176 Erster Zeitraum: 1492—1648. wenig konnte man sich über die von der Geistlichkeit verlangte Verkündigung der Beschlüsse des Trienter Concils (jedoch mit Vorbehalt aller Freiheiten der gallicanischen Kirche) einigen, da der dritte Stand neue Ketzerverfolgungen befürchtete. Dabei zeigte sich die Regierung täglich hülfloser und machte Zugeständnisse nach allen Richtungen, die sich gegenseitig aufhoben. Seit der Ermordung Concini's war der König mit seiner Mutter zer¬ fallen; die Königin verschmerzte es schwer, mit ihrem Günstling allen Einfluß verloren zu haben, und als der Herzog von Luynes bereits 1621 starb, dachte sie an den Bischof von £u$on, den nachmaligen Cardinal Richelieu, der auf dem Reichstage von 1614 aller Augen auf sich gezogen hatte, als er mit großer Entschiedenheit das Recht des katholischen Clerus auf Mitregie¬ rung vertrat und die Verkündigung der Trienter Beschlüsse verlangte. Armand Jean du Plessis, Cardinal und erster Herzog von Richelieu, am 5. September 1585 zu Paris geboren, gehörte einer der ältesten Adels- Familien in Poitou an. Anfangs zum Kriegsdienst bestimmt, trat er in den geistlichen Stand, als der jüngere von seinen Brüdern in ein Kloster ging, dem Bisthum Luyon entsagend und Heinrich IV. dieses ihm verlieh. Der römische Purpur war für ihn nur ein äußeres Gewand, aber durch seine Autorität eine willkommene Unterstützung. Der Kirche gegenüber wahrte er die Rechte des Staates. Die, wenn auch nur kurze, Verwaltung des Amtes eines Staats-Secretärs hatte ihm eine genaue Kenntniß der äußern und innern Verhältnisse Frankreichs verschafft, er hatte die Mängel einer dreizehn¬ jährigen Mißregierung ohne Grundsätze und ohne Kraft durchschaut und die Mittel erwogen, von welchen er Abstellung derselben erwartete. Während die Kraft seines Geistes und Willens ihm seine Stellung gegen zahlreiche, mächtige Gegner sicherte, die 20 Jahre hindurch Alles aufboten, ihn zu stürzen, wußte er dem Könige seine Abhängigkeit von ihm weniger fühlbar zu machen. Er gab sich den Schein, als wenn er nur den Willen und die Befehle des¬ selben ausführe und demselben stets die Entscheidung überlasse, indem er ihm die verschiedenen Entschlüsse, unter welchen man wählen konnte, vor¬ legte, jedoch in solcher Weise, daß er der Wahl die Richtung gab; er fand auch eine bedeutende Stütze in der dem Könige sich aufdrängenden Ueber¬ zeugung, daß kein Anderer als er im Stande sei, die verwickelten Verhält¬ nisse zu lösen, in welche er Frankreich gebracht und vielleicht absichtlich ge¬ bracht hatte, um sich unentbehrlich zu machen. Einzig in der Geschichte ist diese selbstverleugnende Unterordnung eines Königs unter einen Minister, den er niemals liebte, dem er nicht einmal vertrauensvoll entgegenkam. Der Bruder Ludwig's XIII., der Liebling seiner Mutter, Gaston, verschwor sich gegen Richelieu. Wenn dieser Prinz auch weniger gefährlich war, so diente doch sein Name zum Vereinigungspunkt und zur Entschuldigung der Mißvergnügten, deren Plan die Ermordung des Eardinals war. Er ward