— 123 — Ludwig Philipp (§ 93, 1) hatte mehrere Versuche, die vertriebene bourbouische Königsfamilie oder die Erben des Kaisers Napoleon wieder zur Herrschaft zu bringen, vereitelt, war auch mehreren Angriffen auf sein Leben glücklich entgangen, hatte es aber nicht verstanden, seiner Regierung in der Liebe und Anhänglichkeit des französischen Volkes eine feste Stütze zu verschaffen. Man warf ihm vor, er habe überall mehr seinen und seines Hauses Vorteil, als Frankreichs Größe im Auge. Daher entstand Unzufriedenheit, die sich allmählich weiter im Volke verbreitete. Das Verlangen nach Ausdehnung der Volksrechte äußerte sich immer heftiger, und als der König (und sein Minister G ui zot) sich abgeneigt zeigte, diesem Verlangen zu willfahren, brach in Paris die Februarrevolution 1848 aus. Ludwig Philipp mit seiner Familie wurde aus dem"4, Lande vertrieben und Frankreich zur Republik erklärt. 2. Frankreich eine Republik 1848—1852. Eine Na- tionalv ersam mlnng trat zusammen, um eine neue republi¬ kanische Verfassung zu errichten. Gegen dieselbe erhob sich ein furchtbarer Aufstand der besitzlosen Arbeiterklasse, welche die sogeuauute „rote Republik" zu errichten trachtete. Der Aufruhr wurde jedoch durch den General Cavaignac in mehrtägigem blutigem Kampfe in den Straßen von Paris über¬ wältigt. Hierauf führte die Nationalversammlung das Ver- faffungswerk zu Ende, nach welchem ein durch allgemeine Volksabstimmung auf je vier Jahre ernannter Präsident an die Spitze der Regierung treten sollte. Gewählt wurde: Ludwig Napoleon Bonaparte als Präsident der 1848 französischen Republik. 10. 3. Ludwig Napoleon Bonaparte war ein Neffe des Kaisers Napoleon I und Sohn des ehemaligen Königs Ludwig Bonaparte von Holland (§ 90, 1). Seit der Entthronung feines Oheims aus Frankreich verbannt, war er im Auslande aufgewachsen, hatte 1836 einen Auf standsversuch in Straßburg gemacht, um das uapoleonifche Kaisertum wieder aufzurichten, war aber gefangen und nach Amerika verbannt