Friedrich Wilhelm II. 201 zu führen. Die Frauen sind Harpyen, die mehr aus Mangel an Scham, denn aus Mangel an etwas anderem so weit gesunken sind." Selbst Lessina, ein Hauptvertreter der Ausklärung, fühlte sich angeekelt von dem Auskläricht, diesem widrigen Gemisch von Flachheit und Gemeinplätzen, welches in Berlin sich breit machte. Friedrich Wilhelm wollte dies Übel heilen; aber er glaubte dies durch Machtsprüche erreichen zu können, während doch der Hof für das sittliche Leben das schlechteste Beispiel gab. Des Königs einflußreichster Ratgeber in geistlichen Dingen war Wöllner. Anfänglich Prediger, gab er diese Stellung auf, um Er¬ zieher eines jungen Grafen zu werden; er begleitete denselben auf Reisen, während er zugleich eifrig landwirtschaftliche und staatswissenschasiliche Studien trieb. Nach einigen Jahren gelang es dem ehrgeizigen und gewandten Manne, die Schwester seines Zöglings zu heiraten, wodurch er in die höheren Gesellschaftskreise eingeführt wurde. Durch feine Schriften über Land- und Staatswirtschaft lenkte er die Aufmerksamkeit des Königs auf sich, der ihn 1782 berief, dem Thronfolger in diesen Fächern Unterricht zu erteilen. Wöllner wußte den empfänglichen Sinn seines Zöglings ganz für sich gefangen zu nehmen; Friedrich Wilhelm erhob ihn sofort nach seiner Thronbesteigung in den Adelsstand und machte ihn zu seinem vornehmsten Ratgeber in geistlichen Dingen. Neben Wöllner hatte der General von Bischofswerder großen Ein¬ fluß auf den König. Er war Mitglied geheimnisvoller Gesellschaften, welche nach Art der früheren sogenannten Rosenkreuzer angeblich durch Überlieferung tiefer Geheimnisse und durch besondere geistliche Übungen in einem eigentümlichen Verkehr mit der höheren Geisterwelt zu stehen vermeinten.' Durch ein abgemessenes, geheimnisvolles Wesen wußte von Bischofswerder den König ganz für sich zu gewinnen; er soll zu diesem Zwecke selbst Geisterbeschwörungen und andern Spuk nicht verschmäht haben. Auf seine Veranlassung wurde der verdiente Minister von Zedlitz entlassen und Wöllner zum Minister der geistlichen Ange¬ legenheiten ernannt. Bald darauf erschien das von Wöllner verfaßte vielbesprochene Religionsedikt. (1788.) In demselben heißt es unter anderem: manche Geistliche und Lehrer hätten sich in betreff des Lehr- begriffs zügellose Freiheiten erlaubt, leugneten die Grundwahrheiten der christlichen Religion, verbreiteten unter dem Namen Aufklärung längst widerlegte Irrtümer, verfälschten oder verwürfen die Bibel und machten den Leuten den Glauben an die Geheimnisse überhaupt und besonders an das Geheimnis des Erlosungs- und Versöhnungswerkes verdächtig oder überflüssig. Um solchem Unwesen zu steuern, wurde allen Predigern und Lehrern bei Strafe der Amtsentsetzung geboten, jene Irrtümer nicht zu verbreiten, sondern sich streng an den hergebrachten Lehrbegriff der Kirche zu halten. Dem geistlichen Ministerium wurde die strengste Überwachung der Geistlichen und Lehrer zur Pflicht gemacht; zugleich wurde eine Prüfungskommission für die künftigen Geistlichen eingesetzt, deren Mit¬ glieder ausschließlich der strenggläubigen Richtung angehörten. Diese Verordnung erregte überall großes Aufsehen und rief heftigen Widerspruch hervor; und als nun der Minister, um die gegen das Edikt