Aufregung in den Marken; Unruhen in Berlin. 119 Schulämtern. Nur unter solchen Bedingungen wollten sie die Geldforde- runqen bewilligen. Johann Sigismund aber erwiderte: „Auch wenn er tausend Mal der Geldsteuer des Landes entbehren sollte, würde er sich da¬ durch nie abhalten lassen, der einmal erkannten Wahrheit treu zu bleiben bis rum letzten Athemzuge. Was er von den Ständen fordere, käme ja nicht ihm, sondern dem Lande zu Gute. Die Stände könnten in Bezug auf ihren Glauben ruhig sein; denn er verspreche feierlich, Niemanden seiner Religion wegen entweder vorzuziehen oder zurückzusetzen." Einige Tage darauf wieder¬ holte er das schriftliche Versprechen, keine weitere Aenderung in geistlichen Dingen vorzunehmen, und verbürgte den Lutherischen ihre alte Freiheit. Die Stände bequemten sich nun, das verlangte Geld zu bewilligen. Doch während sie noch versammelt waren, brach in Berlin selbst die Gährung unter den Lutheranern zu offenem Aufstande aus. Der Markgraf Johann Georg, welchen der Kurfürst während einer Reise nach Preußen zum Statthalter der Mark ernannt hatte, ließ einige Bilder, Altäre und Crucifixe, welche dre Lutherauer aus den Zeiten der römisch-katholischen Kirche beibehalten hatten, an welchen aber die Resormirten Anstoß nahmen, aus der Domkirche weg¬ schaffen; ein eifriger lutherischer Geistlicher sprach deshalb von der Kanzel sehr heftig gegen den Markgrafen, und das aufgeregte Volk, des Geistlichen Bestrafung besorgend, rottete sich zusammen, um ihn zu schützen. Den resormirten Pre¬ digern wurden die Fenster eingeworfen, es kam darüber zum Handgemenge mit den fürstlichen Reitern und Trabanten, die Sturmglocke wurde gezogen, und der Markgraf selbst, welcher das Volk beruhigen wollte, sah sichren Steinwürsen bis in's Schloß verfolgt. Das Haus des resormirten Hof¬ predigers wurde zerstört, er selbst zu eiliger Flucht genöthigt. Zwar sorgte der Kurfürst nach seiner Rückkehr aus Preußen dafür, daß sich solche Vorgänge nicht erneuern konnten, aber die Aufregung im Volke legte sich sobald nicht. Fast schlimmer noch war der Eindruck, welchen des Fürsten Religionswechsel in dem streng lutherischen Preußen gemacht hatte, wo es ihm seitdem nicht gelang, die Liebe der Unterthanen wieder zu ge¬ winnen. Diese religiösen Händel trennten den Fürsten von dem Volke gerade zu einer Zeit, wo unter den drohenden schwierigen Verhältnissen im deutschen Reich, in dem entscheidenden dreißigjährigen Kampfe zwischen Katholiken und Protestanten, ein inniges Zusammenhalten so nothwendig gewesen wäre. Die braudeuburgischen Kurfürsten waren durch die jülichsche Erbschaft schon in die Streitigkeiten verwickelt, welche dem Ausbruch des unheilvollen Krieges vorbereitend vorangingen; es ist daher Zeit, daß wir einen Blick aus die jülich-clevesche Angelegenheit werfen. 17. Die jülich-clevesche Erbschaft. Die preußischen Ansprüche auf die jülichsche Erbschaft- Zn beiden Seiten des Niederrheins hatten sich im Laufe der Zeiten mehrere Herrschaften gebildet, welche nach und nach durch Vererbung zusammensielen und zu zwei ansehnlichen Fürstentümern anwuchsen, das eine dem Herzog von Cleve, welcher zugleich Graf von der Mark war, das andere dem Herzog von