Friedrich's Tagesordnung. 321 Schlag 12 Uhr wurde das Mittagessen aufgetragen; doch ließ der König wohl auch ein Viertelstündchen vor 12 Uhr anrichten, wenn er ans dem Küchenzettel eine Lieblingsspeise bemerkt hatte. Er trank dabei französischen Wein mit Wasser vermischt oder auch Moselwein, den Rheinwein konnte er nicht leiden und sagte einmal: „Wenn man einen Vorschmack vom Henken haben will, so darf man nur Rheiuweiu trinken." Er meinte, sein Vater habe sich das auf ihu vererbte Podagra durch deu Geuuß des Rheinweins zu¬ gezogen. Friedrich aß nicht gar viel, aber er liebte scharf gewürzte französische und italienische Speisen, besonders eine sogenannte Polenta (aus Käse und Mais mit vielen Gewürzen bereitet), welche ihm öfter Unwohlsein ver¬ ursachte. Er saß gern bei Tische, war lebhaft in der Unterhaltung und sprach selbst viel über Politik, Religion, Geschichte, Kriegssachen oder was sonst an¬ ziehend schien. Anch durch Schwänke und Anekdoten wurde die Unterhaltung gewürzt. Er zeigte sich auch hier reich an Ideen und treffenden, witzigen Einfällen. Nach der Mittagstafel blies der König wieder eine halbe Stunde Flöte, worauf die Cabiuetsräthe die Briefe zur Unterschrift einsandten, — aber er sah die ertheilten Antworten erst noch alle genau an, ließ viele abändern, verbesserte hier und da Etwas eigenhändig oder hängte auch einige kräftige und nachdrückliche Worte au. Alle Eingaben und Berichte wurdeu denselben Tag beantwortet; nur Todesurtheile, an deren Vollziehung der König un¬ gern ging, verschob er gewöhnlich. Seinen Namen schrieb er erst Frederic, dann Federic, deutsch zuerst Friderich, dauu in immer größerer Abkürzung Fdch, Fch, FH, and- blos F, zuletzt uoch dazu sehr klein und undeutlich. Als er in seinem siebzigsten Lebensjahre die Gicht in der rechten Hand hatte, lernte er noch mit der linken leserlich» schreiben. Nach dem Kaffee sprach der König Künstler, welche er öfter mit ihren Arbeiten bestellt hatte, spazierte allein oder in Gesellschaft, sei es im Freien, um die Gartenaulagen zu mustern, sei es in den Sälen hernm; gewöhnlich kam auch der sogeuauute Lecteur. Derselbe mußte ihm Auskunft über neue Bücher geben; unter lehrreichen Gesprächen, welche hierdurch veranlaßt wur¬ den, ging der König mit ihm auf und ab. Auch wurdeu aus den neu erschie¬ nenen Schriften wohl einzelne merkwürdige Stellen vorgelesen, aber Friedrich las meistens selbst. Außerdem las er nod; sehr viel für sich allein, fast immer mit lauter Stimme, am liebsten poetische Sachen. Auch der Schriftstellerei war die Zeit zwischen 4 und 6 Uhr gewidmet. Am Abend war dann gewöhn¬ lich Concert, welches etwa eine Stunde währte; er selbst blies einige Piecen, hörte zuweilen ein Concertstück von seinem berühmten Lehrer Quantz blasen,' oder er ließ ein Solo ans dem Violoncell spielen, auch wohl eine Arie von einem Sänger vortragen. Der König trug das Adagio besonders schön vor. Außer Quantz nahm sich nicht leicht Einer die Freiheit, ihm Bravo zuzurufen. Friedrich aber sagte einst zu dem bekannten Musiker Fasch, dem Gründer der Berliner Singakademie, daß er es ihm wohl einmal äußern könne, wenn er es gut gemacht habe, was Fasch von da an auch that. Auch auf dem Klavier war Friedrich geübt. Einen wichtigen und interessanten Abschnitt in des Königs Tagesordnung machte die Abendtafel aus, bei welcher sich derselbe in geistreicher Liebens« Hahn, pikuß. Gcsch. 20. Aufl. 21