- 96 — Die Kaiserin Katharina von Rußland stellte von jetzt ab Polen vollständig unter ihre Vormundschaft. Da erwachte der Na¬ tionalgeist der Polen noch einmal; sie fochten unter Kosciusko und Madalinski bei Matschiewitz den Kampf derVerzweiflung(1794). Aber Kosciusko wurde verwundet und als Gefangener fortgeführt. Der russische General Snwarow erstürmte Praga, die Vorstadt von Warschau. 12,000 Einwohner wurden ein Opfer seiner Grau¬ samkeit. Die Sieger teilten den Rest des Landes (1795). — So verschwand der einst ruhmvolle und mächtige Staat durch innere Ent¬ zweiung, Gesetzlosigkeit, Volksunterdrückung und Eroberungssucht der Nachbarn. Stanislaus Poniatowski ging nach Petersburg und lebte hier von einem Gnadengehalt. Kosciusko erlangte bald seine Freiheit wieder; er reiste nach Amerika, lebte dann mehrere Jahre in Frank¬ reich und nahm zuletzt seinen bleibenden Aufenthalt in der Schweiz, woselbst er 1817 starb. Friedrich Wilhelm ii. von Preutzen (1786—1797). Da Friedrich der Große kinderlos gestorben war, so folgte ihm sein Neffe Friedrich Wilhelm II. in der Regierung. Er that viel für die Hebung des Schulwesens. In Berlin errichtete er mehrere Prachtbauten, z. B. das Brandenburger Thor. Unter ihm wurde ein neues Gesetzbuch, das noch heute gültige Landrecht, welches schon unter Friedrich dem Großen ausgearbeitet war, eingeführt. Während seiner Regierung brach die französische Revolution aus. Im Jahre 1792 beteiligte sich Preußen im Bunde mit Österreich und anderen Mächten an dem Kampfe gegen die Republik Frankreich, aber schon 1795 trat es, da die Erfolge gering waren, vom Kampfe zurück und schloß mit Frankreich den Frieden zu Basel. Um diese Zeit wurde Preußen ganz bedeutend durch die zweite und dritte Teilung Polens vergrößert. Eine andere Vergrößerung hatte es im Jahre 1791 erhalten, indem der letzte Markgraf von Ansbach und Baireuth beide Fürstentümer an Preußen abtrat. Obwohl es Friedrich Wilhelm ge¬ lungen war, während seiner kurzen Regierung sein Land um 2000 Quadratmeilen zu vergrößern, so war doch das Staatsschiff bei seinem Tode schon so leck geworden, daß es den hereinbrechenden Stürmen keinen ernstlichen Widerstand zu leisten vermochte.