Herz�gen zugestanden hatte, zu beseitigen und sie zu einfachen Reichsbeamten ohne selbst�ndige Gewalt zu machen. Kaum hatte er seinen ausst�ndischen Halbbruder Thaukmar bezwungen, als sich sein Bruder Heinrich mit den Herz�gen von Franken und Lothringen verband, um ihm die Krone zu entrei�en. Aber das Gl�ck half Otto. Der Lothringer ertrank auf der Flucht im Rheine; der Franke wurde im Kampfe bei Andernach erschlagen; Heinrich bat um Verzeihung und erhielt sie. Trotzdem erhob er noch zweimal das Banner der Emp�rung, wurde aber jedesmal besiegt und begnadigt, das letzte Mal im Dome zu Frankfurt am Weihnachtsfeste nach einer F�rbitte seiner Mutter und einem dem�tigen Fu�falle. Otto gab ihm darauf das Herzogtum Bayern. Hinfort zeigte Heinrich feine Dankbarkeit durch treue Anh�nglichkeit. Mit Ausnahme von Franken und Sachsen, die Otto selbst behielt, verlieh er auch die anderen Herzogt�mer an seine Verwandten: Lothringen erhielt sein Schwiegersohn Konrad, Schwaben sein Sohn Ludolf. Damit schien seine Absicht, keine selb-st�ndigen Herz�ge neben sich zu dulden, erreicht. In sp�terer Zeit erst erhielt Sachsen sein treuer Freund Graf Hermann, der es durch siegreiche K�mpfe gegen die Slaven vergr��erte. In den wendischen Marken (bis zur Oder) bek�mpfte der Markgraf Gero die Wenden mit gro�em Nachdruck. Im Norden soll Otto im Kampfe gegen den D�nenk�nig Harald Blauzahn siegreich bis zum Ottensund vorgedrungen sein und dort seinen Speer ins Meer geschleudert haben. B�hmen, Polen, Bur-gund und Frankreich beugten sich vor des Kaisers Macht. Als Schirm-Herr der Kirche gr�ndete er in den Grenzmarken des Reiches Bist�mer, z. B. Brandenburg, Havelberg, Schleswig, Mei�en u. a. Missionare und deutsche Ansiedler verbreiteten hier Christentum und Deutschtum. Im Osten entstand das Erzbistum Magdeburg.
3. Er unterwirft Italien. Italien war durch Thronstreitigkeiten der wildesten Unordnung verfallen. Markgraf Berengar von Jvrea teilte die Herrschaft mit dem jungen K�nige Lothar. Als dieser ge-
1) Nicht zu Quedlinburg, wie das M�hlersche Gedicht angibt.
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storbeu war, wollte jener dessen 19j�hrige sch�ne und kluge Witwe Adel-Heid, die Tochter Rudolfs von Burgund und der �frommen Spinnerin" Bertha, zur Ehe mit seinem mi�gestalteten Sohne Adalbert zwingen. Es wird erz�hlt: Er schlo� sie am Comersee in einen Turm, aber der treue M�nch Martin befreite sie durch einen unterirdischen Gang, der-barg sie tags�ber in einem Kornselde und rettete sie dann in das feste Canossa. Von hier aus bat sie den deutschen K�nig um Hilfe und trug ihm ihre Hand an. Der ritterliche, seit vier Jahren durch den Tod seiner edlen Ge-mahlin Editha verwitwete Otto kam �ber die Alpen, befreite die K�nigin und verm�hlte sich mit ihr in Pavia (951). Der besiegte Berengar wurde mit Italien belehnt. Da er sich aber in der Folgezeit zweimal treulos erwies,
so wurde er nebst seiner Gemahlin nach Bamberg in lebensl�ngliche Haft geschickt.
4. Er d�mpft eine Emp�rung seiner S�hne (954) Mit des Kaisers Verheiratung war sein Sohn Ludolf von Schwaben, der seine Thronfolge gef�hrdet glaubte, �bel zufrieden. Ihm 9l. Gtto l.u. seine Gemahlin Ldiiha.
schlo� sich sein Schwager Konrad von S.->�b.ldM M-gd-iu.g-�-d-m Lothringen, der von Otto gekr�nkt wor-
den war, an. Sie erhoben sich mit anderen Unzufriedenen in offener Em-P�rung. Diese wurde bald ged�mpft (954), und die Emp�rer erhielten 954 zwar Verzeihung, verloren aber ihre Herzogt�mer.
5. Er besiegt die Ungarn. (955). Die Ungarn unternahmen einen neuen gro�en Einfall, da sie wahrscheinlich infolge der inneren K�mpfe auf leichten Sieg rechneten. Ihre Zahl war so gro�, da� sie prahlten: �Unsere Rosse werden die deutscheu Fl�sse austrinken und ihre Hufe die St�dte zerstampfen. Wenn der Himmel nicht auf uns f�llt und die Erde uns nicht verschlingt, wer will uns besiegen?" Am Lech bei Augsburg traf Otto auf die Landsch�diger (955). Er begeisterte die 955 Seinen durch Gebet und feurige Rede und nahm mit dem ganzen Heere
das heilige Abendmahl. Anfangs war das Gl�ck den Feinden g�nstig: sie setzten �ber den Lech, fielen den Deutschen in den R�cken und ver-breiteten Schrecken und Unordnung. Aber Konrad, des Kaisers Schwie-gersohn, der heute seine Schuld s�hnen wollte, stellte durch Wunder der Tapferkeit die Schlachtordnung wieder her und jagte endlich die Heiden-schw�rme in den Lech. Da er aber in der hei�en Augustglut seine Halsberge, das vom Helm bis zum Knie reichende Panzerhemd, l�ftete, um sich den Schwei� abzutrocknen, traf ihn ein t�ckischer Pfeil zum Tode. Die Ungarn wurden g�nzlich besiegt, und nur wenige sahen die Heimat Wieoer. Die w�tenden Bauern erschlugen sie auf der Flucht wie wilde Tiere. Ihre gefangenen F�rsten wurden an den Toren Augsburgs auf-
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geh�ngt. Unerme�liche Beute fiel in die H�nde der Sieger. Die Magyaren 1000 erschienen seitdem nicht wieder. Unter Stephan dem Heiligen (1000) gelangte das Christentum bei ihnen zum Siege, milderte ihre Sitten und mehrte den Smn f�r friedliche Besch�ftigungen und feste Wohnsitze
Jb. Er totrb zum r�misch-deutschen Kaiser gekr�nt (962). Mach; dem Otto m Deutschland Frieden und Ordnung hergestellt hatte eilte er zum drittenmal nach Italien, um dort die Wirren zu enden. 'Er setzte sich m Mailand die eiserne Krone auf und lie� sich in Rom als Kaiser 962 des �heiligen r�mischen Reiches deutscher Nation" kr�nen (962) Den sttten- und treulosen Papst Johann XU. setzte er ab und lie� sich von den R�mern geloben, keinen Papst ohne kaiserliche Best�tigung ein-
972 zusetzen^ Seinen Sohn Otto verm�hlte er (972) mit der griechischen Prinzessin Theophano, wobei er die, freilich vergebliche, Hoffnung hegte Unterhalten als Mitgift zu erhalten. Seit Ottos Kr�nung sind die R�merfahrten der deutscheu K�nige Sitte geworden. Sie haben uns�glich viel Geld und Menschen gekostet, ohne doch der deutschen Nation Segen zu bringen. Allerdings hat die enge Verbindung Italiens mit Deutsch-land des letzteren Bildung in hohem Ma�e gef�rdert.
973 7. Er stirbt nach gesegneter Regierung (973). Friede, -Sicherheit und Wohlstand herrschten in Ottos weitem Reiche. Die St�dte be-gannett sich zu entwickeln. Mit dem �u�eren Aufbl�hen des deutschen Reiches begann auch ein neues Erwachen des geistigen Lebens, das unter den letzten Karolingern und in der folgenden Zeit bis auf Heinrich I geschlummert hatte. Die Klosterschulen in St. Gallen. Fulda, Hers-seld und Reichenau nahmen einen hohen Aufschwung durch den Betrieb wissenschaftlicher Studien. Die lateinische Sprache und die r�mischen Dichter und Schriftsteller bildeten den Mittelpunkt dieser Studien Ihr Hauptf�rderer war Ottos Bruder Bruno, der sp�tere Erzbischos von K�ln, einer der hervorragendsten und gelehrtesten M�nner des zehnten Jahrhunderts. Er gestaltete die verfallene Klosterzucht und das geistige Leben der M�nche in aller Strenge um. � 'Im Harze wurden Silber-bergwerke angelegt, die immer reichere Ausbeute gaben. Noch einmal hielt Otto in Quedlinburg einen gl�nzenden Reichstag ab, dann starb er gott-ergeben zu Memleben. Im Dome zu Magdeburg liegt er begraben. Unter ihm verfa�te der M�nch Widnkind in Korbet die Geschichte der Sachsen vor und unter Heinrich I. und Otto I., eine unsch�tzbare Geschichts-
968 quelle. Die gelehrte Nonne Roswitha von Gandersheim schrieb 968 ein lateinisches Gedicht �ber Ottos Taten.
Fragen: Worin besteht Ottos Gr��e? � Welcher deutsche Charakterzua war der Errichtung einer einheitlichen, starken Reichsgewalt in der Person des Kaisers hinderlich? � Welches sind die Ursachen der vielen Emp�rungen? � Was hat die r�mische Krone Deutschland gen�tzt, was geschadet? � �Otto I. und Heinrich" von M�hler.
39. Die �brigen s�chsischen Kaiser (973�1024).
1. Otto II. sichert die deutschen Grenzen, ist aber ungl�cklich 973 in Italien. Otto II. (973-983) hatte von seiner Mutter Adelheid
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eine feine Bildnng erhalten. Das rauhe deutsche Weseu mi�fiel ihm,
darum hielt er sich am liebsten in Italien auf. In Deutschland emp�rte sich sein Vetter Heinrich der Z�nker von Bayern gegen ihn, aber Otto trat mit gro�er Entschiedenheit gegen ihn auf und hielt ihn dauernd in Gewahrsam. Den Danen Harald Blanzahn sch�chterte er durch einen raschen Zug bis au den Ottenfnnd ein. Die Franzofen wollten Lothringen haben, drangen mitten im Frieden bis Aachen vor und richteten den Reichsadler auf der Kaiserpfalz nach Westen, zum Zeichen, da� die Stadt fortan Frankreich geh�re. Otto, der aus Aachen mit knapper Not entkommen war, trieb sie bis vor die Tore von Paris (978). Den 978 R�mer Kreszentins, der die r�mische Republik wiederherstellen wollte und den Papst im Gef�ngnis verhungern lie�, sperrte er in ein Kloster.
Dann brach er nach Unteritalien auf, um es den Arabern und Griechen zu entrei�en. Aber er verlor die anfangs gewonnene Schlacht (s�dlich von Cotroue au der K�ste von Kalabrien) und entging der Gefangenschaft nur durch einen Sprung ins Meer (982). Sein schwimmendes Ro� rettete ihn auf ein griechisches Schiff. Auf das Versprechen eines uuge-heuren L�segeldes f�hrte ihn der Schiffsherr nach Kalabrien, wo ihn feine Gattin mit dem L�segeld erwartete. Vor der Landung entstand ein Streit, in dem sich der Kaiser mit den Seinen rettete. Der erschreckte Schiffsherr aber suchte ohne L�segeld das Weite. Nach dieser Niederlage erhoben sich �berall die Feinde. Otto starb bald darauf im 28. Jahre an einem Fieber.
2. Ottos III. Vorliebe f�r Italien wird mit Undank belohnt.
Otto III. (983�1002) war bei feines Vaters Tode drei Jahre alt. 983 Tie Vormundschaft f�hrte feine Mutter und nach deren Tode feine Gro�-mutter unter dem Beirat des Erzbischoss Willigis von Mainz, Wegen der gelehrten Bildung, die er von dem Abte Gerbert (dem sp�teren Papste Sylvester II.) erhielt, wurde er das �Wunder der Welt" genannt.
Otto wollte Rom zum Mittelpunkte des Reiches machen, aber die R�mer verbitterten ihm durch Emp�rungen den Aufenthalt. Den aufr�hrerischen Crescentins lie� er endlich enthaupten. Im Jahre 1000, als man den 1000 Weltuntergang erwartete, unternahm er eine Wallfahrt nach Gnesen an das Grab des M�rtyrers Adalbert, des Apostels der Preu�en, mit dem ihn einst die gleiche religi�se Schw�rmerei in inniger Freundschaft ver-Kunden hatte. In Aachen stieg er in die Gruft Karls des Gro�en, um sich bei dem Anblicke des gewaltigen Herrschers f�r feine phantastischen Ideen einer gro�en Weltherrschaft zu begeistern. Als er dann nach Italien gegen die Emp�rer zog, starb er hier im 22. Lebensjahre. Seine Leiche wurde nach Aachen gebracht, der Zug aber unterwegs von den auf-st�ndischen Italienern verfolgt. Mit ihm sank der letzte der Ottonen ins Grab. Er war v�llig verschieden von dem ersten seines Geschlechts. Ihm fehlte die z�he Kraft, die Umsicht und vor allem der Wirklichkeitssinn feiner Vorfahren, Eigenschaften, die den Herrschern zum Erfolge n�tig sind. Seine phantastische Sinnesart entfremdete ihn der Welt und feinen Aufgaben und schuf eine Zwiesp�ltigkeit seines Wesens, die zwischen Welt-lnst und Weltverachtung schwankte. In j�hem Wechsel verlie� er zuzeiten
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Glanz und Gepr�nge seines r�mischen Palastes und suchte als bed�rsnis-loser B��er die Einsamkeit einer H�hle auf.
3. Heinrich II., der Heilige, bevorzugt die Kirche. Heinrich II., 1002 der Heilige (1002�1024), Urenkel Heinrichs I. und Sohn Heinrichs
des Z�nkers von Bayern, war ein Freund der Geistlichen, aber selb-st�ndig in seinem Handeln, besonnen und streng. Kr�ftig wehrte er den �u�eren Feinden, besonders dem christlichen Polenherzog Boleslav,und d�mpfte die inneren Unruhen, die durch den Trotz der jetzt m�chtig gewordenen Gro�en nur zu h�ufig aus-brachen. Auch in Italien, f�r welches er gl�cklicher-weise nicht die Vorliebe der Ottonen hatte, behaup-tete er siegreich die Kaisermacht. Seine St�tze waren die geistlichen Gewalten, die Erzbisch�fe, Bi-sch�se, �bte. Da er und seine Gemahlin kinderlos waren, so setzten sie den �Herrn Jesum als Erben" ein, indem sie viele kirchliche Stiftungen, besonders das von Heinrich gegr�ndete Bistum Bamberg, begabten. Im Dome zu Bamberg liegen beide be-graben. Mit Heinrich erlosch das s�chsische Kaiser-geschlecht nach 105 j�hriger Herrschaft. Unter den 92. Heinrich II. letzten s�chsischen Kaisern waren die Herz�ge, die Bild aus dem xi. Jahrh. Ottos I. Kaiserwort ein- und abgesetzt hatte, wieder m�chtig und ihre Gewalt erblich geworden.
Einer von Heinrichs treuesteu Anh�ngern war der kunstsinnige Bischof Bernward von Hildesheim. Er regierte sein Bistum weise und kraftvoll, f�rderte die Wissenschaften und brachte die Klosterschule zu hoher Bl�te. Er baute den herrlichen Dom und lie� in Erz die gro�e T�r mit 16 Bildern aus der biblischen Geschichte gie�en. In der Maler-, Bildhauer- und Goldschmiedekunst war er selbst aus�bender K�nstler. Er lie� kunstvolle Gef��e nachbilden, Edelsteine in Gold fassen und die Fu�-b�den durch Zufammeuf�guug kleinerer Steine oder Glasst�bchen (Mosaik) zieren.
4. Die f�rstlichen Frauen im s�chsischen K�nigshause. Nicht nur hervorragende M�nner, sondern auch bedeutende Frauen zierten das s�chsische K�nigshaus. Einige waren dem Hause selbst entsprossen, die Mehrzahl durch Heirat ihm zugef�hrt. Von den Gemahlinnen der s�ch-sischen Kaiser waren alle ohne Ausnahme, jede in ihrer Weise, treffliche Frauen. Den Reigen er�ffnete Mathilde, die Gemahlin Heinrichs I. Sie stammte aus einem alten s�chsischen Grasengeschlechte und erhielt.im Kloster Herford eine bessere Bildung, als sie Frauen jener Zeit zuteil wurde. Als Kaiserin bestrebte sie sich, das junge Geschlecht, Knaben wie M�dchen, in gleich t�chtiger Weise heranzubilden. Auf ihre Veranlassung wurden daher in Quedlinburg, Nordhausen und anderw�rts Kl�ster mit Schulen errichtet. Am liebsten weilte sie in Quedlinburg, wo sie sich namentlich die Ausbildung der s�chsischen Edelfr�uleiu augelegen sein lie�. Man r�hmte sie als eine edle, fromme und wohlt�tige Frau. Auf seinem
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Sterbebette dankte ihr Heinrich I. f�r alle Treue und Liebe und besonders daf�r, �da� sie ihn im Zorn unerm�dlich beruhigt, ihm tauglichen Rat erteilt und von einer Unbilligkeit zur Gerechtigkeit emsig ermahnet habe." Nach seinem Tode lebte sie im Kloster Quedlinburg und widmete alle Zeit und Liebe der Aus�bung frommer Werke. �ber ihre gro�e Frei-gebigkeit an Arme und an die Kirche waren ihre S�hne nicht selten unwillig.
In demselben Kloster zu Quedlinburg waltete sp�ter ihre Enkelin Mathilde, Ottos I. Tochter, als �btissin, eine kluge und starkmutige Frau. Bevor ihr Neffe Otto III. 997 nach Italien aufbrach, ernannte er sie zu seiner Stellvertreterin und zur Reichsverweserin in Deutschland. Entschlossen trat sie gegen die slavischen F�rsten auf und machte ihren Verw�stungen ein Ende. Leider starb sie schon nach 2 Jahren.
Ottos des Gro�en erste Gemahlin Editha, eine angels�chsische K�nigstochter, glich ihrer Schwiegermutter Mathilde in den sch�nen Tugenden der Fr�mmigkeit, Milde und Wohlt�tigkeit. Mit Ruhe und Geduld trug sie das heftige Wesen ihres Gemahls und beschwichtigte weislich seinen Zorn. Auch war sie die vers�hnende Vermittlerin zwischen ihm und seiner Mutter, die den S�hnen mit ihrer Mildt�tigkeit zu ver-schweuderisch erschien. Anders geartet zeigte sich die K�nigin Adelheid, Ottos zweite Gemahlin. Mit scharfem Verst�nde vereinigte sie hohe Bil-duug, ja � nach dem Berichte der M�nche von St. Gallen � gro�e Gelehrsamkeit. Ihr Rat sicherte ihrem Gatten wiederholt in Italien den gew�nschten Erfolg. Auch ihr Sohn Otto II. fand sp�ter in der Mutter die beste Beraterin in den italienischen Verwickelungen. Aber sie mu�te ihrer Schwiegertochter Theophano weichen. Sie verlie� den Hof, zog nach Burgund und sp�ter nach Italien, um hier f�r ihren unm�ndigen Enkel Otto III. zu regieren. Nach Theophanos Tode f�hrte sie mit dem Erzbischof Willigis von Mainz zusammen die Regentschaft in Deutsch-land, bis Otto III. selbst die Regierung �bernahm (f. � 39, 2). Daun lebte sie, die lebhafte uud t�tige Frau, ganz zur�ckgezogen und diente nur Gott und den Armen.
Ihre Schwiegertochter Theophano, die Kaisertochter aus Byzanz, wurde wie eine M�rchenprinzessin angestaunt, als sie an den s�chsischen Hos kam. In ihrem zarten K�rper wohnte eine gro�e Seele uud ein kr�ftiges Wollen. Ihre eigenartige Sch�nheit, ihre seltene Bildung und ihr k�nstlerischer Geschmack hoben sie weit �ber alle Frauen ihrer Umgebung. Wohl lernten die Deutschen von ihr griechische Sprache und Literatur, aber die Frommen ereiferten sich, da� sie die Weiber durch ihr Beispiel zu ausl�ndischem Putz und Tand verf�hre. Unter ihrer Leitung wurde ihr Sohn Otto III. zu einem gelehrten Wunderkinde erzogen (s- � 39, 2). Geschickt f�hrte sie, von hohen kirchlichen W�rdentr�gern beraten, als Verweserin des Reiches Gesch�fte bis zu ihrem Tode f�r ihren noch unm�ndigen Sohn. Nicht immer erfolgreich; denn die trotzigen Gro�en widerstrebten oft, und die Fehden ruhten nimmer. Viel bewundert, blieb sie gleichwohl in Deutschland eine Fremde, wie sie selbst sich auch immer nach ihrer sonnigen Heimat sehnte.
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Zu ihrer Zeit lebte auf der Burg Hohentwiel in Schwaben nach dem Tode ihres weit �lteren Gemahls die Herzogin Hadwig von Schwaben. Sie war eine Nichte Ottos des Gro�en ans der bayerischen Seitenlinie. Ihr Leben im Witwenstande widmete sie ganz den griechischen und lateinischen Musen. Ihr hochstrebender Geist versenkte sich eifrig in das Studium der alten Dichter, die sie unter Anleitung ihres Lehr-meisters Ekkehard von St. Gallen las. Sie hinterlie� den Ruhm einer edlen und hochgebildeten Frau, einer treuen Gattin und Regentin. Scheffel hat sie und Ekkehard in seinem bekannten Roman �Ekkehard" verewigt.
Den Kreis trefflicher Frauen des s�chsischen Hauses schlie�t Kuui-guude, die Gemahlin des zweiten Heinrich. Auch sie wird als eine Frau mit nicht gew�hnlicher Bildung und als treue Gehilfin ihres t�tigen Ehe-gemahls ger�hmt. Nach seinem Tode durfte sie die Regierung bis zur Wahl seines Nachfolgers f�hren.
Fragen: Weshalb war die Vorliebe der Ottonen f�r Italien verh�ngnisvoll? � Weshalb hei�t Heinrich II. �der Heilige"? � Bedeutung der einzelnen s�chsischen Kaiser f�r Deutschland! � �Eine alte Geschichte" (Otto II.) von Gerok. � �Klagelied Ottos III." von Platen. �Willigis" von Kopifch. �Kaiser Heinrich I." von Schwab.
40. Papst Gregor VIL
1. Das Papsttum bis Gregor. Die Macht der Bisch�fe von Rom war im Laufe der Jahrhunderte immer mehr gewachsen. Sie nannten sich Nachfolger des heil. Petrus und Statthalter Christi. In Deutschland wurde der r�mische Bischof (Papst von papa = Vater) erst seit Bonifatius als der oberste Kirchenf�rst, als der Herr und Richter in der Kirche angesehen. Seit dieser Zeit wuchs das Ansehen des Papstes immer h�her, besonders durch die Pippiusche Schenkung und durch seine Stellung zu den Frankenk�nigen. Bei den Schw�chen der F�rsten und den Wirren der V�lker traten die P�pste bald als Schiedsrichter auf. Durch die pseudo-isidorischen Dekretalien, eine Sammlung von teils echten, teils unter-geschobenen Entscheidungsbriefen fr�herer P�pste �ber die erhabene Ge-walt der Kirche, ihrer Diener und vornehmlich des Papstes, war dem apostolischen Stuhle zu Rom die Herrschaft �ber die Kirche und den Geistlichen der Vorrang vor den Laien (von dem griechischen Worte laos = Volk) mittels k�hner Behauptungen und Schlu�folgerungen beigelegt worden. Auf diese im neunten Jahrhundert entstandene Sammlung st�tzten sich die nachfolgenden P�pste in ihrem Streben nach unbeschr�nkter Herrschaft in der Kirche und auch in dem Kampfe gegen den Staat, um die Kirche selbst�ndig zu macheu und der geistlichen Gewalt die �bermacht zu verschaffen. Unter Karl dem Gro�en wurde der Papst als das Oberhaupt der christlichen Kirche im ganzen Abendlande verehrt, aber der Kaiser war als Schutz- und Schirmherr des Papstes doch der Oberherr. Wenn auch unter den sp�teren schwachen Karolingern die P�pste sogar eine Art weltlicher Oberherrschaft durch Verleihung der Kaiserkrone mit Erfolg sich anma�ten, so wurde hingegen unter den s�chsischen Kaisern
und unter Heinrich III. die von dem r�mischen Volke vorzunehmende Wahl des Papstes von der Erlaubnis und Zustimmung des Kaisers ab-h�ngig gemacht. Unter Heinrichs III. Nachfolger gelang es jedoch dem Papste Gregor VII. (1073�1085), die Papstwahl von allem Einflu� 1073 des Kaisers zu befreien, die Kirche unabh�ngig von der weltlichen Gewalt zu machen, ja das Kaisertum vor dem Papsttum tief zu dem�tigen. Fast schien das Endziel dieses k�hnen Kirchenf�rsten, die Unterwerfung des Kaisertums unter den apostolischen Stuhl, erreicht. Aber erst Papst Inno cenz III. ist zu diesem Gipfel der priesterlichen Bestrebungen gelangt.
2. Gregors Charakter und Wirken. Er hie� vor seiner Wahl Hildebrand und soll der Sohn eines Zimmermanns in Soano (in Tos-kana) gewesen sein. Ein Oheim gab dem begabten Knaben eine sorg-f�ltige Erziehung in
feinem Kloster. Eine Zeitlang war er im Kloster Cluuy in Burgund. Von hier ging die Mahnung an die Christenheit,
die traurigen Zu-st�nde in der Kirche zu bessern. Besonders die Geistlichen sollten durch Sitten-strenge dem Volke ein gutes Beispiel geben, die Kl�ster aber Pflanzst�tten a* nz- - derFr�mmigkeitsein.
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hundert. Gregor nach Rom. Hier leuchtete er als Priester durch
Strenge und Sittenreinheit hervor. Unter f�nf P�psten
war er der vertraute Ratgeber, ja die Seele des p�pstlichen Regiments.
Sein ganzes Streben ging dahin, die Kirche im Innern zu l�utern und
�ber alle weltliche Macht zu erheben. Wie sehr eine L�uterung not tat,
erhellt aus den Worten eines Schriftstellers jener Zeit: �Keiner konnte
Bischof oder Abt werden, der nicht viel Geld besa�. Religion, Wahrheit
und Gerechtigkeit wurden verlacht. Unter den Priestern wurde der am
meisten gelobt, der das �ppigste und w�steste Leben f�hrte."
Mit starker Hand ergriff Gregor die Z�gel des Kirchenregiments,
als er zum Papst gew�hlt worden war (1073). Er war ein Mann von 1073 seltenem Scharfsinn, gro�er K�hnheit und unbeugsamer Festigkeit, aber auch von gewaltigem Ehrgeiz und m�chtiger Herrschsucht. Gegen den deutschen Kaiser sollte sein Vasall, der Normannenherzog Robert Gniskard, der den Griechen Sizilien und Unteritalien entrissen hatte, die Rechte des Papst-tums verteidigen. Schon vor seiner Wahl zum Papst hatte Gregor es durchgesetzt, da� der Papst fortan nur von dem Kollegium der Kar-
9^. Sregor VII.
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din�le, d. h. von den Geistlichen an den Hauptkirchen Roms und den Bisch�fen der Umgegend, gew�hlt werden sollte. Durch diese Verordnung war dem Kaiser jeder Einflu� auf die Wahl entzogen. Als Papst er-neuerte Gregor dann das Verbot der Simonie, d. h. des Verkaufs der geistlichen Stellen f�r Geld, um die Kirche von unw�rdigen Dienern zu s�ubern. Dann gebot er f�r alle Geistlichen das Z�libat (Ehelosigkeit) und f�hrte dieses Gebot streng durch, um die Geistlichen von weltlichen Sorgen und R�cksichten zu l�sen und einzig an die Kirche zu ketten. Das
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95. (Engelsburg, urspr�nglich Mausoleum des Kaifers Hadrian u. Lngelsbr�cke. (Nach einer Photographic)
wichtigste Verbot aber, das in die Gewalt des Kaisers tief eingriff, war das Verbot der Laien-Jnveftitur, d. h. der Belehnung eines Bischofs oder Abts mit Ring und Stab, den Zeichen der geistlichen W�rde, durch einen weltlichen F�rsten. Bisher hatte der Kaiser die Bisch�fe und �bte, die zugleich gro�e Reichsg�ter besa�en, eingesetzt, und der Papst sie nur f�r das geistliche Amt geweiht. Nun sollten die Geistlichen durch die Domkapitel (geistliche Wahlkollegien) und den Papst gew�hlt werden und damit zugleich die weltlichen Besitzungen ohne weiteres erhalten. Da-durch wurde nat�rlich der Bischof vom Staate unabh�ngig und allein von Rom abh�ngig. Diese Forderungen verursachten an vielen Orten Mi�fallen, ja selbst Emp�rung. Aber Gregor nahm trotz der Feinde und Hindernisse den gewaltigen Kamps auf und behauptete anfangs seine �ber-legenheit.
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3. Sein Ende. Nach der Dem�tigung des deutschen Kaisers Hein-rich IV. in Kanossa (1077) wandte sich sein Gl�ck. Derselbe Kaiser be- 1077 lagerte ihn in der Engelsburg. Zwar rettete ihn Robert Gniskard nach Unteritalien, aber dort starb er zu Salerno 1085 in der Verbannung 1085 mit den Worten: �Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Unrecht ge-ha�t, darum sterbe ich in der Verbannung."
Fragen: Wie wurde das p�pstliche Ansehen erh�ht und das kaiserliche ge-sch�digt durch das Kardinalskollegium, das Z�libat, das Verbot der Simome und die Investitur? � Was hat die Entwicklung der r�mischen Bischofsmacht bef�rdert? � Wodurch wurden Gregors Pl�ne beg�nstigt?
4L Heinrich IV. (1056�1106).
1. Sein Gro�vater Konrad II. schafft Ruhe und Sicherheit im Reiche. Nach dem Aussterben des s�chsischen Geschlechts wurde von den deutschen St�mmen und F�rsten am Rhein bei Mainz Konrad II.
(der �ltere) von Franken zum K�nige gew�hlt (1024). (Die sr�n- 1024 fischen Kaiser regierten von 1024�1125). Der j�ngere Konrad, der Vetter des �lteren, erkannte die Wahl seines Nebenbuhlers freudig an. Nach der Wahl trat die Kaiserwitwe Kunigunde in den Kreis der F�rsten und �berreichte Konrad die von ihr treulich geh�teten Zeichen der K�nigsw�rde. Der ueugew�hlte Herrscher war ein Mann voll Tatkraft und Entschlossenheit, tapfer und ritterlich. Dem aufst�ndischen Polen-f�nige nahm er den K�nigstitel nach siegreichem Kampfe und zwang ihn, als Herzog von Polen die Hoheit des Reiches anzuerkennen. Auf einer Romfahrt lie� er sich in Rom zum Kaiser kr�nen. Viel Not machte ihm sein Stiefsohn Ernst von Schwaben mit seinen Anspr�chen auf Bnr-gnud. Nachdem ihn Konrad unterworfen und zwei Jahre auf dem Gie-bichenstein bei Halle gefangen gehalten hatte, lie� er ihn unter der Bedingung frei, da� er das B�ndnis mit feinem Herzensfreunde Werner von Kiburg aufgebe. Als Ernst dies nicht tat, wurde er in die Acht getan und in einem Verzweiflungskampfe im Schwarzwalde erschlagen.
Sp�ter entstand �ber ihn unter sagenhasten Zutaten das �Lied vom Herzog Ernst". � Nach dem Tode Rudolfs III., des letzten K�nigs von Burgund, zog Konrad Burgund f�r das Reich ein (1032). Hier best�tigte er 1032 den von der Kirche gegen die Fehdelnst der Ritter verk�ndeten Gottes-frieden, eine Waffenruhe'von Mittwoch Abend bis Montag fr�h (also an den durch Christi Leiden, Sterben und Auferstehen geheiligten Wochen-tagen). Um in den kleinen Lehnstr�gern eine Hilfe uudSt�tze gegen die m�chtigen Gro�en zu erhalten, lie� er die Erblichkeit der kleinen Lehen zu.
2. Sein Vater Heinrich III. herrscht allgewaltig. Konrads Sohn Heinrich III. (nach seiner Gesichtsfarbe der Schwarze genannt) (1039�1056) wahrte die Kaisergewalt nach au�en und im Innern. 1039 Seiner Oberhoheit beugten sich Polen, B�hmen und anfangs auch Ungarn.
In Italien setzte er drei P�pste ab und bef�rderte w�rdige Deutsche auf den Stuhl Petri. Die Gewalt der deutschen Herz�ge schw�chte er, indem er anfangs die gro�en Lehen unbesetzt lie�, sp�ter aber an unbedeutende,
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von ihm abh�ngige M�nner gab. Dadurch hoffte er zu verh�ten, da� die Herzogsgewalten, weil sie fremd und ohne starken Anhang in den L�ndern waren, fest wurzelten. Durch das Gebot eines allgemeinen Land-friedens trat er gegen die Friedensst�rer auf. Auch wirkte er im Juter-esse der Kircheuverbesserung, die von dem Orden zu Cluny in Burgund ausging, f�r bessere Erziehung der k�nftigen Priester und suchte zugleich rnt Einvernehmen mit dem Papste den Verkauf der kirchlichen Stellen und Amter zu beseitigen. In der r�stigsten Manneskraft, 39 Jahre alt raffte thn ein pl�tzlicher Tod hinweg, als das Reich seiner am meisten bedurfte.
3. Heinrich IT. wird verkehrt erzogen. Der junge Kaiser Hein-r:ch IV. war beim Tode seines Vaters 6 Jahre alt. Seine Mutter Agnes f�hrte die Vormundschaft. Um sich den s�chsischen Grafen Otto von Nordheim zum Freunde zu machen, gab sie ihm Bayern als Lehen-aber ste irrte sich in der Treue dieses Mannes. An der Spitze der mit dem Frauenregiment Unzufriedenen stand der Erzbischos Anno von K�ln. Dieser wollte sich des jungen K�nigs und auch der Reichsregieruug bem�chtigen. Auf einem Feste zu Kaiserswerth lockte Anno den zw�lf-j�hrigen Kaiser auf ein Rheinschiff und entf�hrte ihn. Der mutige Knabe fprang ins Wasser und wurde nur mit M�he gerettet. Anno war hart und herrschs�chtig. Er hielt den jungen K�nig in strenger Zucht und strebte danach, dessen Willen unter die Beschl�sse der Reichsf�rsten zu beugen. Bei einer Reise Annos nach Rom kam der junge K�nig v�llig unter die Vormundschaft des geschmeidigen und prachtliebenden Bischofs Adalbert von Bremen, der vorher schon die Regierung mit Anno ge-teilt hatte. Dieser lie� dem Eigenwillen Heinrichs die Z�gel schie�en und verdarb ihn durch Schmeicheleien. Er fl��te ihm Verachtung und Ha� gegen die F�rsten, besonders gegen die s�chsischen, ein. An seinem �ppigen Hofe fand der lebhafte J�ngling Gefallen an Ausschweifungen. Schon im 15. Jahre hatte man ihn f�r m�ndig erkl�rt. Bald darauf mu�te er sich auf Dr�ngen der Reichsf�rsten mit der jungen Markgr�fin Bertha von Sufa, die ihm schon in der fr�hesten Jugend verlobt war. verm�hlen. Doch die Ehe �nderte nichts in dem bisherigen leichtsinnigen Lebenswandel des jungen F�rsten.
4. Er reizt die Sachsen zum Aufst�nde. Die Sachsen waren ein unruhiges Volk und der fr�nkischen Herrschaft von jeher abgeneigt. Hein-richs Bestreben war aber darauf gerichtet, den Sachsen zum Trotz das Herzogtum einzuziehen und die widerstrebenden Gro�en zu unterwerfen. Zu dem Zwecke wurden im ganzen Lande Burgen mit fr�nkischer Besatzung angelegt, um die grollenden Sachsen im Zaume zu halten. Auch wohnte Heinrich meist in Goslar und auf der pr�chtigen Harzburg, die in der N�he von Goslar lag. Da der Hof durch Lieferungen aus derjenigen Gegend, in welcher sich der K�nig gerade aufhielt, unterhalten werden mu�te, so w�lzte der stete Aufenthalt des K�nig eine gro�e Last auf das Sachsenvolk. Bei dem Bau der Burgen mu�ten die Sachsen zudem schwere Fronen leisten und wurden sogar mit Schl�gen zur Arbeit ge-trieben. (Frone = �Herrendienst", Arbeit der Unfreien f�r ihre Herren.)
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Nicht wenig verdro� es auch die s�chsischen Herren, da� Heinrich den s�chsischen Herzogssohn Magnus dauernd auf der Harzburg in Haft hielt. Magnus hatte n�mlich dem Grafen Otto von Nordheim Beistand geleistet. Dieser war angeklagt worden, dem K�nige nach dem Leben getrachtet zu haben, und trotz unerwiesner Schuld mit dem Verluste des Herzogtums Bayern bestraft worden. Diese schwere Kr�nkung wollte er sich nicht ge-fallen lassen; er emp�rte sich gegen Heinrich, unterlag aber und wurde schlie�lich mit seinem Freunde und Helfer Magnus gefangen genommen. Magnus wollte sich in seine Absetzung nicht f�gen und wurde deshalb im Gewahrsam festgehalten. Otto von Nordheim dagegen erhielt die Freiheit, weil er den Richterspruch anerkannt hatte. Aber er sch�rte voller Groll mit andern F�rsten im Sachsenlande das Feuer zu heller Glut an. Unter seiner Leitung kam es zum offenen Aufstande, nachdem Heinrich die de-
96. Das Raiserhaus in Goslar.
m�tigenden Forderungen der Aufst�ndischen zur�ckgewiesen hatte. Es r�ckten 60 000 Sachsen vor die Feste Harzburg und n�tigten Heinrich zur n�chtlichen Flucht durch die W�lder nach Hessen und dem Rheine. Die deutschen F�rsten versagten ihm aber ihre Hilfe, nur die Stadt Worms nahm ihn auf. In dieser Bedr�ngnis mu�te Heinrich den Sachsen alle Forderungen bewilligen. Diese rissen in ihrem �bermute bei der Zer-st�rung der Harzburg die Gebeine seiner toten Angeh�rigen aus den Gr�-bern in der Kirche und riefen dadurch eine solche Entr�stung hervor, da� selbst mehrere der bisherigen Gegner Heinrich ihre Hilfe anboten. Mit einem gl�nzenden Heere konnte Heinrich gegen die Sachsen ziehen. ! Bei Hohenburg an der Unstrnt schlug er sie im blutigen Treffen (1075) 1075 und strafte alsdann die Emp�rer mit H�rte.
5. Er ger�t mit Papst Gregor YII. in Streit und mu� sich vor ihm dem�tigen. Der Papst, welcher sich mit der Sonne, den Kaiser mit dem Monde verglich, drohte dem Kaiser wegen Nichtachtung der p�pstlichen Verordnungen, besonders des Simonie- und Jnvestitnr-Verbotes, mit dem
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Banne und lud ihn sogar zur Verantwortung nach Rom. Da lie� ihn der erbitterte Heinrich durch ein Konzil deutscher Bisch�fe in Worms absehen. Der Brief des K�nigs an den Papst schlo� mit den Worten: �Ich, Hein-rief), durch Gottes Gnade K�nig, und alle Bisch�fe sagen dir, dem falschen M�nch Hildebrand: Steige herab von dem angema�ten apostolischen Stuhle, steige herab 1" Darauf sprach Gregor �ber Heinrich den Bann-fluch aus und entband alle Untertanen von dem Eide der Treue. Bald wurde der Abfall von dem ungeliebten K�nige allgemein. Die deutschen F�rsten erkl�rten in Tribur ohne Scham, da� sie einen anderen K�nig w�hlen w�rden, wenn Heinrich binnen Jahresfrist nicht vom Banne los* gesprochen sei. Sie hofften jetzt, das verha�te K�nigtum in der W�rzet zu treffen und ihre eigene Macht und Selbst�ndigkeit zu erh�hen. Vor den deutschen F�rsten wollte sich Heinrich nicht weiter dem�tigen; er beschlo�, den Papst durch eine Kirchenbu�e zu vers�hnen. Gelang ihm dies, so l�ste sich auch die ihm vor allem gef�hrliche Verbindung der F�rsten mit dem Papste. Im strengen Winter zog er mit seiner treuen Gattin und seinem dreij�hrigen S�hnlein �ber den Mont Cenis nach Italien, streckenweise auf Rindsh�uten �ber Schnee- und Eisfelder geschleift, um sich vom Papste die Lossprechung vom Banne zu erbitten. Drei Tage stand er barfu� und im h�renen B��erhemde bei gro�er K�lte im Schlo�-1077 Hofe zu Kanoffa (1077), wo sich gerade der Papst, der nach Deutschland kommen wollte, bei der Markgr�fin Mathilde, der treueften Freundin der Kirche, aufhielt. Erst Heinrichs Flehen, der Markgr�fin Tr�nen und eines Abtes F�rbitte bewogen den Papst, die Bu�e des Kaisers zu enden. Heinrich erhielt nach einem Fu�fall vor dem Papste Lossprechung vom Banne. Doch sollte er sich bei dem bevorstehenden Ausgleiche mit den F�rsten ganz nach den W�nschen des Papstes richten Das war nach solcher Kirchenbu�e doch eine allzu harte Zumutung.
6. Er besiegt ben Gegenk�nig Rnbolf von Schwaben. Voll In-grimm zog Heinrich heimw�rts. Die Lombarden boten ihm ihren Bei-
stand gegen den verha�ten Papst an, und auch in den rheinischen St�dten und in S�ddeutschland fand er viel Anhang, als seine Gegner inzwischen seinen Schwager Rudolf von Schwaben zum K�nige w�hlten. Ein heftiger Krieg begann. Der Papst sprach zum zweitenmal den Bann-fluch �ber Heinrich aus. Nachdem das Waffengl�ck lange geschwankt, wurde Rudolf in einer Schlacht an der Elster unweit Merseburg durch einen Lanzenstich t�dlich verwundet und ihm seine rechte Hand ab-gehauen (1080). Sterbend soll er gesagt haben: �Das ist die Hand, mit der ich Heinrich Treue schwur!" Schwaben als Lehen und feine Tochter Agnes als Gattin hatte der Kaiser bereits vorher dem treueften feiner Anh�nger, Friebrich von Staufen, dem Sohne Friedrichs von B�ren, gegeben. Er ist der Ahnherr der Staufer
1080
9?. Siegel Heinrichs IV". W.
(Hohenstaufen). Nach dem Tode seines Gegenk�nigs zog Heinrich nach Italien gegen Gregor und z�chtigte ihn durch die Einnahme Roms, Be-lagerung der Engelsburg und Einsetzung eines anderen Papstes. Gregor starb in der Verbannung (1085). 1085
7. Er stirbt im Banne nach einem Leben voll Kampf und Un-ruhe. Obwohl die heftigsten Gegner Heinrichs aus dem Leben geschieden waren, so konnte er doch nicht mehr zur unbestrittenen Herrschaft und zum Frieden mit den P�psten gelangen; sie erneuerten den Bannfluch und reizten seine eigenen S�hne gegen ihren Vater auf. In der Burg Klopp zu Bingen hielt ihn sein junger Sohn Heinrich treulos gefangen und zwang ihn dann zur Abdankung. Der alte Kaiser entfloh mit gebrochenem Herzen aus der schmachvollen Hast zu seinem Freunde, dem Bischof von L�ttich.
Hier endete der Tod 1106 das unruhige Leben. Aber auch im Tode 1106 fand er keine Ruhe; eine Zeitlaug blieb feine Leiche uubegrabeu auf einer Maasinsel; ein M�nch aus Jerusalem hielt Wache bei ihr und betete f�r die abgeschiedene Seele. Dann stand sie jahrelang in einer nngeweihten Nebenkapelle des Domes zu Speier. Endlich wurde der Bann gel�st und die Leiche feierlich im Dome zu Speier bestattet (1111). Schmach, Un- 1111 ehre und Untreue hatten bis zuletzt deu schwergepr�ften Mann verfolgt. An dem �berma� seiner Leiden waren nicht seine Fehler und Schw�chen, sondern der Ha� und Verrat der deutschen F�rsten, die T�cke der Gegner,
seine irre geleitete Erziehung und die Verkettung vieler ungl�cklichen Um-st�nde schuld gewesen. Seine trefflichen Geistesgaben und seine politische Klugheit hat er in sp�teren Jahren wiederholt bekundet. Unbesonnenheit, Leidenschaftlichkeit und Anma�ung waren in der Schule des Lebens mehr und mehr gewichen. Als ein Freund des schlichten Mannes, als Wohl-t�ter und Sch�tzer der Gemeinfreien und als strenger Richter der gewalt-t�tigen Gro�en geno� er gro�e Liebe beim Volke. Seine �u�ere Er-scheinung war voll Hoheit.
8. Sein herzloser Sohn Heinrich V. setzt den Kampf mit den P�psten fort. Sein Sohn Heinrich V. (1106�1125) war ein ge- 1106 waltt�tiger Mann ohne alle edlen Gef�hle. Er erneuerte den Investitur-streit mit den P�psten und verfuhr dabei schonungslos mit ihnen. Endlich
kam ein Vergleich (Wormser Konkordat 1122) zustande. Danach setzte 1122 der Kaiser die von der Kirche in seiner oder seines Gesandten Gegenwart gew�hlten Bisch�fe und �bte in Deutschland zuerst durch Belehuuug mit dem Zepter in ihre weltliche Macht ein, und dann �ber-trug ihnen der Papst durch Verleihung von Ring und Stab das geist-liche Amt. In Italien ging der Papst mit der Weihe voran. Mit dem ungeliebten, kinderlosen Heinrich V. erlosch die Linie der fr�nkischen oder salischen Kaiser (1125). 1125
Fragen: Was n�tzte der Gottesfriede? � Welches sind die Wurzeln von Heinrichs IV. Ungl�ck? � Woher die Wirkung des Bannfluches? � Uhlands Drama �Ernst, Herzog von Schwaben". �Die deutsche Kaiserwahl" von Uhland.
�Kaiser Hemrich's IV. Waffenweihe" von Schwab. �Die Glocken zu Speier"
von M v^Oer. �Der M�nch vor Heinrichs IV. Leiche" von Wolfgang M�ller.
- ... 1000: Otto III. in Deutschland. Hugo Kapet in Frankreich. Stephan der Heulge m Ungarn. Kanut d. Gr. von Schweden, Norwegen, D�nemark und
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 8tu�g. A.
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England. Die Edda oder nordische G�tterlehre, Geschichtsschreiber Widukind in Korvei, 1054: Trennung der r�mischen und griechischen Kirche, � 1066: Wilhelm der Eroberer siegt bei Hastings. 1077: Heinrich IV. zu Kanossa,
42. Oer erste Kreuzzug (1096�1099).
1. Die bedr�ngten Christen im Morgenlande. Schon seit den Zeiten Konstantins, dessen Mutter Helena an der Stelle des Grabes Christi eine Kirche erbaut hatte, zogen Wallfahrer oder Pilger in das heilige Land, um an dem Grabe des Heilandes zu beten. Ein schwarzes Kleid, ein gro�er Muschelhut, ein langer Stab und ein Rosenkranz machten sie kenntlich. Als die Araber Herren des Landes wurden, st�rten sie die An-dacht der friedlichen Pilger nicht. Aber grausame Erpressungen und Mi�-Handlungen erfuhren sie von den sp�teren Eroberern, den seldschukkischen T�rken. In Unwillen ergl�hte dar�ber das christliche Abendland, und das Verlangen wurde rege, den Ungl�ubigen das heilige Land zu ent-rei�en. Auch hatte der Kaiser Alexius in Konstantinopel Hilfe gegen die T�rken vom Abendlande erfleht.
2. Die wirksame Kreuzpredigt des Papstes. Papst Urban II. hielt selbst eine z�ndende Rede f�r die Befreiung Jerusalems auf der
1095 Kirchenversammlung zu Clermont im s�dlichen Frankreich (1095). Sie erregte einen solchen Sturm des Beifalls, da� alle riefen: �Gott will es!" und Tausende sich das rote Kreuz auf die rechte Schulter hefteten, um als
Kreuzfahrer an der Befreiung des heiligen Grabes teil-zunehmen. Abla� der S�nden und ewiger wie irdischer Lohn wurde den Kreuzfahrern verhei�en.
3. Die begeisternden Kreuzpredigten Peters von Amiens. Peter von Amiens, ein franz�sischer Ein-siebter, half als Kreuzprediger die Begeisterung im Volke wecken. Barfu� und barh�uptig, das abgetragene Pilger-kleid mit einem Strick umg�rtet, das Kruzifix in der Hand, von Strapazen abgemagert und verwildert, so durchzog er auf einem Esel Italien und Frankreich und schilderte in feuriger Rede die Not der Christen und die Frevel der Ungl�ubigen. Dem Volke erz�hlte er, da� Christus selbst ihm die Befreiung des heiligen Grabes befohlen habe. Die Begeisterung des gl�ubigen Volkes kannte keine Grenzen. Fast zerri� man Peter samt seinem Esel, um nur eine Reliquie (geweihtes Andenken) von ihm heimzutragen. Der ungeduldige, beutelustige P�bel scharte sich um Walter von Habenichts und Peter von Amiens und brach in ungeordneten Scharen nach 98. (Ein Kreuz- Osten auf. Die Juden in den St�dten wurden von ihnen ^d^Normandie) ^ erschlagen und beraubt, unter dem Landvolke hausten sie wie R�uber. Aber viele wurden schon in Ungarn und Bnl-garien niedergemacht; die �brigen fanden einen elenden Tod in Kleinasien.
1096 4. Der m�hsame Zug des Hauptheeres (1096). Unter der F�hrung des edlen Lothringerherzogs Gottfried von Bouillon und seiner
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Br�der Balduin und Eustach, des Grafen Robert von Flandern, des Herzogs Robert von der Normandie, des Grafen Raimund von Ton-lonse, des F�rsten Bohemnnd von Tarent und seines tapferen Neffen Tankred brachen im Sommer 1096 wohlausger�stete Heerhaufen auf und langten auf verschiedenen Wegen vor Konstantinopel an. Das hier vereinigte Hauptheer bildeten haupts�chlich Franzosen, Normannen und Lothringer. Der griechische Kaiser Alexius nahm die Fremden mi�-iranisch auf und setzte sie erst nach Kleinasien �ber, als sie ihm die Lehens-hoheit und die Zur�ckgabe der ehemals griechischen Besitzungen, die sie er-oberu w�rden, zugesichert hatten. Das ungeheure Heer, mit dem Tro� wohl eine halbe Million, drang in Kleinasien ein, eroberte Nic�a und siegte bei Doryl�um. Aber nun hob die Not erst an. Hunger und Durst, Seuchen und das Schwert der Feinde rafften Taufende hin; der hei�e W�stensand war mit Leichen bedeckt. Balduin zog mit seinen Scharen ostw�rts und eroberte jenseits des Enphrat das feste Edessa. Es wurde das erste christliche F�rstentum und die �stliche Vormauer des heiligen Landes. Das Hauptheer belagerte neun Monate das Pr�chtige und feste Antiochien. Kaum war nach entsetzlichen Opfern die ausgehungerte Stadt durch Verrat genommen, als der Statthalter Kerboga aus Mosul ein m�chtiges Sarazenenheer herbeif�hrte und die Sieger einschlo�. Die Not in der Stadt erreichte eine entsetzliche H�he. Viele aus dem Volke, ja selbst Ritter lie�en sich an Stricken von den Mauern und flohen zu den Griechen. Manche dieser �Strickl�ufer" gingen sogar zu den Feinden �ber und schwuren ihren Glauben ab. Da wurde pl�tzlich der gesunkene Mut der Belagerten durch Auffinden der heiligen Lanze, mit der angeblich Jesu Seite durchbohrt worden war, derartig gehoben, da� die halb verhungerten Kreuzfahrer unter Gesang und mit Todesverachtung sich auf die Feinde st�rzten und sie in die Flucht schlugen. Bohemnnd erhielt Antiochien als christliches F�rstentum. Durch den Libanon zog nun der Rest des Kreuzheeres, bestehend aus 20000 Manu zu Fu� und 1500 zu Ro�, s�dw�rts nach Jerusalem. In der Morgend�mmerung des 6. Juni (1099) erblickten sie von Emmans' H�hen die heilige Stadt. �Jerusalem, Jerusalem!" riefen die ersch�pften Krieger mit Entz�cken, sanken weinend nieder und k��ten die Erde, alle M�hsale vergessend.
5. Die heldenm�tige Eroberung Jerusalems am 15. Juli 1099. 1099 Doch die heilige Stadt war stark befestigt und von 60000 Mann verteidigt. Dem Kreuzheere fehlte alles zu einer Belagerung. Endlich brachten Schiffe aus Genua Verst�rkung, Werkzeuge und Lebensmittel. Unter den ungeheuersten Anstrengungen wurden nun Belagerungsmaschinen ange-fertigt, insonderheit hohe T�rme, die man samt ihren Insassen auf R�dern bis an die Mauer schob. Viele derselben wurden aber von dem uul�sch-baren griechischen Feuer zerst�rt. Nach 39 Tagen kam es endlich zum Hauptsturm. Es wurde mit beispielloser Tapferkeit, aber erfolglos gek�mpft. Am zweiten Tage begann der Sturm mit vermehrter Heftigkeit,
aber auch die Belagerten verdoppelten ihre Anstrengungen. Da glaubten die Kreuzfahrer pl�tzlich auf dem �lberge einen Ritter in leuchtender R�stung zu sehen. �Gott sendet den Erzengel Michael zur Hilfe!" rief
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man sich zu, und die Begeisterung ward unwiderstehlich. Die erste Ring-mauer wurde niedergeworfen und der Wallgraben dahinter ausgef�llt. Gottfried und sein Bruder Eustach erstiegen von ihrem Turme zuerst die Mauer; gleichzeitig ward ein Tor niedergerannt, und hinein st�rmten die rachedurstigen Scharen mit dem Rufe: �Gott will es!" In grauenvollem Gemetzel fielen Tausende von T�rken. Die Juden wurden samt ihrer Synagoge verbrannt. Die K�mpfer wateten bis an die Kn�chel im Blute.
99- Kirche des Heil. Grabes zu Jerusalem. (Nach Kugler, Geschichte der Kreuzz�ge.)'
Gottfried aber ging ^barfu� im B��ergewande zum Heiligen Grabe und dankte Gott knieend f�r den Sieg. Auch das Kriegsvolk h�rte auf zu morden und zog barfu� und entbl��ten Hauptes unter Bu�ges�ngen nach der Grabeskirche, um inbr�nstig zu beten.
6. Das schwache K�nigreich Jerusalem. Man bot dem edlen Gottfried die Krone des neuen Reiches an, aber er wollte an der Stelle keine goldene Krone tragen, wo sein Heiland unter einer Dornenkrone ge-blutet hatte, und nannte sich nur �Besch�tzer des Heiligen Grabes". Nach-dem er noch ein siebenmal st�rkeres Heer des Sultans von �gypten bei Askalon besiegt und dem Reiche neue Gesetze gegeben hatte, starb er 1100 (1100) infolge der uns�glichen Anstrengungen. Sein Bruder Balduin folgte ihm als K�nig von Jerusalem und erweiterte und befestigte sein Reich durch Eroberung der K�stenst�dte und durch ein B�ndnis mit den Handelsst�dten Venedig, Genna unb Pisa, die unabl�ssig Verst�rkungen brachten.
Aber durch die Uneinigkeit der Christen und die Tapferkeit der T�rken ging sp�ter ein Ort nach dem andern verloren. Und obgleich das Abendland in sieben Kreuzz�gen seine beste Kraft im Orient verschwendete
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und an 6 Millionen Menschen opferte, so fiel doch nach 200 Jahren (1291) die letzte christliche Besitzung in Pal�stina, die Festung Akkon 1291 oder Ptolemais, den T�rken wieder in die H�nde.
7. Die wichtigen Folgen der Kreuzz�ge. Der Zweck der Kreuz-z�ge, die dauernde Besitzergreifung des heiligen Landes, wurde nicht erreicht; aber sie haben einen gewaltigen Einflu� ans das �ffentliche Leben und die Kulturentwicklung im Abendlande ausge�bt. Die Kirche gewann durch die gro�e religi�se Begeisterung an geistiger, durch die vielen Schen-hingen an weltlicher Macht. Anch manche Herz�ge und Grafen erhielten einen Zuwachs an Besitz, indem sie erledigte Lehen einzogen. H�rige Bauern, die das Kreuz nahmen, wurden frei, andern in der Heimat mu�te die Fronlast erleichtert werden. Vor allem aber brachten die Kreuzz�ge den gr��eren St�dten Vorteil. Ihr Handel und Verkehr hob sich, und mit ihrem Reichtum erkauften sie leicht von den geldbed�rftigen F�rsten gr��ere Vorrechte. Nicht minder wuchs das Ansehen des Ritterstandes,
dessen eigenartige Sitten und Einrichtungen sich damals ausbildeten und dessen Bestrebungen vorzugsweise durch die Kreuzz�ge veredelt wurden. In den geistlichen Ritterorden (s. � 46, 1), welche infolge der Kreuz-z�ge entstanden, offenbarte sich der erhabene Charakter des Rittertums. Im allgemeinen erweiterten die Kreuzz�ge den geistigen Gesichtskreis. Die V�lker traten sich n�her; neue L�nder, Pflanzen und Tiere wurden be-kannt, fremde Sprachen studiert, die Werke der gelehrten Griechen und Araber durchforscht, den Malern und Dichtern neue Gegenst�nde f�r ihre K�nste zugef�hrt, den Wissenschaften neue Aufgaben gezeigt usw.
Fragen: Welchen Einflu� hatten die Kreuzz�ge auf die Staatenbildung Europas? � Wie unterst�tzten sie das Streben der P�pste nach der Oberherr-schaft �ber die weltliche Macht? � Wie f�rderten sie die Entwicklung des B�rger-tums? � Welchen Vorteil hatten K�nste und Wissenschaften davon? � Wie wurden Handel und Gewerbe gef�rdert? � Wie trugen sie zur Veredelung des Rittertums bei? � Welchen Einflu� hatten sie auf die Sittlichkeit? � �Tasso" (Verfasser des �befreiten Jerusalem") von Goethe.
Gleichzeitiges um das Jahr 1100: Heinrich IV. in Deutschland. � K�mpfe mit den P�psten feit Gregor VII In Spanien bek�mpft der Cid die Mauren. � In England herrschten feit Wilhelm dem Eroberer die Normannen. � Gottfried von Bouillon erobert Jerufalem.
43� Friedrich I. Barbarossa (1152�1190).
1. Wie sein Oheim Konrad III., der erste Staufer, zur Regierung gelangte. Nach dem Erl�schen des fr�nkischen Kaiserhauses lenkte die p�pstliche Partei die Wahl auf den fechzigj�hrigen Lothar von Sachsen (1125�1137). Er lie� feine Wahl vom Papste best�tigen und nahm 1125 die Mathildischen G�ter (Toskana) von diesem als Lehen. Seine Tochter und die Anwartschaft auf sein Herzogtum Sachsen gab er Heinrich dem Stolzen von Bayern, dessen Macht, wie dieser sich r�hmte, von Meer zn Meer reichte (d. i. von der Nordfee bis zum Mittelmeer; nur Th�ringen und Franken geh�rten ihm nicht). Die Nordmark erhielt Albrecht der B�r von Ballenstedt (1134). Mit dm staufischen Br�dern Friedrich 1134
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und Konrad, den Erben der fr�nkischen Kaiser, f�hrte er einen neun-j�hrigen Krieg. Die Staufer behielten das salische Erbe, nachdem sie sich unterworfen hatten. Sein Schwiegersohn Heinrich der Stolze rechnete nach seinem Tode auf die Kaiserkrone. Als aber der Staufer (Hohen-1138 staufe) Konrad III. (1138�1152) als der minder m�chtige F�rst ge-w�hlt wurde, verweigerte Heinrich die Huldigung und die Herausgabe von Sachsen. Er wurde in die Acht getan und nun seiner beiden Lehen, Sachsen und Bayern, verlustig erkl�rt. In dem dar�ber ausbrechenden Kampfe soll bei der Belagerung von Weinsberg (1140) das Feldgeschrei: �Hie Welf! Hie Jaibling!" aufgekommen sein; doch ist dies eine wenig verb�rgte Erz�hlung. Nach diesem Kampfrufe nannte man sp�ter die p�pstlich Gesinnten �Welsen" und die Kaiserlichen �Waibliuger". (Waiblingen ist ein staufisches Schlo�.) Die Italiener nannten sie �Guelfeu" und �Ghibellinen". Bei der Belagerung von Weinsberg sollen der Sage nach die treuen und klugen Weiber ihre M�nner vor dem Zorne des Kaisers gerettet haben, indem sie dieselben als �ihr bestes Gut" auf dem R�cken aus der Stadt trugen. Konrad soll dabei das Wort gesprochen haben: �Eines Kaisers Wort soll man nicht drehen und deuteln". Der vierj�hrige Krieg gegen die Welsen endete mit einem Frieden, in welchem der junge Sohn des verstorbenen Heinrich, Heinrich der L�we, Sachsen behielt. � Konrad unternahm nach dem Falle Edessas auf Anregung des frommen Abtes Bernhard von Clairvanx, gemeinsam mit Ludwig VII. von Frankreich, einen erfolglosen Kreuz-zug (1147 �1149). Durch Wassermangel, Verrat der griechischen Wegweiser und das Schwert der T�rken wurden die Heere in Kleinasien fast auf-gerieben. Konrad starb, ohne die Kaiserkrone in Jta-lien erlangt zu haben.
2. Wie Friedrich Barbarossa geartet war. Konrads Neffe Friedrich von Schwaben wurde von den F�rsten einstimmig in Frankfurt a. M. zum Kaiser gew�hlt und in Aachen mit gro�er Pracht gekr�nt. Er war mittelgro�, von edler Haltung und sch�ner Gestalt, das Haar blond, die Haut wei�, die Wangen rot; die blauen Augen blickten heiter, _ konnten aber auch zornig auflodern. Wegen seines
Kloster St.Zeno bei Reichen- ra c- r m
hall. W. routchen Bartes nannten thn dte Italiener Bar-
barossa. Er war ein Meister in allen ritterlichen K�nsten, hatte einen gebildeten Geist, ein scharfes Urteil und ein untr�gliches Ged�chtnis. Gegen Feinde war er streng, gegen Reuige vers�hnlich, gegen Hilfsbed�rftige mild und wohlt�tig, gegen alle gerecht.
3. Wie er seine Regierung stark und klug begann. Schon sein erstes Auftreten in Deutschland war klug und kraftvoll. Er gab seinem Jugendfreunde Heinrich dem L�wen das Herzogtum Bayern zur�ck, das dessen Vater, Heinrich dem Stolzen, genommen worden war, steuerte
-100. Friedrich I. Gleichzeitiges Relief im
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dem Raub- und Fehdewesen und brachte das K�nigstum bei allen durch Gerechtigkeit und Strenge in Ansehen. Auf seinem K�nigsritt durch das Reich brach er viele Raubburgen, verurteilte selbst f�rstliche R�uber zu der schimpflichsten Strafe des �Hundetragens" und f�hrte �berall den �Landfrieden" durch. Das Streben seines Lebens jedoch richtete sich auf die Wiederherstellung der kaiserlichen Vollgewalt, namentlich in Italien.
4. Wie er Mailand warnte und r�mische T�cke z�chtigte. Zu
dem Zwecke trat er bald seinen ersten Zug nach Italien an (1154 bis 1154 1155). Die lombardischen St�dte waren durch den Handel mit dem Orient reich geworden und hatten sich unter den Vorg�ngern Friedrichs von der Obergewalt der Bisch�fe und Grafen freigemacht und die K�nigs-rechte, wie Ernennung der Konsuln in den St�dten, Gerichtsbarkeit, M�nz-und Zollrecht, angema�t. Besonders trotzte das m�chtige Mailand dem Kaiser. Friedrich hatte nicht genug Kriegsvolk, um schon jetzt dessen �ber-mut zu dem�tigen. Er zerst�rte nur zur Warnung das feste Tortona und einige andere St�dte, welche mit Mailand verb�ndet waren. Dann lie� er sich in Pavia mit der eisernen, in Rom mit der goldenen Krone kr�nen (1155). Den Papst Hadrian IV., welcher vor den aufst�ndischen H55 R�mern entflohen war, hatte er zuvor hierher zur�ckgef�hrt. Den Auf-stand hatte Arnold von Breseia hervorgerufen. Dieser wollte die christliche Kirche in ihrer ersten Einfachheit herstellen und Rom zur Republik machen. Seine feurigen Predigten richteten sich besonders gegen die weltliche Macht der Kirche. Arnold geriet in die Gewalt des Kaisers und wurde dem Papste ausgeliefert. Dieser lie� ihn hinrichten und die Asche des verbrannten Leichnams in den Tiber streuen. Die R�mer aber �ber-fielen am Tage der Kaiserkr�nung Friedrichs Lager. Im Kampfget�mmel st�rzte Friedrich vom Pferde, aber die Tapferkeit Heinrichs des L�wen rettete ihn und scheuchte die R�mer hinter ihre Mauern. Dem verwundeten L�wen trocknete Friedrich das Blut ab und sagte dankbar: �Heinrich, ich gedenk' dir'sl" Nun kehrte der Kaiser heim, denn das Heer war durch Seuchen geschw�cht, und die F�rsten wollten nicht l�nger verweilen. Unter-Wegs �berfielen lombardische Wegelagerer den Kaiser an der Veroneser Klause, einem schmalen Engpa� an der Etsch, den ein Felsenschlo� be-herrschte, und w�lzten Felsen und B�ume herab. Aber Otto von Wittelsbach erkletterte mit 200 Bewaffneten die steile Felswand, nahm die Burg ein und lie� die Wegelagerer �ber die Klinge springen.
5. Wie er das widerspenstige Mailand dem�tigte. Nach seiner R�ckkehr aus Italien mu�te Friedrich in Deutschland wiederum dem Ge-setze und Rechte Anerkennung verschaffen. Reichsf�rsten hatten in seiner Abwesenheit den Landfrieden gebrochen und Ritter als R�uber die Land-stra�en unsicher gemacht. An jenen vollzog er die entehrende Strafe des Hundetragens, diese wurden noch h�rter, etliche sogar mit dem Tode be-straft. Aber nicht blo� im Innern, auch nach au�en brachte er seine Macht zur Geltung. Die K�nige von D�nemark, Ungarn, B�hmen und der Herzog von Polen huldigten ihm als dem Oberherrn. F�r sein Haus gewann er neuen Besitz durch die Verm�hlung mit Beatrix, der Erbin
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Burgunds. Nur in Italien sank das Ansehen des Kaisers immer mehr. Seinen Feinden hatte sich auch der Papst beigesellt, der von der Erstarkung der kaiserlichen Macht eine Schw�chung der seinigen bef�rchtete. Mailand hatte inzwischen Tortona wieder aufgebaut und das treue Lodi zerst�rt. Da unternahm Friedrich (1158�1162) mit einem starken Heere den zweiten Zug nach Italien. Mailand beharrte auch jetzt noch in seinem Hochmut und Trotz und unterwarf sich erst nach vierw�chiger Belagerung. Barfu�, mit Stricken um den Hals oder Schwertern auf dem Nacken, mu�ten B�rger und Adelige am Throne des Kaisers Gehorsam geloben' Geiseln stellen und alle widerrechtlich angema�ten Rechte aufgeben. Auf den Ronkalifchen Feldern bei Piacenza lie� hieraus Friedrich unter Beteiligung der Abgesandten der St�dte durch ber�hmte italienische Rechts-kundige die kaiserlichen Rechte festsetzen. Die wichtigsten Rechte waren: die Belehnung und Vergebung bestimmter Herzogt�mer und Grafschaften, die Eink�nfte aus Z�llen an Heerstra�en, Fl�ssen, H�fen, das M�nzrecht, die Gerichtsbarkeit, die Forderung von Lieferungen aller Art f�r den Unterhalt des Kaisers und die Einsetzung von Vorstehern in den St�dten. Als Friedrich diese Beschl�sse durchf�hren und auch kaiserliche Beamte (Podesta) einsetzen wollte, vertrieben die Mail�nder die Podestas und ver-weigerten die Abgaben. Der neue Papst Alexander III., den des Kaisers Gegner gew�hlt hatten best�rkte sie in ihrem Widerstande, bannte den
Kaiser, entwich aber vor ihm nach Frankreich. Da schwur Friedrich, die Krone nicht eher wieder auf das Haupt zu setzen, bis er Mailand dem Erdboden gleich gemacht habe. �ber ein Jahr ver-teidigte sich die m�chtige und reiche Stadt mit seltener Hartn�ckigkeit. Endlich be-zwang sie der Hunger und innere Zwie-tracht. Sie ergab sich auf Gnade oder Ungnade. Stricke um den Hals, Asche auf den H�uptern und Kreuze in den H�nden, so zogen die Besiegten am Throne des Kaisers vor�ber. Dann mu�ten alle Bewohner mit ihrer fahren-den Habe die Stadt verlassen uud sich Die Stadt wurde aber als �Herd aller t�dten mit Hast und Schaden-Auf dem Dankfeste in Pavia
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Siegel Friedrichs I.
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in vier offenen Flecken ansiedeln.
Unruhen" von den kaiserlich gesinnten
1162 freube in sechs Tagen zerst�rt (1162). , , .....
setzte der Kaiser seine Krone wieder auf und zog nach Deutschland zur�ck.
6. Wie ihn Ungl�ck verfolgte und Treue rettete. Auf dem
1163 dritten Zuge (1163), welchen er ohne Heer unternahm, fand er die lombardischen St�dte und den Papst wiederum gegen die deutsche Herr-schast verb�ndet. Der Kaiser hielt sich in Pavia auf, wo man Klagen �ber die H�rte der kaiserlichen V�gte und die H�he der Steuern vor ihn brachte. Da er sie als �bertrieben nicht beachtete, wurde die G�rung so gro�, da� die St�dte seine V�gte vertrieben und einen Bund zu Schutz
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und Trutz schl�ssen. Da kehrte er zur�ck, um zu einem neuen Feldzuge zu r�sten. Dieser vierte Zug (1166�1168) fiel aber ungl�cklich f�r 1166 ihn aus. Eine Pest raffte den gr��ten Teil des kaiserlichen Heeres hin-weg. Unter den Toten war auch der streitbare Kanzler und Erzbischos Rainald von Dassel, der einflu�reichste Ratgeber des Kaisers und der bitterste Gegner des r�mischen Papsttums. Mit Lebensgefahr und fast heimlich mu�te der Kaiser aus Italien entweichen. In Snsa wollten dortige B�rger den Kaiser in seinem Bette ermorden, aber er wurde gewarnt und floh verkleidet, wahrend der treue Hermann von Sieben-eichen sich in sein Bett legte. Als der Irrtum entdeckt wurde, schonte man des Ritters Leben um seiner Trene willen.
7. Wie der ungetreue Freund Heinrich der L�we ihn verlie� und ihn schweres Ungl�ck traf. Die Feinde des Kaisers schl�ssen sich zu einem gro�en lombardischen St�dtebunde zusammen, vertrieben die Podestas, stellten Mailand wieder her und erbanten dem Papste zu Ehren die Festung Alessandria. Da unternahm Friedrich den f�nften Zug (1174 � 78). Aber er geriet nach schweren Verlusten und der vergeb- 1174 lichen Belagerung von Alessandria in gro�e Not. Als er die deutschen F�rsten um Hilfe anging, versagte Heinrich der L�we seinen Beistand.
Dieser m�chtige F�rst, der Bayern und Sachsen besa� und auch in Mecklenburg unb Pommern Eroberungen gemacht hatte, mochte wohl seine Unternehmungen in Norddeutschland nicht im Stiche lassen oder auch dar�ber gereizt sein, da� die G�ter seines Oheims Wels an den Kaiser gefallen waren. Dazu kam noch seine Abneigung gegen die au�erdeutschen Bestrebungen des Kaisers, welche Deutschland nur Geld und Menschen kosteten. Er verweigerte jegliche Hilfe, auch als Friedrich ihn in einer pers�nlichen Zusammenkunft � wahrscheinlich in Chiavenna � bat und beschwor, seine Ehre und des Reiches Heil zu bedenken; ja der Kaiser soll vor ihm auf die Kniee gefallen sein. �Ich f�rchte den Bann und sp�re die Gebrechen des Alters!" redete Heinrich sich tr�glich heraus. Die Kaiserin Beatrix soll ihren Gemahl ausgehoben und gesprochen haben: �Stehet auf, lieber Herr; Ihr werdet einst dieses Tages und dieses Hoch-mutes gedenken, und Gott wird Euch Helsen 1" Das geschw�chte Heer des Kaisers wurde nun trotz der tapfersten Gegenwehr von den St�dtern bei Legnano besiegt (1176). Die Schar des Todes, 900 edle mail�ndische 1176 J�nglinge, die eidlich den Schutz des Fahnenwagens mit bem Stadtbanner gelobt hatten, verwanbelten burch ihre Tobesverachtuug ben anf�nglichen Sieg ber Kaiserlichen in eine v�llige Niederlage. Der Kaiser st�rzte mit seinem Rosse und verschwand im Get�mmel. Die Kaiserin hatte schon Trauerkleider angelegt, als er am vierten Tage wieder bei den Seinen erschien.
In Venedig schlo� nun der Kaiser (1177) mit dem Papste 1177 Alexander III. Frieden und mit dem lombardischen St�dtebunde einen sechsj�hrigen Waffenstillstand. Friedrich wurde vom Banne losgesprochen, erkannte Alexander als rechtm��igen Papst an und erwies ihm die her-k�mmlichen Ehrenbezeigungen, indem er ihm den Steigb�gel hielt und seine F��e k��te. Dem Waffenstillst�nde folgte der Friede zu Konstanz
1183 (1183); er best�tigte den St�dtern ihre Freiheiten, nachdem sie die Ober-hoheit des Kaisers, die allerdings einem Schatten glich, anerkannt hatten.
8. Wie der Ungetreue bestraft ward. Friedrich war (1178) nach Deutschland zur�ckgekehrt, wo schwere Anklagen gegen Heinrich den L�wen wegen dessen Herrschsucht und Gewaltt�tigkeit erhoben wurden. Auch wollte er Heinrichs Lehnstreubruch strafen. Durch den Spruch der Reichs-surften wurde Heinrich, der sich trotz mehrmaliger Ladung dem Reichs-gerichte nicht stellte, in die Acht getan und seiner L�nder verlustig erkl�rt. (Die Acht des K�nigs machte den Ge�chteten recht und heimatlos. Er verlor sein Verm�gen, durfte von niemand gespeist und beherbergt, wohl aber von jedermann ungestraft get�tet werden.) Bayern erhielt Otto von Wittelsbach, dessen Nachkommen noch heute dort herrschen. Die �brigen L�nder wurden zersplittert und verteilt. Doch Heinrich wehrte sich grimmig bis ins dritte Jahr. Da ward ihm die Hand des Kaisers zu
1181 schwer. In Erfurt warf er sich 1181 seinem schwergekr�nkten Oberherrn zu F��en, und Friedrich hob ihn, Tr�nen in den Augen, auf. Aber der Spruch des Reichstags konnte nicht mehr ge�ndert werden. Heinrich wurde auf drei Jahre verbannt und ihm nur sein Erbland Braunschweig und L�neburg gelassen. In Braunschweig ist der letzte Welfe 1884 gestorben; in England regieren noch heute seine Nachkommen.
9. Wie Friedrich auf dem Gipfel des Gl�ckes war. Die F�lle von Friedrichs Gl�ck und Macht zeigte sich auf dem gl�nzenden Turnier und Volksfest zu Mainz, an dem 40000 Ritter, viele geistliche Herren und Abgesandte der St�dte aus allen Gauen des Reiches teilnahmen. Um die G�ste zu beherbergen, hatte man auf der Rheinebene eine Zelt- und Bretterstadt errichtet. Durch ritterliche K�mpfe, prunkvollen Schmuck, reiche und fr�hliche Gastm�hler, allerlei Lustbarkeiten und Lieder der Minne-s�nger bildete dieses Fest den Glanzpunkt des Mittelalters und lebte noch lange in Sagen und Liedern fort. Zwei S�hne des Kaisers wurden zu Rittern geschlagen (Fest der �Schwertleite"), und Friedrich selbst zeigte sich bei den Kampfspielen kr�ftig und gewandt wie ein J�ngling.
Auf einer sechsten friedlichen Fahrt nach Italien wurden ihm �berall in dem beruhigten Lande die gr��ten Ehren erwiesen. Er verm�hlte in Mailand mit seltenem Gl�nze seinen Sohn Heinrich mit Konstantia,
1186 der Erbin von Neapel und Sizilien (1186).
1190 10 Wie er auf einem Kreuzzuge den Tod fand (1190). Aus dem Morgenlande kam die Kunde, da� der edle Sultan Saladin von �gypten die Christen besiegt und Jerusalem eingenommen habe. Da stellte sich der greise Held Friedrich an die Spitze eines auserlesenen Kreuzheeres
1189 (1189), zog durch Deutschland, Ungarn und das griechische Reich, r�ckte siegreich in Kleinasien vor und erst�rmte das feste Jkoninm. Bei dem �bergange �ber den Flu� Saleph sprengte der Kaiser, � so berichtet die gew�hnliche Erz�hlung � um schneller hin�berzukommen, mit dem Rosse in die Flut, wurde aber vom Schlagflu� getroffen, von den Wellen ergriffen und als Leiche von den Seinen ans Ufer gebracht. Wahrschein-
1190 licher aber ist, da� er beim Baden umkam (1190). Die Trauer des Heeres war unbeschreiblich. Klagen erf�llten bei Tage das Lager, und
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Fackeln erleuchteten es schaurig bei Nacht. Der Leichnam wurde in Anti-ochien beigesetzt. In Deutschland wollte man nicht an den Tod des Herr-liehen Helden glauben. Weil mit ihm des Reiches Herrlichkeit verschwand, so versetzte ihn die Sage in den Kyffh�nser, und das Volk wartete sehnlich auf seine Wiederkehr und des Reiches Erneuerung. � Unter ihm schrieb sein Oheim, der gelehrte Bischof Otto von Freising, einer der hervor-ragendsten Geschichtsschreiber des Mittelalters, eine allgemeine Geschichte und auch eine solche der Taten Friedrichs I. in der Zeit von 1152�1158.
Ein Teil des Kreuzheeres kehrte in die Heimat zur�ck; mit dem Reste zog Friedrichs Sohn, Herzog Friedrich, die �Zierde der deutschen Ritter-schaff, vor Akkon, wo er nach einigen Monaten starb, nachdem er den Orden der Deutschherren gestiftet hatte.
11. Wie der Kreuzzug traurig auslief. Der Kreuzzug endete erfolglos 1192, obwohl Philipp August von Frankreich und Richard 1192 L�wenherz von England noch zu den Deutschen stie�en. Bei der Er-obernng Akkous wurden die Deutschen von Richard L�wenherz bitter gekr�nkt, indem er ihnen ihren Beuteanteil verweigerte und die Fahne Leopolds von �sterreich herabrei�en und durch den Kot der Gassen schleifen lie�.
Deutsche und Franzosen zogen heim; die Engl�nder waren zu schwach, um dem m�chtigen Saladin Jerusalem zu entrei�en. Durch einen Vertrag erhielten die Christen einen K�stenstrich und die Erlaubnis zum Besuche der heiligen �rter. Richard L�wenherz aber kehrte um im Angesichte Jerusalems mit den Worten: �Wer des Heilandes Grab nicht befreien kann, der soll es auch nicht sehen!" Lange dauerte es, ehe Richard nach mancherlei Wechself�llen seine Heimat wiedersah.
Fragen: Welches war das Verh�ltnis von Kaiser und Papsttum in dieser Zeit? � Welches sind die Ursachen der Niederlage bei Legnano?� Was macht Friedrich I. zum gr��ten Staufer? � Deute die Kyffh�nsersage! ��Die Weiber von Weinsberg" von Chamisso. ,,Hie Weif von Strachwitz. �Heinrich der L�we" von Mosen. Uhlands �Schw�bische Kunde". R�ckerts �Kaiser Barbarossa". �Friedrich Rotbart" von Geibel. Lessings �Nathan der Weise".
44. Der Stauftr Friedrich II. (1215�1250).
1. Sein Vater Heinrich VI. (1190�1197) r�cht Beleidigungen. 1190 Heinrich VI. war Barbarossas Sohn und folgte diesem auf dem Kaiser-throne. Er war ein kluger, entschlossener und tapferer Mann, aber harten Herzens. Als Gatte der Konstantia beanspruchte er nach dem Tode des letzten Normannenk�nigs Unteritalien, aber erst durch den zweiten R�merzug setzte er sich in den Besitz dieses Erbes und strafte die besiegten Gegner grausam. Viele sizilische Gro�en lie� er teils blenden und spie�en, teils h�ngen, vergraben oder verbrennen. Mit Heinrich dem L�wen, dem grau gewordenen �Emp�rer", s�hnte er sich endlich um diese Zeit aus. An dem englischen K�nige Richard L�wenherz r�chte er die Schmach von Akkon. Derselbe litt auf feiner Heimfahrt aus Pal�stina im Adriatischen Meere Schiffbruch, wurde auf feiner Wanderung durch �sterreich von seinem Feinde, dem Herzog Leopold, ergriffen und in D�rrenstein an der Donau
1211
eingekerkert. Kaiser Heinrich lieb sich den Gefangenen ausliefern und ver-wahrte ihn auf der Burg Trifels in der Pfalz, bis das englische Volk ein ungeheures L�segeld bezahlt hatte. Heinrich starb im 32. Jahre infolge
1197 einer Erk�ltung in Messina (1197). Seine Absicht, ein erbliches und weltgebietendes Kaiserreich zu schaffen, sank mit ihm unausgef�hrt ins Grab.
2. Philipp von Schwaben und Otto IT. von Braunschweig k�mpfen um die Krone. Tie staufische Partei w�hlte Heinrichs Bruder
1198 Philipp, die welfische den Sohn Heinrichs des L�wen, Otto IV. (1198). Der Papst erkl�rte sich f�r Otto. Das Schwert mu�te nun entscheiden. Lange schwankte das Waffengl�ck hin und her, bis es sich endlich auf die Seite des Staufers neigte. Da wurde Philipp aus Rache von dem wilden Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach auf der Altenbnrg bei Bamberg
1208 ermordet (1208). Des Kaisers zarte Gattin Irene, eine griechische Kaisers-tochter, starb bald darauf aus Gram. Der M�rder wurde in die Acht getan und bei Regensburg erschlagen. Otto IV., ein trotziger und schroffer Mann, ward nun allgemein anerkannt. Da er aber dem Papste Inno-cenz III. gegen�ber selbst�ndig auftrat, tat ihn dieser in den Bann und stellte seinen M�ndel und Lehensvasallen Friedrich II., Heinrichs VI. Sohn, als Gegenkaiser auf (1211). Mit Jubel wurde Friedrich in
1215 Deutschland empfangen und in Aachen gekr�nt (1215). Unterdessen war Otto von dem K�nige Philipp August von Frankreich, gegen den er sich mit England verb�ndet hatte, bei Bouvines (s�dlich von Lille) geschlagen worden (1214). Er verlor alles Ansehen und starb auf der
1218 Harzburg (1218).
3. Friedrich II. beugt sich unter den gewaltigen Papst Inno-cenz III. Unter Innozenz HI. (1198�1216) erreichte das Papsttum
den h�chsten Gipfel der Macht. Alle F�rsten Europas f�gten sich dem Willen dieses ge-waltigen Geistes und reinen Charakters. Den K�nig Johann von England zwang er durch den Bann, sein Land von ihm zu Lehen zu nehmen. Den K�nig Philipp August von Frankreich n�tigte er durch Baun und Interdikt, d. h. die Untersagung aller kirchlichen und gottesdienstlichen Hand-lungen im Lande, seine versto�ene Gemahlin wieder aufzunehmen. �berall gab sein Macht-sprach als der des obersten Richters den Aus-schlag. Er machte die Jnqnisiton, ein geistliches Gericht, das die Ketzer aufsp�rte, durch Folterqualen zum Gest�ndnis brachte und durch Feuer und Schwert vertilgte, zur bleibenden Einrichtung. Durch die Ermor-dnng des Ketzermeisters Konrad von Mar-b�rg wurde wenigstens Deutschland f�r die Folgezeit von diesem Schreckens-gericht befreit. Gegen die ketzerischen Sekten der Waldenser und Albigenser im s�dlichen Frankreich lie� er nach mi�gl�ckten Bekehruugs-
\02. Heinrich VI. Miniaturgem�lde in dem Manesseschen Codex der Minnes�nger. W.
173 �
versuchen einen Kreuzzug predigen. � Bei Jnnocenz' Lebzeiten wagte der jugendliche Kaiser Friedrich keinen Widerspruch gegen die p�pstliche Allgewalt. Auch uuter dem folgenden milden Papste Honorins IIL blieb das Verh�ltnis ein sehr freundliches.
4. Friedrich bek�mpft den Papst, gewinnt Jerusalem und be-ruhigt Deutschland. Unter dein leidenschaftlichen Greise Gregor IX. entbrannten die K�mpfe zwischen Kaiser und Papsttum heftiger als je. Er tat den Kaiser wegen der Aufschiebung eines Krenzznges in den Bann. Friedrich unternahm ihn 1228, gewann von dem hochgebildeten Sultan Kamel ohne Schwertstreich die heiligen' �rter Jerusalem, Bethlehem und Nazareth und setzte sich als K�nig von Jerusalem die Kroue auf (1229). 1229 Nach seiner Heimkehr vertrieb er mit leichter M�he die �p�pstlichen Schl�sselsoldaten" aus seinem normannischen Erbreiche und schlo� mit dem Papste Frieden. Darauf zog er nach Deutschland, wo sein junger Sohn Heinrich regierte, und schlug einen Aufstandsversuch desselben nieder,
hielt einen gl�nzenden Reichstag in Mainz und erlie� ein Gesetz �ber den Landfrieden. Sein Sohn Konrad wurde deutscher K�nig. Er selbst ging kurz da-rauf (1137) nach Italien zur�ck und kam nie wieder nach Deutschland.
5. Er trotzt dem Bannfluche. Die lombardischen St�dte hatten inzwischen nach voller Unabh�ngigkeit gestrebt, aber bei Kortennova (1237) brachte ihnen der Kaiser eine vollst�ndige Niederlage bei. Als er seinem sch�nen Sohne Enzi o das K�nig-reich Sardinien verlieh, da stellte sich der Papst auf die Seite der St�dter und ver-fluchte Friedrich als einen zweiten Herodes,
heimlichen Mohammedaner und Erzketzer und gab ihm die scheu�lichsten Verbrechen schuld. Ganz Italien hallte nun wieder vom Kampfget�mmel der Parteien. In Nord-italien w�tete der schlaue und grausame Markgraf Ezzelino gegen die St�dter. Gre-gor IX. berief eine gro�e Kirchenverfamm-lnng gegen den Kaiser nach Rom, aber der wachsame Enzio nahm an hundert der heran-segelnden Bisch�fe gefangen. Das gab dem fast hundertj�hrigen Papste den Todessto�. Sein Nachfolger I n n o e e n z IV. war ein noch heftigerer Gegner des Kaisers. Bei seiner Wahl soll Friedrich schmerzlich ausgerufen haben: �Ich habe einen Freund unter den Kardin�len verloren und finde ihn als Feind auf dem Stuhle Petri wieder; denn kein Papst kann ein Ghibelline sein!"
Von Lyon aus erneuerte der Papst die Anschuldigungen und den Bannfluch gegen Friedrich und erkl�rte ihn seiner W�rden verlustig (1245). 1245 Nach der Verk�ndigung des Spruches warfen die Bisch�fe die brennenden
1237
\03. Friedrich II.
Marmorbild in Capua, W.
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Kerzen, die sie w�hrend der Verk�ndigung des Bannes in den H�nden gehalten hatten, zur Erde, da� sie erloschen. Der kaiserliche Gesandte aber schlug an seine Brust und rief: �Das ist der Tag des Unheils, des Zornes und des Verderbens!" Als er seinem Herrn Kunde davon gab, da er-grimmte Friedrich heftig, lie� seine sieben Kronen bringen und rief: �Noch sind sie mein, und ohne blutigen Kampf soll sie mir kein Papst und kein Konzil entrei�en!"
6. Er k�mpft tapfer, stirbt pl�tzlich und l��t Deutschland in der traurigsten Verwirrung. Furchtbar tobte nun der Kampf der Welfen und Ghibellinen in Italien und Deutschland, wo zuerst der �Pfaffenk�nig" Heinrich Raspe von Th�ringen und dann der Graf Wilhelm von Holland von den P�pstlichen als Gegenk�nig gegen Konrad aufgestellt wurde. Tief schmerzte den Kaiser das Ungl�ck seines Lieblings Enzio.
1249 Dieser wurde au der Fo ssalta geschlagen (1249) und von den Bolognesen in lebensl�ngliche Haft genommen. Beinahe w�re er einmal in einem gro�en Weinfasfe aus der Gefangenschaft befreit worden, aber eine Locke feines sch�nen Haares hing aus dem Spundloche und verriet ihn. Seine Haft wurde nach diesem Fluchtversuche noch mehr versch�rft. Noch ein anderer Schlag traf den Kaisern Sein Freund, der kluge und gewandte Kanzler Peter von Vinea, wurde wegen einer Verschw�rung gegen den Kaiser angeklagt und verurteilt. Der ungl�ckliche Mann zerstie� sich im Gef�ngnis das Haupt.
In Schlesien fielen die Mongolen unter Batu Chan ein, nachdem sie unter dessen Gro�vater Dschingis Chan ganz Vorderasien und Ru�land erobert hatten. Sie verbreiteten �berall Verderben und Entsetzen. Bei Liegnitz auf der Walstatt opferte sich Herzog Heinrich der Fromme 1241 mit seinem Heere (1241).. Obwohl.er dem sechsmal st�rkeren Feinde erlag, so wagten die asiatischen Horden doch nicht weiter vorzudringen, sondern gingen nach Asien zur�ck.
Gebeugt, aber ungebrochen trotzte Friedrich allen seinen Feinden. Wohl h�tte er noch eine g�nstige Wendung des Kampfes erzwungen, h�tte 1150 ihn nicht der Tod hinweggerafft. Er starb 1250 an einer ruhrartigen Krankheit in den Armen seines Sohnes Manfred. Die Kyffh�nfer-Sagen kn�pfen sich haupts�chlich an seine Person.
7. Friedrichs Pers�nlichkeit; sein Nachfolger. Friedrich war bis in sein erstes Mannesalter eine Erscheinung von sch�nem Ebenma� der Glieder; in sp�teren Jahren neigte er zu gro�er k�rperlicher F�lle. Seine reiche Begabung erleichterte ihm die Aneignung einer umfassenden Bildung. Er beherrschte mehrere Sprachen und trieb mit Vorliebe philosophische und naturwissenschaftliche Studien. K�hl �berlegender Verstand paarte sich bei ihm mit kr�ftigem Willen. Von Geburt und Erziehung Italiener, hatte er auch nur f�r fein Stammland Unteritalien wirkliches Interesse. Nach dem fernen Deutschland trieb ihn nur die politische Notwendigkeit, nicht die Stimme des Herzens. Er soll die deutsche Sprache gar nicht haben sprechen k�nnen. Sein italienisches Reich brachte er zu hoher Bl�te. Ihm hat er verm�ge seines staatsm�nnifchen Geschickes, seiner Zeit weit vorausgeeilt, ein s�st modernes Gepr�ge gegeben; denn er setzte besoldete
Verwaltungsbeamte ein, errichtete eine stehende Truppe, regelte das Steuer-Wesen, die Gesetzgebung und f�hrte die Polizei ein. In Palermo hielt er Hof und umgab sich hier mit einem m�rchenhaften Glanz. Zeitgenossen berichten von der eigenartigen, fast an Zauberei streifenden Pracht seiner Pal�ste und G�rten mit ihren Springbrunnen, seltsamem Bauwerk und fremdem Getier. Seine Lebensweise und seine Hofeinrichtung waren morgenl�ndischer Sitte angepa�t; aus Sarazenen bestand seine Leibwache. Geistigen und sinnlichen Lebensfreuden war er sehr hold. Selbst ein Dichter, liebte und pflegte er die italienische Dichtkunst. Bei den Gl�ubigen und den Anh�ngern der p�pstlichen Partei stand er in dem Rufe eines Freigeistes und Antichristen (Widerchristen).
Sein Sohn Konrad IV., der in Deutschland tapfer gegen seine und seines Vaters Widersacher gek�mpft hatte, folgte ihm auf dem Throne. Er gab Deutschland auf und kehrte in das von seinem Halbbruder Manfred gegen den Papst behauptete normannische Erbreich zur�ck, starb aber schon 1254. Sein Gegenk�nig Wilhelm von Holland wurde nach zwei 1254 Jahren von den Friesen erschlagen (1256). Hierauf begann das sogenannte 1256 Interregnum oder Zwischenreich.
Fragen: Begleichung Friedrichs I. und II.! � Welche Umst�nde brachten unter Jnnoeenz III. das Papsttum zur h�chsten Machtentfaltung? � Was machte den Kampf der Welsen und Ghibellinen so heftig unter Friedrich IL? � Die Sage von Richard L�wenherz und dem S�nger Blondel! � �Blondels Lied" von Seidl. �Der Waise" von Walther v. d. Vogelweide, �K�nig Enzios Tod"
von W. Zimmermann, �Nomadenzug" vonLingg �ElisabethsRosen" v Bech stein.
45. Ronrudin, der letzte Stausee.
1. Die traurigen Zust�nde in Deutschland und Italien. Das
Interregnum oder Zwischenreich (1256�1273) ist die kaiserlose, die 1256 schreckliche Zeit, in der kein Richter in deutschen Landen war und Ge-Walt �berall vor Recht ging. Einige Wahlf�rsten hatten nach dem Tode Wilhelms gegen �Entsch�digungen" die Krone an Richard von Corn-Wallis, die andern an Alphons von Kastilien �bertragen. Beide bek�mmerten sich ebensowenig um Deutschland wie die deutschen F�rsten um diese Namenkaiser. Die deutschen F�rsten hatten unter den letzten Staufern die Reichsrechte an sich gerissen und waren v�llig selbst�ndig geworden. Handel, Gewerbe und Ackerbau lagen g�nzlich darnieder. Niemand war seines Lebens und Gutes sicher. Die F�rsten und Herren rauften miteinander in endlosen Fehden, und nur der St�rkste hatte Recht (Faustrecht). Von ihren sicheren Burgen aus, die an den Landstra�en auf gesch�tzten Orten sich zahlreich erhoben, raubten die Ritter, was zu rauben war. Sie schwangen sich in den Steigb�gel, sobald der' Knecht auf dem Wartturm das Zeichen gab, da� Reisende oder Warenz�ge nahten, um die Schwachen zu vergewaltigen, die reichen Warenz�ge der Kaufleute zu pl�ndern und von den Gefangenen oft ein sehr hohes L�se-geld zu erpressen. Reiche Kl�ster auspl�ndern, die Bauern der D�rfer �auspochen" und die Kaufleute auf der Landstra�e berauben, galt nicht mehr als S�nde und Schande, sondern als ritterlich Tun. Diesem Treiben
der Raubritter oder �Ritter vom Stegreif" zu steuern, war der Kaiser zu schwach. Da schl�ssen die St�dte, welche unter diesem Unwesen am meisten litten, B�ndnisse zu Schutz und Trutz.
In Unteritalien folgte auf Konrad IV. sein edler, hochgebildeter Bruder Manfred. Der Papst Urban IV. aber gab dessen Land als p�pstliches Lehm dem finswn Karl von Anjon, einem Bruder Lud-wigs des Heiligen von Frankreich. Manfred wurde bei Benevent im Heldenkampfe get�tet und als �staufische Ketzerleiche" am Flu�ufer
1266 eingescharrt (1266). Karl unterdr�ckte nun mit grausamer H�rte Adel, B�rger und Geistlichkeit, und das ganze Land seufzte unter den H�nden dieses Henkers.
2. Der ungl�ckliche Zug Konradins nach Italien. In Bayern am Hofe seines Oheims wuchs der letzte Spro� der Staufer, Konrads Sohn Konradin, auf. Der Ruf der Italiener, das Dr�ngen seiner Freunde und der Zug seines eigenen Herzens veranla�ten ihn zu einem Heerzuge nach Italien, um sein v�terliches Erbe von den Franzosen zur�ckzufordern. �berall wurde der herrliche J�ngling mit Jubel auf-
1268 genommen. Bei Tagliakozzo (1268) siegte er anf�nglich �ber Karl von Anjon. Als aber seine Soldaten sich zu fr�h zerstreuten und zu pl�ndern anfingen, fiel ein Hinterhalt �ber sie her und brachte ihnen eine g�nzliche Niederlage bei. Konradin wurde aus der Flucht mit seinem Freunde Friedrich von Baden gefangen und an Karl von Anjon ausgeliefert. Dieser stellte ihn als einen R�uber und Emp�rer vor ein Gericht, das ihn aber freisprach. Nur der knechtisch gesinnte Robert von Bari erkl�rte ihn des Todes schuldig. Daraufhin befahl Karl feine und seiner Begleiter Hinrichtung.
3. Sein r�hrendes Ende. Das Todesurteil wurde Konradin vorgelesen, als er mit seinem Freunde Friedrich beim Schachspiel sa�. Gefa�t bereitete er sich zum Tode vor. Am 29. Oktober 1268 bestieg er mit seinem Freunde das Blutger�st. Robert von Bari verlas das Todesurteil und zerbrach den wei�en Stab. Da sprang, so wird erz�hlt, Graf Robert von Flandern auf und rief ihm mit drohend geschwungenem Schwerte zu: �Wie kannst du, feiger Schurke, einen so herrlichen Ritter zum Tode verurteilen!" Und das geschwungene Schwert traf den b�sen Mann. Konradin aber umarmte seinen Freund, befahl seine Seele Gott und legte geduldig sein Haupt auf den Block mit den Worten: �O, Mutter, welchen Schmerz bereite ich dir!" Dann empfing er den Todesstreich. Friedrich schrie auf in namenlosem Schmerze, und das Volk zerflo� in Tr�nen. Nur der herzlose Anjon, der am Fenster einer nahen Burg stand, blieb unger�hrt und sah mit teuflischer Befriedigung das Ende des letzten Staufers; dann fielen die H�upter Friedrichs und der anderen Freunde Konradins.
4. Die gerechte Strafe des M�rders. Karls Reich hatte keinen Bestand. Sein unbarmherziger Druck lastete besonders schwer aus Sizilien. So mu�ten z. B. die Bauern die vielen k�niglichen G�ter unentgeltlich bebauen, das Vieh ern�hren und j�hrlich einen bestimmten Ertrag nachweisen. Dazu kam die Willk�r seiner franz�sischen Soldaten, die alle
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Gewalt in den H�nden hatten. Dies alles veranla�te einen pl�tzlichen Aufstand, die Sizilianische Vesper, welche am Ostermontag (1282) zur Vesperzeit begann. Alle Franzosen auf Sizilien wurden ermordet und die Bewohuer von dem Joche der Fremdlinge befreit. Die Insel kam dann an Manfreds Schwiegersohn Peter von Aragonien, der gegen Karl herbeigerufen worden war und dessen Sohn besiegt und ge-fangen genommen hatte. In seiner Wut soll Karl den goldenen Knopf von seinem Stocke gebissen haben.
Fragen: Woran ging das Geschlecht der Stanfer zugrunde? � Wodurch ward das Interregnum eine schreckliche Zeit? � �Konradin" von Schwab.
46. Die Kultur des Mittelalters.
1. Das deutsche K�nigtum und das F�rstentum. Der Reichs-tag und der Landtag. Das Lehnsweseu. Die Macht des deutschen K�nigtums bestand vornehmlich in der Oberhoheit �ber die Reichsgro�en, die Herz�ge, Markgrafen, Grafen und geistlichen Machthaber, und in der obersten Gerichtsbarkeit und Heerf�hrung. Sie hatte seit den letzten fr�nkischen K�nigen und noch mehr unter den Staufern starke Einbu�e erlitten. Die K�mpfe der deutschen K�nige mit den P�psten, in denen diese ob-siegten, und die stete Gegnerschaft der unbotm��igen Herz�ge, die nach Selbst�ndigkeit und nnbe-schr�nkter Gewalt strebten, be-wirkte - diesen Niedergang. Die K�nige versuchten, diese Uber-macht durch Zersplitterung der Herzogt�mer und Beg�nstigung der geistlichen F�rsten zu sch m�chen,
aber sie vermehrten dadurch nur (Ein Knappe, die Landesherrschaften, ohne der K�nigsmacht zu n�tzen. Der nn-zuverl�ssigen Lehnstr�ger wurden nur immer mehr. Um f�r seine K�mpfe getreue Helfer zu gewinnen, stattete der K�nig die zuverl�ssigen Lehus-tr�ger mit Reichsg�tern und Kronrechten (Regalien) auf Kosten des K�nigtums aus. Die Reichsg�ter bestanden in gro�em Grundbesitz, H�fen, D�rfern, Forsten. Die wichtigsten Kronrechte waren das Jagd-, M�nz- und Zollrecht. Durch allzu reichliche Vergabung der G�ter und Rechte wurden die �u�eren Machtmittel des K�nigtums, vornehmlich unter den Staufern, au�erordentlich geschw�cht, w�hrend die Landesherren immer m�chtiger und unabh�ngiger wurden. Zuletzt bildete Deutschland nur einen lockern Bund gro�er und kleiner Staaten. Noch tiefer sank
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. StuSg. A. 12
ff/linn i)i
\05. Ritter in R�stung.
(Hirt.)
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das k�nigliche Ansehen, als sp�ter die deutschen K�nige, namentlich die Wahlk�nige nach dem Zwischenreich, nur darnach strebten, ihre Hausmacht zu vergr��ern.
Die K�nigswahl geschah durch die weltlichen und geistlichen Reichsgro�en in Aachen, sp�ter in Frankfurt am Main. In Aachen kr�nte und salbte der Erzbischos von K�ln, in Frankfurt der Erzbischos von Mainz. Einige K�nige, wie Otto II. und Otto III., sind ohne eine solche Wahl von ihrem Vorg�ngern einfach als Nachfolger bezeichnet worden. Seit 1356 (durch die goldue Bulle) lag das Wahlrecht nur bei den sieben Kurf�rsten.
Der Reichstag wurde vom K�nige nach einem von ihm bestimmten Orte berufen. Auf ihm erschienen die Reichsgro�en und berieten �ber
J06. Schmertleite. Der F�rst g�rtet dem J�ngling das Schwert um; Edelknaben legen ihm Sporen an; Schild und Spe^r werden bereit gehalten.
(Nach Henne am Rhyn, Kulturgesch. I, S. 234.)
wichtige gemeinsame Reichsangelegenheiten, als: Krieg, Landfrieden, Streit-fachen der F�rsten n. ct.; auch die Belehnung der Gro�en erfolgte hier in der Regel. Die Herz�ge, Markgrafen und Grafen bildeten die weltlichen, die Erzbisch�se, Bisch�fe und �bte die geistlichen Reichsst�nde; sp�ter kamen noch die Reichsst�dte hinzu. Mit dem Auftreten der Kurf�rsten nahmen diese auf den Reichstagen den Vorrang ein. � Wie im Reiche die Reichsst�ude, so schl�ssen sich in den Einzelstaaten die wichtigsten K�rper-schasteu als Land st�nde zusammen. Es waren dies die Ritterschaft (der Adel), die Geistlichkeit und die St�dte. Zu einem Landtage berufen, berieten sie haupts�chlich �ber die Bewilligung der Landsteuer, die die Landesherren �erbeten" hatten. F�r die Gew�hrung wirkten sie sich mancherlei Rechte und Zugest�ndnisse aus. Die Rechte der Land-st�nde versuchten in sp�terer Zeit (siehe den Gro�en Kurf�rsten) die Landes-Herren zu beseitigen.
Das Lehus- oder Feudalwesen (siehe � 32, 5) hatte sich seit der Herrschaft der Karolinger auch in Deutschland immer mehr ausgebreitet
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und beherrschte im 12. Jahrhundert das ganze Staatswesen. Herz�ge, Grafen und auch Bisch�fe waren einerseits Lehnsvasallen des K�nigs, anderseits aber auch Lehnsherren kleinerer Lehnstr�ger aus dem niederen Adel, belehnter Dienstmannen und Freien. Gegenstand der Belehnung war meist ein Grundbesitz; aber auch ein Amt oder bestimmte Rechte, wie Z�lle, konnten als Lehen vergabt werden. Die �bernahme des Lehns geschah durch einen feierlichen Huldigungsakt, mit �berreichung einer Fahne an F�rsten, eines Ringes oder Stabes an Geistliche, eines Hutes oder Handschuhes an Adelige und eines Zweiges oder auch eines Tors-st�ckes an Bauern. Die Lehnsm�nner gelobten durch Eidschwur und Handschlag, ihren Lehnsherren �treu, hold und gew�rtig" zu sein. Die Reichsvasallen hatten die Pflicht, dem K�nige Heerdienst f�r das Reich zu leisten. Kriegshilfe in besonderen Angelegenheiten des Lehnsherrn hatte der Lehnsmann nur zu gew�hren, wenn dies ausdr�cklich bestimmt worden war. Im �brigen mu�te er auf Wunsch der Lehnsherren bei Hofe und zu Gerichtssitzungen erscheinen. Das Lehen durfte niemals willk�rlich entzogen werden. Das kulturgeschichtliche Bild von Leh-mann Nr. 24 �Belehnung" veranschaulicht den feierlichen Akt der Belehnung eines Reichsf�rsten durch den Kaiser. Der Reichsf�rst ist Friedrich VI. von Hohenzollern, der Kaiser Sigismund (f. � 59, 3). Es ist der Vormittag des 18. April im Jahre 1417. Auf dem oberen Markte zu Konstanz sehen wir Friedrich VI. mit seinen Bannertr�gern auf einer Trib�ne knieend vor Sigismund, der auf einem erh�hten Sitze Platz genommen hat. Hinter dem Kaiser steht der Kurf�rst von Sachsen, der des Reiches Schwert �ber des Kaisers Krone h�lt. Neben ihm steht der Kurf�rst von der Pfalz mit Reichsapfel und Zepter in der Hand und der Kanzler mit einer Urkunde. Links und rechts von ihnen sitzen hohe Geistliche im Ornat. Schaulustige, von denen Stra�en und Fenster dicht besetzt sind, dr�ngen sich bis auf die Stufen der Trib�ne. Der Kanzler hat soeben den 1415 geschlossenenen Lehnsvertrag zwischen Sigismund und Friedrich verlesen, und nun gelobt der Kurf�rst knieend seinem Landes-Herrn die Treue. Darnach erh�lt er mit �berreichung der Fahne Branden-b�rg als Lehen.
2. Das Rittertum, a) Entstehung. Die Ritterschaft entstand aus den Freigeborenen, welche den Kriegsdienst zu Ro� leisteten. Unter Heinrich I. wurde der Kriegsdienst haupts�chlich von berittenen Dienst-lenten ausge�bt. Der alte Heerbann, der zu Fu�e k�mpfte, wurde von Otto I. f�r seine Z�ge nach Italien nicht mehr aufgeboten. Meistens waren die Ritter Dienstmannen gr��erer Lehnsherren, die sich aus der H�rigkeit durch ihre Kriegsdienste zu einer angesehenen Stellung am Hofe emporgeschwungen hatten; aber auch die adeligen Lehnsmannen der Herz�ge und Grafen und die freien Grundbesitzer, die den Ro�dienst �ben konnten, geh�rten dem Ritterstande an. Allm�hlich bildete sich das Rittertum als ein abgeschlossener Stand heraus, und durch die Ritter-w�rde wurden F�rsten wie einfache Dienstmannen Genossen einer Adels-gemeinde. Im Mittelalter waren die Ritter der Kern der Heere.
b) R�stung. Ritter und Ro� geh�rten zusammen. Des Ritters
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Brust, R�cken und Leib sch�tzte der Panzer, das Haupt ein Helm, das Gesicht ein Visier; Beine und Arme hatten Schienen. An der Seite hing das Schwert; die Haud schwang die Lanze; ein dreieckiger Schild war die Schutzwaffe. �ber dem Panzer lag der Waffenrock; an die F��e wurden Sporen geschnallt. Der Schild hatte irgendein Tierbild als �Wappen", der Helm einen Helmschmuck.
c) Erziehung. Die Ritter mu�ten eine lange Schule durchlaufen. Vom 7. Jahre ab dienten die Edelknaben bei einem Ritter als Pagen. Im 14. Jahre wurden sie durch Umg�rtung eines Wehrgehenks vor dem
\07. Kulturgeschichtliches Bild von Lehmann 21 r. 2<\ �Belehnung".
Altar wehrhaft gemacht und begleiteten nun ihre Herren als Knappen auf allen Fahrten zu Lust und Leide. Hatte sich der Knappe bew�hrt, so erfolgte meist im 21. Jahre mit gro�er Feierlichkeit der Ritterschlag, die sogenannte Schwertleite. Feierlich mu�te der w�rdig Befundene ge-loben, die Kirche zu ehren, die Wahrheit zu reden, das Recht zu verteidigen, im Dienste der Frauen treu und gew�rtig zu fein, Wehrlose, Witwen und Waisen zu beschirmen. Hierauf erhielt er von einem F�rsten oder bew�hrten Ritter drei Schl�ge mit dem flachen Schwerte auf den Nacken, und dann wurden ihm au�er dem Schwerte die �brigen Waffen-st�cke eines Ritters �berreicht. Von nun au geh�rte er dem Ritterstande an.
d) Rechte. Keinem Ritter dursten Ro� und Waffen wegen Schulden genommen werden. Einem gefangenen Ritter wurden keine Fesseln an-gelegt. Sein Ritterwort gen�gte, nm ihn gegen ein versprochenes L�segeld frei zu lassen. Meistens besa�en die Ritter ein festes Besitztum, wenn sie nicht an den H�fen gr��erer Lehnsherren bedienstet waren. Auch diese hatten in der Regel ein �Ritterlehen". Auf feinem Eigentum war
der Ritter frei von Z�llen und Steuern, erhob aber von den Insassen seines Besitzes eine Rittersteuer. Es gab aber auch viele unbeg�terte Ritter, die darum von Land zu Land zogen und als G�ste bei reicheren Standesgenossen einkehrten oder auf Abenteuer oder Kriegsdienst auszogen. Man nannte sie �fahrende Ritter".
e) Burgen. Die ersten Ritterburgen sind wahrscheinlich erst im 10. Jahrhundert entstanden. Sie kr�nten meist vorspringende Felsh�hen oder lagen als Wasserburgen auf Jufelchen zwischen Fl�ssen und Wasser-graben. Der Zugangsweg war gewnnden und schmal. Ein tiefer Graben umgab die Burg. Dahinter erhob sich auf Felsengrunde eine dicke, hohe Ringmauer mit
Zinnen,Schie�schar- J&JXXXXXXXXXXXIQ ten und T�rmen. TTj
Uber den Burg- M / \ M
graben f�hrte eine iMll./-\_P Lrv! ^ Ml
Zugbr�cke aus Eichenbohlen, die an Ketten in die H�he gewunden wurde und dann wie eine T�r den Eingang verschlo�. Zwei T�r-me, die ein Gang verband, sowie ein eisernesFallgitter sch�tzten au�erdem das Tor. Zwischen der Ringmauer und den Burggeb�uden lag der Zwinger,
auf dem sich die Reiter mit ihren Rossen tummelten und in den Waffen �bten.
Auch derBurggar-
ten war hier. Die_______
eigentliche Bnrg um- " (08. Konrabin auf b� tfalfmjagb.
schlo� eine innere (R> Knacksu�, Kunstgesch., Abb. 271.)
Ringmauer.
Durch einen Torturm f�hrte eine gewundene Torhalle auf den in-neren Burghof. Au�er den Torfl�geln sch�tzte ein Fallgitter auch dieses Tor. Durch eine steinerne Rinne oder Pechnase dar�ber lie� man bei St�rmen siedendes Pech auf die Angreifer herabflie�en.
Der st�rkste und wichtigste Bau war der Bergfried, der letzte Bergeort der Burgbewohner. Er war ein fester, hoher, meist runder Turm, auf dem der W�chter Umschau hielt und mit Gesang den Morgen, mit Hornst��en die Ann�herung von G�sten oder Feinden verk�ndete.
In ihn fl�chteten bte Burgleute, wenn der Feind die �brige Burg eingenommen hatte. Er war mit allerlei Vorr�ten wohlversorgt. Seine 4�5 Stockwerke dienten den verschiedenen Zwecken des Hanshaltes, Der
4-
J09- Ritterburg. (XIII. Jahrhundert.)
Verkleinerung des Bildes von H. Heubner in Lehmanns kulturgeschichtlichen Bildern (Leipziger Scbulbilderverlag),
a) Bergfried, b) Schnitzhaus, c) Kemenate, d) Gesindehaus, e) R�sthaus mit Stallungen, f) Zwinger, g) K�che, h) Palas mit der Kapelle,
Zugang lag etwa 10 Meter �ber der Erde und wurde durch Leitern er-reicht. Oft monatelang widerstand der Bergfried den Feinden, bis Hilfe nahte oder Hunger und Durst zur �bergabe n�tigten.
Den inneren Burghof umgaben die Wohngeb�ude. Das statt-lichste war der steinerne Palas oder das Herrenhaus (links vom Berg-
frieb) mit ber Burgkapelle, in ber bie Bewohner t�glich bie Messe h�rten, nachbem sie ein Bab genommen unb bie Morgensuppe verzehrt hatten. Zum Rittersaale im oberen Stock f�hrte von au�en eine Frei-treppe. Gegen�ber (rechts vom Bergsrieb) lag bie Kemenate (von Kamin) ober bas Frauenhaus mit seinen verschobenen Abteilungen. Hier w�rbe unter ber Aufsicht ber Herrin von ben M�gben Wolle unb Flachs gesponnen, gewebt, gen�ht unb kostbare Gew�uber mit Golb unb Seide gestickt. Der freie Erker gestattete einen Auslug ins weite Lanb. Im Schnitzhanse arbeiteten Knechte unb Knappen an ben Jagd- und Kriegs-ger�ten. In ber R�stkammer hingen allerlei Schutz- uab Trutzwaffen unb lagen mancherlei Sch�tze in Truhen aufgespeichert. Die meisten R�ume w�rben bnrch offene Kamine geheizt unb schickten ben Rauch burch Schlote zum Dache hinaus. Auf bem Burghofe ober im Bergfried war ber tiefe Burgbrunnen, ber bis Zur Talsohle reichte. Aus ihm w�rbe bas Wasser m�hsam in Eimern an Seilen ober Ketten empor-gewuuben.
f) Burgleben. In ben Ritterburgen w�rben nach bestimmten Regeln �h�fische Sitte" uub ber Minnesang, eine eigent�mliche Art Ritterpoesie, gepflegt. Das Leben auf ber Burg war einf�rmig unb w�rbe nur burch bie Besuche von Genossen, Pilgern unb sahrenben S�ngern ober burch Turniere, Jagben ober Fehben unterbrochen. Ein Kaplan ober Burgpfaffe war meist ber Berater unb Gesch�ftsf�hrer ber Familie. Die meisten Ritter konnten nicht lesen und schreiben. Durch bie Fehbesucht Uub bas Faustrecht entartete bas Rittertum unb sank zum Raubrittertum herab. Das Schie�pulver machte bem Rittertum ein Enbe.
Das Bilb �im Rittersaale" gew�hrt uns einen Einblick in das Innere des Palas, unb zwar in den Rittersaal einer gr��eren Burg aus bem 13. Jahrhunbert. Es ist ein festlicher Tag. ben uns ber Maler vor Augen f�hrt. Doch von bem Prunk ber sp�teren Herren- und F�rstenschl�sser ist noch nichts zu finden. Einfach verputzt und wei� get�ncht sind die W�nde; am Kamin, in dem m�chtige Buchenkloben brennen, um das k�hle Gemach zu erw�rmen, tritt sogar das rohe Mauerwerk hervor. Der ein-zige Farbenschmuck der Wand ist das Wappen des Hausherrn (Schild, Helm und Helmzier) mit seinem Wahlspruch �im strit mit kraft". Daneben h�ngen R�stung, Helm und Schild eines im Kreuzzuge besiegten Sarazenen mit Halbmond, Pferdeschweif und einem Palmenzweige aus dem Heiligen Lande. Ein weiterer Schmuck, der behaglich anmutet, sind die bortenbesetzten ,,Umbehenge" an W�nden und Fenstern. Schwere Vor-h�nge verh�llen die T�r zur Kapelle, aber ein Kreuz oben an der Wand verr�t die Bestimmung des dahinter liegenden Gemachs. Auf dem Vor-sprnnge �ber dem Kamin h�ngen an eiserner Stange T�cher zum Trock-nen. Der Fu�boden ist gedielt und teils mit Teppichen, teils mit Stroh-matten belegt. In reichen Burgen besteht er aus buntfarbigen Tonfliesen mit Rankenwerk und Tierfiguren oder gar ans Marmor, in armen nur aus Estrich oder Ziegelwerk. Die Decke ist aus Balken mit Bretterver-schalung gezimmert. An ihr h�ngt ein eiserner Kronleuchter mit Wachs-lichtem. Wahrscheinlich ist er das Werk eines kunstfertigen Schmiedes aus
HO. 3m Rittersaale
�erklemerung des Bildes von Schmidt in Lehmanns kulturgeschichtlichen Bildern (Leipziger Schulbilderverlag).
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Hauses mit einem jungen Rttter statt. Der Vater desselben hat vorher bei bem Hausherrn um bie Braut geworben unb mit ihm Mitgift wie Wiberlage (Leistung bes Br�utigams an bie Braut, z. B. bas Leibgebinge) verabrebet. Das Festmahl ist beenbet. Von ben Tischen r�umt bie Schaffnerin wertvolles Tafelger�t ab nnb reicht es bem K�mmerer zur Aufbewahrung in einem Wanbschranke neben bem Fenster, Die Tische sind mit Decken umh�ngt, unb vor ihnen stehen kastenartige B�nke mit Lehnen, die mit Federkissen und Decken belegt sind. Zur Nachkost bietet ein Ritterknabe Obst in einem Korbe an. Vor dem Kamin sitzt aus dem Pracht-stuhl der Hausherr im laugen Hausrock mit einer Kappe auf dem Haupte und dem Schwerte im Arm. Neben ihm steht im Schmuck einer Haube bie Hausfrau. An sie schmiegt sich bas junge T�chterchen. Auf bem Fenstertritte liegt ein gro�er Knabe, ber von einem Helbenbuche aufblickt. Alle lauschen gespannt bem Siebe, bas ein S�nger unter Harfenbegleitung vortr�gt. Links sitzt ein alter Ritter mit bem Burgkaplan beim Schachspiel. Rechts im Vordergrunde lehnt sich ein junger Ritter, vielleicht ber Br�utigam, an ben Tisch unb blickt nach bem Ebelfr�ulein im Hintergrund. In ber Fensternische schmiegen sich zwei junge M�bchen aneinander unb schauen neugierig nach einem Gauklerknaben, ber mit einem �ffchen auf dem Arme um eine Gabe bettelt.
M�nner wie Frauen tragen weit herabh�ngenbe Festgew�nder mit mantelartigen �berw�rfen: die Frauen enganschlie�ende, aber unten sich erweiternde R�cke mit �rmeln oder Schleppen, dar�ber �rmellose �bergew�nber unb M�ntel, bie M�nner �ber enganliegenbert Beinkleibern lange, faltenreiche R�cke unb gef�tterte M�ntel. Die Stoffe sinb kostbare Seide? Tuche unb Pelzwerk, die Farben bunt und bisweilen sehr grell. Die m�nnliche Jugend schm�ckt sich gleich der weiblichen mit Ringen, Armb�ndern, G�rteln und Halsketten. Das Ebelfr�ulein tr�gt an einer Schnur sogar einen Hanbspiegel. Das Haar wallt lang herab unb wirb meist mit Stirnreifen geziert.
Das Tischgeschirr besteht aus zinnernen Sch�sseln nnb Tellern � kostbares Silbergeschirr benutzt nur der reiche Hausherr �, aus Salz-s�fferu, einigen Messern, die von Hand zu Hand gehen, L�ffeln, Wein-kannen unb Trinkgef��en verschiebener Gestalt. Gern speist man Wilb-bret unb Gefl�gel, barunter ben Pfau. Scharf gew�rzt sinb bie Speisen, unb auch w�rziger Wein ist bas Lieblingsgetr�nk ber Herren. Die liebste Unterhaltung ist bem jungen Volke ber Tanz. Der Spielmann stimmt ein Tanzlieb mit Gesang unb Saiten- ober Geigenspiel an. M�nner nnb Frauen fassen einander an und halten mit leisen Tritten einen Umgang oder bilden eine rnndw�rts sich bewegende Kette. Das lustige Springen und laute Schreien verstie� gegen die h�fische Sitte.
g) Ritterspiele. Ritterlicher Sinn und �u�ere Pracht des Rittertums entfalteten sich haupts�chlich bei den Turnieren oder Waffenspielen. Besondere Boten luden dazu ein, und mancherlei Vorbereitungen wurden daf�r getroffen. Ein weiter Platz wurde mit Saub bestreut unb von Schranken eingefa�t. Schaub�hnen mit Sitzen, Buben unb Zelte umgaben, eine gaffende Menge, Gaukler und fahrendes Volk umdr�ngten
ihn. In den Herbergen hatten sich die Ritter mit ihren Knappen und Knechten versammelt, ihre Waffen zur Pr�fung vorgezeigt und sich zu zwei gleichen Reiterhaufen unter besonderen Anf�hrern geordnet. Am Vorabend war ein Bnhnrt von den beiden Scharen gegeneinander ge-ritten worden, um die Reitk�nste zu zeigen. Am Morgen hatten die T�rmer den Tagesanbruch verk�ndigt, die Ritter eine Messe geh�rt und die Herolde zum Waffnen und zum Auszuge gerufen.
Auf der Schaub�hne oder den Gest�hlen, welche ein Zeltdach �ber-spannte, sa�en der Veranstalter des Turniers, seine Gattin und andere Frauen, alte kampfunf�hige Ritter, Knaben und Boten. Unter Trompeten-und Paukenschall zogen die Ritter heran. Zwei er�ffneten durch eine Tjost oder einen Wettkampf mit Speeren die ritterlichen Kampfspiele.
