. — 59 — des ganzen Lothringens bemächtigen, welches er früher mit seinem Bruder getheilt hatte. Darum eilte er mit seinem Heere nach Aachen und Köln und nahm alles in Besitz. Noch war die Leiche Ludwigs des Deutschen nicht der Erde übergeben, als sein Sohn Ludwig in Frankfurt ant Main die Nachricht von dem Raubeinfalle seines Oheims erhielt. Da wurde Ludwig zornig; er schickte sofort Boten an seinen Oheint und ließ ihm sagen, er möge eingedenk sein ihrer Verwandtschaft, eingedenk des Herrn Jesu Christi, dessen Namen er und sein verstor¬ bener Bruder Ludwig der Deutsche angerufen als Zeuge ihres Eides, daß einem jeden sein Besitzthum verbleiben solle. Er möge sich des Schwertes enthalten und sich scheuen, um seiner häßlichen Begierde willen aufs Neue wieder Menschenblut zu vergießen; er möge zufrieden seht mit seinem rechtlichen Erbe und fremden Gutes nicht begehren und andere in ihrem Besitze nicht stören. Aber Karl verachtete solche Reden und ließ seinem Neffen wieder fagen, er habe einen Vertrag geschlossen mit seinem Bruder und nicht mit dessen Söhnen. So mußten denn die Neffen sogleich zu Felde ziehen gegen ihren Oheint, und Ludwig versammelte ein großes Heer aus Sachsen, Thüringen und Ostfranken und lagerte sich mit demselben Köln gegenüber. Doch das that er nur zum Scheine; er ließ das Lager stehen, zog dann mit seinen Schaaren unbemerkt bis Andernach hinauf und ging dort über dcu Rhein. Auf diese Nachricht erst erkanate Karl der Kahle, daß er sich habe täuschen lassen, und zog seinem Neffen entgegen. Gleich beim Anfange des Treffens sank die französische Fahne, und alsbald fielen die Westfranken vor dem Schwerte der Deutschen, wie Aehren vor der Sichel. Die Uebrigen flohen mit ihrem König Karl dem Kahlen. Bald nach diesem Kriege starben Ludwig und Karl- mann, und Karl erbte allein die Länder seines Vaters. Er hat den Beinamen der Dicke, weil er so korpulent war, daß er kaum gehen konnte und sich fast immer fahren lassen mußte.