143 7. Am 30. Mai wurde der erste Pariser Friede geschlossen, nach welchem Frankreich nicht völlig auf die Grenzen von 1792 zurück¬ geführt wurde, sondern noch eine Gebietsvergrößerung erfuhr. Von einer Entschädigung für die unermeßlichen Summen und Leistungen, welche Napoleon sieben Jahre lang in Deutschland erpreßt hatte, von einer Rück¬ erstattung des geraubten Eigenthums, insbesondere der Kunstwerke, welche aus allen Ländern nach Paris geschleppt worden, war nicht die Rede. Nur den Siegeswagen vom Brandenburger Thor nahmen die Preußen wieder mit. Nach einem Besuche in England, wo namentlich der alte Blücher mit Auszeichnungen, Ehren und begeistertem Jubel wahrhaft be¬ lästigt wurde, hielt Friedrich Wilhelm am 7. August seinen Einzug in Berlin. Alle Krieger erhielten aber eine Denkmünze aus dem Metall der eroberten Kanonen, und die Namen der Gefallenen wurden in den 'Kirchen ihrer Kirchspiele auf eine Ehrentafel eingeschrieben. § 32. Das Zalir 1815. 1. Es währte nicht lange, so herrschte in Frankreich bald ein allge¬ meines Misvergnügen des Volkes uud besonders des Heeres gegen die neue Regierung, die durch Fehlgriffe aller Art ihre Unfähigkeit bekundete. Im Vertrauen auf die Unzufriedenheit in Frankreich und nicht unbekannt mit den Zwistigkeiten der Mächte auf dem Wiener Kongreß, der seit Ende des vorigen Jahres zur Wiederherstellung und Regelung der euro¬ päischen, namentlich der deutschen Verhältnisse zusammengetreten war, entschloß sich Napoleon zu dem Einfall in Frankreich. Mit nicht Taufend seiner Getreuen landete er am 1. März 1815 im Süden bei Cannes, und im Fluge bemächtigte er sich Frankreichs wieder. Achtzehn Tage nach seiner Landung zog er in Paris ein, während das Königs¬ geschlecht der Bourbonen in die Niederlande flüchtete. Da vergaßen die Fürsten auf dem Kongreß ihren Hader uud erließen eine förmliche Achts¬ erklärung gegen den Ruhestörer. Die Engländer und Preußen waren die Ersten auf dem Platze. Wellington mit den Engländern, Nieder¬ ländern, Hannoveranern und Nassauern und Braunschweigern unter ihrem Herzog Friedrich Wilhelm rückte in Holland und Belgien ein, während sich die Preußen unter Blücher an der Maas und Sambre sammelten. Hinter diesen Armeen bildeten sich die größeren Angriffsmassen, namentlich der Oesterreicher uud Russen, um sich gegen den Rhein zu bewegen. Napoleon selbst nahm alle Kraft zusammen, durch beschleunigte Rüstuugen eine Heeresmacht aufzubringen, noch ehe sich die ganze Stärke seiner Gegner entfalten konnte. Aus der Kriegsgefangenschaft, aus den ge¬ räumten Festungen, aus Spanien uud aus Italien war ein stattlicher Rest alter gedienter Soldaten zusammengekommen, und mit etwa 130,000 Mann rückte er in Blitzesschnelle an die belgische Grenze. Es galt Blücher, deu Napoleon für den gefährlichsten Gegner hielt. 2. Schon am 15. Juni warf sich Napoleon mit seiner Hauptmacht auf die Vorhut des preußischen Heeres und drängte sie in Folge der Gefechte bei Charleroi und Gosselies zurück; doch zog sie nicht nach dem Rheine ab, sondern nach Norden, um den Anschluß an