— 57 — Rom unter den Kaiscrn. Oktavianus hielt in Rom einen glänzenden Triumphzug, worauf ihm der Senat den Titel Angustus, d. i. der Erhabene verlieh. Angustus ließ die republikanische Verfassung der Form nach bestehen, verstand es aber, den Senat zu bestimmen, nur seinen eigenen Willen durchzuführen, denn alle Staatsämter waren in seiner Person vereinigt. Als Konsul führte er den Vorsitz im Senate; als Prokonfnl besaß er die höchste Gewalt in den Provinzen- als Tribun konnte er sich allen Beschlüssen des Senates widersetzen; als Censor übte er Aufsicht über die Sitten; als Pontifex maximus leitete er die religiösen Angelegenheiten und als Imperator befehligte er das Heer und die Flotte. Angustus mißbrauchte seine Gewalt nicht, sondern leitete Rom mit vieler Mäßigung. Geschichts¬ schreiber wie Livius, Dichter wie Virgil, Horaz, Ovid u. a. machten diese Zeit zum goldenen Zeitalter der römischen Litteratur. Augustus verschönerte Rom uugemein und erbaute es gewissermaßen von neuem aus Marmor. Die Stadt Nom war von einer 23 km langen Mauer umgeben und zählte 16 Thore, zu welchen vorzügliche Landstraßen führten, von denen die Appifche Straße (via appia) noch jetzt erhalten ist. Öffentliche Plätze cjab es in Rom um Tempel und Paläste; große Rasenflächen dienten militärischen und anderen Übungen, Parkanlagen waren für Spazier¬ gänger angelegt. Auf den von Tempeln, anderen Gebäuden und Säulen¬ hallen umgebenen Forum (Fora) fanden Versammlnngen aller Art, sowie die Vorträge der öffentlichen Redner statt. Das prächtige Kapitol auf dem kapitolinischen Hügel barg, als wichtigstes Staatsgebäude, den Schatz und die Staatsarchive. Nicht'weit davon stand der Jupitertempel mit den kostbare» Statuen des Jupiter, der Juno und Minerva. Tempel gab es in Rom gegen 400, worunter das Pantheon der Verehrung aller Götter gewidmet war. Amphitheater, Rundschauplätze von riesen¬ hafter Größe mit stufenförmig sich erhebenden Sitzen, dienten bei Tier¬ kämpfen rc. Die Triumphbogen waren marmorne, mit Bildwerken geschmückte Ehrenpforten, welche siegreichen Feldherren errichtet wurden. ®ie Zahl der Denkmäler und Statuen griechischer und römischer Künstler war eine sehr große; ferner gab es viele Theater, öffentliche oäder, Wasserleitungen n. dgl. Das kaiserliche Rom zählte über 2 Millionen Einwohner, von denen die Reichen 1700 Paläste, die ärmeren 42 000 „Häuserviertel" bewohnten. Das wichtigste Ereignis unter der Regierung des Angustus ist die Geburt des Weltheilandes Jesu Christi, durch den die Menschheit einem neuen Leben entgegen geführt wurde. Der römische Staat wurde durch neue Eroberungen vergrößert; nur die Unterwerfung Deutschlands gelang nicht. Die römischen Kastelle am Rhein und au der Donau (wie das heutige Köln, Augsburg u. a.) blieben die äußersten Punkte, bis zu denen das siegreiche Schwert der Welteroberer vorzudringen vermochte. — Während das Cäsarenreich seine größte Ans- dehuung erreichte, begann mit dem sittlichen Verfalle des römischen Volkes auch die innere Zerrüttung des Staates. Einen Beweis dafür liefern die