— 125 — bestreiten. Im nächsten Frühjahr befahl der französische Oberkommandant, die Bewohner sollten die altehrwürdigen Mauern und Türme ihrer Stadt selbst einreißen. Und am 16. Mai wurde geboten, alle Einwohner müßten innerhalb sechs Tageu die Stadt verlassen; aber niemand dürfe bei Todes¬ strafe den Rhein überschreiten. Alle Vertriebenen sollten sich in Elsaß ansiedeln und dort Untertanen des Königs von Frankreich werden. Ein unbeschreiblicher Jammer hub in Speyer an. Alle Bitten der Bürgerschaft prallten ab an dem steinernen Herzen des Generals Montclar, der in der Stadt sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Seine Soldaten zwangen die Leute mit den Waffen, ihre Häuser zu räumen. Eine Hauptsorge der Franzosen war es, wie sie den massiven Steinbau des Domes zerstören könnten; denn zur Brandlegung bot das Gebäude zu wenig Brennstoff. Da wurde bekannt gemacht, der Dom solle geschont werden. Es sei den Bewohnern von Speyer gestattet, alle Habseligkeiten, die sie nicht mit fortnehmen könnten, in dem mächtigen Gewölbe des Domes auf¬ zustapeln. Nur zu viele trauten der tückischen Verlockung. Da weitaus nicht genug Wagen zum Fortschaffen der Hausgeräte und Möbel auf¬ zutreiben waren, so brachte man alles Überschüssige in das Schiff des Domes, das bald damit angefüllt war. Magister Hofmann, der Rektor des Gymnasiums, hatte nnr geringes Vertrauen zu dem Versprechen der Franzosen, daß der Dom geschont werden solle. Er wollte darum von seiner Habe mit sich nehmen, was er fortbringen konnte, und das Übrige famt seinem schönen Hause der Fügung Gottes anheimstellen. Ein Freund hatte versprochen, ihm zwei bespannte Wagen zu besorgen. Eilig packte die Familie ein, was mit den zwei Fuhren fortgeschafft werden konnte. Der Freund hielt Wort. Während der sechstägigen Frist, die den Einwohnern gelassen wurde, rollten eines Morgens die zwei Wagen in den Hof des Hofmann'fchen Hauses. Aber mit den Wagen drang zugleich eine Rotte betrunkener Franzosen ein, die am Abend zuvor in der Nähe einen Weinkeller auf¬ gespürt und die Nacht über darin gezecht hatten. Nun brauchten sie Fuhrwerke, um die Keller zu räumen und den Wein ins Lager vor der Stadt zu führen. Kein Widerspruch, kein Bitten und Flehen half da. Mit Knütteln und Säbeln wurden die Fuhrleute bedroht, der wilden Bande zu willfahren. Die Wagen raffelten wieder hinaus auf die Straße und der Rektor stand mit seiner Familie nun ratlos da. Einzelne unternehmende Bauern der benachbarten Dörfer kamen mit ihren Wagen in die Stadt, um sie den Speyerern gegen Bezahlung zum Fortschaffen ihrer Habe anzubieten. Während des Tages gelang es dem Rektor, sich eines kleinen Bauernsnhrwerkes zu versichern aus dem Dorfe