302 Zweiter Zeitraum: 1648—1789. Schlöffe und einem kleinen Dorfe bestand. Die freie Lage, die geringe Ent¬ fernung von Paris und die schon vorhandenen Anlagen trugen dazu bei, ihn zu bestimmen, das bereits vorhandeneSchloß weiter auszubauen, welches auch das Hauptgebäude der ganzen Anlagen bleiben sollte. Erst 1710 ward der Bau mit einer Kirche beendet, welche allein über drei Millionen Livres kostete. Das Innere wurde mit verschwenderischer Pracht und mit den Werken der vorzüglichsten französischen Maler damaliger Zeit ausgestattet. Die öde Umgegend wurde in einen ausgedehnten Park umgewandelt, welcher mit zahlreichen marmornen und bronzenen Statuen und Vasen geschmückt wurde; im Dor^LllEL^wurde ein zweites prachtvolles Schloß und ein anderes für die Montespan zu Clagny, nahe bei Versailles, erbaut. Durch die Nähe des Hofes und durch die Begünstigungen, welche der König Baulustigen gewährte, stieg die Bevölkerung von Versailles bald auf 30,000 Menschen. Als Ludwig des Glanzes und des geräuschvollen Treibens in Versailles überdrüssig wurde, wählte er zum Bau eines einfachen, einsamer gelegenen Schlosses das enge Thal bei Marly, welches er durch allmähliches Abstechen der es einschließenden Hügel erweitern und mit großen Kosten durch Wasserlei¬ tungen und Baumpflanzungen in einen Park umgestalten ließ. Auch die Schlöffer von St. Germain, Fontainebleau und Chambord, so wie das Louvre und die Tuilerieen wurden vergrößert und verschönert. Das Selbstgefühl, welches dem Könige das Bewußtsein der Erhabenheit seiner königlichen Würde einflößte, ward noch durch die Schmeicheleien nicht allein der Hofleute, sondern auch der Geschichtschreiber und Dichter erhöht. Corneille hatte schon 1650 in dem Prolog zu seiner Andromeda den Son¬ nengott die Verheißung aussprechen lassen, daß Alexander und Cäjar einst an den W«fl£U- LutzwialL aefesselten Besiegten gleichen würden. Racine erhob 1665 in der an den König ^gmchieten Widmung seines Mäander denselben weit über diesen und nennt ihn den wMsten Kföitig der Erde; in einer akademischen Rede (1685) bezeichnet er seine @efchichte~afi"eine Kette von wunderbaren Thaten, als eine ununterbrochene Reihe von Wundern! Solche Lobpreisungen und die Schmeicheleien, welche in noch stärkerem Maße von den Hofleuten geäußert wurden, mußten den König immer mehr in der Einbildung bestärken, daß er allein der Schöpfer der Macht und Größe Frankreichs, und seine Minister und Feldherren nur die Werkzeuge für die Ausführung seiner Gedanken und seines Willens seien, daß seine Ansichten unfehlbar und daß es ein Verbrechen sei, auch nur eine andere Meinung haben zu wollen. Doch es genügte ihm nicht, daß auch der leiseste Wider¬ spruch gegen seine politischen Grundsätze, gegen die Unumschränktheit der königlichen Macht verstummt war, er wollte auch, daß Niemand in seinem Reiche andere rLli^Lj^VorstMungen hege als diejenigen, welche er für die richtigen hielt, und er begann jede Abweichung von diesen mit größerer Strenge als früher zu verfolgen, seitdem er durch den Einfluß einer Frau,