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Sie legten ihre Lanzen ein, sprengten unter Trompetengeschmetter mit verh�ngtem Z�gel aufeinander los, zielten nach den vier N�geln am Schilde des Gegners und prallten mit furchtbarer Wucht gegeneinander. Wer aus dem Sattel in den Sand flog, war besiegt. Dem ersten folgte noch manch anderes K�mpferpaar. Dann begann das eigentliche Turnier, bei dem die beiden Reiterscharen gegeneinander anrannten. Sie erhoben dabei ein Feld-geschrei; Trommeln und Trompeten ert�nten; Lanzen zersplitterten; Schilde krachten; Rosse wieherten; Gest�rzte st�hnten; Verwundete wurden hinweg-getragen; Jubel- oder Hohnrufe der Zuschauer erschollen. Zuweilen folgte dem Speerkampf noch ein Schwertkampf, bei dem die Sieger Ro� und R�stung des Gegners gewannen. Herolde �berwachten die Turnierordnung, damit alles ehrlich, d.h. nach ritterlichen Ehrbegriffen zuginge. Kampf-fcheider schlichteten den Streit und entschieden �ber Sieg und Niederlage. Dem Sieger, der am gewandtesten geritten, am kunstgerechtesten gestritten, die meisten Speere verstochen und die meisten Gegner besiegt hatte, reichte meist eine Dame den Dank oder Preis, der in einer Waffe oder einem Zierat bestand.
m� K�mpfende Ritter. (Nach Henne am Rhyn, Kunstgesch.)
h) Ritterorden. W�hrend der Kreuzz�ge entstanden geistliche Ritter-Verbindungen oder Orbcn, die eine Verschmelzung von M�nchs- und Ritterpflichten zeigten. Die Ordensglieder mu�ten au�er den M�nchs-gel�bden (Gehorsam gegen die Oberen, Ehelosigkeit und Armut)
noch die Krankenpflege und den Kampf gegen die Ungl�ubigen geloben. Die Johanniter hatten sich die Pflege kranker und hilfloser Pilger zur Pflicht gemacht. Ihr erstes Hospital hatten Kaufleute aus Italien in der N�he des Heiligen Grabes gebaut. Nach Verlust des Heiligen Landes siedelten sie nach Rhodns und sp�ter nach Malta �ber. Sie trugen schwarze M�ntel mit einem wei�en Kreuze. �
Der Templerorden wurde von neun sran-z�sischen Rittern zun�chst zum Schutze der Pilger gestiftet und hatte sein Ordenshaus auf der St�tte des Salomonischen Tempels. Die Ritter waren an ihrem wei�en Mantel mit dem roten Kreuze kenntlich. Der Orden kam zu gro�em Reichtum und gro�er Macht. Am Ende des 13. Jahrhunderts zog ein gro�er Teil des- U2. Templer in Ordens-selben nach Frankreichs Der nach seinen G�tern (��, aeW<tt�o
l�sterne Philipp der Sch�ne von Frank-reich lie� den Orden wegen angeblicher Verbrechen vom Papste aufheben, verbrannte vor Schlu� des Prozesses 54 Ritter, zuletzt (1314) den *314 Ordensmeister Jakob von Molay, und eignete sich die reichen Sch�tze des Ordens an. � Der deutsche Orden wurde bei der Belagerung von Akkon gegr�ndet (1190) und bestand nur aus Deutschen. Die Ordens- H90 tracht war der wei�e Mantel mit dem schwarzen Kreuze. Der polnische Herzog Kourad von Masovien bat den Hochmeister Hermann von Salza um Unterst�tzung gegen die heidnischen Preu�en/ Dieser schickte (1226) unter dem Landmeister Hermann Balk Ritter und Knechte, die 1226 von der Weichsel aus nach und nach ganz Preu�en eroberten und es zu einem christlichen und deutschen Lande machten. Der Hochmeister hatte (seit 1309) seinen Sitz in der pr�chtigen Marienburg an der Nogat. Mit dem Absall von der fr�heren Einfachheit und Sittenstrenge verfiel auch die Macht des Ordens, besonders nach der ungl�cklichen Schlacht von Tannenberg gegen die Polen (1410). 1410
Das deutsche B�rgertum und die Bauern, a) Entstehung der St�dte. Das deutsche B�rgertum hat sich allm�hlich seit deu s�chsischen Kaisern aus verschiedenartigen Bestandteilen zu einem beson-deren Stande entwickelt. Es gab bereits vor den s�chsischen Kaisern germanische Ansiedelungen auf den Tr�mmern der alten R�merst�dte am RHem, befestigte Bischofssitze und Pfalzen. Heinrich I. hat diese befestigten Pl�tze durch neue vermehrt, und sp�tere deutsche F�rsten folgten ihm. So entstanden bisch�fliche, k�nigliche und Landst�dte. Die Bev�lkerung setzte sich aus den Dienstlenten und Vasallen der Grundherren (entweder des K�nigs oder eines Bischofs oder eines weltlichen F�rsten), ans deren
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H�rigen, den hinzugekommenen Freien und Unfreien zusammen. Die Vornehmen unter diesen Freien trieben meist Handel und galten bald als ritterb�rtig, w�hrend die niederen Freien und H�rigen von Handwerk. Tagelohn, Ackerbau usw. lebten. Aber solche �(St�dte" boten mit ihren strohgedeckten Blockh�usern und uugepslasterten Gassen keinen anmutenden Anblick. Doch wurde es nach und nach damit besser. Fester wurden die Mauern und auch die H�user. Die Tore waren tags�ber durch spie�-bewehrte B�rger bewacht und in der Nacht geschlossen. Aber die Stra�en der alten St�dte blieben eng, winkelig, krumm und abends dunkel, die H�user regellos dicht aneinander gedr�ngt. Vorspringende Kellerh�lse, statt der Fenster oft nur Luftl�cher mit Laden, nngepslasterte, schmutzige Stra�en voll Pf�tzen, Z�une um w�ste Stellen, D�ngerhaufen vor den H�usern, Schlupfwinkel und Schleichwege zwischen den Geb�uden, Vieh in
^3. Die Marienburg.
den Stra�en, Unrathaufen �berall: das war das Bild der inneren Stadt. Infolge der gro�en Unfanberkeit verbreiteten sich Pest und andere Seuchen mit unheimlicher Schnelligkeit in den St�dten. �ffentliche Ge-b�nde: Kirchen. Rath�user und Kaufhallen wurden in den gr��eren St�dten fr�hzeitig, die Privath�user der vornehmen Geschlechter erst im 14. Jahrhundert aus Stein und in edlem Baustil aufgef�hrt. Als die Zahl der Bewohner in den engen St�dten sich mehrte, fingen die B�rger an, Stockwerke aufzusetzen und dabei das obere �ber das untere vor-springen zu lassen. Der Unterbau wurde aus Steinen, die Stockwerke in der Regel aus Fachwerk aufgesetzt. Mit zunehmendem Kunstsinne verzierte man das Holzwerk mit Schnitzereien. Im Inneren waren die H�user in Stuben und Kammern geteilt, aber alle R�ume eng, niedrig und ohne Bequemlichkeit. Schmucklose feste Tische, St�hle und Truhen f�r Kleider und Leinenzeug waren oft die einzigen M�bel. Die Fenster waren klein, die runden Scheiben in Blei gefa�t. Freitreppen f�hrten zur Haust�r. Daneben luden steinerne Sitze zur Feierabendruhe ein. Der Fu�boden
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war gegossener Estrich. B�nke an den W�nden waren mit Polsterkissen, die Fu�b�den mit Teppichen, die W�nde mit R�ckenlaken bedeckt, die Federkissen in seidene �berz�ge, die Kerzen in kostbare Leuchter gesteckt.
Eine klare Anschauung von dem Innern einer mittelalterlichen Stadt erhalten wir durch das kulturgeschichtliche Bild von Lehmann, dessen ver-kleinerte Wiedergabe S. 190 abgedruckt ist. Vor uns liegt der Markt-platz einer gr��eren Handelsstadt des 15. Jahrhunderts. Jedenfalls ist die Stadt in S�ddeutschland zu suchen; darauf weist die Umgebung: die hohen Berge und die Burg in der N�he hin. Auf den Markt m�nden einige der engen und winkeligen Gassen ein. Er ist zum gr��ten Teil ge-pflastert, wie auch die Hauptgassen, die dem Verkehr vorzugsweise dienen. Mitten auf dem Markte steht im Brunnen auf einer hohen S�ule in ritterlichem Gew�nde mit entbl��tem Schwerte der Roland, das Wahr-zeichen der st�dtischen Gerechtsamen und Freiheit. Rechts f�hrt ein Weg am Abh�nge in den tiefergelegenen, enge bebauten Stadtteil, der von einem Flu�, dessen Wasser eine M�hle treibt, durchfl�ssen wird. Vor dem Flusse tummeln sich munter im Sumpfe Schweine und G�nse.
Die H�user, teils gr��ere teils kleinere Geb�ude, dicht aneinander gebaut und mehrere Stockwerke hoch, geben dem Stra�enbilde durch ihre Erker und Ausbauten eine malerische Wirkung. Zwischen den Holz-und Fachwerkbauten auf steinernem Unterbau mit den �berh�ngen oder �bergeschossen (vgl. � 3, a), deren Besitzer meist einfache B�rger (Handwerker) sind, stehen hier und da die ganz aus Stein erbauten, festen H�user der Vornehmen (Geschlechter). Links am Markte erhebt sich das ansehnliche Rathaus in gotischem Stile. Dahinter sieht man die T�rme einer gotischen Kirche; zu dem mit B�umen bestandenen Kirchhof mitten in der Stadt, der noch als Begr�bnisplatz dient, f�hrt das Steintor hinter dem Rathause. Im Hintergr�nde ragen mehrere T�rme der Stadtmauer und eine romanische Kirche �ber die D�cher der H�user empor. Die H�user sind mit Schindeln oder gebrannten Dach-ziegeln, wenige noch mit Stroh gedeckt; manche tragen Wandschmuck (Malereien, Spr�che). Die Glasfenster sind aus kleinen Scheiben zusammengesetzt. In Buden an den H�usern, in Vorkr�men oder Lauben unter den �berh�ngen, auch an offnen Tischen am Markte bieten Handwerker und Kr�mer ihre Waren feil.
Auf dem Markte herrscht lebhaftes Treiben. Vor dem Rathause ist der aus drei hochbeladenen Wagen bestehende Wagenzug eines Kauf-Herrn unter dem Geleite gewappneter Reiter und bew�hrter Fu�s�ldner angelangt. Von geschworenen �Wygern^ werden die Kaufmannsg�ter abgeladen und von dem st�dtischen Wagemeister im Rathause gewogen; denn f�r alle Waren, die ein- und durchgef�hrt werben, m�ssen nach Gewicht und Wert Abgaben an die Stadt entrichtet werden. Besitzt die Stadt das Stapelrecht, so ist der durchziehende Kaufmann verpflichtet, seine Waren l�ngere Zeit am Orte zum Verkauf auszulegen. Der An-f�hrer der S�ldner, von Kopf bis zu F��en gewappnet, ist zum Wirts-Hause hin�bergeritten und l��t sich vom �Weinknecht" einen Becher Wein reichen. Unter dem Vordache des Wirtshauses sitzen auf einem durch dicke
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Steinplatten erh�hten Platze zechend mehrere Gesellen und bewillkommnen andere, die sich der Herberge n�hern; es sind wohl Spielleute oder fahrende Sch�ler. Am Brunnen stillt ein S�ldner seinen Durst aus einem Wasserkruge, den ihm ein M�dchen gereicht hat; daneben sitzt ein
Bettler und streckt die Hand nach einer Gabe aus. �ber den Markt schreiten M�nche, ein Pilger und zwei nach der neuesten (burguu-discheu) Mode stutzerhaft gekleidete Paare. Auff�llig ist die geteilte Kleidung der M�nner mit den Schellen und Schnabelschuhen (vgl. � 3,b) und die seltsame Kopfbedeckung der Frauen, der hohe Kegelhut mit den langen fl�gelartigen Beh�ngen.
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d) Die Bewohner. Der anf�ngliche Widerwille gegen befestigte St�dte, in denen man sich wie lebendig begraben vorkam, war schon l�ngst geschwunden, als man gesehen, wie alle Werke des Friedens im Schutz der Mauern gediehen, die B�rgerschaft wohlhabend und m�chtig wurde. Au�erhalb der Mauern siedelten sich Bauern als Gras- und Feld-b�rger im Schutze der W�lle an. Pfahlb�rger wohnten au�erhalb der Stadt, hatten aber wegen des Erwerbs in der Stadt oder wegen Ankaufs eines Grundst�cks das B�rgerrecht erworben. Alle �ffentliche Gewalt war in den H�nden des Grundherrn. Sie wurde durch einen Vogt ausge�bt, der auch in des Grundherrn Namen Recht sprach.
U5. Rathaus zu Bremen. (Gotisch mit Renaissanceanbau.)
Die Verwaltung der Stadt geschah durch einen vom Grundherrn eingesetzten Schulthei�, dem auch die niedere Gerichtsbarkeit �ber-wiesen war. Die B�rger suchten sich der Herrschaft des Grund-Herrn, die ihnen manchmal harte Dienstbarkeit auferlegte, zu eut-ziehen. Im zw�lften Jahrhundert begann der Kampf zwischen der B�rgerschaft und den Grundherren um die Gerichtsbarkeit und die freie Wahl der Stadtobrigkeit. Am Ende des 13. Jahrhunderts hatten es die meisten St�dte durchgesetzt, da� ein aus der B�rgerschaft gew�hltes Rats-kollegium, au der Spitze ein oder zwei B�rgermeister, die st�dtischen Angelegenheiten selbst�ndig leitete. Dieses wurde in der �lteren Zeit nur aus den Geschlechtern (den Patrizier-Familien) gew�hlt. Die Ge-
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meinen oder die niedere B�rgerschaft, die sich nach einzelnen Gewerken zn Z�nften (Gilden nnd Innungen) zusammenschl�ssen, hatten feinen Anteil au der Leitung des Stadtwesens. Sie wurden vielfach von den herrschenden Geschlechtern bedr�ckt und ausgebeutet. Die Lasten und Stenern lagen auf den Schultern der kleinen Handwerker und B�rger. Deshalb erhoben sich diese gegen die Willk�r und Herrschaft der Patrizier und errangen fast �berall im 14. und 15. Jahrhundert nach schweren K�mpfen die Aufnahme z�nftiger Mitglieder in den Rat. Trotz dieser inneren K�mpfe bl�hten die St�dte auf. Die Handwerker suchten ihren Erzeugnissen eine immer gr��ere Vollkommenheit zu geben. Auf den M�rkten flo� zusammen, was Stadt und Land hervorbrachte. Immer be-haglicher, ja �ppiger wurde das Leben, prunkvoll die Kleidung, schwelgerisch das Mahl, besonders bei Taufen, Hochzeiten und Begr�bnissen. Eine seltsame Geschmacksverirrung war im 15. Jahrhundert die beliebte Tracht der geteilten Kleidung (eine H�lfte gelb, die andere wei�, eine blau, die andere rot usw.), des Schellenbesatzes, des Zaddelwerks (weit ausgezackter R�nder) und der Schnabelschuhe. Durch Ratsverordnungen mu�te endlich festgesetzt werden, wieviel Sch�sseln aufzutragen, was an Wein getrunken, an Geschenken gegeben und wieviel Spielleute geworben werden durften. Auch strenge Kleiderordnungen wurden erlassen, um dem unsinnigen Luxus zu wehren. Mit besonderer Lust wurden bei Trunk und Schmaus, Gesang und Musik, Spiel und Tanz die Fr�hlings- nnd Sch�tzenfeste im Freien gefeiert.
Eine Plage der St�dte waren die zahlreichen Bettler und Kr�ppel. Sie trieben sich m��ig auf den �ffentlichen Pl�tzen und vor den Kirchen umher. Die Bettelei wurde als ein Gewerbe angesehen und gesetzlich geduldet.
Unter den Gewerben schied man streng die ehrlichen und nn-ehrlichen. Unehrlich waren die, welche sich mit einer als ver�chtlich geltenden Hantierung befa�ten oder von der Volksstimme mit dem Makel b�sen Leumunds als Leutebetr�ger belegt waren. Danach galten von jeher Abdecker, Henker, Totengr�ber, Sch�fer, Hirten, M�ller, dann auch Leineweber, Spielleute oder Pfeifer, Bader, Barbiere, Stadtknechte, Bettel-v�gte, Feldh�ter, Nachtw�chter, Gassenkehrer usw. als unehrlich. Ganz besonders anr�chig waren die Henker und Abdecker. In vielen Orten mu�ten die M�ller die Galgenleitern liefern, die Leineweber aber den Galgen ausbauen und abbrechen. Die Unehrlichkeit ging von den Eltern auf die Kinder �ber und schlo� von der Bekleidung �ffentlicher �mter (Sch�ffen, Ratsherren u. a.) und von der Aufnahme in die Z�nfte aus. So leicht fand kein unehrlicher Mann eine Frau unter den Ehrlichen und bezahlte Totentr�ger f�r die Leiche eines Angeh�rigen. In der Kirche mu�ten sie sich mit einem besonderen Platze begn�gen. Wer als Ehrlicher einem Unehrlichen bei dessen ver�chtlicher Hantierung half, fiel selbst in Unehre und konnte unter Umst�nden nur durch einen kaiserlichen Gnadenbrief wieder ehrlich gemacht werden.
c) Der Handelsverkehr. Der Handel nahm einen immer gr��eren Aufschwung, als die Seest�dte die Waren fremder L�nder auf bestimmten
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Handelsstra�en bis in das Herz des Erdteils bef�rderten. Die Schiffe Genuas und Venedigs f�hrten die G�ter des Morgenlandes herbei. Saumtiere trugen die Waren durch die Alpen nach Augsburg, Stra�burg, N�rnberg n. a. s�ddeutschen St�dten. Mit diesen Pulsadern des Verkehrs standen wieder K�ln, Braunschweig, Erfurt, Hamburg, Bremen, L�beck, Br�gge, Br�ssel, Antwerpen n. a. n�rdliche St�dte in Verbindung, so da� ein. Netz von Verkehrsstra�en Europa �berzog.
d) Die Bedeutung der St�dte. Mit Handel und Gewerbe wuchs der Reichstum und die Macht der St�dte, und weil sie den F�rsten eine St�tze gegen den Adel und die geistlichen W�rdentr�ger waren, so gelang es ihnen, immer mehr Rechte und Freiheiten zu erwerben. Als der Bauern-
U6. Am Hafen einer Hansastadt.
stand in Leibeigenschaft geriet, das Rittertum in Faustrecht und R�uberei ausartete, geistliche und weltliche F�rsten nur die Vergr��erung ihres Be-sitzes im Auge hatten, Papsttum und Kaisertum miteinander um die Ob-macht rangen, da waren die St�dte Burgen der Freiheit und Pflege-st�tten von Flei�, Kunst nnd Wissenschaft. In ihnen entwickelte sich das deutsche (Schulwesen. B�rger des reichen Augsburg waren F�rsten gleich an Reichtum, Macht und Pracht. N�rnberger B�rger wohnten besser als die K�nige von Schottland. Danzigs B�rgermeister erkl�rte dem D�nenk�nige den Krieg.
e) Die St�dteb�ndnisse. Zum Schutz gegen die Raubritter und zur Sicherung und Besserung der Land- und Wasserwege entstanden St�dte-bnndmsse, z. B. der rheinische Bund. Zur h�chsten Bl�te gelangte die Hansa, deren Vorort L�beck war. Von Br�gge in Flandern, London in England, Bergen in Norwegen bis nach Nowgorod in Ru�land liefen
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. StuSg. A. 13
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die F�den dieses gewaltigen Handelsbundes. In Deutschland waren K�ln, Braunschweig, L�beck und Danzig die vier gro�en Quartiere. Das Ansehen der Hansa war 300 Jahre hindurch so gro�, da� F�rsten und K�nige sich um ihre Gunst bewarben und die nordischen Reiche mehr als einmal die �berlegene' Macht der Kr�mer f�hlten. Mit der Entdeckung Amerikas verfiel die Hansa.
Die vorstehende Abbildung des kulturgeschichtlichen Bildes �Am Hafen einer Hansastadt" zeigt uns das Leben und Treiben am Hafen einer Hansastadt im 15. Jahrhundert. Der Hafen, wohl ein erweiterter Flu�arm, ist von gro�en und kleinen Fahrzeugen belebt. Hochgiebelige Ge-b�ude (H�user und Speicher) und Krane zum Heben von Lasten umgeben ihn. Am Landungsplatze liegt ein stattliches Handelsschiff mit verziertem Bord und starker Bewehrung durch Kanonen. Allem Anschein nach wird das Schiff von Aufl�deru mit Waren beladen. Am Ufer liegen die auf-gestapelten Kisten, Ballen und F�sser. Mehrere Handelsherren, die wohl an der Schiffsladung beteiligt sind, stehen daneben und geben Anord-nuugen. Hinter dem ruhenden Schiffe verl��t ein anderes stolzes Schiff mit gebl�hten Segeln den Hafen.
f) Das Los der Bauern. Die Lage der Bauern war seit dem 13. Jahrhundert eine traurige geworden. Vor dieser Zeit, besonders unter den s�chsischen Kaisern, gab es noch viele Freie auf dem Lande. Sie sa�en auf eignem Grund und Boden, hatten aber Wald und Wild, Wasser und Weide gemeinsam. Sie schuldeten niemandem Fronden und Abgaben, duldeten keinen Herrn �ber sich und wu�ten ihre Freiheit gegen Bedr�cker zu verteidigen. Ihr Haus war ein schlichter Fachwerkbau, nut Stroh oder Schindeln gedeckt. Der ganze Hausrat bestand aus Tisch und Bank, Schemeln und Truhen, der Ofen aus Steinen und Lehm, die Kleidung aus leinenen Hosen und Kitteln. Die T�nze unter der Dorflinde und die Feier der vielen kirchlichen Feste erg�tzten jung und alt.
Ein besonderes Verdienst erwarben sich die deutschen Bauern durch Besiedeluug des slawischen Ostens. Meist erwarb ein Unternehmer eine gr��ere Fl�che Land mit Wald und Wiesen von dem Landesf�rsten, teilte es in Geh�fte und zog nun deutsche Bauern heran. Gern bauten sie ihre H�user in zwei Reihen auf beiden Ufern eines Flusses oder Baches und machten dahinter die Felder urbar. Au�er diesen Stra�end�rfern be-siedelten sie auch kreisf�rmige verlassene Slawend�rfer, die von dichten Dornhecken umgeben waren und nur einen schmalen Eingang hatten. Meist behielt der Unternehmer den gr��ten Hof und bekam das Wirts-recht sowie das Amt eines Erbschulzen, d. h. erblichen Ortsvorstehers. Flei�ig bauten die Ansiedler das Feld, und tapfer verteidigten sie ihren Besitz gegen die Angriffe der Slawen. Nicht selten waren ihre Kircht�rme auf Anh�hen oder zwischen S�mpfen ihre letzte Zufluchtsst�tte.
Als die Bev�lkerung wuchs und die Abwanderung nach Osten aufh�rte, da wurde das Bauernland immer knapper. Viele Bauern suchten deshalb Arbeit und Brot auf den G�tern des Adels und der Kl�ster. Ja, manche der kleinen Zinsg�ter wurden von den Rittern �gelegt", d. h. unter nich-tigen Vorw�nden weggenommen und dem Rittergute einverleibt. So
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kamen allm�hlich viele Freie in Abh�ngigkeit von den Grundherren und wurden H�rige oder gar Leibeigene. Nur einige Gegenden in Westfalen, Friesland und die Schweiz bewahrten und verteidigten ihre Freiheit. Ent-weder mu�ten die H�rigen als kleine Bodennutznie�er zahllose Frondienste mit Hand und Spanne leisten und vielerlei Abgaben zahlen oder waren mit Leib und Gut den Herren eigen. Mit der Scholle wurden sie gekauft und verkauft. Nur mit Erlaubnis der Grundherren durften sie heiraten oder ihre heimatliche Scholle verlassen. Nicht selten mi�brauchten harte Herren ihre Gewalt und behandelten die Bauern schlechter als ihre Pferde und Jagd-Hunde. Brauchten sie Arbeiter oder Zugvieh, so lie�en sie so viele M�nner und Pferde kommen, wie sie zur Arbeit n�tig hatten. Das waren die schlimmen Fron- oder Herrendienste. Weigerten sich die Bauern, so wurden die Pferde ohne weiteres abgespannt und die Menschen mit Peitschen an die Arbeit getrieben. Die Frondienste waren zahllos, und immer neue kamen dazu. Mu�ten doch sogar die Edelfr�nlein in die Kirche getragen, Schneckenh�uschen zum Garnwickeln gesammelt, die quaken-den Fr�sche im Teich am Abend zum Schweigen gebracht und die Betten der Herrschaft von Ungeziefer befreit werden. F�r die Bildung der Bauern geschah nichts. Nur wenige lernten zuf�llig lesen und schreiben. Ein Stecht, ihre Pfarrer zu w�hlen, kannten sie nicht. An Kirchen und Kl�ster hatten sie den Zehnten ihres Korns, an ihre Herren au�erdem den Zehnten des Viehes, den Blutzins, und von dem Ertrage des Landes die hohe G�lt (= Zins) zu bezahlen. Starb ein Lehnsmann oder Leibeigener, so nahm der Herr den Todfall, d. h. die beste Kuh, das beste Pferd, oder was ihm sonst als Bestes von dem Nachla� gefiel. In den W�ldern durften sie nicht einmal Holz lesen, Laub oder Beeren sammeln, geschweige denn jagen. Die Jagd und Fischerei geh�rten dem gn�digen Herrn, sie aber mu�ten als Treiber dienen und die Hunde unterhalten. Wehe dem Misse-t�ter, der sich beim Jagen oder Fischen ertappen lie�! Unmenschliche Strafe traf ihn. Hirsche und Wildschweine brachen aus den W�ldern und verheerten die Felder der Bauern, aber sie durften h�chstens durch Trom-meln, kleine kl�ffende Hunde oder qualmende Feuer verscheucht werden. Da der Herr zugleich der Richter war, der durch feine Beamten Recht sprechen lie�, so war niemand vor harten, ungerechten Urteilen und Strafen sicher.
4. Das Kirchentum. Der Geist des Christentums hatte sich, unter Anlehnung an den altheidnischen Glauben und die alten Gebr�uche, immer inniger mit dem deutschen Wesen verm�hlt. Haus und Familie, Gesell-schast und Staat waren eng mit dem kirchlichen Leben verbunden. Die Kirche war H�terin der Sitte, Sch�tzerin der Bedr�ngten und Pflegerin der Bildung. Doch Weltliches mischte sich mit Geistlichem. Die P�pste machten sich nicht blo� zu obersten Schiedsrichtern in geistlichen, sondern auch in weltlichen H�ndeln und mi�brauchten nicht selten ihre Macht in ungeistlicher Weise. Die Bisch�fe und �bte waren oft mehr weltlich als geistlich gesinnte Herren, und mancher hochw�rdige Herr f�hrte sein Schwert besser als sein Dienstmann. Die Geistlichen wurden durch das Z�libat, die Ohrenbeichte, die Darbringung des Me�opfers
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und die Befreiung von der weltlichen Gerichtsbarkeit aus allen �brigen St�nden herausgehoben. Da sie auch fast ausschlie�lich im Besitz der Bildung waren, so sah das Volk sie als etwas H�heres an. Weil Schenkungen an die Kirche und ihre Diener als besonders verdienstliche Werke h�ufig vorkamen und insbesondere die F�rsten durch Bewilligung von Vorrechten und Besitzschenkungen die Gunst des geistlichen Standes erkauften, so wuchs dessen Macht �ber Geb�hr, w�hrend die geistlichen Pflichten nicht selten vernachl�ssigt wurden.
5. Das M�nchs- und Nonnenwesen griff seit der Gr�ndung des 529 ersten Klosters im Abendlande durch Benedikt von Nursia (529) immer mehr um sich. Nicht besser meinte man Gott zu dienen, als wenn man ein Kloster begabte oder selbst hineinging Die Kl�ster entstanden an g�nstig und sch�n gelegenen Punkten und wurden von F�rsten und Herren mit Wald, Land und Wiesen ausgestattet. Sie �bten in jenen rohen Zeiten einen heilsamen Einflu� aus durch Anbau des Bodens, Unterricht des Volkes, Pflege der Kranken, Befch�tznug der Verfolgten, Studium der Wissenschaften und �bung der K�nste (Arzneikunde, Bau-k�nde, Musik, Gesang, Landwirtschaftskunde). Die ber�hmtesten Kl�ster waren die zu St. Gallen, Reichenau, Fulda, Korbet. Die gr��eren Kl�ster z�hlten 100�200 M�nche und als sonstige Insassen eine Menge abh�ngiger Leute: Knechte, Dienstmannen und Gewerbetreibende allerart. Vorsteher eines M�nchsklosters war der Abt; eine �btissin stand an der Spitze eines Nonnenklosters. In der Regel entstammten beide vornehmen Familien; sie besa�en eine fast unbeschr�nkte Gewalt �ber die Untergebenen. Der Klostervogt hatte f�r die Rechte nnd den Schutz des Klosters nach au�en einzutreten. In den mit Kl�stern regelm��ig verbundenen Schulen fanden haupts�chlich diejenigen Aufnahme, die Geistliche werden sollten; aber auch S�hne und T�chter aus vornehmen Familien wurden hier in der ��u�eren Schule" erzogen und unterrichtet. Neben der Landwirtschaft wurde Bierbrauerei, Salzsiederei, Glasfabrikation und mancherlei Kunst-gewerbe betrieben. Durch den gro�en Landbesitz und durch die ihnen von den K�nigen geschenkten Z�lle und Gerechtsamen wurden die Kl�ster bald reich. Mit dem Reichtum schlichen sich oft Tr�gheit und Genu�sucht in die gottgeweihten R�ume; ja nicht selten entarteten sie zu St�tten des Lasters. Am verdientesten machten sich die Benediktiner; am strengsten war die Regel der Karth�user, besonders der Trappisten, denen sogar das Sprechen verboten war. Im 13. Jahrhundert entstanden die Bettel-orden der Franziskaner, Dominikaner und Augustiner, denen durch ihre Ordensregel der Besitz des Eigentums durchaus verboten war. Die Dominikaner suchten die Ketzer zu bekehren; ihnen ward die Jnqni-sition �bertragen.
Das Bild (Abb. 117) f�hrt uns in den innern Hof eines Benedik-tinerklosters. Er wird eingefa�t auf der einen Seite von der Kirche, auf den drei andern von dem Wohn- und Schlafhause der M�nche, von dem Speisesaal mit K�che und Kellerei, von der Schreibstube mit der B�cherei. Ein Wandelgang, den kunstvolle S�ulen st�tzen, zieht sich an diesen drei Seiten hin. Ein gro�er, mauerumschlossener Garten mit Fischteichen, der
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zu jedem Kloster geh�rte, liegt neben den Hauptgeb�uden. Mehrere Gruppen von M�nchen sind auf dem Hofe sichtbar. Sie tragen lange, rauhe, schwarze Kutten. Das oben geschorene Haupt ist entweder entbl��t oder mit einer Kapuze bedeckt. Dei Abt mit dem Krummstabe entl��t
segnend einen Bruder, der zur Reise ger�stet ist. Ein farbenkundiger M�nch steht auf einem Ger�ste und malt an einem Wandgem�lde. Zwei Pfleger tragen einen erkrankten Brndei nach dem Krankenhause. Ein Freund der Wissenschaft schreitet mit einem Folianten unter dem Arme und einer Rolle in der Hand �ber den Klosterhof nach der B�cherei. Ein
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�lterer Bruder Pflanzt einen edlen Obstbaum ein. Aus der Kirchent�r tritt ein Priester mit dem verh�llten Sakrament, um einem Kranken die letzte St�rkung zu bringen. Der Me�diener geht voran.
6. Die Dichtkunst erreichte unter den Staufern ihre erste Bl�tezeit. Die Minnes�nger sangen von edler Minne oder Liebe, von Fr�hlings-und Festeslust, von Wohl und Wehe des Vaterlandes. Am h�chsten steht unter ihnen Walther von der Vogelweide zur Zeit Philipps von Schwaben und Friedrichs II. Wolfram von Eschenbach singt im
^8. Inneres einer Basilika. (5t. Paolo vor der Mauer bei Rom.)
(Nach Springer, Handb. b. Kunstgesch, II, 5. Fig. 18.)
�Parzival" den h�chsten Glanz weltlichen Rittertums und die tiefste Versenkung in das Heil im Christenhmte. Gottfried von Stra�burg entwirft in �Tristan und Isolde" ein lockendes Bild des Lebensgenusses und Hartmann von der Aue im �Armen Heinrich" ein r�hrendes Gem�lde der Selbstverleugnung. Das damalige Leben und Streben zeigt uns der �S�ngerkrieg auf der Wartburg". Der Dichter ging mit dem K�nige, und die F�rsten wetteiferten mit den Rittern um den Lorbeer der Dichter. In jener Zeit entstanden ans Volkssagen nnd Volksliedern unsere gr��ten Epen: �Nibelungenlied" nnd �Gudrun". In den St�dten bildete sich sp�ter der Meistersang aus, indem die ehrsamen
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Handwerksmeister allsonnt�glich zusammenkamen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen. Regeln und Gesetze f�r ihre Dichtkunst waren in der Tabula tnr verzeichnet, und die Merk er waren die Preisrichter.
Eine sonderbare Zunft bildeten die fahrenden Leute, deren Ur-sprung in Welschland (Italien und Frankreich) zu suchen ist. Das waren umherziehende Spielleute, Possenrei�er, Gaukler, Seilt�nzer, Wahrsager, Kurpfuscher und H�ndler; sp�ter gesellten sich M�nche und Sch�ler, Sol-daten und Zigeuner dazu. Bettelnd und stehlend zogen sie von Hof zu Hof, von Ort zu Ort und waren gleichsam die lebendigen Zeitungen jener Tage. Jahrm�rkte und Kirchenfeste wurden durch sie belebt. Sie schlugen
U9- Der Dom zu Speier. (Nach Dehio und v. Bezold)
ihre Buden als Wunder�rzte auf, priesen als �Marktschreier" ihre Mittel mit lauter Stimme, f�hrten Schauspiele auf, tanzten auf dem Seil, zogen mit Dudelsack und Fiedel singend und erz�hlend in den Stra�en umher, wahrsagten und erbettelten oder stahlen Speise, Trank und einen Zehr-Pfennig. Manches Volkslied �ber den Wein und das Wandern, der Liebe Lust und Leid, der Kriegstaten Ruhm und F�hrlichkeit stammt von ihnen. Sie waren gef�rchtet, denn mit giftiger Zunge sangen sie die Schande der �Kargen" und priefen die Freigebigkeit der �Milden". Siedelten sie sich irgendwo an, so wurde ihnen ein abgelegener Winkel zugewiesen. Sie galten als unehrlich (siehe � 46, 3 b am Ende).
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7. Die Baukunst. Der gotische oder germanische Spitzenbogen-stil entwickelte sich nach dem romanischen Rundbogenstil im 13. und 14. Jahrhundert zur h�chsten Bl�te. Der romanische Stil, der be-sonders nu 11. und 12. Jahrhundert bl�hte, ist aus dem altr�mischen Stil, dem sogenannten Basilika-Stile (die ersten christlichen Kirchen
120. Der K�lner Dom. (Gotischer Baustil.)
sind in diesem Stile gebaut), hervorgegangen. An die Stelle der flachen Decke m der altchristlichen Kirche ist das halbkreisf�rmige Kreuzgew�lbe getreten; statt eines Turmes finden sich jetzt mehrere T�rme; die Fenster-�ffmmgen, Portale, S�ulenkapit�le sind �nmdbogtg". Die �ltesten romanischen Bauten sind am Rheine (die Dome zu Speier, Worms und Mainz) und im alten Sachsenlande (Kaiserhaus zu Goslar) auf-gef�hrt worden. Der gotische Stil suchte in seinen Bauwerken den
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deutschen Urwald nachzuahmen, so da� die Tempel gleichsam in Stein er-starrte heilige Haine sind. Die schlanken S�ulen tragen die Kapitale gleich Baumwipfeln, und in edlem Schw�nge neigen sie sich in Bogen-W�lbungen zueinander. Was im romanischen Stile �rnndbogig" war, ist jetzt �spitzbogig" geworden. �berall ist der Laubschmuck nachgeahmt. Die schmalen, kunstvoll gemalten Fenster zeichnen herrliche Blumenteppiche auf den Boden und erf�llen den Raum mit geheimnisvollem Halbdunkel. Drau�en erheben sich Zinnen und T�rmchen, wie die verschiedenen Baum-Wipfel, zum Himmel. Die herrlichsten gotischen Kirchen sind der Dom zu K�ln und das M�nster zu Stra�burg von Erwin von Steinbach.
8. Die Rechtspflege. Anf�nglich sprach man Recht nach Gewohn-heit und Herkommen. Denn das alte Recht lebte in der m�ndlichen �ber-lieferung fort; in jedem deutschen Stamme erfolgte die Rechtsprechung nach feinem alten Rechte. Zuerst wurden die Rechtsspr�che der salischen Franken auf Klodwigs Befehl in lateinischer Sprache als salisches Ge-setz aufgeschrieben. Sp�ter wurden die einzelnen Stadt- und Landrechte, die Gewohnheitsrechte, gesammelt und im Sachsen- und Schwaben-spiegel aufgezeichnet. Das oberste Gericht war das K�nigs- oder Hosgericht. Die s�chsischen Kaiser haben vielfach da, wo sie sich auf-hielten, selbst Recht gesprochen. Auch die Herz�ge hielten Gericht ab, meist aber lag die Gerichtsbarkeit in den H�nden der Grafen. Sie er-streckte sich auf alle schweren Verbrechen. In den St�dten gab es bald besondere Stadtgerichte. �ber die geringeren Vergehen urteilten die Schulthei�en in den Gemeinden. Den Gerichtsherren standen die Urteilsfinder oder Sch�ffen zur Seite.
Je selbst�ndiger die F�rsten, Herren und St�dte wurden, desto mehr rissen sie auch die Gerichtsbarkeit an sich. Sie lie�en sie meist durch V�gte aus�ben. Diese sprachen Recht nach Herkommen und Gutd�nken. Bei Klagen gegen die eigenen Herren hatten die Leute selten auf einen gerechten Spruch zu hoffen. Eine Berufung an ein h�heres Gericht gab es bei den h�rtesten Urteilen nicht. Die gew�hnliche Strafe blieb lange Zeit die Geldbu�e. Aber sp�ter wurden immer h�rtere, ja grausamere ersonnen. Die Misset�ter wurden an Galgen geh�ngt, verbrannt, eut-hauptet, ger�dert, von Pferden zerrissen, oder an H�nden, Nasen, Ohren und F��en verst�mmelt, je nachdem ein Glied ges�ndigt hatte. Ent-ehrend war das Hundetragen, das Stricktragen um den blo�en Hals, das Ausstellen am Pranger, das Ausst�upen und Brandmarken. In den St�dten wurden die �belt�ter in den Turm gelegt, Arme und Beine stundenlang in den Stock gespannt. Verleumder bekamen einen Stein an den Hals. _ Schwatzhaste Weiber wurden ins Wasser getaucht, z�nkische zusammen in die Bei�katze gesteckt, Landstreicher vom B�ttel gest�upt und verjagt. Schuld oder Unschuld des Angeklagten wurde in schweren F�llen durch Gottesurteile entschieden. Als Gottesurteile galten u. a. der Zweikampf, die Kreuz-, Feuer-. Waffer-, Bahrprobe und die Probe des geweihten Bissens. Bei der Kreuzprobe stellten sich die Widersacher mit ausgereckten Armen an ein Kreuz. Wer am l�ngsten die Arme emporhob, war im Recht. Wer ohne Schaden gl�hendes Eisen in die
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Hand nehmen, barfu� �ber einen gl�henden Rost schreiten oder seine Arme in siedendes Wasser oder �l stecken konnte, hatte seine Unschuld be-wiesen, ebenso der, welcher l�ngere Zeit unter Wasser getaucht, lebendig blieb. Bei der Bahrprobe mu�ten die des Mordes Verd�chtigen ihre rechte Hand auf die Wunden der Leichen legen. Derjenige, bei dessen Be-r�hrung diese zu bluten anfingen, war der M�rder. Er galt auch daf�r, wenn ihm ein feierlich verw�nschter Bissen Brot oder K�se im Halse stecken blieb. Bestand der Beklagte die Probe oder siegte er im Zwei-k�mpfe, so hatte Gott selbst seine Unschuld bezeugt. Mit besonderer Grausam-keit wurden �Hexen" zu dem Gest�ndnis gebracht, da� sie mit dem Teufel im Bunde st�nden, und dann verbrannt. (Die weisen Frauen der alten Deutschen, welche die Zukunft verk�ndeten, wohnten h�ufig einsam in W�ldern oder eingehegten Pl�tzen, Hagen, und hie�en deshalb Hagessen oder Hexen.) Als Rest der alten Grafengerichte erhielten sich in West-salen die Femgerichte (fernen = verurteilen). Von Westfalen breiteten sie sich im �brigen Deutschland aus. Diese Femgerichte waren teils �ffentlich (�offenbares Ding") teils heimlich (�heimliches oder Still-gericht"). Die �ffentlichen fanden bei Tage statt, die heimlichen aber mit Ausschlu� der �ffentlichkeit. Die Mitglieder hie�en Wissende; der Vor-sitzende des Gerichtes war der Freigraf (Richter); die Urteilsfinder oder Beisitzer waren die Freisch�ffen. Wer als Ketzer, Zauberer, Ehebrecher, Dieb oder M�rder ber�chtigt wurde, fand pl�tzlich einen Vorladebrief mit sieben Siegeln an der T�r oder am n�chsten Heiligenbilde. Konnten sich die Angeklagten vor dem Freigrafen und den Sch�ffen auf der Mahl-statte am Freistuhle nicht rechtfertigen, oder folgten sie der Vorladung gar nicht, so wurden sie verfemt. �ber kurz oder lang fand man sie tot an einem Baume aufgekn�pft oder mit einem Messer in der Brust. Der Kaiser war �ltester Stuhlherr; der Hauptstuhl befand sich zu Dortmund, wo man noch heute die uralte Femliude zeigt. Sp�ter artete diese Art der Rechtspflege in Willk�r aus und wurde aufgehoben. Als die Gottes-urteile im sp�teren Mittelalter seltener wurden, wandte man die Tortur oder peinliche Frage an. Durch die mannigfaltigsten und schrecklichsten Folterqualen suchte man das Gest�ndnis der Verbrechen zu erpressen. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts drang das r�mische Recht ein. Das m�ndliche und �ffentliche Verfahren in der Rechtssprechung h�rte auf, daf�r trat das schriftliche und geheime ein. Die Rechtsprechenden aus dem Volke wurden durch gelehrte Richter ersetzt.
Fragen: Welche Umst�nde trugen zur eigent�mlichen Entwickelung des Rittertums bei? � Was war geistlich, was weltlich bei den Ritterorden? � Welches waren die Haupthandelswege des Mittelalters? � Woher kamen Geld, Macht und Freiheiten der St�dte? � Beweise, da� die Kirche der Mittelpunkt des damaligen Lebens war! � Wie n�tzten die Femgerichte, und wodurch wurden sie gef�hrlich? � Ein Bild des Klosterlebens! � �Die Johanniter" und �Der Kampf mit dem Drachen" von Schiller. �Hermann Balk" von Dahn. �Lied der St�dte" von Lingg. �Vogelweide" von SeidL �Heinrich Fraueulob" von Roquette. �Der S�nger" von Goethe. �Des S�ngers Fluch" von Uhland. �Die Feme" von Lingg.
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17. Aisred der Gro�e von England (871�901),
1. Der traurige Zustand Englands. Egbert vereinigte die sieben angels�chsischen K�nigreiche zu einem einzigen (827). Ans der Zeit der 827 K�mpfe zwischen Angelsachsen und Kelten, Christentum und Heidentum stammen die Sagen von K�nig Arthurs (Artus) Tafelrunde und die schottischen Lieder des blinden S�ngers Ossi an. Unter Egberts Nach-kommen hatte das Reich furchtbar von den Einf�llen der Normannen oder D�nen zu leiden, die auf ihren schnellen Schiffen wie Sturmv�gel daherflogen,
wie Heuschrecken die K�sten und Flu�ufer �berfielen und wie Dohlen alles fortschleppten, was nicht niet- und nagelfest war. Unter dem schwachen Ethelwols kamen sie mit dreihundert Schiffen, drangen verw�stend bis in das Herz der Insel vor und nahmen Besitz von ihr. Ethelwols war nicht mehr Herr in seinem Lande. Die Anma�ung der Normannen steigerte sich unter seinen S�hnen, bis endlich der j�ngste, Alfred, Meister �ber die fremden Eindringlinge wurde.
2. Alfred befreit durch schwere K�mpfe fein Volk von der D�nenherrfchaft. Alfred war von gro�er Kraft und Gewandtheit, be-sa� viel Anmut der Sitten, reiche G�te des Herzens und hohe Begabung des Geistes. Obwohl er die Normannen in acht Schlachten besiegte, so kamen doch unausrottbar immer neue Scharen nach. Einen Vertrag brachen sie und n�tigten den bedr�ngten Alfred zur Flucht. Unerkannt soll er als Knecht bei einer Hirtenfrau gedient haben. Die D�nen aber �berschwemmten ohne Scheu das ganze Land. Da erschien Alfred, als Harfner verkleidet, unter den wilden Rotten und sang ihnen am Lagerfeuer Lieder vor. Dabei ersp�hte er aber alle Schw�chen des Feindes, sammelte dann die zerstreuten Seinen und belebte ihren verzagten Mut. Sie fiele� �ber die D�nen her und besiegten sie. In dem darauf abgeschlossenen Vertrage wurde ein Teil des Landes den D�nen �berlassen, und der D�nenf�rst Gnthrnn trat zum Christentum �ber. W�hrend der Friedenszeit erm�dete Alfred nicht in seiner Wachsamkeit. Durch feste St�dte schirmte er das Innere des Landes und durch eine wachsame Flotte die K�sten. Nach Gnthrnns Tode entbrannte noch einmal der Kampf, endete aber mit dem Siege der Angelsachsen. In 56 Schlachten hatte Alfred mitgesochten und Wunder der Tapferkeit getan.
3. Seine weife Landesverwaltung. Durch weife Ma�regeln suchte Alfred Ordnung zu schaffen und die Angelsachsen und D�nen durch gemeinsame Interessen und Gesetze einander zu n�hern. Die Rechts-pflege handhabte er streng und ohne Ansehen der Person. Er teilte das ganze Land nach altgermanischer Weise in Grasschaften, diese in Hundert-schaften, diese in Zehende. Zehn freie Hausv�ter w�hlten einen Zehnt-richter, hundert einen Hundertgrafen, die Grafschaft einen Albermann.
Diese Vertrauensm�nner hatten an ber Spitze eines Geschworenengerichts f�r Ruhe, Orbnuug unb Sicherheit in ihrem Bezirk einzustehen. Wenn ber Verbrecher nicht herbeizuschaffen war, so mu�ten sie den Schaden er-setzen. Nach einiger Zeit war die Sicherheit so gro�, da� man sagte, �ein Wanderer k�nne seine verlorene volle B�rse nach vier Wochen unber�hrt
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auf derselben Stelle finden." Das kirchliche Leben hob Alfred durch den Bau und die Ausstattung von Kirchen, Kl�stern und Schulen, durch Belehrung und sein eigenes musterhaftes Beispiel. Die Wissenschaften f�rderte er mit allem Flei�. Er selber lernte noch sp�t schreiben und im 36. Jahre die lateinische Sprache und lie� die Volkssagen und die alten Rechte und Ordnungen sammeln. Eine Kirchengeschichte �bersetzte er selbst ins Angels�chsische. Die Ausbildung der Sprache lie� er sich eifrig angelegen sein. Viele Gelehrte von Ruf zog er an seinen Hof. Seine Zeit hatte er aufs genaueste eingeteilt zwischen Regentenpflichten und eigenem Studium; selbst die schmerzhaften Leiden seines K�rpers brachten keine St�rung in seine Lebensordnung. Der gro�e Mann starb schon 901 901 in seinem 52. Jahre. Was den Menschen ehrt und den F�rsten aus-zeichnet, vereinigte er in sich. Ein Retter, Bildner und Wohlt�ter seines Volkes, gilt Alfred noch heute als der gr��te englische K�nig.
4. Wilhelm der Eroberer und der englische Verschmelzungs-Proze�. Alfreds Nachfolger Atheist an und Edmund waren tapfere Kriegshelden, aber dann versank das Reich in neue Wirren. Die D�nen erhoben k�hner als je ihr Haupt und erzwangen als Tribut das �Dane-gelb". Da lie� K�nig Ethelred II. (1002) alle D�nen in England
1035 ermorden. Die Rache folgte bald. Kannt der Gro�e (f 1035) vereinigte unter seinem christlichen Zepter D�nemark, Nor-wegen und das eroberte England. Er regierte mit Weisheit und Gerechtigkeit. Nach dem Tode des Angel-sachsen Eduard des Bekenners stritten dessen Schwager Harald und Wilhelm der Eroberer von der Normandie um die Krone. Wilhelm landete mit 60000 Mann in England. Bei der Landung strauchelte er und fiel zu Boden. Als seine Begleiter mit betrete-nen Mienen darin eine �ble Vorbedeutung sahen, rief er, mit ausgebreiteten Armen auf der Erde liegend: �Ich halte dich, England!" Bei Hastings entbrannte die 1066 Entscheidungsschlacht (1066). Harald war mit geringer
Heeresmacht herbeigeeilt und wurde trotz beispielloser Tapferkeit besiegt und get�tet. Wilhelm verfuhr nun mit schonungsloser H�rte gegen die Angelsachen. Seinen norm�nnifchen Rittern gab er die besten Lehen; die RichardL�wenherz. norm�nnische Sprache machte er zur herrschenden, und
Nach dem Grabmal , � or <r , t ~r
in Rouen. W, dte Angelsachsen druckte er Mit hohen Steuern. Jahr-hunderte dauerte der Verschmelzungsproze� der beiden Nationen. Wie der englische Charakter und die englische Sitte ein Ge-misch deutscher, frauz�sisch-norm�nnischer und altbritischer Eigent�mlichkeiten ist, so ist auch die jetzige englische Sprache eine Mischsprache der angel-s�chsischen, norm�nnifchen und altbritischen Sprache; der Grundstock aber ist germanisch.
5. Die inneren und �u�eren K�mpfe unter Wilhelms Nach-folgern. Von Wilhelms Nachkommen eroberte Heinrich II. die Ostk�ste der Insel Irland (1171). Obgleich Lehnsvasall des franz�sischen
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K�nigs, war er doch m�chtiger als dieser; fast ganz Westfrankreich geh�rte ihm. Als er die �bermacht der Kirche brechen und die Geistlichen der weltlichen Gerichtsbarkeit unterwerfen wollte, fand er in dem Erzbifchof Thomas Becket einen z�hen Widersacher. Auf ein zorniges Wort des K�nigs ermordeten vier Edellente den Erzbifchof an den Stufen des Hoch-altars. Heinrich wurde in den Bann getan; seine Gattin hetzte seine eigenen S�hne zur Emp�rung auf, und �berall im Lande regte sich Zwie-tracht und Aufruhr. Da mu�te der K�nig nachgeben und reuig zum Grabe seines ermordeten Gegners pilgern. � Ihm folgte sein grausamer und aben-teuers�chtiger Sohn Richard L�wenherz. Nach dessen Heimkehr aus Pal�stina t�tete ihn ein Pfeilschu� bei der Belagerung eines franz�sischen Schlosses (1199). Sein treuloser und wankelm�tiger Bruder Johann 1199 ohne Land gelangte durch Ermordung eines Neffen auf den Thron. Er verlor durch ungl�ckliche Kriege alle seine franz�sischen Besitzungen. Im Streite mit dem Papste mu�te er endlich fein Land von Jnnocenz III. zu Lehen nehmen. Nach langem Hader mit feinen Untertanen zwangen sie ihm mit den Waffen in der Hand die Magna Charta, d. h. den gro�en Freiheitsbrief, ab (1215), der die Grundlage der englischen Volks- 1215 freiheit und Staatsverfassung ist.
Fragen: Was lockte die D�nen nach England? � Warum hei�t Alfred �der Gro�e"? � Aus welchen Elementen ist das englische Volk und die englische Sprache entstanden? � �Taillefer" von Unland. �Vertrau de Born" von Uhland (aus den K�mpfen Heinrichs II. mit feinen S�hnen).
48. Rudolf von Habsburg (1273�1291).
1. Seine Wahl und Kr�nung. Ganz Deutschland war die traurigen Zust�nde der kaiserlosen, schrecklichen Zeit m�de und w�nschte einen kr�ftigen Herrscher an die Spitze. Da traten nach dem Tode Richards von Cornwallis die F�rsten zur Kaiserwahl zusammen und suchten nach einem Manne, der nicht allzu beg�tert und m�chtig, aber durch Tatkraft und Weisheit imstande fein sollte, die Ordnung wieder herzustellen. Der Erzbischos Werner von Mainz wu�te zusammen mit dem Burggrafen Friedrich III. von Hohenzollern die Wahl auf den Schweizer Grafen Rudolf von Habsburg zu lenken. Dieser hatte ihn einst auf einer Reife nach Rom sicher �ber die Alpen geleitet. Bei Rudolfs Kr�nung in Aachen war das Zepter vergessen. Da nahm er rasch besonnen das Kruzifix vom Altare und sagte: �Das Zeichen, in dem die Welt erl�set ist, mag wohl auch als Zepter dienen!"
2. Seine Tapferkeit und die Gr�ndung seiner Hausmacht. Rudolf wu�te sich bald Achtung zu verschaffen. Viel Zeit und M�he widmete er der Wiederherstellung geordneter Zust�nde in Deutschland, und nicht ohne Erfolg. Aber das alte K�nigtum Hat er in feiner fr�heren Macht nicht wieder herzustellen vermocht. Die Reichsf�rsten waren zu m�chtig. Er rechnete mit ber Wirklichkeit, und die Interessen seines Hauses standen bei ihm im Vorbergrnnbe. Um bie Kaiserkrone unb Italien k�mmerte er sich nicht. �Ich sehe wohl bie Fu�tapfen berer, bie gl�cklich hineingekommen,
nicht aber berer, bie wohlbehalten wieder herausgekommen find", pflegte
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er zu sagen. Seine Wahl wollte der B�hmenk�nig Ottokar nicht anerkennen. Auch weigerte sich dieser, die widerrechtlich angeeigneten Reichsl�nder herauszugeben. Da zog Rudolf mit einem kleinen Heere und einem noch kleineren Schatze gegen ihn. Als ihn ein Herr von Klingen nach der Kriegskasse fragte, sagte er: �Ich habe kein Geld als diese f�nf Schillinge; aber der Herr, der immer geholfen hat, wird auch jetzt sorgen!" Und er half. Ottokar mu�te sich zu einem Vergleiche bequemen, weil er, ohne Unterst�tzung durch seine �sterreichischen Vasallen, die zum Teil zu Rudolf �bergingen, bei Rudolfs Vordringen in �sterreich in eine bedr�ngte Lage geriet. Er behielt B�hmen und M�hren als Reichslehen, verlor jedoch die �brigen L�nder. Aber bald darauf erhob er sich, durch seine Gemahlin Kunigunde aufgestachelt, von neuem gegen Rudolf. Auf dem
Marchfeld (bei D�rnkrut 1278) fielen die eisernen W�rfel. Die Sturmfahne des Reiches trug Friedrich III. von Hohenzollern. Die Scharen des Feindes wurden in die Flucht getrieben und dieser selbst aus Rache von einem �fter-reicher erschlagen. Rudolf gab dem Sohne des Gefallenen B�hmen und M�hren als Lehen und verlobte ihm eine seiner sechs T�chter. Die �brigen L�n-der: �sterreich, Steiermark und Krain erhielten seine S�hne Albrecht und Rudolf. Diese L�nder bilden die Grundlage der Habsburg-�sterreichischen Hausmacht. Auch den wilden Grafen Eberhard von W�rttemberg brachte er zur Ruhe, und eine gro�e Zahl von Raubburgen zerst�rte er in kurzer Zeit, so in Th�ringen 66 und am Rhein 70. Die sauberen Ritter vom Stegreif lie� er h�ngen oder k�pfen, in Erfurt 29 auf einmal.
3. Sein �u�eres und inneres Wesen. Er war mager und von hohem W�chse, hatte eine gro�e, gebogene Nase, eine etwas dicke Unter-lippe und viele Stirnfurchen, sonst aber ein mild-ernstes Gesicht. Sein Wesen war einfach, bieder, wahr und freundlich. Er trug best�ndig ein graues, unscheinbares Wams, das er zu Zeiten selber geflickt haben soll. Im Kriege teilte er alle Strapazen und Entbehrungen mit den Soldaten und setzte sich wohl mit ihnen auf einen Acker nieder, um den Hunger mit ausgerauften R�ben zu stillen. Gegen Freund und Feind war er un-bestechlich gerecht. Bei seinen Reifert durch das ganze Reich gestattete er jedem freien Zutritt. Wie redlich er war, das spiegelte sich in dem Worte des Volkes �ber manchen seiner Nachfolger ab: �Der hat Rudolfs Ehrlich-keit nicht 1" F�r Hilfsbed�rftige hatte er eine offene Hand, aber Dichter und andere K�nstler gingen unbegabt von seinem Hofe.
4. Sein Ende zu Germersheim. Auf einem Reichstage in Frankfurt konnte Rudolf die Wahl seines Sohnes Albrecht zu seinem Nachfolger nicht durchsetzen. Gekr�nkt reiste der alte Kaiser ab. Auf der Reise er-
\22. Siegel Rudolfs von fjabsburg. W.
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krankte er, und die �rzte gaben ihm nur noch einige Tage Lebensfrist. �Auf denn nach Speier, wo viele meiner Vorfahren begraben Hegen!" rief er. Bei Germersheim starb er und ward im Dome zu Speier beigesetzt. Auf seinem marmornen Grabe ist seine Gestalt in Lebensgr��e abgebildet.
Fragen: Warum fiel die Wahl auf Rudolf? � Was hat Rudolf erreicht? � Welches war die Stellung der Reichsf�rften? � �Habsburgs Mauern" von Simrock. � �Graf von Habsburg" von Schiller. �Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe" von Kerner/
49. Ildrecht I. und die Befreiung der Schweizer.
1. Albrecht I. nimmt Adolf von Nassau Krone nnb Leben. Die
deutschen F�rsten f�rchteten die anwachsende Macht der Habsburger und die H�rte und L�ndergier von Rudolfs finsterem, ein�ugigem Sohne Albrecht. Sie w�hlten darum nicht ihn, sondern den unbeg�terten Grafen Adolf von Nassau (1292�98). Dieser war nun eifrig be- 1292 strebt, sich eine Hausmacht zu gr�nden. So kaufte er Albrecht dem Unartigen Th�ringen und Mei�en ab und f�hrte einen unehrenhaften Krieg mit dessen S�hnen Diezmann und Friedrich dem Gebissenen, die ihr Erbe mit ganzer Kraft verteidigten. Weil der K�nig die den F�rsten gegebenen ungerechten Versprechungen nicht hielt, so wurde er abgesetzt und von dem neugew�hlten Albrecht I. von �sterreich (1298 � 1308) in der Schlacht bei G�llheim besiegt und get�tet. �Hart wie ein Diamant war sein Gem�t", so berichtet eine Chronik von Albrecht. Er dem�tigte zwar die deutschen F�rsten, aber seine Pl�ne zur Erweiterung seiner Hausmacht scheiterten zum Teil.
2. Seine L�ndergier n�tigt die Schweizer zum Rntlibnnde.
(Nach dem sagenhaften Berichte sp�terer Chronisten.) Albrecht wollte den Waldst�tten Schwyz, Uri und Unterwalden am Vierwaldst�tter See,
deren erbliche Schirmv�gte die Habsburger waren, ihre Freiheit nehmen und sie seiner Landeshoheit v�llig unterwerfen. Deshalb setzte er den Ge�ler von Bruneck und Bering er von Landenberg als V�gte ein, um das Hirtenvolk so lange zu qu�len, bis es sich unter Habsburgs Hut beugte. Da schwuren Werner Stanffacher, Walther F�rst und Arnold Melchthal mit anderen Gesinnungsgenossen auf dem R�tli, einer Uferwiese am Vierwaldst�tter See, das Joch der Tyrannen abzusch�tteln. Der treffliche Sch�tz Wilhelm Tell aber erscho� in der hohlen Gasse bei K��nacht den grausamen Ge�ler. Dieser hatte Tell gen�tigt, einen Apfel von feines Sohnes Haupte zu schie�en. Nach dem gl�cklichen Schusse war Tell von dem Landvogte, der seine Rache f�rchtete, gefesselt fortgef�hrt worden. aber w�hrend der st�rmischen Fahrt �ber den See entkommen. Der Landenberger wurde am Neujahrsmorgen durch List in seiner Burg Samen �berrascht, ans dem Lande gewiesen und seine Zwingburg gebrochen.
3. Seine Ungerechtigkeit f�hrt zu seiner Ermordung (1308). 1308 Albrecht hatte seinem Neffen Johann von Schwaben fein Erbe vor-enthalten, so oft dieser es auch gefordert hatte. Mit vier Dienstmannen beschlo� nun Johann die Ermordung feines Oheims. Dieser befand sich
in der Schweiz, Eines Tages ritt er seiner Gemahlin entgegen und setzte
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bei Windisch �ber die Ren�, wobei sich die Verschworenen in seine F�hre dr�ngten. Dr�ben am Ufer fiel einer dem Ro� des Kaisers in die Z�gel, und Johann stie� ihm das Eisen in den Nacken mit den Worten: �Hier ist der Lohn des Unrechts!" Ein dritter spaltete dem Kaiser das Haupt. Dieser starb in dem Sch��e eines armen Weibes an der Stra�e, den sterbenden Blick auf seine Stammburg Habsburg gerichtet. Die M�rder aber flohen. Der weniger Schuldige von den Vieren, Rudolf von Wart, wurde ergriffen und aufs Rad geflochten. Drei Tage litt er Todesqualen' w�hrend seine treue G�ttin unter dem Rade weinte und betete. Herzog Johann aber, den man Parricida, d h. Verwandtenm�rder, nannte, verscholl. Als M�nch soll er in Pisa gestorben sein. Witwe und Tochter des Ermordeten nahmen eine schreckliche Rache an den Verwandten der M�rder und lie�en gegen 1000 hinmorden. An der St�tte des Ver-brechens gr�ndeten sie das Kloster K�nigsfelben.
4. Die Schweizer verteidigen ihre Freiheit gegen seine Nach-kommen. Leopolb von �sterreich, bes Ermorbeten zweiter Sohn, wollte bas Schweizervolk z�chtigen nnb wom�glich unterwerfen, weil es zu �sterreichs Feiube, bent Kaiser Lubwig bem Bayer, hielt, um seine Freiheit zu schirmen. Er zog mit schwer gewappneter Reiterei gegen sie. Da er burch beu Pa� bei Morgarteu kam, fielen ihn bte besp�ttelten Hirten voller Todesverachtung und Freiheitsmut mit ihren Hellebarden und Morgensternen an. F�nfzig Verbannte w�lzten Felsbl�cke vom Berge herab auf die �sterreicher und brachten Tod und Verwirrung in die Reihen des stolzen Feindes. In schm�hlicher Flucht rettete sich nur ein 1315 kleiner Teil (1315), Die Schweizer erneuerten ihren schon 1291 ge-schlossenen Eidgenossen-Bund und erhielten von Ludwig dem Bayer ihre Freiheit von neuem best�tigt. Bald traten auch andere Schweizer St�dte und Ortschaften hinzu.
Ein anderer Leopold von �sterreich versuchte sp�ter bei Sempach 1386 das Hirtenvolk zu unterwerfen (1386) Seine schwer gewafsneten Ritter gaben ihre Rosse den Tro�buben nnd stellten sich in einem Viereck auf, aus dem nach allen Seiten die Spie�e starrten. Vergebens suchten die Schweizer einzudringen; einer nach dem andern fiel durchbohrt zur Erde. Da rief � nach der Sage � Arnold von Winkelried: �Ich will der Freiheit eine Gasse machen; liebe Eidgenossen, sorgt f�r mein Weib und meine Kinder!' Dann fa�te er so viele Spie�e, als er mit den Armen umspannen konnte, und grnb sie in seine Brust. Im Fallen ri� er die Ritter nieder. Durch die L�cke drangen die Schweizer in das' eherne Viereck und metzelten alles nieder. Da die Tro�buben mit den Rossen entflohen waren, so kamen die meisten Ritter auf ber Flucht um ober erstickten bei ber Sommerglut in ihren Harnischen. Unter ben Toten war auch Leopolb, ber bie Nieberlage nicht �berleben wollte.
Noch sp�ter wollte ber reiche, aber hochm�tige unb stolze Herzog Karl ber K�hne von Bnrgnnb bie Schweizer unterjochen; aber bei
1476 Grausou (1476) verlor er in ber Schlacht sein reiches Lager, bei Murten ben gr��ten Teil seines Heeres und bei Nancy endlich � im Kampfe
1477 um Lothringen � sein Leben (1477). Seit 1477 geh�rten die freien
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: Schweizer nur noch dem Namen nach zum deutschen Reiche. Ihre Tapfer-fett wurde sprichw�rtlich, und die meisten F�rsten suchten sie in ihren Dienst ? zu nehmen.
Fragen: Weshalb w�hlten die F�rsten Adolf von Nassau und nicht so-; gleich Wibrecht? � Was versteht man unter �Schirmvogtei" und �Landeshoheit" (Gegensatz: Reichshoheit)? � Was verschaffte den Schweizern den Sieg? � Was | erstrebten die Kaiser seit Rudolf von Habsburg? � �Wilhelm Tell" von Schiller. [ � �Tell und sein Kind" von Arnim und Brentano. � �Wilhelm Tell" von [ Zedlitz.
50a. Ludwig IV. von Bayern (1314-1347).
1. Er folgte dem edlen LuxembnrgerHeinrich VII. (1808�1313). 1308 : Nach K�nig Albrechts Ermordung (1308) wurde der edle Luxemburger
Heinrich VII. zum K�nige gew�hlt. Er gab das K�nigreich B�hmen seinem Sohne Johann, der mit einer b�hmischen Prinzessin verm�hlt i war. Dadurch wurde die luxemburgische Hausmacht begr�ndet. Als er auf einem R�merzuge die alte Kaiserherrschaft in Italien wiederherzustellen gedachte, ereilte ihn ein fr�her Tod, furz nachdem er in Rom die Kaiser-frone (seit 62 Jahren der erste r�mische Kaiser) sich aufs Haupt gesetzt hatte. Er starb bei Siena, von einem M�nch beim Abendmahl vergiftet, wie das Ger�cht behauptete *| (1313). Die habsburgifche Partei w�hlte jetzt Friedrich den Sch�nen von �sterreich,
Albrechts Sohn, und die Gegen-Partei Ludwig von Bayern.
2. Er k�mpfte mit Fried-rich dem Sch�nen um die Krone. Ein achtj�hriger B�r-gerkrieg verheerte nun Deutsch-laud, bis die Schlacht bei Am-Pfing oder M�hldorf end-lieh die Entscheidung brachte
i (1322). Ludwig gewann sie
! durch das rechtzeitige Eingreifen
! Friedrichs IV. von Hohen-
i zollern. Er befam sogarFried-
t rich den Sch�nen in seine Ge- _
' WL$e,"J��t �bn" 125. kndwiz IT. ton Sayrn,.
[ menschlicher Massenarbeit von Grabmal in der Frauenkirche zu M�nchen.
i seinem todwunden Rosse zur
> Erde geworfen und von dem Ritter Albert Rindsmanl �berw�ltigt
t worden. Ludwig empfing ihn mit den Worten: �Better, wir sehen Euch
) gern!" und nahm ihn in f�rstliche Haft aus dem Schlosse Trausnitz an
j der Nab. Die sp�tere Bolfssage hat den Sieg der Kriegsfunst des tapferen
- N�rnberger Feldhauptmanns Seyfried Schweppermann zugeschrieben;
j dessen Teilnahme an dieser Schlacht ist jedoch nicht sicher verb�rgt. Als
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. StuSg. A. 14
1313
1322
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nach der Schlacht nur wenige Eier zur Stillung des Hungers aufgetrieben werden konnten, soll Ludwig diesen Feldherrn durch die Worte geehrt haben: �Jedem Mann ein Ei, dem braven Schweppermann zwei!"
3. Er entzweite sich mit dem Papste und vers�hnte sich mit Friedrich. Leopold, der Bruder des Besiegten, setzte den Krieg fort. Der Papst Johann XXII. in Avignon mengte sich auch in den Streit und sprach �ber Ludwig den Bann, �ber sein Land das Interdikt aus. Da versuchte Ludwig seine Auss�hnung mit dem gefangenen Friedrich und be-suchte ihn selbst anf der Transnitz. Der Kummer hatte den Gefangenen gebeugt und sein Haar gebleicht; seine Gattin hatte sich die Augen aus-geweint. Friedrich erhielt die Freiheit, gelobte aber eidlich, der K�nigs-kroue zu entsagen und sich auch alle M�he zu geben, seinen Bruder zum Frieden zu bestimmen. Gel�nge ihm das nicht, so sollte er wieder in seine Hast zur�ckkehren. Als er vergebens den Starrsinn seines Bruders zu beugen versucht hatte, stellte er sich wieder in M�nchen zur Haft. Ger�hrt umarmte ihn Ludwig und lebte seitdem, wie vormals, in inniger Freund-schaft mit ihm. Als dem Papst diese M�r verk�ndigt wurde, sch�ttelte er ungl�ubig sein Haupt, denn solche Treue gab es in Frankreich und Italien nicht mehr. Friedrich gewann �brigens niemals Einflu� auf die Regierung. Der Kummer hatte seine Gesundheit untergraben und f�hrte ihn einem fr�hen Tode zu.
4. Er gewann und verlor die Unterst�tzung der Kurf�rsten.
1327 Ludwig unternahm 1327 einen R�merzug, erlangte die Kaiserkr�nung ohne den Papst und trat anfangs energisch gegen diesen auf, dann aber dem�tigte er sich wieder. Da der Papst alles tun mu�te, was der franz�sische K�nig wollte, und an eine Auss�hnung zwischen ihm und dem Kaiser nicht zu denken war, so traten die Kurf�rsten (Wahlf�rsten) zu Reuse am Rhein 1338 (bei Koblenz) zusammen und erkl�rten (1338), da� fortan ein von ihnen rechtm��ig gew�hlter K�nig der p�pstlichen Best�tigung nicht bed�rfe. Doch bald wandten sich die F�rsten wieder von Ludwig ab, weil er in r�cksichtsloser Weise seine Hausmacht zu vergr��ern strebte. 1324 Ludwig hatte die Mark Brandenburg schon 1324 als erledigtes Reichslehen seinem Sohne Ludwig zugesprochen. Dann verm�hlte er sp�ter seinen Sohn mit der reichen, aber herrischen Margarete von Tirol, von einem ihrer Schl�sser �Manltasch" genannt, nachdem er sie vorher eigenm�chtig von ihrem Gatten, einem Sohne Johanns von B�hmen, getrennt hatte. Dadurch gewann er Tirol. Auch nach den niederl�ndischen Grafschaften streckte er seine Hand. Alles dies entfremdete dem Kaiser viele Herzen und entflammte den Streit mit dem Papste heftiger als zuvor: Ein Teil der Kurf�rsten setzte ihn ab und w�hlte Karl IV. von Luxemburg, den Sohn des B�hmenk�nigs, zum Kaiser; doch konnte dieser bei aller Schlauheit nicht aufkommen. Da �berraschte der Tod den Kaiser 1347 Ludwig auf einer B�renjagd (1347).
Fragen: Welchen Charakter verr�t Ludwig nach den mitgeteilten Tat-fachen? � Welche Bedeutung erh�lt der Kurf�rstenbeschlu� zn Rense f�r das deutsche K�nigtum? � �Seyfried Schweppermann" von Pocci. � �Deutsche Treue" von Schiller.
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50b. Garl IV. von Luxemburg (1347�1378).
1. Er regierte staatsklug und eigenn�tzig. Karl IV. war der
Enkel Heinrichs VII., ein gebildeter und kluger F�rst. Den Gegenk�nig G�nther von Schwarzburg bewog er durch Geld zum R�cktritt und lie� sich dann nochmals k�ren. �berall wu�te Karl seinen Vorteil klug wahrzunehmen. Ihm war es vornehmlich darum zu tun, seine Hausmacht zu vermehren und seine Kasse zu f�llen. Er erwarb zu B�hmen noch Schlesien, die Lausitz und (1373) Brandenburg. Wie in Deutsch- 1373 laud, so f�llte er auch in Italien auf seinem ersten R�merzuge seinen S�ckel, indem er Rechte und Freiheiten verkaufte. In Rom, vor dessen Toren er sein Heer lie�, wurde er gekr�nt, aber nur unter der Bedingung,
noch an demselben Tage Rom zu verlassen. Eilig zog er dann �ber die Alpen zur�ck. Der gro�e Dichter Petrarka rief ihm nach: �Wenn dein Gro�vater Heinrich VII. dir in den Alpen begegnete, mit welchem Namen w�rde er dich anreden?"
2. Seine L�nder traf schweres Unheil. In der ersten Zeit seiner Regierung wurden die Gem�ter durch seltene Schrecknisse ersch�ttert. Drei Jahre hintereinander verheerten Heu-schreckeuschw�rme die Felder und ver-ursachten eine Hungersnot. Ein Erd-beben richtete im S�den Europas gro�e Verheerungen an. Dann kam aus Asien der Schwarze Tod, eine f�rchterliche Pest, durchzog wie ein W�rgengel Europa und raffte wohl den dritten Teil aller Menschen hinweg (1348 � 1350). Das Bu�gef�hl trieb hierauf die Gei�ler oder Flagellanten zu wahnsinnigen B��-�bungen, so da� sie ein Schrecken der D�rfer und St�dte wurden. Weil man den Juden schuld gab, da� sie die Brun-nen vergiftet und die Pest erzeugt h�tten, so wurden sie an vielen Orten grausam verfolgt.
3. Er setzte die Wahlordnung durch die Goldene Bulle fest (1356). Karl IV. erlie� (1356) die Goldene Bulle, ein Reichsgrund- 1356 gesetz, worin die Wahl- und Kr�nungsordnung festgesetzt war. Der Name stammt von der goldenen Siegelkapsel, die dem Gesetze angeh�ngt war. Sieben Kurf�rsten (von k�ren = w�hlen), �die sieben Leuchter des Reiches",
sollten in Zukunst den Kaiser w�hlen, und zwar die drei geistlichen von Mainz, Trier und K�ln und die vier weltlichen von B�hmen, der Pfalz, Sachfen-Wittenberg und Brandenburg. Durch dieses Reichs-gesetz wurde die Macht der Kurf�rsten fast unumschr�nkt.
4. Er brachte B�hmen zur Bl�te. W�hrend Karl als �Erzstief-vater des heiligen r�mischen Reiches" waltete, sorgte er wie ein wahrer Vater f�r feine Erbl�nder B�hmen und Brandenburg. Ersteres hat er aus der Roheit zur Bl�te der Kultur gehoben. Er brach die R�uber-
14*
1348
\2% Siegel Karls IV. W,
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nefter, sorgte f�r gerechtes Gericht, lie� Wege und Br�cken bauen, Berg-werke anlegen, Fl�ffe schiffbar machen, zog deutsche Gelehrte, K�nstler und 1348 Landbauer ins Land und gr�ndete 1348 als Mittelpunkt des geistigen Lebens die Universit�t Prag, die erste im Deutschen Reiche, die bald von 5000, ja sp�ter von 20000 Studenten besucht war.
5. Sein w�ster Sohn Wenzel mi�handelte das Reich. Sein 1378 �lterer Sohn Wenzel (1378�1400) folgte ihm auf dem deutschen Throne, w�hrend der j�ngere, Sigismund, die Mark Brandenburg erhielt, welche bis dahin Karl IV. selbst verwaltet hatte. Wenzel war nicht ohne Begabung und guten Willen, wurde aber bald tr�ge und versank mehr und mehr in Roheit. Trunksucht und Grausamkeit. Der Schars-richtet", sein lieber Gevatter, soll immer in seiner N�he und ein Rudel b�sartiger Hunde sein Geleit gewesen sein. Die Bestien sollen in der Nacht sogar die Kaiserin Johanna zerrissen haben. Den Generalvikar Pomuk lie� er ertr�nken. Daraus hat sich die Legende vom heiligen
allen Wegen �berhand. In Schwaben \25. Sigismunds Siegel. W. tobte der Kamps des Grafen Eberhard
des Greiners mit dem schw�bischen St�dtebnnde, der sich gegen die Gewalttaten der F�rsten und Ritter wehrte. Da setzten endlich die Kurf�rsten zu Reuse den Kaiser ab und 1400 w�hlten Ruprecht von der Pfalz (1400�1410), der aber beim besten Willen in seiner zehnj�hrigen Regierung die Ordnung im Reiche nicht wiederherstellen konnte.
6. Sein vielgesch�ftiger zweiter Sohn Sigismund regierte ohne Segen f�r seine L�nder. Nach Ruprecht von der Pfalz regierte 1410 Sigismund (1410�1437), Wenzels Bruder. Er war ein Mann von hoher Bildung und angenehmen Manieren. Sein Lebtag aber kam er nicht aus den Vergn�gungen, den Schulden und einer nutzlosen Vielge-sch�stigkeit. Durch seine Gattin Maria war er K�nig von Ungarn; sp�ter wurde er nach dem Tode seines Bruders Wenzel auch K�nig von B�hmen. Aber weder den L�ndern seiner Hausmacht noch dem Reiche war er ein Wohlt�ter; �berall herrschte Krieg und Unzufriedenheit. Die Mark Brandenburg �bertrug Sigismund zuletzt dem Burggrafen Friedrich VI. 1417 von Hohenzollern und belehnte ihn (1417) damit auf dem Konzil zu Konstanz. Dies Konzil war auf Veranlassung des Kaisers vom Papste berufen worden (1414�1418), um die kirchlichen Unordnungen,
Nepomnk gebildet. Pomuk soll Beicht-vater der K�nigin gewesen und in die Moldau gest�rzt worden sein, weil er das Beichtgeheimnis nicht hat verraten wollen. Das Verm�gen von 3000 im Ausst�nde gefallenen Juden zog er ein; alle Schulden bei Inden erkl�rte er f�r null und nichtig; Geistliche und Adlige verspottete und beraubte er; um das Reich aber bek�mmerte er sich wenig. Hier nahm das Faustrecht und damit die Unsicherheit auf
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vorzugsweise das Schisma (Kirchenspaltung), zu beseitigen und die Reichs-angelegenheiten zu ordnen. Als auf demselben Hns verbrannt wurde, entstanden die Hussitenkriege (f. � 54, 4�6).
Fragen: Welchen Schaden brachte die Goldene Bulle dem Deutschen Reiche? � Wie stellten sich die Deutschen Kaiser aus deu verschiedenen H�usern zum Papste? � �Der schwarze Tod" von Lingg. � �Eberhard der Rauschebart" von Uhland.
51. Die Jungfrau von Orleans (f 1431).
1. Tie K�nigsgewalt erstarkt in Frankreich. Nach dem Aus- 987 sterben der Karolinger in Frankreich (987) er�ffnete Hugo Kap et (an-geblich nach seinem Mantel cappa so genannt) die lange Reihe der Kape-tinger (987�1328). Er und seine Nachfolger hatten in dem zerst�ckelten Lande gro�e Not mit den ungehorsamen, allzu m�chtigen Vasallen, ja ein gro�er Teil des Landes geh�rte den englischen K�nigen. Der franz�sische K�nig selbst besa� nur die Umgebung von Paris. Seit Philipp August (1180)
erstarkte jedoch die K�uigsgewalt. Dieser unternahm mit Barbarossa und Richard L�weuherz den dritten Kreuzzug (1190).
Dem schwachen Johann ohne Land entri� er den gr��ten Teil der englischen Besitzungen (um 1200). Ludwig IX.,
der Heilige, ein gewissenhafter und edler F�rst, stellte Ruhe und Ordnung her. Er unternahm (1248) den letzten Kreuzzug nach �gypten, wobei er das feste und reiche Damiette eroberte. Beim Vorr�cken wurde er aber nahe bei Kairo umzingelt und konnte sich nur durch Herausgabe seiner Eroberung und ein schweres L�segeld befreien. Auf einem Zuge gegen Tunis raffte die Pest einen
Teil des Heeres und ihn selbst hinweg (1270). 1270
Philipp IV., der Sch�ne, (1300) machte sich durch List und Ge- 1300 walt zum unumschr�nkten Herrscher. Die Templer rottete er aus und eignete sich ihre G�ter an. Die Juden beraubte und vertrieb er. Den herrschs�chtigen Papst Bonifaz VIII. lie� er gefangen nehmen, weil dieser ihn als Vasallen betrachten wollte und mit dem Banne und Interdikt be-legte. Zwar wurde der Papst alsbald wieder befreit, aber er starb ob dieser Schmach. Dessen Nachfolger Klemens V. wurde von Philipp ge-n�tigt (1309), seine Residenz von Rom nach Avignon zu verlegen. 1309 Seit dieser Zeit sinkt die p�pstliche Macht von ihrer H�he. Man nennt die folgenden 70 Jahre, in denen die P�pste nur Spielb�lle in der Hand der franz�sischen Machthaber waren, und in denen Avignon Sitz der P�pste und eine St�tte b�ser Ausschweifungen war, �die babylonische Gefangenschaft der Kirche" (1309�1378). 1378
2. Die Engl�nder bedr�ngen Frankreich. Nach den Kapetingern
kam das Haus Valois auf ben Thron (1328�1589). Da erhob aber 1328
c
1180
1190
1200
1248
Siegel Hugo Kapets.
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der K�nig von England, Eduard III., Anspr�che auf Frankreich, und 1339 nun begann von 1339 an ein �ber hundert Jahre dauernder englisch-franz�sischer Erbfolgekrieg. Eduard III. gewann nach den gl�nzenden 1346 Siegen bei Crecy (1346) und bei Maupertuis (1356) einen Teil Frankreichs. Karl V., der Weise, entri� es den Engl�ndern bis auf Calais wieder durch den ritterlichen Bertrand du Guescliu. Unter dem 1415 wahnsinnigen Karl VI. gewannen die Engl�nder (1415) die Schlacht bei Azinconrt, dann den Norden Frankreichs, und schon r�ckten sie nach dem Tode Karls VI. bis Orleans vor und drohten, seinem Sohne Karl VII. das ganze Land zu entrei�en. Das Volk war mutlos, ja teilweise dem K�nige feindlich gesinnt. Sein m�chtigster Vasall, der Herzog Philipp von Burgund, war wegen der Ermor-dung seines Vaters abgefallen und hatte sich mit den Engl�ndern verb�ndet. In der gr��ten Not kam wunder-bare Hilfe durch eine Jungfrau, deren Leben von der Sage sp�ter vielfach ausgeschm�ckt worden ist.
3. Die begeisterte Jungfrau verhei�t Hilfe. In dem lothringischen Dorfe Domremy lebte der Bauer Thibaut d'Arc. Seine Tochter Johanna war ein stilles, schw�rmerisches M�dchen. Als sie von der Not des K�nigs und des Vaterlandes h�rte, flehte sie Gott in-br�nstig um Rettung an und hing beim Weiden ihrer Herden unabl�ssig dem Gedanken nach, wie dem K�nige in seiner Not zu helfen sei. Da sah sie in ihren Tr�n-men unter ihrem Lieblingsbaume den Erzengel Michael erscheinen, der sie zur rettenden Tat aufforderte; ihre Gedanken und Tr�ume wurden ihr zu g�ttlichen Offen-barnngen. Sie verlie� ihre Herden, lie� sich von einem Oheim zu dem Befehlshaber der n�chsten Stadt f�hren und teilte ihm die g�ttliche Botschaft mit (1429). Dieser verlachte sie anfangs, wurde aber dann durch die unersch�tterliche Festigkeit besiegt und beschlo�, sie zum K�nige geleiten zu lassen. Das begeisterte Volk gab der Jnngsran ein Pferd, Waffen und M�nnerkleider, und zwei Ritter geleiteten sie unter vielen Gefahren zu dem K�nige. Diesem sagte sie, da� Gott sie berufen habe, Orleans zu befreien und den K�nig zur Kr�nung nach Reims zu f�hren. Der K�nig stellte sie vielfach aus die Probe, um sich zu �berzeugen, ob sie nicht eine Betr�gerin oder Zauberin sei, aber sie bestand in allen St�cken die Pr�fung.
3. Sie verrichtet Taten des Mutes und Edelsinns. Nun stellte sich die Jungfrau mit einer wei�en Fahne in der Hand an die Spitze eines Heerhaufens, den sie in strenger Zucht hielt, und zog gegen die Eng-l�nder vor Orleans. Sie begann den Sturm auf dessen Bollwerke, und obgleich ein Pfeil sie traf, trieb sie doch die Feinde zur�ck und entsetzte das halb verhungerte Orleans. Diese Tat hob den gesunkenen Mut der Franzosen; Gelder und Truppen str�mten zur Hilfe herbei; der Jungfrau k��te man dankbar Kleider und F��e. Sie bewog nun den K�nig, mitten durch das von Engl�ndern besetzte Gebiet nach Reims zu ziehen und sich
\27. Karl VII. Nach einem Mimatur-1429 gem�lde. W.
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kr�nen zu lassen. Viele St�dte und Schl�sser aus dem Wege nahm sie mit Sturm. Einmal wurde ihr der Helm zerschmettert und sie selbst tu einen Graben gest�rzt, aber ihr Heldenmut blieb unersch�tterlich. Dabei lie� sich ihr rein menschliches Gef�hl, ihr kindliches Wesen auch im Kriegs-get�mmel nicht ersticken. Beim Anblick der vielen Leichen brach sie m Tr�nen aus. Ein Soldat hieb neben ihr unbarmherzig einen Engl�nder nieder, der um Gnade flehte. �B�ser Franzose!" rief Johanna ersch�ttert aus. Sie sprang vom Pferd, richtete dem Verwundeten den Kopf auf.
pflegte und tr�stete ihn und erleichterte ihm seine Sterbestunde. So heldeu-Haft sie war, so weich und weiblich empfand sie doch. Bei der Kr�nung stand sie mit ihrer Fahne an der Seite des K�nigs. Nach der Feier um-fa�te sie seine Kniee und sprach: �Edler K�nig! Gottes Wille ist erf�llt, Orleans entsetzt, und Ihr seid in Reims gekr�nt. Lasset mich nun wieder zu den Meinen ziehen!" Der K�nig aber bewog sie durch vieles Bitten,
noch l�nger beim Heere zu bleiben.
5. Sie erleidet als Zauberin den Flammentod. Das Gluck war ihr fortan nicht so hold wie im Anfange. Auch verlor sie ihre fr�here Sicherheit. Zwar ergaben sich die meisten St�dte dem K�nige, und die Engl�nder wagten keinen entscheidenden Schlag; aber Paris belagerte Johanna vergeblich, weil der schwache K�nig sie ohne Unterst�tzung lie�; und vor Compiegue siel sie, von allen verlassen, in die H�nde der Bur-gunder. Diese lieferten sie den Engl�ndern aus, welche sie einem In-qnisitionsgerichte �berantworteten. Da sie als Zauberin von einem Bischof verh�rt werden sollte, st�rzte sie sich in ihrer Angst aus ihrem hohen Ge-s�ngnis herab und verwundete sich bedenklich. Man brachte sie nach Roueu in einen Turm und lie� sie von gemeinen W�chtern �bel behandeln. Da-zu wurde sie t�glich durch peinliche Verh�re geplagt und von Spionen belauscht. Die Engl�nder schalten sie eine Zauberin, sie aber behauptete, uur der g�ttlichen Offenbarung gefolgt zu fein. Nach endloser Peinigung gab sie zu, da� die Offenbarungen ein Irrtum gewesen seien. Darauf wurde sie zu ewigem Gef�ngnis verurteilt und mu�te geloben, nie wieder M�nnerkleider anzuziehen. Da man ihr aber die eigenen Kleider weg-nahm und nur ein Mauusgewaud hinlegte, .so zog sie notgedrungen dieses an. Dabei betroffen, wurde sie zur Rechenschaft gezogen. Nun loderte ihr alter Mut hoch auf. Sie beklagte ihren fr�heren Widerruf und be-teiterte, da� sie stets g�ttliche Offenbarungen gehabt habe und noch habe. Hieraus wurde sie als �r�ckf�llige Ketzerin" zum Feuertode verurteilt und auf einem elenden Karren zum Scheiterhaufen auf den Markt gef�hrt.
Unter inbr�nstigen Gebeten, die selbst Engl�nder zu Tr�nen r�hrten, starb sie unschuldig eines qualvollen Todes zu Rotten (1431). Noch aus den 1431 Flammen rief sie mit fester Stimme: �Meine Stimmen waren von Gott, sie haben mich nicht belogen!" Als sie oben auf dem Scheiterhausen stand und die gro�e Menge und die gro�e Stadt �berblickte, sprach sie: �O Ronen, ich habe gro�e Angst, da� du um meinen Tod zu leiden haben wirst." Und als die Flammen um sie emporloderten, da verga� sie sich selbst, dachte nur an die Gefahr, der sich der Priester aussetzte, welcher sie begleitet hatte, und hie� ihn hinabsteigen. So blieb sie bis zum letzten
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Atemzuge ein Wunder selbstloser Aufopferung, getreu dem Vorbilde des Gekreuzigten, mit dessen Namen auf den Lippen sie verschied. Karl VII. aber, der sich mehr und mehr im Reiche befestigte und den Engl�ndern alle Eroberungen bis auf Calais entri�, hatte weder Hand noch Fu� ger�hrt, um das Los seiner Wohlt�terin zu erleichtern. Sp�ter errichtete man ihr ein Denkmal und feierte zu ihrem Ged�chtnis ein Volksfest.
Fragen: Welche Ursachen und welche Folgen hatte die Verlegung der p�pst-Uchen Residenz nach Avignon? � Woher stammt der Nationalha� zwischen Ena-landern und Franzosen? � Wie sind die gro�en Erfolge der Jungfrau au erkl�ren? � Schillers �Jungfrau von Orleans".
52. Oie Eroberung Konstantinspeis durch die T�rken (1453).
1. Die vordringenden T�rken. Das gro�e Reich der Araber umfa�te vor dem Jahre 750 Iran, Armenien, Mesopotamien, Syrien, Arabien, �gypten, die Nordk�ste von Afrika und Spanien. Nach 750 ging letzteres als selbst�ndiges Kalifat von Kordova verloren. Aber das alte Kalifenreich blieb trotzdem noch unter den Abassiden m�chtig, besonders 800 unter dem kunstliebenden Harun al Raschid (800). Von seinen Gelehrten lernte das Abendland den Gebrauch der arabischen .�tffern, die Algebra oder Buchstabenrechnung und den arabischen Baustils)
Sp�ter zerfiel das Reich durch den Abfall von Provinzen, wie �gyptens unter den Fatimiden, und es kamen die Seldschnkken oder Sarazenen zur Herrschaft, die in den Kreuzz�gen erfolglos 200 Jahre bek�mpft wurden. Der Seldschnkkenherrschaft machte der Tnrkomane O sman 1299 �ein Ende (1299). Sein Sohn schuf das Fu�volk der Janitfcharen. Er lie� n�mlich alle f�nf Jahre im ganzen Reiche kr�ftige und kluge Christenknaben ausheben, streng im Islam erziehen und in den Waffen �ben. Sie wurden der unwiderstehliche Kern der t�rkischen Kriegsmacht 1355 und der Schrecken Europas. Der Sultan So lim an fa�te (1355) in 1365 Europa Fu�, und Murad I. verlegte feine Residenz (1365) nach Adrianopel. Sein tapferer, aber grausamer Sohn Bajasid wurde bei An-1403 gora (1403) von dem lahmen Weltenst�rmer Timnr oder Tamerlan, dem Beherrscher der Mongolen, der von der chinesischen Mauer bis zum Mittelmeer alles unterwarf, geschlagen, gefangen und fortgeschleppt. Timnr, der zweite Attila, aber starb bald darauf, w�hrend er einen Kriegszug gegen China vorbereitete. Die Osmanen erhoben sich wieder. Ihrem ge-waltigen Eroberer Murad II. waren nur zwei M�nner gewachsen, der siebenb�rgische F�rst Johann Hnnyad und der T�rkenbezwinger Skanderbeg von Albanien. Nach jedem Siege zog sich Murad in die Tulpeng�rten von Magnesia zur�ck und �berlie� sich Gen�ssen jeder Art. Niederlagen und Gefahren riefen ihn blitzschnell wieder an die Spitze des Heeres. In der besten Kraft raffte ihn der Tod bei einem Mahle hinweg. Sein Sohn Mohammed II. war ein ebenso gro�er Krieger wie W�terich,
1) Die W�rter Alkohol oder Weingeist, Alkoven oder seitliches Schlaf-gemach eines Zimmers, Alkali oder Laugensalz, Admiral oder Flottenf�hrer, Alchimie oder vermeintliche Goldinacherkunst u. a stammen aus dem Arabischen.
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die Gei�el der L�nder und der Schrecken der Christen. Unter seinen Streichen fiel der morsche byzantinische Kaiserthron.
2. Das verfallende griechische Reich. Nach Jnstinian (f 565)
siechte das ostr�mische Reich langsam dahin. Die Kaiser wechselten rasch,
nicht selten durch Mord. Die Geistlichkeit lag in bitterem Hader mit Rom,
bis es endlich zur v�lligen Kirchentrennung kam (1054). Besonders 1054 heftig w�tete der Bilderstreit. Unter den Nachfolgern Justini ans I.
hatte n�mlich die Verehrung der Bilder und Reliquien in einer Weise zu-genommen, da� man eine neue Abg�tterei bef�rchtete. Deshalb erlie� Kaiser Leo der Jsanrier (726) das Gebot, alle Bilder aus den Kirchen zu entfernen. Dies erregte einen Sturm, der gegen ein Jahrhundert das Reich ersch�tterte. Bilderdiener und Bilderst�rmer standen sich im leiden-schaftlichen Kampfe gegen�ber. Als gegen Ende des 8. Jahrhunderts die Kaiserin Irene f�r ihren Sohn die Regentschaft f�hrte, hob sie die Be-schl�sse gegen den Bilderdienst auf und gab den Kirchen ihren Bilderschmuck zur�ck. Die folgenden Kaiser erlie�en zwar wieder Verbote gegen den Bilderdienst, aber die Kaiserin Theo-dora (im 9. Jahrhundert) hob die Verbote auf und gab die Bilder-Verehrung frei. (Eine von Karl dem Gro�en nach Frankfurt a. M. be-rufene Kirchenversammlung hatte sich gegen das �berma� des Bilderdienstes ausgesprochen.) Das ostr�mische Volk versank in Aberglauben, Tr�gheit und Genu�sucht nach dem Beispiele des Hofes; Handel, Gewerbe und alle Staatseink�nfte kamen iu die H�nde Venedigs und Genuas; B�rgerkriege und Unruhen h�rten selten auf. Von Norden drangen die Bulgaren, von Westen die Serben vor und erzwangen sich Beute oder Tribut. Von Osten
erfolgte Sto� auf Sto� durch die T�rken, die zuletzt mit eisernen Armen Konstantinopel, die K�nigin zweier Welten und zweier Meere, umschlossen.
3. Die belagerte Hauptstadt. Der Osmane Mohammed II.
hatte an der schm�lsten Stelle des Bosporus eine Festung errichten lassen,
die den 725 Schritt breiten Wassersaum beherrschte und den �bergang er-leichterte. Dann schritt er zur Belagerung. 300000 beutelustige Krieger schnitten die Stadt von jeder Landverbindung ab, und 70 Schiffe wurden aus Brettern, die durch Fett schl�pfrig gemacht waren, in den weiten Hafen geschoben, den eine m�chtige Kette sperrte. Ungeheure Belagernngs-t�rme wurden immer n�her an die Stadt geschoben, und Kanonenkugeln von gewaltigem Gewicht ersch�tterten die Grundmauern der Stadt. Bei Nacht umzog das t�rkische Lager wie ein feuriger Halbmond die Stadt; bei Tage erscholl das Schlachtgeheul der Belagerer, der L�rm von Trom-peten und Pauken, der Donner der Riesenkanone und das �Kyrie eleison"
\28. Mohammed II.
Kupfermedaille im Kgl, M�nzkabinett in Berlin.
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(Herr, erbarme dich unser!) der Belagerten schaurig durcheinander. In der Stadt machte sich in dieser h�chsten Not Feigheit und Habsucht geltend. Nur 9000 Streiter folgten dem Rnse des Kaisers; die Reichen vergruben ihre Sch�tze.
4. Der mutige, aber ungl�ckliche Verteidiger. Konstantin XII., ein redlicher F�rst, verteidigte seine Hauptstadt mit gro�er Tapferkeit. Die t�rkische Flotte wurde geschlagen, der h�chste Belagerungsturm durch das fl�ssige griechische Feuer entz�ndet, aber trotzdem zog sich die er-w�rgende Umstrickung immer enger zusammen. Zuletzt stellten sich Mangel und Verzweiflung ein. Konstantin und der tapfere Kommandant Gin-ftiniani, ein Genuese, verweigerten indes noch immer die �bergabe. Da begann Mohammed am 29. Mai 1453 nach fast f�nfzigt�giger Belagerung
\2ty. Sophienkirche in Konstantinopel (L�ngendurchschnitt). (Nach Springer, Handb- d- Kunstgesch- n, 5. Fig. 34 )
einen allgemeinen Sturm. Tapfer stritten die Griechen und Italiener in der Stadt. Aber schon war der heldenm�tige Genuese gefallen, und die Janitscharen drangen ein. Ihnen st�rzte sich der Kaiser, der mit den Seinen das Abendmahl genossen und unter Tr�nen Abschied genommen hatte, entgegen zum Todeskampfe. W�hrend er das Haupttor verteidigte, drangen die T�rken durch ein anderes, lange verrammelt gewesenes ein. Der Ruf: �Die T�rken sind in der Stadt!" raubte den Verteidigern den letzten Rest von Mut und Besonnenheit. Der Kaiser rief verzweifelt: �Ist denn kein Christ da, der mir mein Haupt nehme?" Da trafen ihn die Todesstreiche zweier T�rken. Andere Getreue st�rzten mit ihm. Des Kaisers Haupt lie� Mohammed auf einer S�nle zum Hohne ausstellen und dann ausgestopft durch die St�dte Kleinasiens senden.
5. Die traurigen Folgen der Eroberung. Das in die Sophien-kirche gefl�chtete Volk verkaufte man in die Sklaverei wie Schlachtschafe. Das Kreuz wurde von der Sophienkirche geworfen und durch den Halb-mond ersetzt, der bis dahin Stadtzeichen von Byzanz gewesen war und nun
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das Wahrzeichen des Islam und des t�rkischen Reiches wurde. Die Sch�tze der Bibliothek wurden vernichtet oder zerstreut, die H�user ge-pl�ndert, die Kirchen entweiht und die Stadt zur t�rkischen Residenz ge-macht. Entsetzen packte die Christenheit des Abendlandes. Durch das �Mittagsl�uten der T�rkenglocken" sollte die Christenheit zu Gebet und Wachsamkeit gegen die T�rken gemahnt werden, denn der furchtbare Er-oberer zog weiter. Bald lag Griechenland und der gr��te Teil der Balkan-Halbinsel unter seinem Fu�tritte. Nur vor Belgrad siegte noch einmal das Christenheer unter Huuyad. Schon hatte Mohammed seinen Fu� nach Unteritalien gesetzt, schon f�rchtete Rom das Nahen des Schrecklichen, da starb er. Drei�ig Jahre war Mohammed II. der Ruhm des Islam und der Schrecken der Christen gewesen.
Fragen: Die Bedeutung Konstantinopels! � Wie konnte es sich so lange halten? � Woran ging es zugrunde? � Worin lag die Unwiderstehlichkeit der T�rken? � Wie bereiteten die Sprachstudien, welche die aus Konstantinopel nach Italien gefl�chteten griechischen Gelehrten im Abendlande anregten, eine neue Zeit vor?
53. Die Erfindungen.
1. Der Kompa� (1300) hebt den Verkehr. Die Chinesen sollen 1300 schon in alter Zeit die freischwebende Magnetnadel gekannt und als Weg-weiser f�r ihre Karawanenz�ge durch die weite W�ste benutzt haben. In Europa ist nach verb�rgten Nachrichten der Kompa� erst im 12. Jahrhundert f�r die Schiffahrt gebraucht worden Etwa um 1300 hat der unteritalienische Schiffer Flavio Gioja den Kompa� mit feiner Scheibe (Windrose) in einer Kapsel so verbunden, da� er, durch die Schwankungen
des Schiffes ungest�rt, als zuverl�ssiger Pfadweiser f�r die Fahrten in das unerme�liche Weltmeer dienen konnte. Seit dieser Zeit beschr�nkte sich die Schiffahrt nicht mehr auf K�sten- und Binnenfahrten, sondern sie strebte in das Unbekannte hinaus; denn die Gefahr, sich in der Wasser-w�ste zn verlieren, war gemindert, und die treibenden Kr�fte, als Aben-teurerlust, Handelsgeist und Forscherdrang, wurden dadurch noch mehr angeregt.
2. Das Schie�pulver (1340) �ndert die Kriegf�hrung. Wegen der allgemeinen Unsicherheit im Mittelalter waren die St�dte durch Mauern mit T�rmen und Toren sowie durch Wassergr�ben und Zugbr�cken befestigt. Drohte eine Belagerung, so wurden Au�en-werke aus Pf�hlen, Baumst�mmen, Erdw�llen und Steinen errichtet, um den andringenden Feind aufzuhalten, die Speicher mit Vorr�ten gef�llt und alles in Verteidigungsstand gefetzt. Auf der Mauer stellte man Schleudermaschinen auf, und hinter Brustwehren verteilten sich die Schien-derer, Armbrust- und Bogensch�tzen. Riesige Armbr�ste auf Holzb�cken mit 4�6 Meter langen Bogen hie�en Ballisten. Ein Zeugmeister leitete die Verteidigung. Weiber und Kinder schleppten Steine, Kugeln, Kalk,
hei�es Wasser, �l, Pech und Schwefel herbei, um die Belagerer damit zu �bersch�tten.
Diese schlugen vor der Stadt ein Zeltlager auf und richteten sich auf
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eine l�ngere Belagerung ein. (Siehe das Bild auf S. 220!) Sie zer-st�rten zun�chst die Wasserleitungen und schnitten alle Zufuhr ab, um die Belagerten durch Hunger oder Durst zur �bergabe zu zwingen. Unter der Erde gruben sie Miueu, um in die Stadt zu gelangen oder die
Mauer zum Einsturz zu bringen. Durch verschiedene Belagerungs-maschinen suchten sie die Gr�ben auszuf�llen, in die Mauern Bresche zu legen oder sie zu �bersteigen. Die Katze war ein viereckiger Holzbau mit starken W�nden auf breiten R�dern, worin sich die Arbeiter verbargen, welche die Gr�ben mit Holz, Stroh, Steinen und Erde ausf�llen sollten. Sie wurde durch Winden langsam fortbewegt und war gegen die Brand-
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pfeile der Belagerten durch nasse H�ute gesch�tzt. Der Widder oder Mauerbrecher war aus starken Balken gebaut und wurde mit seiner Eisen-stirn gegen die Mauer gerannt, um sie zu lockern und Bresche hineinzn-sto�en. Die Belagerung st�rme ans Balken und Brettern waren so hoch wie die Mauern, verbargen in mehreren Stockwerken die Streiter und wurden auf R�dern und Walzen bis dicht an die Mauer geschoben,
so da� die Belagerer auf dieselbe springen und in die Stadt dringen konnten. Die Bliden waren ge-waltige Schleudermaschinen, welche rundliche Wurfsteine. F�sser mit Brennstoffen, Leichen und totes Vieh (um die Luft zu verpesten) in die belagerte Stadt schleuderten. Sie bestanden aus einem nngleicharmi-gen Hebel, der sich auf einem Balken-ger�st drehen lie�. An dem kurzen Lastarme hing ein gro�er Kasten mit Steinen; an dem langen Kraft-arm (der auf dem Bilde eben herab-gewunden und gefesselt ist) wurde in einer losen Schlinge an einem gekr�mmten Eisen das Gescho� be-festigt. Wurde die Hemmung des l3J(. Musketier mit Hakenb�chse.
langen Armes, der Rute, beseitigt, so schmetterte der Steinkasten am kurzen Arme nieder, schnellte den langen Arm in die H�he und schleuderte das Gescho� im Bogen mit furchtbarer Gewalt nach der belagerten Stadt.
Wie die Belagerer unabl�ssig bei der Arbeit, so waren die Belagerten Tag und Nacht auf ihrer Hut. Sie besserten alle Sch�den aus, suchten durch Brandpfeile oder Ausf�lle die Belagerungsmaschinen in Brand zu stecken, �bersch�tteten die St�rmer mit einem Hagel von Steinen und siedenden Fl�ssigkeiten und warfen oft im Stra�enkampfe die eingedrungenen Feinde tapfer zur�ck. So zogen sich h�ufig die Belagerungen monate-, ja jahrelang unentschieden hin.
Die Kriegf�hrung �nderte sich v�llig mit der Erfindung des schie�-Pulvers. Der deutsche M�nch Berthold Schwarz in Freiburg soll bei seinen Versuchen, Gold zu machen oder den �Stein der Weisen" zu eut-decken, durch eine zuf�llige Zusammensetzung von Schwefel, Salpeter und Kohle das Schie�pulver erfunden haben. Die Chinesen hatten es indessen schon zur Sprengung von Felsen und zu Belagerungsgesch�tzen verwandt. In der Schlacht bei Creey (l346) sollen die ersten groben Gesch�tze an- 1346 gewandt worden sein. Diese Donnerb�chsen waren unf�rmliche M�rser mit einem Z�ndloche. Sp�ter machte man Wallb�chsen von kleinerem Kaliber und sogenannte Feldschlangen; die Hakenb�chsen (Musketen) konnte ein Mann tragen. Alle diese B�chsen wurden mit Lunten abgefeuert.
Erst 1517 wurde das Feuerschlo� entdeckt, und im 17. Jahrhundert 1517
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kamen die ersten Flinten auf. Sie wurden von dem Feuersteine oder 1640 �Flins" so genannt. In Bayonne wurde 1640 das Bajonett, eine auf-geschraubte Lanze, erfunden. An die Stelle des alten Feuersteins trat sp�ter das Z�ndh�tchen der Perkussionsgewehre. Dreyse in S�mmerda 1827 erfand endlich die Hinterlader mit der Z�ndnadel (1827 und 1836). Die bekanntesten neueren Hinterlader sind das Mausergewehr (in Deutschland
J3�. Landsknechte.
Alter Holzschnitt. (Nach dem Faksimiledruck der Reichsdruckerei-)
seit 1871) und das Chassepotgewehr (in Frankreich), in neuester Zeit durch das Magazingewehr (Mehrlader) verdr�ngt. Auch die jetzigen Gesch�tze sind gezogene Hinterlader (Haubitzen, M�rser).
Das Schie�pulver f�hrte den Untergang des Rittertums herbei. Hinfort sch�tzte keine Burg, kein Harnisch mehr, entschied nicht die pers�n-liche Tapferkeit die Schlacht, sondern die Zahl und G�te der Donner-b�chsen, eine gl�ckliche Stellung und ein geschickter Schlachtplan. Den Waffendienst versahen jetzt haupts�chlich die S�ldner; in Deutschland
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traten solche bis zum Ende des 16. Jahrhunderts als Landsknechte in besonderer und bestimmt ausgepr�gter Genossenschaft auf. Es waren meist verwegene Gesellen aus aller Herren L�ndern, die Handgeld nahmen,
wenn bei drohendem Kriege die Werbetrommel ger�hrt wurde. Am liebsten folgten sie dem Rufe bekannter Landsknechtf�hrer. Ein solcher war z. B.
Georg von Frundsberg, der �Vater der Landsknechte". Als Kleidung trugen sie ein Lederwams mit geschlitzten �rmeln, eine kurze, weite Hose,
lange Str�mpfe und derbe Schuhe. Ihre Waffen waren ein langer Spie� und ein zweih�ndiges m�chtiges Schwert. Auch waren in jedem �F�hnlein"
(etwa 400 Mann) 25�30 B�chsensch�tzen. Als Sold erhielten sie mo-natlich etwa 20 Mark. Als Vorgesetzte hatte jedes F�hnlein einen Haupt-mann, einen Leutnant, einen Weibel und einen F�hnrich. Letzterer trug die schwere Fahne und mu�te deshalb ein starker Mann sein. Trommler und Pfeifer gaben die milit�rischen Zeichen und ermutigten zum Angriff. Der Profo� war der �ffentliche Ankl�ger bei Vergehen und Verbrechen. Das Urteil sprachen die Landsknechte selbst. Lautete es auf �Tod", dann wurde der Misset�ter in die �Gasse" getrieben und von den Spie�en seiner Kameraden niedergesto�en. Vor Beginn des Kampfes knieten die �frommen Landsknechte" zum Gebet nieder. Dann warfen sie eine Hand voll Erde hinter sich als Zeichen, da� sie auch ihr Leben im tapfern Streite so hin-w�rfen. Den Angriff er�ffnete der �verlorene Haufe", und ihm folgte in wuchtigem Viereck die Hauptmasse. Dem S�ldnerheere folgte immer ein gro�er Tro� von Weibern, Kindern und Gesindel. W�st war Leben und Treiben der Landsknechte. Trunk, W�rfelspiel, gr�uliches Fluchen und Bauernschinderei waren an der Tagesordnung. Sie waren der Schrecken der schutzlosen Landbewohner, besonders wenn sie nach geschlossenem Frieden entlassen wurden und nun herrenlos als R�uber das Land durchstreiften. Ans den S�ldnern gingen sp�ter die stehenden Heere hervor. Grollend zogen sich die Ritter von der �unadligen" Kriegf�hrung zur�ck.
3. Die Buchdruckerkunst (1440) f�rdert die Volksbildung. Sie 1440 gab den Geistern eine Stimme, brach die Ketten der Unwissenheit und machte mit Blitzesschnelle geistige Errungenschaften zum Gemeingute. Fr�her wurden die B�cher nur durch m�hselige und darum kostspielige Abschriften auf Pergament von M�nchen vervielf�ltigt. Eine geschriebene Bibel kostete 3000 Mark. Im 14. Jahrhundert schnitt man Bilder in Holz und druckte sie mit Farbe roh ab. Lorenz Kost er in Harle m druckte sogar kleine Gebetb�cher; aber f�r jede Seite war eine Holztafel ausgeschnitten. Da kam Johannes, genannt Gutenberg, in Stra�-b�rg (geb. 1399 in Mainz) auf den Gedanken, die Buchstaben einzeln in Metall als sogenannte Typen herzustellen. Statt des Pergaments nahm er das schon im 14. Jahrhundert erfundene Leinenpapier. Von Stra�-b�rg ging er nach Mainz, wo er sich mit Peter Sch�ffer und dem Goldschmied Johann Faust vereinigte. Faust scho� das Geld zu einer Druckerei vor, in der die Arbeiter eidlich Verschwiegenheit geloben mu�ten. 1455 erschien das erste gro�e Buch, eine lateinische Bibel, 1457 ein gedruckter Psalter. Zum �rger der M�nche und zum Erstaunen des Volkes verkaufte man die B�cher f�r den zehnten Teil des bisherigen Preises.
Unwissenheit und Brotneid nannten die Kunst ein H�llenwerk und Faust einen Bundesgenossen des Satans. Gutenberg wurde noch vor 1455 von Faust und Sch�ffer aus ihrem Verb�nde gesto�en. Mit Hilfe des Mainzer Kurf�rsten legte er zwar iu Mainz eine Buchdruckerei au, doch �berlebte er den Undank nicht lange. Der Krieg zerstreute sp�ter die Buchdrucker-gesellen und machte die Erfindung zum Gemeingute.
Fragen: Warum sind diese (Erfindungen das Morgenrot einer neuen Zeit? � Welche Folgen hatten jede?
54. Oie Vorl�ufer der Reformation.
I. Kirchliche Zust�nde.
1. Die verweltlichte Geistlichkeit. Im Laufe des Mittelalters waren allerlei Mi�br�uche in der christlichen Kirche eingerissen. Immer mehr Stimmen erhoben sich, welche die weltliche Herrschsucht der P�pste, das verweltlichte Treiben der Geistlichen, das �berhandnehmen der Kl�ster, die Entartung des Klosterlebens, des Gottesdienstes und der Lehren hart angriffen. Durch weltliche Macht suchte der Papst diese Stimmen zum Schweigen zu bringen. Da sollten Bann und Interdikt, Scheiter-Haufen, Ketzerkreuzz�ge und Inquisition das Ansehen der christ-lichen Kirche erhalten. Der kleine Bann schlo� von der Teilnahme an den Sakramenten aus; der gro�e Bann verband mit der Verfluchung die Aussto�ung aus der kirchlichen Gemeinschaft. Das f�rchterlichste aller kirchlichen Strafmittel war aber das Interdikt, d. h. das Verbot gottes-dienstlicher Handlungen in einem bestimmten Bezirke oder im ganzen Lande. Die Kirchen wurden geschlossen, die Glocken nicht mehr gel�utet, kein Ehebund kirchlich eingesegnet und die Toten ohne Sang und Klang zur Gruft getragen; die Taufen fanden nur auf ausdr�ckliches Verlangen statt, und nur den Sterbenden wurde das heilige Abendmahl gereicht.
2. Die r�mische Habgier. Es erf�llte viele Deutsche mit tiefem Groll, da� durch listige Veranstaltungen des r�mischen Hofes so viel deutsches Gold und Silber aus kirchlichen Stiftern oder aus den H�nden der Gl�ubigen nach Italien flo�. So l��t der fromme, aber auch deutsch-gesinnte Walther von der Vogelweide in einem seiner schneidigen Lieder den Papst sprechen: �Ich Hab' zwei Deutsche unter eine Kr�n' ge-bracht, damit das Reich sie st�ren und belasten, und mittlerweile f�llen wir den Kasten. Ich Hab' zum Opferstock gedr�ngt sie, all ihr Gut ist mein; ihr deutsches Silber f�hrt in meinen welschen Schrein. Ihr Welschen, esset H�hner, trinket Wein und la�t die Deutschen � fastend
3. Der ver�u�erlichte Gottesdienst. Der Gottesdienst bestand h�ufig nur noch aus hohlen Zeremonien. Die Heiligen wurden als Mittler zwischen Gott und Menschen angerufen und dadurch nicht felten die Anbetung Gottes in Geist und Wahrheit getr�bt. Bildern und Reliquien (d. h. �berbleibseln von Heiligen) bewies man eine g�ttliche Verehrung. Fasten, Almosen, Rosenkranzbeten, Kasteiungen, Wallfahrten, Klostergel�bde und Klosterleben wurden als h�chste
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Bet�tigung des christlichen Lebens gepriesen. Die Zahl der Feste wuchs immer mehr, beeintr�chtigte bei vielen die Lust zur Arbeit, n�hrte dagegen den Hang nach Vergn�gungen. Menschensatzungen, oft nur dazu gemacht, um selbsts�chtigen Zwecken zu dienen, verdr�ngten das reine Gottes-wort. Die Tradition (d.h. m�ndliche �berlieferung von Lehren und Geschichten) sch�tzte man der Bibel gleich. Beim Abendmahl wurde seit 1214 den Laien, d. h. Nichtgeistlichen, der Kelch entzogen. Es war Lehre der Kirche, da� die Seelen nach dem Tode in das Fege- oder L�uterungsfeuer k�men, dessen Qualen durch Me�opfer abgek�rzt werden k�nnten. Der Papst als Verwalter der Sch�tze Gottes k�nne den Schatz �berfl�ssiger guter Werke der Heiligen Bed�rftigen zuwenden. Auf biefert Ausspruch st�tzte sich die Lehre vom Abla�, nach welcher der Bu�bed�rftige f�r Geld Nachla� der irdischen Strafen (Kirchenbu�e) und Milderung oder Abk�rzung der Qualen im Fegefeuer erhielt.
4. Die gespaltene Kirche. Ehrliche und wahrhafte M�nner hatten sich gegen die zunehmende Verderbnis der Kirche erkl�rt und eine Reinigung derselben verlangt. Aber der Klugheit Roms, seiner Gewalt und List ge-lang es, alle Versuche einer Reformation zu unterdr�cken, obwohl das Papsttum seit den Tagen eines Bonifa eins VIII. fein �bergewicht eingeb��t hatte. Auf die Zeit des babylonischen Exils der P�pste (1309 bis 1378) (f. � 51, 1) war das hohnvolle Schisma (Kirchenspaltung, 1378�1415) gefolgt. Anfangs zwei sittenlose, seit 1409 drei P�pste,
da die beiden abgesetzten nicht abdankten, und alle drei einander ver-ketzernd: � das war das Zerrbild der Kirche Christi.
5. Die mi�gl�ckten Reformversuche durch Waldus und Wiklef.
Der reiche Kaufmann Peter Waldus in Lyon kam (um 1170) durch 1170 das Lesen der Bibel zu gel�uterter Erkenntnis. Er gab seine G�ter den Armen, predigte das lautere Evangelium m der Landessprache und f�hrte mit seinen Freunden in Armut und Gottseligkeit ein stilles, t�tiges Leben.
Bald fand er viele Anh�nger, die Waldenfer genannt wurden. Da sie trotz des Verbotes fortfuhren zu predigen, wurden sie von Jnnocenz III. mit dem Banne belegt. In den furchtbaren Albigenferkriegen, die S�dfrankreich mit Blut und Jammer erf�llten und die Bl�te dieses herrlichen Landes vernichteten, wurden sie trotz ihres lauteren Wandels hart verfolgt. Vor diesen Verfolgungen zogen sie sich in die T�ler Piemonts zur�ck,
Johann Wiklef (Wifliffc), ein Professor zn Oxford in England (um 1380), gei�elte die Entartung des Papsttums und die eingerissenen 1380 Mi�brauche der Kirche. Er �bersetzte die Bibel in die englische Sprache, erkl�rte sie f�r die einzige Grundlage der Lehre und den Glauben als die Triebfeder eines heiligen Lebens. Er bek�mpfte vornehmlich die Lehre von der Tradition, der Heiligenverehrung, der weltlichen Macht des Papstes, vom Abla�, der Brotverwandlung und der Ohrenbeichte. Seine Lehren wurden als ketzerisch (irrgl�ubig) verdammt; er selber aber starb nnan-gefochten auf feiner Pfarre Lutterworth. Sp�ter (1428) lie� Papst Martin V. seine Gebeine ausgraben, verbrennen und in die Winde streuen.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 9lu�g. A. 15
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II. Der b�hmische Weformator Johannes Kus.
1398 1. Der begeisterte Prediger in Prag. Johannes Hus war (1398) Professor an der Universit�t Prag, Prediger an der Bethlehemskirche und Beichtvater der K�nigin. Er war streng gegen sich, wohlwollend gegen andere, sittenrein und Meister des Wortes. Sein Freund Hieronymus machte ihn mit Wiklefs Schriften bekannt, und er vertiefte sich in dieselben. Mit mutigem Eifer bek�mpfte er die Mi�st�nde in der Kirche. Die wahre Kirche war f�r ihn die Gemeinschaft der Christen, die mit Christo im Glauben und mit den Br�dern in der Liebe verbunden sind. Nicht den Papst, sondern Christus hielt er f�r das Haupt der Kirche. Die heilige Schrift erkl�rte er f�r die einzige untr�gliche Richtschnur der Lehre. Als die deutschen Lehrer der Universit�t eine Verdammung der Wiklefitischeu und Hussitischen Grunds�tze durchsetzten und darauf die Rechte der Deutschen von den B�hmen verk�rzt wurden, brach zwischen den Deutschen und B�hmen auf der Universit�t ein heftiger Zwiespalt aus, der damit endete, da� viele deutsche Studenten mit ihren Lehrern auswanderten und zur
1409 Gr�ndung der Universit�t Leipzig Veranlassung gaben (1409). Dem Hus wurde das Predigen untersagt und endlich der Bann �ber ihn aus-gesprochen. Er ging in seine Heimat Hnsinecz und wirkte durch Schriften, Haus- und Feldpredigten.
2. Der verurteilte Keher in Konstanz. Die Verwirrung in der Kirche hatte inzwischen durch die gegenseitige Bek�mpfung der drei P�pste den h�chsten Grad erreicht. Da erhob sich immer lauter der Wunsch nach einer Reformation^ der Kirche an Haupt und Gliedern. Endlich kam ein freies Konzil (Kirchenversammlung) in Konstanz am Bodensee zustande (1414�1418), zu bgm Hunderte von F�rsten, Tausende von Geistlichen und ungez�hlte Scharen Neugieriger herbeistr�mten. Der eine der P�pste, Johann XXIII., kam mit 600 Anh�ngern aus Italien. Auf der Reise durch die Schweiz st�rzte er mit dem Pferde und rief zum Eut-setzen der Umstehenden: �Da lieg ich ins Teufels Namen; w�r ich doch in Italien geblieben!" Konstanz verglich er mit einer Grube, in der man F�chse f�ngt. Das Konzil forderte zun�chst die Abdankung der drei P�pste. Johann dankte ab, in der Hoffnung, seiner Willf�hrigkeit wegen als alleiniger Papst gew�hlt zu werden. Als dies aber nicht geschah, entfloh er in Ritterkleidung und legte Verwahrung ein gegen seine Abdankung in der Absicht, dadurch das Konzil f�r ung�ltig zu erkl�ren. Er wurde aber zur�ckgeholt und wegen grober Verbrechen schimpflich abgesetzt. Sodann ging das Konzil an die Ausrottung der Ketzerei. Hus war im Ver-trauen auf einen Geleitsbrief des Kaisers Sigismund nach Konstanz ge-kommen. Doch schon nach wenigen Wochen brachten ihn die V�ter des Konzils zur Haft. Den Kaiser beschwichtigten sie damit, da� sein Schutz-brief sich nicht aus die geistliche Gerichtsbarkeit und einen verurteilten Ketzer erstrecke. Bei Hus' Verh�r erhob sich ein solch Geschrei, da� er nicht zu Worte kommen konnte. Erst die Gegenwart des Kaisers schaffte etwas Ruhe. Hus verteidigte seine Lehre aus der Bibel und den Kirchen-V�tern. Seine Richter lie�en sich aber auf keine Disputation ein, sondern
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forderten einfach Unterwerfung; dann sollte seine Strafe mild und gn�dig sein. Als er dies verweigerte, wurde er zum Feuertode verurteilt. Da er an das kaiserliche Geleit erinnerte und dabei Sigismund fest ansah, err�tete dieser; aber retten konnte und wollte er den �kirchlichen Umst�rzler"
nicht mehr.
3. Der standhafte M�rtyrer auf brnt Scheiterhaufen. An seinem Geburtstage, dem 6. Juli 1415, wurde das Urteil an Hns vollstreckt. Im 1415 Dome ward er seines Priesteramtes entsetzt und von der Kirche ansge-sto�en. Als man ihm den Kelch aus der Hand ri� mit den Worten: �Wir nehmen dir diesen Kelch, worin das Blut Christi dargebracht wird!" sagte
er mild: �Er wird den Kelch des Heils nicht von mir nehmen, sondern mir ihn heute neu zu trinken geben in seinem Reich." Ms man rief: �Wir �bergeben deinen Leib dem weltlichen Richter!" sprach er: �Ich aber befehle meinen Geist in deine H�nde!" Als man ihm eine spitze, mit Teufeln bemalte Papierm�tze mit der Inschrift �Erzketzer" aufsetzte, sprach er: �Hat doch mein Heiland eine Dornenkrone getragen!" Er wurde vom Konzil dem Kaiser und von diesem dem Vogt von Konstanz zur Urteils-Vollstreckung �bergeben und auf der Richtst�tte vor der Stadt au einen Pfahl gekettet. Noch einmal ermahnte ihn der Reichsmarschall zum Wider-ruf, um Leib und Seele zu retten; er aber erwiderte: �Ich will die Wahr-heit, die ich gepredigt habe, mit dem Tode besiegeln!" Darauf wurde die Fackel an den Holzsto� gelegt, und die Flammen loderten hoch auf. Drei-mal rief er: �Jesu Christe, du Sohn des lebendigen Gottes, erbarme dich mein!" Das dritte Mal erstickten Flammen und Qualm seine Stimme, und nur die Lippen bewegten sich noch. Seine Asche streute man in den Rhein, um auch die letzte Spur des Ketzers auszutilgen. Ein Jahr sp�ter teilte sein Freund Hieronymus dasselbe Schicksal. Einer ihrer Richter, der sp�tere Papst Pius II, schrieb voll Bewunderung �ber den Tod dieser beiden M�nner: �Kein Philosoph hat auf dem Sterbelager solchen Mut an den Tag gelegt wie diese M�nner auf dem Scheiterhaufen!"
Das Konzil w�hlte mm(l417) zuerst einen neuen Papst, Martin V. 1417 Dieser wu�te durch seine Klugheit alle weiteren Schritte des Konzils zu einer einschneidenden Kirchenreformation und somit die Ausf�hrung des Hauptzweckes zu vereiteln.
