138 Zerfall des evangelischen Bündnisses. ritt dann an die Spitze seiner Schaaren: „Nun wollen wir dran!" rief er, „das wollt der liebe Gott. Jesu! Jesu! Hilf mir heut streiten zu deines Namens Ehre!" — Im Feuer der Schlacht dringt er zu kühn vor und ge- räth, irregeleitet durch sein kurzes Gesicht, unter die feindlichen Reiter. Er erhält einen Schuß in den Arm, gleich darauf noch einen in den Rücken und mit dem Angstrufe: „Mein Gott, mein Gott!" sinkt er vom Pferde. Die feindlichen Reiter eilen über den königlichen Leichnam dahin; das ledige Roß aber verkündet den Schweden des theuren Fürsten Fall; von Rachedurst ent¬ flammt stürzen sie unter Bernhard's von Weimar entschlossener Führung von Neuem in den blutigen Kampf. Auch Pappenheim, der berühmte kaiser¬ liche Reitergeneral fiel, und am Abend war das kaiserliche Heer in Flucht und Verwirrung. Der Sieg der protestantischen Waffen aber war um einen zu kostbaren Preis erkauft: der Heldenkönig war dahin, den das ganze protestantische Deutschland als feinen rettenden Engel verehrte. Wie ein Donnerschlag ging die Nachricht von feinem Tode durch die deutschen Gauen. Noch als er zur Lützener Schlacht zog, hatte er überall Beweise der innigsten Liebe erhalten. Zu Naumburg hatte ihn das Volk umdrängt, glücklich, nur feine Stiefeln oder fein Roß zu küssen. Er aber hielt solche abgöttische Verehrung für got¬ teslästerlich und sagte zu seinem Hofprediger: „Unsere Sachen stehen gut; aber ich fürchte, Gott werde mich wegen der Thorheit des Volkes strafen. Denn hat es nicht das Ansehen, daß diese Leute mich recht zu ihrem Abgotte machen? Gott könnte ihnen leicht beweisen, daß ich Nichts als ein schwacher sterblicher Mensch sei." Sein trüber Gedanke war nur allzubald erfüllt worden; trauernd und wie verwaist stand nun das protestantische Deutschland an dem Grabe seines frommen und tapferen Erretters. Es war Niemand da, der fein Werk mit gleicher Kraft hätte hinausführen können. Zerfall des protestantischen Bündnisses; neues Schwanken Georg Wilhelms. Zwar blieben die schwedischen Heere in Deutschland, geführt von kühnen und kriegsgeübten Feldherren, und der staatskluge Kanzler Oxen- stterna erhielt die Leitung der schwedischen Angelegenheiten im Namen der jungen Königin Christine. Aber alle Klugheit, Beredsamkeit und Festigkeit des ausgezeichneten Mannes reichte nicht hin, um das mühsam zu Stande gebrachte Bündniß der evangelischen Fürsten Deutschlands auch nach dem Tode des großen Königs zu erhalten. Wir haben gesehen, wie schwer es selbst Gustav Adolph geworden war, gerade die bedeutendsten jener Fürsten an sich zu fesseln. Selbst als er auf der höchsten Höhe seines Ruhmes stand, er¬ trugen es dieselben ungern, einen fremden Fürsten mit solcher Macht in den deutschen Angelegenheiten schalten lassen zu müssen, und nur vor dem Glanze seines königlichen Namens, wie seines ruhmvollen Siegeslaufes hatten sie sich ohne Demüthigung beugen können. Jetzt aber sollten sie sich der Leitung des schwedischen Kanzlers, eines bloßen Beamten, unterwerfen; das ertrug ihr reichsfürstlicher Stolz nicht, und es währte nicht lange, so siel das kaum be¬ gründete Bündniß wieder auseinander. Der Kurfürst von Sachsen war der erste, welcher sich von den Schweden loszusagen gedachte. Georg Wilhelm von Brandenburg blieb filmst noch der evangelischen Sache getreu, weit es