— 207 — die Götter fallen, einer nach dem andern, und die bösen Gewalten behalten den Sieg. Da schleuderten die Riesen aus Muspelheim Feuer über die ganze Erde, daß die Welt in Flammen und Rauch aufgeht. Die Sonne wird schwarz; die Sterne fallen vom Himmel; die Erde sinkt ins Meer, überall sprüht Dampf und Feuer, heiße Lohe bedeckt den Himmel und verschlingt alles: Himmel und Erde und Unterwelt und alle lebendigen Wesen. Aber siehe! Die Wogen des Meeres ersticken den Brand, und eine neue Erde taucht auf, grün und schön, und am Himmel strahlt eine neue Sonne, und neue Götter kommeu, besser und friedlicher als die alten, und werden wird eine neue Menschheit. Kein Kampf entzweit sie, kein Streit. Morgentau ist ihr Trank. Friede und Freundschaft waltet unter allen Wesen, und ihr seliges Dasein stört keine Sünde und kein Tod. — So beendigt die cheruskische Großmutter ihre Erzählung vou den Göttern. Still und stiller ist es am Herde geworden; mit weitgeöffneten Augen lauschen die Kinder der wunderbaren Kuude, und selbst die Alten, die schon so oft die Göttergeschichte gehört, sitzen voll Andacht. „Wer doch die neue Erde und die neuen Götter einmal sehen könnte", wünscht die Großmutter; daun steht sie auf vom Herde und geht zur Ruhe. II. Denken. A. Zur Vertiefung und zum Vergleich. 1. Wie alle Dinge ihren Anfang nahmen. Vergleichen wir damit, was uns die Bibel über den Anfang der Welt berichtet. Allvater, der Geist von Ewigkeit. Was er sann, das ward. Allvater wirft einen Blick, und es geschieht etwas. Allvater läßt Götter entstehen und Riesen, die einander be¬ kämpfen. Er schafft nicht selbst die Welt aus Nichts. Götter und Riesen müssen es tun. Die Götter bilden die Welt aus dem Riesenleibe, und die Menschen aus Bäumen. Gott, der Schöpfer Himmels und der Erden. Gott spricht, und es geschieht. Er gebeut, es steht da. Gott spricht: „Es werde," und es wird. Unser Gott schafft selbst und allein aus Nichts — Alles — er kann schaffen, was er will. Er bildet die Menschen aus Erde und gibt ihnen durch den göttlichen Odem das Leben — der Mensch hat eine lebendige Seele; sie stammt von Gott; sie geht zu Gott zurück. Von diesem Trost wußten unsre Vor¬ fahren nichts.