4. Der ger�chte Reformator der B�hmen. An Hns' Scheiter-Haufen entz�ndete sich die Fackel der Hussitenkriege (1419�1436), die 16 Jahre lang gro�en Jammer �ber Deutschland brachten. Die Anh�nger des Hus, erbittert und aufgeregt durch dessen Hinrichtung, zugleich getragen von religi�sem und nationalem Ha� gegen die Deutschen, gl�hend be-geistert f�r die reine Lehre und vor allem an der Kelchspendung fest-haltend, erregten (1419) unter Anf�hrung des furchtbaren, ein�ugigen 1419 und sp�ter gar blinden Ziska einen Aufstand in Prag. Den K�nig Wenzel r�hrte darob vor Wut der Schlag. Seinem �wortbr�chigen" Bruder Sigismund verweigerten die B�hmen die Krone und besiegten sein gro�es Heer bei Prag mit Dreschflegeln und Feuerhaken. Der Aufstand ergriff als ein nationaler ganz B�hmen. Als Ziel mochte den Anfst�n-dischen wohl v�llige Selbst�ndigkeit vor Augen schweben. Heer auf Heer
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wurde vernichtet. F�r alle umliegenden L�nder waren die Hnssiten eine entsetzliche Gei�el. Nach Ziskas Tode traten die Prokope, der Gro�e und der Kleine, an die Spitze. Ein gro�es Kreuzheer der Deutschen unter dem Befehle des brandenburgischen Kurf�rsten Friedrich I. floh vor der 1431 Entscheidung bei Taus in B�hmen (1431) aus blo�em Schreck vor den fanatischen Gegnern. Diese dehnten ihre Verheeruugsz�ge bis Naumburg und Bernau unweit Berlin aus. Friedrich I. erkl�rte, da� nach einem nnerforschlichen Ratschl�sse des H�chsten die B�hmen unbeweglich seien, und da� man versuchen solle, auf g�tlichem Wege mit ihnen zum Frieden zu kommen. Nach l�ngeren Verhandlungen auf dem Konzil zu Bafel und dann in Prag kamen (1433) die Prager Kompaktsten (Vergleichs-punkte) zustande, die den Hussiten das Recht des Laienkelchs, der Predigt in der Landessprache und andere Freiheiten bewilligten. Die wilde Partei * der Taboriten, die sich auf dem Berge Tabor verschanzt hatte, entzweite sich dar�ber mit den milderen Kalixtinern, d. h. Kelchanh�ngern, wurde aber endlich besiegt. Nun erst kehrte der Friede zur�ck, und Sigismund wurde als K�nig von B�hmen gekr�nt, starb aber schon im n�chsten Jahre 1437 (1437). Aus den edleren Elementen der Hussiten bildeten sich die b�h-mischen und m�hrischen Br�dergemeinden.
Fragen: Was wurde als �mi�br�uchlich" in der Kirche bezeichnet, und wo-her kam es? � Warum hat das Konzil zu Konstanz seine Aufgabe nicht hin-l�nglich gel�st? � Wie zeigt die Geschichte der Hussiten, da� alle Schuld sich r�cht auf Erden? � Wodurch wurde eine endliche Unterwerfung der Hussiten m�glich? � �Johannes Ziska" von Lenau. �Die Hussiten und die Kinder von Naumburg" von St�ber.
55. Maximilian (1493 � 1519) und das Ende des Mittelalters.
1. Sein schwacher Vater Friedrich III. (1440�1493). Auf
1438 Sigismund folgte 1438 sein Schwiegersohn, der edle Habsburger Albrecht II. von �sterreich, nach welchem die Reihe der habsburgischeu Kaiser nur noch einmal auf kurze Zeit (durch Karl VIT. von Bayern 1742�1745) unterbrochen worden ist. Nach zwei Jahren schon folgte ihm sein Vetter Friedrich III. von Steiermark, ein rechtschaffener, aber tr�ger, engherziger Regent, den man wohl die deutsche Schlafm�tze ge-nannt hat. Er ist der letzte Kaiser, der in Rom gekr�nt wurde. Die Fehden im Reiche zwischen F�rsten, Rittern und St�nden erreichten ihren H�hepunkt. Die T�rken bedrohten �sterreich, aber der Kaiser unternahm nichts gegen sie. Ungarn und B�hmen wurden selbst�ndig und gingen jetzt der habsburgischen Herrschast verloren. Die Ungarn w�hlten den Sohn des T�rkenbezwingers Hnnyad, den trefflichen Mathias Kor-vinus, die B�hmen den klugen Hussiten Georg Podiebrad zum K�nige; Kriegsgeschrei scholl durch alle Laude. Der Kaiser k�mmerte sich aber nicht viel um das Reich und dessen innere wie �u�ere Feinde. Viel Zeit verbrachte er am alchimistischen Schmelztiegel �der lag anderen Lieb-habereien ob. Nur in einer Beziehung konnte er einen Erfolg aufweisen:
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das war die Vergr��erung seiner Hausmacht durch seines Sohnes Ver-m�hlung. Endlich rief der Tod ihn aus dem Leben, und die Wahl der F�rsten erhob seinen Sohn Maximilian auf den Thron.
2. Sein k�hner Charakter. Maximilian war von hohem W�chse,
hellem Blicke, k�niglichem Anst�nde, in allen ritterlichen �bungen ein Meister und f�r Kunst und Wissenschaft be-geistert. Sein Mut artete oft in Tollk�hnheit aus. Er ging in die B�renh�hle, trat in den L�wenk�fig, bei der Gemsjagd ver-stieg er sich auf die unzug�ngliche Martins-wand, von der ihn nur mit Lebensgefahr sein getreuer Leibsch�tz rettete. Auf dem 100 m hohen Turmkranz des Ulmer M�n-sters schwang er sich auf einem Beine drei-mal im Kreise herum. Er handelte nicht immer mit �berlegung und kam bei seiner Freigebigkeit nie aus der Geldverlegenheit.
Abenteuerlichen Pl�nen hing er mit Vor- *33. Friedrich III.
liebe nach. In seinen zahlreichen Kriegen Denkm�nze von 1469. W. und Streitigkeiten hat er fast stets den
k�rzeren gezogen. Das Reich hat ihm manches zu danken, aber doch nicht so viel, als seine Gaben erwarten lie�en.
3. Seine gl�ckliche Verheiratung. Er gewann (1477) die Hand 1477 der reichen Erbin Maria von Burgund, der Tochter Karls des K�hnen,
um die sich auch der K�nig von Frankreich f�r seinen Sohn bewarb.
Durch diese Heirat kamen die Niederlande an die Habsburger; Burgund aber wurde von Frankreich eingezogen. Maximilian schickte die Brautwerber des K�nigs, die eingefallenen franz�sischen S�ldner, mit blutigen K�pfen heim. Seine Abenteuer dabei hat er in dem langen Ge-dichte �Teuerdanks Brautfahrt" besungen. Max verlor die geliebte Gattin infolge eines Sturzes auf der Falkenjagd fchon nach f�nf Jahren. F�r feinen unm�ndigen Sohn Philipp �bernahm er die Regentschaft in den Niederlanden, erfuhr aber von den reichen und �berm�tigen St�dtern, die sich frei machen wollten, die gr��ten Dem�tigungen. Die B�rger von Br�gge hielten ihn fogar �ber drei Monate gefangen, ermordeten fein Gefolge und bedrohten fein Leben. Sein lustiger Rat Kunz von Rosen erschien als M�nch verkleidet in seinem Gef�ngnis, um ihn zur Flucht zu bereden, aber Max wollte seine Freiheit nicht mit dem Verderben des treuen Dieners erkaufen und blieb in der Haft. Da kam endlich der Kaiser Friedrich und verh�ngte eine harte Bu�e �ber die Emp�rer. Knieend mu�ten sie um Gnade bitten und eine hohe Strassumme zahlen.
4. Seilte unruhige Regierung. Um dem Raub- und Fehdewesen ein Ende zu machen, f�hrte Maximilian auf dem Reichstage zu Worms (1495) den ewigen Landfrieden ein. Wer ihn brach, wurde in die 1495 Acht getan und an Leib und Gut gestraft. Die Zwistigkeiten der Reichsst�nde sollten von dem Reichskammergericht in Frankfurt (sp�ter in Speier und zuletzt in Wetzlar) geschlichtet werden. Dies Kammergericht
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war das h�chste deutsche Gericht. Zugleich mit seiner Einsetzung (1495) wurde das bereits in Deutschland zur Geltung gekommene r�mische Recht endg�ltig eingef�hrt. Dadurch wurde die Rechtsprechung eine andere. Die Richter, die das r�mische Recht studiert hatten, f�hrten das fremde Recht ein und verdr�ngten das volkst�mliche deutsche Recht. Wer sein Recht suchte, mu�te sich nun an einen Advokaten wenden. So wurden die Prozesse kostspielig und langwierig. Das Eindringen des r�mischen Rechtes m die deutsche Rechtsprechung hat dem deutschen Volksgeiste im wesent-lichen geschadet, freilich auch manches Gute gebracht. Die Gesetze und Urteile wurden ausgeschrieben. Alle Besitzungen, ja Familien erhielten bestimmte Namen. Ein geschulter Beamtenstand bildete sich. � In dieser Zeit kam die erste feste Steuer, der gemeine Pfennig, auf. Wer �ber 15 Jahre 'alt war, hatte von tausend Gulden Verm�gen einen Gulden f�r die Kosten der Reichsverwaltnng zu zahlen. Die Geistlichen mu�ten
Franz von Sickingen auf einen Reichsbefehl, der ihn von seinen Ge-walttaten abmahnte: �Es seynd die alten Geigen: an Befehlen mangelt's nit, aber an denen, die gehorchen." Maximilian gilt als Sch�pfer der Landsknechts - Heere; er hat auch das Gesch�tzwesen verbessert. Durch den F�rsten von Thurn und Taxis wurde damals die Post (zwi-schen Br�ssel und Wien) eingerichtet.
5. Seine gl�cklichen Landerwerbungen. Seinen Sohn Philipp, den Erben der Niederlande, verm�hlte er mit Johanna, der Erbin Spaniens, Siziliens und Neapels. Freilich mu�te er ihn in der Bl�te seines Lebens ins Grab sinken sehen. Durch Verm�hlung zweier Enkel sicherte er seinem Hause auch die Anwartschaft auf Ungarn und B�hmen. Das habsburgische �Heiratsgl�ck" wurde sprichw�rtlich. Seine vielen Kriege und H�ndel in Italien und mit Frankreich kosteten nur Geld und Menschen, ohne den mindesten Vorteil zu bringen.
6. Sein freudloses Ende. Der alternde Kaiser sah das Mittel-
die Leute zur Zahlung in der Kirche ermahnen und die Steuer erheben, da das Geld auch zum Kriege gegen die Ungl�ubigen verwandt werden sollte. Die Abgabe au den p�pstlichen Stuhl in Rom hie� Peterspfennig.
Maximilian I. Nach Albrecht D�rer.
Um rascher Ruhe und Ordnung herzustellen, wurde Deutschland in zehn Kreise mitKreisobersten eingeteilt. Es waren dies der �sterreichische, bayerische, schw�bische, sr�nki-sche, oberrheinische, knrrheini-sehe, burgundische, westf�lische, ober- und nieders�chsische Kreis. Leider war das Wollen besser als das Vollbringen. Die alte Unordnung bl�hte trotz der neuen �Ordnung" lustig weiter. So erwiderte der Ritter
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alter mit seinen Einrichtungen zu Grabe gehen und �berall das Morgen-rot einer neuen Zeit aufleuchten. Er str�ubte sich nicht gegen das Neue,
hatte aber auch kein richtiges Verst�ndnis daf�r und f�rderte es nicht. Er hielt einen Reichstag in Augsburg (1518), auf dem ihm die Wahl 1518 seines Enkels Karl, Philipps Sohn, fehlschlug. �ber hundert Beschwerden gegen das p�pstliche Regiment blieben ohne Erledigung. Kr�nkelnd zog Max nach Innsbruck, aber die B�rger verweigerten ihm und seinem Ge-folge das Gastrecht, weil er eine alte Schuld noch nicht bezahlt hatte.
Diese Kr�nkung verschlimmerte seinen Zustand, so da� er in Wels liegen bleiben mu�te. Als er den Tod nahen f�hlte, kleidete er sich in sein Totenhemd, empfing das Abendmahl und tr�stete die weinenden Seinen. Wie er gelebt, so starb er, als �letzter Ritter" (1519). Seinen Sarg hatte 1519 er schon vier Jahre mit sich herumgef�hrt.
Fragen: Warum mi�gl�ckten viele von Maximilians Pl�nen? � Worin bestehen seine Verdienste um das Reich? � �Das Mahl zu Heidelberg" von Schwab, � �Graf Eberhard im Bart" von Zimmermann. � �Der reichste F�rst" von Kerner. � �Der letzte Ritter" von Anastasius Gr�n. � �Deutscher Brauch" von An. Gr�n. � �Kaiser Max und Albrecht D�rer" von Wolsg. M�ller. � �G�tz von Berlichingen", Schauspiel von Goethe.
Die Mark Brandenburg im Mittelalter.
56. Die �skanier in der Mark (1134 � 1320).
1. Die Bewohner der Mark. Zwischen Elbe und Oder in dem Gebiet der Havel und Spree wohnten urspr�nglich Semnonen. Der Strom der V�lkerwanderung f�hrte sie nach Westen; von Osten aber r�ckten die Wenden in die verlassenen Wohnsitze ein. Diese geh�rten, wie die Polen, Tschechen n. a., der gro�en slawischen V�lkerfamilie im Osten Europas an. Wenden � diesen Namen hatten urspr�nglich alle Slawen bei den Deutschen � wurden gew�hnlich die zwischen Elbe und Oder wohnenden Slawen genannt, und diese zerfielen in mehrere Hauptst�mme, wie die Obotriten in Mecklenburg, die Witzen, die Sorben n. a. Sie waren nicht gro�, aber von kr�ftigem, gedrungenem K�rper-bau, hatten br�unliche Hautfarbe, feurige Augen und dunkles Haar.
Ihre Religion war eine Verg�tterung der Naturkr�fte. Swarog galt als Gott des Himmels. Sp�ter verehrten sie den Belbog als den wei�en Lichtgott, Tschernobog als F�rsten der Finsternis. Dem Kriegsgott Rade gast wurden zu Rethra in Mecklenburg herrliche Feste gefeiert. Peruu (Perknn) war der Donnergott. Der vierk�pfige Swantewit verbreitete Fruchtbarkeit. Triglaw hatte drei K�pfe, und zu seinem Heiligtume auf einem Berge bei Brandenburg str�mte das Volk, um aus dem Wiehern des dem Gotte geweihten schwarzen Rosses sich weissagen zu lassen. Die Zahl der niederen Gottheiten und Geister war sehr gro�. In Tempeln und Hainen standen die unf�rmlichen G�tzenbilder. Als Opfer wurden Fr�chte, Tiere und Kriegsgefangene dargebracht. Die Priester genossen als Seher und Vertraute der G�tter hohes Ansehen.
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Die Hauptbesch�ftigungen der Wenden waren Jagd, Fischerei. Vieh-Zucht und Ackerbau, doch finden sich auch die Anf�nge einzelner Gewerke, z. B. der Weberei. An der Ostsee z. B. in Vineta auf Wollin (oder Usedom), entwickelte sich ein reger Handelsverkehr. Die Wenden liebten die gemeinsamen Ansiedelungen in den Niederungen und schirmten ihre Flecken durch Burgen oder Garts. Die Frauen wurden wie Sklavinnen behandelt, die lebensm�den Eltern nicht selten auf ihren Wunsch von den Kindern get�tet. Die Toten wurden verbrannt und deren Asche in Urnen aufbewahrt. Im �brigen waren die Wenden gastfrei, n�chtern, ehrlich und einfach. An der Spitze der Gemeinde stand ein Pan; F�hrer im Kriege war der Woiwode. Beider Macht wurde durch die Priester und die Volksversammlungen beschr�nkt.
2. Die �ltesten Zeiten. Als die Wenden unter Karl dem Gro�en best�ndig r�uberische Einf�lle im Westen der Elbe machten, besiegte sie Karl, gr�ndete Grenzfesten an der Elbe und setzte Mark-grasen ein. Unter seinen Nachfolgern wurden alle Anf�nge der deutschen Kultur von den Wenden wieder zerst�rt. Heinrich I. nahm den Kampf gegen die vordringenden Wenden wieder auf. Er schlug die Heveller, er-oberte Brennaburg (Brandenburg, 928) und errichtete die Nordmark. Bei Lenzen wurden sp�ter die Scharen der Redarier besiegt. So konnte Heinrich festen Fu� jenseits der Elbe fassen. Unter Otto I. schaltete und waltete der unerm�dliche Markgras Gero in den wendischen Marken zwischen Elbe und Oder. Er unterwarf die wendischen St�mme, die sich immer wieder emp�rten. Eine Bekehrung des heidnischen Volkes zum Christentum wurde von den Bist�mern Brandenburg und Havel-berg aus versucht. Als Gero (965) gestorben war, teilte Otto I. das eroberte wendische Gebiet in drei besondere Marken: die Nordmark (zu beiden Seiten der Elbe), die Ostmark (Lausitz) und die Mark Mei�en (mit Zeitz und Merseburg). Aber schon nach kaum zwanzig Jahren hatten die Wenden, durch H�rte zur Emp�rung gereizt, das Joch der Deutschen abgesch�ttelt und die (wendische) Nordmark bis zur Elbe wiedererobert.
1134 Da gab 1134 Kaiser Lothar von Sachsen die s�chsische Nordmark (Altmark) mit der Hauptstadt Salz Wedel dem tapferen Grafen Albrecht dem B�ren von �schersleben oder Ballenstedt als Lehen. Er ist der eigentliche Gr�nder der Mark Brandenburg und diese der Uranfang des preu�ischen Staates.
3. Albrecht der B�r, aus dem Hause Askanien oder Anhalt, eroberte die Prignitz, die erste Erwerbung ans dem rechten Ufer der Elbe, gewann die Freundschaft des kinderlosen Wendenf�rsten Pri-bislaw und nach dessen Tode mit Hilfe der Witwe Petrnfsa einen Teil des Wendenlandes, das Havelland. Er nannte sich hinfort Mark-graf von Brandenburg. Eine Emp�rung Jaczos, des Neffen Pribis-laws, schlug er nieder. Der geschlagene und dem Ertrinken in der Havel nahe Jaezo wurde der Sage nach durch g�ttlichen Beistand gerettet, indem er in seiner Not Christ zu werden gelobte. Die Eroberung des Herzog-tnms Sachsen, das Heinrich dem Stolzen durch kaiserlichen Spruch eut-zogen war, mi�lang Albrecht. Das slawische Land suchte er zu einem
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deutschen zu machen, indem er Ansiedler aus Sachsen und vom Rheine, ja aus Holland in das ver�dete und entv�lkerte Wendenland herbeizog.
Diese machten �de Strecken urbar, entw�sserten S�mpfe, d�mmten Fl�sse ein, gr�ndeten D�rfer und St�dte und f�rderten den Gewerbeflei�. Auch das Christentum kam zur Herrschaft. Es entstanden Kirchen, und das Volk wurde im Christentums unterwiesen. Von einem Kreuzzuge im Morgen-lande brachte er Ritter des Templer- und Johanniterordens mit ins Land. Sie sollten die Grenzen gegen die heidnischen Nachbarn sch�tzen und christliche Sitten verbreiten helfen. Durch die Deutschen und den Einflu� des Christentums wurde das Land der Bildung zug�nglich gemacht und dem Deutschen Reiche gewonnen. Albrecht starb 1170 in 1170 Wallenstedt.
4. Albrechts n�chste Nachfolger. Otto I. (f 1184) soll die Lehenshoheit �ber Pommern vom Kaiser Friedrich Barbarossa erhalten haben. Hieraus erwuchsen ihm und seinen Nachfolgern schwere K�mpfe mit den D�nen und Pommern. Er w�hlte Brandenburg als Hauptstadt und gr�ndete das Kloster Lehnin. Otto II. (f 1205) hatte viele Streitigkeiten mit den Bisch�fen von Havelberg und Brandenburg. Deswegen und weil er einen versprochenen Kreuzzug unterlie�, wurde er vom Erzbischof von Magdeburg in den Bann getan. Eine �fromme" L�ge wurde ver-breitet: Otto habe einem Hunde ein St�ck Fleisch vorgeworfen, aber das Tier habe die Nahrung von der Hand des Gebannten verschm�ht, obwohl es drei Tage gehungert. Da sich Vertrauen und Treue seines aber-gl�ubischeu Volkes lockerten, mu�te er endlich die L�sung vom Banne da-durch erkaufen, da� er seine Erbg�ter vom Erzbischof in Magdeburg zu Lehen nahm.
Von seinen Nachfolgern sind die vertr�glichen Br�der Johann I. und Otto III. (f 1267) zu nennen, die ebenso gute S�hne ihrer weisen Mutter Mathilde wie V�ter und Mehrer ihres Landes waren. Sie drangen erobernd bis zur Oder vor, gewannen die Uckermark, Lebus und die Neumark. Immer mehr deutsche und christliche D�rfer und St�dte entstanden; immer mehr bequemten sich die Wenden zur deutschen Sprache. Berlin wurde eine deutsche Stadt, und ihr gegen�ber erbl�hte am linken Spreeufer K�lln.
5. Otto IT. mit dem Pfeile folgte als Markgraf in der �lteren Linie, da das Land unter die S�hne Johanns und Ottos geteilt worden war. Die Magdeburger erw�hlten seinen Bruder Erich nicht zum Erz-bischos. deshalb �berzog er sie mit Krieg. Als er den Magdeburger Dom in der Ferne auftauchen sah, rief er �berm�tig: �Dort werden wir morgen unsere Rosse f�ttern!" Der Erzbischof aber lie� das Banner des heiligen Moritz vorantragen und begeisterte durch seine tapfere Rede das Volk derart, da� es Otto bei Frohse schlug und gefangen nahm. Er wurde in einen engen K�fig aus eichenen Bohlen gesperrt und wie ein wildes Tier zur Schau ausgestellt. Seiner treuen Gattin Hedwig gelang es nach vieler M�he, ihren Gemahl gegen das Versprechen eines L�segeldes zu befreien. Als das Geld aber nicht aufzutreiben war, schaff! e der treue Dienstmann Johann von Buch Rat. Er f�hrte den Markgrafen zu einer
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eisernen Truhe in der Kirche zu Tangerm�nde und zeigte ihm einen reichen Schatz, den der Vater des Markgrafen hier f�r den Fall der h�chsten Not niedergelegt hatte. Damit bezahlte Otto seine Schuld von 4000 Mark Silber in Magdeburg und rief dann: �Bin ich nun frei?" Man bejahte es. �So toiffet'; rief er stolz, �da� ihr keinen Markgrafen von Branden-b�rg zu sch�tzen wisset! Wenn ihr so viel Gold und Silber gefordert h�ttet, da� ich, mit erhobener Lanze auf meinem Streithengst sitzend, davon bedeckt worden w�re, dann h�ttet ihr mich recht gesch�tzt!" Damit sprengte er von hinnen und fing den Kampf von neuem an, doch nicht gl�cklicher. Bei der Belagerung von Sta�fnrt fuhr ihm ein Pfeil mit Widerhaken in die Stirn, dessen Spitze ein ganzes Jahr darin blieb; daher r�hrt sein Beiname. Erst nach f�nf Jahren w�hlten die Domherren Erich zum Bischof. Otto hatte die Mark Landsberg und die Niederlausitz erworben; 1308 1308 starb er.
6. Sein Neffe Waldemar vereinigte in seinem Charakter alle t�ch-tigert Eigenschaften der Askanier und unter seinem Zepter alle ihre L�nder. Er war ein gewaltiger Kriegsf�rst, der den Fu� selten aus dem Steig-B�gel setzte und das Schwert selten aus der Hand legte. Doch verga� er dabei die Sorge f�r die innere Wohlfahrt des Landes nicht. Als er der Stadt Stralsund gegen den F�rsten von R�gen Beistand leistete, da schl�ssen alle seine alten und neuen Feinde ein gro�es B�ndnis gegen ihn. D�nemark, Schweden, Norwegen, Polen, Ungarn, Mecklenburg. Holstein, Mei�en, Magdeburg u. a. hatten es ans seine Vernichtung abgesehen. Er unterlag zwar bei Gransee der �bermacht, aber seine Feinde hatten eine solche Achtung vor seiner Tapferkeit bekommen, da� sie ihm im Frieden 1317 von Templin (131-7) sein Gebiet ungeschm�lert lie�en. Waldemar starb 1319 (1319) in seinem 28. Jahre. Das Jahr darauf sank der letzte Spro� der Askanier in unm�ndigem Alter ins Grab, und den guten, gedeihlichen Zeiten der Mark folgten traurige und b�se.
Fragen: Welche Verdienste hat Albrecht der B�r? � Was zeichnet die askanischen F�rsten aus ? � Was erinnert in Waldemars Geschichte an Friedrich den Gro�en? � �Vineta" von Wilh. M�ller.
57. Die Mark unter den Sayern (1324�1373).
1. Ludwig der �ltere. Der Tod Waldemars war das Zeichen f�r die l�sternen Nachbarn gewesen, �ber die verwaiste Mark herzufallen und St�cke abzurei�en. Die herrscherlose Zeit, das sogenannte m�rkische Jnter-regnum, w�hrte vier Jahre. Da gab Kaiser Ludwig von Bayern endlich 1324 (1324) das Land als erledigtes Reichslehen seinem Sohne Ludwig dem �lteren und �bernahm anfangs die Vormundschaft. Von den Nachbarn suchte er die abgerissenen St�cke wiederzuerlangen, aber nicht alle konnte er gewinnen. F�r die Mark, wo die Ritter �berm�tig, die St�dte fast selbst�ndig und w�ste Unordnung herrschend geworden, war eine traurige Zeit angebrochen; aber sie wurde noch schlimmer, als der Streit des Kaisers mit dem Papste �ber den Markgrafen den Bann und �ber mehrere St�dte das Interdikt brachte. Damals entbl�dete sich der Bischof von
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Lebus nicht, wahrscheinlich auf Veranlassung des Papstes, den Polen-f�ntg Wladislaus den Kleinen zu einem Raubzuge nach Branden-b�rg aufzustacheln. Die rohen polnischen Kriegshorden pl�nderten Kirchen und Kl�ster, steckten D�rfer und St�dte an, zerstampften die Felder, mi�-handelten Weiber und Kinder, schlugen nieder, was sich widersetzte, und schleppten an 6000 M�nner in die Sklaverei. Auch nach dem Abz�ge der Polen dauerten die K�mpfe mit den Nachbarn fort, und zu ruhigem Ge-deiheu konnte das ungl�ckliche Land nicht kommen. Zwar gewann der Markgraf durch die Verm�hlung mit Margarete Manltafch (vgl. � 50 a, 4)
Tirol, aber die Zahl seiner Feinde und deren Ha� wurde gr��er. Die schlimmste Zeit kam f�r ihn und die Mark, als Karl IV. nach dem Tode seines Vaters Deutscher Kaiser wurde. Dieser bereitete ihm allerlei Ver-legenheiten, um ihm wom�glich die Mark zu entrei�en.
2. Der falsche Waldemar. In dieser Zeit (1348) erschien ein be- 1348 jahrter Pilger im Schlosse beim Erzbischof von Magdeburg und wollte diesen, der eben zu Tische sa�, sprechen. Abgewiesen, bat er um einen Becher Wein. Er erhielt ihn, trank und lie� dann einen Siegelring in
den Becher fallen. Als diesen der Erzbischof erblickte, rief er: �Das ist Markgraf Waldemars Ring!" Sogleich lie� er den Pilger herauff�hren und erkannte aus seinen Z�gen, seiner Haltung und seinen Worten Wal-demar. Dieser erz�hlte, da� ihn Gewissensbisse �ber eine begangene S�nde zu einer Pilgerfahrt ins Heilige Land getrieben h�tten. Dort habe er von der Not seines Volkes geh�rt, und das habe ihn zur�ckgef�hrt.
Alle Feinde Ludwigs und fast alles Volk in der Mark fielen dem vor-geblichen Waldemar zu, auch Karl IV. erkannte ihn als rechtm��igen Herrn der Mark an. Nur Frankfurt, Belitz und Treueubrietzeu blieben Ludwig treu. Gegen seine f�rstlichen Helfer erwies sich Waldemar dank-bar, indem er ihnen St�dte und Landstriche abtrat. Kaiser Karl s�hnte sich sp�ter mit Ludwig aus, als ihm dessen Freundschaft im Kampfe gegen den Gegenkaiser von Nutzen war, und lie� nun nach einer neuen Unter-suchung Waldemar f�r einen Betr�ger erkl�ren. Ludwig eroberte in kurzer Zeit das Land zur�ck, aber er konnte keine Freude an der Regie-rnng eines verheerten Landes und eines ungeliebten Volkes finden. Er trat (1351) die Regierung an seinen in Rom geborenen Bruder Ludwig den R�mer ab und zog sich nach Tirol zur�ck, das er durch seine Ver-heiratung mit Margarete Maultasch gewonnen hatte. Der falsche Walde-mar ging nach Dessau, wo er als F�rst geehrt und nach seinem Tode im s�rstlichen Erbbegr�bnis bestattet wurde. Er soll � nach der Annahme einiger � ein Knappe Waldemars, der sp�tere M�ller Jakob Rehbock, gewesen uud von Ludwigs Feinden wegen seiner �hnlichkeit mit Walde-mar zum Werkzeuge des Betruges gemacht worden sein; andere halten ihn � und nicht ohne Grund � f�r den echten Waldemar.
3. Otto der Faule. Unter Ludwig dem R�mer wurde Branden-b�rg zum Kurf�rstentum erhoben. Er und sein Bruder Otto schl�ssen mit Karl IV. einen Erbvertrag, wonach die Mark an Wenzel, den Sohn des Kaisers, fallen sollte, wenn sie ohne S�hne st�rben. Aus Ludwig den R�mer folgte sein Bruder Otto der Faule, der kl�glichste F�rst, welcher
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je ein Land zu regieren gehabt hat. Den Kaiser, der ihn mit seiner �ltesten Tochter verheiratet hatte, lie� er nach Gefallen schalten. Er war zufrieden, wenn er nur Geld zu seinen Verschwendungen erhielt und seinen Vergn�gungen nachgehen konnte. Seine Verwandten machten ihn endlich mi�trauisch gegen den Kaiser. Da wollte er sich aufraffen und die Bande absch�tteln, aber es war zu sp�t. Der Kaiser zog gegen ihn und setzte ihn ab. Auf dem Schlosse Wolfstein bei Landshut bekam er ein ansehn-liches Jahrgeld zu verzehren und zog sich durch fein w�stes Treiben einen
1373 fr�hen Tod zu. Die Mark kam an des Kaisers Sohn Wenzel (1373).
Fragen: Wodurch ist Ludwigs Regierung so ungl�cklich f�r die Mark ge-worden? � Weshalb erwarben sich die Bayern in der Mark keine Liebe? � Warum kann man den �falschen Waldemar" f�r einen Betr�ger halten?
58. Die Luxemburger in der Mark (1373�1415).
1. Die gl�cklichen Zeiten unter Karl IT. Karl IV. von Luxemburg hatte sich auf schlaue Weise in den Besitz der Mark Brandenburg gesetzt, aber dem Lande war seine Herrschaft zum Heil; denn er regierte f�r seinen unm�ndigen Sohn Wenzel vortrefflich und sorgte f�r das Land v�terlich wie f�r B�hmen. Sein pr�chtiges Hoflager hielt er zu Tangerm�nde an der Elbe, das der Mittelpunkt des regsten Handels-Verkehrs wurde. Karl schaffte dem Lande Frieden nach au�en und innen, f�rderte den Wohlstand und brachte Ordnung in die Verwaltung. Er lie� ein Verzeichnis aller Grundst�cke, Eink�nfte und Ertr�ge in dem noch jetzt vorhandenen Landbuche der Mark anfertigen.
2. Die ungl�cklichen Zeiten unter Sigismund. Als Karl IV. gestorben war und Wenzel den K�nigsthron bestiegen hatte, erhielt Sigismund, der j�ngere Sohn, die Mark. Dieser ist nur einmal dahin ge-kommen, um � Geld zu holen. Er verpf�ndete sie an Jobst von M�hren, der sie nur als Geldquelle betrachtete und schamlos ausbeutete,
1402 und verkaufte (1402) die inzwischen geerbte Neumark an den Deutschen Orden. In der Mark sah es schlimm genug aus. Die Unsicherheit und das Elend stiegen von Tag zu Tag. Von au�en griffen die raublustigen Nachbarn, z. B. der Erzbischof von Magdeburg und der Herzog von Anhalt. zu. Im Innern trieben die Raubritter schamlos ihr Gewerbe und pl�nderten sogar St�dte und D�rfer, so da� niemand seines Lebens und Gutes sicher war. Die von Jobst eingesetzten Statthalter hatten weder Macht noch Lust einzuschreiten. Die schlimmsten waren die Br�der Hans und Dietrich von Quitzow mit ihren Spie�gesellen Gans von Putt-litz, Wichard von Rochow, Achim von Bredow u.a. Von ihren 24 Burgen, besonders von Friesack und Plaue, schickten sie den Schrecken ins ganze Land. Den Herzog von Mecklenburg hielten sie eine Zeitlang gefangen und teilten dann das L�segeld mit dem ehrvergessenen Jobst. Sie pl�nderten sogar den Unterstatthalter G�nther von Schwarzburg aus und zwangen St�dten, D�rfern und Adeligen einen Tribut ab. Das Land ver�dete, und das Volk verwilderte dabei g�nzlich. Da endlich fiel in die tiefe Nacht des Elends ein lichter Strahl: Jobst starb, und der
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Kaiser �bertrug nun die Verwaltung der Mark einem seiner treuesteu und weisesten R�te, dem kaiserlichen Burggrafen in N�rnberg, Friedrich VI. von Hohenzollern.
Fragen: Warum war Sigismunds Regierung segenlos f�r die Mark? � Wodurch wurde das Raubritterwesen in der Mark beg�nstigt^
59. Die hohenzollern in der Mark.
1. Friedrich als reicher und weiser Burggraf. Die Hohen-zollern stammen von der Zolleruburg in Schwaben. Unter den Stansern wurden sie Burggrafen von N�rnberg (1191), d. h. kaiserliche Be- 1191 amte, die in der reichsfreien Stadt das Kriegsvolk anzuf�hren und Recht
zu sprechen hatten. Sie erwarben in Franken die F�rstent�mer Bayreuth und Ansbach. Unter Rudolf von Habsburg zeichnete sich Friedrich III. (f. � 48), unter Ludwig dem Bayern Friedrich IV. (f. � 50, a) aus. Friedrich VI. ragte durch hohe Begabung des Verstandes und Herzens, treffliche Bildung, ritterlichen Sinn, Klugheit im Rat und Entschiedenheit in der Tat hervor. Die Ausbeute seiner Bergwerke und seine sparsame Verwaltung machten ihn zu einem reichen F�rsten. Wegen seiner treuen Dienste in Krieg und Frieden und aus F�rsorge f�r die arg herunter-gekommene Mark �bertrug ihm Sigismund die Landeshauptmannschaft mit f�rstlicher Machtvollkommenheit in der Mark (1411). Wenn Sigis- 1411 munds Bruder Wenzel oder dessen Erben etwa die Mark jemals wieder f�r sich beanspruchten, so sollten sie eine Entsch�digungssumme von 150 000 Goldgulden (f�r die M�hen und Geldaufwendungen bei der Ordnung der Verh�ltnisse in der Mark) an Friedrich zahlen.
2. Friedrich als tapferer Statthalter im Kampfe mit dem Raub-adel. Friedrich erschien (1412) in der Mark und forderte die Huldigung. 1412 Die Quitzows und ihr Anhang verweigerten sie, �weil die Mark nicht
von B�hmen getrennt werden d�rfe", in Wahrheit aber, weil sie von Friedrichs Strenge ein Ende ihres Raubgewerbes f�rchteten. Sie prahlten: �Wenn es ein ganzes Jahr Burggrafen regnete, so sollten sie in der Mark doch nicht aufkommen!" Friedrich nannten sie den �N�rnberger Tand";
doch das �Spielzeug" lie� nicht mit sich spielen. Nachdem er mit den Pommern in der unentschiedenen Schlacht am Kremmer Damme ge-k�mpft hatte, griff er, durch neue Truppen aus Franken und durch B�nd-niffe mit den Nachbarf�rsten verst�rkt, die Burgen der R�uber an und nahm eine nach der andern. Von dem Landgrafen zu Th�ringen soll er eine gewaltige Donnerb�chse geliehen haben, die von den Vorspannbauern wegen ihrer Schwerf�lligkeit �faule Grete" genannt wurde. Ihre 24pf�u-digen Kugeln zerrissen selbst die 14 Fu� dicken Mauern von Friesack und Plaue. Die eben noch so stolzen Besitzer suchten nun ihr Heil in der Flucht, aber Hans von Qnitzow wurde auf der Flucht gefangen und in ftrengen Gewahrsam genommen, Dietrich sp�ter bei erneuten R�ubereien elend umgebracht. Da unterwarf sich der gesamte Adel, und Friedrich �bte Vergeben und Vergessen. Mit der Sicherheit kehrte bald in D�rfer und St�dte ein regerer Verkehr zur�ck.
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3. Friedrich I. als rechtm��iger Kurf�rst. Durch neue Dienste 1415 hatte Friedrich den Kaiser verpflichtet. Da trat ihm dieser (1415) die Mark Brandenburg 1) mit der Kurw�rde und dem Erzk�mmereramte erb- und eigent�mlich ab. Nur wurde die fr�her festgesetzte Eutsch�digungs-
summe von 150000 Goldgulden auf 400 000 Goldgulden (gegen 3 Millionen Mark) erh�ht, um Friedrich den Besitz der Mark noch mehr zu sichern. Denn es war vorauszusehen, da� die Luxemburger an die R�ckerwerbnng gegen eine so hohe Summe nicht mehr denken w�rden.
1) Altmark, Mittelmark, Prignitz und einen Teil der Uckermark.
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Zwei Jahre darauf (1417) wurde Friedrich von dem Kaiser in Kon-stanz auf offenem Markte in feierlichster Weise belehnt (f. Bild 107). Gegen die Verurteilung des B�hmen Hus hat Friedrich laut, aber der-geblich seine Stimme erhoben. Als Reichsfeldherr sah er bei Taus die deutschen Scharen vor dem Schrecken des b�hmischen Namens und vor dem Schlachtgesange der Hnssiten auseinander stieben. Bis in das Herz seines Landes drangen die wilden B�hmen. Vergebens berannten sie aber das St�dtchen Bernau. Die B�rgerschaft verteidigte sich mit gro�er Tapferkeit, und des Kurf�rsten Sohn trieb endlich die wilden Gesellen, 'zur�ck.
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\36. Hohenzollern.
4. Friedrich I. als wahrer Landesvater. Friedrich ^verwandte alle Sorge darauf, die tiefen Wunden seines Landes zu heilen. Eine treue Gehilfin war ihm dabei seine Gattin, die sch�ne Else, eine durch Sch�nheit, Anmut, Herzensg�te und Weisheit ausgezeichnete F�rstin. Elf Kinder schenkte sie ihrem Gatten, von denen zehn sie �berlebten. Als die Schw�chen des Alters sich meldeten, trat Friedrich die Regierung der Mark seinem Sohne ab und zog sich auf die Kadolzburg in Franken zur�ck, wo er in Frieden und christlicher Hoffnung starb (1440). Sein 1440 Wahlspruch war: �Wer auf Gott vertraut, den verl��t er nicht" In seinem Testamente gedachte er der armen Untertanen und mahnte seine S�hne, ihnen gn�dig daf�r zu fein, da� er sie oft mit Stenern habe beschweren m�ssen. Seine �deutschen Leseb�cher" mit den Helden-sagen w�nschte er f�r feine Nachkommen aufbewahrt. Vor seinem Tode
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bek�mmerte es ihn noch, da� er aus den Glocken der Marienkirche in Berlin w�hrend des Krieges hatte B�chsen gie�en lassen. Sein Nach-folger sollte die Kirche durch Kupfer entsch�digen. Seine L�nder betrachtete er als ihm von Gott anvertrautes Gut, sich selbst �als Gottes Amtmauu am F�rstentum". Eine �Gesch�ftsanleitung f�r Kaiser Maximilian I." sagt von ihm: �Friedrich war ein Spiegel der Sittlichkeit und Recht-fchaffenheit, ein Morgenstern unter den ihn umgebenden Nebelwolken. Er verbreitete weit um sich die Strahlen seiner frommen Handlungsweise, beich-tete jeden Tag, wo er Gott beleidigt zu haben glaubte, ehrte die Geistlichkeit, sch�tzte Witwen und Waisen und war ein Wohlt�ter der Armen". �Nach Streiten jagte er gar sachte, nach Frieden stund all fein Begehr!" sang ein^Zeitgenosse von ihm.
\37. Friedrich I. von HohenMern. 158. Friedrich II.
Nach Cernitius und B�rkner. Nach Cernitius und B�rkner.
1440 5. Friedrich II., der Eiserne (1440�1470), brach die Macht der St�dte. Er hatte eine tiefe Fr�mmigkeit des Herzens, aber auch eine unbeugsame Festigkeit des Willens; deshalb nannte man ihn �Eisen-zahn". �Beten und Arbeiten!" hie� sein Wahlspruch. Besser als sein Vater konnte er ungeteilt seine Kraft der Mark widmen. Ihm machten die St�dte, die sich in den langen Wirren viele Freiheiten erk�mpft hatten und von der Landeshoheit des F�rsten nichts wissen wollten, viel zu zu schaffen, besonders die Doppelstadt Berlin-K�lln an der Spree. - Sie verschlo� ihm sogar die Tore. Bei einem Streite der B�rger mit dem Rat drang Friedrich auf den Hilferuf der Z�nfte mit 600 Reitern in die Stadt und besetzte sie. Er lie� sich die Schl�ssel der Tore ausliefern, st�rzte den Roland, das Sinnbild des Blutbannes oder Rechtes �ber Leben und Tod, und erbaute nach einem zweiten Aufstande an der Spree zwischen den beiden St�dten Berlin und K�lln die F�rstenburg, auf deren Stelle sich heute das alte k�nigliche Schlo� erhebt. �Sie sollte der Herr-schaft und dem Lande zum Frommen und zur Zierde gereichen." Er be-1451 zog sie 1451 und machte damit Berlin zur Residenz des Kurf�rsten-tnms. Sein Streit mit den hochm�tigen Geschlechtern des Rates hei�t in der Geschichte �der Berliner Unwillen". Durch das Raub- und Fehde-
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Wesen war der Adel in der Mark in �blen Ruf gekommen. �Was man irgendwo vermisse, das m�sse man nur in der Mark Brandenburg suchen!" war eine gemeine Rede in deutschen Landen. Um den Adel zu heben, gr�ndete Friedrich den Schwanenorden. Durch ihn sollte Fr�mmig-keit, Sittenreinheit und edles Familienleben gef�rdert werden. 1455 1455 kaufte Friedrich die Neumark an der Warthe und Netze vom Deutschen Orden zur�ck und lie� sich in Landsberg huldigen. Ein Feldzug gegen Pommern, das er als erledigtes Lehen einziehen wollte, mi�lang ihm;
dazu raffte der Tod seinen einzigen Sohn in bl�hender Jugend hinweg. Da �bergab er (1470) die Regierung seinem Bruder Albrecht und nahm 1470 mit Tr�nen Abschied von den m�rkischen St�nden. Er starb schon im n�chsten Jahre auf der Plafseuburg in Franken.
139- Albrecht Achilles. ^0. Johann Cicero.
Nach Schrenck und B�rkner. Nach dem Denkmale von Peter Bischer
im Dome zu Berlin.
6. Albrecht Achilles (1470�1486) war der gl�nzendste Ver- 1470 treter des Rittertums, einer der k�hnsten und prachtliebendsten Ritter seiner Zeit; daher sein Beiname. Turniere, Fehden und prunkvolle Feste waren seine Lebensluft. Die Mark lie� er durch seinen Sohn Johann, den sp�teren Kurf�rsten, verwalten, und wenn er einmal dahin kam, war es meist, um Geld zu holen. Adel und B�rger f�hlten sich von ihm zur�ckgesetzt. Bei einem Feste, das ihm die Stadt Stendal gab, lie� er deren Vertreter unbeachtet am Kamine stehen. Da� die M�rker ihm eine neue Steuer, die �Bierziese", verweigerten, verga� er ihnen nicht. Als Erbe seiner Tochter Barbara gewann er nach dem Tode ihres Gatten, des Herzogs von Glogan, nach langen K�mpfen mit dem Herzog Johann von Priebus: Crossen, Z�llichan und dazu Sommerfeld (1482). In Pommern wurde ihm die Erbfolge zugesagt. Durch das hohen-zollernsche Hausgesetz (1473) stellte er fest, da� die Mark stets uu- 1473 geteilt auf den �ltesten Sohn �bergehen sollte. Sein Wahlspruch lautete: �In Gott's Gewalt Hab ich's gestalt; er hat's gef�gt, da� mir's gen�gt."
Ļhann Cicero (1486�1499) war ein sparsamer und fursorgender Landesvater. Er erhielt seinen Beinamen von seiner Ge-
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 2tu�a. A. 16
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wandtheit in der lateinischen Sprache. Die Verschwendung seines Vaters n�tigte ihn zur �u�ersten Sparsamkeit. Dieser lie� ihm niemals Geld, so da� er sogar seine Hochzeit jahrelang aufschieben mu�te. Er war ein gebildeter Mann und redlicher F�rst, dem nichts mehr als das Wohl der Untertanen am Herzen lag. Die von ihm eingef�hrte Bierziese veranla�te in Stendal und anderen St�dten einen Aufruhr, den er aber mit Eni-fchiedenheit niederschlug. Er beschlo�, eine Universit�t in Frankfurt a. d. O.
1499 zu gr�nden, starb aber vor Er�ffnung derselben (1499). In seinem Testamente warnte er seinen Sohn Joachim eindringlich vor unn�tzen Kriegen, unbilliger Rechtspflege und �berb�rdung mit Steuern und er-mahnte ihn, die Armen in Schutz zu nehmen und den Adel im Zaume zu halten. �Es sei eine schlechte Ehre, �ber Bettler zu herrschen." Sein Wahlspruch war: �All Ding ein Weil!" Johann ist der erste Hohen-zoller gewesen, der dauernd in der Mark seinen Wohnsitz nahm.
Fragen: Welches Verdienst hat jeder der vier ersten Hohenzollern um die MarkV � Unter welchen Kaisern lebten sie? � �Die Belehnung des Burg-grasen Friedrich von N�rnberg mit der Mark" von Wildenbruch. � �Johann Cicero" von Kopisch.
1278: Schlacht auf dem Marchfelde und bei Frohse. Sizilianische Vesper (1282). Ende der Kreuzz�ge (1291). 1308: Albrecht I. f. Otto mit dem Pfeile f. Kaiser Heinrich VII. Philipp der Sch�ne von Frankreich. Die Templer (1314). Der Papst in Avignon. 1348: Universit�t Prag. Der falsche Waldemar. Die Hansa. 1386, Sempach. Eberhard der Greiner. Wiklef. 1431: Jungfrau von Orleans f. Schlacht bei Taus. 1440: Die Buchdruckerkunst. � Friedrich I. von Brandenburg f. 1453: Eroberung Konstantinopels.
60. Kolumbus und die Entdeckung Amerikas (1492).
1. Handelsverbindungen mit Indien. Der Handel im Mittelalter hatte es besonders mit der Bef�rderung der kostbaren Erzeugnisse Indiens nach dem Abendlande zu tun. Man bezog aus Indien: Seide, Baumwolle, Reis, Gew�rze, Elfenbein, Perlen, Gold n. a. Die Bef�rderung geschah zu Lande und auch zu Wasser. Die wichtigsten Han-delswege waren folgende: 1. Schiffe brachten die Waren den Indus hinauf, und Karawanen f�hrten sie wahrscheinlich bis zum Kaspischen Meere. Durch letzteres gelangten sie in die Wolga, dann zu Lande an den Don und auf diesem und durch das Schwarze Meer nach Konstantinopel, wo die Schiffe Genuas und Venedigs sie in Empfang nahmen und weiter be-f�rderten. 2. Schiffe brachten die Waren von Indien durch den Persischen Busen und den Enphrat und Tigris nach Bagdad, und Karawanen f�hrten sie nach den H�sen des Mittelmeeres. 3. Durch den Indischen Ozean und das Rote Meer �ber die Landenge von Suez brachten die Mohamme-daner die indischen Waren nach Alexandrien, von wo sie nach allen enro-p�ischen H�sen des Mittelmeeres gingen.
2. Der Seeweg nach Indien. Alle diese Wege waren sehr ung�nstig f�r die Bef�rderung, die beiden ersten beschwerlich und gefahr-voll; der dritte verteuerte die Waren durch die hohe Besteuerung in den mohammedanischen Reichen. Deshalb richtete sich das Streben darauf,
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einen direkten Seeweg nach Indien zu suchen, damit die Waren durch keinen Zwischenhandel verteuert w�rden. Prinz Heinrich der See-fahrer von Portugal (*j* 1460) belebte vor allen die Lust an Eutdeckungs- 1460 reisen. Seine Schiffe fanden die Inseln Porto Santo, Madeira und die Azoren. Als ein Schiff von der K�ste Afrikas Goldstaub und etliche Neger mitbrachte, da steigerte die Gewinnsucht den Entdeckungstrieb. So wurde das Gr�ne Vorgebirge (Kap Verde) entdeckt. Ohne Gefahr �berschritt man die Linie (den �quator), wo man nach alten ph�nizischen M�rchen das Wasser siedend glaubte, und erreichte Guinea. Da Afrika nunmehr schmaler nach Osten zulief, so wuchs die Hoffnung, das S�deude zu finden. Dies gelang dem k�hnen Bar-tholom�ns Diaz (i486). Ein Aufruhr seines Schiffsvolks zwang ihn zur Umkehr.
Wegen der furchtbaren St�rme nannte er die S�dspitze Afrikas �Sturmfap", aber sein K�nig Johann II. sah weiter und wan-delte den Namen in �Kap der guten Hoff-nrnig" um. Die gute Hoffnung, endlich den Seeweg nach Indien zu finden, erf�llte Vasko de Gama (1498). Nach einer zehnmonatlichen Fahrt erreichte er Kaliknt auf der K�ste von Malabar und damit das Ziel einer langen Sehnsucht. Sein Nach-folger Kabral wurde durch St�rme nach Westen verschlagen und fand Brasilien.
(1500). Durch die Tapferkeit des Statthalters Almeida und die Weis- 1500 heit feines Nachfolgers Alfons von Albnquerque wurden die Portu-giesen das herrschende Volk auf den K�sten, Inseln und Meeren Indiens und erwarben unerme�liche Reicht�mer.
3. Christoph Kolumbus (ital. Colombo, span. Colon) und seine Pl�ne. Er war der Sohn eines Tuchwebers in Genua. Flei�ige Studien,
viele Seefahrten und die Seekarte des Florentiner Gelehrten und Arztes Toskanelli gaben ihm die �berzeugung, da� Indien auf einem west-lichen Wege durch den Atlantischen Ozean zu erreichen sein m�sse. Er selbst f�hlte sich dazu berufen, diesen Weg aufzusuchen. Zu dem Zwecke wandte er sich an den K�nig von Portugal. Dieser lie� seinen Plan pr�fen, wies ihn aber als Schw�rmer und das Unternehmen als unsicher ab. Auch in Spanien fand er anfangs kein Geh�r, obwohl er der K�-nigin Jfabella (von Kastilien) von einflu�reichen G�nnern empfohlen worden war. Er versicherte, die Heilige Dreieinigkeit selbst habe ihn be-rufen, gewisse Weissagungen des Propheten Jesaias^) zu erf�llen und von Spanien aus die Heiden in fernen, noch unbekannten L�ndern zu bekehren.
Nach 7 Jahre langem Warten beschlo� er, sein Gl�ck in Frankreich zu versuchen. Als er unterwegs mit seinem Sohne in einem spanischen Kloster einkehrte, gewann er die Zuneigung des Klosterpriors, der ein
1) Jes. 24, 16.�60, 9.-65, 17.
16*
Ferdinand und Isabella,
Nach einer alten Schaum�nze.
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Beichtvater der K�nigin Jsabella war. Dieser verwandte sich aufs w�rmste f�r seinen Sch�tzling bei Hofe. Hier herrschte gro�e Freude bei der K�-night und ihrem Gemahl Ferdinand von Aragonien, denn das letzte maurische Bollwerk Gran ad a war gefallen. Damit war die Lust zu friedlichen Unternehmungen wieder erwacht. So kam es, da� Kolumbus 3 kleine Schiffe mit 90 Mann zu der �tollk�hnen" Fahrt nach dem Westen erhielt. Als Lohn wurde ihm die erbliche W�rde eines Gro�admirals und Bizek�nigs aller L�nder und Meere, die er entdecken w�rde, verhei�en.
4. Seine erste Entdeckungsreise (1492�1493). Die kleine Flotte segelte den 3. August 1492 aus dem Hafen von Palos (nordwestlich von Cadix in Andalusien) ab. Schon an den Kanarischen Inseln mu�te eins der Schiffe ausgebessert werden. Mit g�nstigem Winde fuhren sie dann nach Westen. Je gr��er die Entfernung von der Heimat wurde, desto mehr fank der Mut der Schiffsleute. Kolumbus tr�stete die Traurigen, ermutigte die Zagenden, beschwichtigte die Murrenden. Sich selbst g�nnte er selten Schlaf und Speise. Die Anzeichen von der N�he des Landes mehrten sich: das Meer war mit Seegras bedeckt; Scharen fremder V�gel flogen nach dem S�dwesten; ein frischer Zweig und ein geschnitzter Stab trieben heran. Gegen Mitternacht zwischen dem 11. und 12. Oktober sah Kolumbus ein fernes Licht; um 2 Uhr rief ein Matrose: ,,Land, Land!", und eitte Kanone donnerte den Gru�. Alle umarmten sich vor Freude, fielen dem Admiral zu F��en und stimmten das Tedenm an. Im Morgen-
1492 lichte des jungen Tages (12. Oktober 1492) lag das gr�ne Eiland Guanahani, eine der Bahama-Jnseln, vor den entz�ckten Blicken. Kolumbus betrat in Admiralstracht mit dem Schwerte und der Fahne in den H�nden zuerst das Land und nahm f�r Spanien Besitz davon. Ein Kreuz wurde errichtet; die Musik spielte, und die Fahnen flatterten. Die Insel erhielt den Namen San Salvador, d. h. der heilige Erl�ser. Die Einwohner waren nackte, furchtsame Wilde, die von Mais und Wurzeln lebten. Etliche trugen goldene Zieraten in Nase und Ohren. Auf die Frage der Spanier nach diesem Metalle wurden sie nach S�den gewiesen. Auf der Fahrt dahin entdeckte man Kuba und Haiti. Kolumbus hielt die neu entdeckten Inseln f�r Teile Indiens, das man auf einem westlichen Wege erreicht h�tte, und nannte sie deshalb Westindien und die Bewohner-Indianer. Nachdem er auf Haiti das Fort Navidad gebaut und dort neununddrei�ig feiner Leute zur�ckgelassen hatte, trat er mit dem einen, ihm gebliebenen Schiffe unter vielen Gefahren die Heimreise an (4. Januar
1493 1493). Er wurde bei seiner Ankunft in Palos mit Kanonendonner, Glockengel�ut und Festjubel empfangen und im Triumphzuge nach Barcelona an den Hof geleitet. Seine Erz�hlung und die mitgebrachten Erzeugnisse aus der neuen Welt erf�llten jedermann mit Staunen und Bewunderung.
1493 5. Der entschlossene Befehlshaber auf der zweiten Reise (1493 �1496). Mit 17 Schiffen und 1500 gold- und abenteuers�chtigen Spaniern trat Kolumbus die zweite Reise an. Er entdeckte die Kariben-Inseln mit ihren menschenfressenden Bewohnern und Portoriko. Die Festung auf Haiti fand er zerst�rt, die Besatzung get�tet. Habsucht und Grausamkeit der Spanier hatten endlich die Rache der friedlichen Bewohner
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herausgefordert. Kolumbus gr�ndete eine neue Ansiedelung und stellte sie unter seinen Bruder Diego. Er selber fuhr weiter und entdeckte Jamaika. Bei seiner R�ckkehr nach Haiti fand er alle H�uptlinge (Kaziken) der Indianer in voller Emp�rung gegen die grausamen Ansiedler. Kolumbus mu�te gegen sie zu Felde ziehen. Der Donner der Kanonen, die geharnischten Reiter auf ihren schnellen Rossen und gewaltige Bluthunde fl��ten den Naturkindern solches Entsetzen ein, da� sie flehentlich um Gnade baten und einen Zins an Gold und Baumwolle gelobten. Als Kolumbus nach Spanien zur�ckgekehrt war, mu�te er sich gegen die Anklage seiner Neider verteidigen.
6. Der unschuldig Verklagte. Auf der dritten Fahrt (1498 1498 �1500) entdeckte Kolumbus die Insel Trinidad (Dreieinigkeits-Jnsel)
und das Festland von S�damerika. Dann kehrte er nach Haiti zur�ck, wo die Zust�nde in der Ansiedelung Domingo durch die Meuterei der Besatzung immer verworrener geworden waren, und schuf durch strenge Bestrafung der Ruhest�rer wieder Ordnung. Seine Feinde aber benutzten dies, um ihn bei dem mi�trauischen Ferdinand als unf�hig, Hab- und herrschs�chtig zu verleumden. Da wurde Bobadilla mit weitgehender Vollmacht zur Untersuchung hingesandt. Er legte ohne Verh�r und Recht den hochverdienten Mann in Ketten und schickte ihn nach Spanien (1500). 1500 Jeder Wohlgesinnte war von Unwillen, Ferdinand von Scham erf�llt. Kolumbus warf sich stumm vor dem Throne nieder und brach in Thr�nen aus. Er rechtfertigte sich gl�nzend. Bobadilla wurde abberufen und auf der Heimfahrt samt seinem Spie�gesellen Roldan und den erpre�ten Sch�tzen vom Meere verschlungen. Gleichwohl sandte der mi�trauische K�nig nicht Kolumbus, sondern einen andern als Statthalter nach den entdeckten L�ndern.
7. Der ungl�ckliche Schiffbr�chige. Die vierteReise(1502 � 1505) 1502 brachte Kolumbus durch St�rme, Klippen und Krankheiten entsetzliches Ungemach. Seine vier Schisse scheiterten nacheinander. Hilflos kam er
auf Jamaika an, wo er mit seinen Gef�hrten von der Gnade der Wilden abh�ngig war. Da seine Gef�hrten durch ihren �bermut die Wilden reizten, so lieferten diese keine Lebensmittel mehr. Nur die Drohung des Kolumbus mit der Strafe der G�tter, wozu er eine eben eintretende Mond-sinsternis benutzte, machte sie wieder willig. In hohlen Baumst�mmen ruderten endlich Mendez und Fiesko nach Haiti und brachten nach neun Monaten Hilfe. Krank und voll Gram kehrte Kolumbus heim.
8. Der beneidete und mit Undank belohnte Wohlt�ter. In Spanien hatten nach dem Tode seiner Besch�tzerin Jsabella seine Feinde und Neider offenes Fahrwasser. Der K�nig handelte treulos gegen ihn und setzte ihn nicht in die versprochenen W�rden ein. Als einst in einer Gesellschaft die Entdeckung Amerikas als eine unfchwere Sache behandelt wurde, reichte Kolumbus, wie erz�hlt wird, ein Ei herum und bat, es auf-recht hinzustellen. Alle m�hten sich vergeblich. Da stie� es Kolumbus hart auf, so da� die Spitze eingedr�ckt wurde, und nun stand es. �Ja, das konnten wir auch!" riefen alle. �Nun, nachdem es gezeigt ist!" sagte Kolumbus l�chelnd. �Warum tatet ihr es nicht zuerst?" Der Tod erl�ste endlich den edlen Mann (1506). Seine Ketten befahl er in seinen Sarg 1506 zu legen. Seine Leiche wurde anfangs aus Haiti, sp�ter auf Kuba be-
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stattet. Auf seinem Denkmal prangt die Inschrift: �Dem Reich Kastilien und Aragon gab eine neue Welt � Colon!" In die versprochenen W�rden wurde sein Sohn Diego erst nach einem langen Prozesse eingesetzt. Der neue Erdteil wurde zuerst von dem Florentiner Amerigo Vespucci be-1500 schrieben (um 1500) und bekam sp�ter nach ihm den Namen �Land des Amerigo" oder �Amerika".
9. Die Eroberung von Mexiko und Peru. Der k�hne Spanier Ferdinand Kortez schiffte mit einem Haufen Abenteurer von Kuba aus 1519 nach Westen und landete an der K�ste Mexikos (1519). Die Schiffe verbrannte er hinter sich. Er wurde von dem K�nige Montezuma und dem gesitteten Aztekenvolke gastlich aufgenommen. Doch die Habsucht und Herrschsucht der Spanier wollte mehr. Durch List und Gewalt unterjochte Kortez K�nig und Volk in der schmachvollsten Weise. Greuel wurden ver�bt, bei deren Erz�hlung das Herz vor Unwillen und Schmerz bebt. Den letzten Kaziken (K�nig) Gnatemozin folterten die rohen Henker auf einem gl�henden Roste, damit er das Versteck seiner Sch�tze verraten sollte. Schweigend ertrug er die Qual. Seinen jammernden Dienern auf der Folter rief er zu: �Liege ich denn auf Rosen?" Das Land wurde f�r 1535 Spanien in Besitz genommen. Auch Kalifornien entdeckte Kortez (1535). Doch er erntete Undank wie Kolumbus. Nach der Eroberung wurde er von Karl V. mit hohen Ehren, sp�ter aber k�hl, zuletzt gar nicht empfangen. Tief gekr�nkt starb der stolze Mann auf seinem Landgute.
1531 Der rohe und herzlose Franz Pizarro entdeckte (1531) mit seinem gleichgearteten Gef�hrten Almagro das Goldland Peru. Die gastliche Aufnahme bei dem hochgebildeten Volke vergalten sie durch den sch�ndlichsten Verrat. Der Inka (F�rst) wurde treulos gefangen und hingerichtet, das Volk unbarmherzig ausgepl�ndert. Nachdem sich die beiden Eroberer in die Verwaltung, d. h. Auspl�nderung, des Landes geteilt, lie� Pizarro � den Almagro in einem Streite erdrosseln, wurde aber selbst von dessen Sohne erstochen. Das herrliche, bl�hende Land der �Sonnenkinder" aber ver�dete mehr und mehr unter der spanischen Herrschaft. Die ungl�cklichen Bewohner des spanischen Amerika, Indianer genannt, wurden zu den h�rtesten Arbeiten gen�tigt. Die meisten Bewohner der Inseln starben aus. Da wurden auf den Vorschlag des edlen Priesters Las Kasas (1517) die Neger als Ersatzarbeiter f�r die schw�chlichen Einwohner verwendet. Seitdem begann der schmachvolle Sklavenhandel. Auf dem Festlande Nordamerikas ist jetzt der �rote Mann" ganz zur�ckgewichen, in S�d- und Mittelamerika aber hat er sich mit den Wei�en vermischt.
Der Genuese Kabot entdeckte im Jahre 1497 unter englischer Flagge Neufundland. Der Portugiese Magelhaeus (fpr. Machaljangs) begann 1519 1519 mit spanischen Schiffen die erste Erdumsegelung. Er entdeckte die Stra�e zwischen S�damerika und den Feuerlandsinseln, die nach ihm Magelhaensstra�e genannt wurde. Auf den Philippinen erschlugen ihn 1522 die Wilden, und von seinen Schiffen kehrte nur eins 1522 zur�ck.
10. Die gewaltigen Folgen der Entdeckungen. In die neu-entdeckten L�nder teilten sich die Portugiesen und Spanier. Sp�ter traten Holland, England und auch Frankreich als Kolonialstaaten
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auf. Aus dem Binnenhandel des Mittell�ndischen Meeres wurde ein ozeanischer Welthandel. Dadurch verloren die alten Handelsst�dte Genua und Venedig ihre Bedeutung; Portugiesen und Spanier rissen den Gro�-Handel an sich. Aber schon um 1600 wurde diesen von den Holl�ndern 1600 und sp�ter letzteren von den Engl�ndern die Herrschaft auf dem Weltmeere genommen. Die vielen Bodenerzeugnisse der Kolonien, besonders die sp�ter in Europa angepflanzten, tote: Mais, Tabak, Kartoffeln, und die nur eingef�hrten, als: Kaffee, Zucker, Kakao, Vanille, Baumwolle, riefen neue Bed�rfnisse wach, ver�nderten die Lebensweise und erzeugten eine gro�e R�hrigkeit in allen gesch�ftlichen und gewerblichen Verh�ltnissen. Die hinzustr�mende Masse edler Metalle (aus Mexiko und Peru) verringerte den Geldwert und steigerte die Preise. Der Kolonialbesitz erh�hte den Reichtum und die Macht einzelner Staaten und vermehrte die Flotten. Die Ausschlie�ung so vieler fremder L�nder gestaltete einzelne Wissenschaften, besonders die Erd- und Naturkunde, v�llig um und erweiterte in hohem Ma�e den bisherigen Gesichtskreis. Kopernikus aus Thoru (f 1543) beseitigte den Jahrtausende alten Irrtum, da� sich die Sonne um die still-stehende Erde bewege. Kepler (f 1609) erforschte die Gesetze des Planetenlaufes; der Italiener Galilei, der Entdecker der Gesetze der Pendelschwingungen und des Falls, wurde der Begr�nder der Wissenschaft-lichen Naturlehre (Physik) (f 1642).
11. Das Aufbl�hen der Wissenschaften und K�nste. Die Er-findungen und Entdeckungen waren die Urheber und Vorboten einer neuen Zeit. Zu ihnen gesellte sich, auf geistigem Gebiete umgestaltend, ein neu erwachtes wissenschaftliches Leben, das Studium des Altertums, und die Pflege der Kunst. Zun�chst ging von Italien im 14. und besonders im 15. Jahrhundert das Streben aus. den scholastischen Geistesbann, der alle freie Entfaltung niederhielt, zu brechen. Wie die anderen Kultur-l�uder, fo ward auch Deutschland in diese geistigen Bahnen gezogen. Durch die Scholastik (Schulweisheit) war im Mittelalter die Wissenschaft ledig-lich in den Dienst der Theologie gestellt, und diese allein herrschende Weisheit gefiel sich zuletzt nur in den allerspitzfindigsten Beweisf�hrungen und Gr�beleien zur Erh�rtung irgendeines theologischen Lehrsatzes. Das konnte die frischen Geister nicht befriedigen. Schon im 14. Jahrhundert hatte der gro�e italienische Dichter Dante Alighieri (f 1321 inRctvenna) 1321 einem neuen edlen Geschmack in der Literatur durch seine Anlehnung an die klassischen Dichter der R�mer den Weg gebahnt. Sein ber�hmtes Hauptwerk �Die g�ttliche Kom�die" ist eine der tiefsinnigsten Dichtungen aller Zeiten. In seinen Wegen war dann ein anderer ber�hmter italienischer Dichter, Petrarca (f 1374), gewandelt Mit gro�er Begeisterung hatte 1374 sich dieser den humanistischen Studien, d. h. dem Studium des klassischen Altertums aus dessen Werken, zugewandt und den Anla� zur weiteren Verbreitung dieser Studien gegeben. Als nun nach der Eroberung Konstantinopels durch die T�rken (1453) fl�chtige Gelehrte nach Italien 1453 kamen und [die griechische Literatur und Philosophie sich einer ganz be-sonderen Pflege erfreute, da entfalteten sich auf dem Boden Italiens von neuem die Wissenschaften und K�nste zu sch�ner Bl�te. Die Anh�nger
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\^2. Die Peterskirche in Rom mit den Kolonnaden des Sernirti,
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der Scholastik, �Obskuranten" oder �Dunkelm�nner" genannt, wurden siegreich von den Humanisten bek�mpft. In Deutschland waren die hervorragendsten Humanisten Reuchlin, Erasmus und Ulrich von Hutten. Die erwachende Studienlust lie� neue Universit�ten erstehen und alte sich verj�ngen. Den altber�hmten St�dten Paris (Theologie, Philo-sophie), Bologna (Rechtswissenschaft), Salerno (Medizin) reihten sich im 14. Jahrhundert in Deutschland Prag (1348), Wien (1365), Heidel- 1348 berg (1386) und im 15. Jahrhundert eine gro�e Anzahl neuer an. Auch 1386 wurden die Gelehrtenschulen allerorten umgestaltet und neue dazu errichtet. In der Kunst, namentlich in der Baukunst, bildete sich unter dem Einflu� der Antike ein besonderer Baustil aus.
Unter den italienischen K�nstlern aus dieser Zeit der Wiedergeburt der K�nste (Renaissance) sind die gr��ten Maler aller Zeiten: Michelangelo (f 1564), zugleich Maler (das j�ngste Gericht in der Sixtinischen Kapelle zu Rom), Bildhauer (die Piet^-Statue in der Peters-kirche, Moses) und Baumeister (er leitete seit 1546 den Bau der von Bramante begonnenen Peterskirche in Rom, des gr��ten Bau-Werkes nach dem Verfall der gotischen Kunst aus der Zeit der Hoch-renaissance); Raffael Sanzio (f 1520; Sixtinische Madonna in Dresden); Corregio (f 1534; die heilige Nacht, die b��ende Magdalena in Dresden); Leonardo da Vinci (f 1519; das Abendmahl in Mai-land); Tizian in Venedig (f 1576; Maria Himmelfahrt, Madonnen-bilder und Portr�ts). � Auch in Deutschland bl�hte die Kunst. Die hervorragendsten Maler, die unter niederl�ndischem Einfl�sse standen,
waren: Albrecht D�rer (f 1528; Holzschnitte und Kupferstiche), Holbein (f 1543; Totentanz), Lukas Cranach (f 1553; Lutherbilder). Nach dem Baustil der italienischen Renaissance, der in den meisten Kulturl�ndern Europas Eingang fand, entwickelte sich die deutsche Renaissance. Haupt-s�chlich wurden im Renaissancestil Schl�sser, Pal�ste, Rath�user und Privat-geb�ude gebaut. Der sch�nste Bau ist das Heidelberger Schlo� mit dem Otto-Heinrichsbau und dem Friedrichsbau aus dem 16. Jahrhundert. Die Erzgie�erei kam in N�rnberg durch Peter Bischer (t 1529) zu k�nstlerischer Bl�te. In den Niederlanden zeichneten sich die Gebr�der van Eyck (1400) und Rubens (f 1640) aus.
12. Das �ffentliche und h�usliche Leben in Deutschland an der Wende des Mittelalters. Das staatliche Leben war wenig erfreulich. Die Einheit des Reiches war dahin, die Kaisermacht geschw�cht, die Zwie-tracht unter den zahllosen kleinen und gro�en Staatsgebieten zur Regel geworden. Reichsbeschl�sse, die dem Kaiser Geld und Macht bewilligten,
kamen nur schwer und langsam durch umst�ndliche Verhandlungen mit den drei Reichsst�ndenr): Kurf�rsten, Reichsf�rsten und Reichst�dten, zustande.
Kaiser Maximilian sp�ttelte darum bitter: �Der K�nig von Frankreich herrscht �ber Esel, die ruhig tragen, was ihnen auferlegt wird, der K�nig von England �ber Engel, die willig feine Gebote ausf�hren, der K�nig von Spanien �ber Menschen, die ihm folgen in allem, was recht ist; nur
l) Ihre Zahl betrug 103.
^3. Die Sixtinische Madonna v. Raffael, Dresden.
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^44- Ritter, Tod und Teufel.
Kupferstich von Albrecht D�rer. (Nach dem Faksimiledruck der Reichsdruckerei-)
ich herrsche �ber K�nige, denn meine F�rsten gehorchen nur so viel, als ihnen beliebt."
Das kirchliche Leben hatte sich mehr und mehr ver�u�erlicht. Kl�ster wurden gestiftet und ausgestattet, herrliche Kirchen gebaut, gro�e Glocken
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^5. Pellerhof in N�rnberg (Renaissancebau).
lPhotogr. Ferd. Schmidt, N�rnbergs
in die T�rme geh�ngt, die Kirche mit Altarbildern, Heiligenstatuen, Weih-rauchf�sseru, Leuchtern und Kelchen geschm�ckt, die Priester in prunkvolle Gew�nder geh�llt. Die Fr�mmigkeit zeigte sich in feierlichen Prozessionen, Wallfahrten nach �Gnadenorten", frommen Gel�bden, Stiftung von Kranken-und Siechenh�nsern, Abbeten des Rosenkranzes, Erwerb von Abl�ssen usw. Um edle Sitte und Sittlichkeit war es aber oft schlimm bestellt. Besonders in Fehden und Kriegen wurden die gr��ten Greueltaten begangen.
Das h�usliche Leben hatte an Behaglichkeit gewonnen. Die St�dte waren alle gegen den Ansturm von Feinden in den endlosen Fehden durch Wall und Graben, T�rme und Tore gesch�tzt. Zieh- und Laufbrunnen spendeten Wasser. Flie�wasser sp�lte Schmutz und Abf�lle fort. Ja,
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\^6. Sebal�usgrab von peter vischer in D�rnberg. (Gotisch mit Renaissanceelementen.)
man begann schon, die Hauptstra�en in reicheren St�dten zn pflastern. Mehr nnd mehr entstanden stattliche Steinh�user mit allerlei Schmuck und Inschriften. Die Fenster waren �ergittert, die Scheiben rund, und dahinter standen bl�hende Topfgew�chse. T�nerne Kachel�fen mit Bildwerk und Schrift w�rmten im Winter die Wohnzimmer; kunstvoll geschnitzte Haus-gerate machten sie wohnlich. Auf gekreuzten Beinen in der Mitte des Zimmers stand der gro�e Eichentisch, darum die St�hle mit geschnitzten Lehnen. Auf Gesimsen an den W�nden prangten zierliche und kostbare Leuchter, Kruge und andere Ger�te. An Speise und Trank lie� man es nicht fehlen. Statt Kaffee und Tee gab es Morgen- und Abendsuppen. Kartoffeln waren noch unbekannt. Die Kochkunst ersann mancherlei neue
Gerichte. Fremde Gew�rze, auch Mucker, wurden reichlich verwandt, an den vielen Fasttagen'Fische auf den Tisch gebracht. Gabeln waren noch nicht bekannt; die Messer gingen oft von Hand zu Hand. Die Tischger�te waren von Zinn oder Silber. Man trank ein einfaches Hausbier, aber auch fremde Weine. Der Mann war Herr des Hauses, die Frau Herrin
in K�che und Keller und die Erzieherin der Kinder. Kinder und Gesinde waren unbe-dingten Gehorsam schul-dig. J�ngere und Nied-rigstehende wurden mit Du, �ltere und H�her-. r stehende mit Ihr an-KZ geredet.
Das gesellige g| Leben entfernte sich " s immer mehr von Ein-fachheit und Nat�rlich-^ 1 feit. Die Haare wurden gefraufelt und gef�rbt, jd f auch durch falsche ersetzt, Z Z das Gesicht geschminft und gesalbt, die Klei-^ duug franz�sischen Mustern nachge�fft. Die Frauen trugen Schlepp-f leid er, zierliche Leib-| | chen, M�ntel mit seide-nen Schn�ren, Schna-. �l belschnhe und wechseln-den Kopfputz. Zum ^ Brett-, W�rfel- und Schachspiel kam das Karten- und Kegelspiel, und fremde T�nze aus Welschland fanden Ein-gang. Besonders lustig ging es auf den M�rk-ten und Sch�tzenfesten * zu. Gl�ckst�pfe, Zauber-
k�nste und Kartenschlagen waren^besonders beliebt. Der Trunksucht wurde dabei weidlich gefr�nt. Die Ehe wurde nach gegenseitigen Vorteilen ver-abredet und geschlossen, die Hochzeit mit gro�em Aufw�nde gefeiert. Sogar der Leichenschmaus bei Begr�bnissen artete oft zu fr�hlichem Gelage aus. Die Toten wurden von Befreundeten zu Grabe getragen und auf dem Kirchhofe oder in der Kirche bestattet. Messen wurden gelesen, Opfer ge-
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spendet, die Gr�ber mit Kreuzen oder Steinen geschm�ckt und bemalte Denkschilde in der Kirche aufgeh�ngt.
Das gewerbliche Leben wies jedem Stande seine besondere T�tig-keit zu. Streng geschieden waren Adelige und Gemeine, B�rger und Bauern. F�rsten, Grafen und Freiherren bildeten den hohen, ritterm��igen, Lehnsleute und Hofbeamte den niederen Adel. Die B�rger schieden sich wieder in die vornehmen Patrizier und das gemeine Stadtvolk. Dem Adel war Handel, Handwerk und Handarbeit durch das Herkommen unter-sagt; Jagd, Turnier, Krieg, Reisen, Festfeiern u. dgl. galten als standes-gem��e Besch�ftigung. Alle Arbeiten in Hof und Garten, Feld und Wald taten die Bauern oder die leibeigenen Hofleute. Sie waren die geplagten Lasttiere f�r alle und f�r alles. In den St�dten trieben die
^8. Aus der Zunftzeit.
Verkleinerung des Bildes in Lehmanns kultnrgeschichtl. Bildern. (Leipziger Schulbilderverlag.)
Patrizier den Gro�handel. Ihre Lastwagen mit kostbaren Kaufmanns-g�tern kamen unter Waffengeleit weit her, rollten schwerbeladen �ber das Stra�enpflaster und f�hrten dann die Waren wieder weiter fort nach anderen Orten, wo sie begehrt wurden. Das Reisen der reichen Leute geschah zu Pferde, in Reisewagen oder zu Schiffe. In Herbergen wurde �bernachtet. Briefe, Geld und andere Sendungen besorgten besondere Botenl�ufer. Die Mehrzahl der St�dter waren Handwerker. Jedes Handwerk hatte sich zu einer Zunft geeinigt und zusammengeschlossen. Jede Zunft hatte ihre besonderen Br�uche und Abzeichen, ihren Altmeister als Leiter, ihre Herberge, ihre Feste, ihre Lade mit den Satzungen und ihre Sittenregeln. �Unehrliche" Leute blieben noch immer von den Z�nften ausgeschlossen. Die Lehrlinge erhielten den Lehrbrief als Gesellen, wenn sie ausgelernt und ihr Gesellenst�ck geliefert hatten. Dann wanderten sie
3 Jahre, begr��ten �berall das Handwerk und vervollkommneten sich nach M�glichkeit. Nach der Heimkehr machten sie ihr Meisterst�ck und wurden feierlich als Meister in den Zunftverband aufgenommen. Auch in den Waffen �bten sich die Z�nfte und nahmen wacker teil an der Ver-teidignng der Stadt. Das beigef�gte Lehmaunfche kulturgeschichtliche Bild Nr. 148 �Aus der Zunftzeit" f�hrt uns anschaulich die Aufnahme eines jungen Goldschmiedemeisters in die Innung vor Augen. Wir werden in die Zunftstube gef�hrt, die im gotischen Stile des 15. Jahrhunderts ge-halten ist. Von dem Zunftmeister und den �brigen Vorstandsmitgliedern der Innung, den Geschworenen, wird eine �Morgensprache" (Versammlung) abgehalten. Der junge Meister hat den Nachweis der Bef�higung (ehrliche Geburt, B�rgerrecht, Ausbildung bei einem Jnnnngsmeister als Lehrling und Knecht oder Geselle, vorgeschriebene Wanderzeit, Meisterst�ck) erbracht. Nun wird er feierlich von dem Zunftmeister neben der offenen Jnnnngs-lade, welche die Urkunde und wertvolle Kleinodien der Innung enth�lt, mit Handschlag begr��t und als Meister aufgenommen. Das eine der Meisterst�cke, ein Kelch, wird inzwischen von einem Obermeister gepr�ft.
Traurig sah es in den Bauernh�usern aus. Eine Nachricht aus jener Zeit meldet: �Ihre Wohnungen sind schlechte H�user, von Kot und Holz gemacht und mit Stroh gedeckt. Ihre Speise ist schwarzes Roggen-brot, Haferbrei und gekochte Erbsen und Linsen. Wasser und Molken ist fast ihr einziger Trank. Eine Zwillichjoppe, ein Paar Bundschuhe und ein Filzhut ist ihre Kleidung. Diese Leute haben nimmer Ruhe. Fr�h und sp�t hangen sie der Arbeit an. Es gibt nichts, was das arme Volk nicht tun mu�, nicht aufschieben darf." � �In Unwissenheit und Aberglauben leben sie dahin. Sie wachsen ans wie das liebe Vieh und kennen oft weder Gott noch Menschen, weder Himmel noch H�lle, weder Gutes noch B�ses."
Fragen: Wie ist die heutige Bev�lkerung Amerikas entstanden? � Welche Charakterz�ge kennzeichneten die spanischen Entdecker? � Welche Verdienste hat Jsabella um Kolumbus und seine Entdeckungen? � Wie war das Frauen-leben an der Wende des Jahrhunderts? � Was bedeutet �Renaissance"? � Wie h�ngt Zunft mit ziemen, Innung mit �in sich" zusammen? � �Kolumbus^ von Schiller. � �Kolumbus" von L. Bachmannn. � �Magelhaens" von
�us der llnr.cit.
61. Dr. Martin Luther und die Reformation (1483�1546).
1. Der begabte Bergmannssohn und seine Erziehung. Der
Mann, welcher der Sehnsucht seiner Zeitgenossen eine Stimme und einen kr�ftigen Willen lieh und der neuen Zeit den Stempel seines Geistes auf-dr�ckte, ist dem Bauernstande entsprossen. Sein Vater, der Bergmann Hans Luther, zog mit sei-ner Gattin Margarete aus M�hra bei Eiseuach des bes-seru Erwerbs wegen nach dem Unterharze. Hier wurde ihm in Eisleben am 10. No-vember 1483 ein S�hnlein geboren, das in der Taufe am folgenden Martinstage Martin gehei�en ward. Ein Jahr sp�ter zog Hans Luther nach Mansfeld. Seine redliche Arbeit segnete Gott, so da� er zu ziemlichem Wohlstande kam und seinen acht Kindern eine gute Erziehung geben konnte. Den schw�chlichen aber wohlbegabten Martin hat er oft auf den Armen zur Schule getragen, ihn aber auch nicht
selten mit gro�er Strenge �gest�upt". Uber seine Eltern und seine Jugend berichtet Luther: �Ich bin eines Bauern Sohn. Mein Vater, Gro�vater und Ahnherr sind rechte Bauern getoeft. Hernach ist mein Vater nach Mansfeld gezogen und ein Bergh�uer worden. Meine Eltern sind erstlich arm getoeft. Mein Vater war ein armer H�uer, und die Mutter hat das Holz auf dem R�cken heimgetragen. Sie haben fich's lassen blutsauer werden, damit sie uns 8 Kinder erzogen haben. Meine Eltern haben mich gar hart gehalten, da� ich dar�ber ganz sch�chtern wurde. Die Mutter st�upte mich einmal um einer geringen Nu� willen, da� das Blut danach flo�." Im 14. Jahre kam der Knabe auf die Schule nach Magdeburg und sp�ter, der Kostensparnng wegen, zu Verwandten nach Eisenach. Hier hat er sich als Chorsch�ler mit seinem Beten und Singen das Wohlwollen der Frau Cotta erworben und von
Polack, Geschichtsbilder. 20. Stuft. Stulg. A. 17
V0. Luthers Geburtshaus in (Eisleben.
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1(50. Martin Luther.
(Nach einem Gem�lde v. Lukas Cranach im Germanischen Nationalmuseum zu N�rnberg.)
ihr Kost und Pflege erhalten. Mit 18 Jahren bezog er, wohlausger�stet mit Kenntnissen, die Universit�t Erfurt, wo er so flei�ig studierte, da� ihm 1505 schon 1505 die Gelehrtenw�rde eines Magisters erteilt wurde. �ber seine Studien berichtet ein Schulfreund: �Ob er Wohl ein hurtiger und fr�hlicher Gesell war, fing er doch alle Morgen sein Lernen mit Gebet und Kirchengehen an, wie denn sein Spr�chlein war: �Flei�ig gebetet ist �ber die H�lfte studiert!"
2. Der gemissenhafte M�nch und seine Seelenk�mpfe. Luthers Vater, der w�nschte, da� sein Sohn es zu hohen Dingen bringe, wollte einen Rechtsgelehrten aus ihm machen, aber sein eigenes Herz zog diesen zur Gottesgelahrtheit, besonders seitdem er in der Bibliothek eine lateinische Bibel gefunden und flei�ig gelesen hatte. In heftiger Seelenangst um seine Seligkeit rieb er sich fast auf. Der pl�tzliche Tod seines Freundes Alexius, eigene Lebensgefahr durch einen Blitzstrahl und eine schwere Krankheit bestimmten ihn, der Welt zu entsagen und nur den Himmel zu suchen. Er trat 1505 als M�nch in das Augustinerkloster zu Er-fnrt, um sein Leben ganz Gott zu widmen. Sein Vater war darob sehr ungehalten und ge-w�hrte ihm keine Unterst�tzung mehr.
Im Kloster mu�te Luther die niedrig-stenDienste tun. Dazu wollte er durch Fasten, Wachen und Gei�eln das Fleisch t�ten und die Seele heiligen. Hierdurch verfiel seines Leibes Kraft, und doch fand die Seele keine Ruhe.
Er erkrankte sehr schwer. Da tr�stete ihn ein alter Kloster-brndermitden Wor-ten des dritten Ar-tikels: �Ich glaube an eine Vergebung der S�nden!" und wies ihn auf die Worte der Schrift ](5\. Friedrich der Weise und sein Bruder Johann. (Rom. 3, 28): �da�
der Menfch gerecht werde ohne des Gesetzes Werk, allein durch den Glauben". Auch sein v�terlicher Freund, der Generalvikar des Ordens, Dr. Johann von Staupitz, ein erleuchteter und edelgesinnter Mann, sprach ihm tr�stlich zu und richtete den von seiner Seelenangst Gebeugten auf. Er war's, der den jungen Priester dem Kurf�rsten Friedrich dem Weisen als Lehrer f�r die neue Hochschule zu Wittenberg empfahl (1508). Hier lehrte Luther erst die Weltweisheit, dann Theologie- Seine Schriftauslegung und seine Predigten in der Schlo�kirche machten gro�es Aufsehen und gewannen ihm viele Herzen. Auf einer Reise nach Rom (1511) in Sachen seines Ordens lernte er die Verweltlichung des r�mischen Hofes und die Ent-artung der Geistlichkeit kennen. Gewissenhaft erf�llte er alle vorgeschriebenen �guten Werke", besuchte alle heiligen Orte, rutschte auf den Knien die
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1505
1508
1511
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Pilatustreppe hinauf, entsetzte sich aber �ber den Leichtsinn und die Gott-losigkeit der Geistlichen. �Rips, raps" waren sie mit ihren Gebeten fertig, ehe Luther die H�lfte gesprochen hatte. Dabei trieben sie ihn fortw�hrend zur Eile. Daheim sagte Luther: �Gibt es eine H�lle, so ist Rom darauf erbaut. Es ist die heilige Stadt gewesen und nun die aller�rgste worden." Und sp�ter: �Nicht tausend Goldg�lden wollte ich nehmen, da� ich Rom nicht sollte gesehen haben. Ich m��te sonst immer besorgen, ich t�te dem Papste Gewalt und Unrecht." Nach seiner R�ckkehr ward er Doktor der Heiligen Schrift und eidlich verfechtet, die Schrift gr�ndlich zu erforschen und ihren Glauben zu predigen und zu verteidigen.
3. Der k�hne Bek�mpfer des Abla�handels. In Rom sa� der kunstliebende Leo X. auf dem p�pstlichen Stuhle. Er brauchte zu seinem gl�nzenden Leben und zum Ausbau der herrlichen Peterskirche viel Geld. Eine ergiebige Einnahme hatte die Kirche von fr�heren Zeiten her aus dem Verkauf von Abla�briefen. Durch sie wurde allen S�ndern, die nach w�rdigem Empfang des B��- und Altarsakraments solche erwarben, Nach-lassung kirchlicher und ewiger S�ndenstrafen zugesichert. Ein Abla� wurde gew�hnlich zu bestimmten kirchlichen Zwecken ausgeschrieben. Der Papst Leo X. hatte damals einen solchen dem Erzbischof Albrecht von Mainz und Magdeburg f�r fein Bistum gestattet, weil der Gewinn zum gr��ten Teil ihm selbst zukommen sollte. Der Erzbischof �bertrug das Gesch�ft bem unversch�mten unb gewissenlosen Dominikanerm�nche IohannTetzel. Dieser durchzog mit gro�em Gepr�nge das Sachsenland und schlug �berall seine Bude ans. Mit feinen Anpreisungen, da� der verkaufte Abla�-zettel jede S�udenfchuld tilge, lockte er bem Volke bas Gelb ans ben Taschen. Bequemer konnte man ja bas qu�lenbe Gewissen nicht stillen. Es wirb Tetzel das Wort in ben Munb gelegt: �Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!" Er drohte, jedem Wider-sacher seines Handels den Kopf abzurei�en und feine Seele in die H�lle zu versto�en. Den Abla� nannte er den gewissen Eingang in das ewige Leben. Als die Kauflust etwas nachlie�, da rief er aus, da� er die offenen Pforten des Himmels zuschlie�en wolle Solange die Welt st�nde, sei eine solche Freigebigkeit des r�mischen Stuhles nicht wieder zu erwarten. Da� die Kirche aber vor dem Nachla� der Schuld und der ewigen Strafen zuv�rderst auch Reue und Bu�e mit dem w�rdigen Sakraments-genu� von den Abla�k�ufern forderte, lie� er in feinen Predigten stets weg. Als Luther in Kirche und Beichtstuhl inne ward, wie solcher Handel � von J�terbog ans � das arme Volk bet�rte und im Streben nach Heiligung l�ssig machte, ergrimmte seine Seele in heiligem Zorn. Er predigte heftig dagegen und bat die benachbarten Bisch�fe in dringlichen Briefen um Abstellung solch gottlosen Beginnens. Am Vorabend zu 1517 Allerheiligen, den 31. Oktober 1517, schlug er 9 5 S�tze gegen den Mi�brauch des Ablasses an die Schlo�kirche zu Wittenberg, um mit den Verteidigern des Abla�handels �ffentlich dar�ber zu disputieren. Die S�tze wurden schnell in die deutsche Sprache �bersetzt und gedruckt, flogen in kurzer Zeit durch ganz Deutschland und machten ungeheures Aufsehen. Alle Welt war erstaunt �ber den k�hnen M�nch. Viele priesen seine Tat;
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andere sch�ttelten bedenklich den Kopf; manche schm�hten ihn. Luther sagte: �Ist das Werk in Gottes Namen angefangen, so lasset denselben walten." Ein frommer Leser meinte: �Das ist der Mann, auf den wir alle gewartet haben; der wird's tun!" Tetzel aber donnerte und schnaubte, er werde Luther aus einem Scheiterhaufen verbrennen.
Einige der 95 S�tze sind: 1. Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: �Tut Bu�e!" (Matth. 4,17), will er, da� das ganze Leben seiner Gl�ubigen auf Erden eine stete Bu�e sei. � 36. Ein jeder Christ, so wahre Reue und Leid hat �ber seine S�nden, der hat v�llige Ver-gebung von Straf' und Schuld, die ihm auch ohne Abla�briefe geh�rt. � 43. Man soll die Christen lehren: wer den Armen gibt oder leihet dem D�rstigen, der tue besser, als wenn er Abla� l�sete. � 50. Man soll die Christen lehren: so der Papst w��te der Abla�prediger Dr�ngen und Treiben,
wollte er lieber, da� Sankt Peters M�nster zu Asche breuuete, denn da� es mit Haut, Fleisch und Bein seiner Schafe sollte erbaut sein.
4. Der furchtlose Gegner des Papstes und seiner Schildtr�ger. Anf�nglich hielt der Papst den entbrannten Streit f�r ein M�nchsgez�nk. Er forderte Luther zur Verantwortung nach Rom. Friedrich der Weife aber vermittelte es, da� das Verh�r in Augsburg vor dem damals in Deutschland weilenden Kardinal Cajetanns stattfand (1518). Der 1518 Kardinal suchte den k�hnen M�nch zum Widerruf zu bewegen. Da diefer aber immer Beweise aus der Schrift forderte, so wies ihn der Kardinal endlich zornig weg und �u�erte nachmals: �Die Bestie hat tiefe Augen und wunderbare Spekulationen im Kopfe." Da Luthers Freunde meinten, es drohe ihm Gefahr f�r Freiheit und Leben, so halfen sie ihm bei Nacht zu eiliger Flucht, nachdem er vorher ein Rechtfertigungsschreiben an den Papst zur�ckgelassen hatte.. Der Kardinal forderte Luthers Auslieferung oder Landesverweisung, aber der Kurf�rst lehnte beides ab. Der darauf vom Papste gesandte Kammerher von Miltitz suchte nun den Kurf�rsten Friedrich den Weisen durch �berreichung der goldenen Rose zu ge-Winnen; das war die h�chste Gunstbezeugung des p�stlichen Stuhles. Er entbot Luther zu einer Unterredung nach Altenburg (1519). In diefer 1519 war er so freundlich und klug, da� Luther endlich versprach, er wolle schweigen, wenn seine Feinde schwiegen. Den Tetzel bedrohte Miltitz so hart, da� er an den Folgen der Erregung starb. Doch den Dr. Eck zu Ingolstadt lie� sein Eifer f�r die Sache des Papstes nicht schweigen. Er griff Luthers Amtsgeuofseu, den Professor Karlstadt, und dann Luther selbst an und stellte mehrere S�tze auf, �ber welche er mit diesen �ffentlich disputieren wollte. So kam (1519) die �ffentliche Disputation in 1519 Leipzig zuwege, bei der es im Wortgefechte scharf herging. Karlstadt vermochte gegen Eck nicht aufzukommen, denn diefer zeigte gro�e Rede-gewandtheit. Aber Luthers Heller Verstand, seine gro�e Schriftkenntnis und fein aufrichtig frommes Gem�t konnte Eck mit seinen spitzfindigen Schl�ssen nicht besiegen. Luther bestritt vornehmlich den �g�ttlichen" Ur-sprnng des r�mischen Papsttums und stellt einige S�tze des �Ketzers" Hns als echt christliche auf. Beide Parteien schrieben sich den Sieg zu. Luthers Anh�nger aber mehrten sich von Tag zu Tag. Dr. Eck ging nach Rom
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und erwirkte eine p�stliche Bulle gegen Luther, worin dieser mit dem Banne belegt und 41 Punkte seiner Schriften als ketzerisch bezeichnet wurden. Verdammt wurde vor allein, was er von dem Glauben, den Sakramenten, dem Fegefeuer, dem freien Willen und den Konzilien gelehrt hattte. Zur�ck-gekehrt, verk�ndigte Eck den p�pstlichen Erla�: Luthers B�cher sollten ver-brannt werden; er selbst sollte innerhalb 60 Tagen widerrufen; alle Ver-breiter seiner Lehre wurden mit schweren Strafen, die Orte, die sie auf-n�hmen, mit dem Interdikt bedroht. Aber der Bannstrahl hatte geringe Wirkung. Nur in einzelnen St�dten am Rhein verbrannte man Luthers Schriften. Luther aber zog mit Lehrern und Studenten vor das Elster-tor in Wittenberg und verbrannte auf einem Holzsto�e die p�stliche Bulle mit den Worten: �Weil du den Heiligen des Herrn betr�bt hast, so be-tr�be und verzehre dich das ewige Feuer!" Mit diesem Schritte hatte sich 1520 Luther von dem Papste und der r�mischen Kirche losgesagt (1520). Zwei vorher ver�ffentlichte Schriften, besonders die �Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche", hatten diesen Schritt vorbereitet. Nicht das von Menschenkunst gef�gte Kirchentnm, sondern allein die Heilige Schrift waren fortan f�r ihn Regel und Richtschnur.
5. Der glaubensmutige Bekenner vor Kaiser und Reich. In-zwischen hatten die deutschen F�rsten auf Antrieb des Reichsverwesers, Friedrichs des Weisen, Maximilians Enkel Karl Y. zum Kaiser gew�hlt 1519 (1519). Friedrich selbst hatte die Krone abgelehnt und damit auf die Erhebung seines Hauses und ein nationales K�nigtum verzichtet. Die �brigen Kurf�rsten hatten einen schm�hlichen Handel mit ihren Wahl-stimmen getrieben, ja einige sie um hohen Preis an den K�nig Franz J. von Frankreich verkauft. Vor Karls Wahl hatten sie sich durch die �Wahl-kapitulatiou" alle m�glichen Vorteile zusichern lassen. In dem Reiche des neuen Kaisers ging die Sonne nicht unter. Er besa� Spanien, Neapel, Sardinien und Sizilien, Amerika, die Niederlande, die �sterreichischen Lande und die deutsche Krone. In Deutschland war und blieb er ein Fremder, und zu einer dentsch-nationalen Regierung konnte er sich nicht aufschwingen. Die deutsche Sprache verstand er kaum. Deutschland wurde ins Schlepptau fremder Reiche und fremder Interessen genommen, das deutsche Interesse nur so weit ber�cksichtigt, als es dem Gesamtreiche diente. Es fehlte zwar dem jungen Herrscher nicht an Klugheit und z�hem Willen, eine Weltherrschaft zu gr�nden, die deutschen F�rsten unter die kaiserliche Gewalt zu beugen und die Einheit der Kirche zu erhalten: aber in so schwerer Zeit, wo die Geister auseinander platzten, alles in G�rung und Umgestaltung begriffen war, der Herrscher mancherlei R�cksichten zu nehmen hatte, w�re wohl selbst ein Gr��erer als Karl mit seinen Pl�nen gescheitert. � Bor allem wollte er Frieden schaffen und schrieb darum einen Reichs-tag zur Herstellung der Ordnung im Reiche und in der Kirche nach 1521 Worms aus (1521). Luther wurde auch vorgeladen und ihm ein kaiser-licher Geleitsbrief zugeschickt. Trotz der Warnungen und Bitten seiner Freunde brach er nach Worms auf. �Und wenn sie ein Feuer von Wittenberg bis Worms machten, so wollte ich doch hindurch und den Herrn Gott walten lassen!" sagte er mutig. Aus der Reise wurde er �berall mit
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\52. Das Lutherdenkmal in Worms.
gro�en Ehren empfangen. Als ihn nahe vor Worms der kurf�rstliche Hof-Prediger Spalatin nochmals warnte, sagte er: �Und wenn in Worms so viel Teufel w�ren wie Ziegel auf den D�chern, so wollte ich doch "hinein!"
In der M�nchskntte auf offenem W�glein fuhr er in Worms ein. Alle Stra�en, Fenster und D�cher waren voll Neugieriger. In feiner Herberge wurde er bis tief in die Nacht von F�rsten und Herren besucht. Am n�chsten Tage f�hrte man ihn (durch ein Hinterpf�rtlein vor dem Zudrange des Volkes > in die Reichsverfammlnng. Im Ratsfaal klopfte ihm der alte Kriegsheld Georg von Frundsberg auf die Schulter und sagte: �M�nchlein, M�nchlein, du gehst jetzt einen schweren Gang, desgleichen ich und mancher Kriegsoberster in der allererustesten Schlacht nicht getan.
Bist du aber auf guter Meinung und gewi�, fo fahre fort und fei getrost,
Gott wird dich nicht verlassen." Im Saale fragte ihn Dr. Eck, ob er die aufgeschichteten B�cher f�r die feinen anerkenne, und ob er sie widerrufen wolle. Nachdem man der B�cher Titel verlesen, bejahte Luther die erste Frage und erbat sich Bedenkzeit f�r die zweite. Der Glanz der Reichs-Versammlung, der Anblick des Kaisers, der Kurf�rsten und all der geist-liehen und weltlichen W�rdentr�ger wie die Erm�dung von der Reise hatten Luther befangen gemacht. Der Kaiser meinte geringsch�tzig: �Der soll mich nicht zum Ketzer machen!"
Am n�chsten Tage, den 18. April 1521, wurde er wieder in die 1521 Versammlung gef�hrt. Er verantwortete sich in einer langen Rede. Als aber der Kaiser barsch eine kurze, runde Antwort verlangte, ob er widerrufen wolle oder nicht, da sprach Luther fest und glaubensmutig: �Weil denn Kaiserliche Majest�t eine schlichte, einf�ltige Antwort begehren, fo will ich eine geben, die weder H�rner noch Z�hne (keine Umschweife und ,
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^53. Die ZVartburg.
Vorbehalte) hat. Es sei denn, da� ich mit Zeugnissen der Heiligen Schrift oder mit �ffentlichen, hellen Gr�nden �berwiesen werde, so kann und will ich nichts widerrufen, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas wider das Gewissen zu tun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen."
6. Der gebannte und ge�chtete Ketzer. Luther wurde hierauf in seine Herberge geleitet. Der Herzog Erich von Braunschweig schickte ihm eine silberne Kanne mit Einbecker Bier zur Erquickung. Luther lie� ihm sagen: �Wie Herzog Erich heute meiner gedacht, so gedenke seiner der Herr in seiner letzten Stunde." Das freie Geleit brach der Kaiser nicht, wie ihm etliche rieten. �Ich will nicht err�ten wie Sigismund!" sagte er. Aber nach 21 Tagen wurde Luther in die Acht getan. Niemand sollte danach den gottlosen Ketzer Hausen, H�fen, �tzen, tr�nken; wer ihn f�nde, sollte ihn wohlbewahrt einliefern. Auf der Heimreise besuchte Luther seine Verwandten in M�hra. Von da fuhr er durch deu Th�ringer Wald nach Waltershausen. Pl�tzlich sprengten in der N�he des Schlosses Altenstein bewaffnete Ritter hervor, zogen ihn aus dem W�glein, warfen ihm ein Rittergewand �ber, fetzten ihn auf ein Ro� und f�hrten ihn auf die Wartburg bei Eisen ach, wo er fast ein Jahr unter dem Namen Junker J�rg zubrachte. So hatte es der Kurf�rst gew�nscht, um ihn vor der kaiser-lichen Acht zu sch�tzen. W�hrend seine Freunde trauerten und seine Gegner jubelten, schmiedete Luther in seinem ,,Patmos" neue Waffen f�r , xx wi den Kampf. Manches Sendschreiben lie� er in
�uther als3mifer3�rg. die Welt ausgehen und begann die �bersetzung Nach d. Holzschn. von L, Cranach, des Neuen Testaments.
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J55. Die Tutherstube auf der N?artburg.
7. Der glaubensfreudige und unerm�dliche Gr�nder der evan-gelischen Kirche. In Wittenberg hatte inzwischen Karlstadt mit seinem Anhange die Messe abgeschafft, die Kl�ster ge�ffnet und Bilder wie Alt�re zertr�mmert. Ihm hatten sich die Zwickauer Propheten, der Tuchmacher Storch und Thomas M�nzer, zugesellt. Sie verk�ndigten das innere Licht als das h�chste Gesetz eines Christen, verwarfen die Kindertaufe und wollten ein Reich Gottes mit irdischer G�tergemeinschaft gr�nden. Als Luther von diesen Unordnungen h�rte, dachte er nicht mehr an seine Sicherheit, sondern ritt von der Wartburg unverzagt nach Wittenberg trotz der Sp�her des feindlichen Herzogs Georg von Sachsen-Dresden (1522). Acht 1522 Tage predigte er t�glich mit hinrei�ender Gewalt gegen die �Schw�rm-geifter" und n�tigte sie, die Stadt zu verlassen. Nun setzte Luther in Wittenberg mit gro�ein Eifer die �bersetzung der Heiligen Schrift fort.
Seine Freunde halfen ihm dabei, ein jeder nach seiner Kraft und Gabe. Die deutsche Bibel, die 1534 vollst�ndig erschien, wirkte welt- und sprach- 1534 umgestaltend. Zwei Haupts�tze wurden hinfort als die Grundlage der evangelischen Kirche betont: 1. Die Rechtfertigung des S�nders vor Gott geschieht allein aus Gnaden durch den Glauben, nicht um der Werke willen, die Fr�chte des Glaubens sein m�ssen; 2. die Bibel ist die einzige Richtschnur des Glaubens und Lebens. Die lateinische Messe wurde abgeschafft, dagegen deutscher Gottesdienst mit Predigt, Gebet und Gesang eingef�hrt. Luther selber dichtete Lieder voll Kraft und Innigkeit, die der evangelischen Lehre neue Anh�nger gewannen. Die Ohrenbeichte, die Heiligenverehrung und die Klostergel�bde wurden eben-falls abgetan. Das Abendmahl wurde unter beiderlei Gestalt gereicht. Die evangelische Lehre fa�te in mehreren L�ndern und vielen St�dten Wurzeln. Friedrich der Weise starb 1525. Sein Nachfolger Johann 1525
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Begnadet mit K�r-
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Gedruckt durch Haans2. ufft.
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\56. Titelblatt der ersten Ausgabe von Luthers vollst�ndiger Bibel�bersetzung.
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\57. Katharina von Bora.
der Best�ndige bekannte sich mit tiefem Ernste zu der evangelischen Kirche, ebenso der Landgraf Philipp von Hessen. In Preu�en trat Albrecht von Brandenburg 1525 zur evangelischen Kirche �ber und verwandelte das Ordensland in ein weltliches Herzogtum. Luther ehe-lichte die aus dem Kloster getretene Nonne Katharina von Bora, um durch die Tat das unbiblische Z�libat zu widerlegen und den �brigen Geistlichen ein Beispiel zu geben. Er f�hrte eine musterhafte Ehe und war ein ebenso gl�cklicher Gatte wie z�rtlicher Vater. Infolge einer Schul- und Kirchenvisitation (1527) verfa�te er den kleinen und 1527 gro�en Katechismus (1529) zur religi�sen Unterweisung und verwandte 1529 allen Flei� auf die Hebung des Jugendunterrichts.
8. Der bedrohte und doch sieghafte evangelische Glaube. Zwischen den F�rsten des katholischen und des evangelischen Bekenntnisses mehrte sich die Feindschaft. Johann von Sachsen, Philipp von Hessen und andere Reichsst�nde schl�ssen zur Sicherung der evangelischen Freiheit ein B�ndnis. Sie setzten auf dem Reichstage zu Speier (1526) durch, da� jedem Reichs- 1526 st�nde gestattet sein sollte, sich so zu halten, wie er es vor Gott und dem Kaiser verantworten k�nne. Dieser f�r die Evangelischen g�nstige Bescheid wurde aber schon nach drei Jahren umgesto�en. Die inzwischen gekr�ftigte katholische Partei erwirkte durch ihre Mehrheit auf dem zweiten Reichs-tage in Speier (1529) das Verbot weiterer Neuerungen, also des Fort- 1529 gangs der Reformation. Dagegen legten die evangelischen St�nde eine Protestation oder Verwahrung ein. Seitdem wurden sie Protestanten
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genannt. Im n�chsten Jahre berief der Kaiser einen Reichstag nach Augs-1530 b�rg. Hier legten die Evangelischen am 25. Juni 1530 vor Kaiser und Reich ihr Glaubensbekenntnis, die Augsburgische Konfession, ab. Es war von Melanchthon nach sorgf�ltiger Beratung mit den angesehensten Gottesgelehrten abgefa�t und von Luther gut gehei�en worden. Die Ver-lefuug geschah in deutscher Sprache, und die Evangelischen h�rten sie stehend an. Selbst auf die Gegner machte das freudige Bekenntnis einen m�chtigen Eindruck. Ein Herzog von Bayern soll ge�u�ert haben: �Ich merke, die Evangelischen sitzen in der Schrift und wir daneben!" Die Augsburgische Konfession wurde die Grundlage der evangelischen Kirche. Als von den Katholischen eine Widerlegungsschrift ausgearbeitet wurde, verfa�te Melanchthon noch eine Apologie oder Schutzschrift, die der Kaiser aber nicht annahm. Luther blieb als Ge�chteter von dem Reichstage fern und weilte auf der Feste Koburg, war aber der Seinen Halt und Berater.
Ju dem Reichstagsabschiede hatte der Kaiser gefordert, da� die Protestanten sich der ka-tholischen Kirche wieder zuwenden sollten. Da so die Gefahr f�r die evangelischen St�nde immer drohender wurde, schl�ssen sie den Schmalkaldischen Bund zu gegen-seitigem Schutze (1531). 1532 kam man zu einem vorl�ufigen Religionsfrieden in N�rnberg, in welchem die Protestanten bis zu einer bald zu berufenden Kirchenversamm-lung freie Religions�bung erhielten.
9. Luthers Freunde und AnHanger. Der beste Freund und Mithelfer Luthers war Philipp Melanchthon (Schwarz-erb), eines Waffenschmiedes Sohn, 1497 zu Bretten in der Pfalz geboren. Er war unansehnlich von Gestalt, aber von tiefem Gem�t und einer der ersten Gelehrten damaliger Zeit. Er wurde �Lehrer Deutschlands" genannt und ist der Sch�pfer nachmals ber�hmter Gelehrtenschulen. Die beiden Freunde waren unzertrennlich im Leben und Wirken. Luther urteilt �ber ihre Verschiedenheit so: �Ich bin geboren, da� ich mit den Rotten und Teufeln mu� kriegen und zu Felde liegen; darum meine B�cher viel st�rmisch und viel kriegerisch sind. Ich mu� Kl�tze und St�mme ausreuten, Dornen und Hecken weghauen, die Pf�tzen ausf�llen und bin der grobe Waldrechter, der Bahn brechen und zurichten mu�. Aber Magister Philipp f�hret f�uber-lich und still daher, bauet und pflanzet, s�et und begen�et mit Lust, nachdem ihm Gott seine Gaben reichlich gegeben hat." Melanchthon hat durch seine Milde oft Luthers Feuereifer gem��igt und das Reformations-werk in den rechten Bahnen zu erhalten gesucht. Andere Gehilfen waren Bugenhagen aus Pommern und Justus Jonas aus Nordhausen. Ein Freund und Verehrer Luthers war der Maler Lukas Cranach, B�rgermeister von Wittenberg. In N�rnberg hingen ihm mit Leib und Seele an: der Ratsherr Wilibald Pirkheimer, der Maler Albrecht
1497
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\58* Philipp Melanchthon. W.
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\59- Hans Sachs.
D�rer und der Schuhmacher und Meister-s�nger Hans Sachs, der fruchtbarste deutsche Dichter jener Zeit- Die besten Geister der Zeit standen zu Luther. Ein schwankendes Rohr freilich war der hochgelehrte Humanist Erasmus von Rotterdam. Er hatte tu seinen Schriften die Mi�br�uche in der Kirche mit feinem Spotte gegei�elt, aber jeden eut-schlossenen Schritt scheute er. Zwischen Gunst und Gaben der Gewaltigen wu�te er sich ge-schickt hin und her zu schmiegen. Ein seltener Fenergeist war Ulrich von Hutten. Als Kriegsmann und fahrender Gelehrter zog er rastlos umher, �berall mit dem Worte und der Feder gegen die Widersacher der Reformation fechtend. Er bek�mpfte mit Spott nnd Ernst alle Mi�br�uche in Staat und Kirche, aber er ri� nieder, ohne aufzubauen. �Ich hab's gewagt!" war sein Wahlspruch, �Es ist eine Lust zu leben, denn die Geister sind erwacht!" sein Jubelruf.
Unter seinem Bilde stand: �Um Wahrheit ich ficht, niemand mich abricht. Es brech' oder gang, Gott's Geist mich bezwang." Von Krankheit ge-qu�lt, von seinen Feinden gehetzt und verfolgt, starb er endlich auf der Insel Ufenau im Z�richer See. Sein Freund und Bundesgenosse war der m�chtige Ritter Franz von Sickiugen. Er gebot �ber eine gro�e Schar von S�ldnern und trug sich mit gro�en Pl�nen einer Umgestal-tung Deutschlands. Bei der Bek�mpfung des Erzbifchofs von Trier wurde er zur�ckgeschlagen, in die Reichsacht getan und bei der Belagerung seines Schlosses Landstuhl (in der Pfalz) t�dlich verwundet. Die Sieger fanden den k�hnen Mann sterbend. (1523). Auch er hatte sich freudig der Re- 1523 formation angeschlossen.
10. Luther als guter Hausvater. Luthers Haus war ein Mnster f�r jede christliche Familie. Mit seiner K�the f�hrte er ein gl�ckliches Eheleben und r�hmte selbst: �Mir ist's, gottlob, wohlgeraten, denn ich habe ein frommes und getreues Weib." Sie war sehr wirtschaftlich und
umsichtig. Das war um so notwendiger, da Luthers Milde und Freigebigkeit keine Gren-zen kannte. F�r seine Schriften nahm er keine Bezahlung. Seine Kinder liebte Luther z�rtlich, erzog sie aber streng. Sein liebes S�hnlein H�nschen, dem er den Brief �ber den sch�nen Garten schrieb, durfte drei Tage nicht vor sein Angesicht kommen, weil er ungehorsam gewesen war. �Ich will lieber einen toten als einen ungeratenen Sohn haben!" sagte er. Gro� war sein Schmerz bei dem Tode seiner vierj�hrigen lieben Magdalene. Dem Volke aber sagte er beim 160. Ulrich von Hutten. Begr�bnis: �Weinet nicht, denn zum Himmel
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habe ich eine Heilige geschickt/' Bei Tische, wo es nie an G�sten fehlte, liebte Luther eine heitere Unterhaltung neben ernsten Gespr�chen. Beson-ders an Gesang und Saitenspiel erg�tzte er sich mit seinen Hausgenossen. Jedem Gaste ward wohl in den R�umen des alten Augustinerklosters, das Luther bewohnte.
II. Luther als entschiedener Feind aller Ausschreitungen. Luthers Lehre von der evangelischen Freiheit eines Christenmenschen hatten sich viele, besonders die hart bedr�ckten Bauern, in ihrer Weise anders ausgelegt, als jener es gemeint. Sie wollten nicht blo� Freiheit des Evangeliums, sondern auch Freiheit von Abgaben und der schmachvollen Dienstbarkeit. Ihre Forderungen waren zum gr��ten Teil billig und an-sangs m��ig; aber sp�ter gingen sie weiter. Sie erschlugen ihre Herren, zerst�rten und verbrannten Burgen und Kl�ster und ver�bten zuletzt uu-menschliche Greuel. In hellen Hausen standen damals die Bauern in Schwaben und Franken auf. Dort war ihr F�hrer ein ehemaliger S�ldner, Hans M�ller aus Bulgenbach, hier der verwegene Wirt Georg Metzler. Zn ihren Untaten geh�rt der Spie�lauf des Grafen Helfen-stein bei Weinsberg. Sie zwangen ihn und die �brigen Edelleute, so lange zwischen ihren vorgestreckten Spie�en hin und her zu laufen, bis die Ungl�cklichen, von unz�hligen Wunden bedeckt, niedersanken. Ein ehe-maliger Diener des Grafen spielte dazu aus der Pfeife. Der Truchse� von Waldenburg warf den Aufstand schlie�lich mit unmenschlicher Grau-samkeit nieder, und das Joch der Bauern wurde h�rter als zuvor. � In Th�ringen sch�rte Thomas M�nzer von M�hlhausen aus unter B�rgern und Bauern mit seinen Predigten vom himmlischen Jerusalem aus Erden, von der Freiheit und Gleichheit aller Glieder dieses Gottes-reiches, das b�se Feuer. Da zogen endlich die F�rsten mit Heeresmacht 1525 gegen das aufst�ndische Landvolk, Bei Frankenhausen trafen sie (1525) einen Haufen von 8000 Bauern unter M�nzers F�hrung. Diesen ent-fiel das Herz beim Anblick der bewaffneten Macht. M�nzer aber lie� sie �Komm, heil'ger Geist" singen und versprach, die Kugeln in seinen Rock-�rmeln aufzufangen. Als aber die ersten Kugeln in die dichten Haufen einschlugen, da stoben diese haltlos auseinander. M�nzer wurde auf einem Speicher in Frankenhausen, wohin er gefl�chtet war, entdeckt und in M�hl-hausen hingerichtet. Von den Bauern wurden viele niedergemetzelt, die anderen durch h�rtere Dienstbarkeit bestraft. Luther hatte laut feine Stimme gegen das tolle Treiben der Bauern und ihrer F�hrer erhoben, erst bittend, belehrend und mahnend, dann donnernd und zerschmetternd. Auch die H�rte und Unbarmherzigkeit der Herren hatte er nicht geschont. Die Feinde der Reformation aber schoben ihm und der neuen Lehre alle Schuld zu, ohne zu bedenken, da� der Druck auf die Bauern unertr�glich gewesen war, da� schon vor Luther solche Aufst�nde in S�ddeutschland stattgefunden hatten, und da� Sachsen, der Herd der Reformation, ruhig geblieben war.
Ein Nachspiel der M�hlh�user Bewegung war das Treiben der 1534 Wiedert�ufer in M�nster (1534). Die Schwarmgeister hatten sich aus Deutschland nach den Niederlanden gezogen. Von da kamen der
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Wanderprophet und B�cker Matthiessen und sein J�nger, der Schneider-Johann Bockold aus Leiden, nach M�nster und machten gemeine Sache mit dem ebenfalls wiedert�uferisch gesinnten Pfarrer Rottmann. Sie vertrieben den Bischof, tauften die Erwachsenen, f�hrten die G�ter-gemeinschaft und die Vielweiberei ein, sandten Apostel aus und richteten das neue K�nigreich Jerusalem auf. Krechting, der Minister, und Knipperdolling, der Scharfrichter, halfen bei dem wahnsinnigen Un-fuge. Endlich wurde die Stadt wiedererobert. Die noch lebenden Urheber bestrafte der Bischof mit einem grausamen Tode und lie� ihre Gebeine in eisernen K�figen am Lambertusturme aufh�ngen. Aus den gel�uterten Resten der Wiedert�ufer haben sich sp�ter die friedlichen Mennoniten-Gemeinden gebildet. Ihr Stifter hie� Menno (f 1559).
12. Luther als leidender und sterbender Greis. Luther sah die Reformation sich immer weiter ausbreiten, aber zu seinem Schmerze mischten sich viele unreine Leidenschaften hinein. So reformierten viele F�rsten nur, um �ber die Kirche zu herrschen und ihre G�ter einzuziehen. Luthers letzte Jahre waren durch k�rperliche Schmerzen und durch den Kummer �ber die Uneinigkeit und das ungeistliche Leben vieler Pro-testanten getr�bt. Er wurde von den Grafen zu Mansfeld nach Eis-leben gerufen, um einen Streit zu schlichten (1546). Auf der Reise 1546 mu�te er die ausgetretene Saale bei Halle �berschiffen und zog sich dabei
eine Erk�ltung zu. Unter vielen Schmerzen und Anf�llen eines alten �bels brachte er gleichwohl das Vers�hnungswerk in Eisleben zu gl�ck-lichem Ende. Aber seine Kr�fte sanken mehr und mehr, und die Schmerzen auf der Brust nahmen zu. Am 17. Februar nachts f�hlte er, da� das Ende nahe. Br�nstig betete er dreimal: �Vater, in deine H�nde befehle ich meinen Geist. Du hast mich erl�set, du treuer Gott." Unter den Zeugen seines Todes war auch sein Freund Dr. Justus Jonas aus Nordhausen. Er fragte den Sterbenden: �Wollt Ihr, ehrw�rdiger Vater, auf Christum und die Lehre des Evangeliums, die Ihr verk�ndet habt,
auch sterben? �Ja!" klang es vernehmlich von den erbleichenden Lippen. Zwischen zwei und drei Uhr am Morgen des 18. Februar 1546 entfloh die unsterbliche Seele. Seine Leiche wurde unter vielen Tr�nen und zahl-reichem Geleite nach Wittenberg gebracht. Melanchthon schlo� seine Trauerrede in der Universit�t mit den Worten: �Wir wollen ein ewig Ged�chtnis dieses unseres lieben Vaters behalten, und erkennen und be-trachten, da� er ein edel, k�stlich, n�tzlich und heilsam Werkzeug Gottes gewesen, und wollen seine Lehre mit treuem Flei� lernen und behalten, daneben auch seine Tugenden uns zum Vorbild nehmen und denselben nach unserem Ma�e flei�ig nachfolgen." In der Schlo�kirche schl�ft die irdische H�lle des gewaltigen Mannes. Eine Metallplatte mit feinem Namen deckt sein Grab, aber ewig bleibt sein Ged�chtnis. � An der Seite seines gro�en Freundes erhielt Melanchthon seine letzte Ruhe-st�tte, aber erst, nachdem er noch harte K�mpfe und viele K�mmernisse durchkostet hatte (1560). 1560
13. Die Schweizer Reformatoren Zwingli und Kalvin. Gegen den Abla�handel des M�nchs Samson und die Sucht des Wallfahrtens
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Ulrich Awingli.
erhob sich in der'Schweiz der Priester Ulrich Zwingli (geb. 1484), erst in Maria Einsiedeln und dann in Z�rich. Er wollte gleichzeitig mit der Kirche auch Sitte und Lebenswandel bessern, darum eiferte er gegen das Reislaufen der Schweizer (die als S�ldner in fremde Dienste traten). Als Prediger in Z�rich �berwand er in einer �ffentlichen Dis-pntation seine Gegner und bewog den Magistrat zu einer Reformation, �hnlich der deutschen. Die Lehre Zwinglis unterschied sich von der Luthers haupts�chlich durch eine andere Ausfassung der Ein-setzungsworte des Abendmahles. Luther lehrte: �Das ist mein Leib". Zwingli: �Das bedeutet meinen Leib". Ein Religionsgespr�ch zu Marburg zwischen Luther und Zwingli erzielte keine Einigung �ber die Abendmahls-lehre, wohl aber schieden die beiden M�nner mit gegenseitiger Achtung und der Versicherung der Duldung. In Basel, M�lhausen, Stra�burg und den �brigen St�dten des s�dwestlichen Deutschlands fand die Z�richer Reformation Eingang, aber das Bergvolk der alten Kantone blieb dem alten Glauben treu. Nach mancherlei Feindseligkeiten kam es zur Schlacht bei 1531 Kappel (1531), in der die Z�richer �berrascht und geschlagen wurden. Zwingli war freiwillig als Feldprediger mitgezogen. T�dlich getroffen fank er nieder. An einen Baum gelehnt, mit gefalteten H�nden, so fand ihn ein feindlicher Soldat und gab ihm den Todessto�. Er starb mit den Worten: �Den Leib k�nnen sie t�ten, aber die Seele nicht."
Die schweizerische Reformation setzte der Franzose Johann Kalvin 1541 in Gens fort (1541), indem er sich in den haupts�chlichsten Punkten Luther und Zwingli anschlo�, aber in der Abendmahlslehre von ihnen abwich und die �Pr�destination", d, h. die Vorausbestimmung der Menschen durch Gott teils zur Seligkeit, teils zur Verdammnis, lehrte. Er war ein Mann von hohem Geiste und unerbittlicher Sittenstrenge. Er machte Genf zum Mittelpunkte der Reformation f�r Westeuropa und f�hrte eine eigent�mliche Kirchen-Verfassung, die Presbyterial-Verfassung, ein. Danach leitete ein Presbyterium als Vorstand die Kirchengemeinde. Es bestand aus den von der Gemeinde gew�hlten �ltesten. Ein Flecken in Kalvins Leben ist die von ihm angeordnete Verbrennung des spanischen Arztes Michael Servet, der die Drei-
\62. Johann Aalvin.
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einigkeit leugnete. Zwinglis und Kalvins Anh�nger nannte man Re-formierte. Ihre Glaubenslehren wurden in dem Heidelberger Katechismus (1563) niedergelegt. 1563
14. Der Jesuitenorden als gef�hrlichster Feind der Refor-mation. Ignatius v. Loyola, ein spanischer Edelmann, war vor Pamploua gef�hrlich verwundet worden. Auf seinem Siechbette besch�ftigte sich sein schw�rmerischer Geist, angeregt durch das Lesen von Heiligen-legenden und Ritterromanen, nur mit dem Gedanken, wie er im Dienste der Kirche ein Nachfolger der Heiligen werden k�nnte. Wiederhergestellt, wanderte er nach Jerusalem, trieb dann nach seiner R�ckkehr flei�ig Studien und verband sich mit anderen Gleichgesinnten zu einer Gesell-schaft, die, den M�nchsgel�bden gehorsam, der Krankenpflege und dem Kampfe gegen die Ungl�ubigen dienen wollte. 1540 erhielt dieser Orden 1540 vom Papste seine Best�tigung als �Gesellschaft Jesu" mit der n�heren Bestimmung^ in blindem Gehorsam gegen ihre Oberen die Feinde der katholischen Kirche zu bek�mpfen. Dadurch fiel ihm in erster Reihe die Ausgabe zu, die protestantische Lehre und deren Ausbreitung zu bek�mpfen. Au�erdem sollte er die Papstmacht kr�ftigen und die Geistesfreiheit unterdr�cken. Loyola wurde der erste Ordensgeneral.
