— 129 — Soldaten in Uniform und mit Waffen, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Die Bürger mußten die Stadt selbst gegen den Feind verteidigen. Zu dem Zwecke mußte jeder Bürger sich Rüstung und Waffen anschaffen und sich in ihrem Gebrauch üben; so kam es, daß jeder Bürger in seinem Hause Panzer und Schild, Eisenhut und Hellebarde, Schwert und Streitaxt hatte. Die reicheren Bürger mußten außerdem noch eine Armbrust und 1 Schock Pfeile haben. Hatten sie denn kein Gewehr zum Schießen? Die gab es noch nicht, weil man noch kein Schießpulver kannte. Damit nun die Bürger die Waffen führen konnten, übten sie sich regelmäßig, jede Gilde für sich unter ihrem Gildemeister. Alle Jahre veranstalteten sie ein großes Fest, bei dem alle Gilden zeigten, was sie vom Gebrauch der Waffe verstanden. Das waren die Schützenfeste. Sie fanden auf dem Freudenberge statt. Wer am besten mit der Armbrust schießen konnte, erhielt einen Preis und wurde Schützenkönig. Wer war denn aber der Führer aller Bürger? Dazu erwählten die Bürger einen Ritter aus der Umgegend. Ihn nannten sie den Stadthauptmann. In Zeiten der Not rüstete die Stadt auch noch Knechte ans, die für ihren Kriegsdienst Lohn oder Sold erhielten. Geschah es nun, daß ein Wartmann auf seiner Warte einen Feind erspähte, so gab er sein Zeichen nach der Stadt; der Türmer auf St. Johannis blies in sein Horn, und die Sturmglocke auf dem Rathaufe fing <m zu läuten; dann legte der Kaufmann feine Elle zur Seite, der Schmied feinen Hammer, der Schneider seine Nadel und der Schuhmacher seinen Leisten; die Leinen- und Wollenweber ließen ihre Webstühle stille stehen; kurz, jeder wehrhafte Burgersmann ließ feine Arbeit liegen, rüstete sich mit Schild und Panzer, Lanze und Axt, fetzte den Eifenhut auf den Kopf und eilte hinaus aus dem Haufe durch die nächsten Straßen zum Marktplatz. Von allen Seiten kamen sie herbei, die tapfern Bürger der Stadt; jeder stellte sich an die Stelle, wo das Wappen feiner Gilde aufgestellt war und feine Gildenfahne erschien. An die Spitze feiner Schar stellte sich der Gildemeister; zu ihm gesellte sich ein Adliger als Führer. In der Mitte der bewaffneten Bürger aber hielt der Stadthauptmann, hoch zu Roß. Er gab Befehl, ob die Bürgerfchar unter feiner Führung zum Tore hinausziehen sollte, oder ob jede Gilde ihren bestimmten Platz auf den Mauern und Türmen der Stadt einnehmen sollte. II. Denken. A. Zur Vertiefung und zum Vergleich. a. Die Vereinigungen der Bürger sonst und jetzt: Zünfte, Gilden, Innungen. Tecklenburg, Der erste Geschichtsunterricht. 9