— 87 — gar^nichts an; allein weil er einmal durchaus Streit wollte, so schickte er seinen Gesandten nach dem Bade Ems, wo der Köuig von Preußen sich gerade aufhielt, mit dem sonder¬ baren Verlangen, der Köuig solle seinem Vetter die Annahme der spanischen Krone geradezu untersagen. Es war natürlich, daß diese ungebührliche Forderung von dem Könige abgelehnt wurde. Da stellte sich Napoleon verdrossen über König Wil¬ helms feste Haltung und erklärte nnverweilt an Preußen den Krieg. Und „Krieg!" jubelten des Kaisers Freunde und Diener; „Krieg!" lärmten die rohen Menschenhaufen, welche die Straßen von Paris durchzogen: „Tod und Vernichtung den Preußen!" Bis auf wenige nüchterne Menschen schien das Volk wie von einem Taumel ergriffen, Alles träumte und redete nur von Ruhm und Sieg; und mancher prahlte kecklich: „In drei Wochen werden wir bis Berlin spazieren und unsere Adler an den Ufern der Spree aufpflanzen." 2. Deutschlands Erhebung. — Ganz anders war Preußens und Deutschlands Haltung. Der ruchlose Friedens¬ bruch erfüllte das gesamte deutsche Volk mit Ingrimm. Ohne jegliche Ursache wollte der Feind über unsere Grenzen herein¬ brechen, Verheerung und Zerstörung in Deutschlands fried¬ liche Gaue tragen und die schönsten Landstriche vom vater¬ ländischen Boden losreißen. „Nein," riefen alle Deutschen einmütig mit König Wilhelm: „kein Fußbreit deutschen Landes wird hergegeben!" Ein lebendiges Vaterlandsgefühl durchglühte alle Herzen; der Geist der Freiheitskriege wachte auf. Und hehr und gewaltig, vou der Nord- uud Ostsee bis zu den Alpen, flammte die Begeisterung empor für den heiligen Krieg zur Rettung des Vaterlandes. Da gab es keine Trennung mehr zwischen Nord- uud Süddeutschland, da war die Einheit des Vaterlandes in den Herzen des Volkes mit einem Schlage vollbracht. Und als König Wilhelm von Preußen, der Oberbefehlshaber der ge¬ samten deutschen Kriegsmacht, zu deu Waffen rief, eilten nicht bloß seine Preußen und die übrigen Nord¬ deutschen kampfesfreudig herbei, da erhoben sich jubelnd auch die Bayern und Badener und Schwaben und stellten sich schlachteumutig und siegesgewiß unter des Heldengreises bewährte Führung. Durch alle Stände, alle Volksklassen