Der Orden entwickelte sich zu einer ungeahnten Macht. Durch ihr festes Zusammenhalten, durch ihre Gelehrsamkeit und Schlauheit, durch ihren Reichtum und durch ihr weites Gewissen (�alles zur gr��eren Ehre Gottes") haben die Jesuiten gro�artige Erfolge erzielt. Besonders waren sie ^63. Ignatius v. Loyola, als Missionare, Beichtv�ter und Lehrer t�tig.
Wegen seiner alles umstrickenden Herrschsucht und des vielfach sch�dlichen Einflusses auf das Staats- und Familienleben wurde der Orden 1773 1773 aufgehoben, aber 1814 wiederhergestellt. 1872 wurden die Jesuiten durch ein Reichsgesetz aus dem Deutschen Reiche vertrieben, aber in j�ngster Zeit ist dies Gesetz zu ihren Gunsten ge�ndert worden.
Fragen: Was versteht man unter �Papstchristentum" und �Bibelchristen-tum"? � Weshalb gedieh Luthers Wert? � Wie sind die Ausschreitungen der Reformation zu erkl�ren? � Unterschied zwischen der deutschen und der Schweizer Reformation! � Luthers wichtigste Schriften! � Welchen Einflu� hatte die Reformation auf Kunst und Wissenschaft? � Welche Folgen hatte sie f�r das ganze �ffentliche Leben y � �Die Wittenbergische Nachtigall" von Hans Sachs. � �Luther und Frnndsberg" von Hagenbach. � �Lutherbuche und Luther-brunnen" von Polack. � �Luther beim Tode seines Lenchens" von Sturm. �
�G�tz von Berlichingen" von Goethe.
62. Kaiser Rar! V. (1519�1556).
1. Seine Kriege mit Franz I. von Frankreich. Der tapfere aber treulose Franz I. hatte Anspruch aus Mailand erhoben und es durch den Sieg bei Marignano (1515) gewonnen. Kaiser Karl V. ver- 1515 langte Mailand und auch Burgund von Frankreich zur�ck, Franz aber
Polack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 9lu3g. A. 18
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beanspruchte Neapel. Wegen dieser Forderungen entstanden vier Kriege 1521 zwischen beiden F�rsten. Der erste begann 1521. Franz hatte kein Gl�ck. Der Feldhauptmann Karls, Frundsberg, schlug mit seinen deutschen Landsknechten die Franzosen, und der tiefgekr�nkte Connetable Karl von Bonrbon ging zum Kaiser �ber. Dazu siel der edle Bayard, �der Ritter ohne Furcht und Tadel", von einer Hakenb�chsenkugel ge-troffen, und versetzte durch seinen Tod ganz Frankreich in Trauer. Bei 1525 Pavia wurde Franz selbst geschlagen und gefangen genommen (1525). An seine Mutter schrieb er: �Alles verloren, ausgenommen die Ehre!" Aber auch diese verlor er, als er nach einj�hriger Haft in Madrid die beschworenen Friedensbedingungen brach.
Im zweiten Kriege verband sich Franz mit dem Papste. Da wurde Roni von Karls Truppen erst�rmt und gepl�ndert, der Papst gefangen 1527 �ggsps und verh�hnt (1527). Beim Sturm fiel Karl
von Bourbou. Den braven Frundsberg hatte vorher der Schlag ger�hrt vor Schmerz, da� seine Truppen in ungest�mer, roher Weise von ihm den r�ckst�ndigen Sold forderten. Im dritten Kriege wurde Jtalieu von den Franzosen, S�d-srankreich von den Kaiserlichen verw�stet; zu einem endg�ltigen Frieden kam es nicht. Im vierten Kriege verb�ndete sich Franz mit den T�rken. Karl r�ckte bis in die N�he von Paris und zwang ihn im Frieden von Crespy (1544) zum g�nzlichen Verzicht auf Mailand und Neapel; Burgund blieb bei Frankreich. Auch gegen den Seer�uber Chaireddin Barbarossa in Tunis unternahm Karl einen siegreichen Zug und be-freite 22000 Christensklaven (1535). Die Eroberung von Algier mi�lang infolge ung�nstiger Witterung (1541).
2. Der Schmalkaldische Krieg (1546�1547). Die Reformation war seit 1532 weiter fortgeschritten und hatte in Nord-, Mittel- und S�dwestdeutschland festen Fu� gefa�t. Karl hatte bisher den Protestanten nachgegeben, weil er ihre Hilfe bei seinen Kriegen mit Franz brauchte. Nach Beendigung derselben wandte er sich den inneren Angelegenheiten des Reiches wieder zu. Er verlangte, da� die Protestanten das vom 1545 Papst berufene Konzil zu Trient (1545�1563) beschickten, um wom�glich eine g�tliche Einigung herbeizuf�hren Aber die evangelischen F�rsten weigerten sich zu erscheinen, weil sie auf dem Konzil in der Minderheit gewesen w�ren. Da beschlo� Karl, die protestantischen St�nde zu unterwerfen und die lutherische Ketzerei auszurotten Die H�upter des Schmalkaldischeu Bundes, der Kurf�rst von Sachsen und der Land-gras von Hessen, waren wohlger�stet, aber unentschlossen. Hin und her zogen die Heere an der oberen Donau, ohne eine Entscheidung zu wage�. Der Kaiser aber tat die Bundesf�rsten in die Acht. Da erhielt der Kurf�rst Johann Friedrich von Sachsen die Nachricht, da� sein Vetter
1544
1535
1546
W Karl V.
Nach dem Bilde Tizians.
\65. Johann Friedrich von Sachsen.
Moritz von Sachsen, ein Verb�ndeter des Kaisers, in sein Land ein-gefallen sei. Rasch verlie� er seine Bundesgenossen, um sein Land zu sch�tzen; diese aber folgten ihm und gaben S�ddeutschland preis. Hierauf unterwarf der Kaiser mit leichter M�he einzeln die s�ddeutschen Gegner und brandschatzte ihre L�nder hart. Dann zog er nach Sachsen, setzte durch den Verrat eines Bauern �ber die Elbe, besiegte den Kurf�rsten Johann Friedrich von Sachsen bei M�hlberg und nahm ihn auf der Flucht gefangen (1547). Als der blutende F�rst den Sieger �Aller-gn�digster Kaiser" anredete, da fuhr ihn dieser an: �So? bin ich das nun? Ihr habt mich lange nicht so gehei�en!" Der ungl�ckliche F�rst sprach: �Ich bin Ew. Majest�t Gefangener und bitte um ein f�rstliches Gef�ngnis." Der Kaiser antwortete: �Ihr sollt gehalten werden, wie Ihr es verdient!" An die Seinen schrieb der Kaiser: �Ich kam, sah, und Gott siegte!" Johann Friedrich verlor darauf den besten Teil seines Landes und die Kurw�rde an seinen Vetter Moritz von Sachsen und mu�te dem Kaiser als Gefangener folgen. Als man dem Kaiser in Wittenberg Luthers Grab zeigte und ihm die Verbrennung der Ketzerleiche anriet, da sprach er: �Ich f�hre Krieg mit den Lebenden und nicht mit den Toten. La�t ihn ruhn, er hat seinen Richter gefunden!" �ber die Zust�nde in Sachsen �u�erte er: �Wir haben es in diesem Lande ganz anders ge-suuden, als uns gesagt worden ist!" Hierauf wurde Philipp von
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Hessen, das zweite Haupt des Bundes, durch einen zweideutigen Vertrag nach Halle gelockt und von dem Herzog Alba treulos gefangen genommen. Auch er wurde mit dem kaiserlichen Gefolge fortgef�hrt.
Auf dem inzwischen in Trient tagenden Konzile hatte man die fr�her beabsichtigte Reformation der katholischen Kirche nicht unternommen, sondern im Gegenteil sich f�r das Festhalten an den katholischen Lehr-s�tzen und Einrichtungen ausgesprochen und die katholische Lehre scharf gegen die protestantische abgeschlossen. Um den kirchlichen Streit in Deutschland beizulegen, erlie� Karl zu Augsburg (1548) als Reichsgesetz das �Interim", d. h. einen einstweiligen Ausgleich in der Religions-frage, stie� aber damit auf den lebhaftesten Widerstand. �Das Interim hat den Schalk hinter ihml" spottete man. Es gew�hrte den Protestanten nur den Kelch und die Priesterehe.
3. Der Religionsfriede zu Augsburg (1555). Der kluge Moritz von Sachsen sah die Macht des Kaisers drohend wachsen. Dieser
Johann Friedrich k�ndigte er tags vorher seine Freiheit an, doch sollte er dem Hofe noch einige Zeit freiwillig folgen. Bei der eiligen Flucht des Kaisers konnte der stark beleibte Kurf�rst nur schwer nachkommen und �u�erte scherzend: �Ich wollte dem Hofe ja gerne nicht entlaufen, wenn der Hof mir nicht entliefe!" Karl V. verstand sich nun zum Vertrage von Passau, der den Protestanten Gewissensfreiheit und gleiches Recht 1552 mit den Katholischen gew�hrte (1552). Nach drei Jahren wurden diese Zugest�ndnisse im Religions frieden zu Augsburg von neuem best�tigt 1555 (1555). Dieser war sehr g�nstig f�r die Protestanten der Augsburger Konfession. Sie wurden den Katholischen v�llig gleichgestellt. Die Landes-f�rsteu durften reformieren, aber Untertanen anderer Konfessionen war der Abzug gestattet. Bedenklich blieb der �geistliche Vorbehalt", der den Keim zu neuen Streitigkeiten enthielt. Nach ihm sollten, wie die Katholiken im Gegensatz zu den Protestanten verlangten, die geistlichen Reichsst�nde, d. h. �bte, Bisch�fe iz., bei ihrem �bertritt zur Reformation ihrer W�rde und ihrer Eink�nfte verlustig gehen. Dagegen protestierten die Evangelischen. Eine Einigung wurde nicht erzielt. Moritz erlebte
[66. Philipp von Hessen.
schien dem hohen Ziele seines Lebens, Deutschland dauernd der kaiserlichen Macht-f�lle zu unterwerfen und die gespaltene Kirche wieder zu einigen, nahe. Da kreuzte Moritz feilte Pl�ne. Um die �bermacht des Kaisers zu brechen, seinen Schwiegervater Philipp von Hessen zu befreien und seinen Abfall von der evangelischen Sache zu s�h-nen, r�stete er im geheimen; sogar mit Frank-reich schlo� er ein B�ndnis. Pl�tzlich �berraschte er den kranken Kaiser in Innsbruck und h�tte ihn um ein Haar gefangen ge-nommen. Bei Nacht in Regen und Sturm lie� sich der gichtkrauke Kaiser in einer S�nfte durchs Gebirge tragen. Dem gefangenen
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diesen Frieden nicht Er fiel als Sieger in der Schlacht bei Sievers-Hausen, s�dlich von Celle, gegen den wilden und raublustigen Mark-grasen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, seinen ehemaligen Waffengef�hrten (1553). Sein letztes Wort war: �Gott wird kommen�1" 1553 Sein Bund mit Frankreich brachte Deutschland einen gro�en Verlust, denn Heinrich II. von Frankreich erhielt f�r seine Buudesgenossenschast Metz,
Tonl und Verduu (1552). . 1552
4. Karls Ende. So viele Entt�uschungen, K�mpfe und dauernde Krankheiten hatten den Lebensmut des Kaisers gebrochen. Er wollte in Frieden sein Leben beschlie�en und entsagte darum allen seinen Kronen (1556). Die deutsche erhielt sein Bruder Ferdinand I., der schon 1521 1556 die �sterreichischen L�nder bekommen hatte; die �brigen L�nder erbte sein finsterer Sohn Philipp II.
Er selbst aber zog sich in das spanische Kloster St. Just zur�ck und widmete seine Zeit frommen �bungen, der Pflege des Gartens und me-chauischen Arbeiten. Er soll sich einst lange bem�ht haben,
mehreren sorgf�ltig gearbei-teten Uhren einen gleichen Gang zu geben. So wenig ihm aber dies gelang, f o wenig hatte er in feinen Landen ver-mocht, alle K�pfe unter einen Hut und alle Christen unter ein Bekenntnis zu bringen.
Noch lebend, lie� er seine eigene Totenfeier begehen,
wurde aber davon fo er-sch�ttert, da� er kurze Zeit
darauf starb (1558). ^7. herzog Moritz.
5. Blick auf die Kultur des 16. Jahrhunderts. Die Reformation 1558 unterst�tzte nicht wenig den geistigen Aufschwung des 16. Jahrhunderts (siehe Aufbl�hen der Wissenschaften und K�nste � 60, 11); sie bef�rderte zun�chst die Bibel- und Geschichtsforschung, mittelbar aber fast alle �brigen Wissenschaften. Auch das Schulwesen, h�heres wie niederes, hob sich durch
den Eifer der Reformatoren. Luther gab den Deutschen die �neuhoch-deutsche Sprache" durch seine Bibel�bersetzung. � Koperuikus aus Thorn (f 1543) verdr�ngte das alte ptolem�ische Weltsystem durch die Entdeckung des Sonnensystems. Papst Gregor XIII. lie� den alten Kalender 1582 verbessern (vom 4. Oktober wurde auf den 15. Oktober �bergegangen; die Evangelischen nahmen ihn erst 118 Jahre sp�ter an). Auch segensreiche Erfindungen wurden gemacht. So erfand Peter Hele in N�rnberg (1509) die Taschenuhren, der Brannschweiger J�rgens (1530) das Spinnrad.
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Die Malerei wie das Kunstgewerbe bl�hte damals in Deutsch-land (f. � 60, 11), aber in der Dichtkunst tritt nur das Kirchenlied (durch Luther u. a.) in den Vordergrund. Bemerkenswert sind noch Fischart (f 1589) mit seinen Spottgedichten und der Meistersinger Hans Sachs (f 1576) mit seinen Schw�nken und Lustspielen. In Italien nahmen Malerei (siehe � 60, 11) und Dichtkunst einen hohen Aufschwung. Ariosto (^ 1533) dichtete �den rasenden Roland", Torquato Tasso (t 1595) �das befreite Jerusalem". Auch Portugal hatte einen klas-sischen Dichter, Camosns (1530), den Verfasser der Lusiaden. In England lebte der gro�e Shakespeare (1564�1616).
Das Bild �B�rgerliches Wohnzimmer" l��t uns einen Blick in die H�uslichkeit einer angesehenen deutschen B�rgerfamilie des 16. Jahrhunderts tun. Soeben ist der Hausherr � jedenfalls ein verm�gender Kaufherr in einer Handelsstadt � von einer l�ngeren Gesch�ftsreise heimgekehrt und wird, w�hrend der Diener mit des Herrn Reisemantel und schwerer Reise-truhe durch die ge�ffnete T�r folgt, in der Wohnstube von den Seinen freudig begr��t. Die Hausfrau hat die Stickarbeit im Stickkorbe auf dem Tische im Stiche gelassen und ist, das j�ngste B�bchen auf dem Arme gleich den beiden gr��eren Kindern dem Ehegatten entgegengeeilt. Die alte Mutter, die mit Spinnen besch�ftigt ist, hat ihre Arbeit ebenfalls unter-brechen; in freudiger �berraschung ist ihr die Spindel*) zu Boden gefallen.
Das Wohnzimmer ist ein ger�umiges Gemach von betr�chtlicher H�he. Ihm liegt nach der Stra�e zu ein Erker vor, dessen drei Glas-fettster die Lichtquelle des Zimmers bilden. Die Glasfenster bestehen aus Butzenscheiben, die in Blei gefa�t sind; das Fenster auf der Vorderseite ist mit buuteu Wappen geschm�ckt. In seiner gesamten Einrichtung und Ausstattung spiegelt sich deutlich der gro�e Fortschritt ab, den die Kultur im Zeitalter der Reformation und der Renaissance gegen fr�her gemacht hat. Die flache Decke wird von verzierten Balken in gleichen Abst�nden durchquert und erh�lt dadurch ihre Gliederung; die W�nde sind bis zur halben H�he get�felt, im �brigen grau get�ncht. Das T�felwerk ist mannigfach ausgestaltet und faffettiert (mit vertieften Felder versehen). An der T�r wird es durch kr�ftige S�ulen mit geschnitztem, hohem T�r-aussatz begrenzt. In der N�he der linken Wand steht der gro�e Kachel-ofett, der ans der Hand eines kunstfertigen T�pfers hervorgegangen ist. Das breitere Unterst�ck, das die Feuerung enth�lt, tr�gt das etwas schm�lere zweiteilige Oberst�ck mit fig�rlichen Darstellungen auf seinen gr�n gla-sierten Kacheln. Um den Ofen l�uft die im Winter gern aufgesuchte Bank. In der Mitte der Stube erhebt sich auf senkrecht stehenden Beinen mit gedrechselten massigen Kn�ufen in ovaler Form der gro�e, schwere Familien-tisch, den eine sch�ngewebte Decke mit bunter Borte schm�ckt; um ihn stehen hohe gepolsterte Lehnst�hle. Ein zweiter Tisch hat im Erker Platz gefunden; an dessen Seitenw�nden und zum Teil auch an denen des Wohnzimmers sind Sitzb�nke angebracht. Eine Waschvorrichtung mit
1) Spinnr�der waren damals noch sehr selten; man drehte mit der Spindel die seinen F�den aus den Flachsstr�hnen aus der Kunkel.
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Handtuch in der rechten Ecke dient zum Waschen der H�nde vor der Mahl-zeit. Neben dem Waschgef�� h�ngt �ber dem Tafelwerk ein Wandspiegel. Wertvolle Erzeugnisse der damals bl�henden Kunsttischlerei und Schnitzerei sind die beiden Schr�nke: der Schenk- und Anrichteschrank rechts und der im Hintergrunde hinter dem Ofen hervortretende S�ulenschrank. Zu den M�beln verwendete man in der Regel Eichen- oder Nu�baumholz, aber auch schon das teure ausl�ndische Ebenholz- Ans den Schr�nken und auf dem Simse der Wandbekleidung befinden sich teils als Schaust�cke, teils zum Gebrauch aus Zinn und Kupfer kunstvoll gearbeitete Trinkgef��e, Humpen, Schalen, Sch�sseln, Teller, Leuchter neben anderen Gegenst�nden,
J68. B�rgerliches Wohnzimmer aus dem XVI. Jahrhundert.
wie ein Schachbrett und eine Hausbibel. F�r die Wohlhabenheit des Hausherrn spricht auch die Wanduhr; denn nur reiche Leute waren imstande, sich ein solch seltenes Kunstwerk anzuschaffen.
Wie die Einrichtung des Wohnzimmers, so ist auch die Tracht im 16. Jahrhundert geschmackvoller geworden. Die B�rger trugen, gleich dem Hausherrn auf dem Bilde, bequeme, faltige Leibr�cke, die nicht ganz bis zum Knie reichten, kurze Oberschenkelhosen und lange, enge Strumpf-hosen. Am Halse l��t der etwas ausgeschnittene Leibrock das Hemde mit der feingefalteten Krause hervortreten. Die �rmel sind mehrfach gepufft und zerschlitzt und mit andersfarbigem Tuche unter den Schlitzen unterlegt; die F��e stecken in breiten Schuhen aus farbigem Stoff, die man �Enten-Schnabel" oder �B�renklauen" im Gegensatz zu den fr�heren Schnabelschuhen nannte. Zum Ausgange legt man die Schaube, einen Mantel ohne �rmel mit Pelzkragen, der wenig l�nger als der Leibrock ist, an und bedeckt das Haupt mit dem kleidsamen Barett. Der Frauen Kleidung besteht aus
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dem Leibchen mit ebenfalls gepufften und geschlitzten �rmeln, dem langen, reichgefalteten Oberrocke, der etwas aufgesch�rzt wird, damit das kostbare Unterkleid sichtbar wird, und aus der Haube mit gestickten und geschlitzten Verzierungen. Am schmalen Lederg�rtel, der lose um den Leib gelegt ist, h�ngt der Schl�sselbund. �ltere Frauen (f. die alte Frau auf dem Bilde) trugen einen Schulterkragen und die aus der Mode gekommene �Rife", ein Kopftuch, das auch Kinn und Hals umh�llte. �hnlich der Tracht der Erwachsenen, aber einfacher ist die Kleidung der Kinder.
Fragen: Warum scheiterte Karls Einigungsstreben ? � Welche Bedeutung hat der Augsburger Religionsfriede? � �Schlacht von Pavia" von Hoffmann von Fallersleben. � �Landsknechtslied" von Singg. � �Karl V. an Luthers Grabe" von Hagenbach. � �Der Pilgrim von St. Just" von Platen.
63. Heinrich IV. von Frankreich (1589�1610).
1. Die Ausbreitung der Reformation in Frankreich. Von der
Schweiz drang die Kalviuische Reformation auch nach Frankreich und fand gro�en Anhang. Man nannte die Reformierten hier �Hugenotten".*)
1559 Heinrich II. (f 1559), der f�r die �berlassung von Metz, Toul und Verdun die Protestanten in Deutschland gegen den Kaiser unterst�tzt hatte, bek�mpfte in Frankreich die Hugenotten. Trotz aller Verfolgungen wuchs aber deren Zahl immer mehr. Nach Heinrichs II. Tode wurde sein Sohn
1560 Franz II. und nach dessen Absterben (1560) fein zweiter Sohn Karl IX. K�nig. Unter Franz II. wurden die Hugenotten durch die am Hofe herrschende katholische Familie der Guisen hart bedr�ckt, weil sie An-H�nger der protestantischen Bourbonen, der Gegner der Guisen, waren. Unter Karl IX. wurde ihnen anfangs freie Religions�bung gestattet, aber sp�ter verband sich dessen Mutter, die r�nkevolle K�nigin Katharina von Medici, welche die Regentschaft f�hrte, mit den Guisen gegen Bonrbonen und Hugenotten, als diese immer gr��eren Anhang fanden. Es entstanden nun lange und blutige Religious- und B�rgerkriege, die Hugenottenkriege.
2. Die ruchlose Metzelei in der Bartholom�usnacht (23.�24.
1572 August 1572). Nach zehnj�hrigen K�mpfen schien endlich der Hof
Frieden mit den Hugenotten schlie�en zu wollen. Ja, die K�nigin ver-mahlte ihre Tochter Margarete mit dem jungen hugenottischen K�nige Heinrich von Navarra. Zahlreich waren die Hugenotten zur Hochzeit bei Hofe erschienen, unter ihnen ihre H�upter, der Prinz Cond� und der Admiral Coligny. Der junge K�nig Karl IX. nannte Coligny �Vater" und den Tag, an dem er ihn bei sich begr��te, den gl�cklichsten seines Lebens. Die wachsende Gunst des K�nigs f�r Coligny und die Hugenotten veranla�t? die gewissenlose K�nigin nach der Hochzeit, die am 18. August erfolgte, zu einem Anschlage aus Colignys Leben. Aber der Anschlag mi�gl�ckte. Da beschlo� die ruchlose Frau,. itt einer der n�chsten N�chte alle Hugenotten umbringen zu lassen. Durch falsche Vorspiegelungen von Attentaten, welche die Hugenotten geplant h�tten, erlangte sie von ihrem schwachen Sohne die Zustimmung zu dem Massenmorde. Die aufgestachelten
*) Wohl aus �Eidgenossen" entstanden.
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Katholiken gingen begierig darauf ein. In der Bartholom�usnacht begann die Metzelei, die man mit schrecklichem Hohn auch die Pariser Bluthochzeit nennt. Die Glocke im Louvre, einem k�niglichen Palaste, gab das Zeichen. Coligny fiel als erstes Opfer unter den M�rderh�nden. Sein Leichnam wurde durchs Fenster geworfen und gr��lich verst�mmelt. Nun eilten die blutgierigen Henker, die als Erkennungszeichen wei�e Binden um den linken Arm trugen, durch die Stra�en, drangen in die H�user, wo Huge-notten herbergten, und stie�en die �berfallenen nieder. Diejenigen, welche auf die Stra�e entkommen waren, wurden hier von den lauernden M�rdern niedergesto�en. Den feigen K�nig hatte angesichts des schrecklichen Blut-bades tierische Wut ergriffen. Er schrie heiser vor Aufregung vom Balkon seines Schlosses: �T�tet, t�tet!" uud soll selber das Gewehr aus Fl�chtige angelegt haben. Heinrich von Navarra und Conds retteten ihr Leben nur dadurch, da� sie, gezwungen, ihren Glauben abschwuren. Mindestens 2000 Hugenotten wurden in Paris get�tet;
dann verbreitete sich das Morden �ber das ganze Land, so da� noch 20000 fielen. Bis zum dritten Tage hatte das Morden gew�hrt. Einzelne Statthalter verweigerten die Schl�chterei. So schrieb einer aus Bayonne: �Majest�t, ich habe nur gute B�rger und Soldaten unter Ihren Untertanen gefunden, aber keinen Henker/' In allen Kirchen des Landes
wurden Lobges�nqe angestimmt, und der � , ,, ___ v _
P�pst �rdne.� ein Dankfes. zur B�r-
herrllchnng des Sieges an. Den K�nig Medaille aus dem Jahre leos. W.
aber hetzten Hinsort seine Gewissensbisse
ruhelos bei Tag und Nacht umher. Er siechte elend Hut. Noch nicht 24 Jahre alt, starb er 1574. Die Hugenottenkriege dauerten auch unter 1574 seinem Bruder und Nachfolger Heinrich III. fort. Dieser wurde 1589 von dem Dominikaner Clement ermordet. Mit ihm starb das Haus Valois aus.
3. Heinrich IV. als milder und wohlt�tiger K�nig. Nach Heinrich III. bestieg Heinrich von Navarra als Heinrich IV. den Thron (1589). Er ist der erste Bonrbone. Aber erst nach dem siegreichen 1589 Kampfe bei Jvry (1590) und seinem �bertritt zur katholischen Kirche 1590 wurde er allgemein anerkannt. Vor der Schlacht bei Jvry sagte der furchtlose F�rst zu seinen Soldaten: �Mein Helmbusch ist eure Fahne.
Seht ihr ihn weichen, so m�gt ihr fliehen!" Unter ihm h�rten die Huge-nottenkriege auf. Er gew�hrte den Protestanten durch das Edikt von Nantes Duldung und gleiches Recht mit den Katholiken (1598). Sein 1598 vortrefflicher Minister war der edle Protestant Snlly. Durch seine um-sichtige Finanzverwaltung steigerte er erheblich die Einnahmen. Heinrich war eifrig bestrebt, die Wunden zu heilen, welche die langen Kriege dem Lande geschlagen hatten. Landbau und Gewerbe bl�hten wieder auf. Er
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soll gesagt haben: �Ich will nicht eher ruhen, bis auch der �rmste Mann Sonntags ein Huhn im Topfe hat." Die Schule der Leiden hatte ihn mild und leutselig gemacht. Seine Herablassung ist in vielen Erz�hlungen gepriesen, so in der Hebelschen: �Seid Ihr der K�nig oder der Bauer?" Eine Schw�che seines Charakters war der Hang zu sinnlichen Vergn�gungen. Heinrich trug sich mit gro�en Pl�nen gegen das Haus Habsburg, da traf ihn nach der gl�cklichen Vereitelung eines Mordanfalls durch einen Jesuiten-z�gling der Dolch des fanatischen (glaubensschw�rmerischen) M�nchs 1610 Ravaillac zum Tode (1610), und Frankreich geriet in neue Wirrnisse. Der Papst aber �u�erte �ber den Mord: �Gott hat es getan, dieweil der K�nig verkehrtem Sinn hingegeben war."
Fragen: Was bewog Heinrich IV. zum Religionswechsel? � Warum ist die Bartholom�usnacht einer der dunkelsten Flecken in der Weltgeschichte? � Woher die Namen �Bartholom�usnacht" und �Bluthochzeit"? � Was trieb den M�rder Heinrichs IV. zu seiner Tat?
64. Elisabeth von England (1558 � 1603).
1. Ihr grausamer Vater Heinrich VIII. und deffcit Vorg�nger.
1399 Nach der Entthronung des Hauses Plantagenet (1399), das mit Heinrich II. auf den Thron gekommen war, herrschte in England das Haus Laucaster, dessen K�nige Heinrich IV., V. und VI. die langen Kriege mit Frankreich (s. � 51, 2) f�hrten. 1461 bem�chtigte sich das Haus Aork der Herrschaft, verlor sie aber schon 1485 an Heinrich VII. aus 1509 dem Hause Tudor. Dessen Sohn Heinrich VIII. (1509�1547) war ein eitler und grausamer Tyrann. Anfangs verteidigte er die katholische Kirche gegen Luther in einer Schrift und wurde deshalb vom Papste mit dem Titel �Verteidiger des Glaubens" bedacht. Da der Heilige Vater sich aber weigerte, ihn von feiner Gattin, Katharina von Spanien, zu fcheideu, fo sagte er sich von Rom los und machte sich zum Herrn der englischen Kirche. Er zog die reichen Klosterg�ter ein und verschwendete sie sinnlos. Katholiken und Protestanten, die sich seinem Willen wider-setzten, wurden hingerichtet. Auch zwei von seinen sechs Frauen lie� er enthaupten, darunter Elisabeths Mutter Anna Boleyn. Von ihm l��t sich sagen: �Was er sprach, war Gei�el, und was er schrieb, war Blut." Ihm folgte sein Sohn Eduard VI.
1547 2. Ihre ungleichen Geschwister Eduard VI. (1547 � 1553) und 1553 Maria (1553�1558). Unter Eduard VI. wurde durch den Erzbischos Cranmer die wirkliche Reformation der Kirche begonnen. Nach Eduards fr�hem Tode bestieg seine katholische Schwester Maria �die Blutige" den Thron und suchte mit Feuer und Schwert den Protestantismus auszurotten. Ihr Gemahl, der finstere Philipp II. von Spanien, best�rkte sie darin. Auch Cranmer starb auf dem Scheiterhaufen. Die Todesfurcht hatte ihn erst zum Widerruf bewogen, aber bald bereute er ferne Schw�che, streckte die Hand, die den Widerruf unterschrieben, zuerst in die Flammen und starb mit Heldenmut. Maria starb vor Gram dar�ber, da� Calais, die letzte 1558 englische Besitzung in Frankreich, an die Franzosen verloren ging (1558), und da� fast alle ihre Pl�ne scheiterten.
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3. Ihre segensreiche Regierung. Nach einer Jugend ohne Liebe und Freude bestieg die hochbegabte Elisabeth den Thron (1558). Sie umgab sich mit weisen R�ten und vollendete die unter Eduard begonnene Reformation. Durch die namhaftesten Gottesgelehrten wurden die neun-nnddrei�ig Artikel des Bekenntnisses der bisch�flichen oder angli-kanischen Kirche festgesetzt. Dem Wesen nach ist diese Kirche evangelisch, der �u�eren Form nach katholisch. Die Katholiken und die Reformierten.
�SK�
J70. Elisabeth, K�nigin von England.
welche von der bisch�flichen Kirche ^nichts wissen wollten, wurden unter-dr�ckt. Der Handel erfuhr unter ihr eine besondere F�rderung. Die englischen Schiffe gingen nach Ru�land, Amerika und Ostindien. Der Weltumsegler Franz Drake (spr. Drehk) und der Kriegsheld Walther Raleigh (spr. Rahli) machten England zur See m�chtig. Damals wurde auch der Grund zur englischen Herrschaft in Ostindien und Nordamerika gelegt. Im Lande nahmen alle Zweige des Gewerbeflei�es einen Aufschwung; der Bauernstand wurde freier, der B�rgerstand m�chtiger. Kartoffeln, Kaffee und Tabak wurden in dieser Zeit eingef�hrt, Fernglas und Strumpfwirkerstuhl erfunden. Das Volk hatte an der sparsamen
Regentin ein gutes Beispiel. In jener Zeit des Aufstrebens dichtete der ber�hmte Shakespeare seine gro�artigen Dramen.
4. Ihre ungl�ckliche Nebenbuhlerin. Die junge, sch�ne K�nigin Maria Stuart von Schottland war in Frankreich erzogen und mit Franz II. verheiratet worden. Nach dem Tode ihres Gemahls kehrte sie widerwillig in das rauhe Schottland zur�ck (1561). Sie f�hrte auch Titel und Wappen einer K�nigin von England, weil sie sich f�r eine n�here Thronerbin als Elisabeth hielt In Schottland hatte die Resor-
matiou, besonders durch den begeisterten, nn-bengsamenJohnKnox (spr. Nox), mehr und mehr Eingang gefunden. �ffentlich wurde durch dasParlamentdiePres-byterianifche Kirche, die ihre Angelegenheiten durch �lteste ordnet, eingef�hrt. Maria versuchte, dem Katholizis-mns wieder zum Siege zu verhelfen, veranlagte dadurch aber bittere K�mpfe. Sie nahm ih-reit Vetter, den Lord Darnley^spr.Darnli), zu ihrem Gemahl. Ihrer besonderen Gunst erfreute sich der Italiener Rizzio,der alsGeheim-schreiber ihren Briefwechsel mit den aus-V?J[. Shakespeare. w�rtigen F�rsten f�hrte
und sich durch feine
sch�ne.Stimme auszeichnete. Als Rizzio aber mit Wissen und Willen ihres Gatten unter ihren Augen ermordet wurde, da verwandelte sich die Liebe zu ihrem Gatten in Ha� und Verachtung. Kurze Zeit darauf geschah es, da� dieser krank in seinem Landhause lag. In einer Nacht wurde das Haus von den Schergen des Grafen Bothwell in die Luft gesprengt, Darnley aber erdrosselt im Garten gesunden. Maria -heiratete daraus nach kurzer Frist den M�rder. Da brach ein allgemeiner Aufstand der Schotten aus. Bothwell mu�te fliehen, wurde Seer�uber auf den Orkneyinseln und starb sp�ter in d�nischer Gefangenschaft im Wahnsinn. Maria suchte Schutz bei Elisabeth von England (1568); diese aber nahm sie in Haft, weil Maria ihren Anspr�chen auf den englischen Thron nicht entsagte. Auch sollte sie sich von dem Verdachte der Teil-n�hme an ihres Gatten Ermordung reinigen. Da die Katholiken eine
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{72. Maria Stuart.
Verschw�rung gegen Elisabeth anzettelten, so wurde Marias Haft ver-l�ngert, ja als immer neue Verschw�rungen und Angriffe gegen Elisabeth entdeckt wurden, so da� sich diese ihres Lebens nicht mehr sicher glaubte,
wurde Maria der Proze� gemacht Ein englischer Gerichtshof verurteilte sie zum Tode. Elisabeth schwankte lange zwischen ihrem Gewissen und dem Wunsche nach Ruhe, darum z�gerte sie mit der Unterschrift, und als sie endlich unterzeichnet hatte, wollte sie doch vorl�ufig das Blatt verwahrt wissen. Ihre R�te jedoch schickten das Todesurteil eiligst zur Vollstreckung ab. So fiel das Haupt der ungl�cklichen Maria nach zwanzigj�hriger Gefangenschaft zu Fotheriughay unter dem Beil (1587). Sie starb 1587 gefa�t und gottergeben. Elisabeth soll bei der Nachricht von dem Ge-schehenen in Tr�nen ausgebrochen sein. Sie entlie� den �bereifrigen Ge-Heimschreiber in Ungnaden, weil er das Urteil zu fr�h aus seinen H�nden gegeben hatte.
Der dunkle Schatten dieser Tat bleibt freilich auf ihrem sonst so hellen Bilde in der Ge-schichte liegen.
5. Ihr gl�cklicher Kampf mit Spanien.
Im Bunde mit dem Papste r�stete Philipp II.
von Spanien die �un�berwindliche Armada"
von 130 Schiffen gegen das ketzerische Insel-land aus (1588). Er gedachte Rache zu nehmen f�r die englische Unterst�tzung der von ihm abgefallenen Niederl�nder, f�r die Hinrichtung der katholischen Maria Stuart und die Zerst�rung einer spanischen Flotte im 17~ n,... Tr Haftn von Cadix. Aber schon auf der Nach dem Wide İns.
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Hinfahrt ging ein Teil der Flotte durch St�rme verloren; ein anderer Teil wurde durch die Angriffe der gewandten englischen Segler im Kanal besch�digt. Die spanischen Kolosse konnten an eine Landung nicht denken; sie mu�ten vielmehr einen kl�glichen R�ckzug antreten. Nur ein elender Rest, der den Sturm auf der R�ckreise �berstanden hatte, kehrte heim. Philipp IT. aber sprach stolzgelassen zu dem ungl�cklichen Admiral Medina Sidonia: �Ich sandte Euch gegen Menschen und nicht gegen Sturm und Klippen." Auf einer Denkm�nze der Holl�nder ans jener Zeit steht: �Gott blies sie an, und sie sind zerstreut." Den Jubel der Engl�nder teilte die ganze protestantische Welt. Mit diesem Schlage war Spaniens �bermut gebrochen.
6. Ihr freudloses Ende. Elisabeths letzte Jahre waren freudlos. Ihr G�nstling Graf Essex, der wegen eines schimpflichen Vertrages mit dem aufst�ndischen Irland in Ungnade gefallen war, emp�rte sich. Das Todesurteil wurde �ber ihn gef�llt und von Elisabeth best�tigt. Sein Tod und der Abfall eines vertrauten Ratgebers ersch�tterten sie derart, da� sie tagelang in Schwermut und ohne Speise und Trank auf dem Boden ihres Zimmers sa�. Nachdem sie wieder zu sich gekommen, erkl�rte sie den Sohn der Maria Stuart, Jakob I., zu ihrem Nachfolger und 1563 starb dann ergeben unter den Gebeten und Tr�nen der Umgebung (1603). Mit ihr endete das Haus Tudor.
Fragen: Wie unterscheidet sich die englische Kirche von der deutsch-evan-gelischen? � Wodurch hat Elisabeth den Grund zu Englands Gr��e gelegt? � Begleichung Elisabeths mit Maria Stuart 1 � �Maria Stuart" von Schiller. �Die un�berwindliche Flotte" von Schiller.
65. Der Abfall der Niederlande.
1. Ausbruch der Unruhen unter dem freiheitsfeindlichen K�nige 1556 Philipp von Spanien. Philipp II., der Sohn Karls V. (1556�1598), hatte au�er Spanien, der Neuen Welt, Neapel, Sardinien und Sizilien auch die Niederlande geerbt. Diese bestanden aus siebzehn Provinzen, die sehr reich waren und sich gro�er Vorrechte erfreuten. Die Reformation hatte in denselben bereits Verbreitung gefunden. Philipp, ein stolzer, finsterer und die Ketzer hassender F�rst, behandelte sie aber als spanisches Kronland uud gab dadurch den Niederl�ndern Grund genug, f�r ihre freie Verfassung zu f�rchten. Sein h�chstes Ziel war die Erhaltung der Glaubens-einheit und die Unterdr�ckung aller Volksfreiheiten in feinem Reiche. Da-zu sollten die Inquisition und andere grausame Ma�regeln dienen. 1559 Als er nach einem dreij�hrigen Aufenthalte (1559) die Niederlande verlie�, fetzte er seine Halbschwester Margarete von Parma als Statt-halterin ein und gab ihr als Beirat den ihm v�llig ergebenen Bischof Granvella. Die hervorragendsten Mitglieder des niederl�ndischen Staats-rotes waren der schweigsame und umsichtige Wilhelm von Oranien, der arglose und offene Graf Egmont und der heftige Graf Hoorn. Als die religi�sen Bedr�ckungen immer f�hlbarer wurden, schloffen die Adligen einen Bund. 400 Edellente zogen vor den Palast Margaretens in Br�ssel und �berreichten eine Bittschrift um Abstellung der Bedr�ckungen. Die
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Wilhelm von Dranien.
Statthalterin geriet �ber ihre Zahl in Best�rzung. Da sagte einer ihrer R�te ver�chtlich: ,,Es ist nur ein Haufen Bettlers Die Edelleute aber w�hlten den Spottnamen �gueux" (Bettler) zur Bezeichnung ihres Bundes,
indem sie sich Geusen nannten, und lie�en eine Denkm�nze pr�gen mit dem Bilde Philipps und einem Bettelsack nebst der Unterschrift: �Getreu dem K�nig bis zum Bettelsack." Das P�belvolk der St�dte drang in dieser Zeit mit blinder Wut in die Kirchen und Kl�ster, verw�stete sie und zerst�rte die Bilder.
2. Die grausame� Unterdr�k-kungsversuche Herzog Albas. Nach diesem Bildersturm schickte Philipp II.
den stolzen Herzog von Alba mit einem Heere ab, um den Ketzer- und Freiheitssinn der Niederl�nder auszu-
treiben (1567). Viele der angesehensten ^1567
Niederl�nder verlie�en vor seiner An-f�nft ihre Heimat, unter ihnen der vor-sichtige Orauieu. Vergebens hatte er
auch Egmont zur Flucht geraten. Dieser und Hoorn wurden in Br�ssel ergriffen und �als des Hochverrats schuldig" enthauptet. Gegen hoch und niedrig w�tete nun Alba an der Spitze seines �Blutrates". Mehr als 18000 Menschen endeten ihr Leben am Galgen und unter dem Schwerte. Auf Scheiterhaufen wurden die Bekenner des Evangeliums verbrannt. �ber 10000 wohlhabende und betriebsame Kaufleute und Handwerker fl�chteten und fanden in England und Deutschland eine neue Heimat. Ihre G�ter wurden eingezogen,
Witwen und Waisen ins Elend gesto�en.
3. Die heldenm�tigen Befreiungsk�mpfe. Alba begn�gte sich nicht damit, Tausende der verha�ten Nieder-l�nder zu t�ten; er wollte auch den Wohl-stand und den Handel des ganzen Lan-des vernichten. Da, als er eben die neuen,
furchtbar dr�ckenden Steuern gewaltsam erheben wollte, kam die Kunde von einem Ausstande in dem niederl�ndischen Hafenorte Briel. Meergeusen, niederl�ndische Freibeuter zur See, hatten diesen Ort erobert. Schnell schloffen sich andere St�dte an, und bald vereinig-
ten sich die n�rdlichen Staaten zum Widerstande (1572). Wilhelm von 1572 Oranien wurde ihr Statthalter. Alba wurde abgerufen, und ihm folgten andere spanische Statthalter, die den Kampf fortsetzten. Vergeblich belagerten die Spanier die Stadt Leiden. Als bei der steigenden Hungers-not einige B�rger von �bergabe sprachen, rief der B�rgermeister: �Nehmt
U?5. Graf Egmont.
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meinen Leib, zerfleischt ihn und s�ttigt euch, aber redet nicht von �ber-g�be!" Ein B�rger rief: �Wir haben zwei Arme, den linken zum Ver-zehren, den rechten, um das Schwert zu f�hren!" Zuletzt durchstach man die D�mme und setzte die ganze Gegend unter Wasser, so da� die Schiffe der Geusen der Stadt Nahrungsmittel zuf�hren konnten; da zogen die Spanier ab. Zum Danke f�r diese standhafte Verteidigung wurde in Leiden auf Kosten des Landes eine Universit�t gegr�ndet. Traurig war das Los Antwerpens. Diese reiche Weltstadt wurde erobert und in entsetzlicher Weise gepl�ndert. Sie hat nie wieder ihre fr�here Bl�te er-reicht und der Handel sich mehr nach Amsterdam gezogen.
4. Die endliche Befreiung und Unabh�ngigkeit. Jahrelang schwankte das Schicksal des ungl�cklichen Landes. Endlich vereinigten sich die sieben n�rdlichen Provinzen, die sich zur Lehre Kalvins bekannten, durch 1579 die Utrechter Union (1579) zu einem engeren Bunde und sagten sich 1581 zuletzt (1581) f�rmlich von Spanien los. Die s�dlichen blieben diesem
treu. Dem vou Philipp ge�chteten Wilhelm von Orauieu sollte die Statthalterw�rde der Bereinigten Staaten der Niederlande �bertragen werden, da wurde er meuchlings durch einen von den Jesuiten gedungenen M�rder (Gsrard) erschossen. Wilhelm von Oranien starb mit den Worten: �Gott er-barme sich meiner und dieses armen Volkes!" Der M�rder ward ergriffen und martervoll hingerichtet, seine Nachkommenschaft aber von Philipp in den Adelsstand erhoben. Wilhelms {76. Herzog Alba. feuriger Sohn Moritz wurde nun Statthalter der Republik. Sie kam noch oft in harte Bedr�ngnis; aber nach dem Unterg�nge der Armada und durch die Unterst�tzung Englands eroberte Moritz das Verlorene wieder zur�ck und zwang 1648 Spanien zu einem Waffenstillst�nde. 1648 erhielt die Republik im West-Mischen Frieden ihre Unabh�ngigkeit best�tigt. � Philipp II. erlebte das Ende des Krieges nicht. Viele Millionen Menschen und noch mehr Dukaten hatte er seineu finsteren und ehrgeizigen Pl�nen geopfert, aber fast alle Unternehmungen waren gescheitert. Unter seinem Nachfolger verfiel der Wohlstand Spaniens immer mehr, trotz der Gold- und Silberflotteu aus Amerika, und endlich vollendete die Vertreibung einer halben Million 1609 betriebsamer Moriskos oder Manren-Nachk�mmlinge (1609) den Nieder-gang des Landes. Der Wohlstand der Holl�nder dagegen bl�hte in der Zeit immer mehr aus; sie wurden das erste Handelsvolk des siebzehnten Jahrhunderts. Sie fa�ten festen Fu� auf Java und eroberten die portn-giesischen Besitzungen in Ostindien. Auch Wissenschaft und Kunst kamen in Bl�te.
Fragen: Welches waren Philipps Pl�ne? � Warum scheiterten sie? � Woraus entspro� Hollands Bl�te? � �Egmont" von Goethe.
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66. Gustav Ulttftt in Schweden (1523�1560)*
1. Schweden unter dem D�nenjoch nach dem Stockholmer Blutbade (1520). Margareta von D�nemark hatte durch die Union
von Kalmar (1397) D�nemark, Schweden und Norwegen unter einem 1397 Herrscher vereinigt, dabei aber jedem Reiche seine selbst�ndige Verwaltung gelassen. Zu Eintracht und Frieden wollte es aber nicht recht kommen. Die Schweden, welche an ihrer Spitze Reichsvorsteher hatten, wollten die Union und deren K�nige nicht anerkennen, sondern meist ihre Selbst�ndig-keit wahren. Als der launenhafte und gewaltt�tige Christian II. (�der B�se") von D�nemark mit seiner Flotte vor Stockholm erschien, um sich huldigen zu lassen, da verwehrte ihm der Reichsvorsteher Sten Sture den Eintritt. Christian versprach, waffenlos in die Stadt zu kommen,
wenn man ihm Geiseln stelle. Dies ge-schuh. Aber treulos sandte er dieselben nach Kopenhagen, r�stete dann, zog gegen die Schweden zu Felde und n�tigte sie
zum Frieden von Upsala (1520). Die \ 1520
Schweden erkannten ihn jetzt als K�nig an, da er nach den Gesetzen des Landes zu regieren versprach. Aber w�hrend der Kr�nungsfeierlichkeit lie� er pl�tzlich alle Tore von Stockholm schlie�en, Kanonen auffahren und vierundneunzig vornehme Schweden, die er als Gegner seiner Gewaltherrschaft kannte, hinrichten. Um seinen Wortbruch zu besch�nigen, gab er Ketzerei als den Grund der Todesstrafe an. Ein bet�ubendes Entsetzen bem�chtigte sich der Schweden, und niemand wagte
Hand oder Fu� zu r�hren. Der K�nig aber lie� das Morden fortsetzen.
Drei Tage w�hrte das Blutbad, in welchem eine gro�e Anzahl Schweden aus den h�heren St�nden auch in anderen St�dten hingerichtet wurden.
2. Gustav Wasa als Fl�chtling und Befreier seines Volkes.
Unter den nach D�nemark entf�hrten Geiseln war Gustav Wasa, unter den in Stockholm Gemordeten sein Vater. Es gelang Gustav, nach L�beck zu entkommen und den Beistand des Rates zu gewinnen. Von L�beck lie� er sich nach Schweden �bersetzen und suchte seine Landsleute zur Rache an dem Tyrannen zu entflammen. Aber die Furcht war gr��er als das Verlangen nach Rache. Gustav mu�te sich wie ein Wild in W�ldern, H�hlen und Frncht�ckern verbergen, denn Christian hatte einen Preis auf seinen Kopf gesetzt. In allerlei Verkleidungen kam er bis Falnn und arbeitete als Tagel�hner bei dem reichen Pehrson. Dieser war sein Universit�tsfreund und bef�rderte ihn weiter in das Innere des Landes. Bei dem �bergange �ber einen See brach das Eis, und nur mit M�he rettete er sich. Ein anderer Jugendbekannter wollte ihn sogar verraten,
aber dessen Frau warnte ihn rechtzeitig. Der Kronsch�tz Elsson, in
Po lack. Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 19
{77. Gustav Wasa.
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dessen Hause er dann Zuflucht gefunden hatte, versteckte ihn vor den d�nischen H�schern in ein Heufuder. Als eine d�nische Streifwache das Fuhrwerk unterwegs anhielt und einige Soldaten mit ihren Spie�en hinein-stachen, verwundeten sie ihn, so da� das Blut herabtr�pfelte. Rasch schnitt Elfson seinem Ro� ins Bein, um die Blutspuren unverd�chtig zu machen. So gelangte Gustav zu den einfachen, t�chtigen Dalekarliern, denen er in begeisterter Rede die Not des Landes schilderte; aber sie glaubten ihm nicht. Andere Boten kamen jedoch und best�tigten alles, ja sie ver-k�ndigten eine neue Drohung des D�nenk�nigs, da� er n�mlich vor jedem Hause einen Galgen aufpflanzen wolle. Nun sammelten sich die braven Mannen um Gustav, und dieser drang an ihrer Spitze siegreich nach S�den vor. Er eroberte Falnn, Upsala, endlich Stockholm und verjagte mit Hilfe der Hansa alle D�nen. Da riefen ihn die Schweden zu;ihrem K�nige 1523 aus (1523). Anfangs wies er die Krone ab, weil deren Behauptung ihm zu schwierig d�nkte, und nahm sie erst an, nachdem man ihn unter Tr�nen und knief�llig darum gebeten hatte. Der grausame Christian aber wurde von seinen eigenen Untertanen abgesetzt, nach mi�gl�ckten Versuchen, den Thron wiederzugewinnen, gefangen genommen und 27 Jahre, bis an seinen Tod, im Schlo�turm zu Sonderburg in Gefangenschaft gehalten.
3. Gustav Wasa als trefflicher K�nig. Durch die Br�der Petersou wurde die lutherische Reformation in Schweden eingef�hrt. 1527 Auf dem Reichstag zu Wester�s (1527) bewog Gustav durch die Drohung, die Krone niederzulegen, endlich die St�nde, die reichen Kircheng�ter ein-zuziehen und ihm zur Verf�gung zu stellen. Zu dieser Ma�regel sah er sich durch die geringen Eink�nfte der Krong�ter gen�tigt. Gustav hob Handel, Schiffahrt und Gewerbe. Streng gegen sich wie gegen andere, erwarb er sich doch die Liebe seines Volkes. Er hat die Gr��e angebahnt, die Schweden unter seinem Enkel Gustav Adolf erreichte. Er starb 1560 im 37. Jahre seiner Regierung, nachdem er die Krone in seinem Hause erblich gemacht.
Fragen: Warum hatte die Kalmarische Union keinen Bestand? � Welche Gr�nde bewogen Gustav zur Reformation? � Woran erinnern die Namen Falun, Upsala, Wester�s und Stockholm?
67. Die Mark Brandenburg in der Reformationszeit. I. Joachim I. Mestor (1499-1535).
1. Joachim I. Nestor, der tatkr�ftige Unterdr�cker des Raub-obels. Er war der Sohn Johann Eiceros und kam mit f�nfzehn Jahren zur Herrschaft. Er vereinigte eine umfassende Bildung mit festem Willen. Hungersnot und Pest suchten sein Land heim, dazu erhob der Raubadel wieder kecker sein Haupt. Die Landleute beteten damals: �Vor K�ckeritze und L�deritze, vor Krachten und vor Jtzenplitze beh�t uns, lieber Herre Gottl" Joachim, der den Wahlspruch hatte: �Durch Gericht und Ge-rechtigkeit", verfolgte die Frevler mit unerbittlicher Strenge. Da sollen diese an seine T�r geschrieben haben: �Jochimke, Jochimke, h�t dy! fange tot) dy, so hange wy dy!" Wirklich legten sie ihm einen Hinterhalt in
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der Heide bei K�penick, und nur die Warnung eines Bauern rettete ihn. Joachim lie� darauf durch Bewaffnete die Bande in der Heide aufheben und hinrichten. In einem Jahre wurden siebzig R�uber, darunter die H�lfte Adelige, aufgekn�pft. Sein Oheim Friedrich von Ansbach schrieb ihm, er solle nicht also gegen den Adel seines eigenen Landes w�ten. Er aber antwortete: �Nicht adliges, sondern nur Schelmenblut habe ich ver-g�ssen. W�ren diese redliche Edelleute gewesen, so h�tten sie keine Ver-brechen begangen".
2. Licht- und Schattenseiten seiner Regierung. Um auch die vornehmen St�nde der staatlichen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, gr�n-bete er das Kammergericht in Berlin, welches zugleich als oberster Gerichtshof in allen Streitfragen entschied. Er er�ffnete (1506) die Uni- 1506 versit�t zu Frankfurt a. O. und f�rderte sie mit aller Kraft. Den St�dten gab er auf, die Verwaltung nach bestimmten Vorschriften zu regeln;
auch nahm er sich der geknechteten Bauern gegen ihre Herren an. Die Juden wnr-den unter seiner Regierung grausam ver-folgt. Dieselben waren von jeher hart bedr�ckt und eigentlich gar nicht als Renschen behandelt worden. Sie mu�ten in Judengassen zusammenwohnen und spitze,
gelbe H�te tragen, damit man sie gleich erkennen k�nnte. Durch Schlauheit und oft durch Unredlichkeit hatten sie sich gro�e Reicht�mer erworben. Das stachelte Neid und Ha� des Volkes auf. Man Pflegte
sie zu beschuldigen, da� sie die Sakramen- Nach einer Handzeichnung von A. D�rer, te sch�ndeten, Christenkinder schlachteten (Burkner.)
und die Brunnen vergifteten. Solcher Verbrechen wurden sie auch da-mals angeklagt. Durch die Folter zum Gest�ndnis gezwungen, wurden 38 Juden in Berlin verbrannt, die �brigen aus dem Lande gejagt.
3. Der heftige Gegner der Reformation. Gegen die Refor-mation stellte Joachim sich feindlich. Es schien ihm anma�end, da� ein schlichter M�nch aus dem Bauernstande sich eines solchen Werkes unter-fangen wollte. Auch f�hlte er sich in seinem Bruder, dem Erzbischof Al-brecht von Mainz und Magdeburg, den Luther schonungslos angriff,
bitter gekr�nkt. Die Aufst�nde der Bauern schrieb er allein den gef�hr-lichen Lehren der Reformation zu. Dazu kam noch der Neid, da� seine Universit�t zu Frankfurt fast leer stand, w�hrend alles nach Wittenberg str�mte. Trotzdem gewann die Reformation in der Mark ger�uschlos immer mehr Boden, ja seine eigene Gattin Elisabeth, eine d�nische Prinzessin, lie� sich in seiner Abwesenheit heimlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt reichen. Joachims Wut kannte keine Grenzen, als er davon erfuhr. Die entsetzte Frau floh darauf bei Nacht auf einem Baueru-wagen unter gro�en Gefahren nach Sachsen und bekam vom Kurf�rsten Johann Friedrich das Schlo� Lichtenbnrg an der Elbe zum Wohnsitz.
19*
\78. Joachim I. Nestor.
292
Joachim II.
Von hier aus trat sie in den innigsten Verkehr mit Luther, der sie sogar seine �liebe Gevatterin" nennt. Nach sieben stillen, aber innerlich geseg-neten Jahren holten sie ihre S�hne im Triumph zur�ck. Sie lebte fortan nur Gott und den Armen. Joachim I. starb 1535, nachdem er seinem
Sohne Joachim II. die Kurmark und Johann die Neumark gegeben hatte.
II. Seine Machfolger.
1535 1. Joachim II. Hektar (1535 bis
1571), der als Kurprinz gegen die
T�rken tapfer gek�mpft und von dem
Kaiser den Ritterschlag erhalten hatte,
war fr�hlich und genu�liebend, Johann
streng, sparsam und fromm. Letzterer
trat sogleich, ersterer nach vier Jahren
zur evangelischen Kirche �ber. Aus den
H�nden des Bischofs Matthias von
Jagow empfing Joachim II. in der
Nach einem Medaillon in der Kunstkammer Nikolaikirche *11 Spandau das Abend-zu SBerlm. (Burkner.) ' 0 ~ n ,
mahl unter beiderlei Gestalt (am 1. No-1539 vember 1539). Durch seinen trefflichen Kanzler Lantpert Distelmeier schlo� er die Erbverbr�derung mit dem Herzoge von Liegnitz, 1537 Brieg und Wohlau (1537), worauf sich sp�ter Preu�ens Anspr�che
ans Schlesien gr�ndeten. Er erlangte 1569 & i (1569) auch von Polen die Mitbeleh-
nung �ber Preu�en, das 1525 in ein weltliches Herzogtum umgewandelt worden war. Diese Belehnung bereitete den sp�teren Anfall des Landes an Brandenburg vor. Joachim hatte den Wahlspruch: �Allen wohlzutun, ist F�rsten art/' Aber durch seine Pracht-liebe gab er ein schlimmes Beispiel. Der Luxus wuchs so ungeheuer, da� strenge Gesetze gegen die Kleiderpracht und andere Ausschreitungen der Prunkliebe gegeben werden mu�ten. Weil es dem Kurf�rsten immer an Geld mangelte, so gestattete er den Juden gegen ein hohes Schutzgeld die R�ckkehr, ja deu j�dischen M�nzmeister Lippold, der ihm in seinen Geldverlegenheiten stets auszuhelfen wu�te, lie� er nach Belieben schalten. Heiter schl�rfte er alle Freuden des Lebens bis ins Alter. Da erkrankte pl�tzlich sein redlicher Bruder Johann von K�strin bedenklich; das war dem fr�hlichen Manne eine d�stere Todesmahnung. Wirklich starb er noch einige Tage vor seinem Brnder (1571). 1571 2. Sein Sohn Johann Georg (1571 � 1598) vereinigte wieder die ganze Mark, weil Hans von K�strin nur T�chter hatte. Er war
\80. Johann Georg.
Nach einem gleichzeitigen Holzschnitt von K. Frank. (B�rkner.)
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streng und sparsam und bezahlte die Schulden seines Vaters. Den Juden Lippold lie� er foltern, r�dern und vierteilen; die Juden verwies er abermals des Landes. Handel und Gewerbe hoben sich durch die Ein-Wanderung von Niederl�ndern, die ihres Glaubens wegen von den Spaniern vertrieben worden waren. Sein Wahl-sprnch war: ,,Gerecht und milde!"
3. Auf Johann Georg folgte sein i 1598 Sohn Joachim Friedrich(l598-1608).
Er erhielt die Vormundschaft �ber den y
geisteskranken Herzog Albrecht Fried- ^
rich von Preu�en und verm�hlte sei-
nen Sohn Johann Sigismund mit dessen 0 >� *m" illlk
�lterer Tochter Anna, sich selbst mit {fmgSk
der j�ngeren, um weitere Anrechte auf '' /
Preu�en und Erbanspr�che auf J�lich-
Berg geltend machen zu k�nnen. Er ��
setzte das Geheimratskollegium als ' '
Beirat des F�rsten ein. Es bestand aus IQT , ......
,, r u , \ r <� rL.. \�\ Joachim Friedrich.
acht gelehrten und erfahrenen Mannern, Nach einem gleichzeitigen Stich, os�rtner.) die die Einnahmen und Ausgaben,
Handel und Gewerbe und das Kriegswesen zu beaufsichtigen hatten. Ter oberste Beamte blieb der Kanzler. Die Bildung bef�rderte er durch Gr�ndung des Joachimsthalfchen Gymnasiums bei dem von ihm begr�ndeten Orte Joachimsthal; sp�ter
Mark wurde durch den Geraer Haus-
bach und Bayreuth, bekamen. "Sein Wahlspruch war: �Die Furcht Gottes
wohlt�tige Gattin Katharina legte bei ''
Berlin Meiereien an, lie� die Milch-aus " �l-�IW"
dem Molkenmarkte verkaufen und ver-wandte den Ertrag zu wohlt�tigen �
Zwecken; auch gr�ndete sie die Schlo�- 182. Johann Sigismund.
apotheke, aus welcher die Armen nn- ^ �man'
entgeltlich Arzneien erhielten.
4. Johann Sigismund (1608�1619) war ein gebildeter, ent-schlossener F�rst, der in st�rmischen Zeiten das Staatsruder mit Geschick und Festigkeit f�hrte. �F�r Gesetz und Volk!" lautete sein Wahlspruch. 1609 starb der letzte, wahnsinnige Herzog von J�lich-Kleve-Berg. 1609 Sofort erhob der Kurf�rst als Gatte seiner erbberechtigten Gemahlin Anna,
der Tochter der �ltesten Schwester des verstorbenen Herzogs, Anspruch auf die rheinischen L�nder. Seinen Anspr�chen traten andere Bewerber, besonders Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg, der Sohn der
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j�ngeren Schwester jenes Herzogs von Kleve, entgegen. Es kam zu Zwistigkeiten, und in den Streit drohten noch andere M�chte, der Kaiser, die Spanier und die Niederl�nder (diese f�r den Kurf�rsten), sich ein-zumischen, da einigte man sich zum Gl�ck in einem Vertrage zu Xan-1614 ten (1614). Brandenburg sollte Kleve, Mark und Ravensberg er-halten. Aber erst der Gro�e Kurf�rst konnte nachmals diese Besitzungen wirklich einziehen. Johann Sigismund war ein Jahr vorher zum refor-mierten Bekenntnis �bergetreten nnd hatte dadurch die lutherischen M�rker so aufgebracht, da� in Berlin ein Aufruhr erfolgte. Diesen Ausschrei-tungen setzte der Kurs�rst Ruhe und Festigkeit entgegen nnd blieb dem gew�hlten Bekenntnisse treu. 1618 starb auch sein Schwiegervater, der
die Kaiserlichen wie durch die Schweden. Brandenburg wurde zur W�ste. Der Kurf�rst aber fl�chtete nach K�nigsberg in Preu�en, wo er auch starb.
Fragen: Woher die Beinamen Cicero, Nestor, Hektor? � Was bewog Johann Sigismund zum Religionswechsel, und welche Folgen hatte dieser Schritt? � Welche Ursachen hatten die Judenverfolgungen?
1. Vorgeschichte und Ursachen des Krieges. Seit dem Augs-burger Religionsfrieden hatte der Protestantismus in Deutschland immer mehr Anh�nger gewonnen. Rheinische und s�ddeutsche Bist�mer waren zur Reformation �bergetreten. Selbst in �sterreich hatte die evangelische Lehre unter dem alternden Ferdinand!. (1556�1564) und seinem milden Sohne Maximilian II. (1564�1576) Eingang gefunden.
Da trat unter dem schwachen, jesuitisch erzogenen Rudolf II. (1576 �1612) eine entschiedene Wendung gegen die Reformation ein. Bay-rifche F�rsten rotteten am Rhein und in S�ddeutschland die bereits kr�ftig emporwachsenden Keime des neuen Glaubens mit Gewalt aus. Gegen diese �bergriffe einten sich die s�ddeutschen Protestanten zur Abwehr unter dem Kurf�rsten Friedrich IV. von der Pfalz in der sogenannten 1608 Union (1608). Der Union aber trat (1609) der Bund der katholischen
1613
bl�dsinnige Albrecht Friedrich von Preu�en. Der schon 1611 von dem Polenk�nige mit Preu�en belehnte Jo-Hann Sigismund setzte sich jetzt sofort in den erblichen Besitz Preu�ens. Dadurch erhielt sein Land einen Zuwachs von 660 Quadratmeilen.
5. Sein schwacher Sohn Georg Wilhelm (1619�1640) vermochte in
W den Drangsalen und N�ten des Drei�ig-M" j�hrigen Krieges das Unheil von seinem
68, Der Drei�igj�hrige Krieg (1618�1648)*
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\8^. Ferdinand II.
St�nde S�ddeutschlands, die Liga, entgegen. Ihr Haupt war der kluge Maximilian von Bayern. Inzwischen hatte dem �gem�tsbl�den"
Rudolf dessen Bruder Matthias den gr��ten Teil der �sterreichischen Lande weggenommen. Um wenigstens B�hmen sich geneigt zu erhalten, bewilligte Rudolf den evangelischen St�nden durch den Majest�tsbrief freie Religions�bung (1609). Aber er starb schon nach wenigen Jahren, 1609 und ihm folgte Matthias (1612�1619).
Unter diesem schwachen Regenten kam es in B�hmen wegen Verletzung des Majest�ts-brieses zu Streitigkeiten, die den drei�ig-j�hrigen Kriegsbrand entz�nden sollten.
Katholische St�nde hatten zwei pro-testantische Kirchen, die eine zu Klostergrab im Sprengel des Erzbischoss zu Prag durch Niederrei�ung, die andere zu Braunau auf dem Gebiete des dortigen Abtes durch einfache Schlie�ung, beseitigt. Nach katholischer Ansicht war dadurch kein Recht verletzt, weil der Majest�tsbrief den Untertanen geist-licher (katholischer) St�nde die �bung evangelischer Religion nicht zugestanden h�tte.
Die Beschwerde der Protestanten wurde seitens des Kaisers �u�erst un-gn�dig aufgenommen. Eine harte Antwort erfolgte. Da man diese den verha�ten kaiserlichen R�ten Martinitz und Slawata zuschrieb, so begaben sich die protestantischen Edelleute, dar-unter Graf Matthias von Thurn, auf das Prager Schlo� und forderten Rechenschaft. Es entspann sich ein heftiger Wortwechsel, der damit endete, da� man die beiden R�te samt dem Schreiber Fabricius �nach altb�hmischer Sitte"
aus dem Fenster warf. Sie fielen in den Burg-graben, kamen aber trotz der H�he des Falles mit dem Leben davon. Diese Tat vom 23. Mai 1618 war wie ein Funke, der in ein Pulverfa� f�llt; sie brachte den unheilvollsten Krieg zum Ausbruche.
2. Der b�hmische Krieg (1618-1623). ^.friebrid^nnb feine 1618 a) Die kurze Regierung des �Winter- Gemahlin. W.
k�nigs" in B�hmen. Die Protestanten richteten eine eigene Regierung ein, verjagten die Jesuiten und erhielten durch den Grafen Ernst von Mansfeld, den unscheinbaren Mann mit der ehernen Seele, Zuzug aus Deutschland. Inzwischen starb Matthias, und der Jesuitenz�gling Ferdinand II., der �lieber sein Land als W�ste sehen als �ber Ketzer herrschen" wollte, bestieg den Thron (1619�1637). Thurn 1619 war mittlerweile mit seinen B�hmen vor Wien ger�ckt. Ferdinand be-fand sich in mi�licher Lage. Abgesandte der �sterreichischen Protestanten setzten ihm hart zu; einer fa�te ihn sogar an den Wamskn�pfen, um die Unterschrift zu wichtigen Zugest�ndnissen zu ertrotzen. Pl�tzlich erscholl
L
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Trompetengeschmetter. Ein Trupp �sterreichischer Reiter zog ein und be-freite Ferdinand aus seiner Bedr�ngnis. Thnrn konnte schlie�lich nichts ausrichten. Es fehlte an Geld und Lebensmitteln, und deshalb mu�te er wieder abziehen. Die B�hmen aber erkl�rten Ferdinand �als den Erbfeind des evangelischen Glaubens und den Sklaven der Jesuiten" f�r ab-gesetzt und w�hlten Friedrich V. von der Pfalz zu ihrem K�nige.
Union im Stiche gelassen worden. Vor den Mauern Prags kam es zum Kampfe, und hier, aus dem Wei�en Berge, erlitt Friedrichs Heer nach 1620 einst�ndiger Schlacht eine g�nzliche Niederlage (8. November 1620). Die Hiobspost traf ihn an der reich besetzten Tafel. Mit kopfloser Hast floh der �Winterk�nig" und lie� sogar Krone und Zepter zur�ck. Er irrte, von der Reichsacht getroffen, von Land zu Land und starb endlich auf fremder Erde. Nur einen Winter hatte sein Regiment in B�hmen gedauert, und doch lange genug, um sich die Liebe des Volkes zu verscherzen. Das be-siegte B�hmen erfuhr das h�rteste Los. Der Majest�tsbrief wurde zer-schnitten; die Jesuiten kehrten zur�ck; die evangelischen Prediger wurden verjagt, des Kaisers Gegner unter Martern hingerichtet oder eingekerkert und ihrer G�ter beraubt; das Volk mu�te zur katholischen Kirche zur�ck-kehren.
b) Der erfolglose Kampf der Parteig�nger. Die Union l�ste sich nun kl�glich auf. F�r den fl�chtigen Friedrich setzten einzelne Parteig�nger, n�mlich Ernst von Mansfeld, der Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach und der abenteuerliche Halberst�dter F�rstbischof Christian von Braunfchweig, den Krieg fort. Der
1619
M. Tilly.
Der eitle, schwache Mann nahm die gef�hrliche Kro-ne an, wie man sagt, auf Dr�ngen seiner Ge-mahlinElisabeth, einer Tochter des englischen K�-nigs Jakob I., und feines Ratgebers Christian von Anhalt (1619). Die Kr�nung ging mit verschwenderischer Pracht vor sich. Doch schon nach wenigen Monaten r�ckte das Heer der Liga, mit welcher sich der Kaiser ver-b�ndet hatte, unter Maxi-milian von Bayern und seinem strengkatho-tischen Feldherrn Tilly in B�hmen ein. Mit die-sem Heere hatten sich auch die Kaiserlichen vereinigt. Friedrich war von der
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Schauplatz des Krieges war haupts�chlich die Pfalz. Schwer litt sie durch die K�mpfe zwischen jenen F�hrern, die ohne Einheit verfuhren, und dem entschlossenen Ligistcugeueral Tilly, der das sch�ne Land seinem Herzoge Maximilian erobern sollte. Der Markgraf und Christian wurden geschlagen und die Pfalz von den Feinden erobert. Der Kaiser gab (1623) 1623 einen Teil derselben, die Oberpfalz, nebst der Kurw�rde an Maxi-milian von Bayern, w�hrend er selbst die Rheinpfalz besetzt hielt.
3. Der nieders�chsisch - d�nische Krieg (1625�1629). Tilly 1625 war nach Westfalen vorger�ckt und bedr�ckte dort die Protestanten (1623). Der nieders�chsische Kreis r�stete gegen ihn und ernannte den K�nig Christian IV. von D�nemark, der als Herzog von Holstein deutscher Reichsf�rst war, zum Kriegsobersten (1625). Damit beginnt ein neuer 1625 Abschnitt in dem gro�en Kriege.
a) Wallenstein wird kaiserlicher General und �berm�chtig.
Weil der Kaiser auf die Dauer von der Liga nicht abh�ngig sein wollte,
nahm er das Anerbieten Albrechts von Wallen st ein (Waldstein) an, der ihm ein eigenes Heer aufzubringen versprach. Wallenstein stammte aus einem evangelischen Adelsgeschlechte in B�hmen und wurde in einer Jesuitenanstalt in Olm�tz erzogen, wo er zur katholischen Kirche �bertrat.
Nach l�ngeren Reisen verm�hlte er sich mit einer reichen Witwe. Seine Gattin aber starb bald und hinterlie� ihm ein gro�es Verm�gen, das er durch billigen Ankauf von 60 G�tern ge�chteter B�hmen vergr��erte. Der Kaiser ernannte ihn zum Herzog von Friedland. Nach der Weise des �Bandenf�hrers" Mansseld lie� der �Friedl�nder" den Krieg durch den Krieg sich ern�hren. Hohe Kriegsauflagen in den besetzten L�ndern und Brandschatzungen jeder Art gaben den Sold f�r seine Soldaten. Bei dem Schall seiner Werbetrommeln waren die Soldaten aus allen Teilen Deutschlands herbeigekommen. Bald war das versprochene Heer bei-sammen. Wallenstein verstand es, Einheit in diese zusammengew�rfelten Massen zu bringen. Das D�stere und Unheimliche seines Aussehens er-h�hte den Eindruck und die Gewalt, die er auf das abergl�ubige Kriegs-Volk aus�bte. Bei Vergehen gegen den Dienst herrschte er kurz: �La�t die Bestie h�ngen!" Besonderes Vertrauen hatte er zur Sterndeutern und verbrachte mit seinem Astrologen Seni ganze N�chte, um die k�nftigen Schicksale aus den Sternen zu lesen. Mit dem neugebildeten Heere brach er gegen Mansfeld auf und besiegte ihn 1626 an der Elbbr�cke bei Dessau. Dann verfolgte er den unerm�dlichen K�mpen durch Schlesien bis nach Ungarn. In Dalmatien, auf dem Wege nach Venedig, starb Mansfeld. In voller R�stung, auf zwei seiner Begleiter gelehnt, erwartete er stehend den Tod. Indessen hatte Tilly den D�nenk�nig bei Lutter am Barenberge, nordwestlich vom Harz, besiegt (1626). Da kam auch Wallenstein mit verst�rkter Heeresmacht aus Ungarn zur�ck, jagte mit Tilly zusammen die D�nen bis auf ihre Inseln, brandschatzte beson-ders Brandenburg und Pommern und vertrieb die Herz�ge von Mecklen-bnrg. Der Kaiser gab ihm deren Land und ernannte ihn znm �General des baltischen Meeres". Aber dem Gewaltigen, der sich nnwiderstehlich d�nkte, trotzte die feste Hansestadt Stralsund. Die prahlerischen Worte-
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�Und wenn sie mit Ketten an den Himmel gebunden w�re, so m��te sie doch herunter!" blieben unerf�llt. Nachdem er 12 000 Mann vor ihren Mauern verloren hatte, mu�te er die Belagerung aufheben (1628). Bald darauf schlo� der Kaiser mit ChristianIV. den Frieden zu L�beck (1629). Christian erhielt seine L�nder wieder, mu�te sich aber jeder ferneren Ein-Mischung in die deutschen Verh�ltnisse enthalten. Vorher hatte der Kaiser das Restitutionsedikt erlassen, welches den Evangelischen die Zur�ck-
g�be aller seit dem Vertrage von Pas-sau (1552) eingezogenen geistlichen G�ter befahl. Das
erregte gro�en Schrecken und ge-waltige Best�r-zung; denn mit der Durchf�hrung die-fes Edikts w�ren viele norddeutsche
Bist�mer und Stifter den Prote-stanten genommen worden.
b) Wallen-steins Absetzung. Inzwischen hatte sich ein schweres Gewitter �ber dem Haupte Wallen-steins zusammen-M. wallenstem. gezogen. Seine zu-
nehmende Macht,
seine Herrschsucht, sein Stolz und seine furchtbare Kriegsweise bewogen die F�rsten, besonders den Kurf�rsten von Bayern, auf dem Reichstage 1630 zu Regensburg (1630) vom Kaiser seine Absetzung zu verlangen. Ferdinand opferte undankbar Wallenstein seinen Pl�nen; durch Zugest�nd-nisse an die Reichsf�rsten suchte er diese f�r die Wahl seines Sohnes zum �r�mischen" K�nige geneigt zu machen. Stolz und kalt zog sich der abgesetzte Feldherr auf feine b�hmischen G�ter zur�ck, richtete einen prunkvollen Hofstaat ein und wartete �aus seine Zeit".
4. Der schwedische Krieg (1630�1635). a) Gustav Adolf 1630 kommt als Helfer (1630). W�hrend die Protestanten der Ausf�hrung des Restitutionsedikts bange entgegensahen, kam ihnen ein Helfer in der Not von Norden. Gustav Adolf von Schweden, ein Herrscher von k�niglicher Gestalt, hohem Feldherrntalent, gro�er Fr�mmigkeit und edlem Herzen, nahm sich seiner Glaubensgenossen an. Freilich war es nicht allein Mitleid mit den Glaubensgenossen, was den K�nig zu diesem Schritt
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bewog. Er trug sich mit gro�en Pl�nen Was s�dlich an der Ostsee lag,
sollte erobert und die Ostsee zu einem schwedischen Meere gemacht werden. Au�erdem f�hlte er sich durch die Vertreibung seiner Vettern, der Herz�ge von Mecklenburg, und die Unterst�tzung seiner Feinde, der Polen, seitens des Kaisers verletzt. Der Kaiser sp�ttelte bei seiner Kriegserkl�rung: �Wir haben halt ein neues Feiudl bekommen!" Aber Tilly sagte ernst: �Majest�t, kein Feindl, einen rechten Feind!" Die Hofleute nannten ihn einen Schneek�nig, der bald an der s�dlichen Sonne zerschmelzen w�rde. Gustav Adolflandete mit 13000 Mann wohlgeschnlterTrnp-pen w�hrend eines Gewitters auf der
Insel Usedom (1630). Knieend dankte er Gott f�r die gl�ckliche �ber-fahrt, seine Offiziere und Soldaten bete-ten still nach, Tr�nen in den Augen. Da sagte er: �Weinet nicht, sondern betet!
Je mehr Betens, je mehr Sieg!" Den Soldaten verbot er jede Pl�nderung und lie� t�glich Gottes-dienst mit ihnen halten. Bald waren die Kaiserlichen aus Pommern vertrie-ben. Darauf r�ckte er in Brandenburg ein. Die evangelischen F�rsten verweigerten aber aus Furcht vor dem Kaiser und aus Mi�trauen gegen den Fremdling jedes B�ndnis. Die meisten wollten m�glichst parteilos bleiben. Als sein Schwager Georg Wilhelm von Brandenburg z�-gerte, ihm Spandau als St�tzpunkt in seinem R�cken zeitweilig ein-zur�umen, da zwang er ihn zum Bunde, indem er Kanonen auffahren lie�, damit diese das entscheidende Wort spr�chen.
d) Er kann Magdeburg nicht retten (1631). W�hrend sich die Unterhandlungen mit Sachsen, dessen Kurf�rst dem K�nige den Durchzug verweigerte, in die L�nge zogen, schlo� Tilly das Protestant tische Magdeburg ein. Gustav schickte den Oberst Falkenberg zu Hilse;
ehe er aber selber kommen konnte, ereilte die Stadt das traurigste Geschick.
Durch die Einstellung der Feindseligkeiten und die N�he der Schweden war die B�rgerschaft sicher gemacht worden. Da wurde die Stadt den 20. (10.) Mai 1631 in der Morgenfr�he durch Tilly und Pappen- 1631
\88. Gustav Adolf.
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heim �berrumpelt und nach tapferer Gegenwehr erobert. Die Einwohner wurden niedergemetzelt oder grenzenlos mi�handelt und die H�user aus-gepl�ndert. In der Verwirrung brach eine entsetzliche Feuersbrunst aus und legte die Stadt in Asche; 30000 Menschen kamen um, nur der Dom mit den Hineingefl�chteten und noch einige wenige Geb�ude blieben er-halten. Einen Befehl zur Zerst�rung der Stadt hatte Tilly nicht gegeben, da er ja durch den Untergang der Stadt einen wichtigen St�tz-Punkt verlor; die Greueltaten der zuchtlosen Soldaten hat er aber auch nicht zu verhindern gesucht. Der Ursprung des Feuers bleibt in Dunkel geh�llt. Unerwiesen ist, das Pappenheim im Anfang des Kampfes einige H�user habe anz�nden lassen, um die Gegner zu verwirren und durch das L�schen vom Kampfe abzuziehen. Das Feuer soll dann Pulverminen entz�ndet haben, die Falkenberg durch die Stadt habe legen lassen. Pappenheim meldete dem Kaiser, �da� nach Trojas und Jerusalems Er-oberung kein gr��erer Sieg gesehen worden".
c) Er besiegt Tilly (1631). Nach Magdeburgs Fall verb�ndete sich der Kurf�rst von Sachsen, der in seinem Lande keine kaiserlichen Trnppen aufnehmen wollte und deshalb von Tilly bedr�ngt wurde, mit dem Schwedenk�nige. Die s�chsischen Truppen stie�en zu den Schweden. Bei Breitenfeld in der N�he Leipzigs trafen Tilly und Gustav Adolf aufeinander, und trotz der voreiligen Flucht der Sachsen errang Gustav
1631 Adolf einen vollst�ndigen Sieg (1631). Das ganze Protestantische Deutsch-lernt) jubelte dem Sieger entgegen. W�hrend die Sachsen in B�hmen einr�ckten, zog Gustav Adolf durch Th�ringen und Franken bis an den Main, um den Anschlu� der Protestanten Mittel- und S�ddeutschlands
1632 zu gewinnen. Von Mainz ging dann der Marsch (Fr�hjahr 1632) nach Bayern. Am Lech suchte Tilly dem Sieger den �bergang zu wehren, aber eine Kanonenkugel zerschmetterte sein Knie. In einer S�nfte trug man den Sieger in sechsunddrei�ig Schlachten nach Ingolstadt, und hier starb er, ein treuer Diener seines Herzogs, mit der Mahnung: �Wahret Regensburg wohl, sonst stehen Kurhut und Kaiserkrone auf dem Spiel!" Gustav Adolf aber nahm M�nchen ein und hatte nun Deutschland bis auf �sterreich in. feiner Gewalt.
d) Er f�llt als Sieger bei L�tzen 1632. Der �bermut des Kaisers und seiner Wiener H�flinge war l�ngst geschwunden. Nach dem Ungl�ckstage von Breitenfeld hatte sich der Kaiser bittend an den �abwartenden" Walleustein gewandt, damit dieser ihm ein Heer schaffe und �den evangelischen Makkab�us" vertreibe. Lange mu�te der Kaiser bitten. Endlich verstand sich Wallenstein dazu, aber unter Bedingungen, wie sie bisher noch nie ein General von seinem Kriegsherrn erhalten hatte. Unbeschr�nkt sollte seine Macht sein, sein Wort allein im Heere gebieten, nicht das des Kaisers. Als �kaiserlicher Generalissimus" wollte er selbst die Kriegsobersten ernennen und die eroberten L�nder verteilen. Seine Werbetrommel und sein Name riefen in drei Monaten 50000 Mann zusammen. Nun vertrieb er die Sachsen aus B�hmen und ruckte nach S�den gegen Gustav Adolf vor. Bei N�rnberg bezogen beide
1632 feste Lager (1632). Vergeblich st�rmte der Schwedenk�nig Wallensteins
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Lager. Dieser ging nach dem Abz�ge Gustav Adolfs nach Norden, um zun�chst Sachsen heimzusuchen. Da folgten ihm die Schweden. �berall wurde Gustav Adolf wie ein Engel der Rettung begr��t. �Unsere Sachen stehen gut," sagte er, �aber ich f�rchte, da� mich Gott um der Torheit dieses Volkes willen straft." Bei L�tzen erfolgte am 16. (6.) November 1632 der Zusammensto�. Um 11 Uhr, als der Nebel fiel, begann die 1632 Schlacht. Die Schweden sangen: �Ein feste Burg" und gingen mit �Gott mit nnsl", die Kaiserlichen mit �Jesns Maria!" an dieBlnt-arbeit. Als Gustav Adolf fein Streitro� bestieg, sagte er:
�Nun wollen wir dran; Jesu, hilf mir heute streiten zu deines Namens Ehre!"
Hin und her wogte der Streit. Als Gustav Adolf im Kampfget�mmel zu dem weichenden rechten Fl�gel sprengen wollte, zerschmetterte ihm eine Kugel seinen linken Arm. Seine Begleiter wollten ihn aus dem Get�mmel schaffen, da scho� ihn
ein Reiter durch den R�cken. Er sank vom Pferde und verhauchte unter den Sch�ssen und Rosseshusen der Feinde sein Leben. Der Tod des K�nigs entflammte den Rachedurst des ganzen Heeres. Unter dem Befehle des Herzogs Bernhard von Weimar warfen sie im tapfern Ansturm alles vor sich nieder. Da erschien der kaiserliche General Pappenheim mit herbeigerufenen Truppen, und eine neue Schlacht be-gann. Aber gleich im Beginn fiel dieser k�hne Reitergeneral, und todwund trug man ihn aus der Schlacht. Sterbend sprach er: �Saget dem Herzog von Friedland, da� ich fr�hlich sterbe, da ich wei�, da� der nnverf�hn-liche Feind meines Glaubens unter den Toten ist!" Sein Tod entmutigte die Kaiserlichen; sie lie�en Kanonen und Gep�ck auf dem Schlachtfelde und zogen eilig gegen Leipzig. Allein der Sieg der Schweden war zu teuer durch das Leben des K�nigs bezahlt. Sein entstellter Leichnam ward an der St�tte gefunden, wohin seine Getreuen den �Schwedenstein" w�lzten. Die Leiche ward einbalsamiert und nach Schweden gebracht, das Herz aber von seiner untr�stlichen Gattin in goldener Kapsel verwahrt. Als Kaiser Ferdinand das blutige Lederkoller des K�nigs erblickte, war er bewegt, lie� aber im ganzen Lande ein Danksest feiern.
J80), Bernhard von Weimar.
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e) Sein Heer verwildert. Mit dem gro�en K�nige war die Seele aus dem Protestantischen Bunde geschieden. Sein kluger Kanzler Axel Oxenstierna folgte ihm als Leiter der politischen Angelegenheiten. Den Oberbefehl im Felde erhielt Herzog Bernhard von Weimar, der im s�dwestlichen Deutschland stand, wo die Protestanten sich zu festerem Widerstande als im Norden vereinigt hatten. Aber mit dem gro�en K�nige schien aus dem schwedischen Heere auch die bisherige Manneszucht gewichen zu sein. Jetzt verwilderten die schwedischen Soldaten und wurden zuletzt zu einer der furchtbarsten Gei�eln der L�nder. Es entstand der Kinderreim: �Bet, Kindle, bet, jetznnd kommt der Schwed', jetznnd kommt der Oxenstiern, wird die Kindle beten lehr'nV' Das schwedische Kriegsvolk kannte keine Schonung, kein Eigentumsrecht. Der ber�chtigte �Schweden-trunf" unterdr�ckte jeden Widerstand des einzelnen, der sein Hab und Gut bergen wollte.
f) Wallenstein wird ermordet. Wallenstein hatte ohne rechte Beteiligung am Kriege schlie�lich in B�hmen sein Standquartier genommen. Andere weitgehende Pl�ne, die nicht f�r den Kaiser waren, schienen die Seele des ehrgeizigen Mannes zu erf�llen. Seine L�ssigkeit und sein eigen-t�mliches Verhalten den Schweden gegen�ber erregten beim Kaiser Verdacht. Seine Absetzung wurde beschlossen, nachdem der Kaiser von seinen Unter-Handlungen mit Schweden, Frankreich und Sachsen, sowie von dem Pil-sener Revers Kunde erhalten hatte. In diesem hatten sich die meisten Obersten Wallensteins schriftlich verpflichtet, Wallenstein in keinem Falle zu verlassen. Die Generale Gallas und Pieeolomini wurden f�r den Kaiser gewonnen. Gallas erhielt den Oberbefehl; Wallenstein wurde darauf mittels eines kaiserlichen Dekrets f�rmlich abgesetzt. Die meisten Regi-menter fielen von ihm ab. Da zog er sich nach Eger zur�ck, um jetzt offen seine Verbindung mit den Schweden herzustellen. Aber hier traf ihn der Mordstahl. Die Obersten Buttler, Gordon und Le�ley hatten ihm den Tod geschworen, als von Wien aus freie Hand gegen Wallenstein ge-lassen wurde. Bei einem Abendgastmahle lie�en sie seine Getreuen er-morden, und dann drang Deveronx mit seinen Dragonern nachts in des Herzogs Schlafzimmer und fuhr ihn an: ,,Bist du der Schelm, der dem Kaiser die Krone vom Haupte rei�en will? Du mu�t jetzt sterben!" Schweigend empfing Wallenstein, der aus dem Bette gesprungen war, den
1634 Todessto� (1634). Der Kaiser vergo� Tr�nen bei der Nachricht von seinem Tode und lie� 3000 Messen lesen, aber die M�rder erhielten Gold und Ehrenstellen. Wallensteins Leiche wurde in Gitschin beigesetzt, sein Besitz aber unter seine Feinde verteilt. Den Oberbefehl �bernahm nun des Kaisers Sohn Ferdinand unter Gallas' Leitung. Das kaiserliche Heer drang siegreich an der Donau vor und erfocht bei N�rdlingen einen gl�nzenden Sieg �ber Bernhard von Weimar und den General Horn (1634). Die protestantischen F�rsten im Norden, die seit Gustav Adolfs Tode der protestantischen Sache und den Schweden gegen�ber sich ziemlich k�hl verhielten, entsagten jetzt v�llig dem Widerstande gegen den Kaiser. Sachsen schlo� mit dem Kaiser Frieden zu Prag (1635), dem Brandenburg und fast alle �brigen protestantischen St�nde beitraten. Die
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L�nder waren des Greuels m�de, und die Kriegsflamme w�re in sich selbst erloschen, wenn sie der Erbfeind Deutschlands im Westen nicht aufs neue angefacht h�tte.
5. Der schwedisch-franz�sische Krieg (1635�1648). Frankreich, das bis dahin nur versteckt dem Hanse Habsburg zu schaden gesucht hatte,
trat jetzt offener gegen dasselbe auf, als der Sieg bei N�rdlingen den Kaiserlichen das �bergewicht auch in Oberdeutschland gesichert hatte. Der Krieg wurde jetzt nur ein Kampf um Macht, Land und Beute und hatte seinen religi�sen Charakter fast ganz verloren. Der franz�sische Kardinal Richelieu, der Habsburg schw�chen und das Elsa� gewinnen wollte,
schickte Geld und Truppen, um den Krieg im S�dwesten weiter zu f�hren. Bernhard von Weimar trat in Frankreichs Sold, siegte bei Rhein-selden und machte sich zum Herrn von S�ddeutschland, wohl mit dem Plane, im Elsa� sich ein Herzogtum zu gr�nden. Da raffte ein pl�tzlicher Tod den edlen Helden in der F�lle seiner Kraft
hinweg (1639), wie man vermutet, durch sran- / 1639
z�fifches Gift. Seine Eroberungen und sein Heer zog Frankreich an sich. Im Nordwesten setzten die Schweden den Krieg unter dem energischen,
aber wilden Bansr fort und gewannen, nach dessen Siege bei Wittstock (1636) �ber die 1636
Kaiserlichen und Sachsen, wieder das �ber-gewicht im Norden. Da starb Ferdinand II.
(1637) mit der Beteuerung, �da� er nur Got- .1637 tes Ehre und das Wohl der Kirche im Auge ' orienlon>
gehabt habe". Er war ein rechtschaffener Mann, aber ein engherziger Christ und kurzsichtiger Staatsmann gewesen. Ihm folgte fein Sohn Ferdinand III. (1637 � 1657). In dem wechselnden Kriegsgl�cke raffte 1637 der Tod auch Bauer hinweg. An seine Stelle trat Torstenson, ein Mann mit siechem K�rper � er wurde fast immer in der S�nfte ge-tragen �, aber feurigem, weit schauendem Geiste und rastloser T�tigkeit. Er durchzog siegreich ganz Deutschland von einem Ende bis zum andern, und kein Feind war sicher vor seiner Schnelligkeit. Dabei ver�bten jetzt die Schweden dieselben Greueltaten wie die Heere der Kaiserlichen. Aus dem Religionskriege war ein Raubkrieg geworden. Bei Leipzig erfocht Torstenson einen gl�nzenden Sieg �ber Piccolomini (1642), und 1645 1642 bedrohte er nach einem siegreichen Zuge Wien. Den eifers�chtigen D�nen-k�nig z�chtigte, B�hmen und Schlesien verheerte er. Doch die Qualen der Gicht entwanden ihm den Feldherrnstab. Wrangel folgte ihm mit wechselndem Gl�ck. Dieser drang nach Bayern vor und vereinigte sich hier mit dem franz�sischen General Tu renne, der seit Bernhards Tode zusammen mit Conds gegen die Kaiserlichen im S�dwesten k�mpfte. Der alte Maximilian von Bayern wurde geschlagen. In B�hmen hatte der schwedische General K�nigsmark die Kleinseite von Prag eingenommen und reiche Beute gemacht. Schon begann er die Stadt mit gl�henden Kugeln zu �bersch�tten, da erscholl endlich aus Westfalen das ersehnte Wort: �Friede!"
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6. Der Westf�lische Friede war nach jahrelangen Verhandlungen zwischen den Streitenden in M�nster (zwischen dem Kaiser und den Franzosen) und Osnabr�ck (zwischen dem Kaiser und den Schweden)
1648 zustande gekommen (1648). Die haupts�chlichsten Bedingungen waren: Lutheraner und Reformierte bekamen freie Religions�bung und gleiche Rechte mit den Katholischen. Der Augsburger Religionsfriede wurde best�tigt, der �geistliche Vorbehalt" aber nicht beseitigt. Die Ver-teilnng der Kircheng�ter zwischen Evangelischen und Katholischen regelte sich nach dem Besitzstande des Jahres 1624. Die Reichsf�rsten er-hielten die Landeshoheit und das Recht, B�ndnisse zu schlie�en. Der Kaiser durfte von jetzt ab nur mit Zustimmung der Reichsst�nde Krieg f�hren, Gesetze geben und Steuern auferlegen. Schweden bekam Vor-Pommern nebst R�gen, Wismar, die Stifter Bremen und Verden und f�nfzehn Millionen Mark Kriegskosten, Frankreich das �sterreichische Elsa� und die Hoheit �ber zehn els�ssische Reichsst�dte, au�erdem die Best�tigung des Besitzes von Metz, Tonl und Verdun, Brandenburg Hinterpommern und die Bist�mer Minden, Halberstadt, Kammin und Magdeburg, Sachsen die Lausitz, Bayern die Oberpfalz, w�hrend die Unterpfalz dem Sohne des ungl�cklichen Friedrich mit einer achten Kurw�rde zur�ckgegeben wurde. Mecklenburg und Hessen-Kassel erhielten kleine Entsch�digungen. Die Schweiz und die Niederlande wurden f�r unabh�ngig erkl�rt.
7. Die verderblichen Folgen des Krieges. Durch den Westf�lischen Frieden war Deutschlands Ohnmacht besiegelt, der monarchische Charakter und damit die Einheit des Reiches durch die Schw�chung der kaiserlichen Macht beseitigt und fremden M�chten, wie Frankreich und Schweden, ein mitbestimmender Einflu� auf Deutschlands Geschicke einger�umt. Deutsch-land als europ�ische Macht bestand nicht mehr; es gab nur noch einen deutschen Staatenbund von mehr als 300 unabh�ngigen kleinen und gro�en Herrschaften. Das waren die politischen Folgen, unter welchen Deutschland, jetzt f�r lauge Zeit Europas Magd, anderthalb Jahrhunderte und noch l�nger hinaus gelitten hat. Ebenso dem�tigend, aber weit schrecklicher war das, was der Krieg unmittelbar im Gefolge f�hrte. Die deutschen Fluren waren ein W�stenland geworden, die Bev�lkerung durch Schwert, Hunger und Seuchen um mehr als die H�lfte vermindert. D�rfer waren v�llig von der Erde verschwunden; St�dte lagen �berall zerst�rt. Gesetzliche Ordnung, Sitte und Recht kannte das verwilderte Volk nicht mehr. Raublustige Banden von Soldaten und vertierten Bauern durchstreiften die ausgesogenen Gegenden. Der sch�ne Wohlstand der Reformationszeit, der bl�hende Handel und die lebenskr�ftig gewordenen Gewerbe des 16. Jahrhunderts waren in den St�dten vernichtet, K�nste und Wissenschaften in den heimgesuchten Orten zur blo�en Erinnerung geworden. Daf�r wuchsen Unglaube, Aberglaube und Laster in erschrecken-der Weise; Hexenprozesse geh�rten jetzt �berall zur Tagesordnung. Die verarmten F�rsten setzten falsche M�nzen in Umlauf und suchten Hilfe bei Goldmachern und Steimbeutera. Mit der entschwindenden Selbstachtung ging auch das Nationalges�hl verloren. Ebenso das Selbstgef�hl der B�rger und Bauern gegen H�hergestellte. Die Sprache mengte sich mit
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fremdl�ndischen Brocken; Sitte, Benehmen und Tracht verloren deutsches Gepr�ge. Dazu kam schlie�lich noch widerlicher Hader der Konfessionen, das peinliche und kleinliche r�mische Recht mit seinen endlosen Schreibe-reien, das den einf�ltigen Verstand verwirrte, und eine Schwerf�lligkeit des geistigen Lebens, die gesundes Empfinden und Denken fast ganz unterdr�ckte. Was jener verderbliche Krieg brachte, war alles in allem eine �u�ere und innere Aufl�sung Deutschlands.
8. Das Kulturleben im 17. Jahrhundert. Das staatliche Leben siechte in Deutschland, wie schon angedeutet, ohnm�chtig hin. Der Kaiser mu�te jede Hilfe der F�rsten durch Zugest�ndnisse erkaufen. Steuern an das Reich zahlte man wenig oder gar nicht. Die einzelnen F�rsten lieb-�ugelten mit Frankreich, dachten nur an ihren Vorteil und verkauften wohl gar ihre Stimmen dem �Schiedsrichter an der Seine". F�rsten, wie August der Starke von Sachsen, verschwendeten Unsummen, die sie den Untertanen abgepre�t hatten. Andere, wie Kurf�rst Ernst August von Hannover, verkauften ihre Landeskinder als S�ldner an fremde Macht-haber.
Das gesellschaftliche Leben wurde eine Nach�ffung der franz�sischen Verschwendung, der franz�sischen Moden und der franz�sischen Unsittlichkeit. Franz�sische K�che, Tanzmeister und Haarkr�usler kamen an die deutschen H�fe und wurden auch die Hauptpersonen in vielen reichen H�usern. Die franz�sische Sprache galt bald als die Sprache der �Gebildeten". Der Adel verarmte durch das kostspielige Leben, ging an die H�fe, nahm Beamtenstellen an und gab seine Selbst�ndigkeit auf. Der reiche B�rger suchte es dem Adel gleichzutun und kaufte sich um schweres Geld wohl einen Adelsbrief vom Kaiser. Die Sucht nach Titeln wurde zur Krankheit, die Scheidung der Rangklassen immer sch�rfer, die Anreden immer schw�l-stiger, die F�rmlichkeiten immer fteifer. Der Bauer blieb h�rig oder leib-eigen und unwissend, leistete die harten Frondienste und zahlte fast alle Steuern.
Die St�dte bekamen allm�hlich ein anderes Aussehen, weil man die Befestigungswerke verfallen lie�, da sie vor dem schweren Gesch�tz keinen Schutz mehr gew�hrten. Die W�lle wurden als Spazierg�nge, die Gr�ben als Viehweiden und Bleichst�tten benutzt. In gr��eren St�dten wurden schon die Stra�en zur Nachtzeit beleuchtet, D�ngerhaufen und frei umher laufendes Vieh in den Stra�en nicht mehr geduldet, Stra�enreinigung und ein geordnetes Feuerl�schwesen eingerichtet, z. B. vom Gro�en Kur-f�rsteu in Berlin.
Eine f�rstliche Pracht zeigten viele Patrizierh�user in den gro�en, reichen Handelsst�dten, z. B. die der Fugger und Wels er in Augsburg. Ihre kostbare Ausschm�ckung verdankten sie haupts�chlich den weltber�hmten Meistern des Kunstgewerbes und deren Sch�lern, z. B. dem kunstreichen Erzgie�er Peter Bischer, dem ber�hmtesten Holz- und Elfenbeinschnitzer-Michael Wohlgemnth, den gro�en Bildhauern Adam Krafft und Veit Sto�, dem Meister der Holzschnitte und Kupferstiche in Kalendern und Flugschriften Albrecht D�rer nsw T�ren und Stubenger�te der H�user waren kunstvoll geschnitzt, die Fenster gemalt, die Schl�sser verziert,
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A 2
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die Ton�fen, Kr�ge, Sch�sseln und Teller in Gold gemalt und gebrannt, die W�nde mit Gem�lden und Stickereien bedeckt, die Fu�b�den mit kost-baren Teppichen ausgelegt und die Wappenschilder wie die Stammb�cher des Geschlechts durch kostbare Malereien verziert.
Handel und Gewerbe erholten sich allm�hlich in den vom Kriege heimgesuchten Orten. Die fr�her so sch�ne Kunstfertigkeit im Handwerk wurde aber nicht wieder erreicht. Man hielt gleichwohl an dem alten Jnnnngswefen und den �berkommenen �ehrenfesten" Br�uchen fest. Nicht selten arteten sie zu Possen aus. �Mit Gunst" begann die Anredeformel an den �Herrn Vater", den Meister, und an die �Frau Mutter", die Meisterin.
Die gesellschaftlichen Vergn�gungen wurden vielseitiger. Zu den bunten Jahrm�rkten und Sch�tzenfesten kamen �ppige Schm�nse mit gewal-tigern Trinken, allerlei T�nze, auch Maskenb�lle. Schlittenfahrten, Eislaufen n. dgl. Die Tracht wurde der franz�sischen nachge�fft: Puffen an Schultern und �rmeln, farbige Streifen an den engen Hosen, Gold- und Silberbesatz an den R�cken und W�msern, eine Per�cke statt der langen Haare, zierliche Degen in einer Seitentasche, Bandrosetten auf den Schuhen und an Kniehofen:c.
Das Leben der Frauen bewegte sich in engen Schranken. Not-d�rftig nur war der Unterricht der M�dchen, strenge jedoch die Zucht; nach au�en war ihnen wenig Freiheit gew�hrt, aber desto mehr Gesch�ftigkeit im Hanfe geboten. Unfolgsame und Verwaiste wurden in �Zuchth�usern" unter strenge Aufsicht gestellt. Unter viel F�rmlichkeiten wurden die Ehen geschlossen und die Hochzeiten gefeiert. Brautkleid und Brautschmuck schenkte der Br�utigam. Einladungen zur Hochzeit ergingen durch Boten oder Briefe. Schmuck und Gang der Brautjungfern waren durch das Herkommen vorgeschrieben, ebenso die Gerichte des Hochzeitmahles und die Brautreigen nach dem Mahle. Mit dem �Kehrab" endete die Feier. Spinnen und N�hen, Sticken und Stricken. Waschen und Pl�tten waren die h�uslichen Gesch�fte, Singen und �Spinettspielen", Zeichnen und Malen, Putz und Besuche, Stubenv�gel und Scho�h�ndchen die Erg�tzungen der Frauen. Die Gew�nder wie die Haartrachten wechselten wie die Moden. In das Gesicht wurden Sch�nheitspfl�sterchen geklebt, die H�nde in einen Muff gesteckt. Die Putzsucht der Frauen war das �rgernis der strengen Geistlichen, die oft von den Kanzeln gegen des �Teufels Leimruten", d. h. die Modet�rinnen, wetterten.
Das kirchliche Leben litt unter dem Dogmengez�nk der Geistlichen und dem Buchstabenglauben der Laien, gewann aber durch den Pietismus, d. h. die Herzensfr�mmigkeit, eines Spener neues Leben. Besonders fromme Frauen wirkten durch Wort, Beispiel und Briefe f�r die Aus-breitung dieser Bewegung.
In der katholischen Kirche entstanden die Orden der Ursnlinerinnen und der barmherzigen Schwestern, die ihr ganzes Leben und Wirken in den Dienst der Jugenderziehung und der Pflege von Kranken, Schwachen und Ungl�cklichen stellten.
Das geistige Leben hatte der gro�e Krieg v�llig niedergedr�ckt und gesch�digt. Doch fallen einige wichtige Erfindungen und Entdeckungen in diese Zeit. Der deutsche Astronom Kepler fand die drei Grundgesetze
der Planetenbewegung, der Italiener Galilei die Pendel- und Fallgesetze. Torizelli erfand das Barometer, der Holl�nder Drebbel das Thermo-meter, Otto von Gnericke in Magdeburg die Luftpumpe. Vorher hatte Peter Hele in N�rnberg die Taschenuhren, J�rgens in Braunschweig das Spinnrad erfunden. Papst Gregor XIII. hatte 1582 den alten julianischen Kalender verbessern lassen; vom 4. Oktober wurde auf den 15. Oktober �bergegangen, um den Widerspruch zwischen Wirklichkeit und Zeitrechnung zu beseitigen. Die Evangelischen nahmen den Kalender neuen Stils erst 118 Jahre sp�ter an. Die Russen haben noch heute den Kalender alten Stils und sind deshalb 13 Tage hinter unserer Zeitrechnung zur�ck.
Die deutsche Dichtkunst befand sich im 17. Jahrhundert im Verfall. Man ahmte die lateinischen und romanischen Dichter sklavisch nach und gefiel sich in einer widerlichen Sprachmengerei. Die deutsche Sprache wurde ein Gemengsel von Fremdw�rtern, namentlich aus dem Franz�sischen. Gegen diese Entdeutschungen bildeten sich mehrere Gesellschaften zur Pflege der deutscheu Sprache und Dichtkunst. Martin Opitz von Boberfeld (f 1639) stellte in seinem Buche �von der deutschen Poeterei)" die durch Betonung bestimmte Versmessung auf. An ihn schlie�t sich die erste schlesische Dichterschule, die in der Form die Hauptsache und in der dichterischen Begabung Nebensache sah. Aus diesem Kreise sind der Dramatiker Gryphins, der geistvolle Epigrammendichter Friedrich von Log au und der gem�tstiefe Liederdichter Paul Fleming zu nennen. Bemerkenswert ist noch der Jesuit und eifrige Bek�mpfer der Hexenprozesse Friedrich von Spee (�Trutznachtigall"). Aus dieser Zeit ist von wirk-lichem poetischen Wert nur das Kirchenlied, in welchem besonders Paul Gerhardt (f 1676) sich auszeichnete. Die sp�tere zweite schlesische Dichterschule verirrte sich in Ungeschmack und Schwulst. Ein echt Volks-t�mliches Werk ist Grimmelshausens Roman �Der abenteuerliche Simplizissimus" (1669), der die Greuel des 30j�hrigen Krieges schildert. Malerei, Bildhauerkunst und Kunstgewerbe lagen wie die Literatur im franz�sischen Banne. Der Barockstil mit vielgeschweiften und ge-brochenen Linien wurde beim Bauen, das Rokoko mit seinem bunten Muschelwerk bei der Ausschm�ckung Mode.
Fragen: Woher die lange Dauer des Drei�igj�hrigen Krieges? � Welche Wirkungen hatte der Westf�lische Friede? � Frankreichs Stellung zu Deutsch-land! � Was bewog Gustav Adolf zum Kriege? � �Wallenstein" von Schiller. �Der Tod des Grafen Mansfeld" von F�rster. �Wallenstein vor Stralsund" von Gitncher �Schlo� Eger" von Fontane. �Der Friede" von Lingg.
1520: Karl Y. Franz I. Magelhaens. Friede von Upsala. Stockholmer Blutbad. Verbrennung der Bannbulle. Maler Rafael f. 1525: Friedrich der Weise f. Luther ehelicht Katharina von Bora. Schlachten bei Frankenhausen und Pavm. Herzog Albrecht von Preu�en. 1530: Augsburger Konfession. PMrro in Peru. 1534: Bibel�bersetzung. Kalvin in Genf. Wiedert�ufer in M�nster. 1547: Heinrich VIII. f. Schlacht bei M�hlberg. 1555: Religionsfriede in Augsburg. Maria die Katholische. Knox. 1560: Melanchthon und Gustav Wasa f. 1563: Heidelberger Katechismus. Hugenottenkriege. Konzil zu Trient. Michelangelo f. 1572: Pariser Bluthochzeit. Kamps der Geusen. 1589: Heinrich IV. in Frankreich. Abfall der Niederlande. Gregorianischer Kalender. 1619: Kaiser Matthias f. Johann Sigismund von Brandenburg f.
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69. Karl I. von England (1625�1649).
1603 1. Sein Vater Jakob I. (1603�1625). Nach dem Tode der K�nigin Elisabeth kam das Haus Stuart auch in England zur Regierung. Der erste Stuart, Marias Sohn Jakob, war h��lich von Gestalt, linkisch in seinem Benehmen, verschroben in seinen Ansichten, �berspannt in seinen Begriffen von der k�niglichen Allgewalt, eng-herzig, verschwenderisch, eigensinnig und doch schwankend in seinen Ma�regeln. Er nannte sich als Herrscher �ber die vereinigten Insel-lande �K�nig von Gro�britannien nnd Irland". Mit gleicher Willk�r und H�rte bedr�ckte er Presbyterianer wie Katholiken, �weil ihr Be-kenntnis dazu angetan w�re, die Hochachtung zu untergraben, die dem K�nige als h�chster geistlicher und weltlicher Gewalt geb�hre". Allgemeine Unzufriedenheit erregte er dadurch, da� er in seiner steten Geldnot reiche Unter-Karl 1. tanen zu Geldzahlungen n�tigte und die Rechte des Parlaments (durch willk�rliche Besteuerung) 1605 verletzte. Nach der mi�gl�ckten PnlverVerschw�rung. (1605), durch welche der K�nig samt dem Parlament in die Luft gesprengt werden sollte, wurden die Katholiken aufs �u�erste verfolgt. Geha�t und verachtet 1625 starb Jakob I. 1625.
2. Karls verh�ngnisvolle Regierung. Karl I. folgte seinem Vater; er war begabt und kunstsinnig, aber ebenso eigenm�chtig, unwahr und uu-zuverl�ssig wie jener. Er wollte unumschr�nkt in der Kirche wie im Staate herrschen. Wie sein Vater, erh�hte er willk�rlich das Tonnen- und Pfund-geld (Zoll auf ein- und ausgehende Waren) und lie� die Widerstrebenden ohne weiteres verhaften. Zwar bewilligte er 1628 dem Parlamente die ihm vorgelegte �Bitte um Recht", die die alten Rechte der pers�n-lichen Sicherheit, der Unverletzbarkeit des Eigentums und der Steuerbewilligung forderte, aber er hielt seine Zusage nicht. Wie bereits fr�her, so l�ste er auch jetzt das Parlament auf und regierte seit 1629 11 Jahre ohne Parlament, indem er gesetzwidrig Steuern erhob und jeden Widerstand durch harte Strafen zu unterdr�cken suchte. Diese ungesetzlichen Handlungen, die schweren Bedr�ckungen der Puritaner*) und sein Bestreben, die anglikanische Kirche immer mehr der katholischen (durch Einf�hrung der Beichte, des Z�libats und der Zeremonien) anzn-passen, erregten au�erordentliche Erbitterung im Lande. Als der K�nig
*) Puritaner hei�en seit der Zeit Elisabeths die Presbyterianer (Kalvinisten) strenger Richtung. Der Name besagt, da� sie eine von allem katholischen (p�pst-lichen) Beiwerk gereinigte Kirche erstrebten. Gleich den schottischen Presbyteri-anern w�hlten sie Presbyter, hatten Synoden, einfachen Gottesdienst und �bten strenge Kirchenzucht. Ernst, �bereifrig fromm, bekannten sie sich_ vor Gott als dem�tige S�nder in tiefster Zerknirschung, den Menschen gegen�ber waren sie stolz und unbeugsam.
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auch in Schottland die kirchliche (Presbyterial-) Verfassung �ndern und eine neue Liturgie einf�hren wollte, emp�rten sich die Schotten. Um Geld f�r den Krieg gegen die Schotten zu erhalten, berief nun der K�nig wieder ein Parlament. Aber diesem, das heftigen Widerstand leistete, folgte bald ein zweites, das sogenannte Lange Parlament" (1640). Es setzte sich zum gr��ten Teil aus Puritanern, �berhaupt aus erbitterten Gegnern des K�nigs zusammen. Sofort ging es energisch gegen den K�nig vor, lie� dessen beide Ratgeber, den Grafen Strafford und den Erzbischof La ud in den Tower wer-feit und wegen Hochverrats hinrichten und �erlangte , da� die Befehlshaberstellen im Heere nicht ohne seine Zustimmung besetzt werden sollten. Da wollte der K�nig die F�hrer des Parlaments verhaften lassen. Aber diese entflohen; das Volk in London griff zu den Waffen, und es brach ein B�rgerkrieg 'aus, der 7 Jahre dauerte. Die Anh�nger des K�nigs,
�Kavaliere" genannt,
k�mpften gegen die Partei des Parlaments, denen von dem Schnitt der Haare (nach puritanischer Sitte) der Spottname �Rundk�pfe" beigelegt wurde. Unter den Puri-tanern hatte sich eine besondere Partei gebildet, die Jndependenten oder Unabh�ngigen, welche allen Zwang in der Kirche und im Glauben verwarfen, Synode und Geistliche ablehnten und jedem die Freiheit, Gott in seiner Weise zu dienen, zuma�en. Dem entsprach es auch, da� sie von dem K�nigtum nichts wissen wollten und republikanisch gesinnt waren. Das �bergewicht, das sie im Heere besa�en, gewannen sie auch bald im Parlamente. Ihr F�hrer war Glider Cromwell, ein gebildeter Land-edelmann. Er besa� einen strengen und energischen Charakter, einen klaren Blick und feste Grunds�tze. Zweimal besiegte er das bisher fast immer siegreiche K�nigsheer, welches aus Anh�ngern der bisch�flichen Kirche und Katholiken bestand. Karl floh schlie�lich zu den Schotten ins Lager, in der Hoffnung, bei seinen Landsleuten noch einige Anh�nglichkeit und viel-leicht Unterst�tzung zu finden, wurde aber der Parlamentspartei ausge-liefert. Cromwell behandelte den gedem�tigten K�nig wie einen Ver-brecher. Da erhoben sich die Schotten zu dessen Hilfe; sie wurden indes
\ty2. Cromwell.
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geschlagen. Nun urteilte ein fast ganz aus Jndependenten bestehender Ge-richtshof �ber den K�nig ab. K�rperlich gebrochen, aber geistig fest, der-teibigte sich dieser mit w�rdevoller Haltung. Nach dreimaliger Vorladung wurde Karl als Tyrann, Hochverr�ter, M�rder und Feind des Volkes zum Tode verurteilt Genau 62 Jahre nach der Hinrichtung seiner nn-gl�cklichen Gro�mutter Maria Stuart wurde er vor dem Palaste White-
1649 hall (fpr. Ueithal) in London (1649) enthauptet. Cromwell hatte von einem nahen Fenster dem blutigen Schauspiel zugesehen. �Nun ist die Religion gerettet und die Freiheit von Tausenden gegr�ndet!" rief er aus, als Karls Haupt in den Sand rollte. England wurde eine Republik.
3. Die Republik England bl�ht unter dem Protektor Crom-well. Die Regierung f�hrte dem Namen nach ein Staatsrat von 41 Mitgliedern, in Wirklichkeit aber herrschte Cromwell mit der Armee. Aber
1653 schon 1653 lie� er sich als Lord Protektor die h�chste Gewalt �ber-tragen, so da� er jetzt auch den Namen mit der Sache verband. Zuvor hatte er einen Aufstand der Jrl�nder f�r Karl II., Karl I. Sohn, unterdr�ckt, die Schotten und Karl II. bei Dunbar und Woreester (spr. Wu�ter) geschlagen und das wichtige Schiffahrtsgesetz*) gegeben, das den englischen Handel ungemein f�rderte. Wegen dieses Gesetzes erkl�rten die Niederl�nder, deren Zwischenhandel sehr gesch�digt wurde, den Krieg (1651�54). Aber Cromwell n�tigte sie zu einem f�r England g�nstigen Frieden. Spanien nahm er sp�ter D�nkirchen und Jamaika weg. Durch alle diese Taten bewies er seine gro�artige Begabung als Feldherr und Staatsmann. Englands Ansehen und Macht im Auslande wuchs gewaltig. Im Innern gediehen Handel und Gewerbeflei�. Aber trotz aller dieser Erfolge fah sich Cromwell von sehr vielen seiner Landsleute geha�t. Sein oft sehr hartes Regiment ohne rechtm��ige K�nigsgewalt rief Neid, Widerstand und Anschl�ge gegen sein Leben hervor. Argwohn, Trauer �ber den Tod seiner Lieblingstochter und Furcht vor Nachstellungen be-
1658 schlennigten seinen Tod. Er starb an seinem Geburtstage 1658. Sein
1659 Sohn Richard folgte als Protektor, trat aber schon 1659 ins Privatleben zur�ck, weil er der Stellung nicht gewachsen war. In dem darauf folgenden Streite zwischen Parlament und Heer setzte der General Monk, der Statthalter von Schottland, die Znr�ckberufung der Stuarts durch
1660 (1660).
4. Die letzten Stuarts. Karl II. wurde (1660) als K�nig mit gro�em Jubel in London empfangen. Der Jubel verstummte jedoch bald, als die Handlungen des charakterlosen und leichtsinnigen K�nigs bekannt wurden. Er beg�nstigte die Katholiken �berm��ig, aber das Parlament durchkreuzte
1685 seine Pl�ne. Als er 1685 starb, folgte sein katholisch gewordener Bruder Jakob II. Auch dieser wollte die Katholiken beg�nstigen. Die Unzn-
1688 friedenheit mit dem selbsts�chtigen K�nige f�hrte (1688) zn einer Revolution. Sein von den Engl�ndern gerufener Schwiegersohn Wilhelm
1689 von Oranien vertrieb ihn und bestieg 1689 als Wilhelm III. den
*) Darnach durften fremde Nationen nur die Erzeugnisse ihres eignen Landes auf eignen Schiffen in England einf�hren.
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Thron. 1714 kam das Haus Hannover, das nock heute herrscht, auf 1714 den Thron.
Fragen: Wie ist es erkl�rlich, da� der Sohn der katholischen Maria Stuart den Thron des bisch�flichen England erhalten konnte? � Welche Charaktereigenschaften Karls I. f�hrten seinen Sturz haupts�chlich herbei? � Worin liegt die Bedeutung Cromwells f�r England? � Was lehrt die Geschichte der Stuarts? � �Karl I. und Cromwell" von M�gge. �Karl Stuart" von A. Bube.
70. Der Gro�e Rurs�rst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Sch�pfer des preu�ischen Staates (1640�1688)�
1. Der sittenstrenge J�ngling. Friedrich Wilhelms Jugend war keine freundliche. Vor den Kriegsst�rmen wurde er als siebenj�hriger Knabe nach K�strin gefl�chtet und da hinter Festungsmauern erzogen. Sp�ter ging er zu seiner Ausbildung nach Holland. Hier hatte er an dem weisen und tapfern Statthalter Friedrich Heinrich von Oranien das Vorbild eines Regenten und an den betriebsamen, praktischen Holl�ndern das Muster gl�cklicher Staatsb�rger. Die Eindr�cke aus jener Zeit der Bl�te Hollands in Handel und Schiffahrt, Gewerbeflei� und Kunst blieben in seiner empf�nglichen Seele fest haften. W�hrend seiner sp�teren Re-gierung wollte er sein Land und Volk ebenso gl�cklich und m�chtig machen. In dem �ppigen Haag suchte man den J�ngling zu Ausschweifungen zu verleiten; er aber floh die gef�hrliche Stadt und ging zu dem Dr�nier ins Feldlager von Breda. �Ich bin es meinen Eltern, meiner Ehre und meinem Lande schuldig!" sagte er dabei. Oranien aber klopfte ihm auf die Schulter und sagte: �Eure Flucht ist heldenm�tiger, als wenn ich das belagerte Breda eroberte. Vetter, Ihr habt das getan, Ihr werdet mehr tun. Wer sich selbst besiegt, ist gro�er Taten f�hig." Nach seiner Heimkehr mu�te er unt�tig die Mark als Tummelplatz von Freund und Feind verheeren sehen.
2. Der entschlossene und umsichtige Regent. Mit zwanzig Jahren rief ihn der Tod seines Vaters Georg Wilhelm auf den Thron des nn-gl�cklichen Landes. Drei verschiedene und voneinander getrennt liegende L�nder, Brandenburg, die Klevescheu Lande und Preu�en, nannten ihn ihren Herrn, aber er war in keinem dieser L�nder eigentlich Herr.
Kleve war zum gr��ten Teil in der Gewalt fremder Kriegsherren; Preu�ens Belehnuug erhielt er nur unter Bedingungen, die den K�nig von Polen mehr als ihn zum Landesherrn machten, und Brandenburg hielten die Schweden zum Teil besetzt. Die Truppen waren dem Kaiser vereidigt, und die Regierungsgewalt hatte der katholische Minister Graf Adam von Schwarzenberg inne. Diese unw�rdigen Verh�ltnisse zu �ndern und Herr in fernem eigenen Lande zu werden, war das erste Streben des jungen, aber tatkr�ftigen Kurf�rsten. Sein fester Wille, sein scharfer Verstand und sein frommes Gottvertrauen schraken vor keiner Schwierigkeit zur�ck. �Gott meine St�rke" war sein Wahlspruch. Zu-erst beschr�nkte er den gro�en Einflu� Schwarzenbergs. Das traf den ehrgeizigen Mann so hart, da� ein Schlagflu� sein Leben endete. Sein
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Einflu� tft in der schweren Zeit des Drei�igj�hrigen Krieges nicht zum Segen f�r die Mark gewesen, indem er den schwachen Georg Wilhelm immer wieder zum Anschlu� an den Kaiser bewog, der ihn doch regel-
193. Friedrich Wilhelm, der Gro�e Kurt�rft.
m��ig im Stiche lie�. Nun forderte Friedrich Wilhelm von den Truppen den Eid der Treue und schuf sich die erste stehende Heeresmacht von 3000 Mann, die er nach und nach auf 8000 Mann und zuletzt auf 26000 Mann brachte. Mit den Schweden schlo� er einen Waffenstillstand; sie mu�ten das Land bis auf wenige Pl�tze r�umen. Seine Klugheit und sein schlagfertiges Heer gaben ihm eine geachtete Stellung zwischen den Parteien. Durch den Westf�lischen Frieden (1648) gewann er Hinter-Pommern, Magdeburg ferst 1680 wirklich eingezogen), Halberstadt, Minden und Kam min und damit einen L�nderzuwachs von 510 Qua-dratmeileu. Da� bei den Friedensverhandlungen auch die Reformierten gleiche Rechte mit den Lutheranern erhielten, war hauptf�chlich fein Verdienst.
Eine ferner ersten Regentenforgen war die Wiederbelebung des Landbanes und die Bebauung der durch den Krieg verw�steten Fluren. Zu dem Zweck rief er Ansiedler aus Holland und anderen Gegenden Niederdeutschlands ins Land. So hatte der junge Kurf�rst in wenigen Jahren viel f�r fein Land und die Befestigung feines Ansehens in und au�er dem Lande getan, aber er strebte rastlos weiter, klug w�gend und tapfer wagend. Seine Ziele gingen auf eine Vereinigung der von fremder Herrschaft befreiten Landesteile zu einem Ganzen, zu einer politischen Einheit, die nur seinem landesherrlichen Willen gehorchte. Die Ab-h�ngigkeit vom Kaiser sollte gemindert, das �berm��ige Recht der St�nde
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beschr�nkt und zugleich die Wohlfahrt des Landes in jeder Beziehung ge-pflegt und vermehrt werden. Wie weit das Recht der St�nde in den einzelnen Landesteilen (ht Kleve, Preu�en, Brandenburg) ging, erhellt daraus, da� sie dem Kurf�rsten die Steuern, die Trnppenwerbuug und die Aufnahme kurf�rstlicher Soldaten verweigern konnten. Die kommenden Ereignisse zeigten, wie Friedrich Wilhelm seiner hohen Aufgabe gerecht wurde.
