Da schwillt der Nil durch die Regengüsse, welche während de§ Winters in seinem Quelllande fallen, mächtig an, übersteigt seine Ufer und bedeckt mit seinen Fluten weithin die Thalebene. Das ganze Ägypten gleicht dann einem großen See, aus dem die Städte und Dörfer wie Inseln hervorragen. Und wenn die Ge¬ wässer allmählich wieder sinken und in das Flußbett zurückkehren, so hinterlassen sie einen fetten Schlamm, der den erweichten Boden trefflich düngt und ihn so ergiebig macht, daß man gar nicht erst ZU Pflügen braucht, sondern nur säen kann, um die reichsten Ernten zu erhalten.^ Vorzüglich gedieh das Getreide, daher Ägypten im Altertum eine Kornkammer genannt wurde; auch erzeugte das Land Baumwolle, Flachs, Papierschilf, Feigen und Datteln. An merkwürdigen Tieren brachte es hervor das Krokodil, das Flu߬ pferd, den Ichneumon und den Vogel Ibis.» 3. Ägyptens Hauptstädte. — Daß bei dieser Frucht¬ barkeit auch ein zahlreiches Volk in Ägypten wohnte, kann man sich denken. Schon in den ältesten Zeiten war es, wie erzählt wird, von Städten gleichsam übersäet. Als die größten und herrlichsten ragten unter denselben hervor das hundertthorige Theben im oberen Teile des Landes und Memphis im unteren Nilthale, nicht fern vom Eingänge des Deltas. Später als diese uralten Hauptstädte und Königssitze wurde an der Meeresküste die Stadt Alexandria ge¬ gründet, die gleichfalls mächtig und volkreich wurde und noch heut¬ zutage ein wichtiger, vielbesuchter Handelsplatz des Morgenlandes ist. 3. Die Kasten trofr die Religion -er Ägypter. 1. Die Kasten. — Die alten Ägypter waren ein mäßiges, arbeitsames Volk. Sie teilten sich in sogenannte Kasten. Dies waren streng von einander gesonderte erbliche Stände, in welchen die Rechte und der Lebensberuf der Vorfahren auf die Nachkommen übergingen. Niemand durfte einen Stand wählen, wie er ihm gefiel, sondern jeder mußte in dem Kreise bleiben, dem der Vater angehörte, und das Geschäft ergreifen, welches der Vater betrieben hatte. Die Hauptkasten waren die Priester, die Kriegsleute,