16. Der Bamberger Dom. 69 12. Jahrhunderts auch Deutschland schon besiedelte, war von Frankreich aus¬ gegangen nud hatte die neue Bogen- und Wölbeform, woraus sich die gotische Bauweise entwickelte, bei seinen Kirchenbauten verwendet. 1200 wurde mit dem Bau der Ebracher Klosterkirche begonnen. Dazu kam noch, daß Bischof Ekbert, der eifrigste Förderer des Dombaues in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts, Beziehungen zum westlichen Nachbarlande hatte; denn seine Brüder waren Pfalzgrafen von Burgund. Damit sind für die Vermittelung der gotischen Formen nach Bamberg wichtige Fingerzeige gegeben. Wir beobachteten schon im Inneren, je mehr wir uns dem Westchore näherten, um so bestimmter die Formen des Übergangsstiles. So sehen wir auch an der Außenseite der Westapsis spitzbogige, große Fenster; das Mauerwerk bildet nicht mehr die großen Flächen; die aufstrebenden Stützen treten bewußter hervor; man bildete nicht mehr mit der alten Liebe und Sorgfalt die wagrechten roma¬ nischen Zierstreifen. Überhaupt läßt sich die westliche Apsis an Schmuckwerk nicht mit der östlichen vergleichen. Nur in den Türmen vermochte man noch die Vorgänger zu überbieten. Man hatte damals Freude au Türmen, das beweist ihre Zahl. Man ver¬ zichtete zwar auf den Kuppelturm über der Vierung, wie ihn der Wormser Dom zeigt; dafür gestaltete man die Ecktürme um so kunstreicher. Schon die Osttürme sind voll Schönheit. Sieben würfelförmige Stockwerke sind seitlich mit Lisenen, wagerecht mit Gesimsen aus Zahnschnitt und Rundbogen umrahmt und abgeteilt; dem achten Stockwerk sind die Seitenkanten abgeschnitten, die so verengerten Seitenflächen, in Giebel ausmündend, tragen das fchlanke Dach. Die Stockwerke sind, je höher, mit desto lichteren Fensteröffnungen durch¬ brochen. So wird das Mauerwerk immer leichter und macht den Eindruck lebendigen Aufstrebeus. Dies Mittel die Wände zu durchbrechen ist an den Westtürmen mit überraschender Schönheit weitergebildet. Der Unterbau zwar ist noch wuchtig; aber sobald er über die Vierung emporschaut, wird die Grundform achtseitig; an Stelle der bisherigen Kanten sind erkerartige Lauben vorgebaut; mit schlanken Säulen steigen sie übereinander auf; die dazwischen liegenden, verschmälerten Seiten sind mit schlanken Spitzbogenöffnungen durch¬ brochen; diese und die Ecklauben lassen die Türme von allen Seiten durch¬ sichtig und außerordentlich zierlich erscheinen. Sie sind die Krönung des Werkes; sie sind das Vorbild für die Domtürme in Naumburg, wie sie' ihrer¬ seits Nachahmungen der Kathedralkirche von Laon sind. Wie liebgewordene Freunde grüßen sie den Scheidenden noch weithin. Auch wir nehmen hiermit Abschied vom Bamberger Dom. Er bleibt uns un¬ vergeßlich als einer der herrlichsten Vertreter des Übergangsstiles ist Deutschland; denn er hat noch teil an der reichen Fülle des ausgebildeten Rundbogenstiles und vereinigt damit in stufenmäßigem Fortschritt die Ansänge der Spitzbogen¬ architektur; er bietet uns die reifen Früchte der romanischen Bauweise und die ersten Blüten der Gotik.