3. Der gl�ckliche Gatte. Zwei Jahre vor dem Westf�lischen Frieden hatte er sich mit der ebenso sch�nen wie gebil-deten und edlen Luise Henriette von Oranien, der Tochter des von ihm hoch-verehrten niederl�ndischen Statthalters,
verm�hlt. Vor ihrem Einz�ge in Berlin wurde das alte Schlo� ausgebaut und ausgeschm�ckt. Luise Henriette war eine rechte Gehilfin ihres Gemahls, eine wahre Mutter ihrer Untertanen und eine sorg-f�ltige Erzieherin ihrer Kinder. Das Lied �Jesus meine Zuversicht �" soll ihrem Herzen nach dem Tode ihres ersten S�hn-leins entquollen sein. Eine besonders gesegnete Wirksamkeit entfaltete sie in Oranienburg, das fr�her B�tzow hie� und ihr zu Ehren so genannt wurde.
Hier sorgte sie m�tterlich f�r ihre Unter-
gebenen und regte durch Garten- und Ackerbau auf ihren Besitzungen zu n�tzlicher T�tigkeit an. Sie baute die ersten Kartoffeln an.
4. Der kluge Held im schwedisch-polnischen Kriege (1655�1660). Der K�nig von Polen machte Anspr�che auf die schwedische Krone, als Gustav Adolfs Tochter, die gelehrte, aber eigenwillige Christine katholisch wurde und dem Thron entsagte (1654). Sie hatte ihren feurigen Vetter Karl Gustav zum Nachfolger bestimmt und meinte bei den polnischen Anspr�chen: �Mein Vetter wird sein Thronrecht mit 30000 Zeugen beweisen!" Es kam zum Kriege zwischen Polen und Schweden. Siegreich drang Karl Gustav in Polen gegen den prahlerischen, aber feigen K�nig Johann Kasimir vor. Auch den Kurf�rsten von Brandenburg, der sein Herzogtum Preu�en sch�tzen wollte, bedr�ngte er und n�tigte ihn, Preu�en von Schweden zu Lehen zu nehmen und sich mit ihm zu verbinden. Darob w�tete der Polenk�nig und drohte, den Kurf�rsten in einen Kerker zu werfen, wohin weder Sonne noch Mond schiene. Die Antwort auf diese Drohungen war die dreit�gige Schlacht bei Warschau (1656), in welcher 1656 Brandenburger und Schweden die Polen in schm�hliche Flucht trieben.
In dem Vertrage von Labiau erkannte Schweden und bald darauf in dem von Wehlau (1657) auch Polen das Herzogtum Preu�en als unabh�ngig an. Noch einige Jahre w�hrte der Krieg im Norden, da kam der Friede zwischen Polen und Schweden zu Oliva, einem Kloster bei Danzig, zustande (1660). In demselben wurde Friedrich Wilhelm 1660
Luise Henriette, Gemahlin des Gro�en Kurf�rsten.
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die volle Staatshoheit �ber Preu�en von beiden Reichen best�tigt. Diese Unabh�ngigkeitserkl�rung ward f�r die ganze EntWickelung Preu�ens von der gr��ten Wichtigkeit. Aber nun erhoben sich schwere K�mpfe mit den widerspenstigen preu�ischen St�nden, die bisher mehr Macht als der Kurf�rst besessen hatten. Sie wollten ihre alten Rechte behaupten, ver-weigerten ihm die Steuern und kn�pften verr�terische Unterhandlungen mit den Polen an. Da lie� der Kurf�rst endlich die H�upter der st�ndischen Partei, Sch�ppenmeister Rhode und Oberst von Kalckstein, greifen und den ersten lebenslang einkerkern, den andern enthaupten. Allm�hlich beruhigte sich das Land und erkannte die landesherrliche Gewalt des Kurf�rsten an.
5. Der deutsche Mann und tapfere Sieger bei Fehrbellin am 18. Juni 1675. Als der ehr- und l�nders�chtige Ludwig XIV. von Frankreich in die Niederlande und am Rhein einfiel, da zog auch Friedrich Wilhelm als deutscher Reichsf�rst erst f�r das befreundete Holland und dann f�r das Reich fein Schwert, freilich ohne Erfolg, woran er aber nicht schuld war. Er war die Seele des sonst gar l�ssig betriebenen Widerstandes. Das erkannte der franz�sische Gewalthaber. Um den ge-f�hrlichen Gegner vom Rheine hinwegzuziehen, reizte er die Schweden durch Geldangebote zu einem verheerenden Einfalle in die Mark von Pommern aus. Die Bauern rotteten sich zum Widerstande zusammen und schrieben auf ihre Fahnen: �Wir sind Bauern von geringem Gut und dienen uuserm Kurf�rsten und Herrn mit Leib und Blut!" Aber sie waren den ge�bten Kriegern nicht gewachsen. Da eilte der Kurf�rst aus den Winterquartieren am Main trotz seines heftigen Gichtleidens herbei, �ber-rafchte die ahnungslosen Schweden und nahm durch einen Handstreich des 1675 alten Dersslinger Rathenow (1675). Das Fu�volk hatte er bis auf 1200 Mann, die auf Wagen bef�rdert wurden, zur�ckgelassen. Bei Fehrbellin holte er die Schweden mit seiner Reiterei ein. Noch harrte er des Fu�volks, da kam die Kunde, da� der Prinz von Homburg die Feinde schon angegriffen habe. Derfflinger sprach: �Wir m�ssen ihm bei-stehen, sonst kriegen wir keinen Mann wieder." Mit raschem Blick ersp�hte der Kurf�rst einen H�gel, den die Schweden zu besetzen vergessen hatten. Hier lie� er sein Gesch�tz auffahren, das nun Tod und Verderben in die schwedischen Scharen schleuderte. Der Kurf�rst st�rzte sich selber mitten ins Kampfget�mmel. Einer f�hrerlosen Schwadron rief er zu: �Folget mir, tapfere Soldaten! Ich, euer F�rst und nun euer Hauptmann, will siegen oder ritterlich mit euch sterben!" An seiner Seite fiel sein Stall-meister Emannel Froben, wie die Sage berichtet, als ein Opfer seiner Treue. Als des Kurf�rsten wei�es Ro� die Zielscheibe f�r die feindlichen Geschosse wurde, da soll Froben seinen Herrn bewogen haben, den Schimmel gegen seinen Braunen zu vertauschen. Kaum sei dies geschehen, da habe eine Kugel den treuen Manu zum Tode getroffen. Nach dem w�tendsten Kampfe fl�chteten endlich die Schweden gegen Fehrbellin. Man riet, die Stadt zu beschie�en, aber der Kurf�rst sprach: �Ich bin nicht gekommen, mein Land zu verbrennen, fondern zu retten." Der herrliche Sieg �ber die gef�rchteten Schweden erf�llte alle Welt mit Bewunderung. Friedrich Wilhelm s�uberte nun Pommern von den Schweden und nahm ihnen
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sogar Stettin und Stralsund weg. Als sie hierauf im strengsten Winter in Preu�en einfielen, f�hrte er sein Heer auf Schlitten �ber das Haff und jagte sie nach Livland zur�ck. Aber was die Tapferkeit getoonneit, das entri� ihm der Neid. Von dem Kaiser und seinen �brigen Bundesgenossen im Stich gelassen, mu�te er im Frieden zu St. Germain seine meisten Eroberungen in Pommern wieder herausgeben (1679). Als er nach 1679 langem Widerstreben endlich die Feder zur Unterschrift ansetzte, da w�nschte er seufzend, nie schreiben gelernt zu haben.
6. Der weise Landesvater. Der Gro�e Kurf�rst zeigte seine Gr��e nicht blo� in Taten des Kriegs und in der �u�eren Staatskunst, sondern auch in Werken des Friedens und in der inneren Verwaltung.
Sein Wille leitete den ganzen Staat, nachdem er durch Klug-heit und kr�ftiges, meist gewaltsames Eingreifen die Vorrechte der St�nde gebrochen und sich zum wirklichen Herrscher gemacht hatte. Diese nnbe-schr�nkte, aber weise wirkende F�rstenmacht gereichte dem Ganzen zum Heile, denn sie schuf die Einheitlichkeit des preu�isch-brandenburgischen Staates. Des Kurf�rsten Gebote und Anordnungen f�hrten seine Be-amten gleichm��ig durch, ob sie als Brandenburger in Kleve oder als Preu�en in Brandenburg arbeiteten und wirkten. Unter seiner unmittel-baren Leitung und Entscheidung arbeitete der Geheime Rat, die oberste Verwaltungsbeh�rde des ganzen Landes. Die Einnahmen des Staates steigerten sich. Die verschleuderten oder verpf�ndeten Dom�nen wnr-den zur�ckgefordert oder eingel�st und brachten bald durch g�nstige Ver-Pachtungen oder bessere Bewirtschaftung das Dreifache ihres fr�heren Er-tr�ges. Von ihnen wurden der Hof und die Beamten unterhalten. Zur Unterhaltung seines Heeres und zum Zweck einer gerechteren Stenerver-teilnng f�hrte der Kurf�rst (1667) statt des alten Pfundschosses, einer Haus- und Verm�genssteuer, die Akzise ein, d. h. eine geringe Abgabe auf m�glichst viele Gegenst�nde des t�glichen Gebrauchs. Die Ritterschaft (der Adel) auf dem Lande hatte von dieser Steuer nichts wissen wollen,
darum konnte sie nur in den St�dten eingef�hrt werden. Von dieser Steuer wurden auch die vornehmen B�rger getroffen, die bisher alle (direkte) Steuerlast auf die �rmeren abgew�lzt hatten. Der Adel suchte sich nach wie vor steuerfrei zu erhalten. Die Bauern und des Adels Hintersassen zahlten daf�r aber die alte Grundsteuer des platten Landes weiter, die ebenfalls f�r die Heeresausgaben verwendet wurde. Die Akzise galt bald den �rmeren als eine �Eingebung Gottes"; dem Kurf�rsten brachte sie weit erheblichere Einnahmen als die fr�here Steuer und machte ihn von der Steuerbewilligung der St�nde unabh�ngiger.
Das Heer galt ihm als St�tze seiner Macht und seiner Bestrebungen. Es wurde meist im Jnlande geworben und zeichnete sich durch �u�ere und innere T�chtigkeit vor allen anderen Heeren aus. W�hrend des schwedischen Krieges machte der Gro�e Kurf�rst durch den Holl�nder Raule den Versuch, eine Flotte zu schaffen, und schickte Schiffe nach der Westk�ste von Guinea, um �berseeischen Handel zu treiben.
Dort legte er das Fort Gro�friedrichsburg an. Friedrich Wilhelm I.
hat es sp�ter (1718) an die eifers�chtigen Holl�nder verkauft.
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Dem Land- und Gartenbau suchte er in allen St�cken auf-zuhelfeu. Entlassene Soldaten mu�ten sich auf w�sten Stellen anbauen. Sie erhielten freies Bauholz und allerlei Verg�nstigungen. Kein Bauer durfte damals heiraten, bevor er nicht sechs Obstb�ume veredelt und ebenso-viele Eichb�ume gepflanzt hatte. Durch Pf�lzer f�hrte er den Tabaks-bau ein.
Das Handwerk hob er durch Herbeiziehung geschickter Aus-l�uder. Zur Hebung des Gewerbeflei�es trugen nicht wenig die fran-z�sischen Protestanten bei, die er nach ihrer Flucht aus Frankreich auf-1685 genommen hatte (1685). Er suchte die harten Zunftgesetze der Handwerker zu mildern, indem er befahl, weniger auf die Abstammung als auf die T�chtigkeit bei der Aufnahme in die Z�nfte zu achten. Glash�tten, Eisen-H�mmer, eine Gewehrfabrik, eine Zuckerfiederei und noch mancherlei andere Fabriken wurden angelegt, Wege, Br�cken und D�mme zur Belebung des Verkehrs und Handels gebaut. So entstand 1662 �1668 der Friedrich-Wilhelms-Kanal zwischen Oder und Spree. Durch das Verbot, ausl�ndische Waren einzuf�hren, gedachte er die einheimische Industrie zu heben. Auch eine eigene Post f�hrte er ein zum gro�en �rger des Grafen Thuru und Taxis, der das ganze Postwesen des Reiches in H�nden hatte.
Lebhaftes Interesse wandte er den Wissenschaften und der Kunst zu. Die bestehenden Universit�ten zu K�nigsberg und Frankfurt an der Oder f�rderte er wesentlich und errichtete eine neue zu Duisburg. Die K�nigliche Bibliothek und eine Kunstkammer zu Berlin wurden von ihm begr�ndet. Unter ihm erschien die erste gedruckte Zeitung in Brandenburg, �Avisen" betitelt. Auch um das tief danieder-liegende Volksschulwesen bek�mmerte er sich. Berlin wurde von ihm durch neue Anlagen (Dorotheenstadt, Tiergarten) vergr��ert und durch An-Pflanzungen und Reinigungsma�regeln versch�nert.
7. Seine treuen Helfer in Krieg und Frieden. In der Verwaltung des Landes waren seine Helfer anfangs Graf Wal deck und sp�ter der Minister (Oberpr�sident des geheimen Rats) Otto von Schwerin, in mili-t�rischen Dingen der Feldmar-schall Derfflinger und der General von Sparr, der Gr�nder des brandenburgischen Gesch�tzwesens. Derfflinger war der Sohn eines armen Bauern. F�lschlich wird von ihm er-' z�hlt: Er war in seiner Jugend Schneider. Als Geselle kam er einst auf der Wanderung nach Tangerm�nde. Dort wollte ihn der F�hrmann nicht �ber die \95. Derfflinger. Elbe fetzen, weil er kein Geld
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hatte; ein Trupp Kriegsleute dagegen durfte frei passieren. Da warf Derfflinger sein B�ndel in die Elbe und lie� sich als Dragoner anwerben. � Erst in b�hmischen, dann in schwedischen und zuletzt in brandenbnrgi-schen Diensten zeichnete er sich durch schneidige Tapferkeit und milit�rische Einsicht aus, erregte aber auch nicht selten durch seine St�rrigkeit Verdru�. Er hatte seine Studien auf den Schlachtfeldern und nicht hinter den B�-chern gemacht. So hielt er einst auf einem Berichte das Wort raptim, d. h. in Eile, f�r einen Ortsnamen und rief nach langem Suchen auf der Karte �rgerlich aus: �Ich habe den Rittmeister nach Neudorf geschickt, und der Teufel hat ihn nach Raptim gef�hrt." �� An der kurf�rstlichen Tafel fragte einst der franz�sische Gesandte, ob es wahr sei, da� der Kurf�rst einen General habe, der Schneider gewesen sei. Da sprang Derfflinger heftig auf und donnerte: �Hier ist der Mann, von dem das gesagt wird, und hier ist die Elle (wobei er auf den Degen schlug), mit dem er Hundsf�tter in die L�nge und Breite mi�t."
8. Der fromme und friedliebende Christ. Der Lebensnerv des Kurf�rsten, von dem auch seine Regentent�tigkeit beeinflu�t wurde, war ein lebendiges Gottvertrauen; darum lag ihm die religi�se Bildung des Volkes besonders am Herzen. Durch sein Beispiel und durch Vorschriften suchte er in Volk und Heer kirchlichen Sinn und christliche Zucht zu f�rdern. Als er die polnische K�nigskrone durch einen Glaubenswechsel erkaufen sollte, da sagte er: �Meine Religion, darin ich meiner Seligkeit versichert bin, um einer Krone willen zu verlassen, werde ich in Ewigkeit nicht tun." Die aus Frankreich nach der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) gefl�chteten Hugenotten fanden in Brandenburg eine Heimat und bildeten die bl�henden franz�sischen Kolonien. Ein Herzenswunsch war ihm die Vereinigung der reformierten und lutherischen Glaubensgenossen, die sich leider von den Kanzeln und im t�glichen Leben ebenso arg anfeindeten wie Protestanten und Katholiken. Diese gegenseitigen Verketzeruugen und Beschimpfungen verbot er, und als trotzdem weiter gehetzt und geschm�ht wurde, erlie� er eine strengere Verordnung dagegen und verlangte von den Geistlichen, da� sie sich durch Unterschrift einer Urkunde (Revers) verpflichteten, jener Verordnung nachzuleben. Die Geistlichen, welche die Unterschrift verweigerten, wurden ihres Amtes entsetzt und des Landes verwiesen. Zu ihnen ge-h�rte auch Paul Gerhardt, der gr��te Lieder-dichter der evangelischen Kirche nach Luther. Er war ein frommer und friedlicher Mann, geliebt von jedermann, wohlgelitten von dem Kurf�rsten und seiner Gemahlin. Er verweigerte die Unter-schrist, weil er glaubte, da� dadurch sein Gewissen beschwert w�rde. Mancherlei Versuche wurden gemacht, auch seitens des Kurf�rsten, ihn im Amte zu erhalten, aber sie scheiterten an seiner zarten Gewissenhaftigkeit. Er griff endlich zum Wanderstabe und fand eine neue Heimat in ^96. Paul Gerhardt. L�bben, wo er als Pfarrer starb (1676)
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9. Der pflichttreue Arbeiter bis zum Ende. Eine schmerzliche L�cke in des Kurf�rsten Herz, Haus und Leben ri� der Tod der edlen Luise Henriette. Seine zweite Gattin Dorothea konnte die L�cke nicht ausf�llen. H�usliche K�mmernisse, besonders der Zwist zwischen seiner Gattin und dem Kurprinzen, und leibliche Schmerzen verbitterten des Kurf�rsten letzte Lebensjahre. Aber nichts konnte seine Pflichttreue er-sch�ttern und seine F�rsorge f�r sein Land und Volk l�hmen. Sogar unter den Qualen der Gicht vollzog er seine Regierungsgesch�fte. Nicht wie andere F�rsten seiner Zeit verbrachte er seine Tage mit Zerstreuungen und Vergn�gungen, sondern in unerm�dlicher T�tigkeit. Schon sein �u�eres wie sein ganzer Charakter verriet den Herrscher. Er war von stattlicher Gestalt, sein Gesicht voll und scharf ausgepr�gt, sein Gem�t heiter und frisch, sein Geist klar, selbst unter den Schmerzen der Krankheit, seine T�tigkeit unerm�dlich, sein Wesen schlicht und einfach. Er veredelte selbst B�ume im Garten, kaufte sich auf dem Markte ein paar Nachtigallen, fischte Karpfen aus dem Teiche und las die Trauben von den Weinreben. �Es leuchtete aus seinem Antlitz", so schreibt ein gleichzeitiger Schriftsteller, �gleich beim ersten Anblick ein gewisses Etwas, das sofort den Helden er-kennen lie�, eine Majest�t, die Ehrfurcht erweckte, aber durch den Aus-druck der G�te so gemildert wurde, da� man ihn in demselben Grade liebgewann." In seinem Testamente ermahnte er seinen Nachfolger, Gott zu f�rchten, flei�ig zu beten, immer der k�nftigen Rechenschaft zu gedenken, durch ein sparsames, m��iges und n�chternes Leben den Untertanen ein gutes Beispiel zu geben, alle Untertanen als Landesvater zu lieben, das Recht ohne Ansehen der Person zu �ben und B�ndnisse zwar zu suchen, am meisten aber den eigenen Kr�ften zu vertrauen. Nach einem r�hrenden Abschiede von den Seinen verschied er sanft mit den Worten: �Ich wei�, da� mein Erl�ser lebt". Er ist der eigentliche Gr�nder des preu�ischen Staates, der grundlegende Baumeister, dessen Werk sp�ter Friedrich II. und Wilhelm I. fortgef�hrt und vollendet haben. Friedrich der Gro�e fagte an seinem Sarge: �Der hat viel getan!"
Fragen: Wie find des Gro�en Kurf�rsten Jugendeindr�cke wichtig f�r seine Regierung geworden? � Warum war seine bewaffnete Neutralit�t im Drei�ig-j�hrigen Kriege so wichtig? � Wodurch hat er eine staatliche Einheit her-gestellt? � Wie hat er die Erwerbst�tigkeit gehoben? � Weshalb ist der Friede zu Oliva so au�erordentlich wichtig? -- Wie hat er seine deutsche und christliche Gesinnung gezeigt? � Wie zeigte sich Luise Henriette als wahre Landesmutter? � Wie erinnern Friedrich-Wilhelms-Kanal, die Linden in Berlin, die Zeitungen, unsere Kolonien, die Post, die franz�sischen Namen in Berlin, Oranienburg, �Jesus meine Zuversicht �" und Oliva an den Gro�en Kurf�rsten? � ,.Feldmarschall Derfflinger" von Leh-mann. � �groben" von Minding. � �Der Gro�e Kurf�rst" von Wagner. � �Der Gro�e Kurf�rst zur See" von Gruppe.
71. Ludwig XIV. von Frankreich (1643�1715).
1. Die franz�sischen Minister Richelieu und Mazarin befestigen die K�nigsgewalt. Auf Heinrich IV. war sein Sohn Ludwig XIII. (1610�1643) gefolgt. Anfangs f�hrte �ber den jungen K�nig seine Mutter Maria von Medici die Vormundschaft; seit 1624 regierte der
19?� Denkmal des Gro�en Aurf�rsten in Berlin von Schl�ter.
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Minister Kardinal Richelieu mit unumschr�nkter Gewalt. Schlau und r�cksichtslos f�hrte dieser gro�e Staatsmann seine Pl�ne durch. Er der-nichtete die Macht der Gro�en, die sich fast ganz unabh�ngig von dem K�nige gemacht hatten, brach die der Parlamente*), beseitigte die politische Selbst�ndigkeit der Hugenotten, indem er ihnen ihre letzte Festung nahm, und st�rkte durch alle diese Ma�nahmen die K�nigsgewalt in hohem Grade. Auch nach au�en war er gl�cklich. Es gelang ihm, die Macht des Hauses Habsburg zu schw�chen und durch seine Beteiligung am Drei�igj�hrigen Kriege die sp�teren Erfolge vorzubereiten. Als Ludwig XIV. im Alter 1643 von f�nf Jahren (1643) K�nig wurde, nahm Frankreich bereits eine hervorragende Stellung in Europa ein. W�hrend seiner Minderj�hrigkeit leitete der italienische Kardinal Mazarin ganz im Geiste seines Vor-g�ngers Richelieu die Staatsgesch�fte. Der Aufruhr des Adels und der Pariser, die sogenannte Fronde, gegen Mazarins gewaltt�tige Regierung endete nach mehrj�hrigem Kampfe zugunsten des Hofes. Durch den West-s�lischen Frieden (1648) gewann Frankreich das Elsa�, durch den Pyren�ischen Frieden (1659) nach einem jahrelangen Kriege mit Spanien mehrere Gebiete und Pl�tze in den spanischen Niederlanden.
2. Ludwigs Selbstherrschaft und seine L�ndergier in den Raub-kriegen. In der Schule Mazarius war Ludwig XIV. gro� geworden, 1661 und als jener starb (1661), trat der K�nig selbst�ndig an die Spitze der Staatsverwaltung. Alle Gegenbestrebungen des Parlaments und seiner R�te wu�te er abzuweisen. Sein Ziel war im Innern die nn-umschr�nkte Selbstherrschaft nach dem Wahlspruche: �Der Staat bin ich." W�hrend er diesem Ziele in seiner inneren Politik entschlossen zustrebte, gedachte er Frankreichs Macht nach au�en noch zu erweitern und ihm die �bermacht unter den europ�ischen Staaten zu erk�mpfen. Nur zu leicht wurde ihm die Erreichung seiner Absichten durch den Verfall der spanischen Herrschaft und die Schw�che und Uneinigkeit des Deutschen Reiches ge-macht. Ludwig hatte sich mit der Tochter Philipps IV. von Spanien, Maria Theresia, verm�hlt, dabei aber allen Erbanspr�chen entsagt. Als Philipp starb und dessen Sohn Karl II. K�nig von Spanien wurde,
1667 erhob er dennoch Anspr�che auf die spanischen Niederlande und lie� (1667) seine Truppen einr�cken. Allein England, Holland und Schweden schl�ssen einen Bund, die Tripelallianz, und n�tigten Ludwig, sich im Frieden
1668 zu Aachen (1668) mit zw�lf eroberten Grenzpl�tzen zu begn�gen. � 1672 Dem ersten Raubkriege folgte nach vier Jahren der zweite (1672�1678),
der aus Rache gegen Holland gerichtet war. Die Holl�nder wehrten sich tapfer, durchstachen die D�mme und setzten das Land unter Wasser,
*) Das Parlament war der oberste Gerichtshof in Paris. Es hatte die Verordnungen und Steuererl�sfe in das Gesetzesregister einzutragen, damit sie dadurch Gesetzeskraft erhielten und von den Beamten ausgef�hrt w�rden. Ver-weigerte das Parlament die Eintragung � in Gegenwart des K�nigs durfte dies nie geschehen �, so blieben die k�niglichen Verordnungen ohne Kraft. Die Parlamentsr�te waren somit die wichtigsten Beamten und hatten die �brige Beamtenwelt hinter sich. Ihre Gegnerschaft schw�chte des K�nigs Macht und Willen.
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um das weitere Vordringen der Franzosen zu verhindern. Der Gro�e Kurf�rst und das Deutsche Reich nahmen f�r Holland Partei. Nachdem der Krieg mehrere Jahre in den Niederlanden und am Rhein getobt hatte, kam der Friede zu Nymwegen (1678) zustande. Ludwig gab den Hol- 1678 l�ndern alles eroberte Land zur�ck, aber Spanien mu�te wieder herhalten.
Au�er der Franche-Comte zog Ludwig auch noch 14 niederl�ndische Pl�tze ein. Das Deutsche Reich mu�te Freiburg im Breisgau abtreten. Seine R�ubereien setzte Lndwig auch im Frieden fort, und zwar auf Kosten Deutsch-lands. In vier St�dten setzte er die sogenannten Rennionskammern ein,
eine Art von Gerichtsh�fen,
lie� von diesen feststellen,
welche Gebiete nach fr�he-reu Friedensschl�ssen je-in als zu den abgetretenen L�ndern geh�rt hatten, und besetzte sie alsdann. So wurden im ganzen weit �ber f�nfhundert St�dte,
D�rfer, Flecken und Wei-ler Frankreich zugeschlagen.
Der Deutsche Kaiser Leo-pold I. sah diesem Treiben zu, ohne ihm zu wehren.
Freilich war er selbst im Osten seines Erbreichs durch den Aufstand in Ungarn hart bedr�ngt. Auch als Ludwig (1681) die 1681 alte Reichsstadt Stra�burg durch den Verrat des Bischofs Egon von F�rstenberg raubte, war die einzige Kundgebung Deutschlands nur ein ohnm�chtiger Widerspruch. Von aller Hilfe verlassen, mu�te die freie Stadt dem franz�sischen Machthaber den Huldigungseid leisten. Vergessen waren die Worte Karls V: �Wenn die Franzosen vor Stra�burg und die T�rken vor Wien st�nden, so w�rde ich Wien fahren lassen und Stra�-b�rg retten."
Sieben Jahre hatte Europa Ruhe vor der nimmersatten L�ndergier Ludwigs. Da bot sich ihm wieder die Gelegenheit, �Erbanspr�che" zn erheben. Der Kurf�rst von der Pfalz war ohne S�hne gestorben. Seine Schwester Elisabeth Charlotte, gew�hnlich �Liselotte" genannt, war mit dem Bruder des K�nigs, dem Herzog von Orleans, verheiratet. Ludwig beanspruchte nun im Namen seiner Schw�gerin, aber gegen ihren Willen � sie war stets eine echtdeutsche Frau geblieben � einen Teil der Erbschaft. Diese und noch einige andere Anspr�che suchte er durch einen dritten Raubkrieg (1688�1697) durchzusetzen. Frankreich hatte das 1688 Deutsche Reich, den Kaiser, Holland, England, Spanien und Savoyen
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Hugg. A. 21
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gegen sich. Auf des franz�sischen Kriegsministers Lonvois Rat mu�te der franz�sische General Melac mit seinen Scharen in die Pfalz einfallen und � unerh�rt war der Frevel � das bl�hende Land planm��ig ver-w�sten, um dem Gegner den Krieg am Rheine unm�glich zu machen. Heidelberg, Mannheim, Worms und Speier sanken in Asche. In Speier
w�hlten die Franzosen in den Gr�bern der fr�nkischen Kaiser und zerstreuten deren Ge-bebte. Die Bewohner der Pfalz und meh-rerer rheinischen St�dte flohen, hungernd und entbl��t, im Winter aus ihren nieder-gebrannten Heimst�tten. Nun regten sich endlich die verb�ndeten M�chte; aber die franz�sischen Generale siegten �berall, der Marschall von Luxemburg in den Nieder-landen, Catinat in Italien und Vend�me in Spanien. Nur die englisch - holl�ndische $9. Kaiser Leopold I. Flotte vernichtete die franz�sische bei Kap la Hogne, Ohne Geld in den Kassen, sah 1697 sich Ludwig schlie�lich gezwungen, den Frieden zu Ryswick (1697) zu schlie�en. Er behielt das ganze Elsa� mit Stra�burg, gab aber die anderen Eroberungen an Deutschland heraus.
3. Frankreichs gl�nzendes Staats-, Hof- und Kunstleben. Mit dem Wachstum der �u�eren Macht Frankreichs verband sich ein seltener Glanz im Innern. Ludwig fand sich in seiner Staatsverwaltung von einer Reihe gro�er Talente unterst�tzt, welche die Pl�ne des K�nigs ausf�hrten und die Ausf�hrung ihrer eigenen bei dem gl�nz- und r�hm-liebenden Monarchen anregten. Sein Finanzminister Colbert suchte Handel und Gewerbe (Wollen- und Seidenweberei, Tuchfabrikation) zu heben, legte Kan�le (Kanal du midi) und Stra�en an, erschlo� neue Einnahmequellen und lieferte durch Sparsamkeit und Umsicht die Mittel zu dem �ppigen Hofleben des K�nigs und zu seinen kostspieligen Kriegen. Der Kriegsminister Lonvois schuf ein t�chtiges Heerwesen und verstand es, verm�ge seiner Klugheit gro�en Einflu� auf des K�nigs Entscheidungen in allen Angelegenheiten auszu�ben. Der geschickte Vauban erbaute nach einem neuen Systeme eine gro�e Zahl Festungen, und die Marsch�lle Turenne, Conds, Catinat und Villars flochten durch ihre Siege Lor-beeren um des K�nigs Krone. Die Industrie Frankreichs begann da-mals, ihre ber�hmten Luxusartikel zu erzeugen; seine Baumeister bauten f�r den prachtliebenden K�nig gl�nzende Schl�sser. In diesen Pal�sten, besonders in Versailles, entfaltete das Hofleben Ludwigs einen Luxus und eine �ppigkeit, die ganz Europa in Staunen versetzten, aber den hohlen Kern nicht ganz verbergen konnten. Der Hof trug �u�erlich einen f�rmlichen Anstand, Liebe zu Kunst und Wissenschaft und eine kirchliche Fr�mmigkeit zur Schau, aber innerlich war er durch Sitteulosigkeit zerfressen. Das Beispiel des Hofes vergiftete nach und nach das ganze Land. Ja, auch das Hofleben der deutschen F�rsten wurde eine sklavische Nachahmung der franz�sischen Hofwirtschaft und der franz�sischen Moden:
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�berall verschwenderischer Prunk, kostspielige Liebhabereien, rauschende Feste, erlogene Fr�mmigkeit und �bert�nchte Sittenlosigkeit! Die kluge Frau vou Maintenon beeinflu�te den K�nig und wurde sp�ter sogar seine zweite Gemahlin.
Ludwig XIV. gab damals in jeder Be-ziehnug den Ton in Europa an, darum nennt man diese Zeit �das Zeitalter Ludwigs des Vierzehnten" Unter ihm, der aller-dings mehr prahlerisch seinen Sinn f�r Kunst und Wissenschaft an den Tag legte, erreichte die franz�sische Literatur ihre h�chste Bl�te.
In Corneille (f 1684; �Cid". �Cinna",
die �Horazier") und Racine 1699: �Atha-lie", �Esther", �Ph�dra", �Iphigenie") erstan-den Frankreichs gr��te Trag�diendichter, in Molisre (f 1673; �Tart�ffe", �der Geizige", �der Menschenfeind") sein bedeutendster 200. Prinz Lugen. Kom�diendichter. Lafontaine schrieb da-
mals seine Fabeln, Boilean seine Satiren und der Erbischos Fenelon die Abenteuer des Telemach.
Bei so viel Licht gab es aber auch viel Schatten. Eine der dunkelsten Stellen in der inneren Politik ist das grausame Verfahren gegen die Hugenotten. Ludwig hob 1685 das Edikt von Nantes auf und ver- 1685 suchte, die protestantischen Hugenotten durch seine sogenannten Dragonaden, Zwangsbekehrungen durch die S�bel der Dragoner, gewaltsam in den Scho� der katholischen Kirche zur�ckzuf�hren. Tausende der betriebsamsten Franzosen suchten sich durch die Flucht ins Ausland vor diesen Verfolgungen zu retten.
4. Ludwigs Gl�ck im spanischen Erbfolgekriege (1701�1714).
Drei Jahre nach dem Ryswicker Frieden traten, Spaniens wegen, die alten Feinde noch einmal einander mit den Waffen gegen�ber. Hier war Karl II., der letzte Habsburger der spanischen Linie, 1700 gestorben, nachdem er zuletzt auf eifriges Betreiben Ludwigs XIV. desfen Enkel Philipp von Anjon zum Erben eingesetzt hatte. Als Ludwig XIV. die Erbschaftsurkunde erhielt, soll er ge�u�ert haben, da� es f�r Frankreich nun kerne Pyren�en mehr gebe. Anders dachte der Kaiser Leopold, der gleichfalls ein Schwager Karls II. war und f�r seinen zweiten Sohn Karl auf jene Erbschaft gerechnet hatte. Der Kaiser hatte das Deutsche Reich,
auch Preu�en, England und Holland auf seiner Seite, Frankreich den Kurf�rsten von Bayern. In Spanien, in Italien, in Deutschland und m den spanischen Niederlanden wurde gestritten. In diesen K�mpfen zeichnete sich besonders der �sterreichische Feldherr Prinz Engen von Sa-voyen aus. Seinen unscheinbaren K�rper bewohnte eine Feuerseele; er war zugleich ein bedeutender Feldherr und Staatsmann. Ein Verwandter Mazarms, war er urspr�nglich f�r den geistlichen Stand bestimmt, aber seine Neigung f�r den kriegerischen Berns trieb ihn, im franz�sischen Heere um eine Stelle nachzusuchen. Der Kriegsminister Lonvois wies ihn ab.
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Nun wandte er sich nach Wien und tat sich gl�nzend bei der Belagerung von Wien (1683) und in den T�rkenkriegen hervor. �Der kleine Kapu-ziuer mit dem grauen Mantel" ward der erste Feldherr seiner Zeit. In Gemeinschaft mit dem englischen Feldherrn Marlborongh schlug er die 1704 Franzosen bei H�chstedt (1704), siegte allein bei Turin und wieder mit 1709 Marlborough zusammen bei Malplaqnet (1709). Ludwig sah sich aller-wegen geschlagen und gedem�tigt. Diesmal schien sein Gl�cksstern unter-zugehen. Da �nderte sich pl�tzlich seine bedr�ngte Lage durch den Tod 1711 des Kaisers Joseph (1711), der 1705 seinem Vater Leopold gefolgt war. England und Holland f�rchteten, da� Karl, der nun Kaiser wurde, zu m�chtig w�rde, wenn er alle spanischen L�nder erhielte; darum schl�ssen 1731 sie mit Ludwig den Frieden zu Utrecht (1713), der Ludwigs Enkel Philipp den Besitz Spaniens sicherte und England Gibraltar ein-brachte. Der Kaiser setzte den Krieg ohne Erfolg noch ein Jahr fort, bis auch er zu Rastatt und dann das Deutsche Reich zu Baden mit dem franz�sischen K�nige sich einte. �sterreich erhielt die spanischen Niederlande, Mailand, Neapel und Sardinien; das Deutsche Reich ging leer aus.
5. Ludwigs freud- und glanzloses Ende. Ludwig �berlebte das Ende des spanischen Krieges nur ein Jahr. Ein Menschenalter hindurch hatte er Europa beherrscht. Zuletzt freilich war ihm durch den spanischen Erbfolgekrieg die leitende Stelle in Europa genommen worden. Auch der innere Glanz war nach und nach verblichen. Die Schuldenlast war zu einer schwindelnden H�he gestiegen, die Kraft des Staates durch die �ber-gro�en Stenern nahezu aufgezehrt. Gebeugt und verlassen starb der Selbstherrscher. Mit Gleichg�ltigkeit, ja mit Frohlocken vernahmen die Franzosen den Tod ihres Ludwig. Der P�bel der Hauptstadt begleitete seinen Leichenzug mit lauten Verw�nschungen. � Ihm folgte sein f�nf-1715 j�hriger Urenkel Ludwig XV. (1715�1774).
Fragen: Welches war das Ziel der franz�sischen Staatsm�nner im 17. Jahrhundert? � Welche Berechtigung hatte Richelieus Vorgehen gegen die Hugenotten? � Welche Umst�nde in Frankreich und Europa erleichterten Lud-wig XIY. seine gro�en Erfolge? � Waren die Anspr�che Ludwigs im spanischen Erbfolgekriege begr�ndet? � Weshalb kam das Deutsche Reich stets zu kurz, auch in den Friedensschl�ssen? Welches war das endliche Ergebnis des Glanzes von Ludwigs XIY. Regierung? � �Bei H�chstedt" von Geibel.
72. Die T�rken vor Wien (1683)>
1. Die T�rken werden von den Ungarn herbeigerufen. Unter Ferdinand III. hatte seit dem Westf�lischen Frieden die kaiserliche Macht 1658 gro�e Einbu�e erlitten. Sein Sohn Leopold I. (1658�1705) war ebenfalls wenig tatkr�ftig und bek�mmerte sich nicht viel um das Reich. W�hrend seiner langen Regierung hatte er die schweren Kriege mit Frankreich zu f�hren. Aber auch die alten Feinde im Osten, die T�rken, machten ihm viel zu schaffen. Diese hatten seit langer Zeit Nieder-Ungarn in ihrem Besitz und waren nur durch eine gro�e Niederlage an der Raab im Jahre 1661 von weiterem Vordringen abgehalten worden. Damals versuchte der Kaiser, den protestantischen Ungarn die alte freie Verfassung
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zu nehmen, und bedr�ckte sie in harter Weise. Dies rief einen Aufstand hervor, dessen F�hrer der k�hne Gras Emmerich T�k�ly war. T�k�ly wandte sich an den t�rkischen Sultan um Beistand. Der verstand sich auch dazu, nachdem ihn Frankreichs Gesandter gegen �sterreich aufgestachelt hatte. Ein gewaltiges T�rkenheer von mehr als 200 000 Mann unter dem Vezier Karamustapha drang, im Fr�hling des Jahres 1683 durch 1683 Ungarn gegen Wien vor. Der Kaiser fl�chtete �ber Hals und Kopf und lie� seine Hauptstadt in der gr��ten Verwirrung zur�ck. Zum Gl�ck z�-gerteu die T�rken mit dem Angriff. Daher konnte der Herzog von Loth-ringen noch 12 000 Mann Besatzungstruppen in die Stadt werfen und ihr tapferer und unerm�dlicher Befehlshaber, der Graf R�diger von Star-Hemberg, die verfallenen Festungswerke wieder in Verteidigungszustand setzen.
2. Wien wird heldenm�tig verteidigt. Im Juli erschienen die T�rken vor Wien. Eine denkw�rdige Belagerung hob an. Soldaten, Studenten und B�rger wetteiferten im Dienste f�r die bedrohte Haupt-stadt und das Vaterland. Hatten die T�rken mit gro�en Opfern einen festen Punkt gewonnen, so fanden sie sicherlich dahinter eine neue Schutzwehr errichtet. Hatten sie im Sturme den Wall erstiegen, so wnr-den sie mit Todesverachtung von den Verteidigern empfangen und in die Gr�ben hinabgest�rzt. Legten sie Minen im Innern der Erde an, um die Festungswerke in die Luft zu sprengen, so begegneten sie gewi� einer Gegenmine, die ihre Arbeit vernichtete. Nicht selten entspann sich im dunklen Scho� der Erde ein hei�er Kampf. Jeden Fu� breit mu�ten die T�rken mit Str�men Blutes und Hunderten von Leichen erkaufen.
Doch zuletzt h�tte selbst ein solcher Heldenmut der zehnfachen �bermacht erliegen m�ssen. Da erschienen am 11. September nach langem Harren und Hoffen pl�tzlich auf der H�he des Kahlenberg es flammende Feuerzeichen und verk�ndeten die N�he der Retter. Unter den Kurf�rsten von Bayern und Sachsen und dem ritterlichen Polenk�nige Johann Sobieski r�ckte das Entsatzheer heran.
3. Wien wird entsetzt und das T�rkenheer vernichtet. Ein hei�er Kampf entspann sich am folgenden Morgen und tobte den ganzen Tag. Deutsche und Polen �berboten sich in Taten der Tapferkeit. Endlich war kein Halten mehr bei den t�rkischen Horden; im Schutze der sinkenden Nacht suchten sie Rettung in eiliger Flucht. Unerme�liche Beute und Tausende von Christensklaven fielen den Siegern in die H�nde. Sie wurden in Wien mit unbeschreiblichem Jubel und den h�chsten Ehren empfangen, besonders Johann Sobieski, der Held des Tages. Das Volk k��te ihm F��e und Steigb�gel, und in den Kirchen wurde bei einem feierlichen Dankgottesdienste als Text das Bibelwort gew�hlt- �Es war ein Mann, von Gott gesandt, der hie� Johannes." Ganz Europa freute sich �ber den Sieg, nur der franz�sische K�nig nicht, dessen Pl�ne gescheitert waren. Kaiser Leopold aber hatte in der Zeit peinliche Be-denken dar�ber, wie er dem Wahlk�nige seine Dankbarkeit bezeugen k�nne, ohne seiner W�rde etwas zu vergeben. In den nun folgenden T�rkenkriegen erfocht Prinz Engen, �der edle Ritter", den herrlichen
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1697 Sieg bei Qtnta an der Thei� (1697), eroberte Belgrad und entri� un Frieden von Karlowitz (1699) den T�rken Ungarn und Siebenb�rgen.
es' da� Leopold den Ungarn ihre Freiheit nehmen wollte. - Welches sind d:e gro�en Verdienste des Prinzen Engen? � Seit toatttt sprach man von einer T�rkenfurcht in Deutschland? � �Die Befreiung ^ens ,-Die Sieger" von Vogl. �Prinz Eugen vor Belgrad." �Prinz Eugen der edle Ritter von Freiligrath. �Zriny", Drama von Theodor K�rner.
73. Oer erste K�nig von Preu�en, Friedrichl. (1688�1713).
1. Er sicherte die Einheit des Staates. Friedrich, als Kur-f�rst der dritte seines Namens, folgte 1688 seinem gro�en Vater. Er hatte einen schw�chlichen, etwas verwachsenen K�rper. Seine m��igen Anlagen waren durch seine Mutter und den ernsten Eberhard von Dankelmann ziemlich gl�cklich entwickelt worden. Er war gutherzig und leutselig, zeigte dabei aber Hang zu Prunk und Eitelkeit und geringe Festigkeit des Charakters. Schmeichler gewannen leicht sein Ohr und G�nstlinge sein Herz. Die in dem Testamente seines Vaters angeordnete Abtretung gr��erer Gebietsteile an die j�ngeren S�hne wu�te er zu verhindern, indem er seine Stiefbr�der durch reiche Entsch�digungen an Geld und G�tern befriedigte. Den Schwiebnser Kreis, der dem Gro�en Kurf�rsten (1686) von �sterreich f�r seine Anspr�che auf Liegnitz, Brieg und Wohlan gegeben worden war, trat er an den Kaiser ab. obwohl er nur durch ein hinterlistiges Doppelspiel als Kronprinz zur Verzichtleistung verf�hrt worden war. Aber er hoffte, durch diese Nachgiebigkeit sich den Kaiser geneigt zu machen. Freilich gab er darum die Anspr�che auf Schlesien doch nicht auf.
2. Er r�umte den G�nstlingen zu viel Macht ein. Solange sich Friedrich der F�hrung seines gewissenhaften Erziehers �berlie�, ging alles gut. Allm�hlich wurden ihm aber der Ernst, die Sparsamkeit und die oft r�cksichtslosen Vorstellungen Dankelmanns l�stig. Viel besser ge-fielen ihm die Schmeicheleien des geschmeidigen Kammerherrn Kolb von Wartenberg. Dieser setzte in nichtsw�rdiger Weise den Sturz seines Wohlt�ters Dankelmann durch. Obwohl man ihm weder Unredlichkeit noch eigenm�chtiges und hochverr�terisches Handeln beweisen konnte, wurde der brave Mann doch abgesetzt und mehrere Jahre gefangen gehalten. Erst sp�ter erhielt er seine Freiheit wieder. Kolb von Wartenberg setzte sich nun fest in der Gunst des Kurf�rsten. Er wu�te ihm zu schmeicheln und stets zu Willen zu sein. Dabei f�llte er seinen S�ckel, h�ufte W�rden und Titel auf seinem Haupte und schaltete im Lande wie ein t�rkischer Pascha. Seine Helfershelfer waren von Wittgenstein und von War-tensleben. Man nannte diese drei das dreifache �W".
3. Er strebte nach der K�nigskrone. Friedrichs Lande umfa�ten 2000 Ouadratmeilen; Heer und Finanzen waren achtunggebietend; der Ruhm des Gro�en Kurf�rsten umstrahlte den brandenburgischen Namen; nur der K�nigstitel fehlte. Ihn zu erlangen, war der sehnlichste Wunsch des prunkliebenden F�rsten. Manche Umst�nde best�rkten ihn in seinem Streben: Es kr�nkte seine Eitelkeit tief, da� sein Gesandter dem der Re-
publik Venedig nachgestellt wurde, und da� er bei einer Konferenz im Haag einen Sessel ohne Lehne erhielt, w�hrend der englische K�nig auf einem solchen mit Lehne sa�. Um diese Zeit hatte Wilhelm III. von Oranien den englischen und August der Starke von Sachsen � nach seinem �bertritt zur katholischen Kirche � den polnischen Thron bestiegen.
Friedrich sparte we-der Geld noch Gna-den noch kluge �ber-rednng, um die Ein-willigung des Kai-fers f�r die Er-Hebung des Herzog-tums Preu�en zu einem K�nigreich zu erlangen. �Brau-denbnrg" zum K�-uigreiche zu erheben,
daran konnte er nicht denken; denn ein K�-nigreich�Branden-burg" w�rde die deutsche Reichsver-fassung ge�ndert ha-ben; aber in Preu-�en war Friedrich souver�ner (von der kaiserlichen Ober- 20V K�nig Friedrich I.
Herrlichkeit unab- Aus dem Hohenzollernbuch 1904.
h�ngiger) Herzog.
Der Kaiser z�gerte und schwankte lange, weil er meinte, �die K�nige von Preu�en m�chten nicht so willig zum Gehorsam sein wie die Kur-s�rsten von Brandenburg". Endlich aber unterzeichnete er den Kr�n-vertrag, durch den er seine Zustimmung gab, da� sich der Kurf�rst von Brandenburg die K�nigskrone aufsetzte (1700). Friedrich mu�te dagegen f�r den bevorstehenden spanischen Erbfolgekrieg 10 000 Mann Hilfstruppen versprechen.
4. Er lie� sich am 18. Januar 1701 in K�nigsberg kr�nen. Ju K�nigsberg, der Hauptstadt des Herzogtums, sollte die Kr�nung statt-finden. Friedrich, seine Gemahlin Sophie Charlotte und seine Br�der brachen in mehreren Abteilungen im Dezember 1700 dahin auf. So zahlreich war das Gefolge, da� 30 000 Vorspannpferde n�tig waren Drei Tage vor der Feier durchzogen vier Herolde mit Begleitung unter dem Donner der Kanonen, dem Gel�ute der Glocken und dem Jubel des Volkes die Stra�en der Stadt und verlasen auf f�nf �ffentlichen Pl�tzen
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die k�nigliche Botschaft, da� Preu�en zu einem K�nigreiche erhoben sei. Am Tage vor der Kr�nung stiftete Friedrich den Schwarzen Adler-orden. Ein silberner Stern tr�gt in der Mitte einen schwarzen Adler mit Lorbeer und Donnerkeil in den Klauen und der �berschrift: Suum cuique, d. h. Jedem das Seine. Kanonendonner und Glockengel�ute begr��ten in der Fr�he den Kr�nungstag. Friedrich warf sich in den gl�nzendsten Schmuck. Sein goldgestickter Scharlachrock hatte Diamant-kn�pfe, von denen jeder dreitausend Dukaten wert war. Den Purpur-mantel hielt eine Spange aus drei Diamanten, im Werte von einer Tonne Gold, zusammen. Ebenso kostbar war der Schmuck der K�nigin, besonders ein Strau� k�stlicher Perlen auf der Brust. Im Saale des k�niglichen Schlosses setzte sich Friedrich selbst die kostbare goldene Krone auf und kr�nte dann auch die K�nigin. Anf silbernen Thronen sitzend, emp-fingen sie die Huldigungen des Hofes und der St�nde. Dann bewegte sich der feierliche Zug nach der Schlo�kirche. Die Majest�ten gingen unter pr�chtigen Thronhimmeln, welche zehn Edelleute trugen; der Weg war mit rotem Tuche belegt, und Soldaten zu Ro� und zu Fu� bildeten Spalier. Zwei neuernannte Bisch�fe standen am Kirchenportale und riefen: �Es gehen hier ein die Gesegneten des Herrn!" Der Text der Predigt war Samuels Wort: �Wer mich ehrt, den will ich wieder ehren." Danach legte der K�nig Krone und Zepter ab und empfing knieend am Altar die Salbung an Stirn und Handgelenk, wobei der Bischof rief: �Gott salbe uusern K�nig mit seinem heiligen Geiste!" Hierauf empfing die K�nigin die Salbung, und alles Volk rief: �Amen! Amen! Gl�ck zu dem K�nige und der K�nigin!" In feierlichem Zuge ging es dann nach dem Schlosse zur�ck zum Kr�nungsmahle. Dem Volke �berlie� man das rote Tuch auf dem Wege und warf Kr�nungsm�nzen unter die Menge. Auch f�r Speise und Trank war gesorgt: ein m�chtiger Ochse, gef�llt mit Schafen, Rehen, Hasen und H�hnern, wurde auf dem Markte gebraten und unter die Hungrigen verteilt; zwei k�nstliche Adler sprudelten unabl�ssig roten und wei�en Wein f�r die Durstigen. Die Armen wurden reichlich bedacht und in Berlin wie in K�nigsberg neue Armenh�user gegr�ndet. Die Festlichkeiten dauerten ein Vierteljahr. Sie endeten mit dem glanzvollen Einz�ge des K�nigs in Berlin und einem Dankgottesdienste im ganzen Lande �ber das Wort: �Das hat Gott getan!" Die meisten Staaten erkannten Friedrich als K�nig an, nur der Papst protestierte heftig da-gegen. Friedrich III. hie� seitdem Friedrich I., K�nig in Preu�en.
5. Er f�rderte Kunst und Wissenschaft, geriet aber durch seine Verschwendung in Schulden. Friedrich gefiel sich in der Rolle eines Besch�tzers und F�rderers der K�nste und Wissenschaften. In Berlin gr�ndete er (1700) die Akademie der Wissenschaften, an deren Spitze der gelehrte Philosoph Leibniz stand. �Sie sollte eine deutsch gesinnte Genossenschaft der Wissenschaften sein und absonderlich mitsorgen, da� die deutsche Sprache in ihrer Reinigkeit erhalten, die Ehre und Zier der deutschen Nation gemehrt und die vaterl�ndische Ge-1694 schichte nicht vers�umt werde." In Halle wurde (1694) eine Universit�t gegr�ndet, au welcher der gelehrte Thomasins und der fromme August
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Hermann Francke wirkten, Thomasins hielt zuerst seine Vorlesungen in deutscher Sprache, bek�mpfte die Hexenprozesse und mancherlei Aber-glauben. Francke hat mit dem unersch�pflichen Kapitale seiner Liebe und seines Gottvertrauens das Hallesche Waisenhaus nebst dessen �brigen gro�artigen Anstalten ins Leben gerufen. �ber dem Haupteingange steht die Inschrift: �Fremdling, was du erblickst,
hat Glaub' und Liebe vollendet. Ehre den stiftenden Geist, glaube und liebe wie er!"
Francke rief auch die evangelische Mission oder Heidenbekehrung ins Leben. In Berlin schuf der unsterbliche Schl�ter das k�uig-liehe Schlo�, das Zeughaus, das Reiter-staudbild des Gro�en Kurf�rsten und viele herrliche Bauten. Auch wurde Berlin durch die Friedrichstadt vergr��ert und die Spree einged�mmt. Die Einwohnerzahl stieg von 20 000 auf 61 000. Die Handwerker hatten guten Verdienst. Allerlei Fabriken Wetteifer-ten in der Herstellung gesuchter Waren. 202. Aug. Herm. Francke. Der Handel nach fremden L�ndern hob sich
immer mehr. Die hochgebildete und geistreiche K�nigin, Sophie Char-lotte von Hannover, umgab sich in ihrem lieben Schlosse Charlottenburg, welches bei Berlin in der N�he des Dorfes Lietzen f�r sie erbaut und daher anfangs Lietzenbnrg. genannt wurde, mit einem Kreise ansgezeich-neter M�nner und Frauen, in dem sie durch Sch�nheit und Geistesreich-tum der strahlende Mittelpunkt war. Durch seinen Luxus kam der K�nig zuletzt in immer gr��ere Geldverlegenheiten und fiel Goldmachern und anderen Betr�gern in die H�nde. Um Geld aufzubringen, besteuerte man Karossen, Per�cken, H�te, Tee und andere Luxusgegenst�nde. Das Land seufzte unter der Abgabenlast, w�hrend sich fr�hliche Feste am Hofe jagten und der endlich entlassene G�nstling Wartenberg Millionen aus dem Lande mit nach Frankfurt a. M. nahm. Gegen ihn, nicht gegen den menschenfreundlichen, sehr beliebten K�nig richtete sich der Unwille der Untertanen.
6. Er starb gottergeben. Friedrichs Lebensabend wurde durch h�usliche K�mmernisse und durch eine furchtbare Pest in Preu�en getr�bt. Seine letzte Freude war die Geburt eines Enkels, der bei dem gl�nzenden Tauffeste den Namen Friedrich erhielt. Die Nachwelt hat ihn den Gro�en genannt.
Auf seinem Totenbette sprach Friedrich I.: �Die Welt ist nur ein Schauspiel, das bald vor�bergeht. Wer nichts als dieses hat, ist �bel dran." � �Gott ist gewi�lich meines Lebens Kraft gewesen von Jugend auf; ich f�rchte mich nicht vor dem Tode; denn Gott ist mein Licht und Heil." Sein Wahlspruch war: �Jedem das Seine." In einer An-Weisung f�r die Erziehung des Kronprinzen sagte er: �Gleichwie andere Menschen durch Belohnungen und Strafen der h�chsten Obrigkeit vom B�sen ab- und zum Gute� angef�hrt werden, also mu� solches alleine
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203. Das k�nigliche Schlo� in Berlin^
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die Furcht Gotttes bei gro�en F�rsten, �ber welche kein menschliches Ge-richt Strafen und Belohnungen erkennt, aufwecken." Friedrich I. hat das Verdienst, der von seinem Vater ererbten Macht den geb�hrenden Namen verschafft zu haben.
Fragen: Weshalb nannte sich Friedrich I. K�nig �in" und nicht �von" Preu�en? � Welche Aufgabe hatte die Akademie? � Welches sind die Schatten-feiten in Friedrichs Regierung? � Welche Verdienste hat er um Preu�en? � Wie erinnern die preu�ischen Farben, der Name Preu�en, K�nigsberg, Char-lottenburg, der Schwarze Adlerorden, die Universit�t Halle, die Akademie der Wissenschaften und manche Kunst- und Bauwerke in Berlin an den ersten Preu�enk�nig? � Wodurch wirkte die K�nigin Sophie Charlotte segensreich? � �Friedrich I., K�nig in Preu�en" von Gruppe.
74. Friedrich Wilhelm 1. (1713�1740).
1. Der schlichte, strenge Charakter. Sein Wesen stand in schroffem Gegensatz zu dem seines Vaters. Seinen kr�ftigen K�rper h�rtete er durch Reiten, Fechten, Schwimmen und Jagen ab. Die Jagd war sein Hauptvergn�gen. B�rgerliche Hausmannskost war ihm die liebste. Erging im schlichten Soldatenrocke nnd ruhte auf h�lzernem Schemel. Aller Prunk war ihm verha�t, und jeden l�stigen Hofzwang hob er auf. Die franz�sische Mode duldete er nicht und vergriff sich sogar t�tlich an Fraueu, die auff�llig gekleidet waren. Seine Redeweise war derb und ungesucht. �Seine Schuldigkeit tun'; �Gottesfurcht im Leibe haben", �kein dummes Gesicht machen", solche und �hnliche Schlagw�rter brauchte er oft. Wider-fpruch konnte er nicht ertragen. �R�sonier' er nicht!" damit schnitt er alle Einw�rfe ab. Unter feinem tyrannischen Wesen hatten seine Gemahlin, Sophie Dorothea von Hannover, und die Kinder viel zu leiden. Erstere kreuzte in ihrer Vorliebe f�r die englischen Verwandten seine Pl�ne, hatte allerlei Heimlichkeiten vor ihm und beklagte sich oft bei den eigenen Kindern �ber den Vater. Er war leicht in Zorn zu bringen, und dann regnete es Scheltworte, ja Stockschl�ge. Zwei Juden, die im Schlo�garten vor ihm flohen, aus Furcht vor feinem durchbohrenden Blicke, holte er ein und gab ihnen seinen Stock zu kosten mit der Weisung: �Ihr sollt mich nicht f�rchten, ihr sollt mich lieben!" Von gelehrter Bildung hielt er nicht viel, nur die Theologie galt etwas bei ihm. Die Stiftungen seines Vaters unterst�tzte er nur l�ssig; die Gelehrten verspottete er gern. Was ihm gefallen sollte, mu�te einfach und n�tzlich sein; das fa�te sein nat�rlicher Ver-stand rasch und scharf auf. Sein Wille war stark, ehern und artete oft in Eigensinn ans. Von fr�h bis sp�t war er unerm�dlich t�tig Um alles bek�mmerte er sich selbst; auf alles hatte er acht; die Beamten zitterten vor ihm. Den Torfchreiber von Potsdam, der die Bauern stundenlang am Tore warten lie�, pr�gelteer eigenh�ndig mit dem Stocke und dem Gru�e: �Guten Mor-gen, Herr Torfchreiber!" aus dem Bette. Seine Erholung suchte er im Tabakskollegium. Das war eine Abendgesellschaft, in der sich die Vertrauten des K�nigs bei Tabak und Bier zusammenfanden. Auf einem Tische lagen holl�ndische Tonpfeifen; in geflochtenen K�rbchen stand holl�ndischer Tabak, und daneben glimmte in kleinen Pfannen Torf zum
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Anz�nden. Auf einem Seitentische stand ein kr�ftiger Imbi� und an jedem Platze ein t�chtiger Bierkrug. Es wurde zwanglos gegessen, ge-trunken, geraucht, gescherzt und geneckt. Auch den K�nig schonte man dabei nicht. Besonders lebhaft, laut und derb war der F�rst Leopold von Dessau. Neben tollen Schnurren wurden auch die ernstesten Dinge be-handelt. Guudliug, der Hofgelehrte und Hofnarr, mu�te hier aus fremden Zeitungen die Artikel vorlesen, in denen der K�nig angegriffen war. Viele wichtige Entschlie�ungen hatten im Tabakskollegium ihren Ursprung. Der K�nig liebte eine unbeschr�nkte Offenheit, wie er selber nie hinter dem Berge hielt. Im Tabakskollegium lie� er sich vieles sagen, was er drau�en sehr �bel genommen haben w�rde.
2. Der unerm�dliche Regent. Friedrich Wilhelm wurde bei seiner Regentent�tigkeit von einem starken Pflichtgef�hl und einer wahrhaft landesv�terlichen Sorge f�r das Wohl aller seiner Untertanen geleitet. Er sagte: �Zur Arbeit sind die Regenten erkoren, nicht aber, um ihre Tage im Genu� zuzubringen. Will ein F�rst mit Ehren seine Regierung f�hren, so mu� er alle seine Gesch�fte selbst vollziehen." Der �sterreichische Ge-sandte schrieb an seinen Kaiser: �Alles ist hier voll Erstaunen. Der junge K�nig leitet alles allein. Er arbeitet dabei in �ffentlichen, privaten, Hanshaltnngs- und Dom�nensachen mit solchem Ernste, da� auch kein Taler ausgegeben wird, so von ihm nicht unterzeichnet ist. Wer es nicht sieht, kann es nicht glauben, da� ein Mensch in der Welt, von was Verstand er auch ist, so viel verschiedene Sachen an einem Tage tun k�nnte, wie dieser K�nig t�glich tut. Dazu verwendet er die Zeit von morgens 4 bis vormittags 10 Uhr. Dann bringt er den Rest des Tages mit Milit�r�bungen hin." Nach 10 Uhr machte er sich zum Ausgehen zurecht, schnallte den Degen hoch um die Lenden, setzte den dreieckigen Hut auf die wei�e Per�cke, nahm ein dickes Bambusrohr in die Hand und ging gelassenen Schrittes dahin. Dabei sp�hete er mit den scharfen Augen �berall umher und fand sicherlich alles, was nicht in Ordnung war. Wehe den Stutzern, die fremdl�ndischen Putz trugen, und den M��igg�ngern, die umher lungerten! Es setzte scharfe Verweise, ja nicht selten Stockhiebe. Sein Regiment war ein rein pers�nliches, mitunter recht gewaltsames, das aber besonders den Schwachen und �rmeren zugute kam. Als die ostpreu�ischen St�nde, be-sonders der Adel, gegen die von ihm auferlegte Grundsteuer Widerspruch erhoben, drohte er, �den Junkers ihre Autorit�t zu ruinieren". Die K�nigsgewalt wollte er wie �einen Fels von Erz" aufrichten. Sein Wahl-fprnch war: �Er (der preu�ische Adler) weicht der Sonne nicht." Sein ganzes Trachten ging darauf aus, ein geregeltes, ordentliches Staatswesen herzustellen, die Einnahmen zu erh�hen, einen vollen Staatsschatz und ein achtunggebietendes Heer zu schaffen. Der beste Weg dazu war weise Sparsamkeit. Die Leichenfeier feines Vaters hielt er mit der gewohnten Pracht; dann aber nahm er die Liste der Hofbeamten und strich die meisten aus, die �brigen setzte er auf schmalere Kost.
Er gr�ndete das Generaldirektorium als oberste Staatsbeh�rde f�r die ganze Verwaltung. Dieses hatte sich um die Dom�nen (Staats-
guter), um alle Einnahmen und um die Unterhaltung des Heeres zu flimmern. Was aus der Grundsteuer, die von den Bauern und Hinter-fassendes Adels erhoben
und das Justizdepartement, welchem auch die kirchlichen und Schulsachen �berwiesen waren. Der K�nig arbeitete eine genaue Gesch�ftsvorschrift f�r die Beamten aus. Von ihnen verlangte er gro�e Pflichttreue und viel Arbeit bei knapper Besoldung. Durch ihn wurde der t�chtige preu�ische Beamtenstand ge-schaffen.
Im ganzen Lande bek�mmerte er sich um Ackerbau und Viehzucht und unterst�tzte den Landmann, wo es not tat, reichlich mit Vieh und Saatkorn. Das Havell�ndische Luch (bei Friesack) lie� er trocken legen und bebauen. In das durch die Pest entv�lkerte Preu�en rief er Ansiedler aus ganz Deutschland und unterst�tzte sie v�terlich. Er nahm von den evangelischen Salzburgern, die der Erzbischof Firmian aus seinem Lande vertrieb, zwanzigtausend auf und gab ihnen in Preu�en eine neue Heimat. Zw�lf neue St�dte und dreihnndertzweiunddrei�ig neue D�rfer entstanden in dem ver�beten Sanbe, bas unter ihren flei�igen H�nben sichtlich aufbl�hte. Die neuen Anfiebler auf bem Lanbe w�rben freie Bauern, w�hrenb f�nst bie Bauern in harter Abh�ngigkeit von bett Gutsherren statiben. Sie mu�ten Abgaben zahlen, Spannbienste leisten nnb waren Stockschl�gen ausgesetzt. Nur mit Erlaubnis seines Gutsherrn b�rste ber Bauer feinen Wohnsitz verlassen rnib heiraten. Die Gerichtsbarkeit �ber bie Bauern lag in ber Hanb des Gutsherrn. Wenn auch Friedrich Wilhelm die Leibeigenschaft nicht aufheben konnte, so sorgte er
w�rbe, ber Akzise uub einigen geringem Stenern einkam, w�rbe f�r bas Heer vertoeubet; bie Dom�nengef�lle uub bie Einnahmen aus ben
Salz-, Berg- uub H�t-tenwerken bestritten bie �brigen Staatsausgaben. Im ganzen betrugen bie Einnahmen gegen 27 Millionen Mark. Neben bem Ge-neralbirektorium, bem bie Kriegs- uub Dom�nenkammern (bie ; heutigen Regierungen)
unterstanben, gab es noch ein besonberes Kabinettsministe-riitm f�r bie ausw�rtigen Angelegenheiten
20^. Friedrich Wilhelm I.
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doch f�r Erleichterung der Bauernlasten. Die Mi�handlungen der Bauern durch dte P�chter und Beamten verbot er strenge und verordnete, da die Beamten h�ufig die Bauern um Vorspann plagten: �Ich will nicht, da� die Herren R�te mit den Pferden meiner Bauern spazieren fahren/'
Die Stadt Berlin erweiterte und versch�nerte er, verfuhr aber dabei oft mit gro�er H�rte. H�user, die ihm mi�fielen, mu�ten weg-genssen und durch neue ersetzt werden. �rmeren B�rgern gab er dazu wohl Baupl�tze und Bauholz, bei reicheren hie� es kurzweg: �Der Kerl hat Geld, mu� bauen!" Meist nach Tische ritt er aus und besah sich die Bauten. In Berlin wurde die Charits (das Krankenhaus) errichtet.
mehr tat er f�r Potsdam; hier baute er u. a. das gro�e Milit�r-Waisenhaus.
Die Gewerbt�tigkeit f�rderte er mit allen Mitteln. Damit das Geld tm Lande bliebe, sollten die Untertanen haupts�chlich inl�ndische Erzeugnisse kaufen; seine Soldaten trugen nur preu�ische Tuche. Fremde Erzeugnisse wurden sehr hoch besteuert und die Einfuhr gewebter Stoffe g�nzlich verboten. Wolle durfte nicht ausgef�hrt werden. In Berlin wurde eine gro�e Tuchfabrik angelegt und geschickte Handwerker, besonders Wollweber und Wollf�rber, von ausw�rts herangezogen. DenH�kerinnen auf Markt und Stra�en befahl er, nicht Maulaffen feilzuhalten, fondern neben ihrem Kram zu spinnen, zu stricken und zu n�hen. Den Hand-Werksmeistern schrieb er genau vor. wie sie ihre Lehrlinge halten sollten.
Bei seinem strengen, oft tyrannischen Gerechtigkeitssinne hielt er auf Recht und Gerechtigkeit f�r jedermann und auf schnelle Handhabung der Justiz. Einen adeligen Beamten, der Geld unterschlagen hatte und glaubte, seines Adels wegen unbestraft zu bleiben, lie� er aufh�ngen. Alle wichtigen Rechtsh�ndel mu�ten ihm vorgelegt werden. Wenn ihm die Urteile der Richter nicht gefielen oder nicht streng genug waren, �nderte er sie eigenm�chtig ab. Den Kniffen der Rechtsgelehrten war er von Herzen feint). In Minden h�rte er die Verteidigung eines Angeklagten und rief, da der Verteidiger geendet: �Der Kerl hat recht!" Nun aber trat der Rechtsanwalt der andern Partei auf und sprach nicht minder ge= schickt. ,,Der Kerl hat auch recht!" rief der K�nig �rgerlich und wandte den �Rechtsverdrehern" den R�cken.
Ein hohes Verdienst erwarb sich der K�nig um die Volksbildung, so da� er als Vater des bl�henden preu�ischen Volksschulwesens gelten kann. Er wollte, da� jeder Untertan in der Religion, im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet werde, und hielt die Bildung des ganzen Volkes bis zum letzten Bauern f�r viel wichtiger als die gelehrte Bildung einzelner. Uberall lie� er Schulen anlegen und befahl den Eltern, ihre Kinder vom f�nften bis zum zw�lften Jahre zur Schule zu schicken. Auch gr�ndete er das erste preu�ische Lehrerseminar. Es fehlte leider g�nzlich an ordentlichen, vorgebildeten Lehrern. Tagel�hner und Handarbeiter unter-richteten in der Regel die Kinder auf dem Lande.
3. Der eifrige Solvatenfreund. Sein Heer hielt er f�r den Grundpfeiler der Staatsmacht und brachte es von 38000 auf 83000
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Mann. Den Soldaten widmete er gro�e F�rsorge. Sie wurden zu einem Teil aus dem eigenen Lande, und zwar aus den j�ngeren Bauern-s�hnen und den Handwerksgesellen in den St�dten, genommen; die �ltesten S�hne waren vom Heeresdienste befreit. Zum Zweck der Aushebung war das Land in Aushebungsbezirke oder Kantons eingeteilt. Jedem Regiment war ein bestimmter Bezirk zuerteilt. Der gr��ere Teil der Soldaten wurde ausw�rts angeworben. Besonders eifrig wurde Jagd auf �lange Kerls" gemacht, denn f�r diese hatte der K�nig eine wahre Leidenschaft. Sein Leibregiment in Potsdam bestand aus lauter Riesen, die er seine �lieben blauen Kinder" nannte. Durch Geld, gute Worte, List und Gewalt waren sie aus allen L�ndern zusammengeholt. Ein langer M�nch ward aus Rom mit viel Gefahr und Kosten entf�hrt. Peter der Gro�e von Ru�land hatte den K�nig mit hundertundf�nfzig b�um-langen Rekruten erfreut. Das Leibregiment war eine �u�erst kostspielige Liebhaberei des K�nigs. Alle milit�rischen Verbesserungen wurden zuerst in diesem Regiments probiert, so da� es die Musterschule f�r die ganze Armee war. Den Soldaten gab er hohen Sold, erzeigte ihnen vielfache Verg�nstigungen und stiftete gern eintr�gliche Heiraten f�r sie. Der treueste Gehilfe des K�nigs in milit�rischen Dingen war der F�rst Leopold von Dessau, �der alte Dessauer" genannt. Er f�hrte eiserne Ladest�cke statt der h�lzernen, den Gleichschritt, das gleichzeitige Feuern und das Bajonett ein. Doch ehe es so weit kam, da� auf ein Kommandowort die ganze Schar wie ein Mann marschierte, lud und scho�, setzte es weidliche P�ffe und Schl�ge mit dem Korporalstocke-, denn die Zucht war eisern streng. Die grausamste Strafe war das Spie�rutenlaufen. Mehrere hundert Soldaten bildeten eine Gasse, durch welche der Str�fling, bis zum G�rtel entbl��t, mit gebundenen Armen zwei- bis dreimal gehen mu�te, wobei ihm jeder Soldat einen Schlag mit der spitz auslaufenden Rute gab. Mehrmaliges �Gaffenlaufen" hatte oft den Tod zur Folge. Die Soldaten trugen blaue R�cke mit roten Kragen und Aufschl�gen, wei�e Hosen, lange lederne Gamaschen, hohe H�te und hinten einen langen, k�nstlichen Haar-zopf, Die Gamaschen und der Zopf waren die Qual der Soldaten. Die Gamaschen mu�ten immer geschw�rzt und ohne Falten ganz eng an die Beine gekn�pft, der Zopf geflochten und gewichst, die Haarlocken an der Seite gepudert sein. Die ganze Nacht vor einer Parade sa�en die Soldaten in vollem Anz�ge mit gedrehtem Zopfe und gestreckten Beinen, steif wie Puppen, auf ihren Holzschemeln, damit der m�hsame Anputz nicht zerst�rt w�rde. Noch heute bezeichnet man mit Gamaschendienst eine kleinliche und peinliche Qu�lerei und mit dem Zopf eine l�stige, veraltete, unnat�rliche Einrichtung. Der K�nig war bem�ht, die Bildung nud T�chtigkeit der Offiziere und ihr Standesehrgef�hl zu heben. Leider gestattete sich ihr �bermut manche Willk�r gegen B�rger und Bauern.
4. Der deutsche Mann. Das preu�ische Heer hat unter Friedrich Wilhelm nur selten Gelegenheit gehabt, ins Feld zu ziehen. Aber hohen Kriegsruhm hatte es vorher unter Friedrich I. erworben, als Leopold von Dessau im spanischen Erbfolgekriege die Preu�en zum Siege f�hrte. Als Friedrich Wilhelm den Thron bestieg, war der spanische Erbfolgekrieg
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1713 eigentlich zu Ende. Er erhielt im Utrechter Frieden (1713) Obergeldern. In dem Nordischen Kriege besetzte Friedrich Wilhelm Stettin, nahm die Inseln Usedom, Wollin und R�gen und eroberte Stralsund.
1720 Im Frieden mit Schweden (1720) behielt er Vorpommern bis an die Peene. Sp�ter hat er noch einmal die Waffen f�r den Kaiser ergriffen. Er sandte diesem im polnischen Erbfolgekriege ein Hilfskorps gegen die Franzosen an den Rhein. Damals sagte er: �Wenn die Franzosen ein Dorf in Deutschland angreifen, so m��te der deutsche F�rst ein Schelm sein, welcher nicht den letzten Blutstropfen daran setzte." Des K�nigs treue Ergebenheit wurde aber mit �habsburgischem Danke" gelohnt. Er wurde nicht einmal benachrichtigt, da� der Friede mit Frankreich eingeleitet sei. Entr�stet rief er aus: �Der Kaiser behandelt mich und alle deutschen Reichsf�rsten wie Schubiacks," und auf den Kronprinzen deutend, sprach er ein andermal: �Da steht einer, der mich r�chen wird."
5. Der aufrichtige Christ und sein Ende. Friedrich Wilhelm hatte sich durch seine H�rte gegen den Kronprinzen Friedrich jahrelang das Vater- und Familiengl�ck verbittert. Als zuletzt eine vollkommene Vers�hnung eingetreten war, schied sie der Tod. Im Alter von 52 Jahren starb Friedrich Wilhelm nach l�ngerem schweren Leiden mit den Worten:
1740 �Herr Jesu, du bist mein Gewinn im Leben und im Sterben!" (1740). Ein Merkwort von ihm lautet: �Ich bin kein Pietist, aber Gott vor alles in der Welt und alles mit Gott!" Seine Fr�mmigkeit war schlicht und aufrichtig. T�glich hielt er Hausandachten und besuchte flei�ig den Gottes-dienst. Viele Kirchen hat er erbaut. Er ist ein sehr wichtiges Glied in der preu�ischen Regentenkette; denn die Taten des gro�en Friedrich w�ren ohne den vollen Schatz und das treffliche Heer seines Vaters nicht m�glich gewesen. Er hinterlie� einen Staatsschatz von 27 Millionen Mark und einen Staat von 2 200 Q-M. mit 2% Millionen Einwohnern. Sein gro�er Sohn schrieb �ber das Werk seines Vaters: �Wenn auch der Schmuck des Geb�udes ein anderer wird, die Grundlagen, die Mauern bleiben unversehrt." Diese Felsmauern, auf denen Preu�ens Gr��e erwuchs, sind: Gottesfurcht, Zucht und Sitte vom Throne bis zur H�tte, Volksbildung bis in die untersten Schichten, Einfachheit und M��igkeit in der Lebens-f�hrung, richtiges Gleichgewicht zwifcheuEinnahmen und Ausgaben, gesunde Volkswirtschaft in allen Zweigen, gleiche Gerechtigkeit und F�rsorge f�r alle, ein t�tiger und gewissenhafter Beamtenstand und ein schlagfertiges Heer.
Fragen: Durch welche Einfl�sse hat sich Friedrich Wilhelms Charakter so eigenartig entwickelt? � Welche gro�en Verdienste hat er um den Staat? � Was erinnert in Potsdam und Berlin an ihn? � Was bedeutet Gamaschen-dienst, Zopf, Spie�ruten, Gassenlaufen, Werber, desertieren? � Was hat Friedrich Wilhelm I f�r die Bauern und f�r die Schule getan? �
75. Peter der Gro�e (1689-1725) und Karl XII. (1697-1718).
1. Peters gef�hrdete Jugend. Bis in das 17. Jahrhundert war Ru�land der schlafende Riefe im Osten Europas. Rauh war das Land, Sklaven waren die Bewohner und Barbaren seine F�rsten, die Zaren.
Peter der Gro�e hat den Schl�fer, an welchem schon sein Vater ge-r�ttelt hatte, aufgeweckt und ihn zur Teilnahme an westeurop�ischer Kultur gen�tigt. Seit 1613 gab das Haus Romanow dem Lande die Zaren,
die zu Moskau herrschten. Als Zar Feodor starb (1682), wurden 1682 seine beiden j�ngeren Br�der, Iwan und Peter, zu Zaren ausgerufen.
Aber die herrschs�chtige Schwester Sophie wollte Peter verdr�ngen und dann allein f�r den schwachsinnigen Iwan regieren. Sie zettelte einen Aufstand der Strelitzeu (Sch�tzen), der Leibgarde des Zaren, gegen Peter und feine Mutter an. Nur mit knapper Not entging Peter ihren Dolchen am Altare. Seine Mutter zog nun mit ihm in ein Dorf bei Moskau. Hier wuchs der kr�ftige und wilde Knabe auf. Sein F�hrer war der vielgereiste Genfer Lefort, durch
den er die europ�ische Kultur kennen und 205. peier der Gro�e.
lieben lernte. Mit feinen Dorfkameraden,
Poteschni genannt, bildete er eine Soldatenschar, welche Lefort auf euro-p�ifche Weife schulte. Seine Schwester, die f�r Iwan weiter regierte,
wollte ihn abermals durch die Strelitzeu aus dem Wege r�umen, aber Peter erfuhr den Anschlag. Seine Poteschni und andere Anh�nger scharten sich um ihn; der Patriarch erkl�rte sich f�r ihn, und so wurde Peter zum Regenten ausgerufen, Sophie aber ins Kloster verwiesen (1689). 1689
2. Peters Pl�ne bei seinem Regierungsantritt. Die Russen waren ein gutm�tiges, gen�gsames, unterw�rfiges und tapferes Volk,
dabei aber unwissend, roh und abergl�ubisch. In dem Boden des Landes lagen reiche Sch�tze begraben, aber niemand wu�te sie zu heben. Peter nahm sich vor, das Land wirtschaftlich zu heben und das Volk heran-zubilden. Er war zwar selbst noch ein Barbar voll Leidenschaften, aber er hatte einen nat�rlichen Verstand, einen hei�en Wissenshunger und einen eisernen Willen. Zun�chst bildete er mit Hilfe Lesorts und des Schotten Gordon ein Heer; dann gedachte er eine russische Seemacht zu schassen. Um sich den Zugang zum Schwarzen Meere zu bahnen, griff er die t�rkische Festung Asow an und eroberte sie endlich, von fremdl�ndischen Jngenienrofsizieren unterst�tzt. Bald besa� er eine Flotte von sechzig Schiffen f�r das Schwarze Meer. Die Strelitzeu, die Neuerungen bef�rch-teteu, stifteten um diese Zeit eine neue Verschw�rung gegen sein Leben an,
aber zwei derselben verrieten sie Peter. Mutig ging er in das Haus der Verschworenen, die darob nicht wenig erschrocken waren, sich aber wieder beruhigten, da er mit ihnen redete, scherzte und trank, als wisse er von nichts. Gegen elf Uhr abends fl�sterte einer dem Hausherrn zu: �'s ist Zeit!" �Noch nicht!" entgegnete dieser. �F�r mich aber ist's Zeit, Schurke!" donnerte Peter und streckte ihn mit einem Fanstschlage nieder. Zum Gl�ck erschien in diesem Augenblicke die Wache, welche irrt�mlich eine Stunde zu sp�t bestellt war, und verhaftete alle. Die Verschworenen wurden grausam hingerichtet.
Polack, Geschichtsbilder. 20. Stuft. Ausg. A 22
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3. Peters Reise in die Kulturl�nder und seine R�ckkehr. Peter 1697 trat nun (1697) eine gro�e Reise durch Europa an und sah sich als
Lernender �berall um. In dem holl�ndischen Flecken Zaandam hat er sieben Wochen als gemeiner Schiffszimmermann gearbeitet, um den Schiffs-bau gr�ndlich zu lernen. In Amsterdam lie� er ein gro�es Kriegsschiff unter seinen Augen bauen und schickte es nach Archangel. In London rief er bei dem Anblick eines nachgeahmten Seegefechts voll Entz�cken: �W�re ich nicht der Zar von Ru�land, m�chte ich englischer Admiral sein!" In Wien erhielt er die Nachricht von einer neuen Strelitzen-emp�rnng. Rasch eilte er nach Moskau zur�ck, fand aber den Aufruhr schon ged�mpft. Seine Schwester, in der man die Anstifterin vermutete, wollte er im Zorn durchbohren, aber eine Kammerzofe bewahrte ihn vor dieser Blutschuld. �ber zweihundert Emp�rer lie� er an Galgen vor dem Kloster, in welchem sie eingekerkert war, und einige unmittelbar vor ihrem Fenster aush�ngen. Das rebellische Strelitzenkorps wurde aufgel�st (1698). Nach dem Tode des aufrichtig betrauerten Freundes Sefort nahm Men-schikoff die erste Stelle in feinem Vertrauen ein. Er hatte einst als B�ckerjunge in den Stra�en Moskaus Pasteten verkauft. Peter, der feine ausgezeichneten Gaben erkannte, hatte ihn ausbilden laffeu. Er wurde fein Liebling und treuer Helfer und stieg von Stufe zu Stufe, bis ihn nach Peters Tode fein grenzenloser �bermut in die Verbannung nach Sibirien brachte.
4. Peter als Bildner seines Volkes. Peter tat nun weitere Schritte, um sein Volk gesittet und geschickt zu machen. Viel Murren erhob sich, als er die langen Kleider und B�rte verbot. Er legte Schulen und Druckereien an und zog gebildete Fremde (Handwerker, Seeleute, Offiziere, Gelehrte und K�nstler) ins Land. Das Heer richtete er nach deutschem Muster ein. Die Verwaltung der Staatseink�nfte �bertrug er geschickten Westl�ndern. Nach Abschaffung der Patriarchenw�rde �bertrug er sich die h�chste geistliche Gewalt in der griechisch-katholischen Kirche. Obgleich er die Kultur unter seinem Volke kr�ftig f�rderte und in der Politik einsichtig und beharrlich war, so blieb er doch ein roher, ma�los leidenschaftlicher und genu�s�chtiger Naturmensch, dessen Inneres von der europ�ischen Gesittung unber�hrt geblieben war. Sein Hauptplan war jetzt, die K�stenl�nder an der Ostsee den Schweden zu entrei�en, um auch nach der Ostsee hin seine Macht auszudehnen. Diese Absicht gegen Schweden f�hrte ihn mit D�nemark und Sachsen-Polen zusammen, und es entstand der gro�e Nordische Krieg.
5. Sein entschlossener Gegner Karl XII. von Schweden. Im
17. Jahrhundert war Schweden die Gro�macht des Nordens. Es besa� au�er seiner nordischen Halbinsel die sch�nsten K�stenl�nder der Ostsee in 1697 Ru�land und Deutschland. Der kraftvolle Karl XI. hinterlie� 1697 seinem f�nfzehnj�hrigen Sohne Karl XII. einen gef�llten Staatsschatz und ein schlagfertiges Heer. Anf�nglich hielt man nicht viel von dem jungen K�nige. Er war ernst, verschlossen und gleichg�ltig gegen die Freuden der Jugend, dagegen ein tollk�hner Reiter und wilder J�ger.
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Die Regierung �berlie� er ganz dem Marschall Piper. Ru�land, Polen und D�nemark glaubten keine g�nstigere Gelegenheit finden zu k�nnen, um Schweden die Ostseel�nder zu entrei�en, und schl�ssen zu diesem Zwecke ein B�ndnis. Aber sie hatten sich in ihrem jungen Gegner ver-rechnet. Als Karl von jenem B�ndnis h�rte, erkl�rte er im Reichsrate, er werde niemals einen ungerechten Krieg beginnen, einen gerechten aber auch nur mit dem Untergange seiner Feinde enden.
6. Der gro�e Nordische Krieg (1700�1721). a) Karls Siege. 1700 Die D�nen griffen Karls Schwager, den Herzog von Holstein, an; die Russen fielen in Estland und die Sachsen in Livland ein. Karl f�hrte die schwedische Flotte vor Kopenhagen, st�rmte mit Todesverachtung die Ver-schanzungen und zwang den d�nischen K�nig zum Frieden (1700). Nun kamen die Russen an die Reihe, die damals Narwa belagerten. �In Gottes Namen" griff der achtzehnj�hrige Held mit seinen 15000 Mann den fast dreimal st�rkeren Feind an (1700). Im Beginn der Schlacht wurde sein Pferd unter ihm erschossen. �Die Leute wollen mich im Reiten �ben!" sagte er und bestieg ein anderes. Mit diesem geriet er in einen Sumpf und lie� einen Stiefel stecken, aber im blo�en Strumpf ging es weiter. In wilder Flucht l�sten sich endlich die russischen Heer-Haufen auf und lie�en ihr Lager, Kriegsmaterial und die Kriegskaffe im Stich. Tausende von ihnen fielen, w�hrend der Verlust der Schweden nicht 1000 Mann betrug. Karl zog in die jubelnde Stadt und dankte Gott knieend in der Kirche f�r den Sieg. Als Peter die Hiobspost erhielt,
blickte er eine Weile starr vor sich hin, dann sagte er: �Die Schweden werden noch manchmal siegen, aber zuletzt werden wir von ihnen siegen lernen!" � Der dritte Gegner war August der Starke, Kurf�rst von Sachsen und K�nig von Polen. Er war so stark, da� er ein Hufeisen mit den H�nden zerbrechen und einen Trompeter auf der Handfl�che halten konnte, aber auch so verschwenderisch, da� er das reiche Land tief in Schulden st�rzte. Karl besiegte ihn in Livland, drang bis Warschau vor, nahm es ein und setzte August ab. Die Polen machten den wackeren Stanislaus Leszeziuski zum K�nige (1704). Dann verfolgte Karl 1704 den entthronten K�nig bis in das Herz Sachsens und zwang ihn im Frieden von Altranst�dt (1706), der polnischen Krone und dem rns- 1708 fischen B�ndnis zu entsagen. Fast ein Jahr pflegte sich das schwedische Heer in Sachsen; F�rsten und Gesandte suchten den jungen Helden in Altranst�dt auf. Seine Einfachheit stand im schroffen Gegensatze zu dem �bertriebenen Luxus des s�chsischen Hofes. Er trug Stulpstiefel, Leder-hosen und einen blauen Rock mit kupfernen Kn�pfen. Im Felde teilte er alle Strapazen und Entbehrungen mit den Soldaten und verkehrte leut-selig mit ihnen.
b) Peters T�tigkeit und Karls Zug nach Ru�land. Peter war in der Zeit nicht m��ig gewesen. Er hatte Jngermanland erobert und mit uns�glichen M�hen und Kosten an der sumpfigen M�ndung der Newa den Grund zu der sp�ter so pr�chtigen Hauptstadt St. Petersburg gelegt (1703). Durch Mauern, Pfahlwerk und aufgesch�ttete Erde 1703 mu�te erst der Baugrund geschaffen werden. Die ersten H�user waren
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von Holz und bie ersten Einwohner zwangsweise hinein verpflanzt. Auf allen Gebieten bes Erwerbes unb Verkehrs hatte Peter Verbesserungen getroffen unb besonders das Heer vermehrt unb kriegst�chtiger gemacht. � Karl hatte keinen geringeren Plan, als seinem Gegner in Moskau
1707 ben Frieben zu diktieren. Deshalb brach er jetzt nach Ru�land auf (1707). Unter m�hseligen M�rschen, aber nach einem Siege �ber einen russischen General kam er in die N�he von Smolensk. Jedermann glaubte, Karl werde nach Moskau marschieren. Aber durch den alten Kosakenhetmann Mazeppa, der ihm den Abfall der Kosaken von Ru�land in Aussicht stellte, lie� er sich bewegen, nach der Ukraine zu ziehen. Von da an wandte sich sein Gl�ck.
c) Karls sebstverschnldete Niederlagen. Alle Generale wider-rieten den abenteuerlichen Zug durch das wegelose Steppenland. Aber Karl war so von seinen k�hnen Pl�nen beherrscht, da� er hartn�ckig auf seinem Kopf bestand. Zu seinen Fehlern geh�rte vornehmlich ein unbeugsamer Starrsinn. Bald erm�deten W�lder, S�mpfe und Regen die Sol-baten. Mazeppa samt ben versprochenen Lebensmitteln blieb aus; Krank-heiten rissen ein; General L�wenhaupt, ber Truppen unb Kriegsmaterial bringen sollte, kam nicht. Enblich erschien Mazeppa ohne Gelb unb Lebensmittel mit nur 5000 Kosaken; bie �brigen hatte Menschikoff zum Abfall gebracht. Auch L�wenhaupt kam, aber in ben tapfersten K�mpfen gegen bie russische �bermacht hatte er alles Kriegsmaterial unb einen gro�en Teil bes Heeres verloren. Das burch furchtbaren Frost, Hunger, Krankheiten unb feinbliche Angriffe geschw�chte Heer begann bie
1709 Belagerung der Festung Pnltawa (1709). Peter r�ckte mit gro�er �bermacht zum Entsatz heran. In einem der Scharm�tzel traf eine Kugel den K�nig Karl in die Ferse; trotzdem setzte er seinen Ritt noch eine Stunde fort. Der Fu� war mittlerweile so geschwollen, da� der Stiefel heruutergeschuitteu werden mu�te. Am Tage der Schlacht lie� sich der K�nig in einer S�nfte tragen. Mit der gr��ten Todesverachtung fochten die Schweden, aber sie wurden von der �bermacht erdr�ckt; die meisten fielen oder wurden gefangen. Mit genauer Not wurde der K�nig aus dem wilden Get�mmel gerettet. Als er die Gefangenschaft seiner besten Generale erfuhr, sagte er: ,,Gefangen? und bei den Russen? Lieber unter den T�rken sterben!" Und nach der t�rkischen Grenze brach er mit 2000 Mann, dem Reste der Seinen, auf.
d) Karls Aufenthalt in der T�rkei und seine endliche schnelle Heimkehr. In Bender am Dnjestr fand er eine freundliche Aufnahme. Was man allgemein erwartet hatte, da� Karl nunmehr durch Ungarn heimkehren werde, geschah nicht. Vielleicht mochte der stolze K�nig nicht ohne Heer zu seinem Volke zur�ckkehren. Er blieb in der T�rkei und reizte den Sultan zum Kriege gegen Ru�land. Als Peter in die
1711 Moldau eindrang, schlo� ihn ein t�rkisches Heer am Pruth ein (1711). Da rettete ihn seine Gattin Katharina, eine zwar niedriggeborene, aber au�erordentlich kluge Frau von deutscher Abkunft. Sie bestach mit ihrem Juwelenschmuck den Gro�vezier und erhielt gegen Abtretung von Asow freien Abzug f�r das russische Heer. Karl blieb noch drei Jahre in der
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T�rkei und sch�rte unabl�ssig das Kriegsfeuer, aber ohne rechten Erfolg. Mit seinen Forderungen und seinem Eigensinne wurde er immer l�stiger. �berhaupt wurde sein Tun und Treiben unbegreiflich. Da er durch g�t-liehe Mittel nicht zur Abreise zu bewegen war, so st�rmte man sein steinernes Haus, in welchem er sich mit wenigen seiner Getreuen tapfer verteidigte, legte Feuer au und nahm ihn gefangen. Erst da er h�rte,
da� in Schweden seine Krone in Gefahr sei, brach er auf und ritt in vierzehn Tagen, Tag und Nacht im Sattel, von der Walachei durch Ungarn und Deutschland nach Stralsund, wo er mit Jubel empfangen wurde (1714). 1714:
e) Karls j�hes Ende. Schwedens Lage war eine verzweifelte:
Peter hatte die Ostseeprovinzen, der D�ne das Herzogtum Bremen er-obert, Preu�en Vorpommern besetzt, August der Starke den polnischen Thron wieder bestiegen. Die Mittel des Landes waren ersch�pft, die Unzufriedenheit des Volkes zu bedrohlicher H�he gestiegen. Nachdem Karl, der Eisenkops. Stralsund vergebens zu halten versucht hatte, schiffte er sich nach Schweden ein und fa�te ungebeugt neue Pl�ne. Durch seinen G�nst-ling, den Grasen G�rtz, verhandelte er mit Ru�land �ber den Frieden, den D�nen aber wollte er Norwegen entrei�en. Als der erste Einfall mi�gl�ckte, erneuerte er ihn im n�chsten Jahre. Die Festung Frederikshald sperrte seinen Weg ins Innere und mu�te darum zuvor genommen werden. Schon waren die Laufgr�ben er�ffnet, als der K�nig des Abends,
da er sich bei der Besichtigung �ber die Brustwehr lehnte, von einer Kugel in den Kopf getroffen und augenblicklich get�tet wurde (1718). 1718 Ihm folgte seine Schwester Ulrike Eleonore in der Regierung. In den Friedensschl�ssen verlor Schweden an Hannover: Bremen und Verden, an D�nemark: den schleswigschen Teil des Herzogtums Holstein, au Preu�en (im Frieden zu Stockholm 1720): Vorpommern 1720 bis zur Peene, an Ru�land (im Frieden zu Nystad 1721): die Ostsee- 1721 Provinzen Livlaud, Estland und Jngermanland. Von Schweden ging jetzt das �bergewicht im Norden an Ru�land �ber.
7. Peters getr�bte letzte Lebensjahre. Peter war w�hrend der Kriege und nachher unerm�dlich s�r sein Land t�tig. Von einer gro�en Reise in Europa zur�ckgekehrt, mu�te er seinem ungeratenen Sohne Alexei den Proze� machen, weil er hochverr�terischer Vergehen angeklagt war. Alexei wurde zum Tode verurteilt, aber vor der Vollstreckung des Urteils starb er mit Rene �ber sein Betragen. Schwere k�rperliche Leiden tr�bten des Zaren letzte Jahre. Er verschlimmerte seinen Zustand durch den gewohnten unm��igen Genu� geistiger Getr�nke. Eine Erk�ltung im Wasser beim Flottmachen eines auf den Sand gelaufenen Schiffes zog ihm den Tod zu (1725). Er hatte feine Gattin Katharina I7 nach 1725 der eidlichen Versicherung eines Erzbischoss, zu seiner Nachfolgerin bestimmt, �berhaupt durch einen Ufas (Verordnung) festgesetzt, da� jeder Zar seinen Nachfolger bestimmen solle. Mit Peter dem Gro�en ist Ru�land in die Reihe der Kulturstaaten eingetreten. Katharina starb schon 1727; sie hatte sich v�llig dem Tr�nke ergeben. 1727
^ Fragen: Worin liegt Peters Gr��e? - Was verschuldete Karls Ungl�ck? - Vergleichung der beiden nordischen Herrscher! � �Die Gr�ndung von St Petersburg" von Walter. �Karl XII." von H. Lingg.
Gleichzeitiges um 1700: Preu�ischer Kronvertrag. Friedrich I von Preu�en. Ikendorf geb. Franckes Waisenhaus in Halle. Gr�ndung der Akademie der Wissenschaften in Berlin. In Ru�land Peter der Gro�e. Schlacht an der Narwa. Gr�ndung Petersburgs. In Schweden Karl XII. In Wien Leopold I. In Frankreich Ludwig XIV. Spanischer Erbfolgekrieg.
76. Friedrich II., irr Gro�e oder Einzige (1740�1786).
1. Wie Friedrich erzogen ward. Er wurde am 24. Januar 12 1712 geboren. Bei der Strenge seines Vaters und der Grundverschieden-
heit ihres Wesens mu�te Friedrich in seiner Jugend eine schwere Schule durchmachen, in der aber die Kraft des Mannes geweckt und gest�hlt wurde. Sein Vater wollte einen guten, biederen Deutschen aus ihm machen, aber seine treffliche Erzieherin Frau von Roucoulle, eine ver-triebene franz�sische Protestantin, und sein geistvoller Lehrer Duhau de Jan dun fl��ten dem hochbegabten Knaben schon fr�h eine Vorliebe f�r die franz�sische Sprache und Literatur ein. Deutsch hat er nie richtig sprechen und schreiben gelernt, doch war seine Gesinnung gut deutsch. Sein Vater wollte ihn zur Fr�mmigkeit erziehen, wandte aber dabei verkehrte Mittel an. Durch lauge Hausandachten wurde der lebhafte Knabe erm�det, durch einen �beraus trockenen Religionsunterricht gelang-weilt und durch das Auswendiglernen von Psalmen als Strafmittel mit Ekel gegen die religi�sen Stoffe erf�llt. Er hat nie Liebe und Verst�ndnis f�r ihren tiefen Lebensgehalt gewonnen, dagegen die Lehren der franz�-fischen Aufkl�rer mit Beifall in sich aufgenommen. Auch das Bem�hen des K�nigs, ihn einfach, ordentlich und sparsam zu machen, war ohne rechten Erfolg. Der Kronprinz hatte einen Hang zum Leichtsinn, mochte nicht knausern, zog lieber einen bequemen Schlafrock als den knappen Soldatenrock an und trug lieber einen franz�sischen Haarbeutel als einen steifen Soldatenzopf. Der K�nig geriet oft in Zorn �ber den �weibischen Kerl" und warf eines Tages den gestickten Schlafrock ins Feuer. Vor allem aber sollte der Kronprinz ein guter Soldat werden; doch das schien am wenigsten zu gl�cken. Der peinliche Zwang, die rohe Behandlung der Soldaten, der derbe Ton und die gemeinen Sp��e der �Tabakskollegen" widerten den Kronprinzen an. Viel lieber studierte er gute B�cher, versuchte sich im Dichten und �bte � unter Anleitung des ber�hmten Quanz aus Dresden � das Fl�tenspiel. �rgerlich rief der K�nig aus: �Fritz ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldajen und wird mir meine ganze Arbeit verderben!^
2. Wie er sich mit seinem Vater entzweite. Die Abneigung wuchs, als Friedrich nach einem Besuche in Dresden auf Abwege geriet, h�chst leichtsinnig lebte und nach dem Plane seiner Mutter, aber gegen den Willen seines Vaters, eine englische Prinzessin heiraten wollte. Nicht selten schalt der K�nig den Kronprinzen in Gegenwart von Hofleuten aufs heftigste aus, ja er mi�handelte ihn mit den F�usten und dem Stocke.
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Einmal wollte er ihn sogar mit dem Gardinenstrange erdrosseln; dabei nannte er ihn einen elenden Feigling, der weder Ehre noch Mut genug habe, um davon zu laufen. Da fa�te Friedrich den Plan, sich vor solcher Behandlung durch die Flucht -nach England zu retten. Er zog die Leutnants von Katte und von Keith ins Vertrauen. Eine Reise des K�nigs an den Rhein schien eine erw�nschte Gelegenheit zu
206. �Der alte Fritz".
Nach Bock und einem Stich von Meno Haas in Berlin 1788.
bieten. Der Kronprinz teilte Katte seinen Fluchtplan brieflich mit. Der Brief wurde aber wegen der ungenauen Adresse an einen anderen Katte abgegeben und von diesem an den K�nig geschickt. Inzwischen war der Fluchtversuch mi�gl�ckt (1730). Der K�nig hatte zu Steinfurt bei Mann� 1730 heim �bernachtet, der Kronprinz aber in einer Scheune sein Quartier ge-uommen. In der Nacht wollte er sich eben auf sein Ro� schwingen, als ihn das wachsame k�nigliche Geleite daran hinderte. Der Zorn des K�nigs brach wie ein entfesselter Orkan los. Er lie� �den feigen Deserteur ohne Ehre" auf ein Rheinschiff bringen und schlug ihn mit dem Stocke blutig. Zu Wesel zog er sogar in der Wut �ber Friedrichs Antworten den Degen gegen ihn. Der General von Mosel aber warf sich zwischen beide und rief: �Majest�t, durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes!"
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Friedrich wurde nun nach K�strin in enge Haft gebracht. Das in K�penick niedergesetzte Kriegsgericht weigerte sich' �ber den Kronprinzen einen Spruch zu f�llen, da sein Vergehen keine Fahnenflucht sei. Der Major von Bnddenbrock entbl��te seine Brust und rief: �Wenn Ew. Majest�t Blut verlangen, so nehmen Sie meines, das Ihres Sohnes be-kommen Sie nicht, solange ich reden darf!" Katte dagegen wurde zu ewiger Festungshaft verurteilt. Der K�nig versch�rfte das Urteil in Todes-strafe. Katte wurde in K�strin hingerichtet. Keith war schon fr�her ent-kommen.
3. Wie Vater und Sohn sich vers�hnten. In K�strin trat all-m�hlich eine Sinnes�nderung in dem Prinzen ein. In seiner Abgeschlossen-heit gelangte er zur Selbstpr�fung und hatte an dem wackern Feldprediger M�ller einen treuen Mahner und Berater. Nach und nach milderte sich der Unwille des K�nigs, besonders da ihm der Feldprediger M�ller die besten Berichte �ber das Verhalten des Kronprinzen erstattete. Dieser mu�te als Hilfsarbeiter (Ausknltator) in die Kriegs- und Dom�nenkammer eintreten. �Er sollte lernen, wie schwer es den Bauern f�llt, die Groschen zu einem Taler zu erarbeiten." Von unten auf lernte Friedrich so alle Zweige der Verwaltung, die verschiedenen Preise, das Leben und die Ar-beiteu des Volkes u. a. genau kennen. Das kam ihm sp�ter bei seiner Regierung sehr zustatten. Nach einem Jahre gestattete ihm der K�nig am Hochzeitsfeste seiner Lieblingsschwester Wilhelmine die R�ckkehr nach Berlin. Er fank seinem Vater zu F��en und wnrde g�tig aufgehoben. Auf den Wunsch seines Vaters verm�hlte sich Friedrich mit Elisabeth von Brannschweig-Bevern, einer Nichte des Kaisers. Er hat die aufgedrungene Gattin zwar stets geehrt, aber nie geliebt. Sein Vater schenkte ihm das Schlo� Rheinsberg bei Rnppin, wo er im Kreise heiterer Freunde ein genu�reiches Leben f�hrte. Er musizierte, versenkte sich in die Werke der Dichter, versuchte sich selber als Schriftsteller, kn�pfte mit ber�hmten M�nnern der Wissenschaft und Knnst Verbindungen an und studierte die Kriegs- und Staatswissenschaft. Mehrere Schriften aus jener Zeit bekunden die tiefe Einsicht Friedrichs in politische Fragen und in die Pflichten eines Regenten. Nachstehende Worte daraus sind die Grunds�tze f�r seine Regierung geblieben:. �Die F�rsten sind einzig dazu eingesetzt, da� sie f�r die �ffentliche Wohlfahrt sorgen. � Der F�rst ist daher nicht der unumschr�nkte Herr, sondern nur der erste Diener des Staates. � j Der F�rst soll das Gl�ck des Volkes, das Volk der Ruhm des F�rsten sein. � Ein redlicher F�rst ist wie ein Vormund, er ist nur der Ver-Walter des �ffentlichen Verm�gens und hat feinen Untertanen Rechenschaft dar�ber abzulegen." � Immer mehr lernte der K�nig den Wert seines Sohnes sch�tzen, und immer besser wurde das Verh�ltnis zwischen Vater und Sohn. Als der K�nig, dem Tode nahe, auf seinem Krankenbette lag, umarmte er den Kronprinzen, mit Tr�nen in den Augen, und rief: �Mein Gott, ich sterbe zufrieden, da ich einen fo w�rdigen Sohn und Nachfolger hinterlasse!"
1740 4. Wie Friedrich im Ersten Schleichen Kriege (1740�1742) Schlesien eroberte. Mit 28 Jahren bestieg Friedrich den Thron seines
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Baters. �F�r den Ruhm und das Vaterland!" war sein Wahlspruch.
Seine ersten Regierungshandlungen waren Wohltaten. Er schaffte die Folter ab, lie� den Armen Getreide aus den k�niglichen Magazinen billig verkaufen und l�ste die Truppe der �langen Kerls" auf. Im Jahre 1740 starb auch Kaiser Karl VI., der durch die Pragmatische Sanktion die �sterreichischen Lande ungeteilt auf seine Tochter Maria Theresia ver-erben wollte. Der Kurf�rst Karl Albert von Bayern meinte aber, als Nachkomme von Ferdinands I. Tochter Anna, n�here Anspr�che zu haben, und fand Unterst�tzung bei Frankreich und Spanien. Da glaubte Friedrich den Zeitpunkt gekommen, das von Joachim II. (1537) durch einen Erbvertrag erworbene und auch von K�nig Friedrich I. nicht aufgegebene Recht auf Lieguitz, Brieg, Wohlau und die Anspr�che auf J�gerndorf zur Geltung zu bringen. "Als seine Vorschl�ge zu einem g�tlichen Vergleiche von Maria Theresia zur�ckgewiesen wurden, lie� er pl�tzlich im Winter (1740) ein Heer von 28000 Mann �ber die Grenze in Schlesien einr�cken, um sich schnell des Landes zu bem�chtigen und die ererbten Rechte um so sicherer durchzusetzen. �Ich bin �ber den Rubikon gegangen", schrieb er damals. �Ich will untergehen oder Ehre von dieser Unternehmung haben." Er nahm den gr��ten Teil des wehrlosen Schlesiens ein, lie� seine Anrechte �ffentlich bekannt machen, forderte von Maria Theresia die Abtretung Schlesiens und versprach ihr dagegen seine Unter-st�tzung gegen ihre Feinde und bei der Wahl ihres Gemahls Franz von Lothringen zum Deutschen Kaiser. Die edle, mutige F�rstin aber sprach:
�Eher m��ten die T�rken vor Wien stehen, ehe ich auf Schlesien verzichte." Der Krieg uahm nun seinen Fortgang. Der �sterreichische Feldmarschall Neipperg r�ckte aus M�hren heran und lieferte Friedrich die Schlacht bei Mollwitz (1741). Die preu�ische Reiterei wurde von der kriegs- 1741 ge�bten �sterreichischen geworfen; das Fu�volk aber hielt stand. Friedrich mu�te auf die dringende Bitte des Generals Schwerin das wilde Schlacht-get�mmel verlassen, kam aber bei Oppeln unter die �sterreicher und in Lebensgefahr, aus der ihn nur seine Geistesgegenwart und die Schnellig-keit seines Schimmels retteten. Durch das preu�ische Gewehrseuer und einen erneuten Angriff Schwerins wurden endlich die �sterreicher zum R�ckz�ge gezwungen. Ganz Schlesien fiel nun dem Sieger in die H�nde,
ja er marschierte in M�hren ein. Rings von Feinden bedr�ngt, da mittler-weile � im Fr�hjahr 1741 � auch der Kurf�rst Karl Albert mit einem franz�sifch-bayrischen Heere in �sterreich eingefallen war, um seine An-spr�che durchzusetzen (Beginn des �sterreichischen Erbfolgekrieges 1741�48), suchte Maria Theresia Hilfe bei den Ungarn. In Pre�burg rissen ihre Worte und Tr�nen die Abgeordneten zur Begeisterung hin. �Es lebe unser K�nig Maria Theresia I" riefen sie, den S�bel ziehend, und erlie�en ein allgemeines Heeresaufgebot. Friedrich hatte sich nach B�hmen zur�ckziehen m�ssen, erfocht aber zwischen Czaslan und Chotn-sitz (1742) einen neuen Sieg �ber die �sterreicher unter dem Herzog 1742 Karl von Lothringen. Da endlich verstand sich Maria Theresia im Frieden von Breslau (1742) zur Abtretung Schlesiens mit der Graf-schaft Glatz. Friedrich bekam dadurch gegen 700 Quadratmeilen.
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5. Wie er im Zweiten Schleichen Kriege Schlesien behauptete
1744 (1744�1745). Nicht so gl�cklich war der Kurf�rst Karl Albert. Seinem Siegeszuge hatte Maria Theresia mit einem ungarischen Heere bald Halt geboten. Bayern und Franzosen wurden aus �sterreich vertrieben, und
w�hrend man ihm als Karl VII. (1742)
Sardinien und auch bald an Sachsen Bundesgenossen gewann. Als Reichs-f�rst zog Friedrich f�r den Kaiser aufs neue das Schwert, r�ckte in B�hmen ein
1744 und nahm Prag mit Sturm (1744). Aber die Feindseligkeiten der B�hmen, Mangel an Lebensmitteln und die Gefahr, abgeschnitten zu werden, n�tigten ihn zum R�ckz�ge. Seine Lage verschlimmerte sich, als der Kaiser
1745 starb (1745) und Bayern Frieden machte. Die �sterreicher drangen in Schlesien ein und besetzten einen gro�en Teil des Landes. In diese Zeit f�llt ein Heldenst�cklein des Husarengenerals Zieten. Um eine Vereini-gung der abgeschnittenen Heeresteile zu erm�glichen, schlug er sich durch 20000 �sterreicher, nachdem er sie lange durch die neuen Uniformen seiner Husaren get�uscht hatte. Einer gro�en Gefahr soll Friedrich im Kloster Kamenz entgangen sein. Streifende Kroaten durchsuchten das Kloster, der Abt aber soll den K�nig dadurch gerettet haben, da� er ihn in eine M�nchskutte steckte und mit zum Gebet in die Kirche nahm. Endlich machte sich Friedrich Luft durch den gl�nzenden Sieg �ber die �sterreicher und
1745 Sachsen bei Hohenfriedberg, unweit Striegau (1745). Als England jetzt zum Frieden riet, sagte Maria Theresia lebhaft: �Lieber will ich den Rock vom Leibe als Schlesien verlieren!" Aber in demselben Jahre wurden
in Frankfurt die deutsche Kaiserkrone aufsetzte, zogen die siegreichen Ungarn in seine Hauptstadt M�nchen ein. Die
Fortschritte der �sterreicher erf�llten Friedrich mit Be-sorgnis. In Wien machte man kein Hehl daraus, da� dieReihe bald an den R�uber Schlesiens kommen w�rde. Es w�re Torheit und sein eigenes Verderben gewesen, wenn Fried-rich jetzt nicht Bayern zu Hilfe gekommen w�re, um so mehr, als �sterreich an England, Holland,
207. Maria Theresia.
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die �sterreicher bei Soor in B�hmen und die Sachsen bei Kesselsdorf, unweit Dresden, geschlagen. Der Sieg bei Kesselsdorf ist das letzte Blatt im Lorbeerkranze des alten Dessauers, der mit Umsicht und jugendlichem Feuer die Schlacht geleitet hatte. Sein Sohn Moritz f�hrte die Truppen durch das eisige Wasser der Mor�ste den mit Schnee und Eis bedeckten H�gel hinan und nahm die feste Stellung der Sachsen. Der K�nig um-armte entbl��ten Hauptes den greisen Helden auf dem Schlachtfelde. Da verstand sich endlich Maria Theresia zum Frieden von Dresden (1745); 1745 sie trat Schlesien ab, und Friedrich erkannte ihren Gemahl Franz I. als Kaiser an. Friedrichs Heimkehr nach Berlin gestaltete sich zu einem wahren Triumphzuge; er gedachte, �fortan in Ruhe zu leben und so viel Gutes zu tun, als in seinen Kr�ften stand."
Zehn reiche und durch Werke des Friedens gesegnete Jahre folgten.
6. Wie Friedrich im Sieben-j�hrigen Kriege (1756 � 1763)
einer Welt in Waffen widerstand.
a) Veranlassung, Der Verlust Schlesiens nagte an dem Herzen der Kaiserin. Die Tr�nen kamen ihr in die Augen, wenn sie einen Schlesier sah. Ihr kluger Minister Kaunitz brachte endlich ein geheimes B�ndnis mit Ru�land, Frankreich und Sachsen zustande, das nichts Geringeres be-zweckte, als den Pren�enk�nig wieder zum Markgrafen von Brandenburg diesem Bunde waren verschieden.
wiederhaben.
?
208. Zielen.
1756
zu machen. Die Beweggr�nde zu ftaria Theresia wollte Schlesien Ru�land nnd Frankreich f�rchteten die Machtentwicklung Preu�ens. F�r Frankreich lag auch ein Grund darin, da� das feindliche England sich mit Friedrich verb�ndet hatte. Dazu kamen pers�nliche Ver-stimmnngen. Die sittenlose Kaiserin Elisabeth von Ru�land wollte sich an Friedrich wegen feiner bei�enden Sp�ttereien r�chen; die sittenlose Marqnise von Pompadour, die den K�nig Ludwig XV. beherrschte, f�hlte sich von Friedrich beleidigt. Sachsen trachtete danach, die alten Scharten auszuwetzen, der allm�chtige G�nstling Graf Br�hl, sich f�r Friedrichs Spott und Verachtung zu r�chen. Friedrich hatte dieser �Welt in Waffen" mit 90 Millionen Menschen nur sein bew�hrtes Heer, seinen unersch�pflichen Geist, den Opfermut feines Volkes von 5 Millionen und englische Hilfsgelder entgegenzusetzen. Von allen Verhandlungen feiner Feinde erhielt er Abschrift durch einen bestochenen Schreiber Br�hls. Auch von anderer Seite erfuhr er, da� man gegen ihn r�ste. Er beschlo�, feine Feinde zu �berraschen, ehe sie mit ihren R�stungen fertig w�ren.
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1756 b) Der gute Anfang 1756. Pl�tzlich fiel er im Sommer in Sachsen ein, nahm Dresden und schlo� das s�chsische Heer bei Pirna ein. Seine Feinde schrien �ber Verrat und Bruch des V�lkerrechts, er aber ver�ffentlichte als Antwort die gegen ihn geschmiedeten Pl�ne. Inzwischen
r�ckte der �sterreichische Feldmarschall Brown aus B�hmen heran. Friedrich lieferte bem weit st�rkeren Feinde eine entscheidende Schlacht bei Lobositz an der Elbe (1. Oktober). Als bie Preu�en ihr Pulver verschossen hatten, gingen sie bem Feinbe mit bem Bajonette zu Leibe. Friebrich war entz�ckt �ber solch unvergleichliche Tapferkeit. Die eingeschlossenen Sachsen hofften indessen sehnlich auf Entsatz. Als der Kanonendonner von Lobositz verhallt war, ohne da� Hilfe nahte, und als das Gespenst des Hungers immer zu-dringlicher durch die Zeltreihen ging, da streckten fie endlich das Gewehr (16. Oktober). Die Offiziere gaben ihr Ehrenwort, in diesem Kriege nicht wieder gegen Preu�en zu fechten; die Gemeinen wurden in die preu�ische Armee gesteckt, zu Friedrichs Schaden, denn sp�ter entliefen fie einzeln und in Regimentern. Der s�chsische K�nig war mit seinem G�nstlinge Br�hl nach Polen gefl�chtet. Friedrich aber brachte den Winter in Sachsen zu.
1757 c) Der Sieg bei Prag am 6. Mai 1757. Das Jahr 1757 rief auch Ru�land und Frankreich ins Feld. Letzerem hatte sich Schweden, �sterreich aber das Deutsche Reich angeschlossen. Preu�en z�hlte nur England und einige deutsche Kleinstaaten, wie Braun-schweig, Hannover, Gotha u. a., als Bundesgenossen. Friedrich brach in B�hmen ein mit vier Heers�ulen, die sich vor Prag vereinigten. Die �sterreicher unter Karl von Lothringen standen wohlverfchanzt auf Anh�hen. Friedrich wollte nnverweilt angreifen, feine Generale rieten jedoch ab. Da rief er: �Frische Fische, gute Fisches und bestand auf dem An-griff. Der alte Schwerin dr�ckte darauf feinen Hut ins Geficht und sagte: �Mu� es denn heute geschlagen sein, so will ich den Feind angreifen, wo ich ihn vor mir sehe." Die Preu�en st�rmten tapfer vor, aber ganze Reihen wurden von den Feuerschl�nden der feindlichen Batterien nieder-gem�ht, andere versanken in dem tr�gerischen Moore, das sie f�r gr�ne Saatfelder gehalten hatten. Schon wankten die preu�ischen Linien, da er-griff Schwerin eine Fahne, stellte sich an die Spitze und rief: �Heran, ihr Kinder!" Doch nach wenigen Schritten sank er, von f�nf Kugeln durch-bohrt, unter seiner Fahne zusammen. Der Tod des F�hrers entflammte die Soldaten zur �u�ersten Anstrengung. Gleichzeitig griff der K�nig wirksam auf einem schwachen Punkte der Feinde ein und dr�ngte sie in
209. Graf von Schwerin.
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die Festung hinein. Aber der Sieg bei Prag (6. Mai) war mit dem Leben Schwerins, �der allein 10000 Mann wert war", und mit 12 000 Gefallenen teuer erkauft. Der Verlust der �sterreicher war noch gr��er, und auch sie hatten den Verlust eines Marschalls, des t�chtigen Brown, zu beklagen.
d) Die Niederlage bei Koliu am 18. Juni 1757. Prag 1757 konnte der K�nig nicht nehmen, vielmehr drohte der Marschall Daun,
ihm den R�ckweg abzuschneiden. Darauf griff ihn Friedrich bei Kolin an der Elbe an (18. Juni). Alles ging gut, und schon wankten die feind-lichen Reihen, da gerieten die Preu�en durch die Fehler einzelner F�hrer in eine ung�nstige Stellung und konnten trotz siebenmaligen Anst�rmens die Feinde nicht zur�cktreiben. Friedrich st�rzte sich mit Todesverachtung in das dichteste Get�mmel. Ein zusammengerafftes H�uflein f�hrte er k�hn gegen eine Batterie. Als alle gefallen waren, rief ihm ein Adjutant zu: �Majest�t, wollen Sie die Batterie allein erobern? ' Mit dem Fern-r�hre betrachtete Friedrich die Stellung der Feinde, ritt dann zur�ck und befahl den R�ckzug. Als die Pferde getr�nkt wurden, reichte ihm ein Soldat einen Trunk aus einem Pferdeeimer und sagte: �Majest�t, trinken Sie doch, und lassen sie Schlacht Schlacht sein! Es ist nur gut, da� Sie noch leben. Unser Herrgott wird uns schon wieder den Sieg ver-leihen." In dem n�chsten Dorfe fanden abends Offiziere den K�nig auf einer Brunnenr�hre sitzen, wie er in tr�bem Sinnen Figuren mit seinem Kr�ckstocke in den Sand zeichnete. Als die Reste seines sch�nen Heeres vor�berzogen, rief er: �Kinder, ihr habt heute einen schweren Tag gehabt,
aber ich will alles wieder gut machenl" B�hmen wurde ger�umt und Schlesien von den �sterreichern wieder besetzt.
e) Der Gl�ckstag bei Ro�bach am 5. November 1757. Dem 1757 Ungl�ckstage bei Kolin folgten noch einige andere Unf�lle. Ein sranz�-sisches Heer fiegte bei Hastenbeck a. d. Weser �ber den englischen Feld-Herrn, die Russen bei Gro�j�gerndors in Ostpreu�en �ber den General Lehwald. Ein zweites franz�sisches Heer unter dem Prinzen Sonbise
und die buntscheckige Reichsarmee machten sich in Th�ringen breit. Gegen sie wandte sich Friedrich zuerst. Die Reichsarmee bestand aus den Soldaten der deutschen F�rsten und sollte auf Befehl des Kaisers den �Friedebrecher" z�chtigen. Sie sah bunt und wunderlich genug aus. Da gab's R�cke, Hosen und H�te von allen Formen und Farben, verrostete Gewehre, in welche die Kugeln nicht pa�ten, und allerlei Waffen, die aus irgendeinem Winkel hervorgeholt waren. Die Soldaten waren zum gro�en Teile Landstreicher, Kr�ppel und Gesindel. Sie verstanden oft die Befehle der Offiziere nicht und konnten weder ordentlich marschieren noch schie�en. Spottweise nannte man sie die Rei�ausarmee. Bei Ro�bach wurden Friedrichs 22 000 Mann von einer mehr als zweifachen �bermacht umlagert. Als Friedrichs Truppen ihre Stellung ver�nderten, um die Franzosen aus ihrer guten Stellung zu locken, hatten die Franzosen nur die eine Angst, da� jene ihnen entwischen m�chten. Sonbise sandte schon einen Eilboten nach Paris, um anzuzeigen, da� er den Marquis von Brandenburg bald als Gefangenen zur Augenweide der Pariser schicken
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w�rde. Die Preu�en kochten noch ihr Essen, und die Offiziere sa�en noch bei Tische, als die Feinde heranzogen. Da verschwanden die Zelte; die Kanonen rasselten daher, und in einer halben Stunde war die Armee schlagfertig. Seydlitz, der k�hne Reitergeneral, brach aus einem Hohl-
Wege wie ein Wirbelwind unter die Franzosen. Von einem H�gel spien die Kanonen ihren eisernen Hagel zwi-sehen die Feinde, und die Infanterie ging im Sturmschritt vor. Da kam die ganze Franzosenarmee ins wildeste Laufen. Ihre reichen Zelte lie�en sie im Stiche, und das ganze Feld be-s�eten sie mit H�ten, Tornistern, Stiefeln und Flinten. Der fr�hliche Sieg von Ro�bach (5. November) kostete dem K�nige nur 91 Tote und rief einen unbeschreiblichen Jubel in Deutschland und England hervor. Man sang: �Und wenn der gro�e Friedrich kommt und klopft nur auf die 2\0. Freiherr von Seidlitz. Hosen, so l�uft die ganze Reichsarmee,
Pandnren und Franzosen."
1757 f) Der gl�nzende Sieg bei Lenthen am 5. Dezember 1757. Inzwischen stand es schlimm in Schlesien, denn Daun hatte dort gro�e Fortschritte gemacht. Die Festung Schweidnitz war in die H�nde der �sterreicher gefallen. Friedrich beschlo�, die Feinde anzugreifen, wo er sie f�nde, �und w�re es hoch auf dem Zobtenberge". Er wu�te, da� er jetzt vor der wichtigsten Entscheidung des Krieges stand. Entweder er siegte, oder er war verloren. Bei Lenthen, unweit Breslau, traf er mit feinen 33 000 Preu�en, der �Potsdamer Wachtparade", auf mehr als 80000 �sterreicher unter Karl von Lothringen (5. Dezember). Friedrich hielt eine ergreifende Ansprache an die Generale. �Leben Sie wohl," sagte er, �in kurzem haben wir den Feind geschlagen oder sehen uns nie wieder!" Die �sterreicher bildeten eine lange Linie. Friedrich machte in der s�ge-nannten schiefen Schlachtordnung einen Sto� auf den �berraschten linken Fl�gel der �sterreicher, warf ihn und vernichtete dann auch den in Ver-wirrung geratenen rechten Fl�gel. Sein Feldherrnblick, die Schnelligkeit der Bewegungen und die todesmutige Tapferkeit der Preu�en hatten den herrlichsten Sieg erfochten. Auf dem blutgetr�nkten Schlachtfelde zwischen Leichen, flackernden Lagerfeuern und unter dem dunkelnden Nachthimmel rasteten die Truppen in ernstem Schweigen. Da hob einer an zu singen: Nun danket alle Gott �, andere fielen ein, die Musik spielte die Begleitung, und endlich sang die ganze Armee den erhebenden �Choral von Leuthen". Abends kam Friedrich bei der Verfolgung noch in gro�e Gefahr. Als er in das Schlo� zu Lissa eintrat, kamen ihm viele �sterreichische Offiziere mit Fackeln entgegen. Friedrich gr��te: �Bonsoir, messieurs!" Kann man hier auch noch unterkommen?" Die Best�rzten leuchteten ihm hinein, und
2{0. Freiherr von Seidlitz.
