— 90 — 38. Gustav Adolf und Wallenstein. 1. Wallensteins Wiedereinsetzung. — Der Kaiser befand sich in großer Not. Wie sollte er Hilfe finden gegen den unwiderstehlichen Schwedenkönig, der schon seine österreichischen Lande bedrohte? Nur ein Mann schien Rettung bringen zu können, W a l l e n st e i n; aber der war von ihm ab¬ gesetzt, war schwer beleidigt. Zurückgezogen von dem wilden Kriegsgetümmel, lebte er auf seinen Gütern in Böhmen präch¬ tiger als ein König. Die unermeßlichen Schätze, welche er aus seinen Plünderungszügen erbeutete, setzten ihn dazu instand. Sechzig Edelknaben aus den vornehmsten Häusern, in hell¬ blauen Sammet mit Gold gekleidet, bedienten ihn. Eine Leib¬ wache von fünfzig Mann, mit Hellebarden bewaffnet, stand in seinem Schloßhofe. Mehrere Hundert der prachtvollsten Pferde füllten seinen Marstall, und wenn er über Land reiste, so wurden ihm Gerät und Gefolge auf hundert vier- und sechsspännigen Wagen nachgefahren. In seinem Palaste zu Prag folgte ein glanzvolles Fest aus das andere. Er selber jedoch blieb bei aller Fröhlichkeit seiner Gäste stets ernst und finster. Niemals sah man den hageren, großen Mann mit den kleinen, funkelnden Augen lachen; niemals hörte man von feinen Lippen zutrauliche, freundliche Worte. Seine gewöhnliche Tracht war ein Reit¬ koller von Elenshaut und ein scharlachroter Mantel, auf dem Kopfe ein Hut mit roter Feder und an den Füßen große Stulp¬ stiefel. So erschien er in seinem Äußern noch immer als Feld¬ herr; und abermals als Feldherr eines mächtigen Heeres auf¬ zutreten, das war sein brennendes Verlangen. Er sah daher mit innerlicher Schadenfreude die Not, in welche der Kaiser geraten war. Jetzt mußte dieser zu ihm kommen und ihn um Hilfe anflehen; denn nur er konnte helfen. Der Kaiser that den saueren Schritt und bat Wallenstein dringend, ihm zu helfen. Aber erst nach langem Zögern gab der stolze Friedländer den flehentlichen Bitten nach. Er warb ein Heer, das ihm allein angehören sollte, bei dem der Kaiser nichts zu sagen hatte, ja nicht einmal erscheinen durfte.