— 175 — sein Geist in die Wüste. Ganze Tage brachte er in düstern Höhlen und schauerlichen Felsenklüften zu. Dort in stiller Einsamkeit verloren sich seine Gedanken in Grübeleien über Religionszustände. Der Glaube seiner Vater, die Lehren Mosis und Christi gingen an seiner Seele vorüber, aber keine dieser Religionen befriedigte ihn. Den Glauben seines Volkes, welches die erschaffenen Werke als Götter anbetete, erkannte er bald als Thorheit. Die jüdische Religion, die schon längst in Verfall gerathen, erschien ihm zu engherzig und feindselig, und auch die christliche Religion sprach ihn nicht an, weil er in Kleinasien, wo er sie hatte kennen lernen, leider nur heftige Religionsstreitigkeiten der Parteien, aber nicht den Geist der christlichen Liebe und Duldung kennen gelernt hatte. Nun erfüllte ihn der Wunsch, der Stifter einer Religion zu werden, die, wie er meinte, durch die Verschmel¬ zung der drei Hauptreligionen die vollkommenste sein sollte. Einen Anhang verschaffte er sich durch seine große, glühende Beredsamkeit und dadurch, daß er sich für einen Gesandten Gottes erklärte und himmlische Erscheinungen vorgab. Anfangs vergrößerte sich der Kreis seiner Anhänger nur allgemach. Später aber wuchs die Zahl derselben so, daß der Haß die Priester seines Stammes so sehr entflammte, daß sie beschlossen, ihn auszutilgen aus der Zahl der Lebendigen. Als Mohammeds Oheim, AbuThaleb, der ihn erzogen hatte und der, ob er gleich mit ihm nicht eines Sinnes war, nicht aufgehört hatte ihn zu lieben, vernahm, von welcher Gefahr Mohammed bedroht war, be¬ schwor er ihn, von seinem Vorhaben abzulenken. Mohammed aber er¬ widerte ihm unter Thränen, daß er nimmer davon lassen könnte, von dem zu künden, was Allah d. i. Gott zu schauen ihn würdige, und wenn selbst die Sonne zu seiner.Rechten und der Mond zu seiner Linken das Gleiche von ihm verlangen sollten. Demgemäß handelte Mohammed, aber in entsprechender Weise wuchs auch die Gefahr für ihn, und er und seine Anhänger flohen nach der Stadt Jat hr eb (später Mid in a al Nab i, d. i. Stadt des Propheten, genannt). Hier erhob sich auch die erste Moschee oder Tempel. Diese Flucht (Hedschra) hatte Mohammed am 15. Juli 622 ausgeführt, und diesen Tag betrachteten seine Anhänger später als den An¬ fang einer neuen Zeitrechnung. Nie ist eine einfachere Lehre von einem Propheten verkündigt worden, als die des Mohammed war. Sein Glaubensbekenntniß stellt fünf Ar¬ tikel auf: den Glauben an Gott (Allah), an seine Engel und seine Pro¬ pheten (ihnen wurden außer Mohammed auch Adam, Noah, Abra¬ ham, Moses und Christus zugezählt, Mohammed aber als der größte der Propheten bezeichnet), an das jüngste Gericht und an die Vorausbestimmung d. i. der Glaube an eine unabänderlich vorausbe¬ stimmte Nothwendigkeit aller menschlichen Schicksale uud Handlungen. Die Pflichten der Muhammedaner oder Muslemien (Anhänger des Propheten) sind nach dem Koran (d. i. das Buch, in dem seine Anhänger dle Lehre Mohammeds aufgezeichnet haben): tägliches Waschen, Gebet, Fasten zu bestimmter Zeit und Wallfahrt nach Medina und nach der Kaaba zu Mekka. Ergebung, Vertrauen und Dankbarkeit gegen Gott sind die Grundpfeiler der Sittlichkeit. Im Umgange mit Menschen empfiehlt der