172 Krieg in Preußen. schwedische Besatzung aus Rügen und eilte dann vor Stralsund. Mit 150 Geschützen griff er die Stadt heftig an und schon am folgenden Tage ergab sie dieselbe. Der Kurfürst zog feierlich ein und ließ sich huldigen. Er war über diesen Erfolg um so mehr erfreut, weil die Stadt durch den heldenmüthigen Widerstand gegen Wallenstein so berühmt geworden war. Er hatte jetzt den König von Schweden aus allen seinen deutschen Besitzungen vertrieben (1678), da versuchte es derselbe, ihn an einer anderen Stelle anzugreifen. Schon lange hatten die Franzosen dazu gerathen, daß die Schweden, um die Bran¬ denburger aus Pommern zu ziehen, von Livland her in das Herzogthum Preu¬ ßen einfallen möchten. Das wurde jetzt im Einverständniß mit dem Könige von Poleu ausgeführt, aber auch aus dieser neuen Gefahr ging der Kurfürst mit erhöhtem Ruhme hervor. Als er von dem Vordringen der Schweden hörte, brach er selbst trotz einiger Kränklichkeit und des ungemein strengen Winters mit seiner Gemahlin und dem Kurpriuzey nach Preußen auf, ließ feiu Heer auf bespannten Schlitten über das zugefrorene Haff bringen, eilte dann int Sturme vorwärts unb drängte die Schweden, überall wo er sie traf, zu eiliger ungeordneter Flucht. In kurzer Zeit hatte er sie vor sich her aus seinem Lande hinausgejagt (1679). Preußen war gerettet, die Anschläge der Schweden, Franzosen unb Polen vernichtet. Aus einer Mebaille jener Zeit sieht man ben branbenbnrgischen Abler, ans seinem Neste aufgescheucht, sich auf ben im Raube begriffenen norbischen Löwen stürzen. Aber ungeachtet dieser neuen Siege sollte ber Kurfürst bett gewünschten Preis seiner ruhmreichen Thätigkeit nicht erringen. Vergeblich forderte er ben Kaiser ans, bie errungenen Vortheile zur Fortsetzung bes Krieges am Rheine zu benutzen. Jetzt körnte man alle Kräfte gemeinsam gegen bie Fran¬ zosen wenben, diese vom Beben bes Reiches verjagen ober wenigstens zu einem günstigen Frieden bringen, besonders Straßburg und bett Elsaß bem beutschen Reiche sichern. Der Kaiser war für solche Vorstellungen nicht mehr zugänglich, er wollte ben Frieben schleunigst abschließen unb nahm babei auf ben Kurfürsten keine Rücksicht. In Wien sah man das Emporkommen des brandenbnrgischen Staates mit großer Besorgniß, und es wurde geradezu geäußert, dem Kaiser könne es nicht lieb sein, wenn an der Ostsee ein neuer König der Vandalen aufkomme. Daher wurde es dem Könige von Frankreich leicht gemacht, bei den Friedensverhandlungen dem Kurfürsten alle Vortheile feiner ruhmvollen ^iege wieder zu entwinden. Ludwig XIV. machte es zur Bedingung aller Verhandlungen, daß die Schweden die ihnen entrissenen Länder wieder erhielten. Der Kurfürst stellte dem Kaiser vor, das seien die¬ selben Feinde, deren Waffen man so oft von den Thürmen und vor den Thoren Wiens gesehen, — er habe dieselben mit Aufopferung seiner Gesundheit, des Gutes und Blutes seiner Unterthanen jetzt glücklich vom Reichsboden ver¬ trieben; er könne nicht glauben, daß man den unversöhnlichen Feind wieder zurückführen und an seine Seite setzen wolle. Aber alle solche Vorstellungen beim Kaiser und beim Reichstage fruchteten nicht, und so sah sich der Kur¬ fürst, da er von allen Bundesgenossen verlassen, von Schweden, Polen und am Rheine wieder bedroht war, endlich genöthigt, auf Stettin zu verzichten. Es kostete ihn viele Ueberwindung; als er endlich die Feber ansetzte, um seine Einwilligung zu geben, wünschte er seufzend, nie schreiben gelernt zu haben.