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Friedrich unterhielt sich so lange mir ihnen, bis sein Gefolge erschien und sie gefangen nahm. Fast ganz Schlesien wurde darauf von den Feinden ges�ubert.
g) Der blutige Sieg bei Zorndorf am 25. August 1758. 1753 Die Russen unter Fermor waren bis in die Neumark vorgedrungen,
hatten alles verw�stet und K�striu verbrannt. Da eilte Friedrich herbei.
Er hatte zwar Schweidnitz wiedererobert, aber sich aus M�hren nach Schlesien zur�ckziehen m�ssen. Der Jammer seiner obdachlosen Untertanen zerri� sein Herz und steigerte den Rachedurst der Soldaten derart, da� sie schwuren, den Russen keinen Pardon zu geben. Bei Zorndorf, n�rdlich von K�strin (25. August), traf Friedrich auf das ungeheure Viereck der an Zahl weit �berlegenen Russen. Die Kanonen taten ihre Arbeit; aber hinter den niederkart�tschten Gliedern der Russen erstanden immer neue. Wunder der Tapferkeit verrichtete Seydlitz mit der Reiterei. Als durch einen Angriff des russischen Fu�volkes die Schlacht zu wanken begann,
gab er ihr durch seine Reiterei wieder eine gl�ckliche Wendung. Die In-fanterie metzelte die Russen wie Schlachtschafe nieder, denn lebend wichen sie nicht von der Stelle. Zuletzt fielen sie �ber die Branntweinf�sser her und taten sich g�tlich im Angesichte des Todes. Als die Offiziere die F�sser zerschlagen lie�en, da lecktm sie das k�stliche Feuerwasser von der Erde auf. Voll Ekel �u�erte Friedrich: �Mit solchen Lumpenkerlen mu� ich mich schlagen!" Die Nacht machte der Schl�chterei ein Ende. Zu Seydlitz sagte Friedrich: �Auch diesen Sieg verdanke ich Ihm!"
h) Der �berfall bei Hochkirch am 14. Oktober 1758. Nun 1758 eilte Friedrich seinem Bruder Heinrich zu Hilfe, den Dann in Sachsen bedr�ngte. Bei Hochkirch, unweit Bautzen, bezog er der festen Stellung Dauns gegen�ber ein offenes Lager. Seine Generale warnten ihn ob dieser Sorglosigkeit. Der Feldmarschall Keith meinte: �Wenn uns die �sterreicher hier nicht angreifen, so verdienen sie geh�ngt zu werden." Friedrich sagte l�chelnd: �Hoffentlich werden sie uns mehr als den Galgen f�rchten." Aber die �sterreicher r�chten sich f�r diese Geringsch�tzung. In dunkler Nacht vor Tagesgrauen (am 14. Oktober) schlichen sie sich heran
und �berfielen die Preu�en. Ein furchtbares Gemetzel entspann sich in der Dunkelheit und dann in dem Flammenscheine des brennenden Dorfes. 9000 Preu�en fielen, darunter der Feldmarschall Keith, und fast alles Gep�ck ging verloren. Der Wachsamkeit Zietens war es zu danken, da� ein leidlich geordneter R�ckzug angetreten werden konnte. Den �fter-reichern brachte der �berfall wenig Vorteil, denn Friedrich behauptete Schlesien. Im Westen hatte der tapfere Herzog Ferdinand von Braun-schweig, der das englisch-hann�versche Heer f�hrte, die Franzosen �ber den Rhein gejagt und bei Krefeld besiegt (23. Juni).
i) Das Ungl�ck von Kunersdorf am 12. August 1759. 1759 Das Jahr 1759 brachte dem K�nige Unfall auf Unfall. Die Russen unter Soltikow vereinigten sich mit den �sterreichern unter Laudon. Friedrich griff sie am 12. August bei Kunersdorf, unweit Frankfurt
a. O., an. Nach siebenst�ndigem Ringen begannen die Russen zu weichen,
aber Friedrich war mit einem halben Erfolge nicht zufrieden. �Es ge-
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lt�gt nicht, die Russen zu schlagen, man mu� sie vernichtend rief er und f�hrte die ermatteten Soldaten aufs neue gegen den Feind. Aber sie waren den jetzt eingreifenden frischen Truppen der �sterreicher nicht mehr gewachsen. Ihre Reihen l�sten sich endlich in die wildeste Flucht auf. Friedrich st�rzte sich in das dichteste Get�mmel, und zwei Pferde wurden unter ihm erschossen. �Gibt es denn keine verw�nschte Kugel f�r mich!" rief er verzweifelnd. Wohl flog eine daher, aber sie prallte an der goldenen Dose in seiner Westentasche ab. Mit M�he bewog ihn ein Osfi-zier zur Flucht. Schlaflos verbrachte er eine schreckliche Nacht in einer halbzerst�rten Bauernh�tte. Der preu�ische Verlust war ungeheuer. Unter den zu Tode Getroffenen befand sich auch der Major Ewald von Kleist, der Dichter des �Fr�hlings". Die Uneinigkeit der beiden Sieger rettete den Rest des Heeres und Berlin. In demselben Jahre mu�te Schmettau Dresden �bergeben und der General Fink bei Maxen, unweit Pirna, sich mit 12 000 Mann gefangen geben (der Finkenfang bei Maxen). Nur ein Sonnenstrahl fiel in das trostlose Dunkel dieses Jahres. Herzog Ferdinand hatte bei Minden einen neuen Sieg �ber die Franzosen (1. August) erfochten und so wenigstens im Westen das Vordringen des Feindes abgewehrt.
k) Die Siege bei Liegnitz und Torgau 1760. Im Jahre 1760 wurde Fonqne bei Laudshut, im Regierungsbezirk Liegnitz, von Laudon besiegt und gefangen genommen, bei Liegnitz dagegen siegte Friedrich �ber Laudon, der ihn beim Morgengrauen �berraschen wollte, aber das Heer in voller Schlachtordnung fand; um 5 Uhr Morgens war er schon aufs Haupt geschlagen (15. August). Schon hatten die Feinde gejubelt: �Wir haben ihn im Sacke nnd brauchen blo� zuzubinden!" Friedrich aber hatte gespottet: �Ich denke ein Loch in den Sack zu machen, das sie nicht wieder flicken sollen!" Berlin war inzwischen von den Russen gebrandschatzt. Sachsen von den �sterreichern eingenommen worden. Da wagte Friedrich die blutige Schlacht bei Torgau, die Zietens Tapferkeit aus einer Niederlage in einen Sieg verwandelte (3. November). Steten griff, als Friedrich schon zur�ckgeworfen war, die �sterreicher im R�cken an und brachte sie zum Weichen.
1761 1) Die verzweifelte Lage 17 61. Im Jahre 1761 wurde Friedrichs Lage noch schlimmer. Seine Mittel waren ersch�pft, feine Heere zusammengeschmolzen. Er mu�te sich auf die Verteidigung in dem festen Lager Bnnzelwitz (bei Schweidnitz) beschr�nken. Ein gro�er Teil Schlesiens und auch Hinterpommern waren verloren gegangen, letzteres an die Russen. Friedrichs Stimmung war oft tr�be und trostlos; da suchte ihn Zieten durch fein Gottvertrauen aufzurichten. �Der alte Alliierte (Verb�ndete) da droben verl��t uns gewi� nicht!" tr�stete er. �Ach", seufzte der K�nig, �der tut keine Wunder mehr, und nur ein Wunder kann mich retten!" Und das Wunder geschah!
1762 m) Die g�nstige Wendung 17 6 2. Das Jahr 1762 brachte eine unerwartete g�nstige Wendung. Elisabeth von Ru�land starb, und ihr Nachfolger Peter III., ein Bewunderer Friedrichs, schlo� Frieden, gab alle Eroberungen heraus, lie� die Gefangenen frei und sandte
fW* �� m"' 2�. Friedrich D,r Sr�߰ in d.r Schlacht. |��W� �
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20000 Mann Hilfstruppen unter Czernitscheff. Nun schickte sich Friedrich zu einem entscheidenden Schlage gegen �sterreich an. Da kam die Ungl�cksbotschaft, da� Peter III. ermordet sei, und da� seine kluge, aber sittenlose Gattin Katharina IL die Hilfstruppen abberufen habe. Friedrich bewog seinen Verehrer Czernitscheff, den Befehl noch zu ver-heimlichen und seine Truppen, freilich nur als Zuschauer, in Schlachtordnung aufzustellen. So erfocht Friedrich den Sieg bei Burkersdorf (21. Juli). Durch den Sieg bei Freiburg behauptete sein Bruder Heinrich, �der im ganzen Kriege keinen Fehler gemacht", Sachsen. Im Westen drang Ferdinand von Braunschweig siegreich vor. Am Ende des Jahres standen nur noch Sachsen und �sterreich Friedrich gegen�ber.
1763 n) Das gute Ende 1763. Da schwand endlich in Wien die Hoff-nuug, den Preu�enk�nig zu �berw�ltigen. Im Frieden von Hubertus-b�rg, einem s�chsischen Jagdschlosse zwischen Grimma und Oschatz, mu�te man ihm Schlesien mit der Grafschaft Glatz lassen (15. Februar 1763). Preu�en galt hinfort als f�nfte Gro�macht. Nicht enden wollte der Jubel bei Friedrichs Einzug in Berlin. Er aber ent-floh demselben in das stille Charlottenburg und lauschte, allein in der k�niglichen Loge der Schlo�kapelle, den herrlichen Kl�ngen des Graun-schen Tedeums. Als die S�nger jubelnd einfielen: �Herr Gott, dich loben wir!", da �berw�ltigte R�hrung sein Herz; er neigte sein Haupt, und Tr�nen entrollten seinen Augen. Ganz Europa bewunderte den Heldenk�nig.
7. Wie Friedrich regierte und f�r sein Volk sorgte. Der
gro�e K�nig war nicht nur ein Held des Schwertes und der Feder, sondern zeigte sich in den Friedensjahren auch als ein Vater seines Volkes oder, wie er zu sagen pflegte, als erster Diener des Staates. In wenigen Jahren heilte er die schweren Wunden des Krieges und hob durch eine musterhafte Verwaltung den Wohlstand der Bev�lkerung seines Staates.
a) Er regierte unumschr�nkt, aber gewissenhaft. Die ganze Staatsverwaltung leitete er selbst. Seine Anordnungen erstreckten sich sehr oft bis auf die kleinsten Dinge, die ihm von irgendwelcher Wichtigkeit f�r das Ganze erschienen. Aber immer verrieten sie Sachkenntnis und praktische Verst�ndigkeit. Im allgemeinen folgte er den Grunds�tzen seines Vaters: m�glichst zu sparen und die Einnahmen zu er-h�hen, ohne das �rmere Volk mit Abgaben zu belasten. Die Minister waren nur seine Gehilfen; sie legten ihm ihre Berichte vor, und er gab seine Entscheidung am Rande in kurzen Worten, nicht selten mit bei�endem Witz. Die Beamten mu�ten angestrengt arbeiten; die Be-soldung, besonders der niederen Beamten, war meist k�rglich. Begingen sie grobe Verst��e, die dem Staate Nachteil brachten, so wurden sie nicht selten durch harte Geldbu�en gestraft. Der Geist unerm�dlicher T�tigkeit und selbstloser Hingabe an die Pflicht, der den K�nig beseelte, ergriff schlie�lich auch die unter seinen Augen arbeitenden preu�ischen Beamten, so da� sie keinen h�heren Ehrgeiz kannten, als ihrem K�nige und Herrn zu gefallen und nach seinem Vorbilde dem Wohle des Ganzen zu dienen.
b) Er mehrte die Einnahmen. Durch Sparsamkeit in der Staats- und Hofverwaltung und durch Steigerung der Eink�nfte aus der Akzise, die er auf recht viele Verbrauchsgegenst�nde ausdehnte, aus den Luxussteuern, indem er besonders den Verkauf von Kaffee und Tabak als ausschlie�liches Recht des Staats (Monopol) ge-winnbringend zu machen versuchte, und aus den Z�llen auf ausl�ndische Waren gewann er viele Millionen. Schonend legte er aber zugunsten der �r-meren nur geringe Steuern auf die notwendigen Le-bensmittel (Fleisch, Brot u. a.). Als Steuerbeamte nahm er Franzosen in sei-ue Dienste, besonders f�r Kaffee- und Tabaksregie (Verwaltung). Diese mach-ten sich durch ihre Haus-suchungen nach verbotenen Waren bald l�stig und mi�liebig; man nannte sie ver�chtlich �Kaffeeriecher".
Trotz der kostspieligen Krie-ge konnte er gegen siebzig seiner ersparten Millionen als Darlehn und Unter-st�tznngen f�r seine Unter-tanen ins Land flie�en lassen.
<z)Er half derLand-Wirtschaft auf und f�r-derte sie, sorgte f�r
Ansiedlung undUrbar- 2(2. $ofllmcnl,nfd,ra1lf mit uhr-ufs-tz. machnng und besserte Aus dem Besitze Friedrichs des Gro�en,
die Lage der Bauern.
Durch Krieg und Mi�wachs war der Landmann besonders in dem �stlichen Teile Preu�ens verarmt und unf�hig, sich selbst zu helfen. Da nahm sich der K�nig seiner v�terlich an. Er erlie� dem bed�rftigen Landmann f�r mehrere Jahre die Stenern, schenkte ihm Holz zum Auf-bau feines verbrannten Hauses und lieferte ihm unentgeltlich Kavalleriepferde zu Ackerg�ulen und Saatkorn aus den Staatsmagazinen. Die Staatsmagazine wurden in reichen Ertragsjahren bei billigem Einkauf mit Getreide gef�llt und in teuren Zeiten f�r die Bed�rftigen ge�ffnet, damit diese zu billigen Preisen Korn erstehen konnten. Mehrmals hat diese Ein-
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richtung der Hungersnot vorbeugt. Mit gro�em Nachdruck drang der K�nig auf die Einb�rgerung des Kartoffelbaues, um ein billiges Nahrungs-mittel f�r die �rmere Bev�lkerung zu schaffen. Aber die Bauern wollten in ihrem Unverst�nde nichts von dieser Frucht wissen, zumal da der Genu� nach ihrer Meinung Fieber erzeugte. Nettelbeck erz�hlt aus seinen jungen Jahren: �Der K�nig schenkte meiner Vaterstadt Kolberg einen ganzen Wagen voll Kartoffeln. Kopfsch�ttelnd bot sie ein Nachbar dem anderen. Man brach sie auseinander und warf sie, nat�rlich roh, den Hunden vor. Diese schnoberten dran herum und verschm�hten sie gleich-falls. Nun war ihnen das Urteil gesprochen. �Die Tinger" hie� es, �riechen nicht und schmecken nicht, und nicht einmal die Hunde wollen sie fressen. Was w�re uns damit geholfen?" Der K�nig aber ruhte nicht, bis er feine Untertanen von dem Werte der Erd�pfel �berzeugt hatte. Er sandte Leute im Lande umher und lie� die Bauern anweisen, wie sie die Kartoffeln anbauen und verwerten m��ten. Flachs und Klee wurden auf Friedrichs Gehei� allgemeiner angebaut und die Lupine eingef�hrt. Zur Verbesserung der Schafzucht lie� er spanische Edelschafe (Merinos) kommen und Mustersch�fereien anlegen.
In die durch den Krieg entv�lkerten Provinzen, namentlich nach der Neumark, Schlesien, Ost- und Westpreu�en, zog er Ansiedler aus anderen deutschen L�ndern und aus Holland, Frankreich, England und Italien �ohne Ansehen der Religion und Nation". Die Holl�nder mu�ten sich mit Viehzucht, die Pf�lzer mit Obst- und Gartenbau, die Italiener mit Seiden-bau befassen. Im ganzen sind gegen 300000 Menschen eingewandert und viele hundert D�rfer neu erbaut worden. Die Ansiedler erhielten Baupl�tze mit dem n�tigen Hinterland, Befreiung von Steuern und Lasten f�r l�ngere Zeit, in den St�dten unentgeltlich das B�rger- und Meister-recht, und wenn es not tat, Vorsch�sse zu niedrigen Zinsen. Tausende von Familien lie�en sich in den von dem K�nige trocken gelegten Sumpf-gegenden, besonders in dem Oder-, dem Warthe- und dem Netzebruche, nieder und wandelten das bisher nutzlose Land in bl�hende Felder und Wiesen um. Als der K�nig das urbar gemachte Oderbruch besichtigte, rief er voll Freude aus: �Da Hab' ich mitten im Frieden eine Provinz gewonnen!"
Neben der wirtschaftlichen Hebung des Bauernstandes suchte der K�nig auch dessen pers�nliches Los zu bessern. Zwar konnte er die Leib-eigenschaft und Erbuntert�nigkeit der Gutsuntertanen nicht aufheben, aber er trat mit strengen Verboten gegen deren entehrende und selbsts�chtige Behandlung durch die Gutsherren und Amtleute auf. Den Amtleuten auf den Dom�nen und den Gnts'herrschaften befahl er, die Bauern menschlicher zu behandeln, nicht mit Stockschl�gen zu �traktieren" nud den Hof- und Spanndienst auf drei Tage in der Woche zu beschr�nken. Die Bauernh�fe, die zu den Dom�nen geh�rten, wurden erbliches Eigentum ihrer bisherigen Insassen. Auch gegen die Besch�digung der Felder durch das Herrschaft-liche Wild wurden scharfe Verordnungen erlassen.
d) Er regte den Gewerbflei� an und unterst�tzte ihn wie den Handel auf jede Weise. Um die bestehenden Gewerbe zu ver-
bessern und neue lohnende einzuf�hren, zog Friedrich, oft unter gro�en Kosten, t�chtige fremde Handwerker und Fabrikanten ins Land und munterte Unternehmungslustige unter seinen Untertanen f�r die Anlage von Fabriken auf; ja, er steuerte selbst Geld dazu bei. So entstanden (haupts�chlich in der Mark) neben den alten neue Eisen- und Stahl-sabriken, Wollspinnereien, Tuchfabriken und Seidenwebereien. Dazu kamen neue Anlagen von Papierfabriken, Zuckersiedereieu, Baumwollspinnereien und einer Porzellanfabrik (in Berlin). In Schlesien wurde die Leinwand-Weberei schwunghaft betrieben. Um die inl�ndische Industrie zu heben, lie� er die Erzeugnisse fremder L�nder (Fabrikate) bei ihrer Einf�hrung in Preu�en hoch besteuern (Schutzz�lle). Den Handel suchte er durch ver-besserte Wege, durch Kan�le (Plauenscher, Finow- und Bromberger Kanal) und H�fen (Seehafen Swinem�nde) sowie durch die Er-richtuug der Bank und der Seehandlungsgesellschaft zu heben. Die Bank sollte Kaufleuten und Gewerbetreibenden gegen m��ige Zinsen Geld-Vorsch�sse zu ihren Unternehmungen gew�hren, die Seehandlungsgesellschaft durch den Betrieb �berseeischen Handels dem Staate Gewinn einbringen.
e) Er f�hrte eine einfachere und unparteiische Rechts-pflege ein. Mit der Rechtspflege sah es damals �bel aus. Die Pro-zesse wurden von den Richtern und Advokaten in der Regel hinausgezogen, um m�glichst viel Kosten zu erzielen, und deshalb, wie Friedrich selbst sagte, gewann der Reiche allzeit seinen Proze� gegen die Armen. Friedrich drang nun auf Abk�rzung nnd Vereinfachung des Proze�verfahrens. Schon 1747 erschien die neue Gerichtsordnung, welche verlangte, da� die Pro-zesse abgek�rzt uud in einem Jahre beendet und ohne Ansehen der Person eine �gleiche uud unparteiische Justiz" gehandhabt werden sollte. Vor allem wurde den Richtern eingesch�rft, sich stets vor Augen zu halten, da� der geringste Bauer, ja der Bettler ebensowohl ein Mensch ist wie Seine Majest�t, und da� ihm alles Recht widerfahren mu�, indem vor dem Ge-setz alle Leute gleich sind. �Ein Justizkollegium, das Ungerechtigkeit aus-�bt, ist gef�hrlicher und schlimmer als eine Diebesbande." Der K�nig selbst betrachtete sich als Anwalt der Armen und Gedr�ckten. Das unter ihm von dem Justizminister von C arm er in Angriff genommene Gesetz-buch f�r den preu�ischen Staat, �das Allgemeine Landrecht", erschien erst nach seinem Tode und trat 1794 in Kraft.
f) Er nahm sich der Volksbildung an. Das Schulwesen auf dem Lande war in �u�ersten Verfall geraten; die Kinder auf den D�rfern wuchsen durch die Unersahrenheit der meist ungebildeten Schulmeister und K�ster in Unwissenheit und Dummheit auf. Diesen Zustand sollte eine neue Schulordnung, das General-Landschnl-Reglement, das 1763 erschien, �ndern. Es regelte die Schulpflicht, den Schulbesuch und den Unterricht. Aber leider wurde die gute Absicht Friedrichs nur hier und da erreicht, da brauchbare Lehrer und die Opferwilligkeit der Gemeinden und Gutsherrn f�r die Schule fehlten. Handwerker und ausgediente Sol-daten versahen in der Regel auf dem Lande den Schuldienst. Um einen wirklichen Lehrerstand zu gewinnen, wurden mehrere Seminare gegr�ndet. In Berlin entstand damals auch die erste Realschule.
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K) Er pflegte die K�nste und Wissenschaften. Friedrich besa� gro�es Interesse f�r die Ton- und namentlich die Baukunst. Er war ein hervorragender K�nstler auf der Fl�te und ein Liebhaber des Gesanges und der Oper. F�r die Hofoper stellte er fremde S�nger mit hohem Ge-halt an. Er lie� das Opernhaus, die K�nigliche Bibliothek, Schlo� Sanssouci und das Neue Palais erbauen und seinen der-dienstvollen Gener�len Standbilder errichten. Der Tiergarten wurde in einen sch�nen Park umgewandelt. Von der deutschen Sprache und Literatur hielt er nicht viel, desto mehr von der franz�sischen. Er beteiligte sich an den Arbeiten der Akademie der Wissenschaften durch eigene Schriften und schrieb insbesondere mehrere Werke �ber Politik, Geschichte, Philo-sophie und Kriegskunde, aber alles in franz�sischer Sprache. An seinem Hose verkehrten bedeutende Gelehrte und Schriftsteller, meistens Franzosen.
h) Er verbesserte das Heerwesen. Unerm�dlich f�rderte der K�nig auch im Frieden die Kriegst�chtigkeit und Schlagfertigkeit seines Heeres durch zahlreiche �bungen und allj�hrliche pers�nliche Besichtigungen. Seinem scharfen Auge entging nichts, und seine Strenge war gef�rchtet. Durch den Umbau von Festungen erh�hte er den Schutz des Landes, und durch Vermehrung der Artillerie suchte er seinen Truppen die �berlegen-heit auf dem Schlachtfelds zu sichern. Das Heer (zuletzt 200000 Mann) bestand etwa zu einem Drittel aus Landeskindern (meist aus dem Bauern-und niederen B�rgerstande), der Hauptteil war geworben. Dem Adel gab er die Offizierstellen, wie er ihn auch bei der Besetzung der h�heren Beamtenstellen bevorzugte. Die B�rger sollten Gewerbe, Handel und Industrie treiben.
8. Wie Friedrich Wcstpreu�en erwarb und hob. Das benach-barte Wahlreich Polen versank immer tiefer in Zerr�ttung und Ohnmacht. Der Wahlk�nig war v�llig machtlos. Die Macht lag in den H�nden des Adels. Einen B�rgerstand gab es nicht; die Bauern waren Leibeigene des Adels und wurden in sklavischer Unterw�rfigkeit gehalten. Der Adel lebte von dem Schwei�e der Bauern in verschwenderischer Liederlichkeit (�polnische Wirtschaft"). Auf dem polnischen Reichstage zu Warschau konnte jeder einzelne Edelmann durch seinen Einspruch die Annahme der Vorlagen verhindern. Die Folge war unaufh�rlicher Streit und Zank bis zu Handgreiflichkeiten; daher die Redensarten: �Es geht polnisch zu." �Es geht wie auf dem polnischen Reichstage." Zwischen den Anh�ngern des von Ru�land unterst�tzten K�nigs Stanislaus Poniatowski und der von der Geistlichkeit gef�hrten nationalen Partei (Konf�deration), die nach Unabh�ngigkeit und Freiheit strebte, brachen heftige B�rgerk�mpfe aus. Da mischten sich auch Preu�en und �sterreich, die l�ngst auf Ru�land eifers�chtig, aber gegeneinander mi�trauisch waren, in die polnischen An-gelegenheiten. Nachdem �sterreich einen Streifen polnischen Landes be-setzt hatte, vereinigten sich auf Friedrichs Anregung Ru�land, �sterreich und Preu�en zur ersten Teilung Polens (1772) Friedrich erhielt Westpreu�en ohne Thorn und Danzig und nannte sich hinfort K�nig �von" statt, wie bisher, �in" Preu�en. War der Erwerb des Landes auch kein rechtm��iger, so entschuldigten ihn doch die Umst�nde. Friedrich
� lU/nU Zgr. Stgt.
2[5. Saal im Schlosse zu Sanssouci.
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Hut der neuen Provinz, die �brigens eine alte, kerndeutsche Besitzung und nur durch Verrat an Polen gekommen war, die gr��te Sorgfalt zugewandt und das lange Elend derselben geendet. Das verlassene, arme Land ohne Herrn, ohne Gesetz, ohne Zucht und ohne eine Spur von Wohlstand wurde, wie fr�her Schlesien, des K�nigs Lieblingskind, das er wie eine gute Mutter mit unendlicher Liebe und Nachsicht pflegte und zur Arbeit und zur Sitte f�hrte.
9. Wie der gro�e K�nig aussah und lebte. Der �alte Fritz" war von kleiner, magerer, nach vorn gebeugter, aber behender Gestalt. Kinnladen und Nase standen etwas vor. Aus dem Antlitz blitzten durch-dringende graublaue Augen. Sein Gang war rasch und stolz, sein K�rper abgeh�rtet, seine Kleidung sehr einfach. Meist trug er einen blauen Soldatenrock mit roten Aufschl�gen, der stets Spuren von Schnupftabak aufwies, einen alten dreieckigen Hut und lange, ungewichste Reiterstiefel. In der Hand hatte er einen Kr�ckstock, der zugleich als Reitstock diente, und in der Tasche eine Tabaksdose. Auf fernen G�ngen war er meist von sch�nen Windhunden umgeben.
Seine Zeit war sorgf�ltig eingeteilt. Um 4 Uhr morgens stand er auf. Bis zum Fr�hst�cke las er eingegangene Berichte und versah sie mit seinen treffenden Randbemerkungen; um 7 Uhr erschienen die Minister und Kabinettssekret�re, denen er Weisungen zur Ausarbeitung der Be-scheide gab. Dann schrieb er Briefe, gab Audienzen und besuchte die Parade. Bei der Mittagstafel spr�hten Geist, Witz und Heiterkeit. Nach-mittags pr�fte er die Ausarbeitungen der Sekret�re, die klar und kurz fein mu�ten, und empfing K�nstler und Gelehrte, las oder schrieb. Nach der Abendtafel erg�tzte er sich an Musik. Erst gegen Mitternacht endete fein Arbeitstag �Nichts sieht dem Tode �hnlicher als der M��iggang!" pflegte er zu sagen. Im Mai unternahm der K�nig regelm��ig Reisen in seinem Lande, auf denen er jeden h�rte, f�r alles Augen und Ohren, Rat und Tat hatte. Jedermann hatte Zutritt zu ihm. Er betrachtete sich als Sachwalter der Armen. �Die armen Leute wissen, da� ich ihr Landesvater bin, darum mu� ich sie h�ren!" sagte er. Sein Lieblingsaufenthalt war das Schlo� Sanssouci bei Potsdam, sein liebster Um-gang Marquis d'Argens. Den ber�hmten Voltaire zog er auch an seinen Hof; aber durch Neid, Spott- und Streitsucht und einen gemeinen Charakter machte dieser sich so ver�chtlich, da� er Berlin verlassen mu�te. Er r�chte sich durch Schm�hschriften am K�nige.
10. Wie der gro�e K�nig aus dem Leben schied am 17. August 1786. Immer freudloser wurde das Alter des gro�en K�nigs. Seine liebsten Freunde hatte der Tod abgerufen, und die Schmerzen und Leiden des K�rpers mehrten sich. Mit den Qualen der Gicht verbanden sich die Be�ngstigungen der Wassersucht. Aber in der Arbeit und Sorge f�r sein Land und Volk erlahmte er nicht. Er sagte: �Mein Leben ist auf der Neige; die Zeit, die ich noch habe, mu� ich benutzen, sie geh�rt nicht mir, fondern dem Staate." Und fr�her einmal: �H�tf ich mehr als ein Leben, ich wollte es f�r mein Vaterland hingeben!" Endlich, am 17. Au-gust 1786, verlie� in Sanssouci der hohe Geist seine irdische H�lle, die in
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2^. Reiterstatue Friedrichs des Gro�en in Berlin.
Entworfen von Rauch, enth�llt 1851.
der Garnisonkirche zu Potsdam begraben wurde. Sein Tod bewegte ganz Europa. Ein schw�bischer Bauer soll bei der Nachricht ausgerufen haben: �Wer wird nun die Welt regieren!" Das war die allgemeine Stimmung.
Friedrich der Gro�e hinterlie� seinem Nachfolger ein um etwa 1200 Q.-M. vergr��ertes Land (3600 Q.-M.) mit 6 Millionen Einwohnern, ein Heer von 200 000 Mann und einen Staatsschatz von
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150 Millionen Mark. In seinem Testamente sagte er: �Ich habe mich mit allen fr�sten Bestrebt, ben Staat gl�cklich unb bl�hend zu machen. Ich habe Gesetz unb Gerechtigkeit herrschen lassen; ich habe Orbnnng unb P�nktlichkeit in bic Finanzen gebracht; ich habe in bie Armee jene Manneszucht eingef�hrt, wobnrch sie vor allen �brigen Truppen Europas den Vorrang erhalten hat. � Meine letzten W�nsche werben ber Gl�ckseligkeit meines Reiches gelten. M�ge es stets mit Gerechtigkeit. Weis-hett unb Nachdruck regiert werben! M�ge es burch bie Milbe seiner Gesetze ber gl�cklichste, m�ge es in R�cksicht auf die Finanzen der am besten verwaltete, m�ge es durch ein Heer, das nur nach Ehre und eblem Ruhme strebt, ber am tapfersten verteibigte Staat sein! O m�ge es in h�chster Bl�te bis an bas Enbe ber Zeiten sortbanern!"
Seinem Zeitalter hat Friebrich ber Gro�e seinen Namen unb sein Gepr�ge, seinem Preu�enstaate bie Gro�machtstellung gegeben, ben sch�nsten Ruhmestitel aber als Wohlt�ter seines Volkes f�r bie Unsterblichkeit gewonnen.
11. Wie Joseph II. von �sterreich regierte. In �sterreich sa� 1765 Joseph II., der edle Sohn Maria Theresias, (seit 1765 Deutscher Kaiser) 1765 auf dem Throne (1780�1790). Er eiferte Friedrich als seinem be-wunderten Vorbilde nach. Seine V�lker zu begl�cken, war sein h�chstes Streben. Die Leibeigenschaft hob er auf; allen Religionsparteien gab er gleiche Rechte; die Volksbildung f�rderte und bie Zahl ber Kl�ster beschr�nkte er. Aber seine Volker waren nicht reif f�r sein Streben. Dazu verfuhr er allzu hastig unb tat oft ben zweiten Schritt, ehe er ben ersten getan hatte. Zu feinem Schmerz sah er am Enbe seines Lebens einen Teil seiner Untertanen in offener Auflehnung gegen sich unb mu�te manche von seinen Verordnungen wieder zur�cknehmen.
Joseph II. er-hob nach dem Ans-sterben ber Wittelsbacher in Bayern 1777 (1777) Erbanspr�che ans eilten Teil bes Lanbes unb wollte vom Kurf�rsten Karl Theobor von der Pfalz, der rechtm��i-ger Erbe war. das Land f�r Geld er-werben. Friedrich be-
wog den Erben Karl 2\5. Joseph n.
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Theodors, den Herzog von Pfalz-Zweibr�ckeu, Einsprache gegen einen solchen Handel zu erheben, und lie� seine Truppen f�r dessen Rechte in B�hmen einr�cken. Es kam zu keiner Schlacht in diesem �Kartoffel-kriege", wohl aber rafften Ruhr und Faulfieber manchen Soldaten hinweg. Im Frieden von Teschen (1779) verzichtete Joseph auf Bayern, be-hielt aber das Jnnviertel (zwischen Donau, Inn und Salzach). Gegen �sterreichs �bergriffe brachte Friedrich den �F�rstenbund" zustande.
12. Die Kultur im Zeitalter Friedrichs des Gro�en. Frankreich hatte seit dem 17. Jahrhundert, als das sogenannte Zeitalter Ludwigs XIV. begann, Geist, Sitte, Sprache und Geschmack in Europa beherrscht, w�h-reud alle �brigen Staaten, mit Ausnahme Englands, vor der �Herr-scherin" Frankreich zur�ckgetreten waren. Deutschlands geistiges Leben war durch den Drei�igj�hrigen Krieg und seine Nachwehen in Verfall geraten und hatte durch seine Anlehnung an Frankreich nur eine kl�gliche Scheinkultur und in der Literatur ungesunde Triebe gezeitigt. Da brachte der Preu�enk�nig Friedrich der Gro�e durch seine Kriegstaten, sein kr�ftiges Auftreten als Herrscher und seine bedeutende Pers�nlichkeit in das hinsiechende nationale Bewu�tsein der Deutschen neues Leben und neue Triebe und erweckte ein frisches und freudiges Selbstgef�hl, das auch die Dichter und S�nger ergriff. Stand der K�nig der deutschen Literatur und ihrer aufstrebenden Bewegung selbst auch fremd gegen�ber, so kam dennoch, wie Goethe sagt, �der erste wahre und h�here Lebensgehalt durch Friedrich den Gro�en und die Taten des Siebenj�hrigen Krieges in die deutsche Poesie".
In jener Zeit begann ein m�chtiger Aufschwung des geistigen Le-bens in Deutschland, welcher zur herrlichsten Bl�te der deutschen Poesie f�hrte. Durch Friedrichs Taten empfingen Dichter wie Kleist (f 1759), Gleim in Halberstadt (Kriegslieder; f 1803), Ramler in Berlin (Oden; f 1798), die einem preu�ischen Dichterkreise angeh�rten, unmittelbar An-regnng und Stoffe f�r ihre Muse. Vorl�ufer der kommenden besseren Zeit waren Hall er (�Alpen"; f 1777), Hagedorn (Episteln, Fabeln; t 754) und der von Friedrich f�r den vern�nftigsten deutschen Gelehrten erkl�rte Gellert in Leipzig (Fabeln, geistliche Lieder; f 1769). Die Bl�tezeit er�ffnete Klopstock; ihm folgten Lessing und Herder; ihren H�hepunkt erreichte sie in Goethe und Schiller.
Klopstock (1724�1803) ist der S�nger der Liebe zu Gott und dem Vaterlande in einer schwungvollen, erhabenen Sprache (�Messias", Oden, biblische Dramen).
Gotthold Ephraim Lessing (1729 � 1781) ist der scharfsinnige deutsche Kritiker, der Sch�pfer der klassischen Prosa und der Reformator der deutschen Nationalliteratur. In die Kunst-lehre brachte er neue Ansichten und klare Ziele (�Laokoon"), in das Drama Wahrheit, Leben, kunstvollen Bau und den f�nff��igen Jambus (�Emilia Galotti", �Minna von Barnhelm", �Nathan der Weise"), in die Schauspielkunst Einsicht und Geschmack (�Hamburger Drama-turgie"), in die Fabeln Knappheit (drei B�cher Fabeln), in das Leben einen edlen, humanen Zug (�Nathan der Weise"), und der poetischen
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2\<�. Rlopftock.
Kunst zeigte er in den englischen Dichtern und in seinen eigenen Werken Vor-bilder.
Johann Gottfried von Herder (1744�1803) hat sich unsterbliche Verdienste er-worben als kundiger Sammler der Volkspoesie aller Zeiten und V�lker(�Stimmen der V�lker"), als Philosoph (�Ideen zur Philo-sophie der Geschichte der Menschheit"), als Pfad-finder und Wegweiser iu der Sturm- und Drang-Periode der deutschen Lite-ratnr, als Legenden- und Parabeldichter (�Der ge-rettete J�ngling"), als � b e r -setzer (�Cid"), als Theo-l�ge und Schulmann, .ohann Wolfgang von Goethe (1749�1832) behandelte alle des Lebens und des Wissens in seinen Werken. Seine herrlichen
Dichtungen (�Lieder", �G�tz von Berlichingen", �Jphi-gerne", �Egmont", �Tasso", �Faust", �Hermann und Do-rothea", �Reineke Fuchs", �Werthers Leiden" u. a.) ge-ben allen idealen und realen Verh�ltnissen des mensch-liehen Lebens in den poeti-schert Kunstformen einen eben-so einfachen wie packenden �x und k�nstlerisch vollendeten Ausdruck Nat�rlich, klar, geist- und lebensvoll sind seine Kunstgebilde.
Friedrich von Schiller (1759�1805) ist gro� als schwungvoller Lyriker (Lie-der, Oden, Elegien), als Epiker in seinen Balladen und Romanzen, als �sthe-tiker (�Briesej'�&er �sthe-2\7. Herder. tische Erziehung des Men-
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schengeschlechts"), am gr��ten aber als Dramatiker (�Wallenstein", �Maria Stuart", �Jungfrau von Orleans", �Braut von Messina", �Tell" u. o.). Auch als Historiker (�Abfall der Niederlande", �Geschichte des Drei�igj�hrigen Krieges") hat er sich versucht. �
2\8. Lessing.
Hervorragende Dichter sind neben einzelnen Mitgliedern des �G�t-tinger Hainbundes" noch Wieland (f 1813), dessen Dichtungen (�Oberon" u. a.) leicht und einschmeichelnd, ungemein wohllautend, aber zum Teil leichtfertigen Inhalts find, und B�rger (^ 1794) als Balladen-dichter (�Lenore") Als deutscher Humorist wurde Jean Paul Fried-rtch Richter (1763�1825; �Titan", �Hesperns", �Quintus Fixlein", �Flegeljahre" u. a.) �beraus gefeiert. Der Mittelpunkt des geistigen Lebens, wo die gr��ten Dichter zusammentrafen, war der herzogliche Hof zu Weimar.
2{ty. Schiller- und Goethe-Denkmal in Weimar Entworfen von Nietschel, enth�llt 1857.
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Die Tonkunst bl�hte in echt deutschen Sch�pfungen durch die gro�en Meister Bach in Leipzig, H�ndel in Hannover und sp�ter in England, Mozart, Haydn und Beethoven in Wien. Die Baukunst stand noch unter franz�sischem Einfl�sse und Pflegte den sogenannten Rokokostil (von rocaille = Muschelwerk), der als eine Ausartung der fr�heren einfachen Renaissance anzu-sehen ist. Seine besonderen Kennzeichen sind �berladung mit verschn�rkelten (Muschel-, Schnecken- :c.) Formen und allzu reichliche Verzierung. Er ist in der ersten H�lfte des 18. Jahrhunderts unter Ludwig XV. in Frankreich entstanden und hei�t deshalb auch der Stil Ludwigs XV. Die bekanntesten Bauten sind das Schlo� in Versailles,
das zu Sanssouci (B. 213) und der Zwinger (B. 221) in Dresden. Den �bergangsstil von der eigentlichen Re-naissance zum Rokoko nennt man den Barockstil (barocco = schiefrund), in dem die Schlo�bauten Ludwigs XIV.
aufgef�hrt sind. Dieser Stil zeichnet sich 220. Kant.
aus durch die Mannhaftigkeit des
Baues, die Derbheit der Bauglieder, ihren Reichtum an Ornamenten, geschwungene Formen und die malerische Dekoration. In deutschem Ba-rock ist das Schlo� zu Berlin (B. 203) von Schl�ter erbaut.
Die deutsche Malerei gewann auf italienischem Boden nach klassischen Mustern einen neuen Aufschwung. Als Bahnbrechrr ging mit seinen klassischen Zeichnungen Asmus Carstens (f 1798) voran. Besondere Bedeutung erlangte der Maler nud Kupferstecher Daniel Chodowiecki aus Danzig durch seine Radierungen, die in zahlreichen Bl�ttern das Kulturleben des 18. Jahrhunderts darstellten.
Das Erziehungswesen suchten die sogenannten Philanthropen (d. h. Menschenfreunde) Basedow in Dessau, Campe in Braunschweig und Salz mann in Schnepfenthal bei Gotha nach naturgem��en Grund-s�hen umzugestalten. Den Ansto� dazu gab der Genfer Rousseau durch sein p�dagogisches Werk �Emil", das eine auf Natur und Ver-nuuft gegr�ndete Erziehung forderte. Mit Rousseau, Voltaire (1778) und anderen freisinnigen Schriftstellern in Frankreich hob die Zeit der sogenannten Aufkl�rung an. Diese M�nner bek�mpften und verspotteten in ihren vielfach bestechenden Schriften alle in Kirche, Staat und Ge-fellschaft bestehenden Ansichten als verj�hrt und natnr- wie Vernunft-widrig. Von Frankreich verbreitete sich die Aufkl�rung zu allen ge-bildeten Nationen, gewann F�rsten und Staatsm�nner und beeinflu�te Kirche und Schule. Was nicht vor der Vernunft bestand, hatte keine Geltung. So entstand der Vernunftglaube (Rationalismus), und ihm folgte nicht selten der Unglaube.
22\. Der Zwinger in Dresden.
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Unter den Philosophen leuchtete damals als Begr�nder einer neuen Richtung, der sogenannten kritischen, Kant in K�nigsberg (f 1804) hervor, unter den Naturforschern der deutsche Astronom Herschel in England, der Entdecker des Uranus, und der Botaniker Linne in Schweden, der Vater des nach ihm benannten Pflanzen-systems.
Wichtige Erfindungen waren die des Porzellans durch B�ttcher in Mei�en (1702), des Blitzableiters durch Benjamin Franklin in Nordamerika (1752), der Dampfmaschine durch James Watt in Eng-land (1765) und des Luftballons durch die Gebr�der Montgolfier in Frankreich (1783).
Das Gewerbe nahm einen gro�en Aufschwung. Solingen und Suhl fertigten Eisen- und Stahlwaren, Westfalen und Schlesien Leinwand, Damastgewebe und Schleier, das Erzgebirge Spitzen, der Schwarzwald Holzwaren und Uhren, Pforzheim Gold- und Silber waren usw. Berlin war in Preu�en der Mittelpunkt viel-seitiger Fabrikt�tigkeit. Sachsen zeigte auf allen Gebieten den regsten gewerblichen Wetteifer.
In demselben Ma�e hoben sich Handel und Verkehr. Die Ver-kehrsmittel freilich waren unvollkommen. Holzk�hne befnhren die Fl�sse, Frachtwagen die Landstra�en. Beide wurden allerwegen durch Zoll-erhebuug bel�stigt. Unbehilfliche Postwagen schleppten sich als �Schnecken-post" auf kotigen, durchweichten Wegen dahin, denn Kunststra�en gab es nicht; erst am Ende des 18. Jahrhunderts fing man solche zu bauen an. Boten, in der Regel Frauen, bef�rderten Briefe und Pakete zwischen den n�her liegenden Orten. Zu weiten Reisen kaufte man sich ein Reitpferd oder einen eigenen Wagen oder benutzte teure Extraposten oder Gelegenheitsfuhren. Mitunter waren die Vorbereitungen recht umst�ndlich. Man versah sich vorher mit geeigneten Reisekleidern, mit Lebensmitteln und Empfehlungsbriefen und nahm auch von Bekannten Auftr�ge zur Aus-f�hrung entgegen. Auf der Reise kehrte man bei Freunden ein und kargte nicht mit Zeit und Geld. Fu�reisen machten meist nur Hand-Werksburschen und �rmere Handelsleute; denn die Wege waren unsicher, die Herbergen schlecht und rohe Begegnungen nicht selten.
Der ausw�rtige Handel durch die deutschen Seest�dte gewann immer gr��ere Ausdehnung. Ausgef�hrt wurden die Erzeugnisse des deutschen Gewerbeflei�es, eingef�hrt Kolonialwaren, Weine und allerlei Rohstoffe, wie Baumwolle, f�r die Fabriken. Mittelpunkte f�r den Warenverkehr waren die gro�en Messen, besonders die Leipziger.
Das h�usliche Leben gewann an Behaglichkeit durch den steigenden Wohlstand. Die Mauern vieler St�dte fielen; die Wallgr�ben wurden in Anlagen verwandelt, die Stra�en gepflastert, die Stirnseiten der H�user den Stra�en zugekehrt und drau�en vor den Toren Zierg�rten angelegt. Man kam zusammen in den H�usern, in Kuchen- und Kaffee-g�rten, in der �Kom�die". Vornehme und reiche Leute lie�en sich in S�nften (Tragfesseln) in Gesellschaften und ins Theater tragen. Reisen unternahm man selten. Auf Rang und Stand wurde peinlich gehalten,
Polack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 24
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�da� jedem seine Ehre werde". Steif und f�rmlich war der gesellschaft-liche Verkehr. Die Kreise der h�heren und niederen B�rgerschaft schieden sich, wie fr�her, scharf. Letztere �berboten sich oft in Ergebenheitsb�ck-lingen gegen die H�hergestellten.
Die Kindererziehung war strenge. Wohlhabende H�user hielten sich einen Hofmeister. Die St�dte fingen an, gute Schulen zu errichten. Armselig waren die Landschulen, doch dachten Menschenfreunde auch hier die �Menschenrechte" geltend zu machen. So wirkte der edle Eberhard von Rochow auf Rekahn bei Potsdam segensreich f�r die Hebung ber Volksschulen. � Die M�dchenerziehung war meist Sache ber M�tter ober Gouvernanten (in ben h�heren St�ben); Unterricht w�rbe ben M�bchen im Hause ober in Privat- unb Familienschulen erteilt. Die Franenbilbnng war im allgemeinen sehr oberfl�chlich; sie stand noch immer unter franz�sischem Einflu�. � Die Eheschlie�ung wurde von den Eltern als eine Art Gesch�ftssache behandelt und durch Brautwerber vermittelt. Bei Familienfesten, ja selbst bei Begr�bnissen w�rbe gro�er Aufwand mit Speisen und Getr�nken getrieben.
Die �Aufkl�rung" r�ttelte zwar an der alten strengen Kirchlichkeit, aber der Volksaberglaube an Hexen, Tr�ume, Ahnungen, verborgene Sch�tze, Teufel- und Totenerscheinungen blieb nach wie vor lebendig. Fromme Seelen hielten an dem Pietismus Speuers oder Franckes fest, verrichteten t�glich ihre Morgen uud Abendandachten im Haufe, lasen flei�ig in der Bibel und besuchten regelm��ig die Kirche.
Die Adligen (der lands�ssige Adel) herrschten aus ihren G�tern gleich unbeschr�nkten Machthabers Den Winter verbrachten sie in der Regel in der Hauptstadt ihrer Landschaft oder gingen wohl auch an den Hof des Landesf�rsten; im Sommer wurden schon Badeorte aufgesucht, die einen kostspieligen Aufwand beanspruchten. Franz�sische Mode hatte sich immer mehr eingeb�rgert. Tracht, Bauten, G�rten, Parks, alles bis auf die Denkweise war franz�sisch geartet. Man huldigte lockerer Lebensauffassung, die man auf den Kavalierreisen in Paris oder an anderen, nach Versailler Art zugeschnittenen F�rstenh�fen kennen gelernt hatte. Das einzige Streben war: das Leben genie�en ohne Arbeit. Hier und da fa� wohl noch int Preu�ischen ein alter Edelmann aus der Zeit Friedrich Wilhelms I., altvaterisch und strenggl�ubig, auf feinem von den Vorfahren ererbten Edelsitz ohne Prunk und bewirtschaftete mit feilten erbuntert�nigen Knechten und Bauern in einfacher Lebensf�hrung den Boden. Das waren aber Ausnahmen. Meist war der Adlige ein Verschwender, ein Spieler und stark verschuldet, so da� nicht wenige alte Familieng�ter in andere H�nde �bergingen.
Das Bild �Aus der Rokokozeit; 18. Jahrhundert" f�hrt uns in die Kreise des deutschen Adels, als der Rokokostil in der Mitte des 18. Jahrhunderts noch seine Herrschaft behauptete. Auf der Terrasse eines Lustschlosses, von der man �ber eine breite Treppe zum Garten unb bem dahinter tiegenben Parke steigt, sitzen mehrere Damen und Herren vornehmen Standes an der Kaffeetafel. Der Hausherr hat sich soeben erhoben, um ein eintretendes Paar, einen Kavalier mit feiner Dame, vor
denen ein aufwartender Diener die Fl�gelt�ren des Ausgangportals ge-�ffnet hat, zu begr��en. Alles, was wir sehen: Au�en- und Innen-dekoration des sichtbaren Schlo�fl�gels, M�bel, Kleidung der Personen und Gartenanlagen � zeigt das eigenartige Gepr�ge des Rokoko in den geschwungenen, belebten Linien, in dem phantastischen Muschel- und Schn�rkelwerke und in der bunten und bizarren Formengestaltung. Tische und St�hle haben geschweifte F��e mit vergoldeter Schnitzerei auf wei�em Grunde. Sitze und Lehnen find gepolstert und mit rotem Samt �berzogen.
222. Aus der Rokokozeit. (XVIII. Jahrhundert.)
Verkleinerung des Bildes in Lehmanns kulturgeschichtl. Bildern Leipziger (Schulbilderverlag).
Aus den W�nden treten neben den durch gerade- oder krummlinige Figuren belebten Innenfl�chen Halbpfeiler (Pilaster) heraus, �ber deren mannig-faltig gestaltete Kn�ufe (Kapitaler) hervorspringendes Geb�lk l�uft. An dem Geb�lk, in den Zwischenfl�chen und am Portal bemerken wir �berall in buntem Wechsel Verzierungen. Hier winden sich Ranken an dem Mnschelwerk empor; da schauen K�pfe ans verschn�rkelten Umrahmungen (Medaillons) heraus, und dazwischen sind Amoretten (Liebesg�tter) ge-lagert. Im Gegensatz zu diesen zierlichen und bewegten, mitunter �ber-ladenen Formen sind die Gartenanlagen steif und unnat�rlich behandelt. Zu beiden Seiten des breiten Hauptweges, in dessen Mitte ein herrlicher Springbrunnen mit seinen Meerg�ttern, Wasserjungfrauen und seltsamem Getier Wasserstrahlen emporschleudert, stehen auf rechtwinkeligen Rasen-fl�chen Zypressen, denen die Schere des G�rtners die Form von Spitz-kegeln gegeben hat. Der diesen Hauptweg kreuzende Mittelweg ist mit kugelf�rmig geschnittenen Lorbeerb�umen bepflanzt. Beide Wege endigen in dem langen Rundwege, der den ganzen vorderen Teil des Gartens umschlie�t. Dieser Teil wird von Hecken, die prismatisch (kastenf�rmig)
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zugestutzt sind und L�cken lassen, begrenzt und ist an der linken Seite von spitzkegelig geschnittenen B�umen besetzt. Auf den von den Wegen ein-geschlossenen Gartenst�cken hat der Gartenk�nstler ausf�llige, hohe Gebilde aus Heckenstr�ucheru erstehen lassen: Rundbaue von zylinderischer Form in der Mitte und ringsherum Einfassungsw�nde, die au�en meist gerad-linig verlaufen, innen aber rund gestaltet sind. Der hintere Teil des Gartens, der allm�hlich ansteigt, ist dicht mit hohen B�umen bestanden; aber auch diese sind stilgem�� geformt, und zwar zu Walzen mit abgerundeten Kuppen. Die vor ihnen vereinzelt stehenden niedrigen Gew�chse schauen in ihrer Bearbeitung wie Puppen aus. Die Garteuwege schm�cken Statuen (G�tter, G�ttinneu. allegorische Darstellungen) aus Marmor und Erz.
Dem Geist jener Zeit angepa�t, f�r das Auge berechnet und kostbar ist die Tracht der Herren und Damen. Die Kavaliere bekleiden sich mit langen R�cken, die zur�cktretende Sch��e, �rmelaufschl�ge und Taschen-klappen haben, mit Scho�westen, Kniehosen, wei�seidenen Str�mpfen und niedrigen Schnallenschuhen. Weitere Ausschm�ckungen sind der reichgef�ltete Busenstreif (Jabot) oder die Halsbinde mit herabh�ngender Faltenkrawatte und Faltenmanschetten an den �rmeln. F�r die Stra�e kommen noch der dreieckige Hut, Handschuhe und der Galanteriedegen hinzu. Rock und Hosen werden aus einfarbigem Samt (rot, blau, violett, gr�n, braun) verfertigt. Wie der Rock, so erh�lt die hellere (meist seidene) Weste Gold-oder Silberbesatz. An Stelle der gro�en Allongeper�cke sind kleinere oder die Frisur des eigenen Haares getreten. Dies wird in leichter W�lbung �ber den Scheitel nach hinten gek�mmt und in einen Haarbeutel oder Zopf mit Schleife verflochten. An den Ohren wird es seitw�rts in dicke W�lste aufgerollt. Um es steif zu machen, reibt man es mit Pomade und Puder ein. Das Gesicht blieb bartlos. Die Damen tragen noch immer, be-sonders bei Ausg�ngen, den allerdings gegen fr�her verkleinerten Reifrock mit allerlei Beh�ngen, Falbeln, Spitzen und Schleifen und das engan-schlie�ende Leibchen. Man verwendet dazu farbige Stoffe aus Seide, Atlas und auch Baumwolle. Handschuhe, F�cher und Schmucksachen, wie Perlenschn�re, Armspangen, Ringe, Uhren u. a., d�rfen nicht fehlen. Die niedrigen Schuhe sind zierlich aus Seide oder feinem Leder gefertigt; sie haben hohe Hacken und bunte Rosetten. Im Hause ist die Tracht einfacher und bequemer. �ber hellem Unterkleide werden dunkle �berkleider mit weiten �rmeln und Spitzen getragen; vom G�rtel ab sind die Sch��e nach unten zu weit ausgeschnitten. Unnat�rlich und unbequem ist die Haartracht; ihre Herstellung verursacht viel M�he. Das Haar wird �ber ein Draht-gestell fu�hoch aufgek�mmt und feitw�rts und meist auch im Nacken zu Locken geringelt. Mit dickem Puder f�rbt man es wei� und schm�ckt es dann mit wallenden Federn, Blumen, Schleifen oder auch mit H�ubchen. Einen Hut vertr�gt eine solche Frisur nicht. Das Gesicht und der Hals werden geschminkt und mit Sch�nheitspfl�sterchen (Sternchen, Herzchen, Amoretten u. a. Formen) beklebt. �
Am Ende des 18. Jahrhuuders �nderte sich die Mode. Die Freiheitsbewegungen in Amerika und namentlich in Frankreich wirkten auf eine freiere und nat�rliche Umgestaltung der Tracht ein. Mit der franz�sischen
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Revolution verschwanden Spitzen�rmel, Halskrausen, die zierlichen Schuhe, Puder, Per�cke, Zopf, Haarbeutel und Sch�nheitspfl�sterchen. Enge Hosen, hohe Stiefel, offene Westen, breite Schlapph�te wurden Sitte. Goethes �Werther" f�hrte die Werthertracht ein: den blauen Frack mit gelben Kn�pfen; dazu kam der runde, spitze Hut. Der Reifrock der Frauen machte dem griechischen, fu�freien Gewand mit kurzem Leibchen Platz. Die hohen Haarwulste wurden geopfert, und die nat�rliche Haartracht kam wieder zu ihrem Rechte.
Eine h�here Adelsstufe als der lands�ssige, niedere Adel, der sich aus der Ritterschaft und den erst vom Kaiser geadelten Familien zusammen-setzte, nahmen die reichsunmittelbaren Herren und Reichsritter ein, die Abk�mmlinge freigebliebener alter Geschlechter. Sie schalteten in ihren winzigen Herrschaften gleich wirklichen Landesherren, erkannten nur den Kaiser als ihr Oberhaupt an und suchten sonst ihre landesherrlichen Rechte gegen jedermann zu wahren.
Noch h�her standen die reichsunmittelbaren kleinen F�rsten und Grafen, die Sitz und Stimme im Reichstage hatten. Ihr Stamm-b�um ging meist auf die alten, vornehmen Geschlechter im fr�hen Mittel-alter zur�ck; ihre Zahl war nicht gering, aber ihr Besitz in der Regel klein. Trotzdem machten es diese kleinen F�rsten und Reichsgrafen den gro�en F�rsten, den K�nigen und Kurf�rsten, nach und regierten �von Gottes Gnaden" ihre Untertanen, einige wohl v�terlich und wohlgesinnt, die meisten tyrannisch und selbsts�chtig. Fast jedes f�rstliche oder reichs-gr�fliche L�ndchen hatte nach dem Vorbilde gro�er H�fe seinen Hofstaat mit Hofmarschall, Zeremonienmeister, Oberj�germeister, K�chenmeister, mit Kammerherren, Kavalieren usw., mitunter auch sein Hostheater und seine Hofkapelle. Der F�rst regierte mit Ministern, Geheim- und Kammerr�ten und einem Stab von Subalternbeamten; denn zu einer ordentlichen Regierung � mochte das L�ndchen auch noch fo klein sein � geh�rten besondere Justiz-, Finanz-, milit�rische, kirchliche und andere Departements. In Wirklichkeit war aber nicht viel zu �regieren", und da verfielen �Serenissimus" (Benennung des regierenden F�rsten) und seine wohlweifen R�te �fter darauf, wenigstens durch den Erla� aller m�glichen und unm�glichen Ge-und Verbote, die nicht selten in die rein pers�nlichen und Familienangelegen-heiteit der Regierten eingriffen, sich als �Regierende" zu bet�tigen. Der Hofhalt kostete nat�rlich ungeheure Summen. Um diese aufzubringen, wurden alle Mittel versucht. Mancher �Souver�n" nahm seine Zuflucht zu gro�en Anleihen bei Juden und Christen, zu Goldmachern, andere lie�en schlechtes Geld pr�gen, verkauften �mter, k�rzten die Beamtengeh�lter und zwangen die Untertanen, notwendige Lebensbed�rfnisse zu hohen Preisen vom �Staate" zu kaufen, oder versuchten auch die Abgaben zu erh�hen. Ja, die F�rsten von Hessen-Kassel, Anhalt und Braunschweig scheuten sich nicht, ihre Landeskinder an fremde M�chte als Kanonenfutter zu verschachern. Eine furchtbare Last f�r die Bauern war die Jagdlieb-haberei ihrer Herren. �cker und Wiesen mu�ten den ganzen Sommer hindurch vor dem herrschaftlichen Wilde gesch�tzt werden, das Wild selbst aber durfte bei schwerer Strafe nicht von ihnen geschossen werden. Wenn
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die Jagd begann, hatten die Untertanen vom fr�hen Morgen bis zum sp�ten Abend als Treiber zu dienen.
Die alten freien Reichsst�dte waren in starkem Niedergange be-griffen. Die Mehrzahl war fett dem Drei�igj�hrigen Kriege �berschuldet, litt unter vielen inneren und �u�eren Streitigkeiten und konnte sich nur schwer der aufstrebenden Gewalt der benachbarten gro�en Landesherren erwehren. Die Wehrhaftigkeit war geschwunden. Geworbene Stadtsoldaten und verfallende Mauern bildeten den zweifelhaften Schutz.
Fragen: Worin besteht Friedrichs Gr��e? � Welche Jugendeindr�cke haben bei ihm lebenslang nachgewirkt? � Warum nennt man die ganze Zeit das Zeitalter Friedrichs des Gro�en"? � Was hat Friedrich durch den Sieben-j�hrigen Krieg gewonnen? � Wie war es m�glich, da� er der �Welt in Waffen" so lange widerstehen konnte? � Wie ist die Teilung Polens zu rechtfertigen?
� Welche dauernden Sch�pfungen stammen aus Friedrichs Zeit? � Welche Frauen sind in seinem Leben von Bedeutung und wie? � Welche n�tige Regenteneigenschaft fehlte Joseph IL? - Worin zeichnen sich Friedrich und Joseph II. vor den F�rsten der damaligen Zeit ans? � Gib den haupts�chlichsten Unterschied zwischen der Kulmr des 17. und der des 18. Jahrhunderts an! � Lessings �Minna von Barnhelm". � �Gebet des alten Dessauers" von Moras.
� �Die Prager Schlacht", Volkslied. �Zielen" von Sallet. �Der alte Zieten" und �Seydlitz" von Fontane. �Der Choral von Lenthen" von Besser. �Die Markaner bei Friedrich II." von Bruuold. �Zorndorf" von Minding � �Ein K�nigswort" von Blomberg. � �Mittwoch Nachmittag" von Fr�hlich. �Joseph II. und der Amtmann" von Walter.
77. Die Revolutionszeit.
I. Der Befreiungskrieg in Wordamerika (1775�1783).
W�hrend der Regierung der K�nigin Elisabeth von England hatte der ber�hmte Seemann Raleigh im Osten Nordamerikas die ersten Niederlassungen unter der Oberhoheit Englands gegr�ndet. Sie wurden der jungfr�ulichen K�nigin zu Ehren Virginia genannt. Nach dem �stlichen Nordamerika wanderten sp�ter, zur Zeit der religi�sen K�mpfe in England, auch viele Verfolgte aus und gr�ndeten ebenfalls Kolonien, so der Qu�ker^) Peuu Peuusylvanien (1681). Fl�chtlinge aller Art aus Europa, unter ihnen auch Deutsche, fanden in dem von Penn erbauten Philadelphia, der Stadt der Bruderliebe, eine Heimst�tte. Die Kolonien, denen vom Mutterlande das Recht, sich selbst�ndig zu regieren, zugestanden war, bl�hten auf. Da begann England, dessen Staatsschuld durch einen siebenj�hrigen Seekrieg mit Frankreich bedeutend vergr��ert worden war, f�r feinen S�ckel Steuern und Z�lle aufzuerlegen. Glas, Papier, Farben, Tee und andere Artikel sollten bei der Einfuhr besteuert werden. �ber solche Willk�r brach Unzufriedenheit aus. Der Herd des Widerstandes war Boston. Niemand kaufte hier versteuerte Waren, lieber versagte man 1773 sich den eingef�hrten Tee, ja man warf (1773) drei Schiffsladungen davon ins Wasser. Das war der Anfang des Aufstandes. Der Krieg begann
*) Qu�ker (engl. � Zitterer), eine von dem Engl�nder Fox gestiftete reli-gi�se Sekte, deren Mitglieder sich �Bekenner des Lichts" nennen. Sie haben weder Sakramente noch Geistliche und verwerfen den Eid und den Kriegsdienst.
1775; im Jahre 1776 erkl�rten sich die 13 vereinigten Staaten von 1 Nordamerika f�r unabh�ngig von England. An die Spitze rief das allgemeine Vertrauen den edlen, gro�en General Georg Washington und den schlichten, trefflichen Buchdrucker Benjamin Franklin, �der dem Himmel den Blitz und den Tyrannen das Zepter entri�". Die Franzosen, welche das verlorene Kanada wiedererobern wollten,
verb�ndeten sich mit ihnen. Nach einem lau-gen, blutigen und wechselvollen Kriege wurde im Frieden zu Versailles die Uuab-h�ngigkeit der Vereinigten Staaten an-erkannt (1783). Als Staatsform wurde die Republik mit einer Bundesregierung ein-gef�hrt. An der Sitze steht der auf 4 Jahre gew�hlte Pr�sident. Die gesetzgebende Ge-watt (der Kongre�) setzt sich aus dem Se- 223< Washington, nat und dem Repr�sentantenhaus zu-sammen. Sitz derselben und zugleich Hauptstadt der Union ist Washington in Kolumbia. Jeder einzelne Bundesstaat verwaltet seine inneren An-gelegenheiten selbst�ndig. Georg Washington wurde der erste Pr�sident. Acht Jahre wirkte er segensreich, legte aber dann sein Amt nieder, weil ihn seine Gegner auf Schritt und Tritt anfeindeten. Unter seiner Pr�sidentschaft nahm der landwirtschaftliche Aufschwung Nordamerikas immer mehr zu.
Fragen: Aus welchen Bestandteilen hat sich die Bev�lkerung der Union zusammengesetzt? � Welches sind die Verdienste Franklins und Washingtons? � Was f�hrte den Sieg der Amerikaner herbei V � Welches sind die hervor-tretenden Charaktereigent�mlichkeiten des Amerikaners?
II. Die franz�sische Wevotution (1789-1799).
1. Ursachen der franz�sischen Revolution. Der Hof in Frank-reich hatte unter Ludwig XIV. und Ludwig XV. das Beispiel grenzenloser Verschwendung und schamloser Sittenlosigkeit gegeben. Dadurch war nach und nach ein tiefes sittliches Verderben im ganzen Lande eingerissen. Die vielen Kriege und der sinnlose Luxus hatten die Staatsschuld bis auf 4000 Millionen Franken vermehrt. Die Staatsausgaben �berschritten zuletzt die Staatseinnahmen j�hrlich um etwa 140 Millionen Franken; kaum da� die Einnahmen noch f�r die Verzinsung der ungeheuren Staat?-schuld ausreichten. Ein Staatsbankerott schien unvermeidlich. Dabei war der Steuerdruck f�r die Bauern und zum Teil auch f�r die B�rger schier unertr�glich. Obwohl die hohe Geistlichkeit und der Adel zwei Drittel des Grundbesitzes in den H�nden hatten, blieben sie fast ganz steuerfrei. F�r diese Grundbesitzer mu�ten die Bauern au�erdem noch Frondienste leisten. Die Steuern wurden nicht durch staatliche Beamte, sondern durch hartherzige Steuerp�chter erhoben. Diese zahlten dem Staate f�r die �berlassung der Steuern bestimmte Summen und bereicherten sich nat�rlich beim Steuereintreiben.
Die h�heren Beamten- und die Offiziersstellen waren nur den Adligen zug�nglich, die Richterstellen verk�uflich und die Bestechlichkeit ein �ffent-
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22<\. Die Bastille vor ihrer Zerst�rung.
liches Laster. Recht bekam, wer Macht, Geld und hohe Stellung besa�. Mancher, der einem Machthaber am Hofe mi�liebig geworden war, mochte es ein Gl�ubiger oder ein Nebenbuhler oder eine irgendwie unbequeme Pers�nlichkeit sein, verschwand pl�tzlich durch einen �Haftbrief" ohne richter-liches Urteil im Kerker.
Die tiefe Verbitterung des Volkes �ber die haltlosen Zust�nde erhielt durch die Schriften der �Aufkl�rer" neue Nahrung. Besonders war es Rousseau, der schon 1760 eine staatliche Umw�lzung als unausbleiblich verk�ndet hatte, und Voltaire, der Kirche und Geistlichkeit boshaft verspottete. Begierig wurden die Freiheitsgedanken aufgenommen, welche die aus dem amerikanischen Befreiungskriege heimkehrenden Landsleute verbreiteten.
2. Ludwig XYI. und der Beginn der Revolution. Auf dem
1774 Throne sa� damals der gutm�tige Ludwig XVI. (1774�1792), der in seiner Lebensf�hrung das Gegenteil seiner Vorg�nger war; aber sein Wille und seine Einsicht waren zu schwach, um in den St�rmen einer so schweren Zeit das Staatsschiff zu lenken. Vor allem mu�te die Geldnot beseitigt werden. Auf den Rat seines Finanzministers Neck er berief er die seit 1614 nicht mehr entbotenen Reichs st�nde: Adel, Geistlichkeit und den �dritten Stand" (B�rger und Bauern), um die bodenlos verwirrten Finanzen zu ordnen (1789). Die St�nde versammelten sich in Versailles. Der dritte Stand verlangte eine Abstimmung nach der Kopfzahl. (Er z�hlte gegen 600 Mitglieder, ungef�hr doppelt so viel als jeder der beiden andern St�nde.) Dar�ber entstanden st�rmische Verhandlungen. Sie endeten damit, da� sich der dritte Stand als unabh�ngige National-Versammlung, d. h. als vollg�ltige Vertretung des ganzen Volkes, er-
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225. Der Tempel.
kl�rte. Ihr gewaltigster Redner war der sittenlose, aber geistvolle Graf Mirabeau. Der K�nig lie� nun den Sitzungssaal des dritten Standes schlie�en. Da zog dieser nach dem Ballhause des Hofes und beschlo�,
sich nicht zu trennen, bis dem Lande eine neue Verfassung (Konstitution) gegeben w�re. Diesem k�hnen Auftreten gegen�ber zeigte sich der K�nig schwach und ohne Festigkeit. Schon begann der hauptst�dtische P�bel, aufgereizt durch den ehrgeizigen Vetter des K�nigs, den Herzog von Orleans, Ausschreitungen aller Art, und als der K�nig Truppen zu-sammeuzog, erhob sich ein Aufstand. �Nach der Bastille, nach der Bastille!"
schrie das Volk. Die Bastille war eine alte Stadtsestuug, die als Staats-gef�ngnis diente. Sie galt den Franzosen als verabscheuuugsw�rdiges Wahrzeichen k�niglicher Willk�r, denn in ihren Kerker waren unter den Vorg�ngern Ludwigs XVI. viele Unschuldige durch die ber�chtigten ,,Haft-Briefe" geworfen worden. Seit Jahren spielte sie diese Rolle nicht mehr. �Die Zwingburg der Tyrannei" barg damals nur 4 Wechsels�lscher und einige Geistesgest�rte als Gefangene und eine kleine Zahl Invaliden mit einem alten Kommandanten als Besatzung. Aber die franz�sische �Gloire"
wollte eine �heroische Tat" sehen. So zogen die tobenden Volkshaufen gegen die unsch�dliche alte Burg, erst�rmten sie mit Hilfe abtr�nniger Soldaten, erschlugen blutd�rstig fast die ganze Besatzung und trugen den Kopf des Kommandanten auf einer langen Stange durch die Stra�en. Das war die erste �Tat" der Revolution (14. Juli 1789). In Paris 1789 wurde die Nationalgarde zum Schutze der �Ordnung" errichtet; ihr Befehlshaber war ber General Lafayette. In den Provinzen erst�rmten die Bauern die Schl�sser des Adels, und viele vom Adel wanderten aus (Emigranten).
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3. Schicksal des K�nigs. Frankreich wird eine Republik. Die
Nationalversammlung �berst�rzte sich nun in gewaltsamen Neuerungen. Sie verk�ndete die Menschenrechte f�r alle, nahm, dem Adel und der Geistlichkeit alle Vorrechte, beschr�nkte die K�nigsmacht, bewilligte Pre�-freiheit, hob den Zehnten auf, verkaufte die Kr�n- und Kircheng�ter und setzte Massen Papiergeld, die sp�ter wertlosen Assignaten, in Umlauf. Alle Titel wurden abgeschafft; die Anrede lautete B�rger und B�rgerin. Es bildeten sich �berall Klubs, welche die Aufregung steigerten. Am weitesten gingen die Jakobiner, die in einem alten Jakobinerkloster ihre Zusammenk�nfte hielten. W�hrend dieser Vorg�nge war ein rasender P�belhaufen von 8000 Pariser Weibern nach Versailles ger�ckt und hatte durch Drohungen den K�nig gen�tigt, mit der Nationalversammlung nach Paris �berzusiedeln. Von nun an wurden Frankreichs Geschicke durch den P�bel und dessen F�hrer bestimmt. Mittlerweile war die neue Ver-fafsnng, die die Machtbefugnisse des K�nigs sehr geschm�lert hatte, vollendet. Der K�nig mu�te sie bei einem gro�en Nationalfeste ans dem Marsfelde (1790) beschw�ren. In seiner mi�lichen Lage wollte er mit seiner Familie entfliehen, wurde aber von einem Postmeister an der luxemburgischen
1791 Grenze erkannt und zur�ckgebracht (1791). Nachdem er der beschlossenen Verfassung seine Zustimmung gegeben hatte, schlo� die konstituierende
1791 Versammlung ihre Sitzungen. An ihre Stelle trat (1. Oktober 1791) die neu gew�hlte gesetzgebende Versammlung (eine Kammer von 745 Abgeordneten). In ihr gaben bald die Jakobiner den Ton an, w�hrend die gem��igtere Partei der Girondisten zur�cktrat. Der K�nig mu�te an �sterreich und Preu�en, die sich zu seinem Schutze verbanden, den Krieg erkl�ren. Der erhitzte, mordlustige P�bel st�rmte bald daraus das Tuilerien-schlo� und n�tigte den K�nig zur Flucht in die gesetzgebende Versammlung. Diese aber setzte ihn mit seiner Familie in den Tempelturm und erkl�rte ihn seiner Krone verlustig. Seine Anh�nger wurden eingekerkert und zu Tausenden niedergemetzelt. � An die Stelle der aufgel�sten Nationalver-
1792 sammlung trat der Nationalkonvent (September 1792), in dem die Blutmenschen Robespierre, Marat, Danton, Hebert und Desmoulins das Heft in den H�nden hatten. Sogar ein Glied der K�nigsfamilie, der ausschweifende Herzog Philipp von Orleans, der sich Egalits, d.h. Gleichheit, nannte, geh�rte zu den Jakobinern und zu den bittersten Feinden des
1792 K�nigs. Das K�nigtum wurde abgeschafft (21. September 1792), Frankreich zur Republik erkl�rt und der schuldlose K�nig (als Ver-r�ter am Vaterlande und Unterdr�cker der B�rgerfreiheit) zum Tode verurteilt (17. Januar 1793). Nachdem er Entbehrungen und Mi�handlungen mit Seelengr��e erduldet, feine Unschuld beteuert und seinen Feinden verziehen hatte, fiel unter dem Freudengeheul des P�bels fein
1793 Haupt durch die Guillotine (Fallbeil) (21. Januar 1793).
4. �Die Schreckensherrschaft". Ein wahrer Taumel hatte das ganze Volk befallen. Der sogenannte Wohlfahrtsausschu� mit Robes-pierre an der Spitze w�tete gegen alle Feinde der Ordnung. Alle Ge-f�uguisse lagen voll; die Guillotine war in ununterbrochener Arbeit; t�tlich rauchte das Blut der Opfer; nicht Stand, nicht Geschlecht, nicht Alter
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sch�tzte. Sp�ter wurden die Ungl�cklichen ohne Proze� niedergemetzelt.
Auch die K�nigin Marie Antoinette, die sch�ne und ungl�ckliche Tochter Maria Theresias, wurde nach uns�glichen Peinigungen und Kr�nkungen hingerichtet (16. Oktober 1793). Ihr Sohn wurde von dem Schuster 1793 Simon durch haarstr�ubende Qu�lereien zu Tode gemartert. Der Herzog von Orleans hatte auch f�r den Tod des K�nigs gestimmt. Weil ihn aber die Blutmenschen im Verdacht hatten, da� er selbst nach der Krone strebe,
wurde er auch angeklagt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Christentum wurde abgeschafft, Gottes Dasein geleugnet und der Ver-nun st Tempel errichtet. Den Aufstand der k�uigstreueu Vendeer unter-dr�ckte man. Doch auch an die Schl�chter kam die Reihe. Die schw�r-merische Charlotte Corday erstach Marat im Bade. Hebert, Dan-ton und Desmonlins lie� Robespierre k�pfen. Er selber aber, das �tugendhafte Ungeheuer", das durch Mord und Raub einen �Tugendstaat" gr�nden wollte, ward endlich von seinen Gegnern �berw�ltigt und mit vielen Jakobinern hingerichtet (1794). Die Gem��igten erlangten nun- 1794 mehr die Oberhand, und an die Spitze der Regierung trat ein Direk-torinm von f�nf Mitgliedern (1795). Nach vier Jahren wurde das 1795 selbe von Napoleon Bonaparte mit Milit�rgewalt gest�rzt und durch das Konsulat � drei Konsuln � ersetzt (1799). Als Erster Konsul 1799 wurde Napoleon auf 10 Jahre gew�hlt und mit der eigentlichen Re-gierung betraut.
5. Wirkungen und Folgen der Revolution. Die franz�sische Revolution hatte anfangs, wo sie noch gem��igte Bahnen einschlug, in Europa vielfach Teilnahme und Zustimmung gefunden. Wollte sie doch der elenden Mi�wirtschaft ein Ende machen und den unterdr�ckten Volks-klaffen ein menschenw�rdiges Dasein verschaffen. Allein die Teilnahme schlug bald in Abscheu um, als man die Ausschreitungen und Greueltaten der Revolution erfuhr. Nur in den b�rgerlichen und b�uerlichen Kreisen, die �hnlich wie in Frankreich unter dem Druck allm�chtiger Herren litten, verfolgte man mit Spannung und Begeisterung die Freiheitsbewegung, die als der Vorbote einer neuen gl�cklichen Zeit erschien. Hier und da verlie� mancher Schw�rmer seine Heimat und zog nach Frankreich in den Freiheitstaumel. Aber zu einer gr��eren Bewegung kam es nirgends; die am Rhein und in �sterreich vereinzelt auftretenden Erhebungen wurden schnell unterdr�ckt. Die inneren Zust�nde der europ�ischen Staaten, namentlich Deutschlands, blieben von der franz�sischen Revolution zun�chst unber�hrt. Doch die Gedanken von Freiheit, Gleichheit und Br�der-lichkeit verbreiteten sich allm�hlich unter den Regierten wie unter den Regierenden, wenngleich sie durch die entsetzlichen Taten der Revolntions-m�nner v�llig entwertet waren. Was sie schlie�lich zeitigten � freilich nach manchen K�mpfen �, waren wertvolle Errungenschaften f�r das Volk. Willk�r und Gesetzlosigkeit h�rte auf, gleiches Recht f�r alle trat daf�r ein. Aus Leibeigenen wurden freie Menschen, aus den Untertanen Staatsb�rger, die an der Gesetzgebung Anteil erhielten; die Vorrechte der h�heren St�nde fielen. Der verfassungsm��ige Rechtsstaat war dd| Endergebnis der abgekl�rten Freiheitsgedanken. ^
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Trotz aller inneren Aufl�sung war die Revolution dem franz�sischen Volke zum Segen; sie machte die bislang gebundene Volkskraft der unteren Volksschichten frei und gab ihr bei dem Zusammensto�e mit den benach-Karten monarchischen Staaten eine gro�e �berlegenheit. Nicht mehr die Vornehmheit, sondern die T�chtigkeit galt. Dem deutschen Volke brachte die Revolution zun�chst den ungesunden Zuwachs an vornehmen, aber arbeitsscheuen und meist sittlich verkommenen �Emigranten" und sp�ter die schwersten Sch�digungen durch die Kriege mit dem revolution�ren Frankreich. Freilich nicht zum Ungl�ck sank dadurch auch das alte Deutsche Reich mit seinem morschen Bau und den �berlebten mittelalterlichen Ein-richtungen dahin.
Fragen: Wodurch wurde die Finanznot in Frankreich hervorgerufen? � Welche Aufgabe hatten die einberufenen Reichsst�nde? � Welche zweideutige Rolle spielte der Herzog von Orleans? � Erkl�re die Bedeutung von �kon-stitnierende", �gesetzgebende" Versammlung, �Nationalkonvent"! � Wie zeigte sich das K�nigspaar bei seinem Ende? � Wie schildert Schiller in dem �Lied von der Glocke" das W�ten der Revolutionsweiber?
78. Friedrich Wilhelm IL von Preu�en (1786�1797) und Napoleon I. von Frankreich.
1. Friedrich Wilhelms II. Wesen und Regierung. Er war ein
Neffe Friedrichs des Gro�en, hatte aber weder den Geist noch die Kraft, den Staat seines gro�en Oheims auf seiner Ruhmesh�he zu erhalten. Sein Wahlspruch war: �Aufrichtig und standhaft." Er hob den Alleinhandel des Staates mit Tabak und Kaffee auf und entfernte die franz�sischen Verwaltungsbeamten, was im Lande als Wohltat empfunden wurde. Auch bef�rderte er viele B�rgerliche zu h�heren Stellen, f�hrte statt des Anredewortes �Er" das h�fliche �Sie" ein und verwandte viel Sorgfalt auf das Schulwesen. Unter ihm wurden die noch heute be-stehenden Bildungsanstalten f�r Offiziere und �rzte errichtet. Im Theater lie� er statt der franz�sischen deutsche Schauspiele auff�hren. In Berlin lie� er das sch�ne Brandenburger Tor mit der Siegesg�ttin auf einem Wagen mit vier Rossen errichten. Unter ihm wurden die ersten Stein-stra�en (Chausseen) in Preu�en angelegt. Aber seine Gutm�tigkeit, die vielfach mi�braucht wurde, artete in Schw�che, seine Freigebigkeit in Ver-schwendung aus. Seinen Hang zum Wunderbaren und zur Geisterseherei und seine geringe geistige Widerstandsf�higkeit beuteten G�nstlinge, wie der General von Bifchoffswerder und der ehemalige Theologe, sp�tere Minister M�lln er, f�r ihre selbsts�chtigen Zwecke aus. Obgleich am Hofe ein �ppiges, ja sittenloses Treiben herrschte, so wollte man doch im Lande mit dem alten Glauben auch die alte Sittlichkeit zur�ckrufen.
1788 Darum erlie� der Minister W�llner ein Edikt (1788), worin er von allen Geistlichen und Lehrern strenges Festhalten an der Kirchenlehre forderte und jede willk�rliche Auslegung verbot. Dieser Zwang machte viel b�ses Blut in jener Zeit der Aufkl�rung.
2. Der erfolglose Krieg gegen Frankreich. In Pillnitz verband sich Friedrich Wilhelm mit Kaiser Leopold II., um den Umsturzgeist
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226. Friedrich Wilhelm II.
in Frankreich zu bannen. Preu�en und �sterreicher r�ckten unter dem Herzog Ferdinand von Braunschweig in Frankreich ein. Dieser rief durch ein drohendes Manifest (Ansprache) den heftigsten Widerstand der Franzosen hervor. Alles eilte voll Erbitterung zu den Waffen, so da� das ganze Land einem Heerlager glich. Bis Valmy in der Cham-pagne drangen die Verb�ndeten vor
(1792); aber nach einer heftigen 1792
Kanonade traten sie den R�ckzug an.
Schlechte Wege, ung�nstiges Wetter,
Mangel, Seuchen und Begeisterung der Feinde vereitelten den prahlerischen �Spaziergang nach Paris" g�nzlich.
Das Revolutionsheer unter Dumou-riez nahm in unwiderstehlichem An-st�rm Belgien, w�hrend Custiue das feste Mainz in den Strudel der Revolution zog. Da brachte der gro�e englische Minister Pitt eine Vereinigung oder Koalition der meisten europ�ischen Staaten zustande (1793), aber auch sie konnte trotz 1793 anf�nglicher Erfolge nichts ausrichten. Die �Marseillaise", das eben ent-standene feurige Kampflied, singend, st�rzten sich die oft noch knabenhaften, zerlumpten und ungeschulten franz�sischen Soldaten mit Todesverachtung auf die Feinde. Sie eroberten unter Pichegrn Holland und machten es zur batavifchen Republik. Die Preu�en mu�ten sich trotz zweier Siege bei Kaiserslautern �ber den Rhein zur�ckziehen. Im Frieden zu Basel (1795) fiel Preu�en von der gemeinsamen Sache ab und �berlie� das 1795 linke Rheinnser den Franzosen. Die �sterreicher setzten den Krieg unter dem Erzherzog Karl gegen Frankreich fort.
3. Die zweite und dritte Teilung Polens 1793 und 1795. Bei der zweiten Teilung Polens (1793) gewann Preu�en Danzig, 1793 Thorn und S�dpreu�en (mit Posen und Kalisch). Der edle Pole Kos--ciuszko wollte die widerrechtliche Zerst�ckelung seines Vaterlandes nicht dulden. Er rief alles, was B�chse, Schwert und Sense tragen konnte, zu den Waffen. Doch vergeblich! Der Aufstand wurde von der �bermacht der drei teils�chtigen Nachbarn, besonders von den Russen unter dem Feldmarschall Snwurow, unterdr�ckt. Als im Schlachtget�mmel der verwundete Polenheld vom Pferde st�rzte und gesangen wurde, da war das Ende Polens gekommen. Die Sieger nahmen bald darauf (1795) 1795 eine dritte Teilung vor, in der Preu�en das Land bis an die Weichsel mit Warschau erhielt. Auch Ansbach und Bayreuth fielen in dieser Zeit an Preu�en, blieben aber nur bis 1807 bei demselben. Zwar war unter Friedrich Wilhelm IL der Umfang des preu�ischen Staates um 2000 Q.-M. gewachsen, aber seine Regierung ist f�r das Land nicht segensvoll gewesen, weil sie weder das fr�here Ansehen behauptet, noch das Vertrauen des Volkes besessen hat.
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4. Napoleon Bonaparte, a) Er siegtin Italien und �gypten. Als sich in Frankreich die Anh�nger des K�nigtums gegen die neue Ver-fassung erhoben, wurde von dem Direktorium die Unterdr�ckung dieses Ansstandes dem als entschlossen bekannten General Napoleon Bona-
1769 parte �bertragen. Dieser war am 15. August 1769 als Sohn eines armen Edelmannes und Advokaten zu Ajaccio auf Korsika geboren, wurde auf der Kriegsschule in Brienne erzogen und zeichnete sich als Artilleriehauptmann bei der Belagerung von Toulon durch die Engl�nder aus. Zum General bef�rdert, schlug er den bereits erw�hnten Aufstand nieder und erhielt dann den Befehl �ber die franz�sische Armee in Italien gegen die �sterreicher. Von gewaltigem Ehrgeiz beseelt, da-bei kalten Herzens, schlau und klug rechnend, hatte er bei seinen gro�en milit�rischen Talenten jetzt freie Bahn f�r die Ausf�hrung seiner Pl�ne. Durch seinen Feldherrnblick, seine Schnelligkeit und die Begeisterung seiner Soldaten war er unwiderstehlich. Sieg auf Sieg erfocht er in Italien
1797 und zwang �sterreich zum Frieden von Campo Formio (1797), in dem es Belgien und Mailand abtrat und im geheimen versprach, f�r die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich mitzuwirken. Ober-Italien, Genua und sp�ter die Schweiz, Rom und Neapel wurden von den Franzosen zu Republiken gemacht. Der kecke �bermut der Franzosen zeigte sich am hohnvollsten in der Behandlung der deutschen F�rsten. Diese wagten in der Stunde der Not, wo bereits das rechte Rheiuuser die Feinde sah, keine einige, tapfere Abwehr, sondern schmeichelten dem�tig den Siegern und beugten sich vor ihnen. Und dabei war Frank-reich im Innern fast v�llig aufgel�st, ohne Geld und von Parteik�mpfen
1798 zerrissen. Da unternahm der k�hne Bonaparte (1798) seinen abenteuerlichen Zug mit einem kriegserprobten Heere nach �gypten, um von hier aus Englands Macht im Osten zu brechen und neue Lorbeeren zu ge-Winnen. Mit ihm gingen ber�hmte M�nner der Wissenschaft zur Er-forfchuug des Wunderlandes der alten Welt. Bei den Pyramiden Kairos siegte er �ber die T�rken, nachdem er den Seinen zugerufen: �Von der H�he dieser Pyramiden schauen vier Jahrtausende auf euch
1798 herab!" (1798). Ganz �gypten wurde erobert, aber die franz�sische Flotte von dem englischen Admiral Nelson bei Abnkir an der Nil-m�nduug zerst�rt. Bonaparte eroberte auch Syrien, wurde aber durch Seuchen und die erfolgreiche Verteidigung von Akkon zur R�ckkehr ge-zwungen.
b) Er macht sich zum Kaiser der Franzosen. Inzwischen hatten
1799 die europ�ischen M�chte die zweite Koalition geschlossen (1799). Der Russe Suworow s�uberte Italien, der Erzherzog Karl von �sterreich Deutschland von den Franzosen. Da kam Bonaparte aus �gypten zur�ck,
1799 st�rzte das Direktorium uud machte sich zum Ersten Konsul (1799). Wie ein unumschr�nkter F�rst gebot er jetzt. Seine Friedensvorschl�ge wiesen England und �sterreich zur�ck. Der Krieg nahm seinen Fortgang. Durch
1800 den Sieg bei Marengo (1800) gewann Bonaparte Italien, und durch den Sieg bei Hohenlinden bedrohte Moreau Wien. In solcher Not schlo� �sterreich f�r sich und das Deutsche Reich den Frieden zu L�ne-
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bitte (1801), der das linke Rheinufer Frankreich �bertie�. Die ge- 1801 sch�digten F�rsten wurden nach dem Reichsdeputations - Hanptschln�*) (1803) durch geistliche Bist�mer und freie Reichsst�dte ent- 1803 sch�digt. So erhielt Preu�en M�nster, Paderborn. Hitdesheim, Erfurt. M�hthauseu und Nordhausen. Bayern, W�rttemberg und Baden wurden ebenfalls reichlich entsch�digt. Von den geistlichen St�nden blieb nur Mainz bestehen, bon achtuudoierzig Reichsst�dten nur sechs. Die franz�sische Nation jubelte ihrem Helden zu, der das Ausland mit Furcht erf�llte, Frankreich mit Ruhm bedeckte und durch gute Gesetze den Auf-schwung f�rderte. Nachdem er alle Regierungsgewalt in seiner Person bereinigt hatte, machte er sich (1804) ats Napoleon I. zum Kaiser 1804 der Franzosen und lie� sich bom Papste satben. Das Jahr darauf fetzte er sich die eiserne Krone der Lombarden auf und machte seinen Stief-s�hn Eugen Beauharnais zum Vizek�nig bon Italien. Als der Em-pork�mmling die rheinischen St�dte besuchte, buhlten deutsche F�rsten um seine Gunst.
e) Er dem�tigt und erniedrigt Deutschland. Napoleons �bermut gefiel sich in weiteren Rechtsberletzungen. Das den Engl�ndern geh�rige Hann ob er besetzte er. Den bourbonischen Herzog bon Enghien lie� er aus Baden entf�hren und erschie�en. Diese �bergriffe bewogen Pitt, eine dritte Koalition zwischen England, �sterreich, Ru�land und Schweden zustande zu bringen (1805). Wie der Blitz brach Napoleon in S�ddeutschlaud ein und nahm den �sterreichischen Generat Mack mit 23000 Mann bei Mm gefangen. Zu derselben Zeit siegte der zum Tode getroffene Nelson �ber die franz�sische Ftotte bei Trasatgar (an der K�ste bon Andatusien). Im Siegerschritte eilte Napoleon dann nach Osten und lieferte den Russen und �sterreichern bei Austerlitz in M�hren am 2. Dezember 1805 die entscheidende �Dreikaiserschlacht".
welche den Frieden zu Pre�burg zur Folge hatte (1805). �sterreich 1805 berlor durch ihn Tirol und Venedig. Bayern und W�rttemberg wur-den zu K�nigreichen erhoben. Aus ihnen und dreizehn anderen Staaten bildete Napoleon (1806) den Rheinbund, der g�nzlich bon ihm abhing, 1806 obwohl er sich nur Protektor (Besch�tzer) nennen lie�. Baden und Hessen wurden Gro�herzogt�mer. Kaiser Franz legte die deutsche Krone nieder und nannte sich Kaiser bon �sterreich (1806). So r�hm- 1806 los ging das heilige r�mische Reich nach tausendj�hrigem Best�nde zu Grabe. Uneinigkeit und Selbstsucht hatten die Macht in Ohnmacht ber-wandelt. Deutsche F�rsten lie�en sich bon dem Korsen willig Fesseln um H�nde und F��e legen. Stufe um Stufe stieg der Gewaltige h�her auf der Leiter der Macht. Alle seine Verwandten und Freunde machte er zu F�rsten �bon seinen Gnaden".
Fragen: Wodurch b�ndigte Napoleon die Leidenschaften? � Warum hatten die �Koalitionen" keinen Erfolg? � Wodurch wurde die Einziehung der Bis-t�mer und Reichsst�dte ein Segen? � Weshalb konnte Napoleon die Deutschen so ver�chtlich behandeln? � �Die Schlacht bei den Pyramiden" von Gandy.
*) Die Reichsfriedens-Deputation setzte die Entsch�digung der benach-teiligten Reichsf�rsten fest, Reichstag und Kaiser genehmigten sie endg�ltig.
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79. Friedrich Wilhelm III. (1797�1840), der ungl�ckliche Krieg (1806�1807) und die Befreiungskriege (1813�1815).
1. Friedrich Wilhelm III., sein biederer Charakter und sein musterhaftes Familienleben. Friedrich Wilhelm III. war ein Mann des Friedens in einer Zeit, da die Welt vom Kriegsl�rm widerhallte. Seine Jugend war keine freundliche. Das rauschende Leben am Hofe mi�fiel ihm. Darum zog er sich gern zur�ck. Sein Erzieher war" oft kr�nklich und verstimmt und sch�chterte ihn durch seine Strenge ein. Lebens-lang ist er �ber eine gewisse Sch�chternheit und Unentschlossenst nicht Herr geworden. Einige h�bsche Z�ge werden aus seiner Jugend erz�hlt. Er verzichtete auf teure Fr�hkirschen, half aber mit dem ersparten Gelde willig einem armen Schuhmacher aus seiner Not. Ehrlich gestand er seinem Gro�oheim Friedrich dem Gro�en, der seine flie�ende �bersetzung einer franz�sischen Fabel lobte, da� sein Lehrer sie vor kurzem mit ihm einge�bt habe.
Er war ein einfacher, sparsamer, gewissenhafter und gerechter Herrscher, der sich redlich bem�hte, alle Mi�st�nde zu beseitigen, die unter seinem Vater Friedrich Wilhelm II. eingerissen waren. Den W�llnerschen Glaubenszwang hob er auf und entfernte die G�nstlinge und gewissenlose Beamte. Ordnung und Gewissenhaftigkeit kamen wieder in die Verwaltung. Das Muster einer F�rstin, Gattin und Mutter war seine ebenso sch�ne wie edle und geistvolle Gemahlin Luise, eine Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, geboren den 10. M�rz 1776. Weihnachten 1793 fand die Verm�hlung statt. Mit ungeheurem Jubel wurde die junge Braut in Berlin empfangen. K�nig Friedrich Wilhelm II. fragte an ihrem Geburtstage, was fie sich noch w�nsche. �Eine gro�e Hand voll Gold f�r die Armen!" war ihre Antwort. �Wie gro�?" forschte der K�nig. �So gro� wie das Herz des besten K�nigs!" antwortete Luise. Und sie erhielt, was sie w�nschte, um viele Arme zu begl�cken. In herzlicher Liebe und unge-tr�btem Gl�cke verflossen die ersten Jahre der Ehe. Am liebsten weilte das junge Paar aus seinem Landgute Paretz, wo er sich gern den �Schulzen" und sie �die gn�dige Frau von Paretz" nennen lie�. Ungezwungen und herzlich verkehrten sie mit den schlichten Landleuten und teilten ihre Freu-den und Leiden. Das reine, sch�ne Familienleben des jungen Paares wurde ein Muster f�r das ganze Land. Sie war der �Stern" ihres Gatten, die m�tterliche Vorsehung ihrer Kinder, der gute Geist ihres Volkes und der helfende Engel der Notleidenden.
2. Seine gro�e Friedensliebe. Der Minister der ausw�rtigen Angelegenheiten war in jener bewegten Zeit der Graf von Haugwitz, der seiner schwierigen Stellung nicht gewachsen war. An der 2. und 3. Koalition beteiligte sich Preu�en nicht, weil der K�nig den Frieden liebte, den Krieg scheute und den Freundschaftsversicherungen Napoleons glaubte. Zum Schmerze der Kriegspartei am Hofe, welche die Arglist des Korsen durchschaute � zu ihr geh�rten besonders K�nigin Luise,
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Prinz Louis Ferdinand, Freiherr von Stein, von Hardenberg und General Bl�cher �, z�gerte der K�nig, gegen Frankreich vorzugehen, und blieb neutral, d. h. schlo� sich keiner Partei an. Als nun aber Na-poleon seine Truppen durch preu�isches Gebiet marschieren lie�, sollte HangwitzRechenschast sor-dern; doch der schlaue Napoleon hielt ihn bis zum Siege von Auster-litz hin, dann warf er die Maske ab und forderte,
da� Preu�en Ansbach,
Bayreuth, Kleve und Neu-euburg gegen Hannover abtrete. Preu�en mu�te sich f�gen. Aber immer neue Kr�nkungen ersann der Eroberer. Er bot Hannover den Engl�n-dern wieder an und be-handelte die preu�ische Regierung so beleidigend,
da� endlich der friedlie-bende K�nig, mit Sachsen verb�ndet, den Krieg beschlo�. Ru�land sagte seine Hilfe zu, verhielt sich aber abwartend.
3. Preu�ens j�hes Ungl�ck bei Jena 1806. Jubel herrschte 1806 �ber den Beschlu� in der preu�ischen Armee, die sich noch in den Ruhmes-strahlen des gro�en Friedrich sonnte. Wenige bedachten, wie gewagt das Unternehmen sei: die Russen fern, die Armee mit der neuen Fechtweise unbekannt, die F�hrer alt und uneinig, die j�ngeren Offiziere �berm�tig, und das alles einem �berlegenen, sieggewohnten Feinde gegen�ber! W�hrend sich das preu�ische Heer in Th�ringen sammelte und die F�hrer noch �ber den Feldzugsplan stritten, r�ckte Napoleon rasch mit 200000 Mann durch den Th�ringer Wald heran und warf die preu�ische Vorhut unter Prinz Louis Ferdinand bei Saalfeld (an der Saale) nach tapferem Widerstande zur�ck. Der ritterliche Prinz fand dabei den Heldentod. Vier Tage darauf, am 14. Oktober 1806, kam es zur Doppelschlacht bei Jena und Auerst�dt (Dorf n�rdlich von Weimar),
wo die Preu�en, 150000 Mann stark, in zwei Abteilungen Stellung ge-uommen hatten. Dort siegte Napoleon �ber den F�rsten Hohenlohe,
hier Davoust �ber den hochbejahrten Ferdinand von Braunschweig, der gleich anfangs t�dlich verwundet wurde. Die Preu�en schlugen sich mit gro�er Tapferkeit, aber ohne Plan und Zusammenwirken. Immer mehr nahm die Verwirrung �berhand, bis sie zuletzt in wilde Flucht aus-artete. Als gar die beiden geschlagenen Heere zusammentrafen, da er-
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 9lu�g. A. 25
7. Friedrich Wilhelm III.
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reichte die Kopflosigkeit der Offiziere und die Mutlosigkeit der Gemeinen den h�chsten Grad. Nur noch in der Geschwindigkeit der Beine suchte man Rettung vor dem Feinde. Im Siegesfluge durcheilte dieser das Land und vernichtete die zersprengten Haufen. H�henlohe ergab sich
228. K�nigin Luise. Nach einem Gem�lde von Lebrun.
bei Prenzlau mit 12000 Manu ohne Schu� und Schwertschlag. Bl�cher schlo� bei L�beck nach dem tapfersten Widerstande eine ehrenvolle Kapi-tulatiou. Vierzehn Tage nach der Schlacht bei Jena war Napoleon in Berlin, die K�nigsfamilie aber auf der Flucht nach K�nigsberg. Der Be-fehlshaber Berlins mahnte die B�rger, die sich mutig verteidigen wollten: �Ruhe ist die erste B�rgerpflicht!" Wie Kartenh�user vor dem Lufthauche fielen die Festungen vor dem blo�en Anblicke der Franzosen, so Magde-b�rg mit 25000 Mann und 20 Generalen, die zusammen �ber 1300 Jahre z�hlten. Stettin hatte sich an 800 Husaren ergeben. Napoleon spottete: �Da Husaren die Festungen einnehmen, kann ich meine Kanonen einschmelzen lassen." Mit wahrhaftem Heldenmute aber wurde Kolberg durch Gneisenau, Schill und besonders den wackeren B�rger Nettelbeck verteidigt und gerettet, ebenso Graudeuz durch den alten Courbiere, der auf die h�hnische Botschaft der Franzosen: �Es gibt keinen K�nig von Preu�en mehr", antwortete: �Nun, so werde ich K�nig von Grandenz sein!"
4. Preu�ens harte Dem�tigung in Tilsit 1807. Die Ungl�ck- 1807 liche K�nigsfamilie war nach K�nigsberg und sp�ter noch weiter bis nach Memel geflohen. Es war strenger Winter und die K�nigin noch nicht von schwererKrank-heit hergestellt. Im ein-fachen Bauernwagen, in Sturm und Schneetrei-ben ging die Flucht �ber die unwirtliche kurische Nehrung. In einer elen-den Bauernh�tte mit zerbrochenen Fenster-scheibeu, durch die Wind und K�lte drangen, fand die K�nigin endlich eine d�rftige Zuflucht. Aber das Ungl�ck konnte ihr Mut und Gottvertrau-en nicht rauben. In Schwedt hatte die hohe Frau zu ihren beiden �ltesten S�hnen die denkw�rdigen Worte ge-sagt: �Weinet meinem Andenken Tr�nen, aber begn�gt euch nicht mit den Tr�nen allein; h a n -deU, entwickelt eure Kr�fte, vielleicht l��t Preu�eusSchutzgeistsich auf euch nieder!" Zwar kam endlich ein rnssi-sches Hilfsheer �ber die Grenze, aber die F�hrer hatten kein Herz und keine rechte Tat f�r die preu�ische Sache. Doch kam es bei Preu�isch-
^lClUieLxnb 8^e/ 229. Kaiser Napoleon I.
bruar 1807) tut Frost '1807
und Schneesturm des Februar zu einer blutigen, aber nicht recht entschiedenen
Schlacht zwischen Russen und Preu�en einerseits und Napoleon anderseits.
Napoleon schrieb sich den Sieg zu, obwohl seine Verluste bedeutend waren.
Im Sommer desselben Jahres (14. Juni) besiegte er die Russen bei
Friedlaud vollst�ndig und kam bis zum Niemeu. Der russische Kaiser
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Alexander I. gab das B�ndnis mit Preu�en auf und wurde Napoleons Bundesgenosse. Dieser aber diktierte Preu�en den schimpflichen Frieden zu Tilsit (9. Juli 1807), in welchem Friedrich Wilhelm sein halbes Reich verlor. Aus den linkselbischeu und den brannschweigischen Gebieten bildete Napoleon das K�nigreich Westfalen, machte Kassel zur Haupt-stadt und seinen j�ngsten Bruder Jer�me znm K�nige. Pren�isch-Polen gab er als Herzogtum Warschau dem zum K�nige erhobenen Kur-s�rsten von Sachsen; Danzig wurde zur Republik gemacht; Ru�land erhielt auch preu�ische Landesteile (von Nen-Ostpreu�en). Au�erdem mu�te Preu�en der Kontinentalsperre beitreten, durch welche alle H�fen des Festlandes den Engl�ndern versperrt werden sollten, um deren Handel zu vernichten. Bei den Friedensverhandlungen �u�erte Napoleon hochm�tig, wie Preu�en es habe wagen k�nnen, ihn anzugreifen. Mit edlem Stolze sagte die K�nigin Luise: �Sire, dem Ruhme Friedrichs des Gro�en war es erlaubt, uns �ber unsere Kr�fte zu t�uschen, wenn anders wir uns get�uscht haben!" Die edle W�rde des K�nigspaares im Ungl�ck erbitterte den hochm�tigen Mann, statt ihm Achtung einzufl��en. Die franz�sischen Truppen blieben in dem preu�ischen Gebiete und sogen plan-m��ig das arme Land aus. Infolge einer Leichtfertigkeit des preu�ischen Bevollm�chtigten war es unterlassen worden, die H�he der Kriegslasten genau festzusetzen. Das benutzte Napoleon zu neuem Drucke, und erst nach l�ngeren Verhandlungen erkl�rte er sich bereit, gegen eine Abfin-duugssumme von 140 Millionen Frank das Land zu r�umen. Gleich-zeitig aber mu�te sich Preu�en verpflichten, sein Heer auf 42000 Mann zu beschr�nken.
5. Napoleon auf der H�he seiner Macht. Nach Preu�ens Ver-nichtnng war Napoleon Herr in Deutschland. Darauf besetzte er auch Portugal und gab den Spaniern seinen Bruder Joseph zum K�nige
1808 (1808). Aber die Spanier wollten von diesem ebensowenig etwas wissen wie von der vertriebenen Bonrbonensamilie. Ein jahrelanger Gegenkampf erhob sich und fand Unterst�tzung durch die Engl�nder. Neapel erhielt aus Napoleons H�nden sein Schwager Murat. Holland war schon
1806 fr�her (1806) an Napoleons Bruder Ludwig gekommen. Die Krone
1809 Italiens trug Napoleon selber, und 1809 wurde auch der Kirchen-staat nach Aufhebung der weltlichen Macht des Papstes mit Frankreich vereinigt. So gehorchte dem gewaltigen Machthaber fast das ganze West-enropa. Nur das verha�te England stand uugeknechtet ihm gegen�ber. Im Osten war �sterreich tief gedem�tigt, Ru�lands Herrscher aber, der sich gegen Preu�en so wenig zuverl�ssig gezeigt hatte, sein Verb�ndeter. Mit lockenden Vorspiegelungen von einer �Teilung der Welt" suchte er den Kaiser Alexander zu k�dern, im Herzen aber dachte er ganz anders.
6. Preu�ens innere Wiedergeburt. Das herbe Ungl�ck diente Preu�en zur L�uterung und darum zum Heile. Man hatte eingesehen, da� eine �nderung der verrotteten Verh�ltnisse n�tig sei, und betrieb tief-greifende Verbesserungen. Der K�nig berief an die Spitze der Verwal-tnng den edeln und hochbegabten Freiherrn von Stein. Dieser befreite das Land von den fremden Blutsaugern, indem er mit der
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gr��ten Anstrengung die Kriegskosten aufbrachte. Der K�nig schickte ein goldenes Tafelgeschirr in die M�nze und verzichtete zum Besten des Landes auf die Krong�ter. Die K�nigin gab ihre Diamanten und andere Schmuckst�cke her. Nur einige Perlschn�re behielt sie, �denn sie bedeuten Tr�nen, und ich habe deren so viele vergossen!" sagte sie. Ihre �lteste Tochter Charlotte, die sp�tere Kaiserin von Ru�land, begn�gte sich zu ihrem Geburtstage mit einem F�nftalerscheine zu einem neuen Kleide. Die ganze k�nigliche Familie legte sich die gr��ten Einschr�nkungen und Entbehrungen auf, um die Lasten des Volkes zu erleichtern.
Vor allem galt's,
ein freies, sittliches,
f�r das Vaterland be-geistertes Volk heran-zubilden. Die St�dte erhielten durch eine St�dteordnung die Selbstverwaltung.
Nach dieser wurde ihnen die selbst�ndige
Verwaltung ihres Haushalts, des Ar-men- und Schulwesens und meist auch der Polizei �bertragen.
Der Staat behielt nur das Recht der obersten Aufsicht. Die stimm-f�higen B�rger w�hl-ten als ihre Vertreter die Stadtverord-neten, diese wieder als ausf�hrende Be- 250. Stein.
H�rde denMag istrat.
Die Stadtverordneten hatten die B�rgerschaft in allen st�dtischen An-gelegenheiten zu vertreten, die Gemeindelasten zu verteilen und die Stadt-Verwaltung zu �berwachen. Der Magistrat mit dem B�rgermeister an der Spitze hatte die st�dtischen Angelegenheiten zu verwalten, die Be-schl�sse der Stadtverordneten vorzubereiten und auszuf�hren. Diese St�dteordnung regte die Liebe zum Gemeinwesen, das Gef�hl f�r Selb-st�ndigkeit und Ehre, den B�rgersinn und Gemeingeist m�chtig an.
Der Bauernstand wurde von der Erbuntert�nigkeit befreit. Bis dahin waren die meisten Bauern nur Nutznie�er, aber nicht freie Besitzer ihrer �cker und H�user gewesen. Den Gutsherren mu�ten sie f�r den Nie�brauch dr�ckende Frondienste (Hand- und Spanndienste) leisten. Sie durften nicht ohne Erlaubnis fortziehen oder heiraten; es fehlte ihnen jede freie Bewegung und der Trieb, ihre �cker zu verbessern. Nun wurden sie freie Leute und erhielten den freien Gebrauch ihrer
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Bauernstellen; allerdings mu�ten sie einen Teil ihres Ackers an die Guts-Herren als Entsch�digung f�r die aufgehobenen Verpflichtungen abtreten. So erwuchs ein neues Streben und ein neuer Stand als feste Grundlage des Staates.
Den Edellenten wurde gestattet, Handel und Gewerbe zu treiben. GeWerbefreiheit wurde eingef�hrt und die Scheidung der St�nde be-seitigt, die Steuerlast gleichm��iger verteilt und gleiche Gerechtigkeit gegen alle Untertanen ge�bt.
Von der gr��ten Wichtigkeit wurde die Heeresumgestaltung. Scharnhorst, Gneisenan und Grolman arbeiteten eine Wehrder-sassnng aus, die die allgemeine Dienstpflicht einf�hrte und �ein Volk in Waffen" schuf. Das Werben der Soldaten h�rte auf. Jeder gesunde Preu�e mu�te Soldat werden. Die entehrenden Strafen wurden abge-schafft. Anspruch ans Offizierstellen sollte nicht mehr die Herkunft, sondern die T�chtigkeit, Bildung und Tapferkeit gew�hren.
Die oberste Verwaltung der Staatsgefch�fte wurde f�nf Fach-ministern �bertragen. Die bisherige Einrichtung der Provinzial-minister h�rte auf.
1810 In Berlin wurde (1810) eine Universit�t gegr�ndet. Der Philo-soph Fichte hielt seine z�ndenden �Reden an die deutsche Nation"; Jahn machte die Jugend durch das Turnen wehrhaft, und der Tugendbund verbreitete Sittlichkeit und Vaterlandsliebe. Zwar vertrieb und �chtete der mi�trauische Napoleon den Freiherrn von Stein, �des Rechtes Grundstein, der Deutschen Edelstein", aber Hardenberg setzte die innere Umgestaltung in freiheitlichem Geiste fort. In der Stille und doch gewaltig trieb und dr�ngte alles einem Ostermorgen entgegen.
Die edle K�nigin Luise erlebte den gro�en Fr�hlingstag der Frei-1810 heit nicht mehr. Die Leiden hatten ihr Leben geknickt; am 19. Juli 1810 starb sie in Hohenzieritz, einem Lustschlosse ihres Vaters, und versetzte da-durch den K�nig und das ganze Land in die tiefste Trauer. Seines Lebens Stern war erloschen, der ihm auf seiner dunkeln Bahn so treu geleuchtet. Doch auch im Tode blieb die edle K�nigin der gute Geist des Vaterlandes. Ihr verkl�rtes Bild begeisterte ihr ganzes Volk in den Befreiungskriegen.
7. Erfolglose Befreiungsversuche in Deutschland. In �sterreich war eine �hnliche Umgestaltung wie in Preu�en eingetreten. Man hatte das Untaugliche im Staats- und Kriegswesen beseitigt und lebte nur in dem Gedanken, �sterreichs Dem�tigung durch eine kr�ftige und befreiende Erhebung zu s�hnen. Schon hatte die Kunde von den tapfern K�mpfen der Spanier in vielen deutschen Gem�tern begeisterten Widerhall ge-suuden; aber die Mehrheit ertrug mit Ha� und Zorn im Herzen den Fu� des Korsen auf dem Nacken und ballte nur die Faust in der Tasche. Der Rheinbund vollends wollte nichts von solchen patriotischen Ge-f�hlen wissen. Wirkungslos prallten an ihm die �Proklamationen an die 1809 V�lker" ab. Da erkl�rte �sterreich allein den Krieg (1809). Schnell kam Napoleon mit seinen Franzosen und Rheinb�ndlern herangezogen. Zwar wurde er vom Erzherzog Karl bei Aspern besiegt, aber er
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1809
1810
wetzte die Scharte durch den blutigen Sieg bei Wagram aus und zwang �sterreich im Wiener Frieden (1809), sich neuen Dem�tigungen zu 1809 unterWersen und gro�e L�nderstrecken (2000 qm) abzutreten. Der Kaiser Franz I. schien jeden weiteren Kampf mit Napoleon aufgeben zu wollen. Er gab sogar seine Tochter Marie Luise dem Sieger zur Gattin, nachdem dieser sich von seiner Gemahlin Josephine hatte scheiden lassen (1810). Im folgenden Jahre wurde Napoleon ein Sohn geboren, 1810 der �K�nig von Rom" oder sp�tere Herzog von Reichstadt. W�hrend des �sterreichischen Krieges hatten sich auch die Tiroler, die ihre fr�here Zugeh�rigkeit zu �sterreich nicht verga�en, gegen ihre neuen Herren, die Bayern, erhoben. In einem begeisterten Aufstande unter dem biedern Sandwirt Andreas Hofer warfen sie nach den Siegen am Jselberge Franzosen und Bayern aus dem Lande, erlagen aber end-lich der franz�sischen �bermacht (1809). �
Hofer wurde in einer Sennh�tte ergriffen und in Mantua erschossen (1810). � In Norddeutschland r�ttelte Major von Schill mit seinen Freischaren vergeblich an den franz�sischen Fesseln; er wurde in Stralsund eingeschlossen, von D�nen und Franzosen �berw�ltigt und get�tet. Seine gefangenen elf Offiziere wurden in Wesel erschossen und die Soldaten auf franz�sische Galeeren nach Toulon gebracht (1809). Ein Aufstand hessischer Bauern unter dem Obersten D�rn-
berg mi�gl�ckte ebenfalls. Herzog Wilhelm von Braunschweig schlug sich mit seiner �Schwarzen Schar" von B�hmens Grenze nach England durch (1809).
8. Napoleons verh�ngnisvoller Zug nach Ru�land (1812). Je 1812 h�her die Macht Napoleons stieg, desto weniger wollte er die Herrschaft in Europa mit Alexander I. von Ru�land teilen. Immer mehr lockerte sich die unsichere Freundschaft. Endlich gab Ru�land einen erw�nschten Grund zum Kriege, indem es die �Kontinentalsperre" mi�achtete. In drei Heers�ulen brach die �gro�e Armee" im Sommer 1812 in Ru�land ein. Sie z�hlte �ber eine halbe Million Soldaten und darunter auch Hilfstruppen von allen deutschen F�rsten. Die Russen wichen zur�ck,
indem sie das Land hinter sich verw�steten. Nach den blutigen Siegen bei Smolensk und Borodiuo zog Napoleon in Moskau ein. Aber Leichenstille empfing die Sieger, denn die meisten Einwohner waren ge-fl�chtet. Bald brach, von den Russen angelegt, �berall Feuer aus und verwandelte in einigen Tagen die ungeheuere Stadt in einen Tr�mmer-Haufen. Mit Gefahr rettete sich Napoleon aus dem Flammenmeere. Auf seine Friedensvorschl�ge bekam er die Antwort, da� nun der Krieg erst anheben solle. Nach langem Z�gern befahl er den R�ckzug. Immer f�hl-barer wurde der Mangel in dem bereits ausgesogenen Gebiete, und dazu meldete sich ein strenger Winter als Bundesgenosse der Russen. Mehr
23V Andreas Hofer.
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und mehr l�sten sich die Bande der Ordnung auf, und das vielgestaltigste Verderben schritt durch die Reihen der stolzen Armee. Der Hunger grinste aus allen Gesichtern; um ein gefallenes Ro� entspannen sich er-bitterte K�mpfe. Tausende t�tete der grimmige Frost. In allerlei Ver-mummungen schleppten sich die Fl�chtlinge einzeln und in Trupps durch die pfadlose Schneew�ste; jeder Morgen fand Erfrorene am Lagerfeuer oder auf dem weiten Schneefelde zerstreut. Gierige W�lfe umkreisten und unerm�dliche Kosakenschw�rme verfolgten die Ungl�cklichen. So gelangten sie an die Beresina (einen sumpfigen Nebenflu� des Dnjepr), deren Wogen bei dem eingetretenen Tauwetter hoch gingen und Eisschollen daherrollten. Zwei Br�cken wurden geschlagen, aber hinter den Fl�chtigen donnerten die russischen Kanonen und schw�rmten die Kosaken. Alles dr�ngte sich in toller Hast und grausem Gewirr nach dem anderen Ufer, aber Taufende wurden in die Flut hinabgest�rzt oder fielen in russische Gefangenschaft. In dieser Not lie� Napoleon treulos die Opfer seiner Herrschgier im Stiche und rettete sich auf einem Schlitten nach Frankreich. Hier ver�ffentlichte er die ber�chtigte Bekanntmachung: �Die gro�e Armee ist vernichtet; die Gesundheit seiner Majest�t ist niemals besser gewesen." Selten wohl hat sich ein Mensch zu herzloserer Selbstsucht bekannt. Von der stolzen Armee kamen endlich etwa 20000 Mann zerlumpt, halb ver-hungert und erfroren in Polen an.
9. Preu�ens opferfreudige Erhebung im Jahre 1813. In dem Brande Moskaus leuchtete den Deutschen das Morgenrot der Freiheit. �Das ist Gottes Finger! Jetzt oder nie!" ging es durch alle Herzen. Den ersten k�hnen Schritt tat der patriotische General York. Er befehligte die preu�ischen Hilfstruppen, die in den russischen Ostseeprovinzen dem �Gottesgerichte" entgangen waren. York schlo� mit den Russen die �ber-einkuust von Tauroggen, wonach er die Feindseligkeiten einstellte. Der K�nig mu�te zwar diesen eigenm�chtigen Schritt �ffentlich mi�-billigen, da Berlin noch franz�sische Besatzung hatte, aber im Herzen billigte er ihn. Von der Begeisterung des Volkes gedr�ngt und getragen, 1813 verlegte er seine Residenz (1813) nach Breslau, um frei handeln zu k�nnen. In dem B�ndnis zu Kalisch gelobten Friedrich Wilhelm und Alexander, nicht eher das Schwert aus der Hand zu legen, bis Deutsch-land befreit sei. F�r die Helden des Kampfes stiftete der K�nig den Orden des �Eisernen Kreuzes" mit der Inschrift: �Mit Gott f�r K�nig und Vaterland!" Hochherzig und opferfreudig erhob sich unter gro�artiger Begeisterung das fast ganz zertretene Ostpreu�en. F�r die Sache des Vaterlandes war hier kein Opfer zu gro� und keine Tat zu schwer. Nach dem Muster dieser Provinz entstanden �berall die Landwehr und der Landsturm, und Freiwillige eilten scharenweise dem K�nige zu. �Der K�nig rief, und alle, alle kamen." Das bekannteste Freikorps war �L�tzows wilde Jagd". In ihm dienten n. a. der Turnvater Jahn und der Dichter Theodor K�rner. Er und andere patriotische Dichter wie E. M. Arndt, M. v. Schenkendorf und Fr. R�ckert, sch�rten die Begeisterung. Am 17. M�rz erschien der z�ndende Aufruf: �An mein Volk!" und verwandelte Preu�en in eine gro�e Kriegswerkst�tte. Ein Gef�hl
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gl�hte in allen Herzen, ein Gedanke regte alle H�nde: �Das Vaterland retten oder mit Ehren untergehen!" Greise traten neben J�nglingen, hohe Beamte neben schlichten Bauern unter die Waffen. Mit stolzer Tr�ne hie� die Mutter den Sohn, die Gattin den Gatten, die Braut den Br�utigam in den heiligen Krieg ziehen.
Volle B�rsen und bescheidene Sparb�chsen,
kostbarer Schmuck wie schlichte Trauringe und f
sch�nes Lockenhaar wurden auf dem Altar des
10. Die ersten schweren K�mpfe.
Inzwischen war Napoleon schon wieder mit
�berlegener Truppenmacht im Felde erschienen.
Bei Gro�g�rschen (Dorf n�rdlich von ' V'
L�tzen) erfolgte der erste Zusammensto� mit
den verb�ndeten Preu�en und Russen (am
2. Mai 1813). Mit Tapferkeit und Todes-
Verachtung wurde auf beiden Seiten ge-
stritten. Die jungen preu�ischen Truppen 232. General York.
taten Wunder der Tapferkeit, und schon
wankten die franz�sischen Reihen, da lie� Napoleon frische Truppen in geschlossenen S�ulen vorr�cken und 80 Kanonen an einem Punkte auf-fahren, die Tod und Vernichtung in die Reihen der Russen und Preu�en schlenderten. Sie mu�ten sich vor der �bermacht zur�ckziehen, b��ten
233. Theodor K�rner. 23^. Ernst Moritz Arndt.
aber weder Gefangene noch Kanonen und Fahnen ein. �Das sind die Preu�en von Jena nicht mehr!" sagte Napoleon. Unter den Verwundeten war der treffliche Scharnhorst, der in Prag seinen Wunden erlag. Eine zweite Schlacht bei Bautzen (am 20. und 21. Mai) hatte trotz des heldenm�tigsten Widerstandes den R�ckzug der Verb�ndeten nach Schlesien zur Folge. Da bot Napoleon, der seine R�stungen erst voll-enden wollte, einen auch den Verb�ndeten erw�nschten Waffenstillstand auf sieben Wochen an. In Deutschland erhob sich ob seiner Annahme
1813
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viel Murren, weil man von der korsischen Arglist eitel Trug und Ungl�ck f�rchtete. W�hrend des Waffenstillstandes lie� Napoleon L�tzows Frei-korps, �die wilde Jagd", niedermachen. Der verwundete Dichter Theodor K�rner entkam, fiel aber sp�ter bei Gadebusch in Mecklenburg. Ber-uadotte, der ehemalige franz�sische Marschall, der 1809 Kronprinz von Schweden geworden war, trat mit einem kleinen schwedischen Heere zu den Verb�ndeten �ber. Erst nach l�ngerem Zaudern entschlo� sich auch �fter-reich zum Anschlu�, nachdem Napoleon dessen Forderungen abgelehnt hatte.
11. Die ersten Siege der preu�ischen Truppen. Napoleon hatte Dresden zum Mittelpunkte seiner Stellung gemacht. Im Halbkreis um-gaben ihn die drei Armeen der Verb�ndeten. Die Nordarmee stand unter dem Kronprinzen von Schweden, die schlesische unter dem Volkshelden Bl�cher, die b�hmische unter dem �sterreichischen F�rsten Schwarzenberg, der zugleich Oberfeldherr war. Napoleon wollte durch den Marschall Oudiuot Berlin nehmen lassen, aber bei Gro�beeren kam am 23. August abends General B�low mit den preu�ischen Land-Wehrm�nnern �ber Oudiuot und jagte ihn nach hitzigem Kampfe �ber die Elbe zur�ck. Bei dem str�menden Regen schlugen die Tapferen mit dem Kolben drein, denn �so flutschte et b�ter". Die dankbaren Berliner erquickten die Sieger noch auf dem Schlachtfelde. � Der Marschall Macdonald sollte Bl�cher in die Oder jagen. Bl�cher war im Begriff, die Katzbach zu �berschreiten und gegen den Feind zu r�cken, fand aber die Franzosen wider Erwarten schon auf dem diesseitigen Ufer. Mit den Worten: �Kinder, nun Hab' ich genug Franzosen her�ber, vorw�rts denn!" hie� er die Seinen bei str�mendem Regen auf den Feind gehen. Mit Kolben und Bajonett wurden die Rothosen in die angeschwollenen Fluten der Katzbach und der w�tenden Nei�e gejagt. Bei der Ver-folgung feuerte Bl�cher die Seinen mit den Worten an: �Nur vorw�rts, Kinder, das erspart eine neue Schlacht!" An 30 000 Mann verloren die Franzosen, und Schlesien wurde von ihnen ges�ubert. Seit dem Tage an der Katzbach (in der N�he von Wahlstatt bei Liegnitz am 26. August) nannten die Soldaten ihren Vater Bl�cher �Marschall Vorw�rts", der K�nig aber machte ihn zum F�rsten von Wahlstatt.
