— 56 — sein. Namentlich die rheinischen Lande schritten rüstig vorwärts: hier lagen auch die leistungsfähigsten und wichtigsten Bistümer. So wurde das Königtum in Sachsen immer fremder. Für Jahrhunderte wurden Schwaben, Franken und die rheinischen Teile von Lothringen der bevorzugte Aufenthalt der Könige. Selbst die Grabstätten be¬ zeugen die Wandlungen des Reiches. Heinrich I. und Otto I ruhten im heimischen Sachsen, Otto II. in Rom, Otto III. in Aachen Hemrlch II. wurde in dem von ihm zur Bischofsstadt erhobenen Bamberg beigesetzt; in dem Neubau des Domes zu Speier begann mit Konrads II. Gruft die lange Reihe der dortigen Kaisergräber. In jenen Gegenden besaßen jedoch die Könige keine geschlossene Macht, wie sie die Herzogtümer Sachsen und Bayern dargeboten hatten. Von hier aus lag ihnen auch die italienische Politik näher als eine nach Norden oder Osten gerichtete. So stand das Königtum in sehr eigenartigen Verhältnissen. Seme Machtvollkommenheit, an sich sehr groß, konnte sogar eine selbstherrliche, willkürliche sein. Aber alles lag an der Person des Königs, ob er seine Macht auch zur Geltung bringen konnte. Daher wurde durch die gebieterische Notwendigkeit, Italiens wegen so oft Deutschland zu verlassen, die beste Kraft dorthin zu wenden und die Fürsten für ihre Dienste zu entschädigen, die Königsgewalt gehindert, sich zu vertiefen. Lindner, Gesch. des deutschen Volkes, I S. 62—67. XX. Der Kampf ßettmcbs IV. und Gregore VII. um die (tteltberrfcbaft. a) Die Veranlassung. Auf der Synode von Mantua 1064 hatten sich die deutschen Bischöfe mit Anno von Köln an der Spitze geschmeichelt, die Ent¬ scheidung über das Papsttum in der Hand zu haben. Gleich der damals von ihnen anerkannte Papst Alexander II. riß sie gründlich aus dieser Täuschung, indem er mit allen Mitteln daran arbeitete, die Selbständigkeit der deutschen Kirche zu brechen. Heinrich IV. bot damals den stolzen Erzbischöfen, die sich in Rom ^wie Schul¬ jungen zu verantworten hatten, vielleicht in einer gewissen Schaden¬ freude, keinen Rückhalt, doch half er damit nur die Macht der Krone unterhöhlen. Und schon trat die Kurie mit dem königlichen Hose in der Frage der Bischofsernennungen in Konkurrenz, namentlich in dem wichtigen Mailand, und sprach wegen der aufs neue geübten Simonie über Ratgeber des Königs, dessen Person man noch schonte, den Bann aus (1073). Ein Konflikt lag in der Luft, die Tonart wurde schärfer. Mit Petrus Damiani war eben damals (1072) der Hauptvertreter der maßvollen, kaiserfreundlichen Reformrichtung ge¬ storben; der wahre Leiter der päpstlichen Politik war schon geraume