— 60 — Sohn, warf schnell den Giftbecher um und fchloß den lange Ersehnten jubelnd in die Arme. Medeia entfloh für immer. Aigens stellte den Thesens der Volksgemeinde als seinen Sohn vor, und es dauerte nicht lange, so hatte der Jüngling Gelegenheit, sich seinen Mitbügern und dereinstigen Unter¬ thanen nützlich zu erweisen. Die Athener mußten nämlich dem König Minos von Kreta einen grausamen Tribut be¬ zahlen, weil sein Sohn Androgeos von ihnen erschlagen worden war, sie mußten jedes nennte Jahr 7 Jünglinge und 7 Jungfrauen nach Kreta schicken, dem Minotauros zum Fraße. Dieser Minotauros war ein furchtbares Ungeheuer, halb Mensch halb Stier, und wurde in dem Labyrinthe, einem Gebäude mit unzähligen Jrrgängen, verschlossen gehalten. Jetzt kamen die Gesandten des Minos wieder nach Athen, um den Tribut zu holen, und es war große Trauer in der Stadt. Da erbot sich Thesens freiwillig, unter den Opfern mitzugehen. Er hoffte den Minotauros zu erlegen und so die Athener von ihrem Tribut zu befreien; denn dieser sollte nur so lange dauern, als das Ungeheuer lebte. In Kreta angelangt, gewann Thesens die Liebe der Ariadne, der schönen Tochter des Minos. Sie händigte ihm ein Knäuel Garn ein, mit dessen Hülse er sich in dem verworrenen Labyrinth zurechtfinden sollte. Er knüpfte, als er mit den andern Schlachtopfern in das Labyrinth geschickt wurde, das Ende des Fadens an dem Eingänge fest und leitete sich an demselben fort bis zu dem Gemache, wo der Minotauros sie erwartete. Er griff das Ungeheuer an und erlegte es in wildem Kampfe. Darauf leitete er sich mit den geretteten Jünglingen und Jungfrauen an dem Faden Wieder¬ aus dem Labyrinthe heraus und entfloh mit ihnen eiligst auf feinem Schiffe, indem er die geliebte Ariadne mit sich nahm. Unterwegs aber mußte er die Jungfrau nach dem Willen der Götter auf der Insel Naxos zurücklassen, damit sie die Ge¬ mahlin des Gottes Dionysos würde. Aigens saß schon viele Tage lang in bangem Harren an der Küste von Attika auf hohem Felsen und schaute aus nach dem heimkehrenden Sohne. Er hatte mit dem Sohne abgesprochen, daß er, falls er glücklich