Mittlerweile hatte Napoleon bei Dresden die b�hmische Armee zur�ckgeschlagen und den General Vandamme beauftragt, ihr den R�ck-weg abzuschneiden. Aber achttausend Russen unter Ostermann und dem Prinzen Eugen von W�rttemberg, angefeuert von Friedrich Wil-Helm III., hielten ihn bei Kulm so lange auf, bis General Kleist von den Nollendorfer H�hen dem Feinde in den R�cken kam und ihn ver-nichtete. Vandamme wurde mit 10 000 Mann gefangen (am 30. August). Der Sieger erhielt von seinem K�nige den Ehrennamen Kleist von Nollendorf. � Noch einmal versuchte Napoleon die Wegnahme Berlins. Marschall Ney, der Tapferste der Tapferen, drang mit 80 000 Mann bis Bennewitz vor (6. September), aber die Preu�en unter B�low und Tauentzien leisteten ihm den tapfersten Widerstand und schlugen ihn endlich mit Hilfe der Russen in v�llige Flucht. Den Sieger ehrte der K�nig durch den Namen B�low von Dennewitz. � W�hrend dieses
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Kampfes, wie auch fr�her schon, hatte sich der F�hrer der Nordarmee, Bernadotte, zweideutig benommen und den unter seinem Oberbefehle stehenden preu�ischen Generalen keine Hilfe gesandt. Die Vereinigung der schleichen und der Nordarmee sollte General Bertrand hindern, aber die unvergleichliche Tapferkeit der Landwehr unter Jork erfocht
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am 3. Oktober einen gl�nzenden Sieg bei Wartenburg an der Elbe, nach welchem die Vereinigung bewerkstelligt wurde Der Sieger bekam den Namen Jork von Wartenburg. Nach solchen Schl�gen glaubte sich das rheinb�ndlerische Bayern beiNapoleon nicht mehr sicherund trat deshalb auch zu den Verb�ndeten �ber. Immer enger zog sich der Ring nm Napoleon; da verlie� er Dresden und nahm Stellung auf der Ebene von Leipzig.
12. Die entscheidende V�lkerschlacht bei Leipzig (16. 18. 19. Oktober 1813). Die V�lker Europas kamen auf der Leipziger Ebene zusammen, um den gro�en Entscheidungskampf zu schlagen. Gegen 200 000 Mann franz�sische Truppen mit 600 Kanonen umgaben Leipzig im'Bogen. Die verb�ndeten Heere von etwa 250 000 Mann mit 900 Kanonen
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standen ihnen in weiterem Kreise gegen�ber. W�hrend Napoleons Truppen alle schlagfertig seines Winkes warteten, zogen die Verb�ndeten erst noch heran; dazu ermangelten sie der rechten Einheit in der Oberleitung, So lie� sich der Kronprinz von Schweden durch nichts aus seinem be-kannten Z�gern bringen. � An dem nebligen Morgen des 16. Oktober gaben drei Kanonensch�sse 5as Zeichen zum Beginn der Blutarbeit. F�nf Stunden donnerten die Kanonen, da� die Erde erbebte und die Fenster zersprangen. Drei Schlachten entspannen sich: bei Wachau, Lindenau und M�ckern. In den beiden ersten schlug Napoleon die tapferen Angriffe der Verb�ndeten zur�ck, aber Murats rasender Sturm-angriff mit 9000 Reitern auf die Mitte der Verb�ndeten mi�lang. Napoleon hatte schon in Leipzig und den D�rfern die Glocken l�uten uud Siegesboten nach Frankreich abfertigen lassen, � doch zu fr�h! Bl�cher war nach Mittag erschienen und gleich zum Sturm auf M�ckern vorgegangen. Dreimal wurde das Dorf gewonnen und verloren; hoch aufgeh�uft lagen die Leichen; Wunder der Tapferkeit verrichtete das Dorksche Korps; endlich war der Sieg entschieden. Die Nacht wurde durch Tausende von Wachtfeuern und viele brennende D�rfer erhellt. � Am 17., einem Sonntage, ruhten die Waffen. Napoleons Friedens-Vorschl�ge wurden keiner Antwort gew�rdigt. � Am 18. entbrannte der Kampf besonders hitzig um Probstheida, das Napoleon als den Schl�ssel seiner Stellung gegen Schwarzenberg und die Russen Wittgenstein uud Barclay de Tolly verteidigte. 1000 Kanonenschl�nde spielten zu dem grausen Tanze auf. Nach neunst�ndigem Kampfe war ein vollst�ndiger Sieg errungen. Von allen Seiten liefen auf dem Monarchenh�gel, wo Franzi., Alex and er I. und Friedrich Wilhelm III. sich befanden, die Siegesbotschaften ein.. Da sanken die drei Monarchen auf die Kniee und dankten dem Herrn der Heerscharen. Die Nacht brach an. Auf einem h�lzernen Schemel neben einer zerschossenen Windm�hle sa� Napoleon und diktierte beim Scheine des Wachtfeuers die Befehle zum R�ckz�ge. Nur kurze Zeit fiel er in einen unruhigen Schlummer, w�hrend dessen ihn seine Gener�le in d�sterem Schweigen umstanden. Pl�tzlich fuhr er auf und starrte sie verwundert an. Eine Granate schlug ins Wachtfeuer und verl�schte es. � Am 19. begann der Sturm auf Leipzig. Napoleon hatte nur noch f�r den R�ckzug zu k�mpfen. Dieser ging in der wildesten Hast durch Leipzig. Zu fr�h flog die Elsterbr�cke in die Luft und �berlieferte die Fl�chtigen der Gefangenschaft oder dem Tode durch das Schwert und in den Fluten. So ertrank der edle Polen-Held, der franz�sische Marschall F�rst Poniatowski, in der Elster. Der K�nig von Sachsen wurde als Gefangener nach Berlin geschickt. Seine Truppen waren noch w�hrend des Kampfes zu den Verb�ndeten �ber-gegangen. Auf dem Markte in Leipzig umarmte der russische Kaiser den alten Bl�cher und sagte: �Sie haben das Beste getan; Sie sind der Be-freier Deutschlands!" Der Alte antwortete: �Majest�t, nur meine Schul-digkeit habe ich getan!" Das fl�chtige Franzosenheer wollte der bayerische General Wrede bei Hanau aufhalten, aber Napoleon warf ihn zur�ck und erreichte gl�cklich den Rhein.
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13. Die wechselvollen K�mpfe der Verb�ndeten in Frank-reich (1814). �All Deutschland in Frankreich hinein!" mahnte Bl�cher 1814 die z�gernden Monarchen und drang endlich mit seinen Angriffspl�nen durch. Schwarzenberg zog zwischen Basel und Mannheim dem s�d-lichen Frankreich zu, und B�low befreite Holland, w�hrend Bl�cher in der Neujahrsnacht 1814 bei Caub �ber den Mittelrhein ging. �ber 1814 die Pyren�en kam der Engl�nder Wellington, der durch den Sieg bei Vittoria (1813) Spanien von den Franzosen befreit hatte. Napoleon 1813
236. Das Brandenburger Tor in Berlin.
Errichtet von Langhans 1789�1793. Die Viktoria entworfen von Schadow-
hatte neue Heere aufgestellt und dr�ngte Bl�cher bei Brienne zur�ck,
erlitt aber eine Niederlage bei La Rothiere. Die Uneinigkeit, das Z�gern der Verb�ndeten und die Vereinzelung der Heeresabteilungen wu�te Napoleon trefflich auszunutzen und brachte den vier Heers�ulen Bl�chers empfindliche Niederlagen bei. Schon prahlte er: �Ich bin M�nchen n�her als Paris!" Nach der blutigen Schlacht bei Craonne, Bl�chers Sieg bei Laon und dem Schwarzenbergs bei Bar f�r Aube warf sich Napoleon in den R�cken der Verb�ndeten, um sie zur R�ckkehr nach dem Rheine zu locken. Man schickte ihm eine kleine Abteilung nach, um ihn in dem Wahne zu erhalten, da� seine Absicht erreicht sei, und marschierte gegen Paris. Nach Erst�rmung des Montmartre zogen Alexander und Friedrich Wilhelm mit ihren Trnppen unter dem Jubel des wetterwendischen Volkes ein (31. M�rz 1814). Zu sp�t erkannte 1814 Napoleon seinen Irrtum. Er wollte umkehren und Paris st�rmen, aber seine Generale verweigerten den Gehorsam.
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14, Napoleons Absetzung und Verbannung. Der Senat setzte Napoleon ab, und dieser mu�te in Fontainebleau seine Abdankung, unter-schreiben. Der Bruder des ermordeten K�nigs Ludwig XVI. kehrte als Ludwig XVIII. aus den Thron Frankreichs zur�ck. Napoleon aber wurde nach einem ergreifenden Abschiede von seinen alten Garden, die wie Kinder weinten, auf die Insel Elba, den Rest seines Weltreiches, verwiesen.
1814 Der erste Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 beschr�nkte Frankreich auf die Grenzen von 1792, forderte aber weder Kriegskosten noch die aus allen L�ndern zusammengeraubten Kunstsch�tze zur�ck. Nur die Viktoria vom Brandenburger Tore in Berlin, die noch nicht einmal ausgepackt war, wanderte wieder heim. Das war ein billiger, leider zu billiger Frieden f�r Frankreich. Was das Schwert erworben, was Tausenden von M�nnern Blut und Leben gekostet hatte, das verdarben die M�nner der Feder und der Kaiser von Ru�land, der gegen Frank-reich zu nachgiebig war.
15. Der letzte Entscheidungskampf bei Belle-Alliance (Waterloo)
1815 am 18. Juni 1815 und Napoleons Ende. Die verwirrten Verh�lt-nisse Europas sollten ans dem Wiener Kongre� geordnet werden. Dort versammelten sich die F�rsten mit ihren Staatsm�nnern. Eine m�rchenhafte Pracht wurde entfaltet und Fest auf Fest gefeiert. Daneben schritt die Entwirrung nur langsam fort, da die widersprechendsten An-spr�che geltend gemacht wurden. Besonders gesch�ftig sch�rte der treulose und schlaue Franzose Talleyrand die Zwietracht Die Verb�ndeten waren nahe daran, das Schwert gegeneinander zu ziehen. Wie ein Fuchs auf der Lauer beobachtete Napoleon den Zwist der Verb�ndeten und die wachsende Unzufriedenheit der Franzosen mit den Bourbouen, welche �nichts gelernt und nichts vergessen hatten". Pl�tzlich landete er im M�rz zu Cannes, an der S�dk�ste Frankreichs, mit seinen Getreuen und prahlte: �Mein Adler wird von Turm zu Turm fliegen, bis er sich auf Notre-Dame in Paris niederl��t." Wirklich fielen ihm Volk und Heer zu. Im Triumph durcheilte er Frankreich und zog � wieder Kaiser aus 100 Tage � in das jubelnde Paris ein, aus dem Ludwig XVIII. geflohen war. Die erneute Gefahr einigte die Kongre�mitglieder. Ru�-laud erhielt Polen ohne Posen und Krakau, �sterreich Venedig, Tirol und Salzburg und einige andere Teile, Preu�en die H�lfte Sachsens und die L�nder am Rheine (Westfalen und Rheinprovinz), dagegen ver-lor es Ausbach-Bayreuth an Bayern, Ostfriesland an das K�nigreich Hannover und blieb in zwei H�lften zerrissen. Holland und Belgien wurden zum K�nigreich der Niederlande vereinigt. In die s�dlichen (romanischen) L�nder kehrten die alten Herrscherfamilien zur�ck. Alle deutschen F�rsten wurden selbst�ndig und bildeten den Deutschen Bund, der aus neununddrei�ig Staaten bestand. Ihre Gesandten sollten auf dem Bundestage zu Frankfurt a. M. unter �sterreichs Vorsitz die ge-meinsamen Angelegenheiten beraten.
Napoleon ersch�pfte sich in Friedensversicherungen, aber man glaubte ihm nicht und tat ihn in die �Acht Europas". Der Engl�nder Wel-lington und Bl�cher standen mit ihren Heeren in Belgien. Mit
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�berlegener Macht st�rzte sich Napoleon auf Bl�cher und schlug ihn bei Ligny (Dorf nordwestlich von Namnr in Belgien) den 16. Juni 1815. 1815 Bl�chers Ro� wurde erschossen und begrub den greisen Helden unter seiner Last. Mit Lebensgefahr rettete ihn sein Adjutant Nostiz. Das Kommando f�hrte Bl�-chers �Kopf', sein Gene-ralstabsleiter Gneise-nau, einer der f�higsten F�hrer und Schlachten-ordner jener Zeit, weiter.
Napoleon befahl dem Marschall Grouchy,
�die Preu�en in den Rhein zu werfen", und wandte sich dann gegen Wellington, der auf den H�hen von St. Johann bei Waterloo und der Meierei Belle-Alliauce (s�dlich von Br�ssel) am 18. Juni 1815 den feindlichen St��en tapfer stand-hielt. Er hatte von Bl�cher zwei Korps er-beten und die Antwort erhalten: �Nicht zwei
Korps, sondern die gan- 237. Gneisenau.
ze Armee!" Doch der
str�mende Regen und die grundlosen Wege erschwerten das Fortkommen, und obgleich Bl�cher scherzte: �Das sind unsere Verb�ndeten von der Katzbach, die dem K�nige das Pulver sparen!", und obgleich er rastlos hin und her sprengte und vorw�rts trieb, so klagten doch endlich die Soldaten: �Es geht unm�glich weiter!" �Kinder!" rief der alte Degen, �wir m�ssen vorw�rts, ich hab's ja meinem Bruder Wellington versprochen, und ihr wollt doch nicht, da� ich wortbr�chig werden soll?" Inzwischen wurden die franz�sischen Angriffe immer heftiger und die englischen Linien immer d�nner. Auf einem H�gel unter einem Baume sa� Wellington, entschlossen zu siegen oder zu sterben. Mit steigender Sorge beobachtete er das Schlachtgew�hl. �Ich wollte, es w�re Abend oder Bl�cher k�me!" seufzte er. Da donnerten die ersten preu�ischen Kanonen ihren Gru� und belebten den Mut der erm�deten Streiter. Einen letzten verzweifelten Kampf wagten die Franzosen, besonders die Garde, aber er endete mit der wildesten Flucht. Beim bleichen Mondenschimmer verfolgten die Preu�en unter Gneisenau die Franzosen wie fl�chtiges Wild. Mit genauer Not entkam Napoleon durch einen Sprung aus dem Wagen, aber Hut, Mantel, Degen, Orden und reiche Beute lie� er in den H�nden der
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Preu�en. Paris wurde zum zweitenmal (3. Juli) genommen und von Bl�cher jetzt etwas rauher angefa�t. Im zweiten Pariser Frieden wurde Frankreich auf die Grenzen von 1790 beschr�nkt. Es mu�te die geraubten Kunstsch�tze herausgeben, 540 Millionen Mark Kriegskosten bezahlen und 150 000 Mann Besatzung aufnehmen. Napoleon war nach Rochefort gefl�chtet und ergab sich hier den Engl�ndern, die ihn auf die einsame Felseninsel St. Helena im Atlantischen Ozean (westlich von S�dafrika) brachten. Die strenge Haft, die Unt�tigkeit und der Gram �ber sein Schicksal untergruben seine Gesundheit und f�hrten 1821 schlie�lich seinen Tod (am Magenkrebse) herbei (5. Mai 1821). Das Weltgericht hatte auch ihn, �die Zuchtrute in der Hand Gottes", erreicht. An seiner Ma�losigkeit, die weder g�ttliche noch menschliche Schranken achtete, ging der Gewaltige zugrunde. Die Verb�ndeten 1815 schl�ssen im Herbst 1815 den heiligen Bund zur Erhaltung des euro-p�ischen Friedens.
16. Die Friedcnsarbeit. Im Frieden ruhte die ersch�pfte Welt von den endlosen Kriegen aus und suchte die geschlagenen Wunden zu heilen. Mit Weisheit und Liebe suchte Friedrich Wilhelm III. sein Volk gesittet und gl�cklich zu machen. Unter treuer Mithilfe der Minister Hardenberg und Altenstein f�hrte er ein v�terliches Regiment.
a) Die Staatsverwaltung war seit 1808 einheitlicher geregelt worden. Jetzt leitete ein Ministerium von sechs Fachministern (Minister des �u�ern, des Innern, der Finanzen, der Justiz, des Krieges, der geistlichen und Schulangelegenheiten) unmittelbar unter dem K�nige die Verwaltung des ganzen Landes Der Staat wurde in 8 Provinzen, diese in Regierungsbezirke und diese in landr�tliche Kreise eingeteilt. Durch Umgestaltung des Steuerwesens � es wurde die Mahl- und Schlacht-steuer, die Klassen- und Gewerbesteuer eingef�hrt � erh�hten sich die Einnahmen. Gemeinsame Angelegenheiten der einzelnen Provinzen wurden durch die Provinzialst�nde beraten. Diese setzten sich zusammen aus Rittergutsbesitzern und Vertretern der St�dte und D�rfer.
b) Das Heer bestand aus 8 Armeekorps, in jeder Provinz eins, und dem Gardekorps in Berlin und Potsdam. Die allgemeine Wehr-Pflicht wurde durchgef�hrt und jeder Soldat zu 12 j�hrigem Heeresdienste verpflichtet, 3 Jahre bei der Truppe, 2 Jahre bei der Reserve, und 7 Jahre bei der Landwehr ersten und zweiten Aufgebots. Jedes Armee-korps stand unter einem �kommandierenden General".
c) Die Landwirtschaft gewann au�erordentlich durch die Ein-s�hruug einer besseren Bodenbearbeitung, durch die Abl�sung der b�uer-lichen Lasten f�r alle Bauern und durch die Aufteilung der Gemeinde-l�ndereien, wodurch Taufende von Bauern in den selbst�ndigen Besitz von Grundeigentum kamen. Der Bauer wurde erst jetzt seines Lebens froh. Die Kartoffel wurde jetzt �berall gebaut. Die Viehhaltung hob sich durch den Kleebau. Auch Tabak und Zuckerr�ben baute man an. Statt der alten Dreifelderwirtschaft f�hrte man eine j�hrliche Benutzung der �cker durch zweckm��ige Fruchtfolge ein. K�nstlicher D�nger, verbesserte Pfl�ge, Drill-, M�h- und Dreschmaschinen wurden benutzt und alle Ver-
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besserungen auf gro�en G�tern auch von den Bauern nachgeahmt. Auf einer landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin wurde gelehrt, wie die Naturwissenschaften auf den Landbau anzuwenden seien. Auch die Forst-Wirtschaft wurde gef�rdert, der Wald in Schl�ge geteilt und abgeholzte Strecken und �dl�ndereien aufgeforstet.
d) Handel und Industrie wurden gef�rdert durch neue Aulagen von Chausseen und durch Schiffbarmachung von Fl�ssen, am meisten aber durch die Gr�ndung des deutschen Zollvereins (1833). Fortan wurde nur noch an den Au�engrenzen der deutschen Staaten ein Warenzoll erhoben, w�hrend vorher jedes Land und L�ndchen besondere Z�lle for-derte. Der Gesamtertrag wurde nach der Bev�lkerungszahl unter die einzelnen Staaten verteilt. Neue Postlinien hoben den Personenverkehr. 1827 begannen die Dampfboote der K�lnischen Gesellschaft ihre Rheinfahrten , nachdem 1803 der Amerikaner Fnlton das erste Dampfschiff gebaut hatte. Zahl und Gr��e der Dampfschiffe nahm zu, der Seehandel hob sich lebhaft. 1838 wurde in Preu�en die erste Eisenbahn (zwischen Berlin und Potsdam) gebaut; die erste in Deutschland war schon 1835 zwischen N�rnberg und F�rth erbaut worden. Dreyse in S�mmerda erfand damals das Z�ndnadelgewehr, das im �sterreichischen Kriege von der gr��ten Bedeutung wurde. Im Jahre 1845 erfand der Amerikaner Elias Howe die N�hmaschinen. Schon vorher (1832) hatten Kammerer die Streichz�ndh�lzchen und (1833) die Professoren Gan� und Weber in G�ttingen den elektrischen Telegraphen erfunden. �berall entstanden Fabriken mit Dampfmaschinen. So wurden Stahlfedern statt der G�nse-kiele eingef�hrt und millionenweise hergestellt. Das Spinnrad wurde verdr�ngt und durch den mechanischen Webstuhl ersetzt. In gro�en Spinnereien wurden Massen von Baumwolle verarbeitet. In den Buch-druckereien traten Schnellpressen an die Stelle der Handpressen. Das Zeitungswesen gewann eine au�erordentliche Ausbreitung. F�r viele Menschen trat an die Stelle der Heimarbeit die Fabrikarbeit und damit der Zug vom Lande nach der Stadt. Einen sichtlichen Aufschwung nahmen die St�dte.
e) Schule und Kirche zeigten sich gleichfalls neu belebt. Das Volk wurde in den Schulen immer bester, nach den Grunds�tzen des edlen Schweizers Heinrich Pestalozzi, unterrichtet. Aus fremden L�ndern kamen Besucher, um das bewunderte preu�ische Volksschulwesen kennen zu lernen. Viele Volksschulen und Lehrerseminare wurden ge-gr�ndet, die allgemeine Schulpflicht durchgef�hrt und das h�here Unter-richtswefen au�erordentlich verbessert. Gegen 70 Gymnasien wurden errichtet. In Bonn entstand eine Universit�t, und in Halle wurde die
. dortige Hochschule mit der aufgel�sten Wittenberg er vereinigt.
Nach dem Jubelfeste der Reformation (1817) vereinigte der K�nig Lutheraner und Reformierte durch die Union zu einer evangelischen Landeskirche. Die bedr�ckten evangelischen Zillertaler ans Tirol nahm er in Schlesien ans.
f) Auch auf dem Gebiete der K�nste und Wissenschaften begann Preu�en jetzt in den Vordergrund zu treten. In Berlin wirkten als
Polack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 2lu5g. A. 26
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Bildhauer: G. Schadow, der Direktor der Kunstakademie (Sieges-g�ttin auf dem Brandenburger Tor), und Rauch (Grabdenkmal der K�nigin Luise), als Baumeister: Schinkel (die Neue Wache, das Schau-spielhaus, die Bauakademie), als M�nner der Wissenschast: die Philo-fophen Schleiermacher, der zugleich der bedeutendste Theologe seiner Zeit war, und Hegel, der die v�llige �bereinstimmung von Wissen und Sein lehrte, der gro�e Geograph Ritter, der vielseitigste aller Natur-forscher: Alexander von Humboldt. In D�sseldorf leitete der gro�e Historienmaler Peter von Cornelius (Freskogem�lde aus der an-tiken und christlichen Welt) die Malerakademie.
So ging es in Stadt und Land, im gewerblichen und geistigen, im �ffentlichen nnd h�uslichen Leben erfreulich vorw�rts. Mehr und mehr �bernahm Preu�en auf allen Gebieten die F�hrung. Aber ein gro�er Schmerz bewegte jeden guten Deutschen; das war Deutschlands Zerrissen-heit und Ohnmacht. Am kl�glichsten zeigte sie sich in den langweiligen und nutzlosen Verhandlungen des kl�glichen Bundestages in Frankfurt a/M. unter �sterreichs Vorsitz. Die neununddrei�ig Bundesstaaten bek�mmerten sich wenig um einander, und der �Bund" ward zum Gesp�tt. Das wach-gerufene und durch die siegreichen K�mpfe gekr�ftigte Nationalgef�hl der Deutschen fand sich nirgends befriedigt.
Friedrich Wilhelm III. starb, tief betrauert von seinem Volke, am 7. Juni 1840. Er liegt neben seiner unverge�lichen Gemahlin Luise im Mausoleum zu Charlottenburg begraben. Sein Wahlspruch, mit dem auch sein Testament begann, lautete: �Meine Zeit in Unruhe, meine Hoffnung in Gottl'' Sch�ne Merkworte von ihm sind: �Meine Sache ist die Sache meines Volkes! � Ich m�chte um vieles nicht �ber ein Volk herrschen, welches keine Religion h�tte."
Fragen: Wie hatte sich die Ohnmacht des Deutschen Reiches entwickelt? � Welches sind die Ursachen von Preu�ens Fall? � Worin besteht Preu�ens innere Wiedergeburt? � Weshalb schlugen die ersten Befreiungsversuche fehl? � Warum scheiterte der russische Feldzug? � Was trieb zu der wunderbaren Er-Hebung von 1813? � Wodurch war Napoleon bei den K�mpfen im Vorteil? � Wie war das �Reich der hundert Tage" m�glich? � Warum war die Kongre�-arbeit eine so verzweifelte? � ,,23er Husar von Auerst�dt" von Schack. � �An die K�nigin Luise von Preu�en" von H. v. Kleist. � �Vor Rauchs B�ste der K�nigin Luise" von K�rner. � �Das Lied vom Schill" und �Das Lied vom D�rnberg" von Arndt. � �Andreas Hofer" von Schenkendorf und von Mosen. � �Geharnischte Sonette" von Rudert. � �Der Brand von Moskau" von St�ge-mann. � �Aufruf" von K�rner. � �Das Eiserne Kreuz", �Der Landsturm" und �Auf Scharnhorsts Tod" von Schenkendorf. � �Die Trommel" von Besser.
-� �L�tzows wilde Jagd" von K�rner. � �Karl Theodor K�rner" von F�rster. � �Der Trompeter an der Katzbach" von Mosen. � �Das Lied vom Feld-Marschall" und �Die Leipziger Schlacht" von Arndt. � �Bl�cher am Rhein" von Kopisch. � �Belle-Alliance" und �Vor Bl�chers Standbild" von Sturm. � �Ein Wort vom alten Bl�cher" von Hesekiel. � �Die Grenadiere" von Heine. � �Die n�chtliche Heerschau" von Zedlitz. � �Die drei Gesellen" von R�ckert. -�Der Tod Friedrich Wilhelms in." von Gruppe.
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80. Friedrich Wilhelm IV. (1840�1861) und die Revolution.
1. Allerlei Aufst�nde und Umw�lzungen. Der Herd der Unruhen blieb Frankreich, wo der redliche Ludwig XVIII. beim besten Willen die Parteien nicht befriedigen konnte. Unter seinem eigensinnigen Bruder 1830 Karl X. brach in der Julirevolution (1830) der Thron der Bonrbonen zusammen, und der �B�rgerk�nig" Louis Philipp aus dem Hause Orleans suchte nun seine Regierung den Volksw�nschen anzupassen.
der Vertreibung des Don Karlos endete.
In Italien sch�rte der Geheim-239. Friedrich Wilhelm IV. bund der Carbonari, d. h. K�hler, den
Brand und suchte die dortigen F�rsten-H�user durch Aufst�nde zu vertreiben, um wom�glich ein einheitliches Italien zu schaffen.
1825 Ju Ru�land bestieg nach Alexanders I. pl�tzlichem Tode (1825) sein Bruder Nikolaus I. den Thron nach einer Revolution, die sein Mut niederschlug. Er war der beste Hausvater und der flei�igste Arbeiter des weiten Reiches. Alle Verwaltungsf�den liefen in seiner Hand zusammen. Polen, das ein fast selbst�ndiges K�nigreich war, suchte die Abh�ngigkeit von Ru�land ganz abzusch�tteln, wurde aber von Diebitsch und Pas-
1831 kewitsch (1831) unterworfen und dem russischen Reiche einverleibt.
1821 Die Griechen bestanden (1821�1827) einen Heldenkampf gegen
ihre t�rkischen Dr�nger, wobei sie von dem gebildeten Europa durch Geld, Mannschaften und begeisterte Teilnahme unterst�tzt wurden. Den Schl�ch-tereien Ibrahims von �gypten, den der ohnm�chtige Sultan zu Hilfe gerufen hatte, machte endlich die Vernichtung der t�rkischen Flotte bei
1827 Navariuo durch die Engl�nder ein Ende (1827). Griechenland wurde
1829 frei. Seine Unabh�ngigkeit wurde in dem Frieden zu Adrianopel (1829), der den russisch-t�rkischen Krieg zugunsten Ru�lands beendete, von der T�rkei anerkannt. Unter dem Schutze der Gro�m�chte wurde der bayerische
1832 Prinz Otto K�nig von Griechenland (1832�1862). Er fand das Land in dem trostlosesten Zustande.
In Deutschland begehrte das Volk f�r die gro�en Opfer im Freiheitskampfe eine Verfassung, die ihm eine Mitwirkung an der Gesetzgebung sichern und die absolute Monarchie in eine konstitutionelle verwandeln sollte. Weil aber diese Forderung hie und da schroff und verletzend auf-
1831
In derselben Zeit rissen sich die ka-tholischen Belgier von dem protestantischen Holland los und gaben sich (1831) in dem Prinzen Leopold von Kobnrg einen K�nig.
1839
In Spanien verw�stete der Kampf zwischen Christinos (den Anh�ngern der K�nigin Christine) und Karlisten (den Anh�ngern des Don Karlos, der ein j�ngerer Bruder des K�nigs war) sechs Jahre das Land, bis er endlich 1839 mit
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trat. und weil sich �berall noch viel Z�ndstoff aus der Revolutionszeit zeigte, so wurden viele F�rsten bedenklich und z�gerten die Erf�llung ihres Versprechens hinaus, ja f�hrten eine strenge �berwachung der freisinnigen Stimmf�hrer ein. Der Polizei-Gro�meister in jener Zeit war der �fter-reichische Minister Metternich.
2. Friedrich Wilhelms IV. Wesen unb Streben. Dem gerechten Friedrich Wilhelm III. folgte (1840) anf dem preu�ischen Throne sein 1840 hochbegabter Sohn Friedrich Wilhelm IV7. Sein Geist war hochgebildet, �so da� er sein Brot als Professor h�tte erwerben k�nnen", seine Zunge wohlberedt, seine Hand zum Wohltun offen, fein Herz fromm und f�r des Volkes Wohl begeistert. Er liebte den Frieden und f�rderte Kunst, Wissen-schuft und kirchliches Leben. Bei seiner Thronbesteigung gelobte er, �in den Wegen feines Vaters zu wandeln, f�r die Erhaltung des Friedens zu sorgen, das Regiment in der Furcht Gottes und der Liebe der Menschen zu f�hren". �Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen!" war fein Wahlspruch. Mit ihm eines Sinnes war seine Gemahlin Eli-sabeth, eine bayerische Prinzessin. Beide wirkten segensreich f�r die innere Mission. Alte Kirchen wurden wiederhergestellt, 400 neue Gottesh�user und eine Anzahl Kranken-, Waisen- und Diakonissenh�user erbaut.
Alten, braven Eheleuten schickte die K�nigin Elisabeth am Tage ihrer goldenen Hochzeit eine sch�ne Bibel mit ihrem und des K�nigs Bildnis und ihrer Namensunterschrift, armen auch eine Geldspende. Ein Drittel ihrer Eink�nfte verwandte sie zu Liebesgaben.
Seine Liebe f�r die Knust bet�tigte der K�nig durch Berufung gro�er K�nstler nach Berlin. So trat Cornelius (Zeichnungen zum Campo Santo in Berlin) an die Spitze der Berliner Malerakademie. Wilhelm von Kanlbach malte im Treppenhause des Neuen Berliner Museums seine ber�hmten Bilder (Turmbau zu Babel, Zerst�rung Jerusalems, Hunnenschlacht, Zeitalter der Reformation u. a ). Andere hervorragende Meister der Malerei waren Lessing und Menzel. Die Bildhauer-kunst bl�hte vornehmlich durch Rauch (Standbild Friedrichs des Gro�en vor Kaiser Wilhelms Palais), Drake (Denkmal Friedrich Wilhelms III. im Tiergarten), Ki� (die Amazone vor dem Museum) und Rietschel (Standbilder Lessings in Braunschweig, Goethes und Schillers in Weimar, Lutherdenkmal in Worms). St�ter baute die Kapelle im Berliner Schlosse, das Neue Museum, Langhans das abgebrannte Opernhaus wieder auf. Friedrich Wilhelm begann auch den K�lner Dom, die stolze Marienburg und die Stammburg Hohenzollern in Schwaben auszubauen. (Die F�rstent�mer Hohenzollern (Sigmaringen und Hechingen)
hatte der F�rst 1849 an Preu�en abgetreten.) Als Tonk�nstler wirkten Meyerbeer (Opern) und Meudelssohu-Bartholdy (Symphonien, Oratorien, Lieder usw.) in Berlin. Berlin wurde auch der Sammelplatz bedeutender Dichter, von denen die Romantiker Ludwig Tieck, Wilhelm von Schlegel, der Lyriker R�ckert, der Romandichter W. Alexis und der Liederdichter G ei bei zu nennen sind. Unter den Gelehrten der Alter-tums-, Sprach- und Naturwissenschaften ragten besonders hervor die Ge-br�der Jakob und Wilhelm Grimm und Alexander von Humboldt.
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Handel und Verkehr wurden gewaltig durch neue Eisenbahnbauten und Telegraphenleitungen sowie regelm��ige Dampfschiffverbindungen ge-hoben. Zum Schutze der Handelsflotte wurde eine Kriegsflotte gegr�ndet, der Jadebusen erworben, der Kriegshafen Wilhelmshaven angelegt und die Flotte unter den Admiral Prinz Adelbert gestellt. Berlin sah eine Reihe von Fabriken (Borsigs Maschinenbauanstalt) entstehen, und das industrielle Leben nahm in den rheinischen und westf�lischen St�dten (Eisenwaren in Solingen, Krupps Gu�stahl- und Gesch�tzfabrik in Essen, Leinen-, Baumwoll- und Seidenweberei in Elberfeld-Barmen) feinen Auf-fchwung.
1847 Friedrich Wilhelm vereinigte (1847) die Abgeordneten aller Pro-vinzen zu einem Landtage, der die Stenern bewilligen und die Gesetze mitberaten sollte. �Ein freies Volk unter einem freien K�nige!" das sollte seine Losung sein und bleiben, solange er atmete. Leider wurde in den wilden St�rmen der Zeit sein redliches Wollen selten mit sch�nem Erfolge gekr�nt, auch nach au�en.
3. Die Revolution von 1848. In Paris brach 1848 in der sogenannten Februarrevolution abermals ein Aufstand aus, der den B�rgerk�nig vertrieb, Frankreich zur Republik machte und seine wilden und schlammigen Wellen durch ganz Europa w�lzte. Wie ein Fieber er-griff die Bewegung auch Preu�en. Reine und unreine Leidenschaften wallten �berall auf. Edle M�nner und lose Schreier machten sich zu Ver-tretern des Volkswillens und setzten alle Kreise in G�rung. Obwohl sich Friedrich Wilhelm IV. der Erf�llung berechtigter Volksw�nsche geneigt
1848 zeigte, so brach doch am 18. M�rz 1848 ein furchtbarer Stra�enkampf in Berlin (und dann in anderen St�dten) aus, in dem das Milit�r zwar siegte, aber trotzdem von dem friedliebenden K�nige aus der Stadt zur�ck-gezogen wurde. Er berief nun eine Nationalversammlung, die eine neue Verfassung beraten sollte. In ihr ging es oft bunt und wild her, w�hrend in den Stra�en der P�bel l�rmte, schm�hte und Unfug ver�bte. Da stellte der K�nig den Grafen von Brandenburg und den Freiherrn von Manteuffel an die Spitze der Regierung Diese M�nner schafften mit Hilfe der Armee Ordnung, verlegten die Nationalversammlung nach Brandenburg und l�sten sie endlich ganz auf. Darauf gab der K�nig am
1850 31. Januar 1850 die noch heute g�ltige Verfassung, nach der alle Ge-setze durch das Zusammenwirken der Regierung, des vom Lande ge-w�hlten Abgeordnetenhauses und des vom K�nige berufenen Herren-Hauses entstehen (konstitn�onell-monarchische Verfassung).
Einige Artikel von den Rechten der Preu�en lauten:
Art. 4. Alle Preu�en sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht statt.
Art. 5. Die pers�nliche Freiheit ist gew�hrleistet.
Art. 6. Die Wohnung ist unverletzlich.
Art. 12. Die Freiheit des religi�sen Bekenntnisses und der �ffentlichen Religions�bung ist gew�hrleistet.
Art. 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art. 21. F�r die Bildung der Jugend wird durch �ffentliche Schulen gesorgt. Kein Kind darf ohne Unterricht bleiben.
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Art. 23. Alle Unterrichts- und Erziehungsanstalten stehen unter Aufsicht des Staates.
Art. 25. Der �ffentliche Volksschulunterricht wird unentgeltlich erteilt. Den Lehrern wird ein festes, den �rtlichen Verh�ltnissen angemessenes Gehalt gew�hrleistet.
Art. 27. Jeder Preu�e hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu �u�ern.
Art. 32. Das Petitionsrecht (d. h. das Recht, Bitten und Antr�ge an die Staatsgewalt zu richten) steht allen Preu�en zu. ,
Art. 34. Alle Preu�en sind wehrpflichtig.
Andere wichtige Bestimmungen aus der Verfassungsurkunde sind: Die Person des K�nigs ist unverletzlich. Die Minister sind verantwortlich. Der K�nig hat die vollziehende Gewalt: er ernennt die Minister und die Staats-beamten, beruft die beiden Kammern und hat das Recht der Begnadigung und Strafmilderung.
In der Pfalz und in Baden hatten sich die Aufst�ndischen der Regierungsgewalt bem�chtigt, aber der Prinz von Preu�en, der sp�tere Kaiser Wilhelm, besiegte die badischen Freischaren nnd f�hrte den Gro�-Herzog zur�ck (1849). � Auch Wien hatte sich im Aufstande erhoben, 1849 war aber von dem F�rsten Windifchgr�tz und dem Kroaten-Banus Jellachich genommen und gez�chtigt worden. Die Ungarn rissen sich unter Kossuth von �sterreich los und konnten nur mit Hilfe der Russen wieder unterworfen werden. Dasselbe versuchten die Venetianer und Lombarden im Bunde mit dem K�nige Karl Albert von Sardinien,
aber der greise �sterreichische Feldmarschall Radetzky warf alles vor sich nieder und besiegte den Sardenk�nig bei Novara (1849), worauf dieser 1849 die Krone seinem Sohne Viktor Em annel �berlie� und ins Ausland ging.
4. Deutscher Einigungsversuch. Alle deutschen Freiheitsm�nner waren eifrig bestrebt, ein starkes, einiges Deutschland zu schaffen. Um eine gemeinsame Verfassung f�r das ganze Deutschland aufzustellen, war eine aus der Wahl des Volkes hervorgegangene Nationalversammlung nach Frankfurt a. M. berufen worden (18. Mai 1848). Der Bundestag sollte 1848 beseitigt werden. In der Paulskirche verhandelten die Vertreter des Volkes �ber die Reichsverfassung und boten schlie�lich Friedrich Wil-Helm IV. die erbliche deutsche Kaiserw�rde an. Doch dieser wollte die Kaiserkrone nicht aus der Hand der Revolution, sondern nur von dem freien Willen der F�rsten annehmen. Da letztere nicht einig werden konnten, lehnte er sie ab. Er suchte aber eine freie, festere Verbindung der Staaten zu schaffen und berief (1850) einen Reichstag nach Erfurt. Dem 1850 entgegen er�ffnete jedoch �sterreich mit den s�ddeutschen F�rsten den Frankfurter Bundestag wieder. Nach langem Hin- und Herstreiten, wobei schon die Heere ger�stet in Hessen einander gegen�berstanden, gab Preu�en in dem Vertrage von Olm�tz (1850) nach und lie� den aufgel�sten 1850 Bundestag unver�ndert wieder aufleben. Durch �die Schmach von Ol-m�tz" verlor Preu�en sein Ansehen in Deutschland.
Als der D�nenk�nig danach trachtete, die Rechte der von ihm re-gierten deutschen Herzogt�mer Schleswig-Holstein zu vernichten und das Land feinem Reiche einzuverleiben, kam es zum schleswig-holsteini-schen Kriege (1848). Die Schleswig-Holsteiner besiegten mit Hilfe der 1848
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Preu�en unter Wrang el und Bon in die D�nen (1848), nahmen das Danewerk, erst�rmten D�ppel und sch�ssen bei Eckernf�rde das d�nische Schiff �Christian VIII." in Brand. Die d�nische Fregatte �Gesion" wurde genommen und bei Kolding wurde gesiegt. Aber die Drohungen Eng-lands, Ru�lands und Schwedens betrogen Preu�en zu einem faulen Frieden, der die Holsteiner ihrem Schicksal �berlie�. Sie wurden bei � Jdstedt besiegt (1850) und den D�nen mit Hilfe �sterreichs unterworfen. Die Herzogt�mer erhielten zwar ihre besondere Verfassung, blieben jedoch in einigen Hauptsachen abh�ngig von D�nemark. Die in der ersten Be-geisterung gegr�ndete deutsche Flotte wurde an den Meistbietenden verkaust.
5. Napoleon III. in Frankreich. Der Krimkrieg. Die Einigung Italiens. Ludwig Napoleon Bonaparte, ein Neffe Napoleons i. und Sohn des K�nigs Ludwig von Holland und der K�nigin Hortense,
1848 hatte sich nach der Februarrevolution (1848) durch Klugheit und Entschiedenheit zum Pr�sidenten der Republik ausgeschwungen. Nachdem er
1851 durch s��e Reden viele gewonnen und seine Gegner am 2. Dezember 1851
1852 durch Gewalt beseitigt hatte, lie� er sich (185-J) durch Volksabstimmung als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen w�hlen. �Das Kaiserreich ist der Friede!" verk�ndete er der Welt. Als aber Nikolaus I. von Ru�land alle Christen im Orient unter seinen Schutz stellen wollte und dar�ber mit der T�rkei in Hader kam, da zog Napoleon mit England in
1853 dem orientalischen Kriege, dem sogenannten Krim kriege (1853�1856), das Schwert f�r die T�rkei, um Ru�lands �bermacht zu brechen. Die Westm�chte siegten an der Alma, bei Jnkerman, an der Tschernaja und st�rmten endlich nach furchtbaren Opfern das feste Sebastopol auf
1855 der Halbinsel Krim am Schwarzen Meere (1855). Da schlo� Alexander II., der Sohn des inzwischen verstorbenen Nikolaus I., den Frieden zu Paris'
1856 der Ru�lands Macht im Schwarzen Meere l�hmte (1856). Um so mehr wandte nun der edle Alexander alle Sorgfalt darauf, seine V�lker durch den Frieden, durch Belebung des Verkehrs, Hebung der Bildung und Be-freiung der Bauern von der Leibeigenschaft zu begl�cken.
In Italien war das Streben nach nationaler Einigung immer lebendiger geworden. An die Spitze der Bewegung gegen �sterreich stellte sich Viktor Emanuel, der K�nig von Sardinien. Getrieben von seinem ausgezeichneten Minister, dem Grafen Cavonr, und dem italienischen Volke und unterst�tzt von Frankreich, begann er den Kampf gegen �fter-reich, das bei Magenta und Solserino besiegt und im Frieden von
1859 Villafranca (1859) zur Abtretung der Lombardei gen�tigt wurde. In den folgenden Jahren wurden Modeita, Partita, Toskana und Sizilien nach Vertreibung ihrer F�rsten mit Sardinien und Teilen des Kirchen-
1861 staates zu einem K�nigreich Italien vereinigt (1861). Hervorragenden Anteil an dem Einigungswerke hatte der k�hne Freischarenf�hrer Garib aldi.
6. B�rgerkriege in Nordamerika. In den B�rgerkriegen der Re-publik Mexiko war von dem �berm�tigen Pr�sidenten Jnarez vielfach den dort wohnenden Europ�ern Unbill zugef�gt worden. Deshalb schickte Napoleon ein Heer, um Genugtuung zu erzwingen, vornehmlich aber um
1861 eilte Monarchie herzustellen (1861). Er bewog Maximilian, den Bruder
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des �sterreichischen Kaisers, die ihm angetragene Kaiserkrone von Mexiko anzunehmen, dann aber � lie� er ihn im Stiche. Der edle F�rst suchte aufrichtig das Wohl des ungl�cklichen Landes, aber die Republikaner unter dem Pr�sidenten Juarez bedr�ngten ihn immer mehr, schl�ssen ihn endlich in der Festung Queretaro ein, nahmen diese durch Verrat und erschossen den ungl�cklichen Kaiser (1867). Seine Gattin Charlotte, die in Europa 1867 Hilfe f�r ihn gesucht hatte, war irrsinnig geworden.
In den Vereinigten Staaten brach ein vierj�hriger Bruderkrieg aus (1861�1865), weil die n�rdlichen Staaten die Abschaffung der im- 1861 w�rdigen Negersklaverei forderten, die s�dlichen aber darin die Zer-st�ruug ihrer Baumwollen- und Zuckerproduktion, also ihres Lebensnervs,
sahen. Die S�dstaaten schieden darum aus der Union und w�hlten Jefserson Davis zum Pr�sidenten. Die Nordstaaten widersetzten sich diesem Austritt und entfalteten unter dem ehrlichen Pr�sidenten Abraham Lincoln eine immer mehr wachsende Energie gegen die Sklavenbarone, bis endlich nach oft wechselndem Gl�cke und grausamen Schl�chtereien die nordstaatlichen Generale Sherman und Grant den Krieg beendigten und Jeffersou Davis, gerade als er zu Schiffe fl�chten wollte, gefangen nahmen. Der edle Lincoln ging nun daran, die Neger zu befreien und die Union wiederherzustellen, wurde aber von dem fanatischen Schauspieler Booth im Theater erschossen. Erst unter seinem Nachfolger Johnson bestimmte der Kongre� (die Versammlung der Abgeordneten) zu Washington (1867), 1867 da� alle B�rger ohne Unterschied der Rasse frei und vor dem Gesetz gleich sein sollten. Damit war die Sklaverei abgeschafft.
ftroflcn: Welches sind die tieferen Ursachen der Revolutionen? - Woher stammt das Interesse der gebildeten Welt an dem griechischen Freiheitskampfe? � Was hat der Zollverein, was die Union zu bedeuten? � Warum sank nach dem Tage von Olm�tz Preu�ens Ansehen? � Warum f�hrten 1848�1850 die �Nationalk�mpfe" nirgends zum Ziele? � Wie hat sich Napoleon III. von einem fl�chtigen Abenteurer zum tonangebenden Herrscher in Europa aufschwingen k�nnen? � Die �Griechenlieder" von Wilhelm M�ller. � Die �Polenlieder" von Platen. � �Die letzten Zehn vom 4. Regiment" von Mosen.
1795.- Friede zu Basel. Dritte Teilung Polens. Direktorium. Schutz-Pockenimpfung von Jenner. 1800: Marengo. Unterdr�ckung des Aufstandes in Irland. � Wieland, Herder. Goethe und Schiller in Weimar. 1861: K�nig Wtlhelm von Preu�en. K�nigreich Italien. Tod des Prinzgemahls Albert von England. Polnischer Aufstand. Unruhen in Mexiko. Ausbruch des nord-amerikanischen B�rgerkrieges. Englisch-franz�sische Expedition gegen China. Weltausstellung in London.
81. Kaiser Wilhelm l. (1861�1888) und Deutschlands Neugestaltung und Gr��e.
1. Der pflichttreue Prinz bis zur Thronbesteigung. Friedrich Wilhelm IV. hatte stets das Gute gewollt und doch so viel B�ses erfahren. Eine tiefe Verstimmung des Gem�tes und Umd�sternng des Geistes nahm mehr und mehr �berhand. Die Gem�tskrankheit des Monarchen schien unheilbar. Da �bernahm sein Bruder Prinz Wilhelm zun�chst die
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Stellvertretung (1857), dann (1858) als Prinzregent die Regentschaft. Am 2. Januar 1861 erl�ste der Tod den K�nig, und nun bestieg der Prinzregent den Thron seiner V�ter, ein vierundsechzigj�hriger Mann, aber �jeder Zoll ein K�nig und ein Deutscher". K�nig Wilhelm wurde den 22. M�rz 1797 als zweiter Sohn Friedrich Wilhelms III. und der unverge�lichen Luise geboren. Er war ein schw�chliches Kind, der Mutter �Angstkind". Trotzdem wurde er vom 6. bis 8. Jahre als Soldat aus-gebildet. Was anfangs Spiel war, wurde ihm dann ernste Lebensaufgabe. Allen seinen Lehrern bewahrte er die dankbarste Anh�nglichkeit. Das be-weist sein kindlicher Brief an den �lieben Vater Zeller" in K�nigsberg. Seine Mutter urteilte in dieser Zeit �ber ihn: �Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles tr�gt, gerade wie sein Vater, einfach, bieder und verst�ndig. Auch in seinem �u�ern hat er die meiste �hnlichkeit mit ihm." Des Prinzen Jugend fiel in die Zeit der �deutschen Schmach" und des �preu�ischen Ungl�cks". Ein tiefer, nnverl�fchlicher Eindruck blieb ihm lebenslang aus jener Zeit. Er hatte gesehen, wie seine edle Mutter blutige Tr�nen weinte, als sie mit ihren Kindern bis an das �u�erste Ende des Reiches fl�chtete, wie sie todkrank in einer Bauernh�tte am Nervenfieber daniederlag, und wie endlich der Jammer des Vaterlandes ihr das Herz brach. Als J�ngling nahm er an den Befreiungskriegen teil und zeichnete sich durch Mut aus. Mit ganzer Seele widmete er sich dem Soldatenstande. Er verm�hlte sich 1829 mit der edlen, deutschgesinnten Prinzessin Angnsta von Weimar Gott segnete die Ehe mit zwei Kindern, dem sp�teren Kaiser Friedrich III. und der noch lebenden Gro�herzogin Luise von Baden. In dem Revolutionsjahre 1848 zog er sich durch seine Geradheit den Ha� der Berliner zu und mu�te auf den Wunsch seines k�niglichen Bruders auf einige Zeit nach England gehen. Hier lernte er die verfassungsm��igen Rechte eines freien Volkes kennen und ehren. Sp�ter besiegte er in Baden und der Pfalz die Aufst�ndischen. Sein Charakter zeigte sich zu allen Zeiten schlicht und wahr, stark und klar, gerecht und fromm, mild und leutselig. In seiner ersten k�niglichen Ansprache w�nschte er, �da� es ihm unter Gottes gn�digem Beistande gelingen m�ge, Preu�en zu neuen Ehren zu f�hren".
2. Der einsichtige Verbessern* des Heeres und sein treuer Helfer Otto von Bismarck. Wollte Preu�en sein verlorenes Ansehen wieder gewinnen, so mu�te es sein Heer verst�rken. Zun�chst durch Vermehrung der Truppen. Hatte sich doch auch die Bev�lkerung mehr als verdoppelt Die Zahl der Regimenter wurde verdoppelt und die dreij�hrige Dienstzeit durchgef�hrt. Die Landwehr trennte der t�chtige Kriegsminister von Roon von den j�ngern Soldaten und bildete aus diesen besondere Truppenteile. Das Fu�volk wurde mit dem Dreyseschen Z�ndnadelgewehre und die Artillerie mit gezogenen Kanonen bewaffnet. Die Ausf�hrung dieser Ver-bessernngspl�ne forderte viel Geld, und das wollte das Abgeordnetenhaus nicht bewilligen.
Da berief der K�nig an die Spitze der Regierung den mutigen und klugen Otto von Bismarck, damit er die schwierigen Verhandlungen mit dem Abgeordnetenhause f�hre. Der neue Ministerpr�sident stammte
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aus einer altnl�rkischen Adelsfamilie und wurde am 1. April 1815 in Sch�nhausen geboren. Er besuchte das Gymnasium zum �grauen Kloster" in Berlin und studierte bte Rechte in G�ttingen. Den Staatsdienst ver-lie� er bald und bewirtschaftete die v�terlichen G�ter an der Elbe. Als
2^0. Kaiser Wilhelm I. Mach einer Photographie.)
Deichhauptmann �berwachte er die sch�tzenden Elbd�mme. Als k�hner Schwimmer rettete er einen Knecht aus den Fluten. Als Abgeordneter verfocht er mutig und scharf die Rechte des K�nigs. Als Gesandter beim Bundestage in Frankfurt lernte er das ganze Elend der Kleinstaaterei kennen. Er sah' ein, da� Deutschland nie einig werden k�nne, solange �sterreich die F�hrung habe und Preu�en zu sch�digen trachte. Als Ge-
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fanbter in Petersbnrg unb Paris machte er sich mit ben bortigen Verh�ltnissen genau vertraut. Als Minister sprach er es offen aus, ba� Deutschlanb nur �burch Blut unb Eisen", unb bie �Verlegung bes �sterreichischen Schwerpunktes nach Ofen-Pest", nicht burch Verhanblungen unb Reben geeinigt werben k�nne. Ein Versuch, bie beutschen F�rsten aus snebltchem Wege zu einigen unb Deutschlaubs �u�ere Machtstellung wie
innere Wohlfahrt zu erh�hen, war an ber Eifersucht zwischen �sterreich unb Preu�en gescheitert. Durch ben Mi-nisterpr�sibenten von Bismarck, ben Kriegsminister von Roon unb ben Generalstab sleiter vonMoltke setzte ber K�nig bie neue Heeres-einrichtung gegen ben Wiber-stanb bes Abgeorbnetenhau-ses burch. Balb sollte sie sich bew�hren.
3. Der deutsche Mann im d�nischen Kriege 1864. In jener Zeit starb ber D�nenk�nig Friebrich VII., ber zugleich Herzog von Schleswig-Holstein war. Die beiben Herzogt�mer sollten �up ewig ungebeelf bei Deutschlanb verbleiben unb ihre eigene Verfassung behalten. Der K�nig hatte aber d�nisches Milit�r nach Schleswig gelegt, bie �mter mit D�nen besetzt unb bie b�nische Sprache in Kirche, Schule unb Gerichten eingef�hrt. Sein Nachfolger Christian IX., ein verwanbter Prinz aus bem Hause Sonberburg - Gl�cksburg, lie� sich von ber Partei ber �Eiberb�nen", bie ben b�nischen Gesamtstaat bis an bie Eiber ausbehnen wollten, verleiten, trotz ber Warnung bes Deutschen Bunbes, Schleswig als Provinz in bie d�nische Monarchie einzuverleiben. Solche Schmach konnte sich Deutschlanb von bem kleinen D�nemark nicht gefallen lassen. Im Winter 1864 r�ckten, unter bem Oberbefehl bes Felbmarschalls von Wrangel, bie �sterreicher unter Gablenz unb bie Preu�en unter Prinz griebrich Karl �ber bie Eiber unb verscheuchten bie D�nen aus bem Danewerk, bem alten Grenzwall auf bem rechten Eiberufer. Die Preu�en siegten bei Mtffunbe, bie �sterreicher bei Oversee; bie D�nen aber retteten sich hinter ihr uorbisches Sebastopol, bie D�ppeler Schanzen im sogenannten Suubewitt. Das waren hohe Erbmauern unb tiefe Gr�ben mit allerlei Hinbernissen. In ben Gr�ben waren spitze Pf�hle, Fallgruben, Eggen u. bgl.; auf ben Erbw�llen stauben viele Kanonen. Vom Meere beschossen b�nische
2^V Kaiserin Augnsta,
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Schiffe die Preu�en, Diese belagerten mit ebensoviel Eiser wie Geschick und Erfolg die Schanzen. Nachdem die weittragenden Kanonen das starke Bollwerk weidlich zerschossen und die Laufgr�ben den Weg bis dicht an die Festung gebahnt hatten, erfolgte am 18. April unter dem Ges�nge des Preu�enliedes und donnerndem Hurra der Sturm. Die Preu�en st�rmten aus den Laufgr�ben hervor, aber dicke, hohe Palisaden hemmten ihren Weg. Da rief der Pionier Klinke: �Wartet, Br�der, ich �ffne euch eine T�r!" Er warf einen Pulverfack gegen die Planken, legte gl�henden Schwamm darauf, und krachend flogen die Planken, aber auch der k�hne Held in die Luft. Durch die Bresche drangen seine Kameraden in die Schanzen und �berw�ltigten die D�nen. Die Schanzen wurden genommen. 118 Kanonen erbeutet, 5000 D�nen gefangen, die andern in die Flucht getrieben. Nach einem erfolglosen Waffenstillst�nde gingen am 29. Juni die Preu�en in der Morgend�mmerung ans 160 K�hnen nach Alsen �ber und nahmen die stark befestigte Insel mit st�rmender Hand. In wilder Flucht retteten sich die D�nen auf ihre Schiffe. Ganz J�tland wurde nun bis an das Skagenshorn eingenommen und der Angriff auf F�nen nnd Seeland vorbereitet. Da verstanden sich die D�nen im Frieden von Wien zur Abtretung Schleswig-Holsteins an Preu�en und �sterreich (1864). So war die lange Schmach ges�hnt und das �Schmerzenskind" der deutschen Mutter wiedergewonnen.
4. Der ritterliche Held im �sterreichischen Kriege 1866. a) Ursachen des Krieges. Die innere Ursache des Bruderkrieges war die uralte Eifersucht zwischen �sterreich und Preu�en. Das vielsprachige �sterreich war nur zu einem Drittel deutsch und wollte doch Deutschland beherrschen. Preu�en war ein deutscher Staat mit geordneten Verh�ltnissen und zum F�hrer Deutschlands durch seine Lage, seine Geschichte und seine Macht berufen. Die �u�ere Veranlassung zum Kriege gab Schleswig-Holstein. Hier begehrte das Volk den Erbprinzen Friedrich von Augustenburg zum Herzog und wurde dabei von �sterreich und den meisten deutschen F�rsten unterst�tzt. Je mehr Kleinstaaten Deutschland hatte, desto leichter war es zu beherrschen. Nur auf die Zerrissenheit und Ohnmacht der deutschen Einzelstaaten gr�ndete sich die �sterreichische Obmacht. Preu�en sagte zwar zu der Wahl des Augustenbnrgers nicht Nein, forderte aber im Interesse seiner jungen Flotte und der deutschen Wehrkraft die Oberhoheit �ber Land- und Seemacht, den Kieler Hafen und die Festung Rendsburg. Im Vertrauen auf �sterreich z�gerte Herzog Friedrich mit der Entscheidung so lange, bis der ganze Plan scheiterte. Durch den Gast ein er Vertrag (1865) �bernahm nun Preu�en die Ver-waltung Schleswigs und �sterreich die Holsteins. Letzteres kreuzte auf jsde Weife die preu�ischen Pl�ne, besonders durch die Unterst�tzung des Augustenbnrgers. Als es aber die Sache dem Deutschen Bunde zum Austrage �bergeben wollte, der sicherlich f�r �sterreich entschieden h�tte, sah Preu�en den Gasteiner Vertrag.s�r gebrochen an und lie� seine Truppen in Holstein einr�cken. Da beschlo� auf �sterreichs Antrag der Bundestag (am 14. Juni 1866) mit neun gegen sechs Stimmen die Mobilmachung, um Preu�en durch Waffengewalt zur Unterwerfung zu
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zwingen. Nun trat Preu�en mit einigen kleineren Staaten, die sich ihm angeschlossen, aus dem Bunde, l�ste ihn auf und zog das Schwert gegen �sterreich und die mit ihm verb�ndeten deutschen Staaten. Schon im Fr�hjahr hatte es ein Schutz- und Trutzb�ndnis mit Italien geschlossen.
b) Der Einmarsch in Feindesland. Sachsen, Hannover und Kurhessen waren von Preu�en aufgefordert worden, sich ihm anzuschlie�en,
lehnten aber den Anschlu� ab. Mit Blitzesschnelle bra-chen nun die preu�ischen Truppen Mitte Juni ein und besetzten diese L�nder. Der
Kurf�rst von Hessen wurde als Gefangener nach Stettin geschickt. Der blinde K�nig Georg von Han-notier entkam zwar mit 18000 Mann und suchte sich nach Bayern durchzuschlagen; aber beiLangensalza griff ihn am 27. Juni der General von Flies mit 8000 Mann zusammengeraffter Truppen an und zwang ihn zum Haltmachen. Obwohl die k�hnen Angreifer der �bermacht erlagen, so ward doch nach zwei Tagen die tapfere hannoversche Armee durch die nachr�ckenden Truppen des Generals von Mantenfsel ein-geschlossen und zur Waffenstreckung gezwungen. Der blinde K�nig ging nach �sterreich. �
Nach dem Feldzugsplane des schweigsamen �Schlachtendenkers" Moltke brach die preu�ische Armee in drei m�chtigen Heers�ulen nach B�hmen auf, um dort vereint den Feind zu umklammern. Die dritte oder Elbarmee von 50000 Mann unter Herwarth von Bittenfeld besetzte im Fluge das K�nigreich Sachsen, dessen K�nig Johann sich mit seiner Armee zu den �sterreichern rettete, und zog durch das Lausitzer Gebirge dem Elbkessel zu. Prinz Friedrich Karl befehligte die erste Armee (90000 Mann stark). Mit dem Wahlspruche: �Lasset eure Herzen zu Gott und eure F�uste aus den Feind schlagen!" f�hrte er sie �ber G�rlitz und Reichenbach durch das Jsergebirge demselben Ziele zu. Die zweite Armee (115000 Mann stark) unter dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm marschierte durch Schlesien und die Sudetenp�sse nach B�hmen. Mit unvermuteter Schnelligkeit, welche die �sterreicher �affenartige Geschwindig-keit" nannten, erschienen die Preu�en an den Ausg�ngen der Gebirgsp�sse und erzwangen den Eintritt in B�hmen. Die Elb- und die erste Armee vereinigten sich nach einigen siegreichen Gefechten und besiegten bei
2^2. Roon.
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M�nchengr�tz (28. Juni) und Gitschin (29. Juni).den �sterreichischen General Clam Gallas, dessen Korps sich in wilder Unordnung zur�ckzog. Bei Trauten all wurde (27. Juni) ein Fl�gel der kronprinzlichen Armee
243. Bismarck.
zur�ckgedr�ngt, aber schon den folgenden Tag r�ckte die Garde mit un-widerstehlicher Tapferkeit vor und warf das Gablenzsche Korps in voller Aufl�sung zur�ck. Beim Ausgang der P�sse von Nach od erfocht der alte General Steinmetz einen gl�nzenden Sieg (27. Juni). Weit und breit war das Feld mit wei�en �sterreichischen Uniformen bes�et, und die Gefangenen wurden wie Schafe zusammengetrieben. Den Sieger ehrte
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man durch den Namen �ber L�we von Nachob." Den 28. folgte ber Sieg bei Skalitz, ben 29. ber bei Schweinesch�bel nnb bte Einnahme von K�niginhof. Die preu�ische Tapferkeit, unterst�tzt durch �bas Schnellfeuer bes Z�nbnabelgewehrs, war �berall unwiderstehlich. � Infolge aller dieser Niederlagen zog sich der �sterreichische Oberfeldherr Benedek in eine be-festigte Stellung auf den H�hen von Chlnm, Lipa und Sadowa zur�ck und erwartete den Angriff der Preu�en.
c) Die Entscheidung. Am 30. Juni traf K�nig Wilhelm bei der Armee ein, entbot ihr Gru� und Dank und wurde mit unendlicheck Jubel begr��t. Schon den 3. Juli entbrannte die entscheidende Schlacht bei K�niggr�tz. Mit Todesverachtung r�ckte die Armee Friedrich Karls durch den Wald und das regennasse Feld den befestigten H�hen entgegen; aber einen entsetzlichen Granatenhagel spieen die �sterreichischen Gesch�tze �ber sie aus, denn die �sterreicher hatten genau die Entfernungen ab-gemessen und sich sogar Zeichen an den B�umen eingeschnitten. Schaurig war der Sturmlauf durch den Wald von Sadowa unter den sausenden und pfeifenden Kugeln und den krachenden �sten und B�umen. In fechs-st�ndigem Kampfe ersch�pften die Tapferen ihre Kr�fte gegen eine dreifache �bermacht. Als sie endlich etwas zur�ckweichen mu�ten, da stie� ihr General von Fransecki (spr. Franski) am Waldrande seinen Degen in die Erbe nnb rief: �Nicht weiter zur�ck; hier sterben wir!" Etwas besser ging es auf dem rechten Fl�gel, wo Herwarth von Bittenfelb unter gro�en Schwierigkeiten enblich bte tapferen Sachsen zur�ckbr�ugte. Auf einer Anh�he �berwachte ber K�nig ben Gang ber Schlacht. �So sieht ein K�nig aus, ber siegen will!" Gegen Mittag stanb bte Schlacht � nicht hoffnungsreich, uttb alle Augen richteten sich sehns�chtig nach Osten, woher ber Kronprinz kommen mu�te. Dieser hatte erst vier Uhr morgens ben Marschbefehl erhalten ttnb sich unges�umt auf ben mehrst�ttbtgeit unb h�chst schwierigen Weg gemacht. Nachmittags enblich ging bte Knnbe bttrch bte Armee: �Der Kronprinz ist ba!", unb neue Kraft burchbrang bie ersch�pften Krieger. In nnwiberstehltchem Ansturm ging es von allen Seiten vorw�rts. Den Truppen bes Kronprinzen gelang es, Chlnm, ben Schl�ssel von Benebeks Stellung, zu nehmen. Da sah Benebek, ber bis dahin in k�hler Ruhe seine Befehle erteilt hatte, da� die Schlacht verloren war, und gab den Befehl zum R�ckz�ge. Der Kanonendonner verstummte pl�tzlich, und in wilder Flucht w�lzte sich der verwirrte Heereskn�uel gegen die Festung K�niggr�tz. Noch ein gro�artiges Reitergefecht entspann sich, in dem die ber�hmte �sterreichische Kavallerie von der preu�ischen geworfen wurde. Nicht enden wollte der Jubel der Truppen, als ihr Kriegsherr sie auf dem Schlachtfelde begr��te. Bismarck hatte ihn nur mit M�he ans dem Granatfeuer entfernt. Auf feine Mahnung hatte ber K�nig geantwortet: �Ich kann boch nicht bavonreiten, wenn meine brave Armee im Feuer steht!" Der herrliche Sieg war mit lOOOO Gefallenen, barunter ber Garbegeneral Hiller von G�rtringen unb Prinz Anton von Hohen# zollern, erkauft. Die �sterreicher hatten 14000 Tote unb Verwunbete, 20000 Gefangene, 174 Kanonen, 11 Fahnen unb vieles Kriegsmaterial eingeb��t.
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d) Der Friede. Im Siegesfluge folgten nun die Preu�en den Fl�chtigen auf dem Fu�e. Schon winkte in der Ferne der hohe Stephans-t�rm von Wien. Ein Korps �berstieg die kleinen Karpathen, siegte bei Blumenau und bedrohte Pre�burg. Da wurden in Nikolsburg die Friedensbedingungen vereinbart, die der Friede von Prag (23. August) best�tigte: �sterreich schied aus Deutschland, verzichtete auf Schleswig-Holstein und zahlte sechzig Millionen Mark Kriegskosten, brauchte aber,
Moltke.
so wenig wie Sachsen, Land abzutreten. Au�erdem gab es Preu�en freie Hand, die deutschen Verh�ltnisse n�rdlich vom Main nach Gutd�nken zu ordnen. Die Friedensbedingungen waren f�r den Kaiserstaat so milde, um fremde Einmischung durch Napoleon zu verhindern und den Gegner mcht unvers�hnlich zu stimmen. � W�hrend des Siegeslaufes der preu�ischen Armee im Osten hatte die Mainarmee unter General Vogel von Falckenstein durch ihre Schnelligkeit und Tapferkeit gro�e Erfolge im Westen errungen. Bei Dermbach, Kissingen, Aschaffenburg schlug ste m den Ju�tagen die uneinigen und schlecht gef�hrten s�ddeutschen Truppen. Faldensteins Nachfolger im Kommando, General von Man-teuf/el, setzte den Siegesmarsch fort, bis auch hier ein Waffenstillstand eintrat. Die s�ddeutschen F�rsten erhielten darauf einen billigen Frieden
Polack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 27
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und schl�ssen sp�ter mit Preu�en ein Schutz- und Trutzb�ndnis. Der kurze, glorreiche Krieg hatte durch die Kraft und Weisheit der Leitung, die unvergleichliche Tapferkeit und Schlagfertigkeit der Truppen, die Opfer-Willigkeit und den hingebenden Patriotismus des ganzen Volkes Preu�ens Ruhm durch alle Welt getragen und ihm einen Ehrenplatz an der Spitze der V�lker angewiesen. � Italien, das �brigens zu Lande eine Niederlage bei Custozza und zur See bei Lissa erlitten, bekam Venetien, das Kaiser Franz Joseph I. an Napoleon abgetreten hatte, um dessen hilfreiche Einmischung anzurufen. Aber die Hoffnung auf Napoleons Hilfe wurde nicht erf�llt.
1867 Preu�en gr�ndete nun (1867) den Norddeutschen Bund, dem alle Staaten n�rdlich vom Main beitreten mu�ten. Ein gro�er Schritt zur deutschen Einheit! Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. wurden als drei neue Provinzen Preu�en einverleibt. Dadurch vergr��erte sich letzteres um etwa 1300 Q.-M. (von 5100 aus 6400 Q.-M. mit 28 Millionen Einwohnern).
1870 5. Der dem�tige Sieger im franz�sischen Kriege 1870�71. a) Veranlassung und Ausbruch. Der franz�sische Kriegsruhm war vor dem preu�ischen verblichen. Preu�en war durch das Jahr 1866 gro� und m�chtig geworden, und sicherlich durfte erwartet werden, da� ein einiges, m�chtiges Deutschland unter Bismarcks Leitung Frankreich in den Schatten stellen w�rde. Solche eifers�chtige Bef�rchtungen lie�en den Franzosen keine Ruhe. Deshalb �Rache f�r Sadowa!" So lautete es allerorten: auf den Stra�en, in den Versammlungen und in den Zeitungen. Dazu waren Napoleons in. Antr�ge auf Gebietserweiterungen (am Rhein und in Luxemburg) durch Bismarcks geschickte Diplomatie abge-wiesen worden. Napoleon selbst sa� nicht mehr fest auf seinem Throne, denn die republikanischen Gegner nahmen t�glich an Zahl zu und unter-w�hlten ihn durch ihre heftigen Anst�rme. Das beste Befestigungsmittel schien ein ausw�rtiger, siegreich gef�hrter Krieg. Zu einem Kriege gegen Preu�en dr�ngte auch die ultramontane Hofpartei, an deren Spitze die Kaiserin Eugenie stand. So ward denn der Krieg gegen Preu�en be-schl�ssen. Die Gelegenheit fand sich bald. Die Besetzung des spanischen Thrones gab den besten Vorwand. Die Spanier hatten n�mlich ihre sittenlose K�nigin Jsabella verjagt und nach mancherlei Wirrnissen dem Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, einem entfernten Verwandten unseres K�nigshauses, den Thron angeboten. Da brach ein Sturm des Unwillens in Frankreich los: �Auch in Spanien ein Hohen-zoller? Nimmermehr 1" Der franz�sische Minister der ausw�rtigen An-gelegenheiten, Herzog von Gramont, lie� durch den franz�sischen Bot-schafter Benedetti den K�nig von Preu�en in Ems ersuchen, dem Prinzen Leopold die Annahme der Krone zu verbieten. Der K�nig wies diese Zumutung ab, da er dazu kein Recht habe; Leopold aber trat von selber zur�ck. Nicht zufrieden damit, verlangte der Herzog von Gramont vom K�nige ein Entschuldigungsschreiben an seinen Kaiser und wies gleichzeitig Benedetti an, von dem K�nige das Versprechen einzuholen, niemals einen Hohenzoller den spanischen Thron besteigen zu lassen. Der K�nig lehnte
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diese unerh�rte Forderung ab (13. Juli); Benedetti versuchte aber trotzdem, der Weisung aus Paris folgend, sich von neuem mit �hnlichen Zumutungen Geh�r zu verschaffen, allerdings ohne Erfolg. Der K�nig empfing ihn nicht mehr in dieser Angelegenheit, lie� ihm vielmehr sagen, er habe ihm nichts weiter mitzuteilen, und verwies ihn im �brigen an seine Regierung. Das nahm die franz�sische Regierung als Grund zum Kriege, und die franz�sische Kammer beschlo� fast einstimmig den Krieg (15. Juli). Die Kriegserkl�rung erfolgte den 19. Juli. Kopflos st�rzten sich Kaiser und Volk in einen verh�ngnisvollen Krieg, der Kaiser, um seinen wankenden Thron durch Blut zu befestigen, das Volk, um sein Gel�st nach Rache und Kriegsruhm zu befriedigen. Heer und Volk feierten in ihrem �bermute schon den siegreichen Einzug in Berlin, besonders da der franz�sische Kriegs-minister Le Boens versichert hatte, da� die R�stungen bis auf den letzten Knopf vollendet seien. � K�nig Wilhelms Heimkehr von Ems nach Berlin gestaltete sich zu einem Triumphzuge, bei dem Liebe und Vertrauen, Mut und Vaterlandsliebe �berall, in den neuen wie in den alten Provinzen, hell aufloderten. Am 19. Juli, dem Todestage seiner Mutter, besuchte er die Gr�ber seiner Eltern und erneuerte dann den Orden des Eisernen Kreuzes. Auch S�ddeutschland reichte begeistert dem Norden die Hand zum gemeinsamen Kampfe, und so hatte der Erbfeind All-Deutschland geeint. Was deutsch war in den fernsten Winkeln der Erde, das jubelte und sandte Gr��e und Geld. �berall klang Max Schneckenbnrgers �Wacht am Rhein", und das Volk arbeitete wie Anno 1813 f�r den Krieg und die Pflege der Verwundeten. Von fr�h bis sp�t waren der K�nig, seine rechte Hand Graf Bismarck, der eherne Mann von Rat und Tat, sein �treuerKorporal"Kriegsminister von Roon und der geniale Schlachten-denker von Moltke t�tig. Tag und Nacht trugen die schnaubenden Dampsrosse die Truppen an den Rhein. Die erste Armee f�hrte der alte Steinmetz durch die Rheinprovinz, die zweite Armee Friedrich Karl durch die Pfalz und die dritte ArMee (mit den s�ddeutschen Truppen) der Kronprinz durch Baden in das Elsa� dem Feinde entgegen. Oberfeldherr war der greise K�nig selbst. Vierzehn Tage nach der franz�sischen Kriegs-erkl�rung standen 400000 deutsche Soldaten an der franz�sischen Grenze.
b) Siege beim Einmarsch in Feindesland. Den Siegesreigen ohnegleichen er�ffnete der Kronprinz am 4. August mit der blutigen Erst�rmung Wei�enburgs und des dahinter liegenden Geisberges, wobei der feindliche General Donay get�tet wurde. � Bei W�rth wurde am 6. August der Lieblingsheld der Franzosen, Mac Mahon, nach dem z�hesten Widerstande und gro�en Opfern auf beiden Seiten in die Flucht geschlagen. Die s�ddeutschen Truppen wetteiferten mit den norddeutschen um den Preis der Tapferkeit. Besonders hartn�ckig war der Kampf in den Weinbergen, die Schritt f�r Schritt mit Blut erkauft werden mu�ten. Brennende D�rfer, zersplitterte B�ume, mit Leichen und Verwundeten, Tornistern, Gewehren, umgest�rzten Wagen und Kanonen bes�ete Felder und fliehende Rothosen, hinter denen die w�rttembergischen Reiter Hetzjagd machten: das war das Bild des Schlachtfeldes am Ende des hei�en Tages. Unter den 6000 Gefangenen waren viele afrikanische Turkos und Zuaven
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und unter den 40 erbeuteten Gesch�tzen 6 Mitrailleusen (Kugelfpritzen). � An demselben Tage erst�rmten die Tapferen der �Steinmetzschert Armee die f�r uneinnehmbar gehaltenen H�hen von SPich er n und zwangen das Fr�ssardsche Korps zum R�ckz�ge. Vier Tage vorher hatte Napoleon hier seinem vierzehnj�hrigen Sohne �Sulu" die �Blut- und Feuertaufe" gegeben, indem er die wehrlose Stadt Saarbr�cken beschie�en lie�.
c) Die K�mpfe um Metz. Napoleon f�hlte, da� er bei der Armee nur ein l�stiger Strohmann fei, und �bertrug den Oberbefehl dem Marschall Bazaine. Dieser zog sich nach der gewaltigen Festung Metz zur�ck in der Absicht, sich mit dem Marschall Mac Mahon, der im Nordosten eine neue Armee zusammengezogen hatte, zu vereinigen. Das mu�te verhindert werden. Bei Courcelles griff darum Steinmetz am 14. August die abziehenden Franzosen an und hielt sie auf. Im (Sturmschritt suchte ihnen die Armee Friedrich Karls einen Vorsprung abzugewinnen und n�tigte sie den 16. August durch die m�rderische Schlacht bei Mars la Tour oder Viouville, die den Deutschen 16000 Mann kostete, zur Umkehr nach Metz. � Am 18. August vollf�hrte der K�nig bei Gravelotte den Hanptfchlag, durch den die Bazainefche Armee in die Festung Metz zur�ck-geworfen und von den Deutschen umstellt wurde. Die Schlacht tobte von Mittag bis in die sinkende Nacht. Die Franzosen, durch sichere Stellungen auf den H�hen und in Gr�ben gedeckt, fochten mit dem Mute der Verzweiflung und sandten aus ihren trefflichen Chaffepotgewehren Tod und Verderben in die Reihen der St�rmenden. Entsetzlich w�tete der Kampf um die H�hen von St. Privat und Gravelotte und t�rmte ganze Leichenh�gel auf. Zuletzt gelang es der todesmutigen Tapferkeit der Garden und Sachsen, durch eine Schwenkung die Gegner aus ihren Befestigungen zu werfen. Als dann die sehnlich erwarteten Pommern anlangten und mit klingendem Spiele die H�hen von Gravelotte nahmen, da konnte Moltke dem K�nige melden: �Majest�t, der Sieg ist unser, der Feind ist aus allen Stellungen geworfSni" Die Nacht war hereingebrochen; nur noch einzelne Kanonenblitze erhellten das Dunkel; Wachtfeuer leuchteten in weitem Umkreis auf; hier Klagelaute der Verwundeten und Todes-r�cheln der Sterbenden, dort froher Siegesjnbel und gesch�ftige T�tigkeit f�r Tote und Verwundete. Der K�nig, auf. einer Leiter sitzend, die auf ein gefallenes Pferd gest�tzt war, diktierte beim Scheine des flackernden Wachtfeuers die Siegesdepefche, welche tags darauf mit Viktoriafchie�en und Glockengel�ute den Jubel durch das Land trug. Nur ein Schluck Wein und ein St�ck trockenes Brot labte und ein Bauernhaus beherbergte ihn. Um Metz legte nun Friedrich Karl mit Gr�ben und Verhauen, Bajonetten und Kanonen einen eisernen Belagerungsg�rtel, aus dem sich die unfreiwillige Einquartierung vergebens losznwinden suchte.
d) Der Tag von Sedan (l. n. 2. Sept.). Die dritte Armee unter Kronprinz Friedrich Wilhelm und eine vierte Armee1) unter dem Kronprinzen Albert von Sachsen kamen Mac Mahon ans die F�hrte,
l) Diese IV. Armee wurde gebildet aus 3 Armeekorps der II. Armee, der Garde und den Sachsen. Die I. Armee und der gr��te Teil der II. Armee blieben vor Metz unter dem Oberbefehl des Prinzen Friedrich Karl.
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wie er von Norden her Bazaine die Hand reichen und ihn aus Metz befreien wollte. Durch mehrere Gefechte, besonders bei Beanmont am 80. August, wurde Mac Mahou in die Festung Sedanan der belgischen Grenze gedr�ngt und vollst�ndig umstellt. Rundum raste der Kampf am 1. September, und immer enger zog sich der erstickende G�rtel um die Franzosenmassen, die sich in wilder Unordnung durcheinander dr�ngten, und zwischen welche die preu�ische Artillerie Entsetzen und Verderben schleuderte. Umliegende D�rfer gingen in Flammen auf, und auch in Sedan brachen Frenersbr�nste aus. Der verzweifelnde Mac Mahon suchte den Tod, erhielt aber blo� eine Verwundung. Der Oberbefehl wurde in die Hand des kurz zuvor aus Afrika angelangten Generals v. Wimpffen gelegt. Dieser schlo� endlich am 2. September, nachdem 30000 Mann gefallen und ebenso viele gefangen waren, eine Kapitulation, nach der die Armee von 85000 Mann kriegsgefangen nach Deutschland wandern und das reiche Kriegsmaterial ausgeliefert werden mu�te. Auch Napoleon war unter den Gefangenen, der Mann, vor dem sich noch j�ngst Europa gebeugt und den vor einigen Jahren K�nig Wilhelm auf der H�he des Gl�cks gesehen hatte. Er ergab sich dem K�nige, indem er schrieb: �Da mir nicht verg�nnt gewesen, an der Spitze meiner Truppen zu sterben,, so �bergebe ich Eurer Majest�t meinen Degen." Der K�nig wies ihm Wilhelmsh�he bei Kassel zum Aufenthalte an und schrieb tief ergriffen an die K�nigin: �Welch eine Wendung durch Gottes F�hrung!" Der Jubel der Armee und des ganzen Landes war unbeschreiblich. � An demselben Tage hatte Bazaine aus Metz nach dem Norden durchbrechen wollen, war aber in der Schlacht von Noisseville besonders durch die Kolben und Bajonette der ostpreu�ischen Landwehr- und Linien-Division Kummer zur�ckgetrieben worden.
e) Belagerung von Paris, Metz und Stra�burg. In Paris setzte man den Kaiser ab (4. September), n�tigte die Kaiserin En gerne mit ihrem Sohne zur Flucht nach England und richtete eine ,,Regierung der nationalen Verteidigung" ein, an deren Spitze der General Trochu und die Advokaten Gambetta und Jules Favre standen. Diese traten in Friedensverhandlungen mit Bismarck, verweigerten aber jede Gebietsabtretung. Als die Verhandlungen deshalb abgebrochen wurden, predigten sie den �Krieg bis aufs Messer" und verma�en sich, �keinen Fu� breit Landes und keinen Stein einer Festung abzutreten". Alles, was Waffen tragen konnte, eilte unter die Fahnen, um entweder in offener Feldschlacht oder als Franktireur (�Freisch�tz") aus dem Ver-steck die verha�ten Eindringlinge zu bek�mpfen. Inzwischen wurde die Weltstadt Paris mit ihren zwei Millionen Einwohnern und 400000 Verteidigern durch Schanzen, Gr�ben, Kanonen und 300000 Mann eingeschlossen. � Am 27. September nahm General von Werder nach einem verw�stenden Bombardement und der tapfersten Gegenwehr unser altes Stra�burg. Einen Monat sp�ter (am 27. Oktober) �ffnete der Hunger auch die Tore von Metz, vor dem die Belagerer durch N�sse, K�lte, Krankheiten und feindliche Ausf�lle viel gelitten hatten. 173000 Mann wanderten in die deutsche Gefangenschaft, und unerme�liches Kriegs-
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Material wurde erbeutet. An dem Tage wurden der Kronprinz und Friedrich Karl zu Feldmarsch�llen ernannt.
f) Entsatzversuche. Der rastlose Gambetta hatte im Norden und S�den zahlreiche, wenn auch unge�bte Heere aufgestellt, die Paris � das nur noch durch Brieftauben und Luftballons mit Frankreich verkehrte � entsetzen sollten. Die Loire-Armee unter den Generalen Aurelles de Paladine, Chancy und Bourbaki wurde von dem bayrischen Gene-ral von der Tann, dem Gro�herzog von Mecklenburg und dem Prinzen Friedrich Karl bei Beaune la Rolande und Beangency geschlagen, aus Orleans verdr�ngt und nach Osten und Westen zersprengt. Im Westen bei Le Mans erlitt Chancy eine entscheidende Niederlage. Die n�rdliche Armee unter Faid herbe schlug der General von Man-teuffel au der Hallue und bei Bapanme, und sein Nachfolger im Kommando, von Goeben, bei St. Quentin den 19. Januar 1871. Da gedachte Bourbaki durch den Pa� von Belfort in das Elsa� und S�ddeutschland einzufallen; aber die unvergleichliche Tapferkeit der Werderschen Armee, die sich aus Badensern und Preu�en zusammen-setzte, widerstand in einer dreit�gigen Schlacht an der Lisaine (15. bis 17. Januar) der dreifachen �bermacht Bourbakis. Der von Norden mit einem Heere heranziehende Manteuffel dr�ngte darauf Bourbaki mit seinen Truppen nach der Schweiz, wo 80000 Franzosen, durch Hunger, K�lte und Strapazen furchtbar ersch�pft, die Waffen niederlegen mu�ten. Bel-fort ergab sich, aber die tapferen Verteidiger erhielten ehrenvollen Abzug.
g) Der Friede. Am 18. Januar 1871 wurde in Versailles, wo so viele Pl�ne zu Deutschlands Verderben geschmiedet worden waren, K�nig Wilhelm auf Antrag des K�nigs Ludwig II. von Bayern und unter Zustimmung des deutschen Volkes und der deutschen F�rsten zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Damit war das Sehnen und Dr�ngen des deutschen Volkes, der Traum der J�nglinge und der letzte Wunsch der Greise endlich erf�llt. Barbarossa war erstanden und mit ihm des Reiches Herrlichkeit. Der Kitt von Blut hatte alle deutschen St�mme geeint. Der neue Kaiser gelobte, ein Mehrer des Reiches zu sein, nicht in kriegerischen Eroberungen, sondern in den Werken des Friedens. Dem deutschen Volke ward die gro�e Botschaft in einer er-greifenden Proklamation kundgetan. � Paris, das ein G�rtel starker Forts uneinnehmbar machte, widerstand vom 19. September 1870 bis zum 28. Januar 1871. Als aber alle Ausf�lle, so bei Le Bourget und Villejuis, blutig zur�ckgewiesen wurden; als der Hunger immer �rger und der Belagerungsg�rtel immer fester wurde; als von dem er-oberten Mout Avron die preu�ischen Gesch�tze Brand und Tod in die Stadt trugen: da gab man endlich den nutzlosen Widerstand auf. Am 28. Januar kam es zu einem Waffenstillst�nde, dem am 10. Mai der Friede zu Frankfurt a. M. folgte. Die Forts mu�ten �bergeben und einem Teile der Armee die Tore zu einem Siegeseinzuge ge�ffnet werden. Elsa� ohne Belfort und Lothringen mit Metz kamen als Reichsland wieder zu Deutschland (260 Q.-M, mit 1% Million Einwohnern); Frank-reich mu�te 5 Milliarden Frank (= 4000 Millionen Mark) Kriegskosten
bezahlen und bis zur Abtragung dieser Schuld den deutschen Truppen einen Teil des Landes als Pfand �berlassen. In unvermutet kurzer Zeit wurde die ungeheure Summe aufgebracht und das Land von nnsern Truppen ger�umt. Der �Krieg ohnegleichen" hatte Deutschland geeinigt. �Kaiser und Reich" erneuert und �Elsa� und Lothringen"
nach langer Schmach wieder eingefordert. Es waren 20 sieg-reiche Schlachten geschlagen,
26 Festungen erobert, gegen 400000 Kriegsgefangene gemacht, 7 400 Gesch�tze und 107 Adler und Fahnen er-beutet worden. Das vermag deutsche Kraft, wenn sie einig ist, und deutsche Begeisterung,
wenn sie ein w�rdiges Ziel hat!
5. Der weise Sch�pfer der Reichsverfaffung und der m�chtige Kriegsherr des Deutschen Reiches. Die ge-meinsamen K�mpfe und Siege hatten dem deutschen Volke die langersehnte Einheit gebracht.
Die einzelnen deutschen Staa-ten vereinigten sich zu einem gro�en Bundesstaate, dem �Deutschen Reiche." Seine Verfassung trat am 9. Mai 1871 in Kraft. Danach ist das Deutsche Reich ein konstitu-tioneller Bundesstaat, der sich zusammensetzt aus 4 K�nig-reichen, 6 Gro�herzogt�mern,
5 Herzogt�mern, 7 F�rstent�mern, 3 freien St�dten und dem Reichlande Elsa�-Loth-
ringen. Sein Zweck ist, das ^ Siegess�ule in Berlin.
Bundesgebiet und das ^darin 8um Anbeuten an bie brei Stiege 1864,1866 unb 1870/71-g�ltige Recht zu sch�tzen und
die Wohlfahrt des deutschen Volkes zu pflegen. Die Reichsfarben sind fchwarz, wei� und rot. Die Gesetzgebung des Reiches wird durch den Bundesrat und den Reichstag ausge�bt. Der Bundesrat besteht aus den Bevollm�chtigten der einzelnen Regierungen, im ganzen 58 Stimmen, wovon 17 auf Preu�en kommen. Der Reichstag setzt sich zusammen aus 397 Abgeordneten des Volkes.
Sie werden durch Stimmzettel geheim und direkt auf 5 Jahre ge-
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w�hlt. Jeder unbescholtene deutsche Mann, der 2-5 Jahre alt ist, darf w�hlen und kann gew�hlt werden. Der Bundesrat ber�t die Vorlagen an den Reichstag und beschlie�t �ber die von ihm gefa�ten Beschl�sse. Der Reichstag tritt allj�hrlich zusammen und behandelt die Vorlagen des Bundesrates, kann aber auch selbst�ndige Gesetzesvorschl�ge ein-bringen. Die Reichsgesetzgebung erstreckt sich auf Heer, Marine, Fi-nanzen, (Steuern und Z�lle), Handel, Post, Telegraphie, Eisenbahnen, M�nz-, Ma�- und Gewichtssystem, Presse, Strafrecht, gerichtliches Verfahren u. a. Alle diese Angelegenheiten regelt das Reich und nicht der einzelne Staat. Nur Bayern und W�rttemberg haben sich einige Sonderrechte vorbehalten. �
Die Oberleitung des Reiches hat der preu�ische K�nig als erblicher Deutscher Kaiser. Unter Zustimmung des Bundesrates erkl�rt er Krieg, schlie�t Frieden, geht B�ndnisse ein, ernennt Reichsbeamte und Gesandte Er ist der oberste Kriegsherr �ber Heer und Flotte. Als obersten Reichsbeamten ernennt er den Reichkanzler. der zugleich preu�ischer Ministerpr�sident ist. Dieser �berwacht die Ausf�hrung der Reichsgesetze und leitet die An-gelegenheiten des Reiches. Unter ihm stehen die 7 Reichs�mter: das Ausw�rtige Amt zur Leitung der ausw�rtigen Angelegenheiten, das Reichs-marineamt, das Reichsschatzamt, das Reichsamt des Innern, das Reichs-justizamt, das Reichspostamt und das Reichseisenbahnamt. An der Spitze eines jeden Reichsamtes steht ein Staatssekret�r. Von besonderer Wichtig-keit sind die Einnahmen und Ausgaben des Reiches. Die Einnahmen setzen sich haupts�chlich aus den Verbrauchssteuern (auf Salz, Tabak, Branntwein, Zucker), den Z�llen, (Kaffee, Tabak, Petroleum, Getreide, Wein, Vieh usw.) und den Geldbeitr�gen der einzelnen Bundesstaaten zusammen. Die Hauptausgabe erfordert das Heer und die Verwaltung.
Zum Dienst im deutschen Heere oder in der Marine ist jeder k�rperlich taugliche Deutsche nach zur�ckgelegtem 20. Lebensjahre verpflichtet (erst in der Linie, dann in der Reserve � zusammen 7 Jahre, hieraus in der Landwehr 12 Jahre und endlich im Landsturm bis zum 45. Lebensjahre). Bricht ein Krieg aus, so werden zum stehenden Heer auch Reserven und Landwehr einberufen. In Friedenszeiten wird die Landwehr ersten Aufgebots (bis zum 32. Lebensjahre) zuweilen noch zu �bungen eingezogen. Die Zahl des Armeekorps betr�gt jetzt 20. Dazu kommen 3 bayrische. Kein Opfer und kein Flei� wird gescheut, um das Heer immer t�chtiger und schlagfertiger, die Festungen immer Widerstands-f�higer zu machen. Mit besonderer Sorgfalt wurde die Kriegsflotte ver-mehrt, die K�ste durch Batterien gesch�tzt, die beiden Kriegsh�fen Kiel und Wilhelmshaven ansgebautund durch den wichtigen Nordostseekanal verbunden.
6. Der starke Hort des Friedens. Das ruhmgl�nzende, geeinigte Deutschland trat an die Spitze Europas. Nach Berlin, auf den Deutschen Kaiser und seinen Kanzler, den F�rsten Bismarck, richteten sich die Augen der F�rsten, Staatsm�nner und V�lker, wenn der Weltfriede bedroht erschien, in der Hoffnung, da� die Weisheit deutscher Staatskunst Europa den Frieden sichern werde. Der blutige Krieg zwischen Russen und T�rken, der das F�rstentum Bulgarien von der T�rkei losri�, wurde
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durch den Kongre� und Frieden von Berlin geendigt (1878). Zur 1878 Sicherung des europ�ischen Friedens, welcher durch die Rachegel�ste Frank-reich � und die deutschfeindlichen Umtriebe Ru�lands stark gef�hrdet erschien,
wurde von Bismarck 1879 ein Schutz- und Trutzb�ndnis mit �sterreich geschlossen, welchem Italien 1883 beitrat. Dieser Dreibund ist bis heute eine B�rgschaft des Weltfriedens. Auch wurde auf Veranlassung Bis-marcks im Winter 1884 die Afrikanische Konferenz nach Berlin be- 1884 rufen und von fast allen europ�ischen Staaten beschickt. Sie regelte die Beziehungen der Nationen zu den aufgeschlossenen afrikanischen Gebieten am Kongo und Niger. Ein Jahr vorher hatte Deutschland die ersten Kolonien erworben. In der traurigen Zeit der deutschen Zersplitterung hatten andere V�lker sich die besten L�nder �ber See angeeignet. Sp�t,
doch nicht zu sp�t, machte Deutschland sein Recht als Kolonialmacht gel-tend. Von gro�er Bedeutung wurde der Weltpostverein, den der ausgezeichnete General-Postmeister Stephan 1874 zustande brachte. Leicht und billig gingen nun Briefe. Pakete und Gelder nach allen Teilen der Erde. � Die deutschen Mittel- und Kleinstaaten sind jetzt keine Gefahr mehr f�r die deutsche Einheit und Gr��e. Im. Dienste des natio-nalen Gedankens f�rdern sie die Kulturarbeit, gestalten sie vielseitig und mannigfaltig und helfen sie durch verschiedene Mittelpunkte � die Hanpt-nnd Residenzst�dte � verbreiten. An der allgemeinen Durchbildung des deutschen Volkes wie an den glorreichen Taten und Errungenschaften von 1870�71 geb�hrt ihnen ein guter Anteil.
7. Der unerm�dliche Landesvater und seine Kulturarbeit.
Lauge, reichgesegnete Friedensjahre folgten dem kurzen, siegreichen Kriege.
Unter Kaiser Wilhelms leitender und sch�tzender Hand arbeiteten sein t�tiger Kanzler und dessen Gehilfen in flei�igem Zusammenwirken mit dem Reichstage r�stig an dem inneren Ausbau des Reiches und der F�rderung seiner Wohlfahrt. Auf allen Gebieten des �ffentlichen Lebens entwickelte sich in Deutschland, insbesondere in Preu�en, ein reges Schaffen, das das Alte besserte oder durch zeitgem��es Neues ersetzte. Manche der neuen Einrichtungen befestigten wesentlich die innere Einheit und halfen somit schneller das Einigungswerk vollziehen.
a) Handel und Verkehr wurden durch die Einf�hrung einer neuen M�nz-, Ma�- und Gewichtsordnung, die ganz Deutschland gleiche M�nzen, gleiches Ma� und Gewicht brachte, erleichtert. Die Mark, das Meter und das Kilogramm bildeten die grundlegenden Einheiten. Den Gesch�ftsleuten kam auch die Errichtung von Banken, namentlich der Reichsbank, und von privaten Vorschu�- und Kreditvereinen zugute. Das Post- und Telegraphenwesen ging auf das Reich �ber und wurde von dem umsichtigen und weitblickenden Sch�pser des Weltpost-Vereins, Staatssekret�r v. Stephan, immer einheitlicher und bequemer ausgestaltet. Nach und nach erhielten selbst die kleinsten Ortschaften Post-, Telegraphen- und Fernsprechanstalten. Die im Besitz von Privat-gesellschaften befindlichen Eisenbahnen wurden vom Staate erworben. Die Verstaatlichung f�hrte naturgem�� zu einer einheitlichen Regelung der Fahrpl�ne und Fahrpreise, die dem Waren- und Personenverkehr
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mancherlei Vorteile verschaffte. Zahlreiche Kunststra�en und Kleinbahnen wurden gebaut und dadurch bisher nur schwer erreichbare, abgelegene Ort-schaften an die Hauptbahnen angeschlossen und deren Verkehr und Absatz gef�rdert. Um den Binnenhandel im Nordwesten zu heben, wurde der Ems-Jade-Kanal geschaffen und der Bau des Dortmuud-Ems-Kanals begonnen. Weit bedeutsamer aber war die Anlage eines gro�-artigen Wasserweges zwischen Nord- und Ostsee, der unter Kaiser Wilhelm II. vollendet und Kaiser-Wilhelm-Kanal genannt wurde.
Der deutsche Handel begann sich im Auslande au�erordentlich zu entwickeln und bereits mit Englands Welthandel zu wetteifern. Unter-nehmnngslustige deutsche Kaufleute hatten in fremden Erdteilen Nieder-lassungen und Faktoreien (Warenniederlagen) gegr�ndet und das Deutsche Reich mit fremden Staaten g�nstige Handelsvertr�ge geschlossen. Die in Deutschland immer m�chtiger werdende koloniale Bewegung be-wog die kaiserliche Regierung schlie�lich, �zur wirksamen Wahrung des deutschen Handels" einige Gebiete an der Westk�ste Afrikas (Togoland, Kamerun, Dentsch-S�dwestasrika) unter ihren Schutz zu nehmen 1884 (1884). Diesen Schutzgebieten folgten bald noch mehrere: Deutsch-Ostafrika, Kaiser Wilhelmsland auf Neu-Guiuea. der Bismarck-Archipel und einige andere Inselgruppen in der S�dsee. Es war ein gewaltiges Gebiet, das sich Deutschland zun�chst friedlich eroberte, dann aber durch mancherlei siegreiche K�mpfe mit den Eingeborenen, nament-lich in Ostafrika, auch sichern mu�te. Die Verwaltung ging bald ganz an das Reich �ber. Rege Handels- und Verkehrsbeziehungen zwischen dem Mutterlaude und den neuen Erwerbungen vermittelten die ins Leben ge-ruseuen deutschen Postdampferlinien, die Asien, Afrika und Australien ber�hrten. Deutsche Schiffe f�hrten nun in gewaltigen Mengen deutsche Jndustrieerzeugnisse nach den anderen Erdteilen und brachten die Roh-Produkte der eigenen Kolonien unmittelbar ins Mutterland. Die Aus-dehnnng des �berseeischen deutschen Handels fing an, den Neid der anderen Kolonialm�chte zu erregen.
b) Gewerbe und Industrie wurden, nach Aufhebung des bisher 1879 herrschenden Freihandels, durch Schutzz�lle (1879), die eine Reihe von Einfuhrartikeln an den Grenzen besteuerten, gegen den starken Zustrom der ausl�ndischen Erzeugnisse gesch�tzt. Au�erordentlich beg�nstigten die gesamte industrielle Entwicklung die Marken-, Muster- und Patent-schutzgefetze, indem sie unbefugte Nachahmungen der Fabrikate im In-lande unter Strafe stellten. Die allzurege Produktions- und Gewinnsucht erzeugte freilich viele billige und schlechte Waren, schuf jedoch auch die gro�en industriellen Unternehmungen, Maschinenbananstalten und Fabriken aller Art. Die meisten kamen in den Besitz von Aktiengesellschaften, viele wurden von vornherein von solchen begr�ndet. Alle Zweige der Industrie bl�hten in den deutschen Jndustriebezirken und -st�dten, namentlich am Rhein, in Westfalen, Schlesien, Sachsen und Brandenburg auf. Schwung-Haft wurde die Fabrikation von Leinen-, Woll-, Banmwoll-, Seiden-, Leder-, Galanterie-, Eisen-, Gold-, Silber-, Holzwaren betrieben. Deutsche chirurgische und musikalische Instrumente wurden im Auslande bevorzugt.
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Deutschlands Gu�stahlfabrikation (Krupp in Essen) behauptete den ersten Rang. Seine Schiffsbauwersten in Stettin, Danzig usw. f�r die gro�en Kriegs- und Handelsschiffe verdr�ngten daheim Englands Vorherrschaft. Berlin wurde durch seinen Handel, seine Industrie und seinen von Jahr zu Jahr zunehmenden Verkehr eine der ersten Handels- und Fabrikst�dte des Festlandes, eine Millionen- und Weltstadt. Deutschland erhielt immer mehr das Gepr�ge eines Industriestaates, der sich auf allen gewerblichen Gebieten vom Auslande unabh�ngig zu machen begann. Was inl�ndische ^ Industrie zu leisten vermochte, zeigte sich bald aus den zahlreichen Landes-und Provinzialausstellungen. Die Dampf- und die elektrische Kraft hatte deutscher Unternehmung^- und Erfindergeist sich untert�nig unb die wissenschaftlichen Errungenschaften f�r alle Zweige der Technik und die Bed�rfnisse des Lebens nutzbar gemacht. Aber zum N�tzlichen gesellte sich auch das Sch�ne; die Kunst verband sich mit dem Gewerbe und lie� das deutsche Kunstgewerbe wieder neu erbl�hen.
c) Der Landwirtschaft brachte die Industrie mancherlei Vorteile; denn sie lieferte ihr die mannigfaltigsten landwirtschaftlichen Maschinen und Ger�te und machte sie unabh�ngiger von der menschlichen Arbeits-kraft. Einigerma�en glich sie dadurch die Sch�den der Freiz�gigkeit ans, die dem Lande die Arbeitskr�fte nach den Industriest�dten entf�hrte. Vereine, Ausstellungen, landwirtschaftliche Hoch- und Winterschulen hoben die Bildung der Landwirte und f�hrten sie immer mehr einem rationellen Betriebe zu. Infolge der chemischen Untersuchung des Ackerbodens und der dabei gemachten Entdeckungen durch Liebig und auf landwirt-schaftlichen Versuchsstationen fing man an, den Boden immer besser zu pflegen und zu bearbeiten, z. B. durch k�nstliche D�ngung. In den �stlichen Provinzen entwickelte sich der Zuckerr�benbau und die Spiritusbrennerei zu wichtigen l�ndlichen Erwerbszweigen. Aber die Preise der wichtigsten landwirtschaftlichen Erzeugnisse, vor allem des Ge-treides, wurden durch die �berflutung des Auslandes zu sehr gebr�ckt. Das veranlagte bie kaiserliche Regierung, auch zum Schutze ber Landwirtschaft Schutzz�lle einzuf�hren. F�r bie Verwaltung bes Platten Lanbes in Preu�en w�rbe bie Einf�hrung ber Kreis- unb Provinzialorbnuug wichtig; benn sie behnte bie Selbstverwaltung nun auch auf das Lanb aus. In den D�rfern w�rbe bie alte gutsherrliche Polizei beseitigt unb bas�r Amtsvorsteher in ben neu entstanbenen Amtsbezirken eingesetzt.
d) Die Einnahmen bes Deutschen Reiches wuchsen durch bie eingef�hrten Schutzz�lle, durch bie Verbrauchssteuern, bie als eigentliche Finanzz�lle wirkten, nnb burch bie �bersch�sse aus ben Einnahmen der Post-, Telegraphen- und Eisenbahnverwaltung. Die steigenden Einnahmen ge-statteten die Herabsetzung der Beitr�ge, welche die Einzelstaaten f�r das Reich aufzubringen hatten, und machten dadurch das Reich immer unab-h�ngiger von den Bundesstaaten.
e) Die St�rkung der deutschen Kriegsmacht betrachtete der wachsame Kaiser als eine seine wichtigsten Aufgaben, um dem deutschen Reiche den Frieden zu erhalten. Als einige benachbarte Gro�m�chte ihre Heere erheblich verst�rkten, sah auch er sich zu gleichem Vorgehen ge-
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zwungen. Allein der Reichstag widerstrebte einer Vermehrung der Armee. Er mu�te aufgel�st und ein neuer gew�hlt werden. In ihm gelang es' das Gesetz �ber die Wehrpflicht zu �ndern Die Friedensst�rke des Heeres wurde bedeutend erh�ht, die Altersgrenze des Landsturmes bis zum 45. Lebensjahre hinaufger�ckt und die Kriegsst�rke um etwa 700000 Mann vermehrt. Mit bewundernswerter Frische und gro�er Pflichttreue hielt der greise Herrscher bis in sein h�chstes Alter jedes Jahr in einer Provinz seines Reiches oder in einem Bundesstaate gro�e Man�ver ab. Unabl�ssig sorgte er auch f�r die St�rkung der deutschen Verteidigungskraft durch den Ausbau gro�er Festungen und starker Forts und durch die Verbesserung der Waffen und des Kriegsmaterials. Die neue deutsche Kriegsflotte er-hielt gro�e Panzerschlachtschiffe. Ihr fiel die Aufgabe zu, von nun an Deutschlands Kolonien und deutsche Kaufleute im Auslande kraftvoll zu sch�tzen und f�r die Ehre des deutschen Namens �berall in fremden Meeren einzutreten.
1877 f) Eine neue Gerichtsverfassung (1877) gab auch dem Ge-richtswesen und -verfahren des Reiches Einheitlichkeit. Darnach gibt es Amtsgericht, Landgerichte (mit Handelskammern und Schwurgerichten), Oberlandesgerichte und als oberstes Gericht das Reichsgericht in Leipzig! Ein deutsches Strafgesetzbuch und eine Strafproze�ordnung regelten Strafrecht und Strafverfahren. F�r die Abfassung eines B�rgerlichen Gesetzbuches � das erst unter Wilhelm H. zustande kam � wurden die Vorarbeiten begonnen.
g) Durch seine Wohlfahrtseinrichtungen zugunsten des �armen Mannes" setzte sich Kaiser Wilhelm ein unverg�ngliches Denkmal in der Weltgeschichte. Auf fein Betreiben beschritt die deutsche Regierung als die erste aller Kulturstaaten den Weg einer ganz neuen Gesetzgebung, um die wirtschaftliche Lage des vierten Standes durch die werkt�tige Hilfe des Staates zu bessern und zu sichern (Sozialreform). Aber ehe es dazu kam, mu�te Kaiser Wilhelm erst eine schwere Leidenszeit durchmachen, die seinen hochherzigen Sinn auf jenen Weg f�hrte.
1872 Das Erwerbsleben war nach dem franz�sischen Kriege 1872 an eine gefahrvolle Klippe geraten. Die franz�sischen Milliarden schienen die K�pfe und die Gewissen verr�ckt zu haben. Jeder wollte reich werden und ohne M�he ein Leben des behaglichen Genusses f�hren. �berall entstanden Fabriken nnd zweifelhafte Aktienunternehmungen. Waren, in den meisten F�llen �billig und schlecht", wurden in solchem �berma�e erzeugt, da� zuletzt an keinen Absatz zu denken war. Da kam der �gro�e Krach", in dem die zusammenbrechenden Schwindelgesch�fte auch manches Lebensgl�ck begruben. Dem unnat�rlichen Aufschw�nge folgte ein entsprechender R�ckgang und Stillstand, den hohen L�hnen der Arbeiter eine Lohn-Herabsetzung oder Entlassung. Aus den unzufriedenen Arbeitern, die in der �Schwindelperiode" ihre Arbeitgeber durch Streiken, d. h. Arbeits-einstelluug, zu Lohnerh�hungen gezwungen hatten, verst�rkte sich unter Leitung k�hner F�hrer die Partei der Sozialdemokraten. Sie be-k�mpfen die Herrschaft des Kapitals, fordern die Beseitigung des Privat-eigentums und wollen eine gerechtere Arbeitsweise und Lohnverteilung.
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Dadurch r�tteln sie an allen Grundlagen der gegenw�rtigen gesell-schaftlichen und staatlichen wie auch kirchlichen Einrichtungen, an dem Besitzstande und den Standesunterschieden. Durch ihre stetig zunehmende Zahl und ihre Bestrebungen, die sich im Grunde doch nur durch einen gewaltt�tigen Umsturz des modernen Staates verwirklichen lassen, sind sie eine gro�e Gefahr f�r den Staat und die Gesellschaft. Zwei durch die sozialistischen Hetzereien und Brandreden verf�hrte Menschen, der ver-kommene Klempnergeselle H�del und der Landwirt Dr. Nobiling, legten sogar, der erftere am 11. Mai, der zweite am 2. Juni 1878, die freche 1878 Hand an das geheiligte Haupt des edlen Monarchen. Gott aber sch�tzte ihn vor den Kugeln des ersten und lie� ihn von den Schrotsch�ssen des zweiten Meuchelm�rders genesen. Das Haupt H�dels fiel unter dem Beil des Scharfrichters; Nobiling starb an den Wunden von seinen eigenen Sch�ssen. Ob dieser ruchlosen Schandtaten ergriff jeden Patrioten die tiefste Emp�rung. Der Reichstag genehmigte das Sozialistengesetz, das die Vereine der Umst�rzler nun aufl�ste, ihre Presse unterdr�ckte und allen Ausschreitungen energisch entgegentrat. Aber das Gesetz allein konnte die klaffenden Sch�den nicht heilen. Wohl erkannte der edle Kaiser.
dessen Herz trotz aller ihm zugef�gten Schmach nicht verbittert wurde, da� solche Untaten ihren N�hrboden in der allgemeinen Unzufriedenheit der Arbeiter hatten, und da� diese Unzufriedenheit aus berechtigten Klagen stammte. In den Fabriken wurden die Arbeiter und ihre Kr�fte aus-genutzt und ihre Gesundheit gesch�digt; den Zuf�llen des Lebens, Krank-heiten, Unf�llen, Sorgen des Alters waren sie und ihre Familie meist schutzlos preisgegeben. Dem sollte nun nach dem Willen des Kaisers durch eme weise Gesetzgebung gesteuert werden. Am 17. November 1881 erlie� er die ber�hmte Botschaft an den Reichstag, mit der er die 1881 Gesetzgebung zum Schutze der Arbeiter einleitete. F�rst Bismarck rief damals den Abgeordneten zu: �Geben sie dem Arbeiter, solange er gesund ist, Arbeit, wenn er krank ist, Pflege, wenn er alt ist, Versorgung!" Den Worten folgten die Taten. 1883 entstand das Arbeiter- 1883 Krankenversicherungsgesetz, 1884 das Arbeiter-Unfallver- 1884 sichernngsgesetz, und 1888 begann der Reichstag das Jnvalidit�ts-und Altersversicherungsgesetz � das 1891 in Kraft trat � zu 1891 beraten. Nach dem ersten Gesetze m�ssen alle Arbeiter, Tagel�hner usw. m�nnlichen wie weiblichen Geschlechts in einer Krankenkasse versichert werden. Sie erhalten im Krankheitsfalle freie �rztliche Behandlung, Arzneien, Heilmittel und Krankengelder. Das zweite Gesetz verpflichtet die Arbeitgeber, alle Arbeiter in gef�hrlichen Betrieben gegen Unf�lle zu versichern. Im Falle der Verletzung, der Erwerbsunf�higkeit oder des Todes werden Krankengelder oder Unfallrenten oder Sterbegelder an die Hinterbliebenen gezahlt. F�r die Durchf�hrung dieses Gesetzes mu�ten viele Millionen als Zuschu� vom Reiche aufgebracht werden. Die Steigerung der Reichseinnahmen lie� das zu. Wurden doch auch die �wirtschaftlich Schw�chsten" (bis zu einem Einkommen von 900 Mark) in Preu�en von den direkten Steuern ganz befreit. Inzwischen waren zum Schutze der Arbeiter noch andere wohlt�tige Ma�regeln getroffen worden. Staat-
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Uche Fabrikinspektoren sollten die Fabrikr�ume in gesundheitlicher Be-ziehung und die Fabrikordnung �berwachen und auf Abstellung aller Sch�dlichkeiten dringen. Einigungs�mter hatten die Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu schlichten. Die Kinder-und Frauenarbeit in den Fabriken wurde eingeschr�nkt. Das Ge-nossenschastswesen erstarkte unter dem Schutze des Staates; es bildeten sich verschiedene Vereine, wie Baugesellschaften zum Bau von Arbeiter-H�usern, Konsum-, Sparkassen- und Kreditvereine. Auch die Zahl der pri-vateu Versicherungsgesellschaften aller Art (f�r Feuer-, Hagel-, Vieh-, Transport-, Lebens-, Rentenversicherung) stieg und half dem ein-zelnen auf Kosten der Gesamtheit. Staatliche und private, vor allem aber kommunale Wohlt�tigkeit sorgte f�r die Gr�ndung von Waisen-, Rettnngs- und Krankenh�usern, Blinden-, Taubstummen-, Irren- und Jdiotenanstalten.
h) Das kirchliche Leben zeigte lebhafte Bewegung, namentlich in Preu�en. Die evangelische Kirche wurde reichlicher ausgestattet und konnte � nach der Kirchengemeinde- und Synodalordnung � sich durch Kirchenrat und Gemeindevertretung, durch Kreis-, Provinzial- und General-Synode gesetzlich selbst verwalten. Bisher hatten die Geistlichen die Re-gister �ber Geburten, Todesf�lle und Eheschlie�ungen gef�hrt und die Ur-k�nden dar�ber ausgestellt. Das sollten in Zukunft die �Standes�mter" durch k�nigliche Beamte tun. Auch die b�rgerliche Eheschlie�ung sollte der kirchlichen Einsegnung vorangehen. Das kr�nkte besonders die katholische Geistlichkeit und war eine der Beschwerden in dem ausbrechenden Kulturkampfe zwischen der katholischen Kirche und dem Staate.
1870 Am 18. Juli 1870 hatte das Konzil in Rom den Papst f�r un-fehlbar erkl�rt. Damit gab die katholische Kirche zu erkennen, da� sie die Gesetze des Staates f�r ihre Diener nur insoweit verbindlich erachte, als der Papst es zugibt. Als nun durch ein Gesetz der Mi�brauch der Kanzel
1872 zur Aufreizung gegen die Staatsgewalt mit Strafe bedroht und 1872 der Kultusminister Falk durch das neue Schulaufsichtsgesetz die Schul-aussieht einzig als staatliches Recht erkl�rte, da widersetzte sich die katho-tische Geistlichkeit heftig der Ausf�hrung dieser Gesetze. Die Widersetzlich-feit f�hrte zum Erla� sch�rferer Gesetze, der sogenannten �Maigesetze"
1873 (1873), die in vielen St�cken die Machtf�lle der katholischen Kirche k�rzten und gro�e Erbitterung hervorriefen. Der Papst Pius IX. erkl�rte die Gesetze f�r ung�ltig. Gegen die ungehorsamen Geistlichen und Bisch�fe wurde in Preu�en mit Strafen und Einstellung der bisherigen Leistungen und anderen Ma�regeln vorgegangen. Nach Falks R�cktritt indes machte F�rst Bismarck, durch Umst�nde der Politik bewogen, seit 1879 der ultramontanen Partei nach nnd nach wesentliche Zugest�ndnisse. Kaiser Wilhelm wollte zudem den Frieden. Der Papst Leo XIII. nahm die ihm
1887 gereichte Friedenshand, und 1887 wurde der Kulturkampf beendet. Bis auf die Anzeigepflicht f�r die Geistlichen, das Schulaufsichts- und das Standesamtsgesetz hatte der Staat alles zur�ckgenommen.
i) Das Schulwesen erfreute sich in Preu�en gro�er F�rsorge. W�hrend der Amtst�tigkeit des Kultusministers Dr. Falk wurde besonders
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das Volksschulwesen gehoben. Er brachte das Schulaufsichtsgesetz durch, das dem Staate allein die Aufsicht �ber die Schulen zuweist, und erlie� die Allgemeinen Bestimmungen vom 15. Oktober 1872, welche die Entwicklung des Volksschulwesens ungemein f�rderten. Viele Lehrerstellen wurden neu gegr�ndet, gute Schulh�user, namentlich auf dem Lande, ge-baut und die Zahl der Lehrerseminare vermehrt. Die Zahl der Analpha-beten (des Lesens und Schreibens unkundige Personen) ging von Jahr zu Jahr zur�ck. F�r die preu�ischen und dann auch die deutschen Schulen wurde eine einheitliche Rechtschreibung angeordnet. Die Fortschritte auf gewerblichem und wissenschaftlichem Gebiete n�tigten zur Gr�ndung von Fortbildungsschulen und Gewerbeschulen aller Art. In Charlotten-b�rg wurde die technische, in Berlin die landwirtschaftliche Hoch-schule errichtet. Stra�burg erhielt 1872 eine Reichsuniversit�t.
k) K�nste und Wissenschaften fanden an Kaiser Wilhelm ihren Besch�tzer und Unterst�tzer. Ernst von B�ndel schuf das gewaltige Hermannsdenkmal im Teutoburger Walde. Schilling das herrliche Nationaldenkmal auf dem Niederwalde bei Bingen a. Rh. (1883). Den feierlichen Enth�llungen beider Denkm�ler wohnte der Kaiser bei. Bei der Einweihungsfeier des Nationaldenkmals vereitelte Gottes Hand das entsetzliche Verbrechen einer Anarchistenbande, die den Kaiser und seine Umgebung in die Luft sprengen wollte. Seiner geliebten Mutter Luise lie� er im Tiergarten durch Encke ein Marmordenkmal und seinem Bruder K�nig Friedrich Wilhelm IV. durch Calaudrelli in Berlin ein Reiterstandbild setzen. Am 15. Oktober 1880 fand unter Beteiligung des Kaisers die Feier der Vollendung des K�lner Doms statt. Um die Kunst erwarb sich der Kaiser auch dadurch ein besonderes Verdienst, da� er die Ausgrabungen in Olympia (in Griechenland) f�rderte und vollenden lie�. Unter ihm wurde in Berlin das Museum f�r V�lkerkunde und das Kunstgewerbemuseum geschaffen und die Nationalgalerie, die die Bilder hervorragender moderner Maler aufnehmen soll, vollendet.
In der Malerei erreichte die sogenannte historisch-realistische Richtung ihren H�hepunkt und verdr�ngte fast ganz die bisherige ideali-sttsche Malerei eines Cornelius (S. 403 u. 405). Sie suchte die Er-eiguisse der Weltgeschichte wie die Vorg�nge des Lebens, die Menschen und die Natur mit treuer Wahrheit der �u�eren Erscheinung in Stimmung und Beleuchtung vorzuf�hren, vielfach mit gl�nzender Farbengebnng, aber auch ohne innere Vertiefung. Gegenwart und Vergangenheit gaben dem Historienmaler die Stoffe. Neben den bereits auf S. 405 erw�hnten Gro�meistern Lessing (�Hnssitenpredigt", �Hns zu Kostnitz", Luther-bilder usw.) und Menzel (haupts�chlich Bilder aus dem Leben und der Zeit Friedrichs des Gro�en) trat der im gro�en Stile schaffende Historien-maler Piloty (�Seni vor Wallensteins Leiche", �Galilei im Kerker". �Thusnelda im Triumphzug des Germanikns" n. a.) in M�nchen mit seinen begabten Sch�lern in den Vordergrund. Von diesen schafft noch heute der naturwahre Schilderer des Tiroler Volkslebens. Defregger; der gl�nzendste Kolorist dieser Schule aber, Makart in Wien (�7 Tod-s�nden". �Abundantia", �Kleopatra", �Einzug Karls V. in Antwerpen",
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2^6. Das Nationaldenkmal auf dem Niederwald von �j. Schilling.
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�Jagd der Diana" u. a.), starb fr�hzeitig. Anton von Werner in Berlin malte gro�e Staatsbegebenheiten aus der Gegenwart (die �Kaiserprokla-rnafton", den �Berliner Kongre�" und Portr�ts), Bleib treu und Camp-Hausen ihre Schlachtenbilder aus der Vergangenheit und den siegreichen Kriegen der letzten Jahre. Lebendige Schilderungen aus dem t�glichen Leben entwarfen die Geuremaler Vautier und Knaus in D�sfeldorf, gl�nzende Landschaftsbilder der Aquarellist Hildebrandt aus Dauzig.
In der Musik schlug Richard Wagner (f 1883) neue Bahnen ein. Sein Ziel war, Musik und Dichtung zu einer einheitlichen Sch�pfung, dem Musikdrama, zu vereinigen. So schuf er, Musiker und Dichter zugleich, seine bedeutenden Werke, wie �Tannh�user", �Lohengrin", �Meistersinger von N�rnberg", die Trilogie: �Der Ring des Nibelungen", �Parsisal" u. a. Den Stoff entnahm er meist der deutschen Romantik.
Die deutsche Dichtkunst bekam durch die nationale Bewegung in den siebziger Jahren keine sonderliche Anregung. Patriotische Lieder sangen Redwitz, der Kaiserherold Geibel, Hoffmann von Fallersleben, Freiligrath, Wildenbruch, Jensen und viele andere zu des Reiches und seines Kaisers Ehre, aber ein deutsch-nationales Drama entwickelte sich nicht. Das deutsche Theater wurde wesentlich von schl�pfrigen franz�sischen Sittendarstellungen und ihren deutschen Nachahmungen bedient. Es begann auch schon, von Frankreich her, der �Naturalismus" seine ersten Fl�gelschl�ge. Er stellte sich die Aufgabe, in den Dichtungen die Natur aufs treuste nachzuahmen und selbst an Gemeinem nicht vor�berzugehen. Ans�tze zu einem nationalen Drama machte in schwungvoller Sprache der Dichter Ernst von Wildenbruch. Vor allem bl�hte die epische Dichtung, auch im Gew�nde der Mundarten. Scheffel gewann sich durch seine humorvollen Lieder, Fritz Reuter durch seine gem�tvollen plattdeutschen Dichtungen das Herz des deutschen Volkes. Epen dichteten H am erlin g, Lingg, Jordan (Nibelungen), Kinkel; bedeutende Romane, vorzugsweise Kulturromane schrieben Gutzkow, Freytag (�Soll und Haben"; �Die Ahnen"), Spielhagen (�Die Sturmflut" u. a.). Ebers (aus der �gyp-tischen Geschichte), Dahn (�Kampf um Rom"), Keller in Z�rich (�Der gr�ne Heinrich"; �Martin Salander" n. a.), geistvolle Novellen Theodor Storm (�Jmmensee" u. a.) und der Schweizer K. F. Meyer (�Der Heilige" u. a.). Auch die Frauen dichteten und sangen und bereicherten namentlich die Epik mit mancher sch�nen Gabe. Wie in der fr�heren Zeit Annette von Droste-H�lshoss (f 1848) durch ihre poetischen Er-Z�hlungen Aufsehen erregte, so fing damals Marie von Ebner-Eschen-bach an, durch ihre Novellen die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Auf wissenschaftlichem Gebiete wurde besonders die deutsche Geschichtsforschung durch Giesebrecht, Ranke (f 1886) und Sybel, die r�mische durch Theodor Mommsen und die Naturforschung durch die Gelehrten Liebig (f 1873), Buuseu, Kirchhoff und die genialen Erfinder, die Gebr�der Siemens, gef�rdert. Der Chemiker Liebig in ' M�nchen gestaltete durch seine Lehre von der Pflanzenern�hrung die bis-herige Bearbeitung des Ackerbodens wesentlich um, belehrte durch seine Untersuchungen der Nahrungsmittel �ber den Wert der Speisen und gab
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. Ausg. A. 28
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den Ansto� zu technischen Verbesserungen, Der Chemiker Bunsen und der Physiker Kirchhofs in Heidelberg entdeckten die Spektralanalyse, die aus dem Farbenbilde, das ein Prisma erzeugt, die Stoffe der Licht-quelle erkennt. Diese Entdeckung wurde die Quelle weiterer hochbedeut-samer Entdeckungen und praktischer Verwertungen f�r die Technik. Werner von Siemens in Berlin erfand die dynamoelektrische Maschine, die elektrische Eisenbahn und viele andere elektrische Apparate; seine Br�der Wilhelm und Friedrich machten sich durch ihre zahlreichen Er-findungen und Verbesserungen, namentlich auf dem Gebiete des Fenerungs-und Beleuchtuugswesens und in der Glasindustrie, verdient.
Die Entdeckungen und Erfindungen und die technische Vervoll-kommnung aller Gewerbszweige f�hrten zu einem m�chtigen Umschw�nge im gesamten wirtschaftlichen Leben, der seine R�ckwirkung auch auf das �ffentliche Leben auszu�ben begann.
Forscherdrang und Tatenlust trieben deutsche M�nner in das Innere Afrikas. Nachtigal bereiste die W�ste Sahara und den Sudan, Rohlss Nordafrika; Schweinfurt und Emin Pascha durchzogen die Nill�nder und Wi�mann mit Pogge S�dafrika.
