an den Mund bringen, der Mund sie nicht aufnehmen und die Zähne sie nicht zermalmen. Diesen Vorsatz führten die Glieder eine Zeit lang aus Aber bald merkten sie. daß sie sich selbst damit schadeten. Sie fühlten nämlich, daß es der Magen sei, der die Säfte der empfangenen Speisen : durch alle Glieder verteile und dadurch ihnen allen Kraft und Munterkeit - gebe. Sie ließen, daher von ihrem Vorhaben ab und söhnten sich wieder mit dem Magen aus." — Das Volk begriff bald den Sinn dieser Worte und sah ein, daß seine Empörung und seine Trennung dieselbe Schwäche und Hinfälligkeit zur Folge haben würden. Es ging deshalb auf einen Vergleich unter folgenden Bedingungen ein: Erstens sollten alle Schulden 1 erlassen und alle eingezogenen Schuldner wieder in Freiheit gesetzt werden. I Dann sollte es auch dem Volke gestattet sein, aus seiner Mitte sich be- I sondere Vertreter, Tribunen, zu wählen, die für das Beste der Plebejer 1 wachen und berechtigt sein sollten, jeden Senatsbeschluß, den sie für ihre 1 Gemeinde nachteilig hielten, durch ihren Einspruch (Veto) sofort wieder j aufzuheben. Dieser Vergleich wurde bei einem feierlichen Opfer beschworen | Nun zogen die Plebejer wie im Triumphe, als hätten sie einen qroßen | Sieg erfochten, mit wehenden Fahnen in Rom ein. 49. Coriolan. 491. Coriolans Hatz. Ein großer Teil der Patricier war jedoch unwillig, j daß den Plebejern neue Rechte bewilligt waren. Damals lebte in Rom ] der Patricier Coriolan. Vornehme Geburt, Reichtum und Kriegsruhm 1 machten ihn stolz, und er haßte die Plebejer. Nun entstand um diese Zeit eine j große Hungersnot in Rom. Das Volk fing an zu murren, schob alle Schuld auf die Patricier, und es verbreitete sich das Gerücht, daß diese Getreide - genug in ihren Häusern hätten, es aber nicht herausgeben wollten. Einiger- « maßen beruhigte man sich, als der Senat etliche Schiffe nach dem körn- ] reichen ©teilten schickte und dort auf öffentliche Kosten Getreide aufkaufen * ließ. Die Schiffe kamen reich beladen zurück, und das Volk wartete be- j gierig, wie man bei der Austeilung verfahren würde. Die Verständigeren \ im Senat meinten, man sollte das Korn dem armen Volke entweder ganz l schenken, oder doch nur einen geringen Preis dafür festsetzen. Da sprang j der stolze Coriolan unwillig auf und rief: „Will das Volk von unserem j Getreide essen, so mag es uns auch dienen und die Tribunenwürde auf- j geben. Glaubt mir, nur durch Elend und Not ist das Volk bei seiner 1 Pflicht zu erhalten!" Als das Volk diese Worte erfuhr, geriet es in Wut ^ und hätte bald den Coriolan zersleischt- Coriolans Verbannung und Rache. Coriolan wurde vor den Richterstuhl der Tribunen gefordert, und da er nicht erschien, auf Betrieb \ der Plebejer aus Rom verbannt. Mit stolzem Selbstgefühl riß er sich aus : den Armen seiner Mutter, seines Weibes und seiner Kinder, und unter i furchtbaren Drohungen verließ er die Stadt. Dann begab er sich zu den Volskern, dem damals furchtbarsten Feinde der Römer, und bewog sie, den - Römern den Krieg anzukündigen. Sie stellten ihn mit Freuden an die Spitze ihres Heeres,*) und er jauchzte bei dem Gedanken, Rache an den : Plebejern üben zu können. Alles ging nach Wunsch; er nahm den Römern einen Platz nach dem andern weg, verheerte alle dem gemeinen Mann gehörigen Felder und rückte endlich selbst bis Rom vor. Die Römer er¬ schraken; denn alles ließ die Wut und die Rache des wilden Coriolan fürchten. I *) Daß Coriolan die Volsker gegen Rom führt, ist eine sagenhafte Erzählung.