114 Napoleon ihn vielmehr mit übermüthigem Hohne, und selbst die münd« liehen Bitten der Königin Luise konnten den Haß Napoleon's nicht be¬ sänftigen. Am 7. Jnli kam der Friede zu Tilsit zwischen Napoleon und Alexander zu Stande, am 9. Juli wurde der mit Preußen ohne alle weiteren Unterhandlungen unterzeichnet. Von etwa 5700 Quadrat¬ meilen und 10 Millionen Einwohnern mußte Friedrich Wilhelm III. die Halste abtreten. Alles westlich der Elbe gelegene Land mußte (Magdeburg, um welches die Königin Luise Napoleon noch besonders gebeten hatte, mit einbegriffen) an Napoleon überlassen werden, der Erfurt für sich behielt, Bayreuth später an Bayern gab, alles Uebrige theils zu Holland, theils zum Großherzogthum Berg, theils zu dem aus, Braunschweig und aus Theilen von Kurhessen und Hannover neu gebildeten Königreich Westfalen (Hauptstadt Kassel) schlug, wo er seinen Bruder Ierome im November 1807 als König einsetzte. Von den polnischen Ländern blieb nur Westpreußen und ein schmaler Streifen des Netzedistrikts bei Preußen. Danzig wurde dem Namen nach eine „freie Stadt" unter sächsisch-polnischem Schutze, in der That eine fran¬ zösische Festung; alles Andere nebst dem Kitlmerlanöe kam unter dem Namen „Herzogthum Warschau" an Sachsen. Preußen erkannte alle neuen totaatsschöpsungen Napoleons an. Es durste nur ein Heer von bestimmter Große — nach der Konvention vom 8. September 1808 aus 42,000 Mann festgesetzt — unterhalten und hatte eine Kriegssteuer von 120 Millionen Franken zu zahlen. Bis diese Summen abgezahlt oder doch sicher gestellt wären, sollten die französischen Truppen das Land be¬ sitzt halten. Ant 24. Juli 1807 erließ der König von Memel ans ein Schreiben an die von ihm abgetretenen Provinzen, in welchem er sie ihrer bisherigen Unterthanenpslicht lossprach und rührenden Abschied von ihnen nahm. § 28. Preußens Wiedergeburt. 1. Mit dem Tilsiter Frieden war der Zeitpunkt der tiefsten Er¬ niedrigung Preußens gekommen; aber von jenem tiefen Falle ging auch seine herrliche Wiedererhebung aus. Das Unglück erwies sich in Preußen als der beste Arzt, es deckte die Schäden aus und forderte Besserung. Die Noth der Zeit zwang auch die Widerstrebenden zu dem, was allen am meisten gebrach, zur Selbsterkenntnis und zu der Einsicht, daß es nur besser werden könne, wenn man selber besser werde. „Es wird mir immer klarer", schrieb die Königin Luise im Frühling 1808 ihrem Vater, dem Herzog von Strelitz, „daß alles so kommen mußte, wie es gekommen ist. Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Welt- zustande ein, und es soll eine andere Ordnung der Dinge werden, da die alte sich überlebt hat und als abgelebt in sich zusammenstürzt. Wir sind eingeschlafen aus den Lorbeeren Friedrich’s des Gr., welcher, der Herr seines Jahrhunderts, eine neue Zeit schuf. Wir sind mit der¬ selben nicht fortgeschritten, und deshalb überflügelt sie uns. Von Napoleon können wir vieles lernen, und es wird nicht verloren sein, was er gethan und ausgerichtet hat. Es wäre Lästerung zu sagen, Gott sei mit ihm;