232 Mißstimmung gegen Oesterreich; Friedrich Wilhelm's Ende. dem Kriege zu bewahren, und seiner Haltung zwischen den beiden Parteien ist es zuzuschreiben, daß der allgemeine Krieg vermieden wurde, der sonst ge¬ wiß wieder auf Deutschlands Fluren ausgekämpft worden wäre. Nur auf kurze Zeit mußte der König noch einmal die Waffen ergreifen: als nämlich wegen der Nachfolge auf dem polnischen Throne ein Krieg zwi¬ schen Frankreich und dem Kaiser ansbrach, ließ Friedrich Wilhelm 10,000 Mauu an den Rhein niesen, welche durch die Schönheit ihrer Ausstattung und durch die Fertigkeit ihrer Kriegsübungen wiederum allgemeine Bewun¬ derung erregten (1734). Jedoch hatte der König wenig Dank für feine Hülfe. Schon feit längerer Zeit war ihm öfter Veranlassung gegeben worden, sich über das rücksichtslose Benehmen des Kaisers zu beklagen; so oft ihn derselbe brauchte, wurde ihm geschmeichelt uud die besten Versprechungen auf Jülich und Berg gegeben, sowie aber der Kaiser seine Hülfe nicht mehr drin¬ gend nöthig hatte, sah sich Friedrich Wilhelm wieder vernachlässigt. Er hatte sich schon öfter darüber beschwert, jetzt wurde er so geringschätzig behandelt, daß man ihn, als der Friede mit Frankreich eingeleitet wurde, nicht einmal davon in Kenntniß setzte. „Der Kaiser tractirt mich und alle Reichsfürsten wie Schubiacks, was ich gewiß nicht verdient habe," sagte er, und seine Entrü¬ stung über das falsche Spiel, daß man mit ihm getrieben, wurde nach und nach so stark, daß er einmal, auf den Kronprinzen zeigend, in die Worte aus¬ brach : „Da steht einer, der mich rächen wird." Er ahnte gewiß nicht, wie sehr er hiermit die Wahrheit prophezeit hatte. Wir werden sehen, wie der Kronprinz noch tiefer, als sein Vater, die unbillige Behandlung empfand, welche Preußen von Seiten des Kaisers widerfnhr, und wie dieses Gefühl der Erbitterung mit ein Grund zu den großen Thaten wurde, durch welche Friedrich der Große seinen Staat auf Oesterreichs Kosten erhob. Friedrich Wilhelrn's Ende. Friedrich Wilhelm hatte ein ruhiges Al¬ ter ; sein Wesen war zuletzt milder geworden, als früher, wozu wohl das freundschaftlichere Verhältniße in das er mit dem Kronprinzen getreten war, viel beigetragen hatte. Im Herbste 1739 wurde der König krank; der strenge Winter vermehrte seine Leiden. Im Februar ließ er deu Propst Roloff zu sich kommen, der ihn zum Tode vorbereiten sollte. Er verzieh Allen, die ihm Herzeleid angethan, und bereitete seine Sünden. Als Roloff auf Sinnesän¬ derung drang, sagte er erst, daß er immer recht gehandelt und Alles zu Gottes Ehre gethan habe. Roloff widersprach ihm aber, indem er anführte, daß der König z. B. durch erzwungenes Häuserbauen in Berlin viele seiner Unter¬ thanen gedrückt, daß er Todesurtheile geschärft und ungerechte Hinrichtungen verfügt habe. Da sagte der König: „Er schont meiner nicht; er spricht als ein guter Christ uud als ein ehrlicher Mann mit mir. Ich danke ihm dafür und erkenne, daß ich ein großer Sünder bin." Alle beteten nun am Bette des Königs, und Roloff mußte täglich zu ihm kommen. Da es sich etwas mit ihm besserte, fuhr er im April mit feiner Familie nach Potsdam. Im An¬ fang Mai hatte er einen starken Rückfall und ließ den Kronprinzen nach Pots¬ dam rufen, um sich mit ihm über alle Staatsangelegenheiten zu besprechen. Nach einer der Unterhaltungen sagte er zu den Umstehenden: „Aber thut mir Gott nicht viel Gnade, daß er mir einen so würdigen Sohn gegeben?" Dieser küßte weinend des Vaters Hände, der ihn umarmte und ausrief: „Mein