8. Der Liebling seines Volkes und seine geregelte Arbeits-und Lebensweise. Durch seine Gro�taten im Kriege und im Frieden gewann Kaiser Wilhelm die Bewunderung der ganzen Welt, durch seine sch�nen menschlichen Eigenschaften die unbegrenzte Liebe seines Volkes. Wenn sich seine ehrw�rdige Gestalt am historischen Eckfenster seines Schlosses in Berlin beim Vorbeimarsch der Wachtparade oder ans einem Man�ver oder einer Reise in der Provinz zeigte, begr��te ihn stets lauter Jubel der auf sein Erscheinen harrenden Volksmenge. Da war nichts Gemachtes in dieser Kaiser-Begeisternng, die Ausl�nder nicht begreifen konnten; sie kam wirklich aus dem Herzen. Und wenn je ein Monarch solche gro�e Liebe verdient hat, so war es Kaiser Wilhelm mit seinem lautern Herzen voller Liebe und Treue f�r andere, seiner sch�nen Milde und Nachsicht, seiner ruhigen Freundlichkeit und Herzensg�te und seiner wahrhaften Fr�mmigkeit. Ein zutreffendes Bild des kaiserlichen Herrn hat einstmals F�rst Bismarck in einem Gespr�ch mit einem ausw�rtigen Staatsmanne entworfen: �Nie-mals", sagte er, �gab es einen Menschen von einem bescheideneren, gro�-mutigeren und humaneren Charakter als den Kaiser. Er unterscheidet sich ganz und gar von den in so hoher Stellung geborenen Menschen oder doch von den meisten derselben. Sie legen wenig Gewicht auf die Empfindungen und W�nsche andrer; sie meinen, Menschen ihrer Abstammung sei vieles erlaubt. Der Kaiser im Gegenteil ist in jeder Beziehung Mensch. Er hat nie in seinem Leben jemand Unrecht getan, nie das Gef�hl eines andern verletzt und sich einer H�rte schuldig gemacht. Fort und fort besch�ftigt er sich mit dem Wohle seiner Umgebung und seiner Untertanen." Seine gro�e Menschenkenntnis lie� ihn die rechten M�nner an die rechten Stellen setzen. Hatte er jemand erprobt, so blieb diesem seine unwandelbare Treue. Er achtete fremde �berzeugung und war felbst gegen seine Gegner von einer H�flichkeit des Herzens, die diese besch�men konnte. Mit strenger Gewissenhaftigkeit und unerm�dlicher Pflichttreue erf�llte er t�glich die
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Aufgaben und Pflichten seines hohen und schweren Berufes. Sein ganzes Leben war angestrengte Arbeit f�r seines Volkes Wohl.
Er pflegte im Sommer um 6, im Winter um 7 Uhr sich zu erheben.
Seine Ruhest�tte war ein einfaches, eisernes Feldbett. Sogleich nach dem Erwachen legte er die Uniform an. Schlafrock und Schlafschuhe trug er niemals. Vollst�ndig angekleidet, nahm er im Bibliothekzimmer den Tee ein, sah dort die f�r ihn zusammengestellten Zeitungsausschnitte durch,
schrieb daneben auf den Rand seine Bemerkungen und las die gedruckten Vorlagen f�r den Reichstag und die Landtagsh�user. Hierauf trat er in das Arbeitszimmer und machte sich an die Durchsicht der eingelaufenen Depeschen, Berichte. Staatsschriften, Bittschriften usw. Um 9 Uhr erschien der Fl�geladjutant mit den milit�rischen Berichten der Kommandos. Um 10 Uhr begannen die Vortr�ge der hohen Staatsbeamten; sie dauerten in der Regel bis 1 Uhr. Um Mittag stand er am Eckfenster seines Schlosses und sah zu, wie die Wache aufzog. Viel Volk str�mte um die Zeit zu-sammen, um ihn zu sehen und zu begr��en. Manche hielten Bittschriften in die H�he, die er durch Diener abholen lie�. Kaiser Wilhelm war eine hohe, k�nigliche Erscheinung. Milder Ernst und herzliche Freundlichkeit sprachen aus seinem Antlitz. Nach Erledigung der Gesch�fte nahm der Kaiser das zweite Fr�hst�ck ein, machte der Kaiserin einen Besuch, fuhr eine Stunde spazieren und arbeitete nach seiner R�ckkehr bis gegen 3 Uhr. Ilm 4 Uhr fand die einfache Mittagstafel statt. Nach Tische unterhielt er sich gew�hnlich eine Weile mit seiner Gemahlin und setzte dann meist noch die Arbeit fort. Abends fuhr er ins Theater oder ins Konzert, nahm nach der Heimkehr den Tee bei der Kaiserin ein und zog sich um 11 Uhr in das Arbeitszimmer zur�ck, um noch eine Weile zu lesen oder Briefe zu schreiben. Allj�hrlich besuchte er zur St�rkung ein heilkr�ftiges Bad, wie Ems, Gastein oder Wiesbaden, und gewann da alle Herzen durch seine Leutseligkeit.
9. Der fromme Christ und sein schmerzensreicher Lebensabend.
Ein heiterer, sch�ner Lebensabend schien dem Gr�nder des Deutschen Reiches nach all den K�mpfen und M�hen beschieden zu sein. Am 11. Juni 1879 1879 beging er das Fest der goldenen Hochzeit, und Alldeutschland, hoch und niedrig, feierte es innig teilnehmend mit. Eine Reihe wohlt�tiger Stis-tuugen werden die Erinnerung an diesen Tag auch noch in der Zukunft segenskr�ftig machen. Am 27. Februar 1881 erlebte das Kaiserpaar die 1881 gro�e Freude, da� sein Enkel Prinz Wilhelm, �ltester Sohn des Kr�n-Prinzen Friedrich Wilhelm und der Kronprinzessin Viktoria, sich mit der Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein verm�hlte. Aus dieser Ehe sah er noch vier kr�ftige Urenkel erbl�hen. Als dann der 90. Geburtstag herankam, da zeigte sich erst recht, welche Liebe und Ver-ehrung der edle Herrscher �berall geno�. Eine allgemeine Begeisterung ergriff ganz Deutschland; der 22. M�rz 1887 wurde allerwegen als ein Volks- und Familienfest gefeiert. Doch diesen sonnigen Tagen folgten bald d�stere. Zwar gelang es der Weisheit des Kaisers und seines Kanzlers, die Wetterwolken des Krieges zu zerstreuen, die drohend aus Westen und aus Osten heraufzogen; aber die schwere Erkrankung des Kronprinzen
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an einem t�ckischen Kehlkopfleiden legte sich im Sommer 1887 wie ein Alp auf das kaiserliche Haus und das ganze deutsche Volk. Weder in England noch in Italien fand der Kronprinz Heilung. Mit banger Sorge und sinkender Hoffnung empfing man in Deutschland die Nachrichten aus San Nemo, wo der geliebte Kranke in milder Luft weilte. Mitten in diesen Bek�mmernissen traf den Kaiser noch ein neuer Schlag: der Tod des jungen Prinzen Ludwig von Baden, seines geliebten Enkels. Diese Gem�tsersch�tterungen in Verbindung mit einer Erk�ltung und einem alten Nierenleiden warfen den Greis in den ersten M�rztagen 1888 auf das Krankenlager, das am 9. M�rz zum Totenlager wurde. Im frommen Gottvertrauen, gest�rkt durch fromme Spr�che und Lieder und die Liebe der Seinen, entschlief er als gl�ubiger Christ sanft und selig. �Der Herr hat mir mit seinem Namen geholfen!" bekannte er dankbar vor seinem Ende. Unbeschreiblich war die Trauer des Volkes, welches nicht blo� den Landesf�rsten, sondern auch den edelsten Landesvater mit ihm verlor. Die ganze Welt nahm an dieser Trauer teil; allerorten ehrte man den weisen Friedensf�rsten, wie es noch nie zuvor geschehen war. Aus den fernsten Gegenden trafen Beileidsbezeugungen und die kostbarsten Kr�nze und Blumenspenden ein. Tr�nenden Auges pries wenige Stunden nach dem Hinscheiden des edlen Monarchen sein treuer Diener Bismarck im Reichstage die Tugenden seines Herrn, vor allem die heldenm�tige Tapferkeit, das nationale, hochgespannte Ehrgef�hl, die treue, arbeitsame Pflichterf�llung im Dienste des Vaterlandes und die Liebe zum Vaterlande.
Im Mausoleum zu Charlottenburg ruht die irdische H�lle Kaiser Wilhelms, aber leben wird sein Ged�chtnis, solange es ein Deutsches Reich und Volk gibt. Wie sein Name in der Gegenwart geehrt wird, davon hat die Hundertjahrfeier seines Geburtstages am 22. M�rz 1897 ein gl�nzendes Zeugnis abgelegt. � Sein Wahlspruch war: �Gott mit uns!" Unverge�liche Ausspr�che von ihm sind: �Ich achte es viel h�her, geliebt zu sein, als gef�rchtet zu werden. � Ich bin gl�cklich, wenn Preu�ens Volk gl�cklich ist. � Dem Volke mu� die Religion erhalten bleiben. � Meine Hand soll das Wohl und das Recht aller in allen Schichten der Bev�lkerung h�ten. � Ich habe keine Zeit, m�de zu sein."
Ihm folgte sein kranker Sohn, der Kronprinz Friedrich Wilhelm, als Kaiser und K�nig Friedrich III.
10. Die treue Lebensgef�hrtin und wohlt�tige Landesmutter. Herzliche Zuneigung verband den Kaiser mit seiner Gemahlin Augusta. Beider sch�nstes Gl�ck waren die trefflichen Kinder und die heranbl�hende Enkelschar. Kaiserin Augusta war eine geistig bedeutende Frau mit regem Juteresse f�r Wissenschaft und Kunst und eine hochherzige F�rderin der Bestrebungen der N�chstenliebe. Sie hat viele wohlt�tige Anstalten aller Art gegr�ndet, unterst�tzt und besch�tzt. Das waren Kranken- und Er-ziehuugsh�user, Bewahr- und Rettungsanstalten, M�gdeherbergen, Volks-k�cheu, Suppenanstalten. Unerm�dlich t�tig s�r die Ausbildung von Krankenpflegerinnen, hat sie namentlich f�r die Diakonissenanstalten ge-sorgt und sie gepflegt. Zur Zeit der Kriege entfaltete sie, die Samariterin
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auf dem Throne, eine rege Wirksamkeit. Sie stiftete das Zentral-Komitee f�r freiwillige Krankenpflege, den Vaterl�ndischen Frauen-verein, der im Frieden und im Kriege Notleidenden Hilfe bringen soll, und nahm sich der Vereine vom Roten Kreuz an. Besonders segens-reich erwies sich auf den Schlachtfeldern die Genfer Konvention von 1863. Sie stellte alle Geb�ude f�r Verwundete und Kranke sowie die Pfleger derselben als unbeteiligt und unverletzlich unter den Schutz des �roten Kreuzes". Fahnen und Armbinden mit dem roten Kreuze auf wei�em Grunde machten die Orte und die Personen kenntlich, die den Verwundeten und Kranken dienten.
Schwere Krankheiten und herbe Schicksalsschl�ge der letzten Zeit brachen die k�rperliche Kraft der Kaiserin. Am 7. Januar 1890 schlo� 1890 die edle Frau die Augen f�r immer. Der Segen, den sie ihrem Volke und der Menschheit �berhaupt durch ihr hingebendes Wirken gebracht hat,
wird ihr Andenken unverge�lich machen.
Fragen: Warum ist Preu�en der nat�rliche F�hrer Deutschlands? �
Welche Umst�nde haben die Neugestaltung Deutschlands beg�nstigt? � Kaiser Wilhelms I. Bedeutung f�r Preu�en, Deutschland und die Welt. � Welche Eigenschaften Kaiser Wilhelms haben ihn seinem Volke so wert gemacht? � Gib die damalige Entwicklung Deutschlands im gewerblichen und geistigen Leben an? � Was verdanken wir der Kaiserin Augusta? � �Der Tag von D�ppel" von Fontane. � �Am Tage von K�niggr�tz" von F�rste. � �An Napoleon" von Redwitz. � �Die Wacht am Rhein" von Schneckenbnrger. � �Hurra, Germania!" von Freiligrath. � �Kriegslied" von Geibel. � �Der 19. Juli 1870" von Hesekiel. � �Ein Lied vom K�nig" von Jensen. �_ �K�nig Ludwig II." von G�decke. � �Die Trompete von Vionville" von Freiligrath. � �Die Rosse von Gravelotte" und �Des deutschen Knaben Tischgebet" von Gerok. � �Der Sieg von Sedan" von Bodenstedt. � �Am 3. September 1870" von Geibel. � �Die Fahne der Einundsechziger" von Julius Wolff. � �Deutscher Siegesgesang" von Lingg. � �Niederwaldsdenkmal" von Scherenberg. � �Kaiser Wilhelm I."
von I. Wolff. � �Kaiserin Augusta" von Gerok.
82, Kaiser Friedrich III. (1888).
1. Seine gl�ckliche Jugend und sein sch�nes Familienleben.
Prinz Friedrich Wilhelm wurde am 18. Oktober 1831, dem Jahrestage 1831 der Schlacht bei Leipzig, als Sohn des damaligen Prinzen Wilhelm von Preu�en und feiner Gemahlin Augusta im Neuen Palais zu Potsdam geboren. Da der damalige Kronprinz und Thronfolger, der nachmalige K�nig Friedrich Wilhelm IV., kinderlos zu bleiben schien, so galt der junge Prinz als Thronerbe. Von Jugend auf erhielt er eine sorgf�ltige k�rperliche, milit�rische und geistige Ausbildung. Die hochbegabte Mutter sorgte f�r einen trefflichen Unterricht durch t�chtige Lehrer. Mit 18 Jahren bezog er die Universit�t zu Bonn, studierte zwei Jahre Geschichte, Rechts-und Staatswissenschaften, erweiterte dann durch Reisen seine Kenntnisse und trat 1852 in das Heer ein.
1858 verm�hlte er sich mit der Prinzessin Viktoria von England. 1858 Der gl�cklichen Ehe entsprossen acht Kinder, von denen zwei Prinzen fr�he starben. Ein heiteres, anregendes Familienleben einte Eltern und Kinder. Im Sommer besuchte er gern sein Gut Bornstedt, nahe bei Potsdam,
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und verkehrte hier, wie einst Friedrich Wilhelm III. in Paretz, als schlichter Gutsherr in ungezwungener Einfachheit mit den Bewohnern. Seine Leut-seligkeit, Hilfsbereitschaft und sein Humor erwarben ihm allerwegen die Herzen der Menschen.
2^7. Kaiser Friedrich III. (Nach einer Photographie.)
1864 2. Sein Anteil an den gro�en Kriegstaten. Das Jahr 1864 rief ihn aus dem Sch��e seiner Familie in den d�nischen Krieg, den damals Preu�en und �sterreich in Schleswig gegen D�nemark f�hrten. Ohne ein Kommando machte er den Feldzug mit; vor den D�ppeler Schanzen erhielt er die Feuertaufe. In dem Kriege gegen �sterreich 1866 1866 f�hrte er die schlesische Armee nach B�hmen und entschied nach mehreren gl�cklichen Gefechten durch sein rechtzeitiges Eingreifen die Schlacht bei K�niggr�tz und damit den Feldzug. Der franz�sische Krieg von
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1870 und 71 sah ihn an der Spitze der III. Armee. Mit dieser erfocht 1870 er die ersten Siege, die den deutschen Kriegsmut erh�hten und das National-ges�hl in Deutschland m�chtig erweckten. Bei seinen Soldaten hie� er als Gegenstand ihrer h�chsten Zuneigung und Verehrung �unser Fritz". Dieser und der sp�tere Kriegsruhm von Sedan und Paris brachte ihm die Er-nennung zum Generalfeldmarschall und das Gro�kreuz des Eisernen Kreuzes. Ruhmbedeckt, vom Jubel aller deutschen St�mme begr��t, kehrte er heim.
3. Sein erfolgreiches Wirken im Frieden. Nach den ersten gro�en Siegen in Frankreich, die die Begeisterung f�r ein gro�es und m�chtiges einiges Deutschland hell anfachten, war der Kronprinz im Heerlager mit ganzer Seele f�r die Verwirklichung des alten Kaisertraumes eingetreten. Seinen Bem�hungen und seinem Einflu� gl�ckte es, starke Widerst�nde zu brechen, und sein Werk ist es haupts�chlich, da� K�nig Wilhelm den Kaiser-titel annahm. Im Kriege hatten seine herzgewinnende Pers�nlichkeit und sein Auftreten die Ann�herung der deutschen St�mme gef�rdert, im Frieden nun wirkten sie noch nachhaltiger f�r deren Zusammenschlu�, wenn er auf seinen zahlreichen Besuchs- und Inspektionsreisen in den deutschen Bundes-staaten die ehemaligen Waffenbr�der kameradschaftlich begr��te. Der Zauber seiner Pers�nlichkeit half an der Befestigung des Kaiserreichs mitarbeiten.
Seine Teilnahme am �ffentlichen Leben beschr�nkte sich sonst meist auf die Vertretung feines Vaters bei gro�en Festlichkeiten und bei Besuchen aus-W�rtiger F�rsten am preu�ischen Hofe, oder er erwiderte auch f�r ihn die Gegenbesuche dieser F�rsten. Nur w�hrend der schweren Erkrankung Kaiser Wilhelms infolge des sch�ndlichen Attentats im Sommer 1878 f�hrte er ein halbes Jahr die Regentschaft und er�ffnete und schlo� damals den Berliner Kongre�. Wirksamer und erfolgreicher konnte sich seine T�tigkeit f�r Wissenschaft und Kunst entfalten. Sein reger und phantasievoller Geist liebte die Kunst. In seinem Palais sah er gern bei sich M�nner der Wissenschaft und der Kunst. Manch sch�nes Talent fand seine Unter-st�tzung. Als er 1871 zum Protektor der k�niglichen Museen ernannt wurde, war seine erste Aufgabe, die alten Kunstsammlungen ordnen zu lassen, sie zu bereichern und neu anzulegen. Seiner besonderen Pflege er-freute sich das Kunstgewerbe. Das Hohenzollern-, das Kunstgewerbe-Museum, die Nationalgalerie und andere �hnliche Institute verdanken ihm teils ihre Gr�ndung, teils ihre Vollendung. Eine getreue Helferin hatte er in feiner kunstsinnigen Gemahlin Viktoria, die eine begabte Malerin war. Beide bem�hten sich um die Hebung der Fortbildungsschulen, damit Bildung und Kunstsinn dem Gewerbe die bessernde Hand reichten, und fa�ten dabei zugleich das Ziel ins Auge, dem weiblichen Geschlechte weitere Erwerbszweige zu erschlie�en.
Nicht weniger rege war das hohe Paar in seiner T�tigkeit f�r gemein-n�tzige Anstalten. Sie nahmen sich liebreich der Arbeiterkolonien, des Vereins f�r h�usliche Gesundheitspflege, der Ferienkolonien, der Kranken-h�ufer, der Invaliden an.
4. Seine schwere Erkrankung und sein heldenhaftes Duldertum. Im Januar 1887 erkrankte er an einem Halsleiden, das sich zun�chst in Heiserkeit und Husten �u�erte. Nachdem er vergebens in Ems, im schotti-
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schen Hochlande und in Tirol Heilung gesucht hatte, ging er im Herbste nach San Remo in Italien. Aber auch das milde Klima Italiens half mcht. Das Verden verschlimmerte sich schnell. Die ber�hmtesten �rzte standen der unheimlich vorr�ckenden Krankheit machtlos gegen�ber Nach der Untersuchung durch Professor Schr�tter aus Wien fragte der Kronprinz: �Ist es Krebs?" Schr�tter antwortete: �Kaiserliche Hoheit, es ist eine b�sartige Neubildung!" Schweigend und ruhig h�rte der Kronprinz sein Todesurteil wie ein echter Held. Im Februar 1888 hatte sich die An-Schwellung des Kehlkopfes so stark vergr��ert, da� der Luftr�hrenschnitt vorgenommen werden mu�te, um der Erstickungsgefahr vorzubeugen. Ein Lnftr�hrchen wurde eingesetzt, durch das der Kronprinz atmete. Er verlor die Sprache und mu�te seine W�nsche durch Niederschrift zu erkennen geben. Trotz aller Leiden kam nie eine Klage �ber seine Lippen.
5. Sein starkes Pflichtgef�hl als Kaiser und sein Ende. Als er am 8. M�rz die Kunde von dem Ableben seines Vaters erhielt, raffte er sich mit aller Kraft vom Siechenbette auf und kehrte, seiner Pflicht getreu, sofort nach Deutschland zur�ck. Unter dem Namen �Friedrich III." �bernahm er die Regierung. Am 12. M�rz erschien der Erla� �An mein Volk" und ein andrer an den Reichskanzler. Beide Erlasse bezeugten seine edle Gesinnung und die hohe Auffassung seiner Herrscherpflichten. Unter den schwersten Qualen der unheilbaren Krankheit, welche die liebevolle Pflege seiner Gemahlin nach M�glichkeit zu lindern suchte, erf�llte er heldenm�tig die Aufgaben seines Berufes. Dem Generalfeldmarschall Blumenthal schrieb er ans ein Blatt: �Glauben Sie mir, es ist fast nicht mehr zu ertragen. Beten Sie nicht f�r meine Genesung, sondern f�r meine Aufl�sung." Sein Sohn, der jetzige Kaiser, erhielt auf einem Zettel die denkw�rdigen Worte: �Lerne leiden, ohne zu klagen." Am 24. Mai war es ihm noch verg�nnt, die Verm�hlung feines Sohnes Heinrich mit der Prinzessin Irene von Hessen zu feiern. Bald darauf nahmen seine 1888 Kr�fte sichtlich ab, und die Atemnot steigerte sich. Am 15. Juni 1888 vormittags verschied er saust, umgeben von seiner Familie, im Schlosse �Friedrichskron" (Neues Palais) in Potsdam. Kaiserin Viktoria sandte folgende Depesche an die Mutter ihres Heimgegangenen Gemahls: �Um Deinen einzigen Sohn weint diejenige, die so stolz und gl�cklich war, seine Frau zu sein, mit Dir, arme Mutter. Keine Mutter besa� solchen Sohn. Sei stark und stolz in Deinem Kummer. Viktoria." Auch sein Leben er-innert an das Wort von dem Neide der G�tter.
Dem deutschen Volke wird seine edle Siegfriedsgestalt, seine Leutseligkeit und Freundlichkeit, sein Schaffen und fein sch�nes Wollen, vor allem aber sein heldenhaftes Dnldertnm unverge�lich bleiben.
Sein Wahlspruch war: �Furchtlos und beharrlich". Andere Merkworte von ihm sind: �Ich bin stolz darauf, Gut und Blut einzusetzen f�r die heiligsten G�ter des Vaterlandes. � Ich kenne kein anderes Ziel meines Strebens als das Gl�ck und die Wohlfahrt des Vaterlandes."
Fragen: Wodurch hat Kaiser Friedrich sich ein hohes Verdienst um Deutsch-land erworben? - Welche segensreiche T�tigkeit haben Kaiser Friedrich und seine Gemahlin f�r das Wohl der unteren Klassen entfaltet? � Worin beruht die menschliche Gr��e Kaiser Friedrichs? � �Kaiser Friedrich HJ." von Fontane.
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83. Kaiser Wilhelm II.
1. Der gewissenhafte Prinz. Auf Friedrich III. folgte sein �ltester Sohn Wilhelm II. in der Regierung. Er ist am 27. Januar 1859 geboren. Kurz nach seiner Gehurt rief der alte Wrangel der dicht-gedr�ngten Menschenmenge zu: �Es geht alles gut; es ist ein t�chtiger,
derber Rekrut, wie man es nur verlangen kann." Einer Abordnung des Landtages sagte der gl�ckliche Vater: �Wenn Gott meinem Sohne das Leben erh�lt, so wird es meine sch�nste Aufgabe sein, ihn in den Gesinnungen und Gef�hlen zu erziehen, welche mich an das Vaterland ketten." In einem gl�cklichen Familienleben und in treuer Gemeinschaft mit seinem Bruder Heinrich wuchs Prinz Wilhelm heran. Seine Zeit war sorgf�ltig zwischen Arbeit und Erholung, geistiger Anstrengung und k�rperlicher �bung eingeteilt. Vortrefflich leitete fein Erzieher vi. Hinz -Peter die Ausbildung des begabten, willensstarken Prinzen. Um gewisse M�ngel der Einzelerziehung zu vermeiden, lie�en ihn seine Eltern von 1874�77 das Gymnasium in Kassel besuchen. Hier bew�hrte er die hohenzollernsche Tugend der Pflichttreue und Leutseligkeit gegen Lehrer und Mitsch�ler und wurde wegen seines Flei�es durch einen Preis ausgezeichnet. Mit Ehren bestand er die Abgangspr�fung und studierte dann zwei Jahre lang auf der Universit�t Bonn. Hierauf widmete er sich mit ganzer Seele dem Soldatenstande.
Seit dem Herbst 1882 arbeitete sich Prinz Wilhelm unter Leitung eines Bismarck und anderer bew�hrter Staatsm�nner mit Flei� und Geschick in alle Zweige der Verwaltung ein.
2. Der gl�ckliche Gatte und Vater. Am 27. Februar 1881 1881 verm�hlte sich Prinz Wilhelm mit der anmutigen und geistvollen Prin-zessin Auguste Viktoria Luise von Schleswig-Holstein-Sonder-burg-Angnstenburg, die nicht nur die Namen von drei edlen pren�i-fchen K�niginnen tr�gt, sondern auch eine Erbin der besten Frauen-tugeuden, der sch�nste Edelstein in des Kaisers Krone ist. Fromm und
still waltet sie wie ein guter Geist auf allen Gebieten, wo Hilfe not ist. Ein besonderes Herzensanliegen ist es ihr, der Kirchennot in Berlin durch den Bau neuer Kirchen abzuhelfen. Im Wohltun findet sie ihre Lust, in der m�tterlichen Sorge f�r ihre Familie ihr Gl�ck. Sechs bl�hende Prinzen und eine Prinzessin hat sie dem Kaiser geboren, und das sch�nste Heim wei� sie ihm zu bereiten. Als am 6. Mai 1882 der Kronprinz Wilhelm geboren wurde, rief fein Urgro�vater Wilhelm I.
voller Freude aus: �Hurra, vier Kaiser!" Die kaiserlichen Kinder wurden einfach und streng erzogen, erst von Hauslehrern und dann auf dem Schlosse zu Ploeu in der �holsteinischen Schweiz" von bew�hrten Lehrern unterrichtet. Am 6. Mai 1900 wurde der Kronprinz unter gro�en Feierlichkeiten f�r gro�j�hrig erkl�rt, leistete den Fahneneid und trat in die Armee ein. Am 6. Juni 1905 verheiratete er sich mit der Her-zogin Cecilie von Mecklenburg-Schwerin. Am 4. Juli 1906 wurde ihm der erste Sohn, dem Kaiserpaar der erste Enkel, Wilhelm, geboren.
Auch die Prinzen Eitel-Fritz und August Wilhelm haben sich ver-
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heiratet. Im Herbst 1910 trat der Kronprinz seine gro�e Reise nach Indien an. Bis zur Insel Ceylon begleitete ihn seine Gemahlin.
3. Der schaffensfreudige und tatkr�ftige Herrscher. Das Jahr 1888 kam heran, nahm uns zwei Kaiser und setzte den Kronprinzen Wilhelm mit 29 Jahren auf den Thron Preu�ens und Deutschlands.
Am 25. Juni 1888
er�ffnete er in feierlicher Pracht, umgeben von den F�rsten des Reiches, den Deutschen Reichstag. Sein festes, w�rdevolles Auf-treten und seine bedeut-same Rede erf�llten alle Herzen mit Freude und Zu-verficht. Jeder Deutsche sah gl�cklich und stolz den Be-stand des Reiches gesichert, das Werk der Einigung vollendet und die deutsche Krone im hellsten Gl�nze erstrahlen.
Gro�e und schwere Aufgaben hat sich der uu-erm�dliche Kaiser gesetzt. Den Ruhm und das Gl�ck des Vaterlandes will er sichern und mehren, den �n-�ern Frieden erhalten und den innern Frieden und eine allgemeine Wohlfahrt schaffen. Durch anstrengende Reisen kn�pfte er das Band zwischen F�rsten und
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248. Kaiser Wilhelm II.
Nach Originalaufnahme von E, Bieber, K�nigl. Hofphotograph. V�lkeru sester Und sicherte
den europ�ischen Frieden. Eine selbst�ndige, schaffensfreudige, Willens- und geistesstarke Pers�nlich-keit, gibt er �berall Anregung und setzt mit Tatkraft seine Pl�ne durch.
a) Er wacht �ber Ruhe und Sicherheit im Innern des Reiches. Dabei wahrt er wie seine eigenen auch die Rechte seines Volkes, wie sie in der Verfassung festgelegt sind. Diese besagt n. a. folgendes: Die K�nigsw�rde ist im Mannesstamme der Hohenzollern erblich. Die Per-son des K�nigs ist unverletzlich. Er ernennt nnd entl��t die Minister und die Staatsbeamten. Er beruft und schlie�t den Landtag, hat den Oberbefehl �ber das Heer und das Recht der Begnadigung. � Vor dem Gesetz sind alle Preu�en gleich. Die pers�nliche Freiheit ist gew�hrleistet, die Wohnung unverletzlich. Das religi�se Bekenntnis wie die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Kein Kind darf ohne Unterricht bleiben, daf�r
sorgen �ffentliche Schulen, die alle unter der Aufsicht des Staates stehen. Alle Preu�en sind wehrpflichtig und haben das Recht, durch Wort, Schrift und Druck ihre Meinung frei zu �u�ern, Bitten wie Antr�ge an die Staats-geroalt zu richten. � Die Mitglieder des Herrenhauses sind Vertreter der F�rstenfamilien, des Adels, der St�dte und Universit�ten, entweder erblich oder vom K�nig berufen.
Die 433 Mitglieder des Abgeordnetenhauses werden vom Volke immer auf 5 Jahre gew�hlt. Die Wahl ist m�ndlich und �ffentlich. Die Urw�hler sind nach der H�he ihrer Steuern in drei Klaffen geteilt. Sie w�hlen zuerst Wahlm�nner und diese dann den Abgeordneten.
Abgeordneten- und Herren-haus beschlie�en �ber Ein-nahmen und Ausgaben des Staates, beraten und be-schlie�en die Gesetze, welche dann von der K�niglichen Regierung best�tigt undans-gef�hrt werden. Das Deutsche Reich ist nach seiner Verfassung vom 4. Mai 1871 ein Bundesstaat aus 25 Staaten und dem Reichslande Elsa�-Lothrin-gen. An der Spitze steht als IE ;
erblicher Deutscher Kai-
stx derK�nig von Preu�en, 249. Kaiserin August- Diftorta.
^) '� � II b e 1, i� cr tti t)r Nach Ausnahme der Neuen Photograph- Gesellschaft Berlin-
und Industrie nahmen
unter der Regierung des Kaisers einen gewaltigen Aufschwung. �Wir leben im Zeichen des Verkehrs!" sagte der Kaiser. Es wurden mit den Gro�staaten Handelsvertr�ge geschlossen, viele neue Eisenbahnen, besonders auch Klein-bahnen und Kan�le gebaut, das Eisenbahnfrachtenwesen geregelt u. v. a. Alle Zweige der Industrie hoben sich. Der Handwerkerstand erhielt durch das Organisationsgesetz neue Einrichtungen, die sein Aufbl�hen bef�rdern sollten. Waren mit dem Vermerk �In Deutschland gemacht" waren in aller Welt bestens empfohlen. Von Jahr zu Jahr vermehrten sich die Absatzgebiete im In- und Auslande. Gro�artig war die Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel. Die zahlreichen Dampfschiffe der Hamburg-Amerika-Linie und des Bremer Lloyd sind durch Schnellig-keit und treffliche Einrichtung ber�hmt. Unsere Handelsflotte ist die
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zweitgr��te der Welt. Die Fahrr�der wurden durch Luftreifen und Benzinmotors verbessert, die Stra�enbahnwagen der gro�en St�dte durch Elektrizit�t bewegt. An Schnelligkeit wurden sie �bertroffen von den Automobilen oder Kraftwagen, die von Benzin, Spiritus oder Gas getrieben werden. Auf hoher See verst�ndigen sich die Schiffe durch die drahtlose Fuukentelegraphie. Sogar das Luftreich wird durchsegelt
von lenkbaren Lustschiffen, wie sie Graf Zeppelin erfunden hat. Ein Wunderwerk der Bau-knnst, den Kaiser-Wilhelm-Kanal zwischen Nord- und Ostsee, �bergab Kaiser Wil-Helm II. 1895 feierlich dem Verkehr. Er ist fast 100 km lang, �ber 9 m tief, am Wasserspiegel �ber 66 m breit und gestattet den gr��ten Schiffen die Durchfahrt. Den Weg zwischen der Nord- und Ost-see verk�rzt er um mehr als eine Tagereise und befreit von der gef�hrlichen Fahrt um J�t-lands Nordk�ste. Obwohl ein Werk des Friedens und f�r den Verkehr im Frieden Haupt-s�chlich bestimmt, dient er je-doch auch der Schlagfertigkeit der deutschen Kriegsflotte, weil er die beiden Reichskriegsh�fen Kiel und Wilhelmshaven unmittelbar verbindet.
c) Die deutschen Kolonien gewannen durch das feste Eingreifen des Kaifers lebensf�higen Halt und eine gedeihliche wirtschaftliche Ent-Wickelung. Es gesellte sich zu unfern ausw�rtigen Besitzungen 1897 der �erpachtete", sehr wichtige chinesische Hafen Kiantschou mit Umgegend in der Provinz Cchantuug. Von Spanien wurden 1899 die Karolinen, Marianen und Palan-Jnseln im Stillen Ozean gekauft, die Samoa-Inseln zwischen den Vereinigten Staaten und dem Deutschen Reiche ge-teilt. Deutschland erhielt die beiden gr��eren und wertvolleren Inseln Upoln und Sawaii. Auch zum Schwerte hat der Kaiser greifen m�ssen. In Ostafrika schlug Wi�mann die Ausst�nde nieder. Auch nach dem fernen China fanbte. der Kaiser 1900 eine ansehnliche Truppenmacht auf vielen Schiffen unter dem Feldmarschall Grasen Waldersee, um dort die Ehre und das Recht Deutschlands zu wahren. Die Boxer, fanatische Geheimb�ndler, hatten sich, beg�nstigt von der Regierung, gegen die �fremden Teufel" erhoben, hatten unfern Gesandten v. Ketteler sowie viele fremde und einheimische Christen ermordet und uns�gliche Greuel
250. Kronprinz Wilhelm.
Nach Originalaufnahme von Hofphotograph (�. Bieber.
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ver�bt. Ihre Blut- und Schandtaten schrieen zum Himmel und forderten S�hne. Unsere tapfern deutschen Krieger haben im Verein mit den Truppen anderer Gro�m�chte die chinesischen Festungen, so die starken Takusorts, erst�rmt, die Hauptstadt Peking eingenommen, die einge-schlossenen Gesandten befreit, die Aufr�hrer besiegt und die deutschen Fahnen an der uralten chinesischen Riesenmauer aufgepflanzt. Durch allerlei Winkelz�ge verschleppte die chinesische Regierung die Friedensverhandlungen, mu�te sich aber endlich zur Zahlung von 1350 Millionen Mark in 50 Jahren verstehen. Deutsch-land erhielt davon 270 Millionen. Die deutschen Truppen kehrten heim, nur eine Besatzungsbrigade blieb dort zum Schutze der Deutschen. Viele Opfer an Gut und Blut kostete seit 1904 der Aufstand der Herero und Hottentotten in S�dwestafrika. Die deut-schen Ansiedler wurden vielfach hingeschlachtet, die Leichen ge-sch�ndet, die Wohnungen aus-gepl�ndert und verbrannt, das Vieh geraubt und alle An-s�nge der deutschen Kultur zerst�rt. Sehr schwierig war die Niederwerfung des Auf-standes durch die weiten R�ume,
den Wassermangel, die Dorn-gestr�ppe und den Typhus unter den Soldaten. Unsere Krieger bew�hrten unter unglaublichen Entbehrungen und Schwierigkeiten siegreich den alten Ruhm der Tapferkeit und Manneszucht. Jetzt wachen besondere Kolo-nialtruppen �ber die Ruhe und Sicherheit in den Kolonien, die erfreulich aufbl�hen.
d) Auf die Ausbildung der Armee und der Flotte verwendet der Kaiser den gr��ten Flei�, denn nur der Starke kann den Frieden erhalten. Wie sein Gro�vater ist er mit Leib und Seele Soldat und arbeitet stetig an der Verbesserung der Heereseinrichtungen. Den gro�en Man�vern wohnt er regelm��ig bei und beteiligt sich daran auch als Heerf�hrer. Die Friedensst�rke des deutschen Heeres betr�gt jetzt 600 000 Mann, die Kriegsst�rke drei Millionen, kann aber mit Landsturm und Ersatzre-serve aus 5 Millionen gebracht werden. In zweij�hriger Dienstzeit wird die Infanterie, in dreij�hriger die Kavallerie ausgebildet. Kaiser Wilhelm ist �berzeugt, da� Reichsgewalt und Seegewalt zusammen ge-h�ren. Er ist darum bestrebt, eine t�chtige Kriegsflotte zu schaffen, die
25Kronprinzessin Cectltc.
Nach Originalaufnahme von Hofphotograph E. Bieber.
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unsere K�sten und die gro�e Handelsflotte sch�tzt, dem Ansehen Deutsch-lands entspricht und ihm Achtung auf dem Meere verschafft. �Deutsch-lauds Zukunft liegt auf dem Wasser. Eine starke Flotte ist uns bitter not!" hat er gesagt. Fest, lebhaft und sachkundig hat er die Flotten-Vorlage durchgesetzt, durch welche die deutsche Kriegsflotte wesentlich verst�rkt wird. Nach dem Flottengesetz werden in bestimmter Folge deutsche Kriegsschiffe auf den gro�en Seewerften in Kiel, Stettin, Danzig, Elbing und Hamburg hergestellt. Mit den neuesten Bauten z�hlt die Marine gegenw�rtig 196 Kriegsschiffe (Linienschiffe. K�stenpanzer, gro�e und kleine Kreuzer, Kanonenboote, Torpedoboote, Unterseeboote) und 50 Schul- und andere Dienstschiffe. Die Besatzung betr�gt �ber 57 000 Mann, die Zahl der Handelsschiffe 4638. � Durch die Befestigung von Helgoland und einigen friesischen Inseln hat der Kaiser ein Bollwerk mehr zum Schutze der deutschen Nordseek�ste gegen fremde Kriegsschiffe geschaffen.
e) Die Wohlfahrtsbestrebungen seines Gro�vaters setzte Kaiser Wilhelm II. in dessen Sinne fort und beweist sich auch hierin als �Freund des armen Mannes". Zu den unter Wilhelm I. erlassenen Gesetzen trat 1891 das schon von diesem geplante Invaliden- und Alters-Versicherungsgesetz. Nach der erheblichen Verbesserung 1899 wird durch dasselbe dienstunf�higen Arbeitern eine Invalidenrente (zwischen 117,80�462 Mark) und den �ber 70 Jahre alten Arbeitern eine Altersrente (zwischen 100�230 Mark) gew�hrt. Zu jeder Rente mu� der Staat 50 Mark zuschie�en. Zwar kostet die Durchf�hrung des Gesetzes dem Staate viele Millionen, aber sein Segen kommt auch vielen Millionen Armen und Schwachen zugute. Die Arbeitergesetzgebung wurde weiter ausgebaut durch das Arbeiterschutzgesetz vom Jahre 1891. Es fordert allgemeine Sonntagsruhe und regelt die Verpflichtungen der Arbeitgeber und -nehmer. F�r die Verbesserung der Wohnungsverh�lt-nisse der in staatlichen Betrieben besch�ftigten Arbeiter wurden gro�e Summen bewilligt.
f) Zur Entlastung der wirtschaftlich Schwachen wurde ferner in Preu�en das Steuerwefen durch den Finanzminister Miquel umgestaltet. Das neue Einkommensteuergesetz hat die fr�here Einrichtung bestehen lassen, durch welche das Einkommen bis 900 Mark ganz steuerfrei bleibt � daher zahlen etwa 20 Millionen K�pfe gar keine Steuern � und au�erdem die Steuers�tze der unteren und mittleren Stufen er-m��igt. Das Gewerbesteuergesetz befreit die kleinen Betriebe von der Gewerbesteuer; das Kommunalabgabengesetz �berwies die bisher vom Staate erhobene Ertragssteuer (Realsteuern) den Gemeinden. Als Entgelt wurde daf�r haupts�chlich die Erg�nzungssteuer eingef�hrt. Die Besoldung der staatlichen Beamten, der Lehrer und Geistlichen erfuhr eine wesentliche Verbesserung. Zur weiteren Durchf�hrung der Selbstverwaltung auf dem Lande wurde eine neue Landgemeinde-Ordnung geschaffen. Das B�rgerliche Gesetzbuch kam zum Ab-schlu� und ist 1900 in Kraft getreten.
g) Das kirchliche Leben pflegt der Kaiser mit tiefem Ernst; seine Religiosit�t stammt aus innerstem Herzen; sieht er doch auch sein Herrscher-
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tum als von Gott eingesetzt an, dem allein er verantwortlich sein will. Nach dieser Auffassung handelt er auch. Mit seiner Gemahlin ist er eifrig auf die Errichtung von Gottesh�usern bedacht. In Berlin, Witten-berg und anderen Orten sind herrliche Kirchen entstanden; in Jerusalem hat er am 31. Oktober 1898 in Begleitung der Kaiserin und vieler Vertreter der evangelischen Kirche der Einweihung der Erl�serkirche bei-gewohnt. Den Katholiken hat er daselbst einen geweihten Platz zu einem Gotteshause geschenkt.
h) Auch um das Schulwesen k�mmert sich der Kaiser eingehend. Viele Verbesserungen hat das h�here Schulwesen, besonders auch das M�dchenschulwesen erfahren. Viele Volksschulen, Fortbildungsschulen und Lehrerseminare sind neu gegr�ndet, immer besser ausgestattet und das Schulgeld der Volkssch�ler abgeschafft worden. F�r die Umgestaltung der h�heren Knabenschulen, besonders ihrer bisherigen Lehrpl�ne, trat der Kaiser auf Grund eigener Schulerfahrungen sehr energisch ein, damit die Bildung den Bed�rfnissen der Zeit und den Anforderungen des mo--dernen Staates gerecht werde. Durch eine gesunde Bildung will der Kaiser sein Volk geschickt, gesittet und gl�cklich machen. Die Jugend soll, unter Betonung des geschichtlichen, heimatkundlichen und deutschen Unter-richts, national erzogen und ihr Urteil richtig gebildet werden, damit sie erkennt, wie die Gedanken eines sozialistischen Gl�cksstaates unausf�hrbar sind.
i) Die Kunst pflegt der kunstsinnige Kaiser eifrig. Er selbst zeichnet und komponiert. Dichter, Maler, Musiker und Bildhauer wei� er an-zuregen, lohnend zu besch�ftigen und zu ehren. Begas schuf das gro�e Kaiser Wilhelm-Deukmal vor dem Schlosse in Berlin. Andere Bild-Hauer schm�ckten die Siegesallee mit den Statuen brandenburgischer F�rsten. Salzmann malte pr�chtige See- und Marinebilder, Pape das gro�e Gem�lde, das die Schwurleistung des Kaisers auf die gesenkte Fahne am 18. Januar 1896 im Wei�en Saale darstellt. Wallot baute das Reichstagsgeb�ude, vor dem das gro�e Bismarckdenkmal steht, Schmechten die Kaiser Wilhelm-Ged�chtniskirche in Berlin, Hoff-mann das Reichsgerichtsgeb�ude in Leipzig. Nach den Pl�nen Raschdorffs ist j�ngst der Bau des Berliner Doms vollendet worden. Wie hier �berall der Kaiser anregend und bestimmend mitwirkt, so auch bei der F�rderung des Kunstgewerbes. Er entwirft selbst Zeichnungen zu Verzierungen der Siegespreise im Sport und f�r Ausf�hrungen in der k�niglichen Porzellan-Manufaktur. Auf technischen Hochschulen werden Ingenieure f�r alle Zweige des Bau- und Kunstgewerbes trefflich aus-ger�stet. Auch die Schauspielkunst findet an ihm ihren G�nner. Gern m�chte er auf der deutscheu B�hne einen Dichter des national-historischen Schauspiels im gro�en Stile sehen.
k) Gleicherweise f�rdert der Kaiser alle Zweige der Wissenschaft. Bei seiner erstaunenswerten geistigen Regsamkeit und Vielseitigkeit ist es nicht zu verwundern, da� er mit Interesse die geschichtlichen nnd geographischen Forschungen und die Fortschritte auf dem Gebiete der Naturwissenschaften verfolgt und in jeder Weife unterst�tzt. Das hat er wieder durch die Tat'bei der Berliner Universit�ts-Jnbelfeier 1810 bewiesen. Die Arbeiten
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. 3tu�g. A. 29
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Kochs �ber Tuberkel- und Cholerabazillen. die Versuche Behrings mit dem Diphtherie-Heilsernm und die R�ntgen-Strahlen fesselten ebenso seine Aufmerksamkeit und Teilnahme wie die neuesten physikalischen Ent-decknngen der Elektrotechnik und der Elektrolyse. Wichtige neue Erfindungen und Entdeckungen l��t er sich regelm��ig entweder durch die Erfinder und Entdecker selbst oder durch sachverst�ndige Gelehrte vorf�hren. Die denk-w�rdigste Vorf�hrung war die des lenkbaren Luftschiffes durch seinen nn-erm�dlichen Erfinder, den w�rttembergischen Grafen Zeppelin. Auf seinem Fluge zum Kaiser nach Berlin begr��te ihn das deutsche Volk �berall mit lautem Jubel.
4. Schmerzliche Verluste. Der Tod der greisen Gro�mutter, der Kaiserin Angnsta, im Januar 1890 versetzte den Kaiser, seine Familie und das ganze Land in tiefe Betr�bnis. Bald darauf folgte ein zweites schmerzliches, die ganze Welt bewegendes Ereignis, der Abgang des gro�en �Reichssteuermannes". Am 20. M�rz 1890, kurz vor seinem 75. Geburtstage, legte F�rst Bismarck sein Amt als Kanzler des Deutschen Reiches nieder und zog sich auf seine G�ter zur�ck. Der junge, tatkr�ftige Kaiser wollte �sein eigener Kanzler" sein, manches in die eigene Hand nehmen und nach seiner Meinung anders gestalten. 28 Jahre hatte Bismarck in seiner weltgebietenden Stellung f�r den Ruhm und die Macht Preu�ens, f�r die Einheit und Gr��e Deutschlands gestritten, wie keiner vor ihm. Als �Altreichskanzler" lebte er seitdem v�llig zur�ckgezogen meist auf seinem Gute Friedrichsruhe bei Hamburg, aber von Zeit zu Zeit lie� er wie der treue Eckart seine gewaltige Stimme �ffentlich vernehmen. Seinen 80. Geburtstag feierte das deutsche Volk als einen nationalen Festtag. Gleich einer Eiche schien er mit seiner Reckengestalt allen Anfechtungen des Alters und der Krankheit zu widerstehen; da kam am 31. Juli 1898 morgens die �berraschende Kunde seines in der letzten Stunde des 30. Juli erfolgten Todes. Trauer ergriff jedes patriotische Herz; denn in unbegrenzter Dankbarkeit hing es an dem gewaltigen Manne, dem, der Deutsche Haupt-s�chlich ein gro�es, einiges und m�chtiges Vaterland verdankt. Als In-schrift prangen nach seiner Bestimmung auf seinem Sarkophage die schlichten Worte: �Ein treuer Diener seines K�nigs". An seine Stelle trat zun�chst der nun bereits verstorbene General Graf Caprivi; und diesem folgte bald der fr�here Statthalter von Elfa�-Lothringen, F�rst Hohenlohe-Schillingsf�rst, der nun auch schon heimgegangen ist. Ihm ist 1900 der fr�here Staatssekret�r des Ausw�rtigen Amtes, F�rst B�low, im Kanzleramte gefolgt und diesem 1909 Dr. von Bethmann Hollweg.
Dem gro�en Staatsmanne Bismarck war schon am 29. April 1891 der gro�e Schlachtendenker Moltke im Tode vorausgegangen, nachdem am 26. Oktober 1890 ganz Deutschland seinen 90. Geburtstag gefeiert hatte. 1901 verlor der Kaiser seine Mutter, die Kaiserin Viktoria, durch den Tod. Mit ihm trauerte sein Volk um die hochbegabte F�rstin und seltene Frau.
5. Verwaltung des preu�ischen Staates. Die obersten Staats-beh�rden (Zentralbeh�rden) sind die Ministerien, ihnen sind die Provinzialbeh�rden und diesen wiederum die �rtlichen nachgeordnet.
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Es gibt 9 Ministerien: 1. das Ministerium der �u�eren Angelegen-heiten (die Gesch�fte werden vom Ausw�rtigen Amt des Deutschen Reiches besorgt), 2. das M. des Innern (Polizei- und Gemeindeangelegenheiten), 3. das Finanzministerium (Staatshaushalts-und Kassenwesen, Steuern, Z�lle). 4. das M. der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-angelegenheiten, 5. das Justizministerium, 6. das Kriegsmini-sterium, 7. das M.f�r Handel und Gewerbe (Schiffahrt, Ma�- und Gewichtswesen, Kunstgewerbe), 8. das M. der �ffentlichen Arbeiten (Bauwesen, Eisenbahnen, Berg- H�tten- und Salinenwesen), 9. das M. f�r Landwirtschaft, Dom�nen und Forsten. � Staatliche Pro-vinzialbeh�rden der allgemeinen Verwaltung sind dieOberpr�fidenten (an der Spitze einer Provinz), die Regierungen (in den einzelnen Re-gieruugsbezirken), die Landr�te (in den Kreisen). Die �rtlichen (meist auch zugleich Polizei-) Beh�rden sind die Amts Vorsteher in den Amts-bezirken, die B�rgermeister in den St�dten nnd die Gemeindevorsteher (Schulzen) in den Landgemeinden. Die gr��eren St�dte (�ber 25 000 Einwohner) bilden einen besonderen Stadtkreis f�r sich, die kleineren St�dte geh�ren zn den Landkreisen (unter dem Landrat). Au�er den staat-lichen Beh�rden beteiligen sich an der inneren Verwaltung der Provinzen und ihrer Kreise auch Selbstverwaltungsbeh�rden: der Kreisaus-schu�, der vom Kreistage, den Vertretern der Kreisangeh�rigen, der Be-zirksausschu� (f�r die Regierungsbezirke) und der Provinzial-ausfchu�, der von dem Provinziallandtage, den Vertretern der ganzen Provinz, gew�hlt wird. Die l�ndlichen Gemeinden w�hlen aus ihrer Mitte die Gemeindevertretung, die Stadtgemeinden aus den B�rgern die Stadtverordneten. Die nichtstaatlichen Beamten bed�rfen der staatlichen Best�tigung f�r ihr Amt. � Unter den Oberpr�sidenten stehen die Provinzial-Schnlkollegien, die die Aufsicht �ber die h�heren Schulen f�hren. Die niederen Schulen werden von den Regierungen und den ihnen untergeordneten Kreisschulinspektoren beaufsichtigt. � Die oberste geistliche Beh�rde (f�r die Evangelischen) ist der Oberkirchenrat. Die Konsistorien sind die obersten Kirchenh�rden in den Provinzen. General-snperintendenten f�hren die Aufsicht �ber die Geistlichen einer Provinz, Superintendenten �ber die einer Di�zese. � Das Land ist in 13 Ober-landesgerichtsbezirke, diese in Landgerichts- und letztere in Amts-gerichtsbezirke eingeteilt. Mit den Landgerichten sind Schwurgerichte verbunden. Der oberste Gerichtshof ist das Reichsgericht in Leipzig. � Der Regelung des Verkehrs und der Beaufsichtigung der Verkehrs-anstalten dienen die Post- und Eisenbahnbeh�rden, der Regelung des Geldumlaufs die Banken. Zu Staats- und Gemeindezwecken werden direkte Abgaben von der Bev�lkerung erhoben, die sich nach der H�he des Einkommens und dem Besitz richten. Sie werden an die Gemeinde-und Kreiskassen oder an staatliche Steuerempf�nger abgef�hrt. Die Ein-nahmen des Staates flie�en zu einem Teil aus diesen direkten Steuern; andere Quellen sind die staatlichen Dom�nen und Forsten, die indirekten Steuern (haupts�chlich das, was das Reich aus diesen an Preu�en zahlt), die Berg-, H�tten- und Salzwerke, die Eisenbahnen. Die meisten Aus-
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gaben verursachen der Betrieb der Eisenbahnen usw., die Staatsverwal-tung, die Verzinsung der �ffentlichen Schuld und die Beitr�ge an das Deutsche Reich.
6. Die Bewegung der deutschen Kultur in der Gegenwart.
Die Kultur aller V�lker wird in ihrer Entwicklung immer mehr von den Erfindungen und deren Wirkungen beeinflu�t. Die Naturwissenschaften, technologische Studien aller Art und deren praktische Verwendung stehen im Vordergrunde. Dadurch sind die gesamte Industrie, Handel und Verkehr zu einer H�he angelangt, die man vor 30 Jahren nicht ahnen konnte. Ein Riesennetz eiserner Schienenstr�nge, die das Festland durch-ziehen, und Tausende von gewaltigen Dampfern, die die weiten Meeres-strecken durchkreuzen, schaffen jetzt einen bequemen Weltverkehr und G�ter-anstansch aller Erdteile. Der elektrische Funke f�hrt auf ungez�hlten fest-l�ndischen Dr�hten und auf unterseeischen Kabeln in wenigen Sekunden die Nachrichten um die Welt und erm�glicht zwischen nahen und fernen Orten den Sprechverkehr. Der Gewerbebetrieb wird durch die schnell auf-einanderfolgenden Erfindungen und Verbesserungen der Maschinen stetig erleichtert und vervollkommnet. Die Elektrolyse (chemische Zersetzung der Stoffe durch den elektrischen Strom) l��t neue Stoffe und Metalle, die f�r gewerbliche Zwecke von gro�er Wichtigkeit sind, gewinnen. Der elek-trische Lichtfunke gestattet, ohne Draht zu telegraphieren und selbst die Schrift getreu zu �bermitteln. Die Photographie erzeugt schon nat�rliche Bilder in Farben. Im Ballon, in lenkbaren Luftschiffen und in Flug-Maschinen wird die Luftschiffahrt wie ein Sport betrieben.
Zu all diesen Erfindungen hat auch Deutschland sein Teil bei-getragen; ja manche ausl�ndische Erfindung hat erst in Deutschland ihre Vervollkommnung und Verwertung gefunden. Auf allen industriellen Gebieten herrscht lebhafte T�tigkeit; mehr und mehr erobert sich Deutsch-land den Weltmarkt. Seine Handelsflotte r�ckt schon in die zweite Stelle. W�hrend diese schnelle Vorw�rtsbewegung des Handels und der Industrie zu Wohlhabenheit f�hrte, vermochte die Landwirtschaft trotz der Hilfe des Staates solch g�nstige Ergebnisse nicht zu erzielen, und in dem Ma�e, als das Fabrikwesen sich entfaltete, schrumpfte das Handwerk immer mehr zusammen. Dem zu Hilfe gerufenen Staate wird es schwerlich gelingen, diese nat�rliche Abw�rtsbewegung aufzuhalten.
Im Bunde mit der Freiz�gigkeit hat der gewerbliche Aufschwung die �Arbeiterbataillone" gewaltig vermehrt, die soziale Bewegung der siebziger und achtziger Jahre verst�rkt nnd die sogenannte soziale Frage bei dem starken Anwachsen der sozialdemokratischen Partei immer mehr zu einer �brennenden" gemacht. Zwar beseitigte die Wohlfahrtsgesetzgebung, die Wilhelm I. einleitete und Wilhelm II. fortsetzte, erhebliche Mi�st�nde im Leben der Arbeiter, aber die sozialdemokratische Partei, von kampses-lustigen F�hrern geleitet, erwartet nicht von dem bestehenden Staate, sondern von einer auf sozialistischen Grunds�tzen aufgef�hrten Nensch�psuug die Befreiung vom �Polizei- und Milit�rstaate" und von der Herrschaft des Kapitals. Dazu kommt, da� auch die Arbeiter nach dem Bei-spiele der besitzenden Klassen leichter und reichlicher �verdienen" und
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genie�en wollen. H�here L�hne haben sie hier und da ja auch durch Streiks erreicht.
Die Ver�nderungen des h�uslichen und wirtschaftlichen Lebens haben auch die Frauenwelt mehr und mehr gen�tigt, auf den �ffentlichen Arbeitsmarkt hinauszutreten und sich mit den M�nnern in den Wettbewerb einzulassen. Denn diese Ver�nderungen erschweren der mittellosen Frau jedes Standes den Kampf ums Dasein. Dieser Kampf treibt Frauen und M�dchen der Arbeiterkreise in die Fabriken, zum Schaden des Familien-lebens und der Sittlichkeit, und zwingt das weibliche Geschlecht des un-beg�terten Mittel- und h�heren Standes, nicht blo� als Erzieherinnen, Lehrerinnen, St�tzen der Hausfrauen, sondern auch als Buchhalterinnen, Kontoristinnen und Beamte in �ffentlichen und privaten Anstellungen ihr Brot zu suchen. An die allgemeine und Fachbildung der M�dchen werden infolgedessen immer h�here Anspr�che gestellt. Und so wird aus diesen und noch anderen, ideellen Gr�nden die Frauenbildung ein ebenso wichtiger Gegenstand des �ffentlichen Interesses wie die Knabenbildung. Im Jahre 1908 hat die preu�ische Regierung die Neuordnung des h�heren M�dchenschulwesens in die Hand genommen und dadurch die Bahn zu einer h�heren wissenschaftlichen Bildung der M�dchen frei gemacht. Mit r�hmenswertem Eifer haben St�dte mit einsichtiger Bev�lkerung die M�dchenschulbildung gef�rdert.
Im allgemeinen ist mit dem leichteren und reichlicheren Erwerbe in den St�dten auch ein gewisser Wohlstand und eine gegen fr�her erheblich bessere Lebensf�hrung, auch des Arbeiters, zumal wenn er flei�ig und sparsam ist, eingezogen. Freilich das Elend der unteren Volksschichten ist noch immer gro�, wenn auch Armen-, Frauen- und andere wohlt�tige Vereine und Veranstaltungen dagegen ank�mpfen. In den gro�en St�dten, deren Bev�lkerung unheimlich w�chst, wie auch schon in den kleineren wird viel f�r die Gesundheitspflege getan. Breite Stra�en, wohlgepflegte Alleen und Gartenanlagen entstehen; geschmackvolle �ffentliche Geb�ude und bequeme Privatwohnungen mit Wasserleitung und Gas- oder elektrischen Kochvorrichtungen werden angelegt. Die elektrische Bahn durchkreuzt schon die Stra�en mittlerer St�dte; elektrisches Licht erleuchtet selbst kleine St�dte. Das Feuerl�schwesen wird �berall zweckm��ig eingerichtet und beaufsichtigt. Auch die Dorfbewohner nehmen teil an den Fr�chten der verfeinerten Kultur. Auf allen Wegen und Stegen sieht man das Fahrrad, dessen immer mehr wachsende Benutzung auch die Frauenwelt in das Sportleben hineingezogen hat. Die Bildung ist gegen fr�her ganz erheblich durch die Vermehrung und Verbesserung der niederen und h�heren Schulen, die der allgemeinen und der Fachbildung dienen, gestiegen. Neben kauf-m�nnischen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Fortbildungsschulen sind Webe-, Berg-, Baugewerk-, Molkerei-, kunstgewerbliche und andere mittlere und h�here Fachschulen entstanden.
Aber die vielen Vorteile und Annehmlichkeiten, die der gro�e Wirt-schaftliche und geistige Aufschwung in den letzten Jahren gebracht hat, werden durch die ihm entstammenden Sch�den stark beeintr�chtigt. Ist der Erwerb auch leichter und gr��er geworden, so sind dagegen die Preise
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wichtiger Lebensbed�rfnisse, wie Fleisch, Brot n. ct., sehr in die H�he gegangen. Die leichte Erreichbarkeit der Gen�sse, die heutzutage der be-queme Verkehr gestattet, und das Beispiel des verlockenden �ppigen Lebens in den Gro�st�dten und in den B�dern bef�rdern die Sucht nach Ver-gn�gungen und den Lebensgenu� auch in den kleinen St�dten und selbst auf dem Lande. Daher geschieht es oft. da� die Ausgaben die Einnahmen �bersteigen, leichtsinnig Schulden gemacht, Betr�gereien ver�bt werden und wirtschaftlicher wie moralischer Zusammenbruch sich einstellt. Der leichtere und reichlichere Erwerb f�hrt auch leicht zu Prunk und Luxus und der Prunk wiederum zur Sucht, �den Feinen und Vornehmen zu spielen". Der Schein unterdr�ckt mehr und mehr die Gediegenheit. Materielle Interessen herrschen vor. Das Streben reich zu werden hat die K�pfe erfa�t und die Unredlichkeit als Gehilfin sich zugesellt. Das �ffentliche Leben wird durch r�cksichtslose Jnteressenpolitik zersetzt. Ha� und Neid sch�digen den gesellschaftlichen Frieden und verf�hren rohe Gewaltmenschen, die von wahnwitzigen oder unklaren sozialistischen Ideen erf�llt sind, zu Verbrechen. Das allgemeine Hasten und Rennen nach �dem goldenen Ziel" fordert lediglich die Kr�fte des Verstandes heraus. So ist die Bildung mehr eine solche des Kopfes als des Herzens geworden. Gegenw�rtig scheint man sich endlich nach der eingetretenen Leere des Herzens auf den Idealismus, auf das deutsche Gem�t und seine Pflege besinnen zu wollen. Das moderne Bildungsstreben hat aber auch der Halb-bildung, der Uugr�ndlichkeit und dem vorlauten Aburteilen Vorschub geleistet, die akademischen Berufsarten �berf�llt und ein geistiges Proletariat erzeugt.
Es ist begreiflich, da� auch das Kunstleben einer solchen Zeit sich dem allgemeinen geistigen Zuge anpa�t. Der fr�here Realismus ent-artete in einen krassen Naturalismus, der freilich seine Wurzeln aus Frankreich zu uns her�berschlug. Aber auch die naturalistischen Dichtungen der Russen, Schweden und Norweger fanden eine zu bereitwillige Auf-n�hme und Nachbildung in Deutschland. Ihre scharf gezeichneten Bilder ans der sozialen Welt, wie sie wirklich ist, gefielen dem trotz aller gro�en �u�eren Erfolge weltschmerzlich angehauchten Kulturmenschen. Das �Milieu" der Dichter und Maler gab mit erschreckender Treue die Natur; Sch�nheit und geistiger Gehalt galten nichts. Sie wollten auch nicht erheben, sondern der Welt im Spiegel ihr Jammergesicht zeigen und verkannten dar�ber die Aufgabe der Kunst. Die �Impressionisten" malen ,,im Freilicht" die Natur � in verschwommenen Farben, die �dekadenten" Dichter schreiben �nat�rlich" bis zur faden Verschwommenheit, und einige geraten �ber die Natur in ihr Gegenteil hinaus. Aber schon bek�mpfte den Naturalismus eine neue Richtung, �der Symbolismus", der in allerdings noch nn-klaren und vielfach auch gek�nstelten Bildern Ideen mehr verh�llt als darstellt. Er macht sich an M�rcheudrameu, putzt die alte Romantik mit einem neuen M�ntelchen auf, aber er scheint auch gleich dem Nebel das kommende Sonnenlicht einer neuen idealistischen Richtung zu verschleiern. Unbeirrt um diese Str�mung schaffen einzelne ��ltere" noch im Stile einer gesunden und plastisch^wirkenden Realistik.
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In der Zeit der Erfindungen, des Materialismus und des rastlosen Kampfes um das Dasein entschwindet dem modernen Menschen der Glaube und der religi�se Sinn, und er w�hnt, auf �Dinge, die ihm nichts ein-bringen, aber wohl Steuern kosten", ohne jeglichen Schaden verzichten zu k�nnen. Um so eifriger sind aber die nicht allzu zahlreichen Getreuen an der Arbeit f�r die Kirche Christi. Katholiken und Protestanten wirken in Selbstlosigkeit f�r die Bekehrung der Heiden. In christlicher Liebe sucht die evangelische Innere Mission alles Verlorene zu retten und zu pflegen. Den verwahrlosten Kindern, den Gefallenen wird geistige und leibliche Speise gereicht, den Kranken durch die Barmherzigkeit opferwilliger Frauen Pflege und Zuspruch gew�hrt; der Gustav-Adolf-Verein sucht in reger T�tigkeit Mittel auszubringen, um den zerstreut wohnenden Glaubensgenossen Schulen und Kirchen zu bauen und Lehrer und Geistliche zu beschaffen; der Evangelische Bund wehrt Angriffe der Gegner ab und f�rdert evangelisches Wesen. Und das tut not in unserer Zeit, wo die katholische Kirche als Siegerin ihr Haupt stolz erhoben hat und gegen das Luthertum ihre Macht entfaltet.
7. Unsere Zukunft. Die Helden der gro�en Zeit sind von dem Schauplatz ihrer Taten abgetreten, aber unentwegt wird die Arbeit an dem Ausbau des Deutschen Reiches fortgesetzt. Ganz Deutschland schaut voll Vertrauen und Hoffnung auf seinen Kaiser, der sich wie sein gro�er Vorfahx Friedrich der Gro�e als ersten Diener seines Staates bekennt und bew�hrt. M�ge ihn Gott beh�ten und sein kraftvolles, hingebendes Wirken f�r das Wohl seines Volkes und Landes segnen!
Wir aber wollen alle zu allen Zeiten unserer Pflichten f�r das Vaterland eingedenk sein. Wohl ist Deutschlands Ansehen jetzt gro� in der Welt. Wohl ist es jetzt eine Ehre, ein Deutscher zu hei�en. Aber der Stolz darf uns nicht verblenden, da� wir die Gefahren nicht sehen. Das Gef�hl der Sicherheit darf unsere Wachsamkeit nicht einschl�fern. Der Genu� unseres Gl�ckes darf unser Pflichtgef�hl nicht l�hmen. Wer sein Volk und Vaterland liebt, der mu� es durch die Tat beweisen. Jeder einzelne mu� besonders in unserer Zeit der Parteinng, G�rung und Unzufriedenheit durch Wachsamkeit, Gemeinsinn, Hingabe an das Vaterland, Gehorsam gegen seine Gesetze, Flei� und Treue im Berufe, Gen�gsamkeit und fromme Sitte im Hanse den Bestand und die Ehre des Reiches sichern helfen gegen alle �u�eren und inneren Feinde. Gott schirme und segne Kaiser und Reich 1
Fragen: Worin besteht das Gl�ck, worin die Gefahr der Gegenwart? � Deutschlands Freunde und Feinde unter den V�lkern! � Wie find wir gegen Osten und Westen gesch�tzt? � Welche Reisen hat der Kaiser unternommen? � Verfolge sie auf der Landkarte! � Warum werden der 27. Januar, 9. und 22. M�rz, 15. Juni, 2. September und 18. Oktober als vaterl�ndische Gedenk-tage in den Schulen gefeiert? � Wie hat Kaiser Wilhelm II. das Volks -leben kennen gelernt? � Wie zeigt er seine landesv�terliche Sorge? � Nenne die Vorteile und die Nachteile des Kulturlebens der Gegenwart! � Was tut vor allem not, damit die Sch�den der Gegenwart gebessert werden? � �Gotthardbahn" von M�ser. � �Kaiser Friedrich III." von Fontane. � �Kaiser Wilhelm H, von Treller.
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84. Stick ouf die neueste Geschichte der oberdeutschen Autturstooten.
1. Frankreich. Auf den im Jahre 1871 gew�hlten und schon 1873 gest�rzten ersten Pr�sidenten der franz�sischen Republik, Thiers :st eme Reihe von Pr�sidenten gefolgt, von denen Mac Mahon der monarchistischen Partei, die sp�teren der ausschlaggebenden republikanischen angeh�rten. Beide Parteien � innerhalb der Monarchisten treten be-sonders die mit der Geistlichkeit verb�ndeten Orlsanisten hervor � be-fehden einander heftig. Wiederholt versuchte die klerikal-rnonarchistische Parte: die Republik zu st�rzen, bisher ohne Erfolg. Unter dem Pr�sidenten Grevy (1877�87) wurde Tunis besetzt, Dongking erobert und mit China Anams wegen Krieg gef�hrt. Die Revanchelust fand durch den gegen Deutschland den S�bel rasselnden Kriegsminister Boulanger �bergro�e Nahrung; Europa erlebte damals das widerliche Schauspiel einer Fremden-, besonders Deutschenhetze in dem an der Spitze der Zivilisation marschierenden Frankreich. Der Nachfolger Grevys, Carnot, wurde 1894 von einem Anarchisten erdolcht. Nach dem pl�tzlichen Tode des russenfreundlichen Fanre �bernahm 1899 Loubet. und nach ihm 1906 Fallieres die Pr�sidentschaft. Die sittliche Verkommenheit in der franz�sischen Heeres- und Staatsverwaltung deckten mehrere �ffentliche Skandalprozesse auf, unter ihnen in letzter Zeit besonders der Drsyfus-Handel.. Ein enges B�ndnis mit Ru�land und England richtet seine Spitze gegen den Dreibund, denn der Deutschenha� ist nicht geschwunden, wenn auch die ritterliche und vers�hnende Art, die Kaiser Wilhelm II. bei jeder Gelegenheit gegen Frankreich zeigt, nicht ohne Eindruck auf die Franzosen geblieben ist und gleiche politische und wirtschaftliche Interessen zuzeiten ein Zusammengehen beider Staaten erfordern. In den letzten Jahren hat Frankreich immer mehr seinen Einflu� auf das zerr�ttete Kaiserreich Marokko ausgedehnt. Im Innern hat sich die Tren-nnng von Staat und Kirche und die Verweltlichunq der Volksschulen vollzogen.
2. Ru�land. Alexander II. (1855�1881) (s. S. 408) mu�te sich den Bestimmungen des Pariser Friedens (1856) f�gen, die Ru�lands Machtentwickelung im Schwarzen Meere hemmten. 1877 nahm er sich in einem Aufstande Serbiens und Montenegros gegen die T�rken (1877) der Serben an und geriet dadurch in einen Krieg mit der Pforte. Ihm gesellte sich Rum�nien zu. Nach tapferen K�mpfen und nach dem Fall des durch Osman Pascha heldenm�tig verteidigten Plewna sah sich die T�rkei 1878 zu dem Frieden von San Stefano (bei Konstantinopel) gezwungen. Da dieser Friedensschlu� fast den ganzen Besitzstand der europ�ischen T�rkei zugunsten Ru�lands zu vernichten drohte, trat England gegen Ru�land auf, und es wurden auf dem Berliner Kongre� (1878) durch Deutschlands Vermitteluug die orientalischen Angelegenheiten geordnet. Ru�land erhielt Bessarabien, Kars und Batnm, Rum�nien die Dobrudscha; Serbien und Rum�nien wurden unabh�ngige Staaten
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und Bulgarien ein eigenes F�rstentum unter t�rkischer Oberhoheit. Bosnien und die Herzegowina wurden von �sterreich besetzt. England nahm Cypern in seine Verwaltung. Alexander II. wurde 1881 nach f�nf vorausgegangenen Mordversuchen durch ein Attentat der Nihilisten gr��lich ermordet. Die Nihilisten sind eine revolution�re Partei, die die bestehende Gesellschafts- und Staatsordnung mit allen gewaltt�tigen Mitteln bek�mpft und Ru�lands Machthaber mit Dynamit, Gift und Dolch be-fettigen will. Diese bis in die h�chsten St�nde gehende Bewegung ist hervorgerufen durch die unhaltbaren inneren Zust�nde Ru�lands: durch die Sittenverderbnis aller St�nde, Bestechlichkeit des Beamtentums, die politische Unselbst�ndigkeit des ganzen Volkes und die schlechte Lage des Bauernstandes. Auch Alexanders II. Sohn und Nachfolger, Alexander III., wurde mehrmals von ihren Attentaten bedroht. Er neigte sehr stark zu Frankreich, das seinerseits dem Zaren liebedienerisch schmeichelte, war aber friedlich gesinnt und huldigte vor allem dem Panslawismns, der eine Vereinigung aller Slawen unter Ru�lands Fahnen erstrebt. Als er 1894 starb, folgte sein 26j�hriger Sohn Nikolaus II. Dieser ist ebensowenig wie sein Vater gewillt, durchgreifende Reformen im Innern vorzunehmen und das russische Zarentum dem modernen Konstitutionalismus anzupassen. In China lie� er 1898 Port Arthur besetzen. In j�ngster Zeit machte er viel von sich reden durch seine Friedensbestrebungen, die einem sch�nen, aber nie zu verwirklichenden Ziele nachgehen: der kriegerischen Abr�stung der Nationen und der Schaffung des Weltfriedens. Auf seine Veranlassung entsandten fast alle Staaten ihre Vertreter nach Haag in Holland zu einer Friedenskonferenz.
Wie wenig die Wirklichkeit solcher Tr�umerei sich anpa�t, sollte er bald selbst erfahren, als er 1904 in den Krieg mit Japan (s. unter 10. Japan) verwickelt wurde. Dieser Krieg hat Ru�land schwere �u�ere Niederlagen und zerr�ttende innere K�mpfe gebracht. W�hrend im fernen Osten die blutigen K�mpfe ansgefochten wurden, erhoben sich ungez�hlte Scharen von Arbeitern in den gro�en St�dten, Tausende von Bauern auf dem Lande und forderten Verbesserung ihrer schlechten Lage und b�rgerliche Freiheit. Die Regierenden gaben die Antwort durch die Bajonette und * die Kugeln der Soldaten, die ganze Haufen Aufst�ndischer niedermetzelten. Die Aufst�ndischen suchten dagegen mit Bomben die gef�rchtetsten Ratgeber des Kaisers aus der Welt zu schaffen. So fiel sein verha�ter Oheim, der Gro�f�rst Sergius, einem solchen Attentate auf einer Fahrt durch die Stra�en Moskaus zum Opfer. �berall erscholl in Ru�land der Ruf nach einer Volksvertretung, die der unf�higen Selbstherrschaft ein Ende machen sollte. Nach einem Erla� des Kaisers (im Sommer 1905) ist nun 1906 eine Volksvertretung, die sogenannte Reichsduma, geschaffen worden. Aber die K�mpfe in der Duma und die fortbestehende selbstherrliche Gewalt des Kaisers haben noch keinen rechten Segen aus der Verfassung reifen lassen. Ein Gef�hl der Befreiung ging durch das Riesenreich, als religi�se Duldung f�r alle Bekenntnisse verk�ndigt wurde. Ties be-wegt waren alle Schichten des Volkes, als im November 1910 sein gro�er Dichter, Philosoph und Bauernfreund Graf Leo Tolstoi starb.
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Durch seine eigenartigen Reformbestrebungen war er mit dem Staate und der Kirche zerfallen. Um so mehr liebte und verehrte ihn das russische Volk.
3. �sterreich-Ungarn. Seit 1848 regiert Kaiser Franz Joseph I. Der Aufstand der Ungarn (f. S. 407) wurde mit russischer Hilfe unter-dr�ckt, die Herrschaft �ber Italien nach schweren K�mpfen (f. S. 408) bis zum Jahre 1859 (f. S. 408), in welchem die Lombardei an das K�nigreich Sardinien abgetreten werden mu�te, behauptet. Nach dem siegreichen d�nischen Kriege, den �sterreich zusammen mit Preu�en f�hrte, und dem ungl�cklichen Kriege von 1866, der ihm die F�hrerschaft in Deutschland und Venetien nahm, ist es von weiteren Kriegen bis heute verschont ge-blieben; nur die Besetzung von Bosnien und der Herzegowina (1878), die ihm durch den Berliner Kongre� zugestanden wurde, kostete noch schwere K�mpfe und Opfer, f�hrte aber 1908 mit deutscher Unterst�tzung zur Besitzergreifung beider L�nder. Die treue deutsche Bundesgenossenschaft bewahrte �sterreich vor einem schweren Kriege mit Ru�land und Serbien. 1867 vollzog sich die Scheidung des Gesamtstaates in zwei Reichsh�lften: �sterreich und Ungarn. Jede H�lfte hat ihre eigene Staatsverfassung; �ber beiden stehen die Zentralregierung in Wien mit dem Kaiser an der Spitze und die Parlamentsaussch�sse f�r gemeinschaftliche Angelegenheiten. �sterreichs Machtstellung nach au�en ist durch den Dreibund (S. 425) wesentlich gest�rkt; Deutschland und �sterreich sind treue Bundesgenossen geworden. Das Innere �sterreichs wird durch die unaufh�rlichen Partei-fehdeu seiner bnntgemischten Bev�lkerung: der Deutschen, Tschechen, Polen, Ruthenen, Kroaten, Slovenen, der Ungarn n. a. St�mme zerw�hlt. Leider verliert in �sterreich das deutsche Element, das dort der Zahl nach das st�rkste ist, immer mehr seinen fr�heren Einflu�; in Ungarn ist es von den Magyaren ganz zur�ckgedr�ngt worden. Schwere Schicksalsschl�ge haben wiederholt den Kaiser und sein Haus getroffen; die schwersten waren der pl�tzliche Tod seines Sohnes, des Kronprinzen Rudolf, und die Er-mordung seiner edlen und geistvollen Gemahlin Elisabeth, einer baye-rischen Prinzessin, durch einen verkommenen Anarchisten in Gens (1898). Welcher Liebe und Verehrung sich der edle greise Kaiser erfreut, das zeigte die Feier seines 60j�hrigen Regierungsjubil�ums. Besonders innig ist sein Verh�ltnis zu unserem Kaiserhause.
4. England. Unter der langen Regierung der K�nigin Viktoria (1837�1901), die 1876 den Titel einer Kaiserin von Indien annahm, hat England seine Weltmachtstellung nicht blo� bewahrt, sondern noch erh�ht. 1842 fa�te es durch den Erwerb von Hongkong festen Fu� in China. Im Bunde mit Frankreich k�mpfte es siegreich gegen Ru�land im Krimkriege (s. S. 408) und gegen China (1858�1860). In Indien, Afghanistan und in seinen afrikanischen Kolonien hatte es wieder-holt heftige und zum Teil langwierige K�mpfe zur Befestigung feiner Macht zu bestehen. In letzter Zeit machte es �gyptens Verwaltung und dessen Herrscher, den Khedive, von sich abh�ngig und unterwarf Birma. In der Faschodafrage triumphierte es �ber Frankreich und verletzte dessen Stolz und Ansehen. In China besetzte es 1899 den Hafen Wei-hai-
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tt)et. Wie seine Seemacht die erste der Welt ist, so �berragt es auch mit seiner Industrie, seinem Handel und Verkehr die �brigen Staaten. Aber seine Staatskunst hat sich keinen Ruhm erworben, denn sie entbehrt der .Lauterkeit. Die Wirren in Irland zeigen, da� der eigene Leib nicht ge--snnd ist. F�rmlich in Verruf kam Englands Politik durch den Krieg mit den s�dafrikanischen Republiken, den seine Habgier und Herrschsucht im Oktober 1899 heraufbeschwor. England wollte keine Freistaaten in S�d-afrika dulden, um seine Herrschaft auch dort allm�chtig zu gestalten, und seine Geldm�nner hatten es darauf abgesehen, Transvaals Goldfelder zu gewinnen. Der R�nkeschmied war der damalige Kolonialminister Chamberlain. Mit der zun�chst bedrohten S�dafrikanischen Re-publik verband sich sofort die Schwesterrepublik, der Oranje-Freistaat, zur Abwehr des frevelhaften Angriffs. Die Engl�nder erfuhren Schlag auf Schlag die schwersten Niederlagen und gerieten in eine schlimme Lage, bis der Marschall Roberts auf dem Kriegsfelde mit �berlegenen Truppen erschien und dem Kriege eine andere Wendung gab. Der Burenf�hrer Cronje mu�te sich im Februar bei Paardeberg mit 3700 Mann ergeben; die englischen Truppen drangen nun vor und besetzten beide Republiken. Nach Roberts Weggang trat der r�cksichtslose Kitchener an seine Stelle.' Auch unter ihm erlitten die Engl�nder wiederholt Schlappen durch die tapferen Buren, die in gr��eren und kleineren Abteilungen im weiten Lande zerstreut k�mpften. Ihre hervorragendsten F�hrer in der letzten Zeit waren Louis Botha, Dewett und Delarey. Der greise Pr�si-dent von Transvaal, Paul Kr�ger, hatte sich schon im Winter 1900 nach Europa eingeschifft, um die Hilfe oder doch die Vermittlung der euro-p�ischen Gro�m�chte anzurufen. Leider hatte er keinen Erfolg. Trotz der grausamen Kriegf�hrung der Engl�nder und der unmenschlichen Be-Handlung der Burenfrauen nnd -kinder fand sich keine Macht, die dem tapferen Volke in seinem Verzweiflungskampfe beigestanden h�tte. Ver-w�stet war sein Land, get�tet waren Tausende, und Tausende siechten in elender Gefangenschaft dahin. Schlie�lich sahen die Burenf�hrer die Un-M�glichkeit ein, sich auf die Dauer gegen die �bermacht zu behaupten, und traten in Friedensunterhandlungen ein. Ende Mai 1902 wurde der Friede geschlossen, der den Burenstaaten ihre bisherige Unabh�ngigkeit nahm. Sie wurden mit den britischen Kolonien: Kapland und Natal zu einer S�d-afrikanischen Union unter Englands Hoheit vereinigt, behielten aber eine gewisse Freiheit der Bewegung. Der Pr�sident Kr�ger starb in Holland, wo er einen Zufluchtsort gefunden hatte. Seine Leiche wurde nach dem Heimatlande gebracht und dort in der Familiengruft beigesetzt. � Nach dem Tode der K�nigin Viktoria im Januar 1901 bestieg ihr �ltester Sohn, der Prinz von Wales, als Eduard VII. den englischen Thron. Er war ein geschickter Politiker, aber kein Freund Deutschlands. Durch seine K�nste wollte er Deutschland �einkreisen", indem er uns die Bundesgenossen zu entfremden suchte. Als ihm das nicht recht gelingen wollte, schlug er freundlichere T�ne an. Die Engl�nder priesen seine 9 j�hrige Regierung als eine glanzvolle und begingen seine Leichenfeier mit unerh�rter Pracht. Ihm folgte auf dem Throne 1910 sein Sohn als
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Georg V. Er stellt sich freundlich zu unserem Kaiserhause, sein Volk aber ist voll Neid und Eifersucht �ber das Wachstum der deutschen Flotte und des deutschen Weltverkehrs; ja viele m�chten zu einem Kriege Hetzen.
5. Italien. Als K�nig Viktor Emannel 1866 aus Napoleons. Hand das �sterreichische Venetien geschenkt bekam, war er Herr der italienischen Halbinsel bis auf einen Rest des Kirchenstaates geworden. 1870 nahm er nach dem Abz�ge der Franzosen auch dieses Gebiet in Besitz und machte Rom zur Hauptstadt des Landes. Ihm folgte 1878 sein Sohn Humbert. Durch den Dreibund (mit Deutschland und �sterreich) gewann Italien erst eine Stellung in Europa, erlitt aber durch seine Niederlagen am Roten Meer im Kampfe mit K�nig Menelik von Abef-finien eine schwere Sch�digung seines Ansehens. Der Handel des Landes ist lebhaft; kunstgewerbliche Industrie bl�ht in der Lombardei und in Florenz; der Ackerbau ist gering. Die hohen Staatsschulden, die Armut der Bev�lkerung und wohl auch die Tr�gheit verhindern eine gedeihliche allgemeine wirtschaftliche Entwicklung. In einigen Ortschaften riefen Not und Hunger Aufst�nde hervor. Erschreckende Zucht- und Gesetzlosigkeit herrscht auf Sizilien unter dem Banne der �Mafia".*) Im Sommer 1900 wurde K�nig Humbert von einem Anarchisten w�hrend eines Festes in Monza ermordet. Ihm folgte sein Sohn Viktor Emannel III. Unter seiner Regierung haben sich Landwirtschaft, Handel und Industrie sehr gehoben, die Staatsfinanzen gebessert. Leider erfuhr S�ditalien eine schwere Heimsuchung durch ein Erdbeben, das Messina g�nzlich zerst�rte. � Dem im Sommer 1903 gestorbenen Papst Leo XIII. ist Pius X. gefolgt. Er f�hrt einen energischen Kampf gegen die Modernisten, die eine Vers�hnung der katholischen Kirche mit der modernen Bildung er-streben. Dabei hat er in der Borrom�ns-Enzyklika durch Verunglimpfung der Reformation und ihrer Anh�nger die Evangelischen tief gekr�nkt und erregt.
6. Spanien. Nach Ferdinands VII. Tode (1833) nahm dessen Witwe Maria Christine als Regentin f�r ihre 3 j�hrige Tochter Jfabella die Z�gel der Regierung in die Hand. Den B�rgerkriegen (f. S. 404) folgten immer wieder neue Aufst�nde. Die junge K�nigin Jsabella verlor durch ihr sittenloses Betragen alle Zuneigung im Lande und wurde 1868 gest�rzt. 1870 wurde dem Herzog Amadeus von Italien, dem zweiten Sohne Viktor Emannels, die Krone �bertragen. Aber schon nach 3 Jahren dankte er ab, weil die R�nke der Parteien seine redlichen Bem�hungen lahm legten. 1874 folgte Jfabellas Sohn, Alfons XII. Seit dessen Tode (1885) f�hrte seine Gemahlin Maria Christine von �sterreich f�r ihren 1886 geborenen Sohn Alfons XIII. bis 1902 die Regierung. 1902 ist der sechzehnj�hrige K�nig m�ndig geworden und hat die Re-gierung angetreten. Durch seine inneren Wirren, den Mangel an gewerb-licher und geistiger Regsamkeit und seine finanzielle Bedr�ngnis geht Spanien immer mehr zur�ck; durch den Krieg mit Amerika hat es seine
*) Die Mafia ist ein Geheimbund, der die Verbrechen feiner Mitglieder beg�nstigt und die Verbrecher gegen Polizei und Gericht sch�tzt.
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letzten Kolonien von Bedeutung verloren. Seine K�mpfe in Marokko haben viele Opfer gekostet, aber wenig Gewinn gebracht. �
In Portugal wurde 1908 der K�nig und der Kronprinz von Ver-schw�rern erschossen und der jugendliche Manuel II. K�nig. Aber schon 1910 hat ihn das Volk durch eine Revolution vertrieben und das Land zur Republik gemacht. Die Jesuiten und viele M�nche sind des Landes verwiesen. Unruhen und Unzufriedenheit dauern fort.
7. Die T�rkei. Seit langem war die ehemals so m�chtige �Hohe Pforte" im starken Niedergange begriffen. Die letzten Kriege mit Ru�land haben ihren Besitzstand in Europa sehr geschm�lert. Selbst der letzte sieg-reiche Krieg 1907 mit Griechenland hat ihr die Insel Kreta nur noch mit dem Schein der Oberherrlichkeit gelassen. 1908 gingen Bosnien und die Herzegowina an �sterreich verloren. In Bulgarien rief sich F�rst Ferdinand zum Zaren aus und machte sich von der t�rkischen Oberhoheit frei. Inzwischen erzwang die tatkr�ftige Partei der Jungt�rken den Erla� einer Verfassung. Als der Sultan Abdul Hamid II. mit den Altt�rken und der Geistlichkeit die neue Ordnung durch einen Aufstand beseitigen mollte, wurde er von der Nationalversammlung abgesetzt und sein Bruder Mohammed V. zum Sultan und Kalifen eingesetzt. Die neue Regierung sucht die verrotteten Zust�nde zu bessern und hat wenigstens das Heerwesen mit Hilfe deutscher Offiziere zeitgem�� umgestaltet. Doch die Finanzen sind nach wie vor zerr�ttet und die Steuern den Staats-gl�ubigern verpf�ndet. Das ganze Staatswesen krankt an der Hab-gier und Bestechlichkeit der h�heren Beamten, besonders in den Pro-vinzen, und an der gegenseitigen Befehdung der Bewohner, die nach Abstammung und Religion ganz verschieden sind. Der Handel liegt in den H�nden der Ausl�nder; Industrie und Landwirtschaft sind nur schwach entwickelt.
8. Griechenland. 1862 wurde K�nig Otto (f. S. 404), der sich keine feste Stellung in den unaufh�rlichen Parteik�mpfen verschaffen konnte, abgesetzt und 1863 ein d�nischer Prinz als Georg I. zum K�nige gew�hlt. Griechenland erhielt 1881 durch die Berliner Konferenz von der T�rkei einen Teil von Epirus und fast ganz Thesfalien. Der letzte Krieg gegen die T�rken brachte die verdienten Niederlagen und gef�hrdete stark die d�nische Dynastie. Das Land kommt durch die inneren K�mpfe zu keiner Ruhe; Minister kommen und gehen. Seine �berschuldung hat es nahe an den Staatsbankrott gebracht.
9. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Nach dem Ab-gange Johnsons (s. S. 409), unter dem das sp�ter als goldreich ent-deckte Alaska den Russen abgekauft worden war, nahm Grant 1879 den Pr�sidentensitz ein. Er beg�nstigte die republikanische Partei auf Kosten der demokratischen, lie� die Besetzung der �ffentlichen Stellen durch die Anh�nger jener Partei und die Ausnutzung der eingef�hrten Schutzz�lle zu pers�nlicher Bereicherung zu. Unter seinen Nachfolgern wurde G arfield 1881 durch einen abgewiesenen Stellenj�ger t�dlich verwundet. Seit 1884 l�sten republikanische und demokratische Pr�sidenten einander ab; 1897 wurde der Hauptf�hrer der �u�ersten Schutzz�llner, Mac Kinley, ge-
w�hlt; 1901 wiedergew�hlt, wurde er von einem Anarchisten polnischer Abkunft im September 1901 mit einem Dolche so schwer verwundet, da� er bald darauf starb. An seine Stelle trat dem Gesetze gem�� der bisherige Vizepr�sident Roosevelt. Er war ein energischer, sehr t�chtiger Pr�sident und bek�mpfte besonders die Bestechlichkeit der Beamten und die �Trusts" oder �Ringe", d. h. die Vereinigung von Gesch�ftsleuten zur Erzielung hoher Preise. Der Kleinbetrieb wurde dadurch unm�glich ge-macht. Zu Deutschland und dem Deutschen Kaiser stellte sich der Pr�sident Noosevelt sehr freundlich. Als Prinz Heinrich im Auftrage seines kaiserlichen Bruders Amerika besuchte, da glich seine Reise einem Triumph-zuge. Roosevelt war ein sehr volkst�mlicher Pr�sident. Er war ehrgeizig und tatkr�ftig, hielt feurige Reden, betonte die Machtstellung der Union, bek�mpfte die unehrlichen und geldgierigen Trusts und erfreute sich des gr��ten Ansehens bei den europ�ischen Herrschern. Das alles schmeichelte der Eitelkeit der Yankees. Doch sank sein Ansehen, da er 1909 im Wahlkampfe als Republikaner die Demokratie bek�mpfte. Durch seinen gro�en Jagdzug in Ostafrika und seine Besuche und Reden in europ�ischen Hauptst�dten, so in Paris, London und Berlin, lenkte er fortgesetzt die �ffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Die unter Mac Kinley 1890 eingef�hrten Schutzz�lle haben Amerikas Industrie m�chtig entwickelt. Hand in Hand mit dieser wirtschaftlichen Abfchlie�uug ging und geht noch heute das Bestreben der herrschenden Kreise, Amerika nur f�r die Amerikaner zu erobern, d. h. eine sogenannte allamerikanische Vereinigung herzustellen. Der erste Schritt war der vom Zaune gebrochene Krieg mit Spanien Kubas wegen. Die schamlose Mi�wirtschaft der spanischen Gouverneure hatte 1896 wieder einen Ausstand auf Kuba erregt. Angeblich in rein menschlichem Interesse traten die Vereinigten Staaten f�r die geknechtete Insel ein und erkl�rten, als ihre schroffen Forderungen von Spanien nicht sofort erf�llt wurden, 1898 den Krieg. Nach der Vernichtung der spanischen Flotte vor Santiago wurde der Krieg bald durch die Ein-n�hme Kubas und Portorikos beendet. Kuba erhielt seine Unabh�ngig-feit, aber unter der Aufsicht der Amerikaner. Portoriko ging in deren Besitz �ber. Auch die Philippinen mu�te Spanien noch abtreten; die eingeborenen Filipinos wollten jedoch von den Amerikanern nichts wissen und bek�mpften sie. Der Kampf war f�r die Amerikaner nicht leicht und erheischte schwere Opfer. Mit Eifersucht schauen die Amerikaner auf jeden europ�ischen Staat, der seine H�ndel in S�damerika selbst schlich-ten will.
Im 19. Jahrhnndert ist die Entwicklung der Vereinigten Staaten, besonders im Osten, mit Riesenschritten vorw�rts geeilt. Aus den urspr�nglichen 13 Staaten mit 3 Millionen Einwohnern sind jetzt 47 Staaten und 3 Territorien mit 96 Millionen Einwohnern geworden. Viele der allerorten gegr�ndeten St�dte sind in wenigen Jahren zu gro�en Handels- und Jndustriepl�tzen herangewachsen. Die Unternehmnngs-tust und der Erfindergeist der Amerikaner machen selbst das, was un� m�glich scheint, m�glich. Der jetzige Pr�sident ist der Republikaner William Taft.
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10. Japan. Erst in der Mitte dieses Jahrhunderts �ffnete Japan seine H�fen den ausl�ndischen Schiffen und trat durch Handelsvertr�ge mit den europ�ischen M�chten in n�here Ber�hrung. Es dauerte kaum ein Jahrzehnt, so war die europ�ische Kultur durch die Beg�nstigung des Mikados (Titel des Kaisers von Japan) siegreich eingedrungen Der Japaner lernte schnell von dem Europ�er in Japan und noch besser auf seinen Reisen und durch seine Studien in Europa selbst. Eisenbahnen, Schulen aller Art, Heer, Flotte, Maschinen, alles wurde nach europ�ischen Mustern eingerichtet. Die Folge war ein gro�er Aufschwung des Handels und der Industrie. Aber Japan benutzte die fremde Kultur nur so lange, als es sie brauchte. Jetzt ist es selbst�ndig geworden, sucht alles, was es braucht, selbst zu erzeugen und hat einen Platz in der Reihe der Kulturstaaten eingenommen. Die Kriege mit China 1894 und 1900 offenbarten zuerst Japans Leistungsf�higkeit, vor allem seine milit�rische Schlagfertigkeit. Der chinesische Kolo� fiel 1894 beim ersten Sto�e und bat bald um Frieden. Japan mu�te sich mit der Insel Formosa begn�gen, denn weitere gr��ere Gebietsabtretungen vereitelte die Einmischung eifers�chtiger europ�ischer Staaten, in erster Linie Ru�lands.
Aber Japans wirtschaftliche Entwicklung, die es naturgem�� in enge Beziehung mit dem gegen�berliegenden Festlande, namentlich mit Korea, brachte, verlangte, da� es dort seine Interessen kr�ftig wahre. Dem stand Ru�lands Haltung in Ostasien entgegen. Immer weiter waren die Russen hier vorgedrungen, hatten die chinesische Mandschurei besetzt und suchten auch Korea in russische Abh�ngigkeit zu bringen. Japan erhob dagegen in Petersburg lebhafte Vorstellungen. Als es aber monatelang hin-gezogen wurde, erkl�rte es im Februar 1904 den Krieg. Schon kurz vor der f�rmlichen Kriegserkl�rung hatten die Japaner einen teilweise erfolg-reichen Angriff auf das russische Geschwader bei Port Arthur gemacht. In raschen Schl�gen wurde die russische Flotte in Asien von dem Admiral Togo fast ganz vernichtet und Japans �bergewicht zur See � aller-dings unter empfindlicher Einbu�e an Schiffen und Mannschaften � be-hanptet. Auch zu Lande schlugen die Japaner unter F�hrung der aus-gezeichneten Generale Kuroki, Oku und Nodzn verm�ge ihrer strategischen und taktischen �berlegenheit die Russen in m�rderischen kleinen nnd gro�en Schlachten, und ihre vereinigten Armeen unter dem Marschall Oyama dr�ngten das russische Heer unter General Knropatkin nach den gewaltigen K�mpfen bei Lianjang und Mnkden bis hinter Mnkden zur�ck. Das stark befestigte Port Arthur ergab sich nach mehrmonatlicher Belagerung dem General Nogi. Diese Belagerung hatte vornehmlich die unvergleichliche Tapferkeit und Todesverachtung der Japaner gezeigt. Trotz aller schweren Niederlagen setzte Ru�land den Krieg fort, selbst als die gro�e baltische Flotte unter AdmiralRoschdjestwenskij bei Tsnschima in der Koreastra�e (am 27. Mai 1905) von Togo vernichtet worden war und damit die Hoffnung auf eine Wendung der Kriegslage schwinden mu�te. Da gelang es dem Pr�sidenten der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Ro o sevelt, die beiden Gegner zur Beschickung einer Friedens-konferenz in Portsmonth (in den Vereinigten Staaten) zu bestimmen.
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Nach mehrw�chigen Verhandlungen wurde der Friedensvertrag am 5. Sep-tember 1905 unterzeichnet. Das siegreiche Japan hatte nur einen Teil seiner Forderungen durchsetzen k�nnen. Ru�land trat Port Arthur und die s�dliche H�lfte der Insel Sachalin ab, au�erdem erhielt Japan die Oberhoheit �ber Korea, das 1910 einverleibt wurde, und die Eisen-bahn im s�dlichen Teil der chinesischen Mandschurei. Mit England schlo� es ein enges B�ndnis zum gegenseitigen Schutze ihrer Interessen in Asien.
Fragen: Wie zeigt sich das Kulturleben in den einzelnen Kulturstaaten? � Wodurch wird der Niedergang mancher Staaten bewirkt? � Welche Wirkung hat ber_ Dreibund auf Europa? � Welche Gefahren drohen Deutschland von Frankreich, Ru�land, England und den Vereinigten Staaten? � Wo liegen die Brennpunkte k�nftiger Verwickelungen? �
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Zeittafel.
I. JUfe Geschichte (bis 375 nach Khristo).
Das antike oder klassische Weltalter�
Von den �ltesten Zeiten bis zur V�lkerwanderung.
I. Periode (3000-500 v. Chr.) II. Periode (500�323 v. Chr.).
Das orientalische Zeitalter. Das griechische Zeitalter.
Von den �ltesten Zeiten bis zu | Von den Perserkriegen bis zu den Perserkriegen. | Alexanders Tode.
v. Chr. .. b. Chr.
3000 Menes in �gypten. 490 Schlacht bei Marathon. Koriolan
2000 Abraham. Die Hyksos. in Rom.
1300 Moses. Einwanderer in Griechen-1 480 K�mpfe bei Thermopyl� und Sa-
land. lamis.
1350 Ramses II. (Sesostris.) 479 Schlachten bei Plat�a und Mykale.
1250 Argonautenzug. Rhampsinit. ' 469 Schlacht am Enrymedon.
1194�1184 Der trojanische Krieg. 450 Decemvirn und Zw�lftafelgesetz in 1100�1000 Hiram. David. Zoroaster.; Rom.
Kodrus. Homer. 431�404 Peloponnesifcher Krieg.
955 Teilung des israelitischen Reiches.; 429 Perikles f.
850 Gr�ndung Karthagos. i 421 Friede des Nikias.
820 Lykurg. 415 Zug nach Sizilien.
776 Anfang der Olympiadenrechnung. 410 Schlacht bei Kyzikns.
753 Gr�ndung Roms. Prophet Je- j 405 Schlacht bei Aegospotamos.
saja. i 399 Sokrates t-
722 Untergang des Reiches Israel. 390 Die Gallier in Rom.
600 Nebukadnezar. Necho. Manu. ; 387 Antalkidischer Friede.
Buddha. Jofias. i 379 Thebens Befreiung.
594 Solons Gesetzgebung zu Athen. : 371 Schlacht bei Leuktra.
586 Untergang des Reiches Inda. 362 Schlacht bei Mautinea.
338 Schlacht bei Ch�ronea.
558�529 Cyrus von Persien.
536 R�ckkehr der Juden ans dem 336�323 Alexander der Gro�e.
334 Schlacht am Grauikus.
525 Kambyses besiegt Psammenit bei 333 Schlacht bei Jffus.
Pelusium. 332 Tyrns zerst�rt. Alexandria ge-
521�485 Darius Hystaspis K�nig von gegr�ndet.
Persien. 331 Schlacht bei Arbela und Gangamela.
510 Vertreibung der Pisistratiden aus! 327 Zug nach Indien
Athen, der K�nige aus Rom. 323�301 Diadochen- (d. i. Nachfolger-) 500 Aufstand der ionifchen Griechen i K�mpfe.
in Kleinasien. I 301 Schlacht bei Jpsus.
Po lack, Geschichtsbilder. 20. Aufl. SluSg. A. 30Georg-Eckeii-lnstitut
f�r internationale Schulbuchforschung
Braunschweig Schulbuchbibliothek
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III. Periode (323 v. Chr. bis 375 n. Chr.) Das r�mische Zeitalter.
Von Alexanders Tode bis zur V�lkerwanderung.
v. Chr.
300 Rechtsgleichheit der Plebejer und
Patrizier in Rom hergestellt. 290 Unterwerfung der Samniter. 275 Pyrrhus' Niederlage bei Bene-ventum.
264�241 Erster panischer Krieg.
255 Regulus bei Tunes geschlagen. 241 Schlacht bei den �gatischen Inseln. 222 Roms Herrschaft �ber ganz Italien.
218�201 Zweiter punischer Krieg.
218 Schlachten am Ticiuus und an der Trebia.
217 Schlacht am Trasimenischen See.
216 Schlacht bei Cann�.
212 Eroberung von Syrakus.
202 Schlacht bei Zama,
197 Schlacht bei Kynoskephal�.
190 Schlacht bei Magnesia.
183 Hannibal f. Scipio f. Philo-
p�men (griech. Feldherr) f. 168 Schlacht bei Pydna.
I v, Chr.
: 146 Zerst�rung von Karthago und Korinth.
133 Numautia. Die Gracchen. Atta-
lus von Pergamon t-112�105 Der Jngurthinische Krieg. 102 Schlacht bei Aqua Sextia. 101 Schlacht bei Vercell�. 88 Mithridates. Marius und Sulla. 78 Sulla f.
63 Verschw�rung des Katilina. 60 Erstes Triumvirat.
58 C�sar in Gallien. Ariovist. 48 Schlacht bei Pharsalus.
44 Casars Ermordung.
43 Zweites Triumvirat. 42 Doppelschlacht bei Philippi. 31 Schlacht bei Actium.
9 Drusus' Z�ge in Deutschland.
n. Chr.
9 Hermannsschlacht im Teutoburger
Walde.
14 Augustus f.
14�37 Kaiser Tiberius.
64 Christenverfolgung unter Nero. 70 Zerst�rung Jerusalems.
306�337 Konstantin der Gro�e. 325 Konzil zu Nic�a.
II. Aas Mittelalter (375 bis 1517). Das christlich-germanische Meltalter.
Von der V�lkerwanderung bis zur Reformation.
I. Periode (375�768). 452 Attila in Italien. Venedig ge-
gr�ndet.
Zeitalter der G�rung, der Staaten- 455 Geiserich pl�ndert Rom.
und �irchenbildung. 476 Untergang des westr�mischen
I Reiches.
Von der V�lkerwanderung bis j 486 Schlacht bei Soissons. Chlodwig, zu Karl dem Gro�en. ! 493 Schlacht bei Verona. Theoderich.
496 Schlacht bei Z�lpich. (?) 375 Anfang der V�lkerwanderung. 507 Schlacht bei Voullou
Hunnen. 511 Chlodwig f.
378 Schlacht bei Adrianopel. j 534 Untergang des Vandalenreiches.
395 Teilung des Reiches. Theodofms.' 555 Untergang des Ostgotenreiches. 410 Alarich in Rom. 568 Gr�ndung des Langobarden-
419 Gr�ndung des Westgotenreiches. reiches.
429 Vandalen in Nordafrika. j 622 Hedschra. Islam.
444 Attila in Ungarn. 1 711 Schlacht bei Xeres de la Frontera.
449 Angeln und Sachsen in Britannien., 732 Schlacht bei Tours und Poitiers. 451 Schlacht auf den Katalaunischen 751 Pippins Kr�nung.
Feldern (bei Trohes). j 754 Bonifatius' Tod.
II. Periode (768-1273).
Zeitalter der K�mpfe zwischen Kaiser-und Papsttum.
Von Karl dem Gro�en bis Rudolf von Habsburg.
768�814 Karl der Gro�e.
772�804 Die Sachsenkriege. 800 Kaiserkr�nung in Rom.
814�840 Ludwig der Fromme.
827 Egbert in England.
843 Vertrag von Verdun.
843�911 Die Karolinger in Deutschland.
901 Alfred der Gro�e von England t-911�918 Konrad I. von Franken.
919-1034 Die s�chsischen
Kaiser.
919�936 Heinrich I.
933 Schlacht bei Riade.
936-973 Otto I.
955 Schlacht auf dem Sech selbe.
962 Kaiserkr�nung in Rom.
973�983 Otto II.
983�1002 Otto III.
987 Hugo Kapet in Frankreich.
1002-1024 Heinrich II., d. Heilige.
1034-1135 Die salisch-sriinki-
schen Kaiser.
1024-1039 Konrad II. v. Franken.
1039�1056 Heinrich III., der Schwarze.
1054 Trennung der griechischen und
r�mischen Kirche.
1056-1106 Heinrich IT. 1066 Schlacht bei Hastings, Wilhelm
der Eroberer.
1077 Bu�e Heinrich IY. in Kanossa.
Gregor VII.
1096�1099 Erster Kreuzzug. 1099 Eroberung Jerusalems. 1106-1125 Heinrich V.
1125�1137 Lothar von Sachsen. 1134 Alb recht der^B�r in der Nordmark.
1138�1354 Die staufischen
Kaiser.
1138-1152 Konrad III.
1152-1190 Friedrich I., Barbarossa.
1176 Schlacht bei Legnano,
1177 Waffenstillstand zu Venedig.
1190�1197 Heinrich VI. 1198�1208 Philipp von Schwaben. 1198-1215 Otto IV., Papst Jnno-
renz III.
1215�1250 Friedrich III. j 1216 Johann ohne Land u. die Magna
Charta in England. I 1241 Mongolenschlacht bei Wahlstatt, Hansa.
1250�1254 Konrad IV.
1356�1373 Das Interregnum.
1268 Konradins Hinrichtung. | 1282 Sizilianische Vesper.
j 1291 Ende der Kreuzz�ge.
III. Periode (1273-1517).
Zeitalter des f�rstlichen Machtstrebens, der St�dte Entwickelung und der Entdeckungen.
Bon Rudolf von Habsburg bis zur Reformation.
| 1273�1291 Rudolf von Habsburg.
1278 Schlacht auf dem Marchfelde und bei Frohse.
1292-1298 Adolf von Nassau. 1298-1308 Albrecht I. von �sterreich.
1308 (?) Befreiung der Schweizer. Otto mit dem Pfeil f.
1308�1313 Heinrich VII. v. Luxemburg.
1313 Philipp der Sch�ne von Frankreich verbrennt die Templer.
1314�1347 Ludwig der Bayer.
1315 Schlacht bei Morgarten.
1322 Schlacht bei M�hldorf oder
Ampfiug.
1338 Kurverein von Rense. 1340 Erfindung des Schie�pulvers. 1346 Schlacht bei Crecy.
1347-1378 Karl IV.
1348 Universit�t zu Prag.
1351 Der falsche Waldemar.
1356 Die goldene Bulle. 1373 Erwerbung der Mark Branden-b�rg.
1378-1400 Wenzel.
1380 Wiclef.
1386 Schlacht bei SeM ach. 1400�1410 Ruprecht von der Pfalz.
1410 Schlacht bei Tannenberg zwischen Polen und deutschen Rittern.
30*
468 �
1410�1437 Sigismund.
1415 Konzil zu Konstanz. Hus. Fried-rief) I. von Hohenzollern in Brandenburg. Schlacht bei Azincourt.
1431 Schlacht bei Taus. Jungfrau von Orleans t-
1433 Die Prager (auch Baseler) Kom-paktaten.
1438�1806 Die Habsburgischen Kaiser.
1488�1439 Albrecht II.
1440�1493 Friedrich III.
1440 Friedrich von Hohenzollern f.
1440 Buchdruckerkunst.
1453 Eroberung Konstantinopels. 1477 Karl der K�hne f bei Nancy. 1483 Luther geboren.
1486 Kap der guten Hoffnung ent-deckt.
1492 Entdeckung Amerikas.
1493�1519 Maximilian I.
1498 Entdeckung des Seewegs nach Indien.
1499 Joachim I. von Brandenburg.
1500 Kabrai entdeckt Brasilien.
1519 Korlez in Mexiko. Magelhaens. 1531 Pizzarro in Peru.
III. Die Weuzeit (1517 �is zur Gegenwart). Das protestantische Zveltalter.
I. Periode (1517�1648)* Zeitalter der Reformation.
Vom Anfang der Reformation bis zum Westf�lischen Frieden.
1519�155G Kaiser Karl Y.
1517 Die 95 S�tze gegen den Abla�.
1518 Luther vor Kajetan in Augsburg.
1519 Disputation in Leipzig.
1520 Verbrennung der Bannbulle. Stockholmer Blutbad.
1521 Reichstag zu Worms.
1525 Schlachten bei Pavia und bei Frankenhausen. Friedrich der Weise +. Preu�en ein lutherisches Herzogtum. Luther heiratet Katharina von Bora.
1527 Reichstag zu Wester�s.
1529 Reichstag zu Speier. Name Pro-testanten. Katechismus.
1530 Reichstag zu Augsburg und Augsburgische Konfession.
1531 Schmalkaldischer Bund.
1532 N�rnberger Religionsfrieden
1534 Wiedert�ufer in M�nster. Bibel.
1535 Heinrich VIII. reformiert in England.
1535 Joachim II. n. Hans von K�strin.
1539 Joachim II. von Brandenburg evangelisch.
1540 Jesuitenorden gegr�ndet.
1545�1563 Tridentiner Konzil.
1546 Luthers Tod.
1547 Schlacht bei M�hlberg.
1552 Passauer Vertrag.
1555 Religionsfrieden zu Augsburg.
1556�1564 Ferdinand I.
1558 Elisabeth von England.
1560 Melanchthon f. Gustav Wasa f.
1564�1576 Maximilian II.
1566 Geusenbund.
1572 Pariser Bluthochzeit.
1576-1612 Rudolf II.
1581 Befreiung der Niederlande.
1587 Maria Stuart f.
1590 Schlacht bei Jvry.
1598 Edikt von Nantes.
1603 Elisabeth von England f.
1610 Heinrich IV. von Frankreich f.
1612-1619 Matthias.
1614 Vertrag von Xanten.
1618�1648 Der 30 j�hrige Krieg.
1619-1637 Ferdinand II.
1620 Schlacht auf dem Wei�en Berge bei Prag.
1626 Schlacht bei Lutter am Barenberge.
1629 Restitutionsedikt.
1630 Gustav Adolf landet.
1631 Zerst�rung Magdeburgs. Schlacht bei Breitenfeld.
1632 Schlacht bei L�tzen. Gustav Adolf f.
1634 Wallenstein f. Schlacht bei N�rd-lingen.
1635 Friede zu Prag.
1637�1657 Ferdinand III.
1648 Friede zu M�nster und Osnabr�ck.
II. Periode (1648�1786).
Zeitalter gro�er Monarchen.
Vom Westf�lischen Frieden bis
zum Tode Friedrichs des Gro�en.
1649 K�nig Karl I. von England hingerichtet. Protektor Cromwell.
1640�1688 Der Gro�e Kurf�rst Friedrich Wilhelm von Bran-denburg.
1658�1705 Kaiser Leopold I.
1643�1715 Ludwig XIV. von Frankreich.
1660 Friede zu Oliva.
1675 Schlacht bei Fehrbellin.
1681 Raub Stra�burgs.
1683 Belagerung Wiens.
1685 Edikt von Nantes aufgehoben.
1688 Die zweite englische Revolution. Wilhelm von Dramen besteigt den Thron.
1697 Ende der franz�sischen Raubkriege durch den Frieden zu Ryswick.
1701�1714 Spanischer Erbfolgekrieg.
1704 Schlacht bei K�chstedt.
1688�1713 Friedrich I., K�nig in Preu�en.
1701 Preu�en zum K�nigreich erhoben.
1689-1725 Zar Peter der Gro�e von Ru�land.
1697 -1718 KarlXII. von Schweden.
1700�1721 Der gro�e nordische Krieg.
1700 Schlacht bei Narwa.
1709 Schlacht bei Pultawa.
1705�1711 Kaiser Joseph I.
1711-1740 Kaiser Karl VI.
1713�1740 Friedrich Wilhelm I. von Preu�en.
1714 Das Haus Hannover besteigt den englischen Thron.
1740�1786 Friedrich II., der Gro�e.
1740�1742 Der erste schlesische Krieg.
1741 Schlacht bei Mollwitz.
1742 Schlachten bei Ezaslau und Chotusitz.
1742�1745 Kaiser Karl VII.
1744�1745 Der zweite schlesische Krieg.
1745 Schlachten bei Hohensriedberg,
Sorr und Kesselsdorf.
1745�1765 Kaiser Franz I.
1756�1763 Der Siebenj�hrige Krieg.
1756 Pirna. Schlacht bei Lobositz.
1757 Schlachten bei Prag, Kollin, Ro�-6 ach und Zeuthen.
1758 Schlachten bei Krefeld, Zorndorf und Hochkirch.
1759 Schlachten bei Kunersdorf, Maxen und Minden.
1760 Schlachten bei Liegnitz n Torgau.
1761 Lager von Buuzelwitz.
1762 Schlachten Bei Burkersdorf und Freiberg.
1763 Hubertusburger Friede.
1765�1790 Kaiser Joseph II.
1772 Erste Teilung Polens.
1779 Friede zu Teschen.
1786�1797 Friedrich Wilhelm II.
von Preu�en.
1793 Zweite Teilung Polens.
1795 Dritte Teilung Polens. Friede zu Basel.
1790�1792 Kaiser Leopold II.
1792�1806 Franz II., letzter (Habs-burgischer) deutscher Kaiser.
III. Periode (1786 bis zur Gegenwart).
Zeitalter der Revolutionen und Nationalk�mpfe�
1775�1783 Befreiungskampf in Nordamerika.
1789 Ausbruch der franz�sischen Re-volution.
1793 K�nig Ludwig XVI. hingerichtet.
1795�1799 Das Direktorium.
1797 Friede zu Campo Formio.
1797�1840 K�nig Friedrich Wilhelm III. von Preu�en.
1798 Schlacht bei den Pyramiden. Abukir.
1799 Napoleon erster Konsul.
1800 Schlacht bei Marengo.
1801 Friede zu L�neville.
1804 Napoleon I., Kaiser von Frankreich.
1805 Dreikaiserschlacht bei Austerlitz.
1806 Franz II. legt die deutsche Krone nieder. Der Rheinbund. Doppel-schlacht bei Jena und Auerst�dt.
1807 Schlachten bei Eylan und Fried-land. Friede zu Tilsit.
1809 Schlachten Bei Aspern und Wagram. Hofer und Schill.
1810 K�nigin Luise f.
1812 Zug nach Ru�land.
1813�1815 Die Befreiungskriege.
1813 Schlachten Bei Gro� - G�rschen, Bautzen, Gr.-Beeren, KatzBach, Dresden, Kulm, Bennewitz, War-tenbnrg, Leipzig, Hanau.
1814 K�mpfe in Frankreich. Einzug in Paris.
1815 Schlachten bei Ligny und Belle-Alliance oder Waterloo.
1817 Jubelfest der Reformation. Union.
1821 Napoleon f auf St. Helena.
1821�1827 Befreiungskampf der Griechen.
1830 Julirevolution in Frankreich.
1831 Leopold I., K�nig der Belgier.
1832 Otto von Bayern, K�nig von Griechenland.
1833 Der Zollverein.
1840�1861 K�nig Friedrich Wilhelm IV. von Preu�en.
1848 Die Revolution.
1850 Vertrag zu Olm�tz.
1852 Napoleon III., Kaiser v. Frankreich.
1853�1855 Der Krimkrieg.
1859 �sterreichisch-italienischer Krieg.
1861 Errichtung des K�nigreichs Italien.
1861�1865 B�rgerkrieg in Nordamerika.
1867 Kaiser Maximilian von Mexiko f.
1861�1888 K�nig Wilhelm I. von Preu�en.
1864 Der D�nische Krieg. D�ppel.
1866 Der Deutsche Krieg. K�niggr�tz.
1870�1871 Der Franz�sische Krieg.
1871 den 18. Januar: Die Kaiserproklamation zu Versailles.
1877�1878 Der Russisch-t�rkische Krieg.
1878 Kongre� und Friede von Berlin. Attentate.
1879 Goldene Hochzeit des Kaisers. 1881 Ermordung Alexanders II. von
Ru�land.
1883 Beginn der Wohlfahrtsgesetzgebung.
1884 Reichsschutz �ber die deutschen Kolonien in Westafrika, Neu-Guinea und Neu-Britannien ausge-sprochen. Afrikanische Konferenz.
1887 Kaiser Wilhelms 90. Geburtstag.
1888 Kaiser Wilhelm I. f.
Kaiser Friedrich III. f.
Kaiser Wilhelms II. Thron-besteignng.
1890 Kaiserin Augusta f. F�rst Bismarck scheidet aus dem Staatsdienst. � Erwerbung Helgolands.
1891 Moltke f- - Alters- und Jnva-lidit�tsversicherungs-Gesetz.
1897 Erwerbung des Hafens Kiautfchou in China.
1898 Bismarck f. � Krieg Spaniens mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
1899 Erwerbung der Karolinen und der gr��eren Samoa-Jnseln.
1900�1901 Feldzug gegen China. 1904-1905 Der Russisch-Japanische Krieg.
Geschichtliche Gedenktage.
Januar: 1: Rhein�bergang 1814. � 2: Wilhelm I. 1861. � 17: Sieg bei Belfort 1871. � 18: Kr�nung Friedrichs I. 1701. � 18: Kaiser und Reich 1871. � 24: Friedrich d. Gr. geb. 1712.
� 27. Kaiser Wilhelm IL geb. 1859. � 28: Paris kapituliert 1871. Februar: 15: Hubertusburger Friede 1763. � 18: Luther t 1546.
M�rz: 9: Kaiser Wilhelm I. f 1888. � 10: K�nigin Luise geb. 1776.
� 17: Aufruf 1813. � 22: Kaiser Wilhelm I. geb. 1797. � 31: Einzug in Paris 1814.
April: 18: Luther in Worms 1521. � 18: D�ppel 1864.
Mai: 6: Prag 1757. � 10 (20): Zerst�rung Magdeburgs 1631.
Juni: 15: Kaiser Friedrich III. f 1888. � 18: Fehrbellin 1675. � Kollin.
1757. � Belle-Alliance 1815. � 25: Augsburgische Konfession 1530. Juli: 3: K�niggr�tz 1866. � 6: Hus -s- 1415. � 9: Friede von Tilsit 1807. � 19: K�nigin Luise f 1810. � 30: F�rst Bismarck f 1898. August: 2: Saarbr�cken- 4: Wei�enburg. 6: W�rth und Spichern. 14: Courcelles. 16: Vionville. 18: Gravelotte 1870. � 23: Gro�beeren. 26: Katzbach. 27: Dresden. 30: Kulm 1813 � 10: Zerst�rung Jerusalems 70. � 12: Kunersdorf 1759. � 25: Zorndorf 1758.
� 15: Napoleon I. geb. 1769.�� 28: Goethe geb. 1749. September: 2: Sedan 1870. � 6: Dennewitz 1813. � 27: Stra�burg erobert 1870.
Oktober: 12: Entdeckung Amerikas 1492. � 14: Hochkirch 1758. � 14: Jena 1806. � 18: Leipzig 1813. � 18: Kaiser Friedrich III. geb. 1831. � 22: Kaiserin Auguste Viktoria geb. 1858. � 27: Metz eingenommen 1870. � 31: Luthers 95 Thesen 1517. November: 5: Ro�bach 1757. - 6 (16): L�tzen 1632.� 10: Luther geb. 1483.
� 10: Schiller geb. 1759.
Dezember: 2: Austerlitz -1805. � 2: Napoleon III. 1851. � 5: Leuthen 1757.
MegententctfeL.
768�814 Karl b. Gro�e. 814�40 Lubwig ber Fromme.
I. Die Karolinger.
843�76 Lubwig ber
Deutsche.
876-87 Karl ber Dicke. 887�99 Arnulf. 900�11 Lubwig b. Kinb.
911�18 Kottrab I. von Franken
II. Die s�chsisch. Kaiser.
919�36 Heinrich I. 936�73 Otto I. 973�83 Otto IL 983�1002 Otto HI. 1002�24 Heinrich II.
III. Die fr�nf. Kaiser.
1024�39 Konrab II. 1039�56 Heinrich III. 1056�1106 Heinrich IV. , 1106�25 Heinrich V.
1125�37 Lothar von Sachsen.
1. Die deutschen Kaiser.
IV. Die staufisch. Kaiser.
(Staufer, Hohenstaufen.) 1138�52 Kottrab III. 1152�90 Friedrich I.,
Barbarossa.
1190�97 Heinrich VI. 1198�1208 Philipp von
Schwaben.
1198�1215 Otto IV. 1215�50 Frtebrtch II. 1250�54 Konrab IV.
1256 1273 Interregnum.
V. Kaiser aus verschiedenen H�usern.
1273�91 Rudolf von
Habsburg.
1292�98 Adolf v.Nassau. 1298�1308 Albrecht I. 1308�13 Heinrich VII. 1314�47 Lubwig ber Bayer.
VI. Die luxemburg. Kaiser.
1347�78 Karl IV. 1378�1400 Wenzel.
1400�10 Ruprecht. 1410�37 Sigismnnb.
VII. Die Habsburg. Kaiser.
1438-39 Albrecht II. 1440-93 Friedrich III. 1493�1519 Maxim. I. 1519-56 Karl V. 1556�64 Ferdinand I. 1564-76 Maximilian II. 1576�1612 Rudolf II. 1612�19 Matthias. 1619�37 Ferdinand II. 1637�57 Ferdinand III. 1658�1705 Leopold I. 1705�11 Joseph I. 1711�40 Karl VI. 1742�45 Karl VII. von
Bayern.
1745�65 Franz I. von Lothringen. (Maria Theresia f 1780.) 1765�90 Joseph IL 1790�92 Leopold IL 1792�1806 Franz E.
VIII. Die Hohenzell. Kaiser.
1871�88 Wilhelm I. 1888 Friedrich III. 1888 Wilhelm IL
2. Die hoheuzollernschen Kurf�rsten von Brandenburg.
1415�40 Friedrich I. 1440�70 Friedrich II. 1470-86 Albrecht
Achilles.
1486�99 Joh. Cicero. 1499�1535 Joachim I.
1535�71 Joachim II. 1571�98 Johann Georg. 1598-1608 Joach. Fried. 1608�19 Johann Sigismund. (1618 Herzog von Preu�en.)
1616�40 Georg Wilhelm. 1640�1688 Der Gro�e Kurf�rst Friedrich Wil-Helm.
1688�1701 Friedrichlll., erster K�nig v. Preu�en.
3. Die K�nige von Greu�en.
1701�13 Friedr. I. (III.)
als K�nig.
1713-40 Friedr. Wilh. I. 1740�86 Friedrich II., der Gro�e.
1786�97 Friedrich Wil- j 1861�1888 Wilhelm I.
Helm II. ' (deutscher Kaiser).
1797�1840 Friedr. Wil- 1888 Friedrich III.
Helm III. 1888 Wilhelm IL 1840�6lFrtet)r.Wilh.IV.
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